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Was ist eigentlich Segeln?

Für die einen ist es das Nonplusultra. Das, wofür sie leben, auch wenn sie im täglichen Leben etwas ganz anderes machen. Und fest im Leben stehen. Vor vielen Jahren las ich die Geschichte eines Chirurgen, dessen Tochter sagte: „Eigentlich hat mein Vater nur fürs Segeln gelebt. Für die Stunden auf dem Wasser. Er hat seinen Beruf geliebt. Und seine Familie. Aber gelebt hat er nur für die Stunden auf dem Wasser.“

Wie leicht kann jeder die Bilder dieses Sommers in sich wachrufen, jetzt, wo die Dunkelheit der Nacht am längsten und der Tag nicht über ein kurzes Grau hinauskommt. Damit ich nicht vergesse. Die Bilder, die ich oft in quälend langen Meetings wachrief: Das Türkis des Meeres im Juli, das oft in ein Grün übergeht, bevor der Regen einsetzt. 
Damit ich nicht vergesse.
Segeln ist: Im Niedergang sitzen und dem Regen zuschauen. 
Segeln ist: Auf dem Vordeck in der Sonne liegen, Musik hören, während LEVJE im Wind schwoit. Segeln ist: das Sieben-Uhr-Abendläuten an einem Sommerabend ankernd in der Bucht von Cres. Der Frieden im Hafen von Antalya, ein Glas kalten Weiswein in der Hand, nach einem langen Segeltag. 
Segeln ist: Nachts in LEVJE’s Koje leicht in den Schlaf gewiegt werden. Ein schwereloses Schaukeln. Und Einschlafen im leisen Geplätscher an der Bordwand. 
Segeln ist: Neugierig hinter jede Huk schauen wollen, immer weiter. Fahren wollen, immer weiter. Segeln ist… 

Damit ich nicht vergesse:  

Segeln ist:
Herausfinden, was man wirklich braucht.
Was man nicht braucht. 

Als ich die ersten 10 Wochen auf dem Meer unterwegs war, schrieb ich einen Beitrag darüber, was ich brauche. Und was ich nicht brauche. Es waren überwiegend einfache Dinge, die im Gegenzug zu vorher plötzlich Bedeutung hatten. 
Meinen Hut. Als Schutz vor sengender Sonne. 
Die Flasche Wasser in der Juli-Hitze. 
Das Ipad, auf dem ich meine gesamte Navigation mache. Und weil es meine Verbindung zur Welt ist. Und noch einige Sachen fielen mir ein. Aber es waren alles sehr, sehr einfache Dinge. 

Das Leben wird auf verblüffende Weise einfach, man braucht kein Buch mehr zu lesen mit dem Titel „Simplify your Life“. Denn das Leben wird einfach, auch in den paar Wochen, die man als „Jahresurlaub“ auf dem Meer verbringt. Es ist, als würden Leinen von uns abfallen, die uns in diesem Augenblick hierhin zerren. Und im nächsten dorthin – aber selten in die Richtung, in die WIR ursprünglich eigentlich mal wollten. Das Gezerre: es hat ein Ende. Beim Segeln.

                                                                          Weiterlesen bei: Resümee nach 10 Wochen. Hier.
                                                                          Weiterlesen bei: Wär ich Gott, würd ich hier     
                                                                                                     wohnen: Im Dom von Trani. Hier

Segeln ist: 
Wir. Und die Elemente.

19. Dezember 2014. Ein Tag irgendwo in einem wohlhabenden Land mitten in Europa:
Es ist schwierig, die Kräfte und Mächte zu verstehen, die an diesem Tag in diesem Land auf mein Leben einwirken. Und vor allem: mein Leben sehr dominant bestimmen.
Die Elemente, die Jahrtausende unser Leben bestimmten, haben wir gezähmt. Scheinbar. Der Winter macht uns keine Angst mehr. Ein Gewitter nehmen wir in unserer zentralbeheizten, vollgedämmten Wohnung kaum noch wahr. Ein trockener Sommer, der früher Hunger verhieß, bringt uns nicht um. Was früher sichtbar Einfluß hatte auf unser Leben ist heute gebändigt. Es zeigt nur gelegentlich die Krallen: Tsunamis, Taifune, Orkankatastrophen, die kennen wir nur mehr aus dem Fernsehen. Was früher unser Leben bestimmte: es ist weg.

Aber vor allem: Es wurde ersetzt durch Kräfte und Mächte, die wir nicht mehr sinnlich erfahren. Und schlimmer noch: nicht mehr verstehen. Warum hat der Zug heute früh schon wieder eine halbe Stunde Verspätung? Und schmeißt meinen Tag um? Ein Aufsichtsrat nickt die Entscheidung seines Vorstands ab, diese oder jene neue Firma zu gründen. Oder dieses oder jenes Produkt massiv in den Markt zu drücken. Was ist das, „Aufsichtsrat“? Hat es ein Gesicht? Kann ich es beschimpfen, gar ohrfeigen, wenn ich wütend bin? Irgendeines Unternehmens Werbekampagne weckt den Wunsch in mir, dieses oder jenes sofort zu bestellen, zu kaufen, „haben“ zu wollen. Kenne ich dieses Unternehmen? Na klar, sagen wir: „ich kenne die Marke“. Aber kenne ich meine Beweggründe, warum ich dies, das, jenes jetzt haben will? Und: wenn ich anfange, in dem Brei, „Marke“ genannt, herumzukratzen, auf den Boden des Topfes schauen zu wollen: was bleibt dann? Am Boden des Topfes oft nicht mehr als die leere Begriffe. „Umsatz“, „Shareholder Value“, „Wachstum“, „Rendite“ haben kein Gesicht.
Nein, die Kräfte, die bestimmend auf unser Leben einwirken, sind nicht mehr zu verstehen. Anders als früher Gott, haben sie kein Gesicht. Sie sind zu vielfältig geworden. Es ist zu komplex geworden.

Für den, der segelnd auf dem Meer unterwegs ist, reduziert sich die Undurchschaubarkeit dessen, was unser Leben bestimmt, ganz erheblich: „Nordwest 4-5 mit Seegang 2.“ Dies ist die Kraft, die heute meinem Segeltag bestimmt. Segeln schärft den Blick, für das, was unser Leben bestimmt. Und was wirklich in diesem Leben wichtig ist.

Klar gibts auch da Unvorhergesehenes: LEVJE’s Kühlwasserpumpe, die plötzlich mitten in den Wellen den Motor warnend pfeiffen läßt, weil sie den Geist aufgibt. Der Meltemi, der halt nicht als „Nordwest 4-5“, sondern als „6-7“ daherkommt. Oder eine leichte Lebensmittelvergiftung, die mich flachlegt. Oder ein Hafenmeister, der vor LEVJE austickt.

Wir beherrschen die Kräfte, die unser Leben bestimmen, auf dem Meer ebensowenig wie die Kräfte an einem x-beliebigen Tag in dem wohlhabenden Land mitten in Europa. Der Unterschied ist: auf dem Meer verstehen wir die Kräfte, die auf unser Leben wirken. Wir sehen sie. Wir können sie sinnlich erfahren. Wir können uns auf sie einstellen. Wir verstehen sie. Fast zu 100%. Sie sind einfach. 
Und vielleicht ist es das, was uns auf dem Meer sagen läßt: „Das Leben ist hier draußen so wunderbar einfach.“

                                               
                                                 Weiterlesen bei: Reden wir mal über die Angst. Hier.
                                                 Weiterlesen bei: 5 Monate Segeln – was bringt das? Hier.
                                                 Weiterlesen über den grollenden Hafenmeister von Peschici und       
                                                                    das liebe Geld? Hier.

Segeln ist: 
„Da wird eine Taste gedrückt. 
Und ein Urprogramm beginnt unweigerlich in uns abzulaufen.“

Für die manchen ist Segeln auch ein bisschen Hassliebe. Eigentlich ist für sie ihr Leben, das sie am Land leben, vollkommen in Ordnung. Es passt alles. Alles ist gut. Und im Lot.

Aber wehe, wenn sie auf dem Meer unterwegs sind: Dann ist alles anders. Der Blick in die Weite. Der leichte Wind, der besänftigend durch die Alltagsklamotten streicht. Das sanfte Wiegen auf dem Wasser. Dann wird etwas aufgerufen. Etwas wachgeküsst. Etwas, was mir Richard, ein alter Segler auf einem meiner ersten Törns mit den Worten des Ingenieurs und Erfinders, der Richard im Leben nun mal war, so erklärt hat: „Es ist, als wären wir ein Kassettenrecorder: Am Meer wird in uns eine Taste gedrückt. Und ein Lied oder ein Software-Programm, dass seit Urzeiten in uns einprogrammiert ist, beginnt zu laufen.“

Segeln ist:
„Das dümmliche Grinsen.“

Gelegentlich kommen, wie auf meiner fünfmonatigen Reise von Triest nach Antalya, auch Menschen aufs Boot und begleiten mich ein Stück. Freunde, die schon mal mitgesegelt sind. Meistens nehme ich jemanden mit, Freunde, Kollegen, weil ich denke, dass wir uns etwas zu sagen haben. Ich stelle mir vor, dass ich gerne mit Ihnen einen Abend in der Bucht verbringe: Dass wir gemeinsam abends Gedanken übers Leben lustvoll & locker drehen und wenden, so wie eine Auberginenscheibe in Mehl und Ei, bevor sie in die Pfanne kommt. Manchmal sind es Menschen, die ich gut kenne. Und die das Segeln kennen. Manchmal sind es Menschen, die ich kaum kenne. Denn am liebsten nehme ich Menschen mit, die eigentlich noch nie gesegelt sind. So wie Andreas, der mich in diesem Sommer begleitet hat vom Peloponnes bis Milos. Es hat mich immer gereizt, Menschen mitzunehmen, die noch nie gesegelt sind. Darüber, wie man vorher rausfindet, ob Segeln etwas für jemanden ist, ob er seekrank wird oder nicht, schrieb ich bereits in meinem Beitrag über das Segeln mit Nichtseglern.

                                                                                         Weiterlesen bei: Segeln mit Nichtseglern.

Um herauszufinden, ob sich jemand beim Segeln auf dem Boot wohlfühlt, gibt es einen einfachen Dreh: Sind die Leinen los, sind wir vom Liegeplatz weg, sind wir draußen unter Segel, dann drücke ich demjenigen einfach LEVJE’s Pinne in die Hand: „Halt mal kurz.“ Ganz absichtslos.

Für den, der noch nie gesegelt ist, ist die Pinne ein totes Stück Holz. Ein Fremdkörper. Etwas, das so verkehrt in der Hand ist wie 15 Regenwürmer. Aber oft stellt sich auf dem Gesicht desjenigen etwas ein, was ich „das dümmliche Grinsen“ nenne. Konzentration. Entspannung. Freude. Darüber, wie sich das Schiff, LEVJE, anfühlt, wenn man sie durch die Wellen steuert. Wie sich LEVJE leicht auf die Seite neigt und beginnt, mit leicht wiegenden Bewegungen durch die Wellen zu gleiten, zu schnüren wie ein Fuchs, der im Schnee konzentriert einer Fährte folgt. Dreieinhalb Tonnen, die sich, schwer wie ein 31-Fuß-Stahlcontainer, doch leicht wie eine reinweiße Feder vom Wind fortwehen lassen.  Ein leichtes Grinsen im Gesicht. Ein Konzentriertsein auf das Schiff, auf LEVJE, und wie sie auf leichte Bewegung der Pinne reagiert. Es ist viel, was sich in so einem Moment auf dem Gesicht desjenigen abspielt. Aber das „dümmliche Grinsen“: es ist unübersehbar. Es kündet von Glück. Und davon, dass hier eine(r) angekommen und am richtigen Platz ist.

Segeln ist: 

„Meinen Ort finden.“

Sulu Adasi, die Insel Sulu: eine Tagesreise südsüdwestlich von Antalya gelegen.

Segeln: das ist für mich meinen Ort finden. Nein, keinen bestimmten geografischen Ort auf der Landkarte, den man einfach nur finden müßte, weil man dann dort, ja nur dort: glücklich sein, sein Glück finden könnte. Nein, darum geht es nicht. 
Der Ort, um den es geht, ist ein anderer: Der Ort ist: „Wer bin ich in der Welt?“ Denn so merkwürdig es ist: auf dem Meer weiß ich das. Denn die Wellen und vor allem eine vergessene Insel wie Sulu, sie liegt eine halbe Tagesreise südlich Antalya, die ordnen mich ein in die Welt. Sie betten mich ein in den Kosmos. Und ich verstehe plötzlich, wenn der Anblick von Sulu mir sagt: Du bist zwar ein unendlich kleines Teil im Getriebe der Welt. Unendlich mikroskopisch klein in den Jahrmillionen, die es brauchte, um dieses Inselchen so zu schaffen, wie es heute unbewohnt, vergessen, gleichgültig im Meer liegt. Und doch: Du bist. Ein Teil des Ganzen. 

Um dies zu verstehen, ist es notwendig, kurz in den westlichen Teil des Mittelmeeres zurückzukehren, nach Capraia nördlich von Elba. Es war in der Bar Massimo auf Capraia, wo ich vom Tod meiner Großmutter erfahren hatte. Sie war gestorben in ihrem 97. Jahr, genau einen Tag nach ihrem Geburtstag und wenige Tage, nachdem ich sie ein letztes Mal besucht hatte. Ein paar Monate, nachdem sie, wie mancher alte Mensch es tut, einfach beschlossen hatte, nichts mehr zu sich zu nehmen. Und wie ein alter Elefant ins Dickicht zu gehen, allein, um sich zum Sterben niederzulegen, irgendwo. Sie hatte mehrere Wochen nichts mehr zu sich genommen, war in ein Dämmer hinübergeglitten, irgendetwas zwischen Schlaf und Ohnmacht, aß nicht mehr, trank nicht mehr, sprach nicht mehr, reagierte nicht mehr. Nur noch ihre geliebte Tasse Bier, die ließ sie sich von mir ein paar Tage vorher zum Mund führen.

Als ich von ihrem Tod erfuhr, war ich traurig. Traurig, weil sie nicht mehr da war, traurig, weil wir das, was wir gemeinsam hatten, unsere Begegnungen nun wirklich und endgültig Vergangenheit und vorbei waren. In dieser Stimmung waren wir um Korsika herum unterwegs. Ich hörte abends im engen Hafen von Bastia den überwältigenden Klang der Kirchenglocken. Und dachte an meine Großmutter. Wir umsegelten die Südspitze von Capraia, da wo lange Steinreihen aus wer weiß welchem urgeschichtlichen Erdzeitalter sich die kargen Hänge hinaufziehen, eine Steinreihe neben der anderen, ein Stein nach dem anderen: als hätte hier ein uraltes Volk einen Kultort hinterlassen. Ein Denkmal, bei dem alle unsere Vorfahren, unsere Ahnen, zu Stein geworden, aufgereiht stehen. Einer nach dem Anderen. Vom ersten Bakterium, mit dem alles begann, über jeden, jeden einzelnen, der daraus entsprang und danach kam, bis hin zu mir. Eine lange, lange Reihe. Vor mir. Keiner auch nur denkbar ohne den davor. Ohne all jene davor, die notwendig waren, um diesen einen hervorzubringen. Und das Leben weiterzugeben.

In diesem Augenblick auf Capraia fühlte ich, wie stark diese Verbindung ist, ich stellte mir die Gesichter all derer vor, die meine Vorfahren waren: Sammler, Jäger, Bauern die meisten. Männer und Frauen. Bettler, Königinnen, Heilige, Mörder waren sicher darunter. Priester und Pestkranke. Mönche und Magnaten. Bauern und Betschwestern. Und Sänger und Säufer. Bei mir, bei jedem von uns. Wir sind die Summe, das Endergebnis einer unendlich langen Reihe von Lebewesen, von Menschen. Manchmal, wenn ich in dem wohlhabenden Land mitten in Europa gerade nicht weiß, wer ich bin: dann stelle ich sie mir vor: die lange Reihe der Lebewesen, die nötig waren, um mir das Leben zu geben. Mir die Fackel in die Hand zu drücken. Und jetzt bin ich der, der gerade die Fackel trägt. Und sie weitergeben wird.

Und dies ist, was mir oft das Reisen auf dem Meer vermittelt: Meinen Ort in der Welt. Winzig, winzig klein, und unbedeutend wie die karge unbewohnte, die vergessene Insel Sulu. Und doch ein Teil des großen Ganzen. Verbunden mit allem. Im weiten Meer.

                                             Weiterlesen bei: Die rätselhaften Vogelmenschen der Daunier. Hier.

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Mare Più macht ein Buch. Über Segeln im Gewitter. Mit Erfahrungen der Community für die Community.

                                                         Das Cover unseres ersten Buches, das ab März 2015 als eBook erhältlich ist.

Im Gewitter Segeln ist Extremerfahrung. Innerhalb Minuten auftretende Starkwinde, Böen mit über 60 Knoten, Platzregen, Hagel, Null Sicht. Für Minuten. Für Stunden.

                                                     Weiterlesen bei: Von schnellen Gewittern. Und von langsamen.

Gewitter trifft jeden auf dem Meer im Lauf eines Seglerlebens. Niemand ist davor gefeit. Es gibt kaum eine andere Situation, in der es derart auf seglerisches Können, eigene Instinkte und gute Seemannschaft ankommt. Und Glück. 

Wer kann, meidet Gewitter. Wer durchsegeln muss, ist auf sich selbst angewiesen. Denn: Jedes Gewitter ist anders. Es gibt wenig Regeln dafür. Es gibt kaum Informationen. Es gibt viele Halbwahrheiten.

Und: Es gibt kein Buch dazu, weder im Deutschen noch im Englischen.

Unser erstes Buch, das wir in unserem heute gegründeten Verlag millemari. herausbringen, will diese Lücke schließen. Es wird ein ungewöhnliches Buch sein, das im März 2015 erscheint, in vielerlei Hinsicht:
Es wird nicht aus der Feder des EINEN Experten stammen.
Es wird sehr viel Know-how beinhalten.
Es wird kein trockenes Fachbuch sein.
Hier berichten Segler für Segler von ihren Extremerlebnissen.
Ihr Wissen, ihre Erfahrungen helfen auch Dir durchs nächste Gewitter.

Wir sammeln die Geschichten von Seglern, die Gewitter auf See erlebt haben. Die Erfahrung mit den vielfältigen Folgen und Schrecken haben, die ein Gewitter auf See mit sich bringt. Wir suchen das, was Segler zu sagen haben über das Phänomen Gewitter. Wir suchen die Erfahrungen aller Segler. Um sie allen Seglern zur Verfügung zu stellen.

Wir beide, Susanne Guidera und ich, sind leidenschaftliche Segler. Und erfahrene Verlagsleute. Wir haben den Ehrgeiz, ein völlig neues Werk zu machen, das zunächst als eBook erscheinen wird. Ein Werk, das eine Community für sich selbst schreibt.

11 Segler haben bereits ihre Geschichten zugesagt. 6 davon haben ihre Beiträge bereits abgegeben. Das Cover ist fertig. Mindestens 14 weitere Autoren suchen wir noch. 
Hast Du da Draußen etwas Außergewöhnliches erlebt? 
Etwas, das Du jedem anderen Segler ans Herz legen würdest, wenn er in ein Gewitter hinein segelt?
Ein ungewöhnliches Erlebnis im Gewitter auf See?

Dann: Zeig’s uns! Schreib uns. Wir wollen nur Dein Allerbestes: Dein allerbestes Erlebnis im Gewitter auf dem Meer.

Schicke uns unter Nennung Deiner Mail- und Postanschrift ein Mail mit dem Stichwort „GewitterSegeln“. Wir antworten. Mit allem, was Du wissen musst, um einen gelungenen Beitrag für unser Buch GEWITTERSEGELN zu schreiben.

Du mußt kein Autor sein. Nur Deine Erfahrung zählt. Als Segler. Im Gewitter.

Das Team des heute gegründeten Verlags millemari.
                                                     Susanne Guidera
                                                    Thomas Käsbohrer

                                    

Unter Segeln: Von schnellen Gewittern. Und von langsamen.

Ein Blitz über Gemiler Reede. Gut erkennbar sein gleißender Entsehungsort ganz oben, dort, wo sogar Regen und Nässe aufgrund der gewaltigen Hitze zu verdampfen scheinen.

Gewitter gibt es verschiedene. Gewaltige Gewitter, solche, an die man sich noch nach Jahren und Jahrzehnten erinnert. Und leichte. Laute und leise. Solche, die schnell heranziehen. Und schnell gehen. Und solche, die langsam kommen. Und lange bleiben.

In Gemiler-Reede – ich schrieb über die Insel, auf der Sankt Nikolaus gelebt hatte – wollte ich eigentlich nicht lange bleiben. Aber weil die Ecke so faszinierend ist, blieb ich drei, vier Tage. 

                                                                      Weiterlesen bei: Gemiler Reede. Oder: Sankt Nikolaus.

All die Tage hatte es rundum gegrummelt. An dem Tag besonders. Hohe Quellwolken bauten sich über den Nachmittag auf. Oben, ganz oben auf der Insel, dort: wo eine der ersten von fünf Kirchen errichtet wurde, wo der heilige Nikolaus gelebt hatte.

Wieder einmal erkennt man auf dem obigen Bild gut, wie sich „Wolken höher als breit“ bilden, vor allem oben rechts im Bild. Ein Warnsignal. 

Dazu am frühen Abend erste dunkle Wolken, über der Kirchenruine unten. Ich ruderte über die Bucht zurück zu LEVJE. Die schaukelte friedlich an ihrem Ankerplatz, ich hatte eine Landleine ausgebracht, nur eine. Teils aus Faulheit, teils aus Überlegung: Wenn ich raus müßte mitten in der Nacht, weil der Anker schlechter hält als die eine Landleine, dann käme ich schneller weg.

Es grummelte. Im Norden, hinter den Bergen. Es grummelte auch noch, als die Sonne unterging, und erste Blitze das dämmrige Grau hinter den Bergen erhellten. Aber immer noch war alles friedlich. So friedlich, dass ich ganz gemächlich LEVJE’s Bimini aufstellte, um Cockpit und Niedergang vor dem Regen zu schützen. Meinen abendlichen Rundgang an Deck machte. Gemütlich in die Bucht schaute. Und hinauf in die grummelnden Berge. Dämmerung. Kein Anlaß zur Sorge.

Leichter Niesel setzte ein. Leicht, ganz leicht. Mir fiel die alte Regel ein. Ein Kinderreim fast, aber so geht er:

„Kommt der Regen vor dem Wind, Skipper birg die Segel geschwind.
Kommt der Wind vor Regen. Skipper kann sich Schlafen legen.“

Eine Warnung. Wenn es vor dem ersten Windstoß zu regnen beginnt: dann wird’s heftig. Ich fragte mich, ob das auch fürs Mittelmeer gilt. Aber die Antwort kam. In Gestalt des Gewitters, das langsam, unendlich langsam über die Berge im Norden hinunter zur Gemiler Reede kroch.

Der erste Windstoß. Nicht arg. Ein Lüftchen eher, der Böencharakter nur daran erkennbar, dass die Windrichtung nicht die rechte war. Und gleich wieder eine andere war. Kalte Luft. Die Landleine spannte sich, triefte, als sie aus dem Wasser kam. Der Regen wurde härter. Die Böen setzten wilder ein, und Blitze zuckten durch die Nacht. Doch diesmal auf unserer Seite der Berge. Das Gewitter war da. Die Blitze. Nah. Ziemlich nah.

Oft im Gewitter – vor allem draußen auf See – ist der Blitz das, was aller Augen und Emotionen auf sich zieht. In ihm stecken Gewalten, die wir uns nicht vorstellen können. Natürlich ist der Einschlag eines Blitzes das Schlimmste, was einer Yacht passieren kann. Blitze so wie der, den ich in dieser Nacht auf dem ersten Foto ganz oben festgehalten habe.

Kaum jemand weiß: wie eine Yacht nach dem Einschlag eines Blitzes aussieht. Halten die Wanten? Gibts unten, unter Deck, da wo der Mastfuss sitzt und der Blitz wieder hinausfährt, ein großes Loch? Wie übersteht man es, wenn in meternahem Umkreis 10.000de Volt Strom durch Leitungen jagen, die dafür nicht gemacht sind? Ich weiß es nicht. Aber ich werde es herausfinden.

Ich dachte an meine schwäbische Großmutter. Sie fürchtete in ihrem Leben nichts und niemand. Sie hatte fünf Kinder großgezogen, allein. Hatte heimlich für Juden gearbeitet während des Krieges. Ihren Mann rausgepaukt, als der im Wirtshaus zu laut über die Nazis schimpfte. Und am Tag später mit Haft bedroht wurde. Nur eines fürchtete sie: Gewitter. 
Ihre bewährte Ausrüstung dagegen: 1 Kopfkissen. 1 Wetterkerze. 1 Weihwasser-Fläschchen. 1 Rosenkranz. Wenn Gewitter war, dann zündete sie im Fenster die schwarze Wetterkerze an. Zog sich das Kopfkissen über den Kopf. Und betete den Rosenkranz herunter, unter gelegentlichem sich-besprengen mit einem Schuß Weihwasser. Wir Kinder fanden es urkomisch.



Die Blitze in dieser Nacht waren nah am Boot. Blitz und Donner fielen zusammen, beides in ein und demselben Augenblick. Schläge, bei denen ich unwillkürlich den Kopf einzog. Sehr laute Schläge. Der Regen wurde heftiger. Der Wind kam von den Bergen und trieb den Regen genau in den Niedergang. Blöde Landleine. Hätt‘ ich LEVJE doch lieber schwojen lassen. Dann läge sie jetzt im Wind. Und ich säße trocken in meinem Niedergang…

Teilweise war der Wind so heftig, dass meine Dinghi-Paddel – ich hatte sie neben den Seezaun gelegt – über Bord geweht wurden. Irgendein merkwürdiges Geräusch hatte mich den Kopf aus dem Niedergang stecken lassen. Ich spurtete los, um meine Paddel zu retten, die brav in Lee genau an der Bordwand trieben. Zu hoch. Also auf den Bauch gelegt, längelang, dahin, wo vorher die Paddel lagen. Und jetzt daumendick das Regenwasser übers Deck rann. Tropfnass, von einem Moment auf den Anderen. Jetzt bin ich schon nass, ich schau gleich noch, ob der Anker vorn hält…

Triefend wie meine Landleine erreichte ich meinen Niedergang, durch den die Böen immer noch die Regenschwaden trieben. Regen am Meer ist einzigartig. Aber in der südlichen Türkei einfach beeindruckend. Ich suchte mir im Donnern trockene Klamotten. Und zündete mein Petroleum-Licht an. So, wie meine Großmutter ihre Wetterkerze.

Das Gewitter dauerte eineinhalb Stunden. Es stand genau über der Bucht. Es bewegte sich kaum. Es schepperte noch nahe am Boot, als ich mich irgendwann schlafen legte. Irgendwann wird man zu müde, vom langen Aufpassen. Und schließlich: wir lagen ja vor Anker. Der hielt.



Am nächsten Morgen war die Welt friedlich. Nur ein paar graue Fahnen am Oktoberhimmel zeigten, dass die Nacht davor irgendetwas anders gewesen war, über der Gemiler Reede. 

                                                                      Weiterlesen bei: Ist es gefährlich, im Gewitter zu Segeln?
                                                                      Weiterlesen bei: Ankermanöver im Gewitter.

ADAC Skipper navigieren mit Garmin zum Vorteilspreis

Gute Nachrichten für Clubmitglieder: Garmin, der neuste Vorteilspartner der ADAC Sportschifffahrt, wird künftig mit wechselnden Vorteilsangeboten kräftig die Bordkasse entlasten – bis 6. Januar 2015 gibt es die einmalige quatix-Marineuhr um 35 % reduziert.

Garmin quatix

Mit der quatix-Marineuhr steuern ADAC-Skipper die Yacht bequem vom Handgelenk.

Die quatix-Marineuhr bietet alle Funktionen eines Navigationshandgeräts in einem kleinen Format für das Handgelenk. Sie vereint ein hochempfindliches GPS-Navigationsgerät mit einer Marineuhr mit Barometer, Höhenmesser mit Selbstanpassung und einen elektronischen 3-Achsen-Kompass. Zusätzlich lässt sich die Uhr mit fast allen Garmin-Instrumenten an Bord koppeln. So können z.B. nicht nur Wind- und Tiefenangaben am Handgelenk abgelesen werden, auch der Autopilot lässt sich von dem kleinen Alleskönner bedienen. Zusätzliche Sicherheit gewährleistet im Notfall das automatische Mann-über-Bord-Signal auf gekoppelten Garmin Navigationsgeräten.  

Clubmitglieder erhalten dabei vom neuen Vorteilspartner Garmin 35 % Rabatt auf die quatix und zahlen so statt 449,-€ nur 291.-€ (inklusive Versandkosten) – ein attraktives Willkommensgeschenk. Um vom Rabatt profitieren zu können, einfach im Online-Shop von Garmin den Rabatt-Code “DE-QUATIX-ADAC-Christmas” eingeben.

Nicht nur bei Garmin profitieren Skipper mit der ADAC Clubkarte und dem Internationalen Bootsschein vom ADAC (IBS) von attraktiven Vorteilen. Die ADAC Sportschifffahrt pflegt zahlreiche weitere Partnerschaften, das Repertoire reicht dabei von vergünstigten Liegeplätzen bei den über 60 Stützpunktmarinas und Rabatten beim Pannendienst SeaHelp bis zu Ermäßigungen auf Charteryachten oder auf Ausrüstung beim Vorteilspartner A.W. Niemeyer.

Weitere Details sind nachzulesen unter: www.adac.de/vorteilspartner .

Levje’s Lieblinge: Wie Wunden am Meer schneller heilen.

Letztes Jahr, in der Bucht von Bozukale: Vor den Stegrestaurants kann man wunderbar schwimmen, das Wasser ist ganz klar, und die antiken Ruinen rundum beeindruckend. Ein Teil meiner Crew geht ins Wasser. Josef kommt blutend wieder, er verletzte sich an der rostigen Steg-Badeleiter, ein 2mm tiefer Schnitt im Ballen.

Das war’s für Josef, Schluß mit Schwimmen. Für den Rest der Woche auf dem gecharterten Boot. Genau unten am Ballen. Es wird lange nässen. Und schlecht heilen.

Vom Nachbarboot kommt ein älterer Franzose. Große schiefe Nase, wirres Haar. Stellt sich auf französisch als Arzt vor. Hält eine grüne Tube in der Hand. Irgendwas. Brummelt, es würde schneller heilen damit. Ich bin vorsichtig. Aber Josef, ganz Haudegen, sagt: „Drauf damit“. Es ist so eine Art grüner Heilerde, die der französische Arzt auf die Wunde gibt. Pflaster drauf. Fertig.

Ich bin skeptisch. Aber der Franzose hatte Recht: nach eineinhalb Tagen ist die Wunde geschlossen. Josef hüpft wieder barfuß herum. Und kann für den Rest des Törns ins Wasser. Gepriesen sei der französische Arzt. Und seine PATE D’ARGILE VERTE:

Ich habe mir das Mittel besorgt und hatte es auf meiner fünfmonatigen Reise dabei: Wie schnell holt man sich einen stark blutenden Kratzer am Bein. Beim Legen der Landleine. Beim Schwimmen. Aber mit der grünen Heilerde waren alle Wunden nach etwas mehr als 24 Stunden geschlossen. Ich bin entzückt. Es ist einfach. Es hilft. Es stimuliert die Selbstheilungskräfte des Körpers. 

Grüne Tonerde – und davon bitte nicht irritieren lassen – ist eigentlich für die Reinigung der Haut gedacht, so steht es auf der Verpackung. Und nur zu allerletzt kommt der Hinweis, dass das Mittel auch die Wundheilung beschleunigt. 

Und wer noch nicht weiß, was Skipper & Skipperin sich außerdem zu Weihnachten unter den Weihnachtsbaum legen sollen:

In einem früheren Beitrag stellte ich bereits zwei Bücher vor, die meinen Winter retteten.

                                                              Weiterlesen bei: Wie der Segler über den Winter kommt. Hier.

Heute zwei, drei weitere Bücher:
Für jeden Kroatiensegler sind die Bücher aus dem ALBUM-VERLAG ein Muß. Meist dreht es sich bei den alten Fotografien, die zwischen 1850 und 1918 aufgenommen wurden, um die Geschichte Istriens. Und die österreichische Marine, die jedem der istrischen Küstenorte neben den Venezianern bis heute ihr prägendes Gesicht gab. Der Band über Pola gehört dazu, ein kleines, reizvolles Büchlein, das auf LEVJE immer neben mir auf dem Bett liegt, das ich wieder und wieder ansehe. Bilder, Fotos aus einer anderen Welt, versunkenen Welt. Genauso wie die MARINEBILDER mit einzigartigen Fotografien des Marinefotografen Alois Beer, der bis 1916 ungehindert Zugang zu den österreichischen Flottenstützpunkten in Istrien hatte. Von seinen über 12.000 erhaltenen Fotos beschäftigen sich allein 2.000 nur mit Pula und Triest.

                                                               Weiterlesen bei: Von Menschen und von Schiffen. Kaiser   
                                                               Franz-Josef und sein Schlachtschiff VIRIBUS UNITIS. Hier.

Ein weiteres Buch, das meinen Winter rettete und mich auf LEVJE immer begleitet, ist David Abulafia’s DAS MITTELMEER. Eine Monografie des Mittelmeers von der frühen Steinzeit bis in unsere Gegenwart. Eine unglaublich gute Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes vieler Disziplinen, dessen Reiz darin liegt, dass Abulafia einfach kurzweilig und flott schreibt und nie den roten Faden verliert. Eine besondere Lust ist es, an langen Winterabenden das Buch zu lesen und mit dem Ipad immer gleich Orte und archäologische Funde im Web aufzusuchen. Wahrlich: ein Buch, das meinen Winter rettete. Ich habe die 1.000 Seiten mehrmals gelesen. Und verdanke David Abulafia viele, viele Anregungen zum Verständnis mancher Orte, die ich auf meinem fünfmonatigen Törn bereiste so wie diese drei Ägäis-Inseln:

                                                           Weiterlesen bei: Das 5.000 Jahre alte Steinzeitmesser von Milos.
                                                           Weiterlesen bei: Milos. Oder: Wenn Tonscherben anfangen zu  
                                                                                                                                                  erzählen.

                                                           Weiterlesen bei: Ein Schiff, um 5 Monate zu Segeln. Hier.

Die vergessenen Inseln: Gemiler Reede. Oder: Wer war der Mann, der Sankt Nikolaus heißt?

Ankern beim Gebeinhaus: Wer der heilige Nikolaus war und was er mit Gemiler Reede, den St. Nikolaus-Inseln zu tun hat: das berichtet dieser Artikel.

Wer war er bloß, der Mann, der uns in diesen Tagen im roten Mantel so oft auf den Weihnachtmärkten, in Kaufhäusern und Kindergärten begegnet? 

Die Spurensuche beginnt in der südlichen Türkei. Segelrevier-technisch gesprochen, lebte Sankt Nikolaus genau zwischen dem Golf von Fethiye und dem Golf von Antalya. Er war ein Kind dieser Küste, er ist hier aufgewachsen, er hat immer an dieser Küste gelebt, er hat sie nie verlassen. Zumindest als Lebender nicht.

Geboren wurde er zwischen 270 und 286 nach Christus im prosperierenden römischen Patara, keine Tagesreise südöstlich von Fethiye und der Gemiler Reede. Patara ist heute noch zu besichtigen, eine antike Ruinenstadt an der Küste, verlandet, versunken in wehendem Sand eines der schönsten, längsten Sandstrände der Türkei. Sein Onkel weihte ihn mit 18 zum Priester – zu einem Zeitpunkt, als Kirche heimlich und Christsein tödlich war. Vermutlich geriet er in die große diokletianische Christenverfolgung, die von 303 an 10 Jahre in einem letzten großen Aufbäumen versuchte, das Christentum gewaltsam zurückzudrängen, wie ein Hund die lästigen Flöhe abzuschütteln, die sich im Fell des römischen Staatsapparates festgesetzt hatten. Im Westen war man damit einigermaßen lax. Die Behörden in den Ostprovinzen des Reiches setzten die staatlich angeordnete Verfolgung mit grausamer Konsequenz um. Georg, Maragrete und Katharina von Alexandrien waren nur einige prominente Zeitgenossen von Nikolaus, die dem Verfolgungsapparat zum Opfer fielen. 


Blick auf die Gemiler Reede am Abend.

Nikolaus wurde vermutlich in dieser Zeit gefangen genommen, mißhandelt, wenn nicht gefoltert. Als man vor wenigen Jahren seinen Schädel in Bari aus dem Grab holte und einer Gesichtsrekonstruktion unterzog, stellte man fest, dass seine Nase zu Lebzeiten schwer gebrochen war und seitdem schief in seinem großen Gesicht saß. Die Gerichtsmediziner fanden heraus, dass er ein ungewöhnlich kleiner Mann gewesen sein muss: 1,60 groß. Aber mit bemerkenswert großen Kopf. In dem eine schiefe Nase saß.

                      Blick von den Kirchenruinen nach Osten, Richtung Patara.

Mit dem Jahr 313 endete die Christenverfolgung. Mehr noch: Christentum wurde Staatskult. Der Wind hatte gedreht. Auch in dem kleinen Ort Myra, dem heutigen Demre, ein paar Seemeilen südwestlich von Antalya und nahe der Hafenstadt Finike, wo LEVJE gerade liegt. Nikolaus war hier Abt, später wahrscheinlich Bischof.


Von den Kirchen hinunter zum Ankerplatz.     

Es muss in diesen Jahren gewesen sein, dass er Gemiler Reede besucht und vielleicht auch einige Zeit hier auf der Mönchsinsel gelebt hat. Vielleicht sogar kurz begraben war. Jedenfalls ist seine Verehrung auf diesen vergessenen Inseln besonders groß. Man erzählte sich viele, viele Geschichten von dem Mann aus Myra, der noch zu seinen Lebzeiten Feldherren im Kerker und Seeleuten im Sturm erschien. Und sie rettete aus Not und Bedrängnis.

Etwa fünf Kirchenruinen fand man auf der einstigen Klosterinsel Gemiler. Ruinen seit dem späten Mittelalter, als die Osmanen über das Festland hinaus auf Meer und Inseln griffen und byzantinische Mönche die Inseln räumten. Bis dahin war Gemiler Reede, die Nikolaus-Inseln, ein wichtiger Hafen auf der Route ins Heilige Land. Ein „Must-See“ für einen jeden Pilger, um dem heiligen Nikolaus seine Verehrung zu bezeugen. Und damit auch ein ungewöhnlich prosperierender Hafen, dessen mittelalterliche Kaimauern, Reeden, Lagerhallen man heute noch die ganze Nordküste mit Staunen sieht.


Hier wollte man begraben sein: Eine Insel voller Gräber, Grabkammern, Beinhäuser, Totenhaus. All das zeugt davon, wie verbreitet die Verehrung von Sankt Nikolaus über die Jahrhunderte war.

Im Insel-Inneren stehen mittelalterliche Ruinen an diesem Ort herum, es sind viele: dem heiligen Nikolaus geweihte Kirchen. In den Felsen gehauene Steingräber. Unzählige Totenhäuser vermeintlich bedeutender Menschen, die beim Erweckungsruf des jüngsten Gerichts nahe, nahe beim Heiligen und auf heiligem Boden sein wollten. Als Klassenprimus in der ersten Bank, sozusagen. 

Die Verehrung riss auch nicht ab, als italienische Kaufleute im Herbst des Jahres 1087 die Gebeine des heiligen Nikolaus aus der heute noch stehenden Nikolaus-Kirche in Demre stahlen. Heiligenklau, Reliquien-Diebstahl war groß in Mode. Die Liste prominenter Heiligen, die in diesen Jahren angeblich „zum Schutz vor heidnischen Seldschuken“ aus Gräbern christlicher Kirchen gerissen und zufällig nach den größten Hafenmetropolen Italiens „schützend“ verfrachtet wurden, ist lang: San Marco nach Venedig. Sankt Andreas nach Amalfi. Sankt Matthäus nach Salerno. Sankt Johannes der Täufer nach Genua. Sankt Thomas nach Orthona. Jede mächtige Hafenstädte dieser Zeit brauchte einen Apostel in ihren Mauern. Oder das, was von ihm übrig war. 

     Der Mann im roten Mantel: Ob hochmittelalterliches Abbild des Sankt Nikolaus oder nicht: 
     Diese Malerei hat sich in einer Kirchenwand von Gemiler – wenn auch beschädigt – 
                                   über sechs, sieben Jahrhunderte erhalten.

Die Kaufleute, die die Gebeine von Sankt Nikolaus klauten, waren vergleichsweise spät dran bei diesen Ereignissen. Sie waren aus Bari, und vermutlich war die Mission lange geplant, mit der sie die Gebeine von Sankt Nikolaus heimlich nach Bari schafften. Wo noch heute jedes Jahr vom 7.-9. Mai die Ankunft der Gebeine von San Nicolà, denn so heißt er hier, in der Stadt mit großem Brimborium, Umzügen, Herumtragen der Reliquien des San Nicolà in der Stadt und im Hafen gefeiert wird. Und hier ruht er auch noch heute. Wenn nicht gerade eine Gesichtsrekonstruktion, ein Umzug oder anderer Trubel seinen ewigen Schlaf stören.

                                   Weiterlesen bei: Was Sie über das Segeln in der Türkei wissen müssen.

                                   Weiterlesen bei: Die vergessenen Inseln: Hier.

                                   Weiterlesen bei: 5 Monate Segeln. Was hat mir das gebracht? 7 Erfahrungen
                                   Weiterlesen bei: Reden wir mal über die Angst. Hier.

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Von Menschen und von Schiffen: Wie 50 Männer 50 Schiffe im Jahr bauen.


    Für die einen sinnlose Holztrümmer, für die anderen wertvolles Werkzeug: Fast alles an einer Yacht entsteht aus Formteilen und nach Schablonen. Wie eine Yacht entsteht, zeigt dieser Beitrag.

Ein nebliger Dezembertag an einem kleinen See vor den Alpen. Der barocke Turm der Dorfkirche ist im Grau kaum zu sehen. Eiskalter Ostwind streicht um die drei Werkshallen oben auf dem Hügel. Die Luft riecht nach Schnee von den Bergen. Dies ist der Ort, an dem die Werft ihre Yachten baut. 400 Kilometer vom Meer entfernt. Seit bald 70 Jahren. 50 Männer. Die 50 Schiffe im Jahr bauen. Von 24 bis 53 Fuß Länge. Die Werft heißt SUNBEAM. Und der Ort im Nebel ist Mattsee. Und er liegt in Österreich, 20 Kilometer von Salzburg entfernt, von Mozartkugeln, Trachten-Moden, Weihnachtsmarkt.

Wieso man so weit vom Meer entfernt seegehende Yachten bauen kann? Günter Ambrosi, der für den Verkauf zuständige Mann, lacht sein keckerndes Lachen. „Ein gute Yacht bauen: Das hat erst mal nichts mit der Beherrschung von Wind und Wellen zu tun. Sondern mit der Beherrschung des Werkstoffes.“ Und dieser Werkstoff heißt Harz. Und Härter. Und Glas – genauer: Glasfasern.


    Der Stoff, aus dem die Träume sind: Glasfasermatten.

In Mattsee experimentieren, bauen, arbeiten sie mit diesem Werkstoff seit den frühen 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die Väter der beiden heutigen Werftbesitzer waren Schreiner. Tischler. Bootsbauer. Sie bauten kleine Holzjollen. Für den heimischen Mattsee, den Mondsee und den Attersee. Als der neue Werkstoff – die mit Harz und Härter getränkten Glasfasermatten – aufkam, begannen die Brüder damit zu experimentieren. Bauten ihre ersten Jollen und stellten diese auf den Bootsmessen vor. Am Anfang steht die Beherrschung des Werkstoffes. Und das ist der Grund, warum kaum eine der Werften im deutschsprachigen Raum am Meer entstand. BAVARIA im mainfränkischen Giebelstadt – 1978 gegründet von einem Fenster-Fabrikanten. DEHLER in Freienohl im Sauerland.  

Am Anfang: Die Idee.


    Ideen, Zeichnungen, Pläne – wieder und wieder verworfen. Ein Papierabfall-Behälter in der Werft.

Am Anfang eines neuen Boots steht die Idee. Aus Gesprächen mit Kunden und aus der Beobachtung dessen, was am Markt gerade gut verkauft wird, entsteht eine Vorstellung davon, wie ein neues Boot aussehen könnte und was es auszeichnen soll. „Meistens entwickeln wir so etwas, wenn wir am Feierabend ganz zwanglos ein Bier miteinander trinken, der Günter, der Gerhard und ich“, sagt Manfred Schöchl, dem die Werft zusammen mit Gerhard Schöchl gehört. Aus der Idee entstehen erste Skizzen. Und aus den Skizzen: die Form – eine Positivform.

Schritt 2: Laminieren.

Die Positivform ist ein aus Sperrholz, Schaumstoff, Styropor, Pappelleisten geleimtes, getackertes, gespachteltes Modell in Originalgröße. Es enthält alle Details. Für den Bootskörper. Für das Deck. Für Einzelteile wie Backskistendeckel, Salonhimmel und ähnliches. Von dieser formgenauen, oberflächenbrillanten Bauteil-Vorlage, der Positivform, stellen die Männer die Negativform her – die Grundform, in der der Bootsrumpf produziert wird. Oder das Deck. Oder einzelne Bauteile, wie der Salonhimmel oder ein Backskistendeckel.


    Die Negativform eines 40 Fuß-Schiffes vom Heck her gesehen. In sie werden nach spezieller Vorbereitung die mit Harz und Härter getränkten Glasfasermatten gelegt.

Die Produktion des Schiffes beginnt in der Laminierhalle mit der Grundform. Diese wird zunächst gereinigt. Dann noch mal gereinigt. Dann mit Wachs als Trennmittel bestrichen. Im Anschluss kommen mit dem Pinsel mehrere Millimeter Gelcoat drauf – das, was man als Bootsbesitzer an seinem Schiffskörper als erstes wahrnimmt. Und dann werden nach einem detailliert vorgegebenen Lagenplan die mit Harz und Härter getränkten Glasfasermatten aufgebracht. Lage für Lage werden die getränkten Glasfasermatten in die Rumpfform eingelegt. Der Bootsrumpf entsteht. 15 Männer brauchen für den Rumpf einer 40er etwa 14 Tage.

    Die Negativform von Außen in ihrem Formkorb. Im Vordergrund links: die Negativform eines Schiffsdecks.

Für jeden der derzeit lieferbaren acht Bootstypen gibt es nur eine einzige Negativform. Ob es nicht Sinn machen würde, gleich mehrere Negativformen, zum Beispiel von der neuen 40er zu haben? Dann könne man doch gleich mehrere Bootskörper parallel und effizient produzieren? Der Produktionsleiter lächelt: „Theoretisch ginge das. Aber das Laminieren ist nicht das Problem. Sondern der Ausbau in der nächsten Halle, der Ausbauhalle. Wenn wir hier mit dem Laminieren fertig sind und die Rumpfhülle kann nicht gleich rüber in den Ausbau, weil die drüben mit dem aktuellen Auftrag noch nicht fertig sind: Dann geht hier nichts weiter. Der Engpass liegt immer drüben in der Ausbauhalle“, erklärt er den Produktionsprozess.


    Der Rumpf ist fast fertig: in die eingelegten und bereits trockenen Glasfasermatten des Rumpfs werden nun die Formstücke für die Bilge eingelegt. Und einlaminiert.

Schritt 3: Der Ausbau in der Ausbauhalle.


    Mannshoch, tonnenschwer: Der Kiel des neuen 40-Fuß-Modells der Werft.    

Warum das so ist, sehen wir beim Betreten der Ausbauhalle. Mannshohe Gusskiele für das brandneue 40er-Modell stehen herum. Leere Negativformen für Deck und Rümpfe. Fünf bis zehn weitere Kiele. Fertige Holzteile für den Innenausbau. Es riecht streng nach Chemie. Überall liegen Werkzeuge, Behälter, Schleifer und Hobel. Schläuche, Kabel, Leitungen, die in den oben offenen Rumpf einer 40er hineinlaufen wie in einen Patienten nach der Operation, wenn das Leben wieder Stück für Stück in ihn gebracht wird. Die Männer montieren gerade den Innenausbau. Ausbau – das heißt: Einbau des Bodens und des Motors. Einziehen aller Kabel in die Kabelkanäle. Einbau der kompletten Innenraum-Elektrik wie Beleuchtung, Heizung, Warmwasser. Auch die Navigationselektronik ist dabei. Einbau der Querschots, der Salonmöbel, des Bads, der Pantry. Und der Kojen.


    Eine 40-Fuß-Yacht wird ausgebaut: gut erkennbar sind beide Querschotts. Der senkrechte „Schacht“ in der Bildmitte ist der Niedergang, mit dem bereits fertig eingebauten VOLVO-PENTA-Motor.    

Alle Kabel, Seeventile und natürlich die Holzteile, die die Werft in ihrer eigenen Schreinerei anfertigt, finden hier ihren vorbestimmten Platz. Wie in eine offene Schüssel werden die Teile einzeln an den Rumpf gebracht, hineingehievt und dann sorgfältig eingebaut, bei noch nicht montierter Deckseinheit.


    Der Salon: Gut erkennbar der Eingang in die Toilette. Links davon die bereits montierte Panel der Schiffselektrik. Davor die Pantry mit gelb abgedeckter Spüle. Dahinter der Eingang in die Koje.

Der Innenausbau: ein kompliziertes Gewerk, umfasst es doch Holzbau, Elektrik und Elektronik sowie den Einbau des Motors. Um 12 Meter Schiff mit dem Innenausbau fertigzustellen, ist ein bunt gemischter Haufen an Schreinern, Tischlern, Bootsbauern, Elektrikern und Elektronikern zugange, um dem Traum eines Seglers Gestalt zu geben. Facharbeiter, Angelernte, Lehrlinge, Helfer – sie alle sind Teil der Werft. „Ich kann mich noch genau erinnern“, sagt Günter Ambrosi, der Verkaufsleiter, „wie ich als Lehrling bei Schöchl angefangen hab. Eine Ankerwinsch fürs Heck der 37er PAMINA, die hab ich 1997 als erstes einbauen dürfen. Der Eigner war leidenschaftlicher Mittelmeer-Segler. Und hatte nur einen Arm – deshalb die Heck-Ankerwinsch. Und die PAMINA mit meiner Heck-Ankerwinsch liegt heute immer noch in Porto San Giorgio an der Nordadria.“ Man kennt seine Kunden – und begleitet sie über Jahrzehnte.


    Die Niedergangstreppe einer Yacht, noch unlackiert, in der Schreinerei.

Sämtliche Holzteile stellt die werfteigene Tischlerei selbst her, in der Werft hat sie, ebenso wie die Schlosserei, ein kleines eigenes Reich. Mit allem, was zu einer traditionellen Tischlerei gehört: 


Schraubzwingen hängen an den Wänden. Schrauben, Leimtöpfe, Schleifpapier für die Bandschleifer. Und überall hängen Formstücke – Formstücke für fast alles und jedes einzelne hölzerne Bauteil eines jeden Schiffes, das in der Werft gebaut wird und gebaut wurde. Für die Niedergangstreppe, „die Stiege“ einer 39er, deren Formstück für die Seitenwrange man im Foto unten rechts erkennt.

Die Tischler produzieren hier praktisch alles, was das Boot an Holzteilen benötigt: Von der Pinne bis zur Pantry. Von der Navi-Ecke bis zum Niedergang, vom Schapp bis zum Schuber. Sie sind stolz darauf, dass das Furnier für die gesamten Seitenschapps des Salons aus einem einzigen Stück geschnitten wird. Das über die ganze Salonlänge läuft. Auch die Lackierung aller Holzteile geschieht hier in der Schreinerei, so dass das fertige Holzteil nur durch die Schreinereitüre hinausgerollt wird in den Halle nebenan, dahin, wo die leeren Yachtrümpfe auf Ihr Innenleben warten.

Auch die Beschläge fertigt die Werft selber: Belegklampen. Bug- und Heckkörbe. Seezäune. Sind Deck und Rumpf miteinander verschraubt, kommt die Yacht für zwei Wochen ins Tauchbecken. Man legt das Boot einfach ins Wasser. Und überprüft vor der Auslieferung, ob alle Borddurchlässe sicher sind. Ein simples und einfaches Verfahren. Das aber bösen Ärger beim Kunden vermeiden hilft.

Und wie lange braucht man, um sich ein neues Yachtmodell auszudenken? Manfred Schöchl, zusammen mit seinem Cousin Gerhard Schöchl Eigner der Werft und dort für Technik und Entwicklung zuständig, lächelt: „Das dauert ein bis zwei Jahre. Wir reden einfach darüber, was Kunden gerade suchen. Was dem Kunden bei einer Yacht gerade wichtig ist. Das ändert sich alle paar Jahre.“ Die Kunden seien andere geworden. Früher waren Yachtbesitzer Segler, die mit Pirat oder Opti angefangen hatten und dann langsam auf die Yacht umstiegen. Und sich vergrößerten. „Ganz anders der heutige Kunde: der ist begeisterter Chartersegler. Unser Kunde kommt heute von der Charter. Er weiß genau, was ihm an seiner Charteryacht nicht gefallen hat. Er steigt aufs eigene Schiff um und erwartet, dass alles so zuverlässig funktioniert, wie er das von seinem Auto her kennt. Eine große Herausforderung für Yachtbauer.“ Und noch etwas fällt Manfred Schöchl dazu ein: „Früher wurde beim Kauf einer Yacht viel über Technik im Hinblick auf Sicherheit gesprochen. Wenn ich heute anfange und sage: ‚Wir verwenden für die Kiel-Halterung nur 20er-Kielbolzen…‘, dann kann es schon vorkommen, dass mich ein Kunde unterbricht und sagt: ‚Sülz mich nicht voll. Wenn ich nicht wüsste, dass Ihr gute Yachten baut, wäre ich nicht hier.‘ Sicherheit und Verlässlichkeit einer Yacht werden heute genauso wie beim Auto stillschweigend vorausgesetzt. Darüber wird nicht mehr geredet.“


    Stilleben in der Schreinerei.

50 Männer, die 50 Schiffe im Jahr bauen. Für Männer. Denn immer noch sind Bootskäufer fast ausnahmslos männlich. Die meisten verheiratet. Und beim Bootskauf ist die Ehefrau immer dabei. Aber welche Rolle spielen die Frauen beim Yachtkauf? Manfred Schöchls Antwort verblüfft: „Ohne die Ehefrau verkaufe ich kein Schiff. Sie trifft die Entscheidung mit. Das geht soweit, dass wir wesentliche Teile einer Yacht auf die Frauen hin konzipieren: die Inneneinrichtung, die Funktionen der Pantry, die Kojen. Das muss alles genauso funktionieren, wie man das von seiner modernen Wohnung und vor allem von seiner Küche her kennt. Segeln: Das war früher ‚Camping auf dem Wasser.‘ Mit Bunsenkocher. Heute ist das alles anders. Das Design eines Schiffes, die Segelleistung, die Sicherheit: Die schneidern wir auf den Mann zu. Das gesamte Innendesign von der Matratze bis zur Schlingerleiste am Salontisch: Das machen wir nur für die Frauen. Denn schließlich: Ohne die Frauen würde hier auch in der Werft nix funktionieren.“

                                                                     Weiterlesen bei: Von Schiffen und von Menschen

boot 2015 in Düsseldorf

360˚ Wassersport erleben – mit einer vergünstigten Eintrittskarte für ADAC Mitglieder

Logo boot DüsseldorfDie 46. Internationale Bootsausstellung Düsseldorf öffnet ihre Hallen vom 17. Januar bis 25. Januar 2015 und präsentiert mit ca. 1.650 Ausstellern aus mehr als 60 Ländern viele Neuigkeiten, maritime Produkte und Dienstleistungen rund um den Wassersport.

Testen Sie das neueste Equipment, treffen Sie Stars der Wassersportszene oder planen Sie Ihren nächsten Urlaub. Ob Segeln im großen Wasserbecken, Tauchen im Tauchturm oder Paddeln auf der Kanustrecke: Hier können Sie fast alles ausprobieren, was mit Wassersport zu tun hat! Auf mehreren Bühnen erwartet Sie Unterhaltung und Information, Sie können in die Welt der Unterwasser-Fotografie eintauchen.Ein besonderes Highlight ist die neu gestaltete boot Segelschule in Halle 14, die für Segelspaß für kleine und große Leute sorgt.

Der ADAC ist in ebenfalls in Halle 14 Stand A65 vertreten und stellt neben zahlreichen Informationen zu Revieren, Sportbootführerscheinen, Gebrauchtbootkauf/-verkauf,  Internationalen Bootsschein (IBS) und Wassersportversicherungen auch die ADAC Yachtcharter-Suche und das ADAC Marina-Portal vor.

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Auch zur boot 2015 genießen ADAC-Skipper vergünstigten Eintritt. Foto: Messe Duesseldorf /ctillmann

Ermäßigte Eintrittskarten für Clubmitglieder
ADAC Mitglieder sparen beim Besuch der Messe. Im Vorverkauf erhalten sie bei den teilnehmenden ADAC Geschäftsstellen (Verkaufsstellen-boot-2015) oder im Online-Kartenverkauf die Eintrittskarten zum ermäßigten Preis von 14,- € (statt 20,-€) für Erwachsene und zum Preis von 6,- € für Kinder unter 14 Jahren.
Die Online-Kartenbestellung können Sie direkt im Ticketshop der Messe Düsseldorf unter https://eshop.messe-duesseldorf.de/ADAC_2015  vornehmen.

Alle Eintrittskarten beinhalten die Fahrt zur Messe und zurück mit Bussen, Bahnen und Zügen innerhalb des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR).

Bereits ermäßigte Eintrittskarten für Schüler, Studenten, Senioren, Schwerbehinderte, Zwei-Tages- und Familienkarten sind ausschließlich im Online Vorverkauf und nicht im Vorverkauf über die ADAC Geschäftsstellen erhältlich.
An der Tageskasse der Messe sind die vergünstigten Eintrittskarten ebenfalls nicht erhältlich.

Öffnungszeiten
Die boot 2015 ist täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr auf dem Messegelände Düsseldorf geöffnet.

 

Der Segler im Winter: Wie der Segler über den Winter kommt.

 

„Ende November auf dem See ist nicht jedermanns Sache. Die Kälte auf dem Wasser geht durch Mark und Bein. Der Tee aus der Thermoskanne hilft nicht wirklich. Das Wasser des Sees, im Hochsommer Türkis, ist jetzt braun, fast schwarz und ganz unbewegt. Der See ist wie ein Moorsee und ein bisschen unheimlich. Trotzdem mag ich diese Jahreszeit auf dem Wasser. Das ganz Unbewegte. Die Stille. Kein Laut. Kein Lüftchen. Nur der Rauch der Laubfeuer, der am Ufer steht. YamYam ist meist das Vorletzte der 270 Boote, das aus dem Wasser kommt. Das gefällt mir. Trotz RAMSAR-Artenschutz-Abkommen. Auf dem Bild oben sieht man YamYam ganz hinten und mit gelegtem Mast. Da ist sie wirklich das letzte Boot. Der Rest: Stille und Schweigen.“

Im November 2007 schrieb ich diesen Text. Auf meinem ersten Blog. Und über mein erstes eigenes Boot. Es hieß YAMYAM. Nichts hat sich seitdem geändert. Der November, in dem ich geboren bin, ist ein trüber Monat. Die Boote kommen aus dem Wasser. Die letzte Runde, die ich auf YAMYAM dick eingepackt und mit gelegtem Mast auf dem See drehte, war vorbei. Unwiderruflich. Oft hatte ich das Gefühl: Es sei vorbei mit dem Segeln. Für immer. Unvorstellbar, dass es wieder Sommer werden würde. Segeln – das würde nie, nie wieder sein.

Der Segler im Winter: das ist schon ein eigenes Kapitel. Wie kommt der Segler über den Winter? Wenn man es sich nicht leisten mag, wegzugehen? Die Zuhause allein zu lassen? Thailand, Karibik oder die Kanaren für eine klägliche Woche charternd zu bereisen?

Ich habe das immer geschafft, in dem ich mich über den Winter mental mit dem Segeln beschäftigte. Am Boot arbeiten war ja nicht. Wegen der Kälte. Aber die Gedanken um das Segeln kreisen lassen. Deshalb das Eine: Wir werden auf MARE PIÙ ein Buch machen. Zusammen mit Seglern. Über ein Thema, das wir nächste Woche bekanntgeben werden. Ein Thema, um den Segler über den Winter zu bringen. Wenn Sie mehr Informationen über unser Buchprojekt möchten: Bitte rechts oben Ihre EMail unter „News & neue Artikel… “ eintragen. Und dann das nachfolgende FEEDBURNER-Sicherheits-Mail abwarten und bestätigen.

                                                                                                          Weiterlesen bei: Mare Piu macht ein Buch.
    
Das Andere: Den Winter habe ich immer geschafft mit EINEM besonders guten Buch. Ein Buch, das  über das Leben auf dem Meer schrieb. Ein Buch, das mit dem Segeln zu tun hatte. EIN Buch, das mich über den Winter gerettet hat. Buchstäblich. 

Jedes Jahr gab es davon eines. Ein einziges, das ich verschlungen habe. Und daraus ist dann meine persönliche Bestenliste geworden: BÜCHER, DIE MICH ÜBER DEN WINTER BRACHTEN. Ein höheres Lob kann ich einem Buch nicht aussprechen, als dass ein Buch war: das mich über den Winter brachte.

Das unten sind sie. Sie brachten mich über den Winter. Sie begleiten mich auf meiner Reise mit LEVJE. Sie sind immer an Bord. Die meisten kennt man. Ich werde jetzt, in loser Reihenfolge, meine Bestenliste, meine BÜCHER, DIE MICH ÜBER DEN WINTER BRACHTEN, vorstellen. Bis Weihnachten immer ein, zwei beschreiben. Und wenn das für Sie nützlich ist: dann freue ich mich, wenn Sie wie immer unten im Feld auf das „Tolle Geschichte…“ ein Häkchen setzen. Dann weiß ich, dass das auch Ihnen über den Winter hilft.

Beginnen wir ganz, ganz unten: 
1993 veröffentlichte Annie Proulx ihre SCHIFFSMELDUNGEN. 1995 habe ich es zum ersten Mal gelesen, und dann immer wieder. Das Buch beginnt – schrecklicher kann ein Buch nicht beginnen – mit einer fortgesetzten Reihe persönlicher Katastrophen: Fremd sein in der Familie, in die man geboren wird. Fremd sein an dem Ort, an dem man lebt. Arbeitslos. In eine vollkommen verzweifelte Beziehung hineinrutschen, Trennung, Tod, schreckliches Sterben. Die ersten 38 Seiten handeln nur von einem lebenslangen Absturz. In Raten. Die restlichen 360 Seiten? Die Geschichte einer Heilung. An einem Ort, an dem keiner von uns wirklich gerne leben wollte. Wo immer Winter ist. Aber wo Quoyle, der Held des Romans feststellt, dass er hingehört. Wo er Wurzeln schlägt. Und beginnt, über Schiffe zu schreiben. 

Rechts oben, ERIC TABARLY – Ein Seglerleben.
Ein Bildband. Über das Leben des französischen Seglers, der wirklich ein Ausnahmesegler war. Eine chronologische Sammlung von Fotos aus seinem Leben. Seine Liebe zu seiner PEN DUICK, die er von einem Schiff auf das andere übertrug. Seine Rastlosigkeit, was Ideen, Projekte, Reisen angeht. Ein ungewöhnliches Leben bis hinein in seinen Tod in der irischen See. Und: gerne gebe ich zu, dass ich dieses Buch immer um mich habe. Es steht, es liegt immer irgendwo, wo ich das Titelbild sehen kann. Damit es mich an etwas erinnert: Es zeigt Tabarly kurz nach dem Zieleinlauf eines Einhand-Transatlantik-Rennes. Erschöpft. Abgekämpft. Aber in seinem Blick, in seinen lachenden Augen liegt alles, was die Leidenschaft fürs Segeln ausmacht. Sein Blick sagt: „Ich habe da draußen gesehen, was noch keiner sah.“

Anmerkung:
Ich habe nicht geprüft, ob und wie diese Titel lieferbar sind. Sollten Sie das wünschen, werde ich in meiner Texte zur Bequemlichkeit aller Links einbauen, wo die Bücher erhältlich sind. Gerne mache ich das und bitte Sie um kurze Mitteilung an mich, wenn Sie als Leser das möchten.
For Tabarly: Special Thanks to Katja.

Reden wir über: Der Segler und das Klo. Oder: Vom Nutzen und Nachteil des Fäkalientanks für das tägliche Leben.

Der zurückliegende, am 19. November unter kaum vernehmlichen medialen Echo begangene Welt-Toillettentag – jawoll, so heißt der ganz offiziell! – bietet uns Anlaß und Gelegenheit, auf diesen Seiten mal ein Streiflicht auf ein täglich drängendes Thema zu werfen: Den Segler und sein Klo.

Betrachtet man das Verhältnis des Seglers zu seinem Klo aus historischem Blickwinkel, dann war, wie so oft, früher alles besser. Früher hing man halt einfach den Hintern über die Bordwand. Und schon war das kleine oder große Geschäft erledigt. Unter Männern geht das gut. Man sieht das sehr schön in einer kleinen Sequenz des immer wieder sehenswerten Films MASTER AND COMMANDER: Eine Teerjacke hockt im dichten Schneefall mit heruntergelassenen Hosen vorne im Bugkorb. Jawoll. So war das.

Problematischer war es mehr als 2.000 Jahre auf Galeeren: Die angeketteten Rudersklaven konnten ja nicht einfach wie im Klassenzimmer den Finger heben und sagen: „Ich muss mal!“ Das Geschäft wurde an Ort und Stelle erledigt, egal, wer drüber saß. Oder drunter. Gelebt, geschissen, gestorben wurde, wo man hockte. Schaurig. Schaurig vor allem auch für andere, wenn das Schiff tagelang im Hafen lag. Und in seiner eigenen Brühe von 300 Ruderern schwamm. Von venezianischen Galeerenkapitänen – die Venezianer hielten aus nicht nach vollziehbaren Gründen am längsten an diesem Schiffstyp fest – wird gesagt, dass sie immer mit Spazierstock unterwegs waren. Nicht weil sie lahm waren. Sondern weil im Knauf des Stocks geruchsintensiver Salmiak untergebracht war. Stank’s mal wieder auf dem Schiff zum Himmel, schnüffelte der Kapitän einfach am Salmiak. Weiterlesen auf Mare Più, wie die Venezianer an den Galeeren festhielten

Auf der im Hamburger Hafen liegenden RICKMER RICKMERS ist die Sache fortschrittlicher geregelt. Da gibts im Bug, gleich neben dem Kabelgatt, ein veritables Plumpsklo. Man setzt sich drauf, und eine zugige Regenrinne leitet alles nach draussen. Wie auf einer Almhütte. Das war Fortschritt. Im Film DAS BOOT wird in einer kleinen Szene der Kriegsberichter, gespielt von Herbert Grönemeyer – das waren noch Filme!! – mit den sanitären Einrichtungen des U-Boots Typ 7C vertraut gemacht. Zwei Toiletten. Für 67 Mann Besatzungen. Die eine hängt voll mit Schinken, Würsten, Salami. Was der Bootsmann im Film mit launiger Schnautze kommentiert: „Mehr zum Fressen und weniger Platz zum Scheissen – des is‘ aa a Logik!“

Jedenfalls blieb das mit dem „einfach nach Draußen leiten“ lange Jahre letzter Schrei der Technik. Eigentlich bis in unsere Zeit. Ich erinnere mich an meinen ersten Segeltörn in der südlichen Türkei, Ende der 90er. Da lagen wir, drei Segelyachten, friedlich in der Gemiler Reede, einem wunderschönen Ort (über den ich nächste Woche aus gewichtigem Anlaß berichten werde. Bitte oben rechts registrieren, wenn Sie’s nicht verpassen wollen!). 3 Segelyachten in 1 Bucht mit je 4-5 Menschen: kein Problem. Man informierte seine Mitsegler an Bord mit dem dezenten Hinweis, doch die nächsten 10 Minuten nicht ins Wasser gehen. Und das drängende Problem war gelöst. Die Ringelbrassen, die immer unter den Booten stehen und darauf warten, was von oben runterfällt, die wir deshalb „Kackbrassen“ tauften: sie erledigten zuverlässig „den Rest“.

Die Probleme begannen, als der Wohlstand in die Bucht kam. Genauer gesagt: Die Gülets mit den ferienfrohen Urlaubern aus Marmaris, aus Fethiye, aus Kas. Kam so ein Gület mit 60, 70 Oberkörper-geölten Urlaubern in die Bucht und legte sich neben uns: dann konnte man für den Rest des Tages das Schwimmen in der Bucht vergessen. Soviele „Kackbrassen“ konnte es in der Bucht gar nicht geben. Es war zuviel für sie. Es war zuviel für uns.

Die Türkei hat dann aber noch Ende der 90er erkannt, dass das Problem weniger die ferienfrohen Urlauber, sondern die eigenen Gülets waren. Und hat sich Ende der 90er die strengsten Umweltregeln zum Schutz der eigenen Gewässer verpasst, die ich kenne:
Das Einleiten von Fäkalien in Gewässer ist streng verboten. Und wird besonders im Hafen mit sehr hohen Geldstrafen belegt.
Jeder, der dort Segelt, hat einen Fäkalientank an Bord. Wenn nicht: Geldstrafe.
Jeder, der dort Segelt, hat eine blaue MAVI-Card. Die kostet 25 Euro. Und auf dem Computerchip wird penibel kontrolliert, wann man zum letzten Mal ordentlich im Hafen abgepumpt hat. Hat man keine Blaue Card: Geldstrafe.

Weiterlesen, was man sonst noch an Regelungen über das Segeln in der Türkei wissen sollte

Weiterlesen, was man über die Regelungen in Griechenland wissen sollte.

Zugegeben: drastisch. Und streng. Gelegentlich drakonisch. Es hat aber den unbestreitbaren Vorteil, dass man selbst in vollen Ankerbuchten sorglos zwischen den Schiffen herumschwimmen kann. Das Wasser ist kristallklar. Man muß als Skipper seine Crew in einer vollen Bucht morgens nach dem Aufstehen nicht mehr warnen: „Es ist halb neun. Ich würd‘ jetzt nicht ins Wasser gehen…“


Und weil mir trotz aller Gängelei die Vorteile einleuchteten, habe ich mir auf LEVJE gleich zu Beginn meiner Zeit in der Türkei einen Fäkalientank einbauen lassen. Wie schon öfter, haben mich die Türken beeindruckt. Das da oben sind Dennis und Muhsin. Muhsin war lange, lange Jahre Techniker bei einem Vercharterer, er hat sich Anfang September als Bootstechniker mit Dennis selbständig gemacht. Als ich ihn wegen eines ersten Besichtigungstermins auf LEVJE anrief, war er sofort zur Stelle. Schaute sich LEVJE gründlich an. Sagte mir, wie er den Tank einbauen würde. Und wo.
10 Minuten später stand ein Tankbauer auf der Pier. Vermaß den von Muhsin angegebenen Platz im Schrank. Und baute mir innerhalb eines Tages einen eigens für mich angefertigten Tank aus 10mm starken Kunststoffplatten.
 

 

Der sieht aus wie ein schwarzer Tresor. Als ich etwas nörgelig auf Edelstahl bestehen wollte, warnte mich Muhsin vor undichten Nähten. Bei mir traf er damit ins Schwarze, denn ich habe zwei mal undichte Edelstahl-Tanks erlebt.
 


 
Jetzt thront der Fäkalientank im passgenau in LEVJE’s Schrank. Es war innerhalb eines Tages erledigt. Es war weit günstiger als das Angebot eines deutschen Anbieters nur für das Material. Es war schrecklich zu sehen, wie Muhsin zwei Löcher durch LEVJE’s Bordwand bohren musste. Eins für die Lüftung. Eins für die Absaugung.
 
                                            Weiterlesen: Was kostet eigentlich 5 Monate Segeln im Mittelmeer
 

 

Und wenn jetzt Welt-Toilettentag ist, der uns daran erinnern soll, dass die Trennung von Fäkalien und sauberem Wasser keineswegs überall Standard ist, dann denke ich mir dreierlei:
 
Wie fortschrittlich doch die Türkei ist. Mit wieviel Energie dort in nur zehn Jahren eine Infrastruktur zur effizienten Reinhaltung der Küstengewässer aufgebaut wurde.
Wie bräsig auch bei diesem Thema die EU-Länder mal wieder sind.
Wie schön es ist, morgens ohne Bedenken in jeder Bucht ins Wasser steigen zu können.
 

Eigentlich schon ganz gut. So ein Welt-Toilettentag.

 


    Levje an Ihrem aktuellen Standort: In Finke in der Südtürkei.

 
 
 

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Im Online-Portal können weltweit die Angebote von mehr als 8 000 Haus-, Segel- und Motorbooten an über 400 Standorten verschiedener Charterflotten auf dem Portal verglichen und gebucht werden. Die Belegungen sind tagesaktuell dargestellt und der Kunde sieht sofort die tatsächlich verfügbaren Schiffe. Bereits heute sind mehr als 5 000 Kundenbewertungen abrufbar.

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Die vergessenen Inseln: Despotiko. Oder: Der letzte Feldzug des Miltiades.

Der unwirtliche Norden des Inselchens Tsimintiri.

Oft auf meiner Segelreise durch die Ägäis frage ich mich: Bin ich es, der dank glücklicher Fügung Orte findet, die Geschichten erzählen? Oder sind es die Orte, die mich finden?

Denn so war es auch mit Despotiko, der vergessenen Insel. Den Tag über war ich von Kimolos herübergesegelt, ein längerer Schlag, an Sifnos vorbei. Am späten Nachmittag begann ich Ausschau zu halten nach einem Platz, um ankernd die Nacht zu verbringen. An zwei, drei Buchten segelte ich vorbei, bleib ich hier? Bleib ich da? Bis ich mich entschied, noch vor Paros in die weite Ankerbucht Ormos Despotiko einzulaufen, die jeder kennt, der durch die Gewässer um Paros und Naxos streift. Es ist ein Ankerparadies, das da zwischen dem bewohnten Antiparos im Osten und den unbewohnten Inseln Tsimintiri und Despotiko, den alten Piratenschlupfwinkeln liegt: weit, geräumig, das türkise Wasser begeisternd, vor dem Wind geschützt nach allen Himmelsrichtungen, Wassertiefe und Grund ideal zum Ankern. Ein Platz wie wenige. Ich blieb vier Tage.

    Blick von Antiparos nach Westen: Vorne links das unbewohnte Tsimintiri. Dahinter die Insel Despotiko. Und fern am Horizont Sifnos.

Meiner Gewohnheit folgend, nutzte ich den späten Nachmittag, um mit meinem Dinghi Streifzüge zu unternehmen. Zuerst nach Antiparos – da wars touristisch. Dann nach Tsimintiri (im Bild ganz oben): baumlos, strauchlos, menschenleer, und der Meltemi treibt aus Nordwesten die Brandung an die Felsen. Doch plötzlich stehe ich – wie fast immer auf den Ägäis-Inseln und vorher schon auf Milos – in antiken Tonscherben. Die ersten Spuren uralter Besiedlung. 

Am Dritten Tag dann mit dem Dinghi hinüber nach Despotiko selber. Das Dinghi an Land gezogen und vertäut und langsam Richtung Gipfel marschiert. Und plötzlich finde ich – oder es findet mich – dies:

Ein weitläufiges Areal. Grundmauern aus behauenen Quadern. Die Reste einer Tempelanlage der Antike – ein Kultplatz, vielleicht nicht so groß wie Olympia, aber beeindruckend mit den fast fugenlos aufeinandergelegten Quadern, den üppigen Grundrissen, den Säulen mitten auf dieser vergessenen, nur von einem Schäfer bewohnten Insel, dessen Hunde mich aus der Ferne anbellen, während ich allein durch die Ruinen streife.

                                                                                                                     Weiterlesen über das Heiligtum von Olympia: hier.

Kein Zweifel: dies muss in der Antike ein bedeutendes Heiligtum gewesen sein, ein Ort, den zuverlässig untereinander streitenden und kriegenden Hellenen ein Stück Gemeinsamkeit zu schaffen. Was ich fand, ist dies:

Es ist das antike Prepesinthos, ein Heiligtum, im sechsten, siebten Jahrhunderts vor Christus dem Apoll errichtet. Ein zentraler Ort, den die Menschen vor 2.600 Jahren mit einer Bitte, einem Gebet, einem Flehen oder einem Dank aufsuchten. Ein Ort, an dem sie den Göttern, einem Gott, Apoll, ein Opfer, ein Geschenk darbrachten. Manche Gold. Manche eine Figur. Andere nur einen Krug. Oder einen tönernen Weinbecher, in dessen Boden sie mit ungelenker Hand „Für Apoll“ ritzten.

Aber etwas stimmt nicht mit diesem Ort. Irgendetwas ist falsch. Und das hat mit dem marmornen Abbild des „Kouros“, des Jünglings, zu tun, den man im Bauschutt der weitläufigen Ruinen fand. Denn der Kouros, vielmehr die vollständige Statue, war nur wenige Jahre in Prepesinthos aufgestellt. Der Kopf wurde etwa um 560 vor Christus geschaffen, und dies unergründliche Lächeln, das der Jüngling zeigt, verschwand nur wenige Jahre später im Erdboden: die Statue wurde zerstört – keine 70 Jahre, nachdem der Künstler sie geschaffen hatte. Zerstört nicht durch Erdbeben oder eine Naturkatastrophe. Sondern durch militärische Gewalt, durch absichtsvolle Zerstörung. Um danach in Trümmern als Baumaterial Verwendung zu finden.

Man ging zunächst von lokalen Unruhen aus. Dann von den Perserkriegen, in denen Naxos und Paros als wichtiger Trittstein für die Perser auf dem Weg nach Athen eine große Rolle spielte. 

Aber die jüngste Spur ist weit spannender. Sie führt nach Athen. Und mitten hinein in das größte Ereignis der griechischen Antike: Den Einmarsch der Perser mit ihren gewaltigen Heeren nach Griechenland. Und den Sieg der Athener über diesen Feind. Die Spur führt von der vergessenen Insel Despotiko zu Miltiades, dem Strategen, der die athenischen Truppen in der Schlacht von Marathon zum Sieg führte. Miltiades, der als größter Feldherr seiner Zeit galt. Der ein Jahr nach seiner erfolgreichen Kampagne von seiner Heimatstadt Athen beauftragt wurde, die Insel Paros zu unterwerfen. Aber die Bewohner von Paros und der umliegenden Inseln ließen sich nicht unterkriegen. Leisteten erfolgreich Widerstand, und es war vermutlich während dieses Kriegszuges, dass das nur wenige Meilen vor Paros liegende Apollon-Heiligtum von Griechen zerstört wurde. Und das Lächeln des Kouros für 2.500 Jahre im Erdboden verschwand.

Miltiades wurde auf diesem Feldzug am Bein verwundet. Und wegen seines Fehlschlags von Paros in Athen angeklagt. Man war gnadenlos: Auf einer Krankenbahre hatte sich Miltiades vor Gericht für seine misslungene Expedition zu rechtfertigen. Es verurteilte ihn zu einer hohen Geldstrafe. Sie war so hoch war, dass er sie – wiewohl vermögend – nicht begleichen konnte. Also verurteilten ihn die Richter zu Gefängnis.

Miltiades, der seine Vaterstadt vor den Persern gerettet hatte, starb an den Folgen seiner Verletzung von Paros, noch bevor sie kamen, ihn zu holen.

Als ich zurück zum LEVJE rudere, bin ich nachdenklich. Zum ersten Mal ist draußen über dem Meer Nebel. Eine erste Ahnung von Herbst ist da, selbst hier in der Ägäis. Wo die vergessenen Inseln dem, der zuhört, leise gute Geschichten ins Ohr flüstern..

   Wo liegt Despotiko? Und wie segelt man nach Despotiko? So. Einfach auf dem Tablet vergrößern…