Noch immer Nouméa
Juni 2025, Neukaledonien/Nouméa, Tag 4.042, 29.095 sm von HH
Wir liegen gut in der Marina, denn das Wetter darf als suboptimal bezeichnet werden. Auf die Trockenzeit müssen wir wohl noch vier Wochen warten. Im Augenblick regnet es fast jeden Tag. Da fühlen wir uns in der Stadt besser aufgehoben als in der Lagune.
Wir sind weiterhin nur zu Fuß unterwegs. Ein Auto zu mieten, scheiterte die letzten zwei Wochen an den Schulferien. Alle Wagen ausgebucht, nur am Flughafen wäre noch einer verfügbar gewesen. Seit gestern sind die Ferien vorbei, wir haben ein Auto für Mittwoch reserviert.
Mit dem Bus zu fahren, ist uns bisher auch noch nicht gelungen. Letztes Jahr im Mai gab es heftige Unruhen in Nouméa. Die ‚Indépendantisten‘ fordern die Unabhängigkeit Neukaledoniens von Frankreich. Es kam zu bewaffneten Ausschreitungen und hunderte Geschäfte wurden in Brandt gesteckt und der öffentliche Nahverkehr eingestellt.
Die politische Lage hat sich wieder beruhigt, aber die Hälfte der Buslinien besteht nicht mehr. Das Info-Häuschen am Busbahnhof ist dauerhaft geschlossen. Dazu kommt, dass jede Fahrt 4,30 Euro kostet. Das soll den Locals zu teuer sein. Kaum jemand fährt mit dem Bus. Die Verbindungen sind auf den frühen Vormittag und Frühabends beschränkt. Sehr unglücklich für alle, unpraktisch für uns.
Das Marina-Leben hat mit dem bunten Gemisch von Langfahrtseglern aller Nationen nicht viel zu tun. Nur alle paar Tage sieht man einen Neuankömmling mit gelber Flagge.
Die meisten Boote gehören (weißen) Einheimischen und dienen vielfach als Wohnung. In lockerem Business-Outfit wird von hier aus zur Arbeit gegangen. Oder das süße Rentnerleben genossen.
Um auf die Stege zu gelangen, erhält man vom Marina-Büro einen elektronischen Schlüssel. Leider öffnet der nur den eigenen Steg. Mal eben einen Besuch auf anderen Schiffen abzustatten, ist schwierig. Umso erstaunlicher, dass wir es schon geschafft haben, zwei nette Abende mit zwei verschiedenen deutschen Crews zu verbringen. Beide Boote sind allerdings schon wieder weg und in Australien.
Wir amüsieren uns auf verschiedene Weise. Ein Besuch im Stadtmuseum gibt einen netten Überblick über die Zeit der Kolonialisierung Neukaledoniens. Abgerundet durch viele Filme – mit englischen Untertiteln – der frühen Jahre des letzten Jahrhunderts. Nett gemacht.
Das Stadtmuseum
Abends besuchen wir ein Konzert im Marina-Bistro. Eine Pink Floyd Tribute Band spielt. Wir mögen beide sehr gerne Pink Floyd. „Könnte gefährlich nahe an Blasphemie grenzen“, befürchtet Achim. Wir riskieren den Eintritt von 22,00 Euro pro Person und werden nicht enttäuscht. Die Kneipe ist voll und die Band wirklich gut.
Am Eingang vom Bistro – das Prisma ist tatsächlich aus Bindfäden gewoben. Eine gute Einstimmung.
Pink Flyod Fans wissen Bescheid
Der David Gilmour von Neukaledonien macht seine Sache super.
Die Band ist eine Lokal-Größe und tourt nur in Nouméa umher.
10 Leute auf der Bühne. Allein vier Sänger im Chor und am Saxophon. Der Eintritt ist absolut gerechtfertigt. 8,50 Euro für ein Bier ist übertrieben. Aber wir hatten einen schönen Abend.
Als wir abends unterwegs waren, um essen zu gehen, haben wir festgestellt, dass uns Nouméa bei Nacht nicht sehr einladend erscheint. Es hängen relativ viele ‚Gestalten‘ in Haus-Nischen herum. Einige betteln, andere schauen grimmig. Die Unruhen letztes Jahr haben viele Arbeitsplätze vernichtet. Touristen bleiben seitdem aus. Viele Kreuzfahrtschiffe haben Neukaledonien aus ihrem Programm gestrichen.
Nur 41 Anläufe von Kreuzern im Jahr 2025 in Neukaledonien sind geplant. Im Jahr 2023 waren es fast dreimal so viele.
Verlierer sind die Ureinwohner, die Kanaken. Unser französischer Nachbar beschreibt die aktuelle Situation als ‚Gas-Gemisch kurz vor dem Entzünden‘.
Die Kanaken sind nicht besonders gut auf die weiße Bevölkerung – ungefähr ein Anteil von 30 bis 35 % – zu sprechen. Wobei sich die Ablehnung im Wesentlichen auf Franzosen beschränkt. Als ich tagsüber von einer Gruppe junger Männer angesprochen werde und sage, dass ich kein Französisch spreche, wird mir sofort mit der Hand auf dem Herzen ein ‚welcome‘ auf Englisch entgegen gebrüllt.
Trotz dieser etwas unsicheren Situation fühlen wir uns (tagsüber) nicht unwohl. Je weiter wir uns vom Brennpunkt Markt und Busbahnhof entfernen, desto freundlicher werden die Menschen. ‚Bonjour‘ schallt es uns in den Wohngebieten entgegen. Stehen wir mit unserer Karte ratlos auf der Straße, wird uns sofort geholfen, den richtigen Weg zu finden.