Kategorie: Atanga

Längste Abkürzung in Australien

30.08-02.09.24, Australien/NT/Jervois+Gemtree, Tag 275-277 Roadtrip, 22.122 km total, Tages-km 469+209

Die 750 Kilometer von Boulia bis zum Stuart Highway – der Lebensader von Nord nach Süd, die genau durchs Zentrum führt – teilen wir ebenfalls in zwei Etappen auf. Die Landschaft wird roter, bleibt aber platt. Ab und an taucht am Horizont eine flache Gebirgskette auf.

Die Schotterstraße ist ziemlich gut befahrbar. Besonders auf der Queenslandseite. Als wir die Grenze zum Nothern Territory überschreiten, wird es schlechter.

Auf der gesamten Strecke gibt es keinen Ort, kein Internet, keinen Telefonempfang. Uns kommen auf dem Abschnitt in zwei Tagen 25 Autos, zwei Motorradfahrer (leicht Verrückte), zwei Fahrradfahrer (komplett gaga – die Hitze, der Staub, die schlechte Straße) und drei Viehlaster entgegen. Die Hälfte der Strecke ist unbefestigt, aber meistens in einem guten Zustand. Selten Wellblech. Damit die Landkarte nicht nur aus weißem Papier besteht, ist jede Rinderfarm rechts und links der Strecke aufgeführt.

Alle Namen in Anführungszeichen sind Stations – Rinderfarmen – keine Orte.

In der Mitte im Nichts eine Notlandebahn.

Riesiger Termitenhaufen. Selfie von der Motorhaube.

Überflutungsmarke. Die höhe der Überflutungen ist schwer nachzuvollziehen, denn die durchschnittliche Regenmenge in dieser Gegend beträgt keine 30 cm. Alle paar Kilometer stehen Warnhinweise am Rand, dass wieder eine Senke mit Überflutungsgefahr folgt.

Träge bewegt der Waran sich von der Straße runter.

Varanus giganteus – bis 2,50 Meter lang wird dieser prächtige Waran.

 

Unser erstes Camp schlagen wir auf einer dieser Rinderfarmen – Stations genannt -auf. Die ‚Jervois Station‘ wurde als eine der letzten in dieser Region erst 1960 gegründet. 1977 und 1980 weiterverkauft und scheint nun glückliche Besitzer gefunden zu haben. Die Großfamilie hat es sich in der Mitte von Nirgendwo gemütlich gemacht. Die Kinder haben eine Rasenfläche zum Fußballspielen, eine Ritterburg aus Plastik und zwei Kinder-Motorräder stehen an die Hauswand gelehnt. Enduros natürlich. Starlink auf dem Dach verbindet mit der Welt und ermöglicht Home Schooling auf komfortable Art.

Der Campingplatz liegt etwas abseits vom Wohnhaus. Ist nur ein kleiner Nebenverdienst der Jervois Station. Dusche und Toilette sind in einem Container installiert. Zwanzig Dollar pro Nacht – inklusive Besuch einiger Kälbchen, die über den sandigen Platz strolchen. Es gibt keinen Strom auf dem Campground und das Starlink der Station reicht nicht bis hierher.
Der Abend ist phantastisch. Es ist absolut windstill. Bewegungslos hängen die Blätter am Baum. Wir haben unseren eigenen Starlink: einen direkten Blick auf die Mitte der Milchstraße. Keine Lichtverschmutzung trübt das Vergnügen. Die Milchstraße ist so hell, dass man große Schrift auf einer Flasche entziffern kann. Bombastisch.
Wir sind die einzigen Camper. Allerdings übernachten noch ein paar Straßenarbeiter in drei windschiefen Containerhütten. Die Jungs sollen wir am nächsten Tag noch einmal wieder sehen. Zu unserem großen Glück wird gerade die Straße glatt gezogen. Es fährt sich leiser als auf jedem Asphaltbelag.

Unsere Freunde vom Campingplatz bei der Arbeit. Am nächsten Morgen holen wir sie ein.

Abendstimmung – kein Windhauch – absolute Stille

Varanus spenceri – Spencers Waran wird ungefähr 1,20 lang.

 

Beim zweiten Halt bleiben wir zwei Nächte. Wir sind fast in der Zivilisation zurück, nur noch 140 Kilometer von Alice entfernt, die Straße ist asphaltiert è bedeutet gleich 35 Dollar die Nacht. Rinderzucht wird hier nicht mehr betrieben. Die Eigentümer von ‚Gemtree‘ setzten auf Touristen. Von Alice Springs ist der hübsche Campingplatz schon als Wochenendausflug zu erreichen.
Zum Gemtree gehört ein nahegelegener Steinbruch in dem man gegen Gebühr nach Zirkonia, Rosenquarz  und anderen Halbedelsteinen buddeln darf. Man findet wohl tatsächlich welche. Kleine Brocken meistens. Der Shop neben der Rezeption verkauft auch Steine. Beutel mit Zirkonia kosten fünf oder zehn Dollar. Reichtum ausgeschlossen bei der Buddelei mit 35 Grad im Nacken.

Ein ganz besonderer Service vom Camingplatz: man kann Burger und andere Kleinigkeiten an der Rezeption (500 Meter entfernt) bestellen und die Lieferung erfolgt an den Stellplatz.

Wir konzentrieren uns auf den Rundweg um den Campingplatz, der eine dreiviertel Stunde durch den Busch führt. Bäume und Büsche sind beschriftet. Ein Büchlein mit Erklärungen kann man sich in der Rezeption ausleihen.
Selten war die Gelegenheit so einfach vom Zelt aus loszumarschieren. Direkt nach Sonnenaufgang sind wir unterwegs. Eine schöne Tour – viele Wildblumen und Büsche blühen gerade. Es soll die letzte Zeit mehr Regen als üblich gefallen sein. Der Frühling ist nah. Trotz der frühen Stunde zeigen sich keine Tiere. Eine kleine Echse ist unser einziger Begleiter.

Viele Wildblumen blühen zur Zeit. Es ist Regen gefallen vor Kurzem.

Der Zwerg ist gut getarnt und keine zehn Zentimeter lang.

Rosa Kakadus sitzen neben dem Zelt – Die häufigen weißen Kakadus sind scheuer.

Unterm Strich können wir sagen, dass sich die längste Abkürzung für uns gelohnt hat. Durch fortschreitende Asphaltierung des Highways auch eine echte Abkürzung geworden ist. In naher Zukunft wird die gesamte Strecke keine ‚Dirt Road‘ mehr sein. Entsprechende Schilder der Regierung am Wegrand zeigen die Pläne.

Rindertransport Talk

Bis in die 50er/60er Jahre des letzten Jahrhunderts wurden die Viehherden in Australien getrieben. Klassisch mit Pferd und Stockman – so heißen Cowboys in Australien. Dies erfolgte nur zu bestimmten Jahreszeiten. Zehntausende Rinder waren dann gleichzeitig unterwegs.
Heute funktioniert der Transport per Roadtrain. Allein in Queensland soll es zehn Millionen Rindviecher geben. Eine riesige Logistik-Maschinerie sorgt für einen reibungslosen Transport. Drei Anhänger pro Roadtrain sind üblich. Kühe werden zweistöckig  verladen – bis zu 144 Stück auf einem Roadtrain.

Die hinteren Tiere stehen nonstop im Staub. Nicht schön. Da bleibt nicht viel Luft zum Atmen. Bei Treiben mit Pferden sah es nicht besser aus.

Eine Saison gibt es nicht mehr. Ganzjährig rattern die Viehlaster über Schotterstraßen und asphaltiere Highways. Die Regularien schreiben vor, dass die Tiere nicht länger als 48 Stunden ohne Pause transportiert werden dürfen. Die Entfernungen sind hoch. Viele Schlachthäuser wurden geschlossen, da sich ein Lebendtransport per Schiff etabliert hat. Die verbliebenen Schlachthöfe liegen weit verstreut.
Von unserer Pervois Station zum nächsten Schlachthof, nach Rockhampton, sind es 1.700 Kilometer. Allerdings gibt es in Winton eine Erleichterung für die Tiere – eine Verladestation auf die Schiene.

An der Verladestation in Winton gibt es ein Gewirr aus Gattern und Schleusen.

‚Cattle Train‘ von Winton nach Rockhampton.

Zweigeschossige Entladestation – Hightech. Alles sieht sauber und gepflegt aus – kein Kuhdung liegt herum.Wasser und Heu für die Tiere stehen bereit.

Entladung vom Vieh in Winton.

Kälber bekommen statt Ohrmarke das gleiche Muster ins Ohr getackert – fies! Wie wird das gemacht, frage ich mich?

Als die Rinder noch per Pferd durchs Land getrieben wurden (kann man heute als Stockman-Urlaub buchen – kleine Herden von 600 Tieren werden dann für Touristen gegen den Einwurf kleiner Münzen getrieben), verloren sie mehr Kilo an Gewicht als heutzutage. Stressfrei ist das damals auch nicht gewesen. Die Roadtrain-Tiere verlieren so viel Gewicht, dass sie im Schnitt zehn Tage in die Mästung müssen, um auf ihr Ursprungsgewicht zurück zu kommen. Diese Mästung erfolgt am Schlachthof oder vor dem Lebendtransport per Schiff. In Australien steht der Schifftransport unter hartem Beschuss. Was nachvollziehbar ist, mir fällt kein Grund ein, warum man nicht Fleisch gefroren transportieren kann, statt den Tieren auch noch eine Seereise zu verordnen.


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Schon etwas ab vom Schuss – unser Weg ins Zentrum

27.08.-29.08.24, Australien/QLD/Middleton+Boulia, Tag 272-274 Roadtrip, 21.434 km total, Tages-km 189+192

Hinter Winton gibt es landschaftliche Veränderungen. Zögerlich zuerst. :mrgreen: Wir bleiben im Weideland, allerdings ist dies jetzt nicht mehr eingezäunt. Hinter jeder Kurve – ein seltenes Ereignis – kann eine Herde Kühe stehen. Die Straße ist asphaltiert, aber so schmal, dass wir runter vom Belag fahren müssen, wenn uns ein Viehlaster entgegenkommt. Im Grunde existiert diese Straße überhaupt nur für den Viehtransport und ein paar bekloppte Touristen.

Rindvieh im Weg

Hier passt nur einer auf die Fahrbahn – und das ist der Truck!

Diese Weite!

Immer mal Emus am Weg. Viele Echsen morgens, die sich auf dem Asphalt aufwärmen. Und eine fassungslos machende Anzahl an Kadavern von Kängurus. Hier fahren nur 50 Autos am Tag, trotzdem liegt alle zwei Kilometer ein Känguru tot am Straßenrand. Sehr traurig.

Vor Middleton zeigen sich erste Berge – die Hütte wurde für einen Film hier errichtet

Wir teilen die vierhundert Kilometer bis nach Boulia durch eine Übernachtung nach der Hälfte der Strecke. Am Hotel Middleton. Hotel nannten sich die Stationen, als hier noch Kutschen statt Automobile fuhren. An den Hotels, die ungefähr 30 Kilometer auseinander lagen, wurden die Pferde gewechselt. Hier in der Region fuhren die Kutschen der Firma ‚Cobb & Co.‘ . Sie war die Lebensader im Outback bis 1915.
In Spitzenzeiten hatte Cobb & Co. neuntausend Pferde, verteilt auf 7.750 Kilometer. Die Tagesstrecke – ungefähr 80 Kilometer – kostete einen durchschnittlichen Wochenlohn. Viele Reisende konnten sich das nicht leisten, aber Post und Waren aller Art wurden ebenfalls durch Cobb & Co. transportiert.

Middleton ist eins der letzten originalen Hotels aus der Kutschenzeit und gleichzeitig einer der abgelegendesten Pubs in Australien. Betrieben von drei Leuten. Einem älteren Ehepaar und ihrem Sohn. Die „Hotel“-Unterkünfte sind bessere Verschläge neben dem Hauptgebäude.
In der Mitte von Nichts taucht auf einmal eine kleine Ansammlung von Häusern und Schuppen auf. Jeder Besitzer von Middleton scheint etwas an- oder umgebaut zu haben. Camper wie wir dürfen auf der anderen Straßenseite kostenlos übernachten. Eine baufällige Überdachung und ein paar windschiefe Tische stehen zur Verfügung. Wer Dusche und Toilette des Hotels benutzen möchte, wird um eine Spende für die australischen ‚Flying Doctors‘ (die es noch immer gibt) gebeten.
Cooler Ort, der ein wenig das Gefühl vermitteln kann, wie es zu Kutschenzeiten gewesen sein kann.

Unser Stellplatz für die Nacht – am Ende haben wir noch vier weitere Mitcamper.

Hotel Middleton auf der anderen Straßenseite.

Die Duschräume – eine Wellblechhütte – heißes Wasser und alles blitzsauber. Nur das Klopapier darf man nicht benutzen – nur für Hotelgäste. :mrgreen:

 

Die Kutsche von Cobb & Co. hat schon bessere Zeiten gesehen. Hinter der Kutsche die Zimmer vom Hotel. Fensterlose Butzen mit einem Bett. Duschen muss man auch als Hotelgast in der Wellblechhütte.

Früher gab es auch mal eine Tankstelle hier – alles vorbei. Hoffentlich finden sich immer Leute, die Middleton Hotel weiter betreiben. Eine komplett andere Welt. Heute gibt es hier Internet. Ein Glasfaserkabel liegt neben dem Highway verbuddelt.

 

Nach Middleton verändert sich die Landschaft nun aber wirklich. ;-)
Die Weiden sind immer spärlicher mit Gras bewachsen. Aber es bleibt Rindvieh-Land. Einsam stehen Briefkasten-Tonnen an der Piste. Irgendwo hinter einer staubigen Straße liegt das Wohnhaus der Farmer. Wer hier wohnt, der sucht die Abgeschiedenheit.

Hinter Middleton tauchen immer häufiger kleine Gebirgsketten auf.

Blüten in der Wüste. Bald kommt der Regen. Dann soll die Blüte explodieren.

Boulia ist wegen der Rindviecher komplett eingezäunt. Über die Straße führt ein Gitter – Auto und Menschen kommen rüber, Tiere nicht.
Der Campingplatz in Boulia liegt an einem dauerhaft wasserführenden Fluss. Männer der glücklosen und etliche Leben kostende Expedition um Burke & Wills, die Australien 1862 von Süd nach Nord queren wollten, haben bereits hier campiert.
Boulia hat 314 Einwohner und einmal im Jahr ist hier die Hölle los, wenn im Juli ein Kamelrennen statt findet. Uns zeigt sich Boulia verträumt. Ein Dutzend Mit-Camper stehen auf dem hübschen Platz mit großer Rasenfläche. Dank Fluss und der riesigen Wasserblase unterhalb Australiens, wird Tag und Nacht der Rasen gesprengt.
Im Spätwinter – jetzt – folgt kühlen Temperaturen eigentlich eine Übergangszeit mit moderatem Klima. Nix da. Wir haben nachmittags bereits 37 Grad. Die Frau im Souvenir-Geschäft weiß Bescheid: „Wenn es mal auf über 35 Grad gestiegen ist, bleibt es auch so. Der Frühling fällt aus dieses Jahr.“
Na, das sind ja erwärmende Aussichten für die nächste Zeit. Die nächste Etappe wird Schotterpiste und Internet frei.

Das ist Boulia! Foto credit: Shire Council of Boulia

Boulia hat einen Kehrwagen. In der staubigen Wüste. :lol:

Auf dem Campingplatz laufen Schafe, Esel, Ziege als lebende Rasenmäher herum. Das Schaf ist scharf auf unser Frühstück.

Schafflüsterer Achim. Leider stellt sich das Tier stur. Wirft sich einfach auf die Vorderbeine. Beinahe kippen Frühstückstisch und Kocher um. :lol:


4

Der Weg ins rote Zentrum – oder wie groß Australien wirklich ist

22.08.-26.08.24, Australien/QLD/Charters Towers+Winton, Tag 266-271 Roadtrip, 21.045 km total, Tages-km 263+151+460

Als wir in Etty Bay vor dem Regen flüchten, sind es tatsächlich nur noch 1.300 Kilometer bis zum Schiff zurück. Unsere Australien-Runde ist fast geschlossen. Aber durch die Visa-Verlängerungen haben wir Zeit bis Mai. Es gibt noch so viel zu sehen. Achim denkt häufig an Atanga. Macht sich Sorgen, ob alles in Ordnung ist. Es ist verlockend nach Bundaberg zu fahren. Was sind schon 1.300 Kilometern? ‚Grad um die Ecke‘, im Australischen Sprachgebrauch. Wir entscheiden uns dagegen und wenden die Schnauze Richtung Westen. Wir wollen ins ‚Rote Zentrum‘. Dort warten der Uluru und kleinere Steine, staubige Pisten und endlose Wüsten. Für uns Faszination pur, dies macht den Reiz Australiens aus.

Australienrunde fast vollständig – aber wir möchten mehr. Das rote Zentrum fehlt uns noch. Schade nur, dass es hier so wenig Straßen gibt ;-)

Hinter Etty Bay wandelt sich schnell (naja – schnell … 250 Kilometer) die Landschaft. Dass ist schade, gab es doch an jeder Ecke Obst und Gemüse direkt vom Farmer zu kaufen. Üppiger Tropen-Dschungel weicht Trockenwald. Ein eukalyptisch australischer Flair kehrt zurück.
Der Trockenwald verschwindet noch schneller (150 Kilometer). Wir befinden uns erneut in der eintönigen Steppe Queenslands mit ihren Rinderfarmen. Langweilig.

Den ersten Halt legen wir in Charters Towers ein. „Die schönste Stadt Nord-Queenslands“, verspricht die Heimat-Broschüre. Und tatsächlich, die ehemalige Goldgräberstadt ist schmuck. Touristisch vermarktet und zu Glanz aufpoliert. Einst wurde Charters Towers ‚The World‘ genannt. Reich durch Goldfunde geworden und doch nah genug an der Küste, um nicht als hinterwäldlerisches Outback Kaff zu gelten. Letzte Gelegenheit, um den Wagen mit Lebensmitteln und Wasser zu beladen. Zehntausend Einwohner sorgen für eine gute Auswahl und ohne Outback-Superaufschlag.

Charters Towers hat noch ein paar Fassaden, die gute einhundert Jahre alt sind

Die Stadthalle – hübsch renoviert – erst in den 70er Jahren

Und dann meldet sich Atanga zu Wort. An Tag zwei in Charters Towers erhalten wir eine SMS vom Boatyard: „Auf Atanga klingelt ein Alarm. Einer der Mitarbeiter schaut sich an, was los ist.“ Erst entgleiten uns die Gesichtszüge, dann haben wir den Verdacht, dass es sich um einen der Rauchmelder handeln könnte. Ist die Batterie leer, piepen die Dinger. Da hatten wir schon mal viel Spaß mit. Unsere Vermutung ist korrekt – der Rauchmelder wurde still gelegt. Uns freut, dass auf dem Yard so gut aufgepasst wird und dass auf Atanga alles in bester Ordnung sein soll. Immerhin steht das alte Mädchen nun schon seit neun Monaten einsam vor sich hin.

Unser Weg führt uns weiter nach Winton. Eine wenig befahrene Route. Noch ist die Straße asphaltiert, nennt sich aber nicht mehr Highway, sondern Developmental Road. Für diese Straßen ist nicht mehr die Regierung zuständig, sondern die Dorfgemeinde. Auf dem platten Land in Deutschland wäre das ein besserer Feldweg. Wir rumpeln uns durch weitere monotone Weiden bis nach Winton.

So sieht es unverändert über hunderte Kilometer aus.

Einzige Abwechslung ist dies geschlossene Roadhouse. Das Roadhouse in Prairie – gestern aus dem Western entstiegen.

Der Cowboy-Ort ist klein. Keine tausend Einwohner. Viel gibt das Dorf nicht her, aber die Australier schaffen es immer, irgendwas zu einer historischen Sensation aufzubauschen. Es wird sich an jeden geschichtlichen Strohhalm geklammert.
In Winton hat man tatsächlich ein 23 Millionen Dollar teures Museum gebaut. Für ein Lied und seinen Komponisten. Die heimliche Nationalhymne Australiens ‚Waltzing Matilda‘ wurde vor gut hundert Jahren in Winton geschrieben und uraufgeführt.
Was wir zu sehen bekommen für 35 Dollar Eintritt, ist unsere Frage. „Einen Film über die Lebensgeschichte von Banjo Paterson, den Komponisten.“ :mrgreen:

1000 Einwohner – ein Museum über ein Lied – Saison von Mai bis September – tuttiges Winston.

Freilichtkino in Winton. Jeden (!) Sonntag wird ein John Wayne Film gezeigt. Kann man sich nicht ausdenken.

Der bunte Laden verkauft überwiegend Souvenirs, die die Handarbeits-Damen von Winton in der ruhigen Jahreshälfte herstellen. Unsere Geschichtenerzählerin ist sensationell.

Wir bleiben trotzdem drei Nächte. Es ist so ultra beschaulich in diesen Dörfern und wir treffen auf tolle Geschichtenerzähler. Der Typ aus dem Schmuckladen weiß alles über Opale, die er selber buddelt und seine Schwester zu Schmuckstücken designt. Die Lady aus dem Souvenirladen-Schafscherer-Museum-Mix ist in Winston geboren. Wir liegen falsch mit unserer Vermutung, dass der Ort schrumpfen würde. „Viele junge Familien kommen hierher. In Winton ist es sicher und behaglich. In vier Wochen kehrt auch wieder Ruhe ein [noch mehr ;-) ]. Dann kommen keine Touristen mehr. Zu heiß. Die Opal-Läden schließen, die Hotels machen Sommerpause. Dann hat aber wieder das Schwimmbad geöffnet“, freut sie sich, „ist es zu heiß, kann man den ganzen Tag ins Wasser springen.“

Die entscheidende Frage – wie sieht Winton aus – wenn Ruhe eingekehrt ist?

Morgen ziehen wir weiter. Ins ‚Rote Zentrum‘, in den Staub. Die Runde sieht harmlos aus – tatsächlich sind es 3.000 Kilometer. Davon knapp die Hälfte Schotter- oder Sandpiste. Die Versorgung ist eingeschränkt auf viele Kilometer. Es gäbe einen Weg ‚außen rum‘, der ist aber noch länger. Der Highway bis Alice Springs trägt den Beinamen ‚längste Abkürzung Australiens‘.

400 km
nach Boulia
halb Asphalt, halb Schotter – winziger Ort mit kleiner Infrastruktur

850 km
nach Alice Springs
davon 500 Kilometer Schotter – soll gut befahrbar sein

650 km
Uluru-Runde
Asphalt, touristisch erschlossen, Supermarkt vorhanden

600 km
nach Mt. Dare
erst Highway, dann Schotter, letzte Versorgung vor dem Nichts

500 km
nach Birdsville
fast nur Wüste – hier fahren fünf Fahrzeuge am Tag, sagt die Statistik

Die geplante Route – 3000 Kilometer durchs rote Zentrum. Australiens Dimensionen sind groß.

 


18

Auf der Suche nach Fabeltieren

17.08.-20.08.24, Australien/QLD/Yungaburra+Etty Bay, Tag 261-264 Roadtrip, 20.171 km total, Tages-km 116+134

Als vor gut zweihundert Jahren die ersten Präparate des Schnabeltiers nach Europa gelangten, hielt man dieses Geschöpf für einen Scherz des Präparators. Ein Tier mit Fell und einem Entenschnabel. Dazu ein Biberschwanz und Krallen, die mit Schwimmheuten verbunden sind. Das konnte nur ein Witz sein. Dieses wundersame Wesen legt Eier und ist trotzdem Säugetier. Es hat zwar keine Zitzen, aber aus Drüsen am Bauch kommt Muttermilch, die von den Jungen aufgeleckt wird, die nach zehn Tagen aus ihrem Ei schlüpfen.

Auf Englisch haben Schnabeltiere einen netten Namen – Platypus – Flachfüsser.

Das Schnabeltier ist scheu und dämmerungsaktiv. Dazu gilt der Fortbestand als ‚potentiell gefährdet‘. Die Hoffnung eines dieser Fabelwesen zu Gesicht zu bekommen, ist bei uns entsprechend klein. Sabine und Richard geben uns einen heißen Tipp: in Yungaburra besteht eine Chance.

Yungaburra gefällt uns spontan. Wir bleiben drei Nächte. Am Ufer eines Stausees gelegen, bekommen wir einen traumhaften Stellplatz auf dem Campingplatz. Die preiswerten ‚unpowered‘ Plätze liegen direkt am Ufer.

Beschauliches Yungaburra. Touristisch, aber sehr angenehm.

Die billigen Plätze sind die besten. Rechts an den Palmen steht unser Auto mit Zelt. Toller Platz!

Beste Aussicht direkt vor dem Zelt.

Und dann auch noch Vollmond über dem See.

Gleich am ersten Nachmittag ziehen wir los zum nahegelegenen Bach, der in den Stausee fließt. Ein feiner Wanderweg führt am Wasser entlang. Wir halten fest Ausschau nach Bewegung im Wasser. Aber wonach suchen wir? Leider sind Schnabeltiere auch noch relativ klein. Männchen bringen es grade mal auf dreißig Zentimeter, Weibchen sind zehn Zentimeter kürzer. Wir sind schon auf dem Rückweg als plötzlich ein zierlicher Kobold im Wasser auftaucht. Tatsächlich! Ein Schnabeltier!
Unser fabelhaftes Fabelwesen bleibt minutenlang und bereitet uns den Gefallen in der Mitte des Bächleins zu tauchen.

Am nächsten Tag, gleiche Stelle, gleiche Uhrzeit ist unser Freund wieder da. Diesmal taucht er auf der anderen Seite des Ufers im Schatten der überhängenden Bäume und ist nur schwer zu entdecken. Ohne dass wir sein Verhalten gestern schon gesehen hätten, wären wir heute wohl an ihm vorbei gelaufen.

Schnabeltier – eindeutig. Vielleicht 25 cm lang.

Zum Fressen taucht es mit geschlossenen Augen und Ohren ab und wühlt im Schlamm nach Würmern, Larven und Krabben. Erst an der Wasseroberfläche wird gekaut und geschluckt. Im Winter hat man auch mal am Nachmittag Glück einen zu sehen, weil es dann kälter ist und die kleinen Schwimmer mehr Nahrung benötigen.

Außerdem gibt es Schildkröten in großen Mengen zu sehen.

Die Bäume am Ufer hängen voller Flughunde – ein Gezeter und Geschrei. Der rechte Flughund reißt kräftig das Maul auf. Es sind aber Pollenfresser. ;-)

Von wegen Dracula ist lichtscheu – die eingewickelten Kameraden hängen in der prallen Sonne.

Am dritten Morgen in Yungaburra – 650 Meter hoch gelegen – stehen wir im Nebel. Wir kriegen Zelt und Klamotten grade einigermaßen trocken verpackt als es richtig zu regnen beginnt. Auf einmal sind die schönen Atherton Tablelands nur noch grau.
Wir fahren zurück zur Küste in der Hoffnung auf besseres Wetter. Verlassen Yungaburra aber nur ungern. Ein Vogelparadies.

Die Vogel-Vielfalt und Dichte ist enorm in Yungaburra. Hier ein Plover, der Dornen am Flügel hat (quasi am Ellenbogen) mit denen er Angreifer verletzt. Besonders dann, wenn er seine Küken unter den Flügeln mit sich herum trägt.

Ein Bush Stone Curlew. Der treibt Schläfer nachts in den Wahnsinn (Grüße an Sabine). Ein langgezogener klagender Ton, dem andere Curlews fleißig antworten. Tagsüber stehen sie wie versteinert herum und täuschen manchmal sogar Verletzungen vor, wie hängende Flügel.

Grünflügeltaube

Abends kommen massenhaft Schwärme der großen Kraniche Brolga über den See geflogen. Die Vögel werden bis 1,40 hoch.

Ein majestätischer Anblick

Unsere Wahl ist die Etty Bay. Hier soll man ein weiteres lebendes Fossil zu sehen bekommen: Kasuare. Dieser große flugunfähige Vogel ist noch scheuer als ein Schnabeltier, aber am Strand der Etty Bay gibt es regelmäßig Sichtungen. Ein lebender Dinosaurier, wenn man nach der Optik geht. Ein großes Horn auf dem Kopf lässt an Velociraptoren denken. Knochenfunde sind über vier Millionen Jahre alt.

Ein Kasuar in Echtgröße – in Cairns im Botanischen Garten.

Wir bekommen einen Stellplatz nahe am Strand. Inzwischen regnet es in Strömen. Unser erster Regen seit Monaten. Waren wir doch immer geschickt den Regenzeiten (und der Kälte) davon gefahren.
Unter dem Auto mäandert ein kleiner Bach. Spontan wird das Leben im Dachzelt eine logistische Kampfansage. Kissen, Decken und Klamotten sind kaum fehlerfrei nach oben zu transportieren. Camping verliert seinen Charme. Wohin mit nassen Klamotten, Schuhen und Handtüchern? Zum Glück gibt es eine vernünftige Campküche und einen trockenen Sitzplatz dabei. Wir überleben. ;-)

Etty Bay

Mit Schirm am Strand – die Berge im Hintergrund stammen direkt aus Jurassic Park.

Immerhin Warnschilder für Kasuare an der Etty Bay – es regnet. ist aber warm.

Regen ist ein Camping-Spaß-Killer. Ohne Blick auf einen Kasuar werfen zu können, brechen wir bereits am nächsten Morgen Richtung Süden auf. Dort scheint die Sonne, sagt der Wetterbericht. Und der hat ausnahmsweise Recht.


8

Tolle Tage in Cairns

13.08.-17.08.24, Australien/QLD/Cairns/Kewarra Beach, Tag 257-261 Roadtrip, 19.992 km total, Tages-km

Wir bleiben noch weitere fünf Tage bei unseren Freunden. Schuld ist diesmal nicht Richard :mrgreen: , sondern das Auto. Bei der geplanten, und letzte Woche ausgeführten, Inspektion wurden die Bremsscheiben hinten bemängelt. Und ein paar Kleinigkeiten, wie Wasser in der Bremsflüssigkeit :shock: .
Reparaturen,  die einen in Deutschland in den Ruin treiben wurden, sind in Australien echt bezahlbar (zwei Bremsscheiben plus Belege und Einbau 430 Euro).
Zunächst läuft es mit der Werkstatt nicht besonders gut (Blutdruck auf 180). Die Kommunikation ist bescheiden, aber am Ende sind wir doch zufrieden.

Sabine und Richard laden uns ein, so lange zu bleiben, wie wir wollen. Wir hätten es wahrlich nicht besser treffen können. Abends kochen wir abwechselnd und gemeinsam. Lecker und noch leckerer. Fischcurry, Lasagne, Lammkeule und andere Köstlichkeiten.
Tagsüber macht jeder, wozu er Lust hat oder wir fahren gemeinsam zum Einkaufen, in den Botanischen Garten und zum Sundowner in eine Marina. Die unterhaltsamen und großartigen Tage vergehen wie im Fluge. Und das Beste, wenn wir nächsten Jahr mit Atanga an der australischen Küste hoch segeln (sollten), werden wir Sabine und Richard wieder sehen. Lieben Dank an Euch beide für Eure Gastfreundschaft und Fähigkeiten als Fremdenführer. Wir kommen wieder! :cool:

Danke für die tolle Zeit bei Euch!

Selbstgebackene Laugenbrötchen und Zwiebelkuchen. Die Krönung von Sabines Backkünsten.
Sabine und Richard geben eine Party für ihre Freunde – wir sind dabei und lernen, dass eine Australische Feier auf die Minute pünktlich beginnt und auf die Minute genau endet, wie die Gastgeberin sich das vorgestellt hat. :lol:

Cairns ist an der Ostküste die nördlichste (richtige) Stadt in Queensland und hat den Ruf etwas provinziell im Vergleich zu den anderen Städten Australiens zu sein.  Dank des tropischen Klimas gedeihen hier Zuckerrohr, Mangos und Bananen. „In Queensland muss man die Uhr eine Stunde vorstellen und die Zeit 20 Jahre zurück“, spottet der Süden des Kontinents. ‚Bananen Bender‘ – Bananenbieger werden die Queenslander genannt, berichtet uns Sabine.
Die Ostfriesen Australiens, kann man sagen. :mrgreen:

Uns gefällt diese angebliche Provinz sehr. Im Sommer soll es affenschwül werden, aber im Augenblick grenzen die Temperaturen an Perfektion. Wir sind begeistert, dass wir so tief in die Region eintauchen durften.

Üppiger Markt im Centrum von Cairns.

Im Winter ist die Quallengefahr niedrig…

Für die, die dem Frieden nicht trauen, gibt es ein Salzwasser-Schwimmbad an der Promenade – direkt gegenüber vom Zentrum mit Einkaufstraßen. Kostenlos!

Im Botanischen Garten wurden alte Wasserspeicher zu Galerien und Event-Räumen umgebaut. Toll gemacht. Garn nicht Provinz.

Großartiger Botanischer Garten in Cairns

mit Exoten


6

Und plötzlich ist alles anders

06.08.-12.08.24, Australien/QLD/Cairns, Tag 250-256 Roadtrip

Wir schlafen in einem richtigen Bett. Um uns herum ist alles grün. Wir haben wieder Wetter. Sogar Regen. Ein Geschirrspüler steht bereit.

Und warum ist alles anders? Schuld hat Richard. Richard hat das erste Mal im September 2019 einen Kommentar auf Atanga geschrieben. Damals hatte Achim Zahn und konnte mit der Ärztin auf Tahiti keine Lösung für seine Probleme finden. Richard ist Zahnarzt und Achim durfte ihm damals das Röntgenbild vom Problemzahn schicken.
Richard wohnt mit seiner Frau Sabine in Cairns. Beide sind Segler und vor zwei Jahren haben sie ein Boot in Kroatien gekauft und in Rekordzeit nach Australien gesegelt. Zufällig waren wir vor einem Jahr zeitgleich in Fiji. Dort haben wir uns auf einen Kaffee getroffen und drei Stunden ein Schwätzchen gehalten. Als wir von unseren Australien-Roadtrip-Plänen erzählten, bekamen wir spontan die Einladung, dass wir sie in Cairns besuchen sollen.

Und hier sind wir jetzt. In einem schönen Haus mit großer Wohnküche und den entspanntesten und lustigsten Leuten, die wir seit langem kennen gelernt haben. Ein kleines Träumchen. Aus angedachten drei Tagen sind bereits sechs geworden. Ein Ende ist noch nicht abzusehen. :mrgreen:

Pause in einer Kaffee-Plantage. An der wären wir ohne ortskündige Führer vorbei gefahren. Unsere Tour-Guides sind großartig – in jeder Beziehung!

Um in diese Oase zu gelangen, mussten wir weitere 450 Kilometer nach Osten fahren. Endlich weicht die öde Rinderfarm-Savanne einer begrünten Gebirgskette. Das Auge freut sich über die Abwechslung. Von jetzt auf sofort fahren wir durch tropischen Regenwald.
Wir legen einen Stopp in den Bergen ein. Besuchen ein paar Wasserfälle, die am Weg liegen, bevor wir Cairns erreichen.

Krasser Wechsel – plötzlich ist alles grün.

Blick Richtung Cairns. Baumfarn wie in Neuseeland. Herrlich.

Barron Falls in Kuranda – die Regenzeit ist jetzt schon lange vorbei. Die Wasserfälle lassen nach. Aber was für eine Schlucht!

Hundert Jahre alter Bahnhof in den Bergen von Kuranda. Ein netter Touristenort.

Eine historische Bahn verbindet die Küste mit dem Regenwald.

Sabine und Richard wohnen seit 15 Jahren in einem Vorort von Cairns und kennen die Gegend gut. Ein Tagesausflug bringt uns zum ‚Granite Gorge‘. Durch den nahegelegenen Campingplatz sind die dort ansässigen Berg-Wallabies an Menschen gewöhnt. Futtertüten, die man kaufen kann, helfen ebenfalls den kleinen Kängurus ganz nahe zu kommen. Der Kraxelweg durch die geschliffenen Granitbrocken ist gefällig.

Sehr kleine Wallabies – dies ist eine Mutter mit einem Winzling im Beutel.

Das noch haarlose Baby im Beutel – man achte auf die Wimpern und Barthaare!

Berg-Wallaby (foto credit Sabine)

Warum diese Echse Blauzungenskink heißt, ist klar zu erkennen.

Schlangenfreunde! Am Eingang vom Granite Gorge darf man einen Python anfassen. Smudge ist 13 Jahre alt und mit 1,5 Metern ausgewachsen. Seine Lebensspanne ist fast erreicht. Diese Python-Art wird maximal 15 Jahre alt.

In den Tümpeln zwischen den Granitfelsen paddeln Schildkröten.

Etwas Kletterei durch die Granit-Schlucht.

Die Küste ist ein phantastisch. Sogar jetzt im Winter noch 24 Grad. Vor der Haustür liegt das Great Barrier Reef. Die giftigen Quallen sind im Augenblick verschwunden – die kommen erst im Sommer zurück.
Wenn da nicht die Krokodile wären. Die Flüsse durch die Regenwälder von Nord-Ost-Australien sind Kroko-Land. Die großen Salzwasserkrokodile wohnen hier. An den Stränden sei es sicher, heißt es. Allerdings fallen bei der Beschreibung der Sicherheit Begriffe wie: „eigentlich, meistens, selten.“

Einer von vielen Stränden im Nord-Osten

Die Aussichten sind überall großartig

Wir fahren zusammen zum Daintree River, um eine Bootsfahrt zu unternehmen. Sabine kennt einen Anbieter mit Elektromotor. Das ist eine gute Wahl, da so die Vögel am Ufer nicht verscheucht werden. Den Krokodilen ist es wurscht. Eine schöne Tour durch die Mangroven mit Croc Garantie. Zumindest im Winter – jetzt ist das Wasser für die Krokodile zu kalt, so dass sie sich viel an Land aufhalten.  Nur der junge Bootsführer ist etwas nervig. Wir hören irgendwann auf zu zählen, wie oft er warnt, dass es überall Krokodile gebe. „Nicht schwimmen! Fünf Meter Abstand zum Ufer. Dann ist man sicher!“
Am Ende der Tour hat es auch der letzte begriffen. Aber er hat ja nicht ganz unrecht. Erst vor zwei Wochen gab es den zweiten tödlichen Vorfall in diesem Jahr mit einem Salty. Einen Angler hat es erwischt. Das Krokodil wurde gefunden und getötet. Es sollen Überreste vom Angler im Magen gefunden worden sein.

Mit dem Boot kommt man sehr nahe an die Krokodile heran – die lassen sich absolut nicht stören.

Das ist ein ausgewachsenes Weibchen – ungefähr drei Meter lang. Und zwanzig Jahre alt.

Das ist Scarface. Die Bootsführer kennen alle erwachsenen Krokodile mit Namen. Dieses alte Männchen dürfte sechs Meter lang sein. Der Opa hat kaum noch Zähne. Die wachsen zwar lange nach, aber Scarface hat seine beste Zeit hinter sich.

Scarface ist der Star der Bootstour. Die Breite dieses Krokodils ist sehr beeindruckend. Seine Zähne braucht er nicht unbedingt. Opfer, die er nicht mehr kauen kann, versteckt er so lange unter Wasser, bis sie verrottet sind.

Ein Kingfischer – Azurfischer – Australischer Eisvogel


14

Kleine Schätze in der Eintönigkeit

27.07.-29.07.24, Australien/QLD/Croydon, Tag 240-242 Roadtrip, 19.283 km total, Tages-km 320+342

Einige der größten Rinderfarmen der Welt liegen in Australien. Es sind Megafarmen. Mal ist das Weideland komplett Baum frei, mal ist es gespickt mit Buschwerk und niedrigen Bäumen. An anderen Stellen übersät von Termitenhügeln.
Seit 2.500 Kilometer fahren wir durch diese Farm-Landschaft. Für uns sind die Grenzen zwischen den ‚Stations‘ nicht zu erkennen. Ab und an sieht man ein Tor am Highway, mit einer endlosen Straße dahinter, welche zu einer dieser Megafarmen führt.

2500 Kilometer – mehr oder weniger – die gleiche Landschaft

Ablenkung bringen Abschnitte mit verrückt vielen Termitenhügeln

Als abwechslungsreich darf die Landschaft nicht bezeichnet werden. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht einschlafen. Gegen die Langeweile helfen runtergeladene Informationen über die Region, die ich Achim während der Fahrt vorlese.
Wir fahren genau durch die Gegend, in der sich 1860/62 eine ungeplante Jagd zweier Expeditionsteams abspielte. Die teure und groß ausgestattete Expedition um Burke & Wills aus Victoria gegen den Einzelkämpfer Stuart aus South Australia. Es ging darum, welche Gruppe als erstes einen Weg von Nord nach Süd in Australien finden würde, auf dem eine Telegrafenleitung errichtet werden könnte. Nordaustralien war bereits mit der Welt durch ein Unterseekabel nach Java verbunden. Jetzt sollten die Kolonien Australiens ebenfalls angebunden werden.
Stuart machte 1862 das Rennen und die Telegrafenleitung verlief ein paar Jahre später ziemlich genau auf seinem gefundenen Track. Burke & Wills scheiterten und viele Männer aus dieser Gruppe verloren ihr Leben.

Nur zehn Jahre nachdem Stuart einen Weg quer durch Australien gefunden hatte, stand die 3.200 Kilometer lange Telegrafenleitung. Die Geschwindigkeit der Erschließung Australiens macht einen schwindelig. Wir stoppen in Croydon. Ein gutes Beispiel für die schnelle Industrialisierung. Heute ist Croydon ein Nest mit 215 Einwohnern. Das war mal anders.

-1880 Die ersten Siedler lassen sich nieder
-1885 Gold wird gefunden
-1887 Die Einwohneranzahl beträgt 7.000 Personen
-1891 Croydon bekommt eine Bahnanbindung – nur 30 Jahre nach Ersterkundung des Gebietes. Erstaunlich!

Verschlafenes Nest – Croydon.

215 Leute – klar braucht es da einen Verkehrsspiegel.

Croydon ist im Grunde ein großes Freilichtmuseum. Das Hotel, der Gerichtssaal, das Hospital – alles gebaut um 1887 – und einige andere Gebäude stehen noch. Liebevoll sind in den alten Holzhäusern Infotafeln und ein paar Artefakte ausgestellt. Im Informationszentrum läuft ein Film, der weitere Auskünfte gibt. Alles ohne Eintritt. Wir finden, Croydon sollte zehn Dollar pro Person Eintritt nehmen. Ein Schatz in der Einförmigkeit.

Noch aktiv als Hotel und Restaurant.

1920 gab es bereits unvorstellbar viele Autos in Croydon – dabei wurden um 1900 nur 60.000 Stück jährlich gebaut – und das nicht gerade um die Ecke. Und alle fuhren über Schotterpisten.

Der Hauptfriedhof liegt etwas außerhalb. Alt sind die Menschen nicht geworden.
Es gab zwar ein Krankenhaus, es war aber absurd teuer, sich dort behandeln zu lassen. In der Ausstellung von Croydon hängt eine Anekdote, dass ein Mann sein gesamtes Vermögen im Krankenhaus verbraucht habe. Seiner Frau habe er einen Schilling hinterlassen: „Damit sie sich einen Strick kaufen kann.“

Eine große chinesische Gemeinde siedelte sich zum Goldrausch in Croydon an. Sie arbeiteten als Träger für die Miene, aber in erster Linie bauten sie Gemüse an.

Überall verstreut im Dorf stehen alte Maschinen.

Es muss laut gewesen sein in Croydon. Das Gold wurde unter Tage abgebaut. Das Gestein wurde auf Unternehmen verteilt, die solche Steinzerkleinerer betrieben. Davon gab es Dutzende. Tag und Nacht in Betrieb.

Arbeit mit Rindern – heute per Hubschrauber.

 

Die verbliebenen Bewohner Croydons arbeiten heute auf den umliegenden Rinderfarmen. Der Goldrausch ist lange verklungen. Einer der Flüsse, der die endlose Hochebene durchschneidet, dient uns als Mittags-Rastplatz. Wir parken auf dem alten Highway, gleich neben dem Eisenbahndamm. Ein regulärer Zugverkehr wurde eingestellt, aber mit Sonderfahrten „Sunset in Croydon“ wird die alte Trasse noch zwei Monate im Jahr genutzt.

Picknick neben dem Bahndamm

Die alte Eisenbahnstrecke und der alte Highway.

Bahnbrücke und neue Highwaybrücke

Der Gilbert River führt ganzjährig Wasser. Be crocwise!

Der heutige Highway ist wegen häufiger Überschwemmungen ebenfalls auf einer Brücke gebaut. Wir sind ‚croc wise‘ und halten sorgfältig Ausschau. Entwarnung, keine Krokodile zu sehen. Wir ströpern weiter unter alten und neuen Brücken umher und stehen plötzlich vor einem ausgebüxten Bullen. Vielleicht nicht so gefährlich, wie ein Krokodil, aber wir räumen das Feld in einem weiten Bogen.
Noch ein „Schätzchen“ in der Eintönigkeit.

Er ignoriert uns ;-)

Nicht nur zu Fuß sind die Rindviecher eine Gefahr


7

Reifen – die Stunde der Wahrheit

22.07.-25.07.24, Australien/QLD/Mt.Isa, Tag 235-237 Roadtrip, 18.621 km total, Tages km 59

Mount Isa, die einzige (richtige) Stadt im Umkreis von hunderten Kilometern, hat drei Reifenhändler. Der erste nimmt nur Bargeld. Der zweite führt eine wenig bekannte Reifensorte. Beim dritten Händler werden wir glücklich.

Wir haben jetzt noch drei verbliebene Dunlop-Reifen (Grandtrek) und die Zwangs-Neuerwerbung aus der Gibb River Road. Dieser Reifen nennt sich ‚Nankang‘. Nie gehört davon. Laut Internet sind davon ganze zwei Stück in Australien lieferbar.

„Den Dunlop-Schrott, den ihr habt, verkaufe ich nicht. Nur Bridgestone oder Yokohama“, poltert der Reifenmann. „Wenigstens euer Nankang taugt etwas. Das ist im Prinzip der gleiche Reifen wie die Yokohama, nur made in Taiwan, statt in Japan. Das war mal die gleiche Fabrik. Würd‘ ich euch verkaufen, hab‘ aber nur Yokohama.“

Achim fragt nach einem Rabatt beim Kauf von vier Reifen – satte 10 Dollar pro Reifen. Das ist uns zu viel. :mrgreen:  Wir kaufen zwei Yokohama. Der doppelt geflickte Dunlop wird entsorgt, der Nankang kommt wieder nach hinten als Reserve.

Wir dürfen sofort in die Werkstatt fahren. Der junge Mann dort weiß, warum sich auf Asphalt unser Reifen so zerfleddert hat. „Der ist ja bereits über zehn Jahre alt!“ Er zeigt auf ein Herstell-Symbol. „Der hat sich im Laufe der Zeit hinter der Reserve-Radabdeckung weich gekocht“.

Zerfetzt auf Asphalt – Allrounder Dunlop

Zwanzig Minuten später hat der Bundy an der hinteren Achse zwei echte Offroader  – ‚Aggressive‘, wie es im Reifenhöcker-Jargon heißt. Und vorne den ‚Dunlop-Schrott‘.

Happy car – happy life!
Eine Autowäsche gibt es auch noch oben drauf.

 

Abends sitzen wir neben dem Auto und sprechen über unsere weitere Route. Immer wieder fällt unser Blick auf die ungleichen Reifenpaare. Achim spricht es als erstes aus. Aber er braucht nicht viel Überzeugungskraft. Mir gefällt es auch nicht. Das Vertrauen nach zwei kaputten Reifen und zwei Löchern ist nicht mehr sooo groß.
Am nächsten Morgen stehen wir wieder beim Reifenhändler vor der Tür. Den Zehner Rabatt gibt es immer noch, allerdings nur noch für zwei Reifen. Wir überlegen noch, wem wir die zwanzig Dollar Verlust vom Taschengeld abziehen sollen. ;-)

More aggressive – Yokohama – 230 Euro das Stück.

Unser Campingplatz in Mount Isa liegt an einem kleinen Bach. Ganz nett, aber nichts Besonderes. Denken wir. Mit fortschreitender Abenddämmerung tauchen plötzlich ein paar Fledermäuse auf. Unter lautem Gezwitscher hängen sie sich auf der gegenüberliegenden Bachseite in die Bäume. Es sind große Flughunde. Hunderte. Dann Tausende. Nach zwanzig Minuten sind offensichtlich alle da. Es kehrt Ruhe ein. Das Gezwitscher verebbt. Inzwischen ist es stockfinster. Ein deutlicher Geruch zwischen Guano und Ziegenstall wabbert zu uns rüber.
Am Morgen sind alle Fledermäuse wieder verschwunden.

Stellplatz direkt am Bach – keine einzige Fledermaus landet in den Bäumen auf unserer Seite – nur gegenüber. Übrigens gibt es hier keine einzige Mücke. Das ist mindestens genauso verwunderlich.

Warum die Tiere mit der Dämmerung ihren Tagschlafplatz verlassen und bei uns abhängen, eine Art Zwischenstation machen, statt in ihre Fressgründe zu fliegen, das Rätsel bleibt ungeklärt. Die Zeltplatz-Wirtin weiß es nicht. Sie berichtet mir, dass die Tiere jedes Jahr an diesen Platz kommen. Manchmal sei der Himmel schwarz und es seien hunderttausende Tiere. Äste von Bäumen würden abgebrochen unter dem Gewicht der vielen Tiere.
Sie ekelt sich vor den Flughunden. Aber die Vertreibung mit einem C-Schlauch sei nicht mehr erlaubt. Die Fledermäuse sind geschützt, denn sie leisten einen großen Dienst beim Bestäuben von Bäumen und anderen Pflanzen. Diese Sorte frisst nämlich nur Nektar, weder Früchte noch saugen sie Blut.

Fledermäuse ohne Ende. Die Welle reißt nicht ab, die sich in die Bäume gegenüber hängt.

Mount Isa ist eine Minenstadt. Gefunden wird in der Umgebung Kupfer, Zink und Silber. Das Stadtbild wird von einer großen Industrieanlage geprägt in der sich Kupferschmelzen und Schwefelsäure-Fabriken befinden.

In Mount Isa findet nur Untertage-Bergbau statt

100 Jahre Mount Isa Fabrikanlage

Unser Reiseführer findet die Landschaft ab Mount Isa nicht mehr langweilig. Und wir können nur zustimmen. Nach langer Zeit finden wir mal wieder einen netten Walk außerhalb eines Nationalparks. Sogar ein paar Aborigines-Malereien warten am Ende.

Hübsche Umgebung gleich hinter der Stadtgrenze von Mount Isa

Felsenmalerei

und ein Wasserloch warten am Ende der hübschen Strecke

Ein Hit ist die nahegelegene Uran-Mine ‚Mary Kathleen‘. 1954 wurde hier eine signifikante Menge Uran gefunden und mit Unterbrechungen bis 1982 abgebaut. Zurück geblieben ist ein wunderschönes Loch von 250 Meter Tiefe. Davon stehen etwa 40 Meter unter Wasser. Exakte Stufen sind  in den Felsen geschlagen und umrahmen das Wasserloch. Überirdisch blau schimmernd, lädt das Wasser zum Baden ein, erscheint gleichzeitig abschreckend giftig. Allerdings warnt nur ein kleines Schild davor, dass der See kontaminiert sein könnte.

Fast kreisrunde Miene Mary Kathleen

Eine Farbe nicht von dieser Welt.

Sehr beeindruckend


9

Am Scheideweg, im Stau und ein Reifenplatzer

19.07.-22.07.24, Australien/QLD/Mt.Isa, Tag 231-235 Roadtrip, 18.562 km total, Tages km 568+153+418+447

Inzwischen sind wir deutlich nach Nord-Osten gekommen und verbringen ein paar Tage in Darwin. In Darwin beginnt der Stuart Highway. Dies ist die einzige asphaltierte Nord-Süd-Querung im Zentrum Australiens und direkte Verbindung zum Uluru (früher Ayers Rock).
Nach tausend Kilometern kommt eine Abzweigung, die asphaltiert nach Osten führt. Nach weiteren tausend Kilometern steht der Uluru mitten im Zentrum. Diese Kreuzung ist unser Scheideweg: Uluru oder Ostküste? So oder so, heißt es Meilen schruppen.

An der Kreuzung haben wir die Wahl: nach Süden oder Osten. Wir wählen den Osten, denn am Uluru ist touristisch grade die Hölle los und tageweise fällt die Temperatur nachts auf -2 Grad. Im Wohnwagen okay, im Dachzelt zu kalt.

Unser Reiseführer an Bord hat zur Abzweigung nach Osten eine klare Meinung: „Der Barkly Highway ist bestimmt die langweiligste Strecke einer Australienreise.“

Wir fahren erstmal los und legen nach knapp 570 Kilometern den ersten Stopp am proppevollen ‚Daly Waters‘ Campground ein. Wir haben einen schlechten Start mit dem Platzeinweiser. Ein Eckgrundstück. Die Leiter vom Zelt und unser Tisch würden halb auf dem Weg stehen. Das gefällt uns nicht. Unwirsch wird uns ein Platz gegenüber vom Hühnerstall zugewiesen. Schon besser. Hier stehen wir nicht eng auf eng mit anderen Campern und der Misthaufen vom Emu-Gehege stört uns nicht. Zwei Esel kommen vorbei und ein teuflisch schwarzer Ziegenbock. Das gefällt uns. Allerdings nur so lange, bis der Bock auf die ausgemusterten Deko-Autos  und Hubschrauber springt.

Der Zeltplatz-Ziegenbock springt auf alles, was nicht weglaufen kann.

Am Morgen schauen die Esel noch mal vorbei – der Bock hat sich nicht blicken lassen. Somit haben wir keine Beulen im Auto.

Das Daly Waters ist der älteste Pub im Northern Territory. Das Gründerhaus steht noch und seit über einhundert Jahren hinterlassen Gäste ihre persönlichen Visitenkarten in der Kneipe: Kappen, signierte BH’s und Wappen-Abzeichen. Abends gibt es zum Bier Live-Musik. Und gar nicht mal schlecht.

Sammlung der BH’s der letzten zig Jahre mit Widmung und guten Wünschen.

Das Deutsche Eck

Die Kneipe ist voll gepflastert mit Stickern, Fotos und Visitenkarten.

Am nächsten Tag werden wir nach 150 Kilometern ausgebremst. Vollsperrung des Stuart Highways! Ein Unfall, 80 Kilometer weiter südlich, ist Schuld. Damit nachfolgende Autos nicht in der prallen Sonne stehen müssen und die Möglichkeit zum Wenden haben, wurde die Straße an einem winzigen Ort gesperrt. Die Infrastruktur in Elliott besteht aus einer Tankstelle, Internetempfang und einer (!) öffentlichen Toilette. Häppchenweise erreichen uns Informationen. Der Unfall ereignete sich bereits vor 18 Stunden und im Augenblick wird ein Kran organisiert. Zwei Orte in denen das benötigte Equipment steht, kommen in Frage. Beide über 450 Kilometer entfernt. :-o
Ein Viehlaster ist mit einem PKW zusammengestoßen. Ein Fahrer hat den Unfall nicht überlebt, der andere liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Etliche Tiere sind tot oder verletzt. Die verletzten Rindviecher werden eingeschläfert. Es gibt viel am Unfallort aufzuräumen.
Um 15:00 Uhr wird ein Viehlaster aus der Stauschlange an uns vorbei schon mal Richtung Unfallort geschleust. Um 18:00 Uhr wird dann endlich die Sperrung aufgehoben. Die Hauptader Nord-Süd war krasse 25 Stunden gesperrt.

Schwarzkopf-Python kurz vor dem Stau. Achim sieht sie auf der Straße, wendet und sie tut uns den Gefallen und ist noch nicht im Gebüsch verschwunden.

Road closed – für 25 Stunden

Vollsperrung vom Stuart Highway

So ein Viehlaster ist in den Unfall verwickelt gewesen – 120 Tiere auf drei Anhängern

Dieser Laster wurde schon um drei Uhr vorgelassen – die Rindviecher haben nichts zu saufen auf dem Truck

In einer Stunde wird es dunkel. Bald fangen die Kängurus an zu springen. Die Gefahr einer Kollision ist nicht ohne. Alle fünf Kilometer sieht man ein überfahrenes Känguru auf der Straße liegen. Die Roadtrains bremsen nicht für Tiere. Wir würden also langsamer als sonst fahren. Dagegen haben aber die Trucks etwas, die ihre zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h nur ungerne aufgeben. Daher entscheiden wir uns für eine Nacht am Straßenrand.

Zur Dämmerung geht es dann weiter – wir wollen uns nicht zwischen die Kolonne der Road Trains quetschen – viele Camper haben so entschieden wie wir.

Landstraßen-Romantik für zig Camper (die Wohnwagen-Besitzer nutzen ihre eigene Toilette, so dass das einzige Klo sogar noch so was wie okay war).

Die Trucks dürfen 100 km/h auf dem Highway fahren – in Deutschland 60 km/h. Mit in etwa einem Drittel der Länge und etwa einem Drittel des Gewichts.

Am nächsten Tag werden wir nach 230 Kilometern ausgebremst. Ein fieses Geräusch hinten links. Sofort ist klar, wir haben schon wieder einen Plattfuß. Der Reifen ist förmlich pulverisiert.
Achim hat noch nicht den Deckel vom Reserverad runter als ein Wohnwagengespann hinter uns hält. Die beiden kennen wir doch: Es sind Kelly und Murry. Wir haben in Elliott hintereinander gestanden und gemeinsam die Nacht am Straßenrand verbracht. Beide haben eine Farm ganz im Süden von Australien. Murry, als Farmer, weiß wie man zupackt. Sofort liegt er unterm Auto und setzt den Wagenheber an. Zwanzig Minuten später ist der Drops gelutscht. Danke für Eure Hilfe!

Murry kann zupacken

Zerfetzt

„In Australien muss man zwei Reservereifen bei sich haben“. Diese Warnung erschien uns doch reichlich übertrieben. Spontan sind wir nun ohne unterwegs und haben noch gut Strecke vor uns. Bis zur nächsten Stadt mit Reifenhökern – Mount Isa – sind es 550 Kilometer.
So weit möchten wir heute nicht mehr fahren, so dass wir auf dem letzten Roadhouse vor der Stadt die dritte Nacht verbringen.

Auch das Barkly Roadhouse ist gut gefüllt.

Ohne weitere Vorkommnisse schaffen wir es dann bis Mount Isa. Achim atmet erleichtert auf.

P.S. Dafür, dass die Strecke so furchtbar langweilig sein soll, hat sie es bei mir immerhin auf einen Bericht mit 921 Wörtern geschafft. Kann dann ja nicht so schlimm gewesen sein. :mrgreen:

So sieht es über viele Kilometer rechts und links vom Highway aus.


21

Aborigines Felsenmalerei

12.07.24, Australien/NT/Kakadu NP, Tag 225 Roadtrip, 16.593 km total, Tages km 8

 Die Vorfahren der indigenen Völker Australiens, als Sammelbegriff  Aborigines genannt, besiedelten den Kontinent vor 40.000 bis 60.000 Jahren. Außer Felsenmalerei ist wenig Geschichte überliefert und historische Funde halten sich in Grenzen. Die ältesten, sicher datierten, Felsenmalereien in Australien sollen 17.000 Jahre alt sein.  In verschiedenen Stilen sind sie quer über den Kontinent verteilt.

Ein bedeutender Fundort liegt in Ubirr, an der östlichsten Kante vom Kakadu Nationalpark. Viele Abbildungen sind im sogenannten ‚Röntgen-Stil‘ gemalt. Die Gräten und Innereien von verschiedenen Fischsorten sind klar zu erkennen.

Verschiedene Fischarten – inklusive Gräten.

Zeichnung eines Kriegers in Ubirr – Alter zwischen 2500 und 4000 Jahre.

Langhals-Schildkröte

 

Die Felsen befinden sich in den noch überfluteten Auen vom East Alligator River.

Das Alter der Zeichnungen in Ubirr ist nicht eindeutig. Zwischen viertausend und eintausend fünfhundert Jahren lautet die Vermutung. Alte Zeichnungen wurden immer wieder übermalt. Mit jeder Zeichnung wurde eine Geschichte erzählt. War diese nicht mehr aktuell, konnte der Platz für eine neue Geschichte genutzt werden.
Der Sinn der Malerei war sowohl Lehrkunde, diente aber auch zeremoniellen Zwecken.

Bis zur Ankunft der weißen Siedler wurde hier gemalt – dies ist ein Mann mit den Händen in den Hosentaschen. Die Geschichte über „moderne“ Menschen auf Felsen nieder geschrieben.

Auf den Fotos sieht man nur eine kleine Auswahl der gemalten Geschichten. Die Vielzahl der bemalten Felsen hat uns überrascht. Ebenso die Lokalität. Tolle Felsen mit Überhängen, Stufen und schroffen Wänden. Absolut lohnenswert zu besichtigen. Eine bunt-rote Zeitreise.

 

Die heutigen Aborigines und die weißen Australier leben parallel in ihren Welten. Das Unrecht der Vergangenheit an den Ureinwohnern wird mit großzügiger Zahlung von Sozialhilfe gesühnt. Und mit billigen Tricks übertuscht.
Berge, Regionen und Nationalparks erhalten ihre ursprünglichen Namen zurück. Heilige Stätten der Aborigines werden auf ihren Wunsch zunehmend für Touristen gesperrt. Alle Broschüren der Nationalparks,  jede Erklärung seitens der Regierung oder einer Firma endet mit den Worten: „Wir erkennen und anerkennen die traditionellen Eigentümer und Hüter des Landes […].“
Ein Lippenbekenntnis, wie uns scheint. Das Wort ‚Hüter‘ verrät viel in diesem Zusammenhang. Hüten dürfen die Aborigines das Land. Wird jedoch abbaufähiges Material gefunden, sind die Besitztümer klar geregelt.

 

Graffiti

In unserem (Touristen)-Alltag finden die Aborigines praktisch nicht statt. Wir befinden uns inzwischen im ‚Northern Territory‘. Hier leben über 30 Prozent der ungefähr 600.000 Aborigines. Klar sieht man kleine Gruppen in den Straßen oder beim Einkaufen. Aber sie bleiben unter sich. Meiden Augenkontakt. Ein Kopfnicken oder Lächeln wird nicht erwidert. Interaktionen begrenzen sich leider auf recht aggressive Bettelei.

Trotz Sozialleistungen geht es den Aborigines schlecht. Viele arbeiten nicht. Das Nicht-Miteinander von Weiß und Schwarz scheint uns in einer Spirale gefangen. Kinder werden nicht zur Schule geschickt. Das führt so weit, dass Geschäfte Schilder am Eingang aufhängen ‚Kinder ohne Begleitung von Erwachsenen werden außerhalb der Ferien nicht in den Laden gelassen‘. Ohne Schule keine Bildung, keine Arbeit. Oder höchstens am untersten Ende der Tätigkeiten. Als Einkaufswagen-Schieber oder Laub-Harker.
Die Perspektivlosigkeit ihrer Zukunft und die Traumata der Vergangenheit lassen die Aborigines grimmig und übellaunig erscheinen.

Alkoholmissbrauch ist ein großes Thema. In Zusammenarbeit versuchen die Regierung und die Chiefs der ‚Communities‘  das Problem in den Griff zu bekommen. Restriktionen beim Kauf von Alkohol sollen die Lösung bringen. Dort wo man Verbote wieder aufgehoben hat, schnellte die Kriminalitätsrate sofort unter die Decke. Autodiebstahl, Einbrüche und häusliche Gewalt. Städte mit hoher Aboriginal-Dichte haben die höchste Kriminal-Statistik.

Diese Kriminalität stößt die weißen Australier ab. Je nach Erziehung warnen weiße Australier uns neutral vor Brennpunkten oder kommunizieren unverhohlen Ablehnung.
Man lebt aneinander vorbei.
Verstärkt wird die Trennung durch sogenannte ‚Communities‘. Das sind Gebiete, die als Aboriginal-Land zurück deklariert wurden. Hier sind die Aborigines nicht nur die Hüter, hier sind sie die Eigentümer. Weiße dürfen dieses Land nur mit Genehmigungen betreten. Auf uns – als Besucher – wirkt das befremdlich und scheint uns nicht dienlich, die Kluft zu überwinden. Aber eine Lösung, wie man beide Ethnien näher zueinander bringt, liegt nicht auf der Hand.

Typisches Eintritt-Verboten-Schild an einer Community.
Man kann die Abschottung aus verschiedenen Gründen nachvollziehen, aber natürlich wirkt das nicht einladend.

Der Fluss, an dem wir die Salzwasser-Krokodile gesehen haben, trennt den Nationalpark von Arnhem. Arnhem ist ein riesiges Gebiet, das den Aboriginalen gehört. Genehmigungen für eine Einreise können bis zu einem Jahr dauern (bis auf drei Spots, die von Touristenbussen angefahren werden dürfen). Der Tankzug bringt Sprit in diese abgelegene Region. Angeblich von der Regierung bezahlt, wie uns ein Campingnachbar erzählte.

Somit angeln die Weißen auf der Nationalparkseite und die Aboriginalen auf der anderen. Trennung symbolträchtig.

 

Aborigines Kunst-Galerien Talk

Mein gesamtes Reiseleben bringe ich mir ein Bild als Souvenir aus dem besuchten Land mit nach Hause. Fündig werde ich bei Straßenmalern, in Touristen-Centern oder kleinen Galerien. Dabei suche ich mir ein typisches Motiv des Landes oder eine besondere Technik aus. In Costa Rica zum Beispiel werden Federn bemalt. Mal ist mein Mitbring auf Leinen gemalt, mal auf Papier. Mit Öl, Aquarell oder Kreide.
Die gesammelten Werke unserer Reise liegen auf Atanga. Schön flach und sicher aufbewahrt zwischen alten Seekarten.

Die Bilder kaufe ich ungerahmt und die meisten haben eine Größe von DIN A5. Die Welt der Maler ist sich einig: ein Bild eines unbekannten Künstlers kostet zwischen zwanzig und fünfzig Euro – je nach Preisniveau des Gastlandes.

Nicht so in Australien. Die Preise hier sind nicht zu verstehen. Es gibt recht viele Aboriginal-Galerien. Bis zu 400 Künstler der jeweiligen Region werden in einer Galerie vertreten. Wunderschöne Bilder, viele in der bekannten Pünktchen-Malerei. Ein heiß begehrtes Sammelobjekt für mich.
Aber die Preise! Für ein kleinformatiges Bild werden vierhundert bis tausend Dollar (250 bis 600 Euro) verlangt. :shock: Wer etwas Großes haben möchte, muss mehr als 2.000 Euro hinblättern.
Mal ehrlich, was soll das? Wer kauft das? Niemand kennt die Künstler. Man kann ihnen nicht bei der Arbeit zusehen, sie stehen nicht mal hinter dem Verkaufstresen. Oder will man nicht verkaufen? Ein noch ungelöstes Rätsel unserer Tour.

Mein Fund – ein Schwirrholz. Diese Geräte gehören zu den ältesten Klangerzeugern der Menschengeschichte. Bis 80 Dezibel können damit erzeugt werden. Sogar Crocodile Dundee hat im Film mit einem Schwirrholz ‚telefoniert‘.            Der Künstler heißt ‚Murrupp‘ vom Stamm der Djirrbal/Ngadjonji, wie ein mitgeliefertes Zertifikat bescheinigt. Das hübsche Schwirrholz hat 35 Dollar gekostet. Ein überraschendes Schnäppchen.

 

 


3

Crocodiles do not swim here

07.-11.07.24, Australien/NT/Kakadu NP, Tag 211-224 Roadtrip, 16.585 km total, Tages km 520+256+101

Wenn Satzzeichen Leben retten. :mrgreen:

Crocodiles!!!
Do not swim here!
Besser, viel besser!

An dem Fluss an dem wir stehen, sind die Schilder eindeutiger.

be crocwise

 

Wir stehen am Fluss, gucken in die schlammige Brühe und brauchen nicht lange zu warten. Träge treibt ein Krokodil an uns vorbei. Ein Leistenkrokodil. Dann sind es zwei.

Leistenkrokodile werden bis fünf Meter lang (die Männchen). In seltenen Fällen wird von sechs bis sieben Metern berichtet.

Ein Exemplar brät am Ufer in der Sonne und wartet darauf auf Betriebstemperatur zu kommen. Leistenkrokodile sind gefährliche Lauerjäger, die sich seit 200 Millionen Jahren nicht verändert haben sollen. Weil sie auch gerne im Salzwasser schwimmen, werden sie von den Australiern ‚Salties‘ genannt. Der niedliche Kosename täuscht. Anders als ihre verträglichen Freshy-Kollegen, sind Salzwasserkrokodile eine reale Gefahr. Durchschnittlich zwei Personen werden jährlich Opfer der Salties. Grade vor ein paar Tagen hat es der schreckliche Tod eines zwölfjährigen Mädchens bis in die Bild-Schlagzeilen geschafft. Gar nicht weit von uns entfernt passierte das Unglück beim Schwimmen im Fluss.

Salzwasserkrokodile können blitzschnell aus dem Wasser schießen. Dieser Geschwindigkeitsüberschuss ist ihre Strategie. Als Mensch hat man da kaum Zeit zu reagieren. Das Krokodil schnappt zu, ertränkt sein Opfer und reißt ihm durch eigene Körperdrehung Stücke aus dem Leib.
Das monströse Gebiss taugt nicht zum Kauen.

Bis zu 5.000 Zähne wachsen einem Krokodil in seinem Leben – 75 Jahre alt können die Tiere werden.

Das Öffnen des Mauls zeigt an, dass dem Croc warm geworden ist. Und richtig – eine Minute später verschwand der Kamerad im Wasser.

Ab in die Fluten

 

 

Gut zu wissen, wer dem ersten Zugriff entgeht, hat eine Chance. Eine Verfolgung an Land wird schnell aufgegeben. Hier hört die Überlegenheit der Krokodile auf. Somit lautet die Experten-Meinung, dass fünf Meter vom Ufer – möglichst erhöht – als Sicherheitsabstand genügen.

be crocwise – fünf Meter erhöht kann man gefahrlos sitzen und staunen.

Von wegen schläfrig…

So sieht wohlige warme Zufriedenheit aus. ;-)

Grundsätzlich sind Salties gar nicht auf große Beute aus. Üblicherweise treiben sie fast bewegungslos im Wasser und lauern auf unvorsichtige Fische, die ihnen zu nahe kommen. Das Maul ist dabei leicht geöffnet. Drucksensoren am Kopf verraten die Annäherung eines Fisches. Expositionsartig schnappen die Krokodile dann zu. Als Opportunisten erlegen sie aber alles, was sie zu fassen bekommen. Auch vor kleineren Artgenossen wird nicht Halt gemacht. Somit überleben nur zehn Prozent der Jungtiere ihr erstes Lebensjahr.

Darwin Award Anwärter. Diese beiden Angler stehen an der Bootsrampe im Schlamm und können sich kaum auf den Beinen halten. Als wir ihn fragen, wie beide so nah vom Ufer wohl weg kommen möchten, guckt er uns groß an. Darüber scheint er noch nicht nachgedacht zu haben…

Wir stehen auf einer Plattform am ‚East Alligator River‘. Fünf Meter oberhalb der Wasseroberfläche. Die Plattform befindet sich am östlichen Ende vom Kakadu Nationalpark. Der bekannteste und größte Nationalpark Australiens ist touristisch gut erschlossen. Dreihundert Kilometer Rundweg durch den Park sind durchgehend asphaltiert. Fast überall gibt es Internetempfang und heiße Duschen auf den Campingplätzen. Der Ruhm wirft seine Schatten – statt üblicher 17 Dollar Eintritt pro Fahrzeug werden im Kakadu 40 Dollar pro Person verlangt.

Die ersten drei Tage sind wir ein wenig enttäuscht. Die Landschaft ist flach und ändert sich kaum. Dichtes Buschland links, dichtes Buschland rechts. Von den 280 Vogelarten, die hier leben sollen, zeigt sich ein halbes Dutzend.
In der Nähe einer Lodge kann man Bootsfahrten im Flussgewirr buchen. Das klingt reizvoll, ist aber mit 260 Dollar (160 Euro) für 1,5 Stunden Fahrt reichlich überzogen. Ein Croc-Sichtungs-Garantie kann natürlich nicht gegeben werden.

Mit diesen Booten geht es auf den Fluss. Besonders stört uns, dass die Sitzreihen drei Plätze haben – wer in der Mitte sitzt, sieht gar nichts.

Auf der überfluteten Ebene leuchten tausende Seerosen im Grün.

Kormoran – erfolgreicher Shrimps-Fänger.

Die Enttäuschung ändert sich spontan als wir auf der Plattform stehen. Vom nahe gelegenen Campingplatz führt ein netter Wanderweg zum Fluss. Egal zu welcher Tageszeit wir schauen, verlässlich patrouillieren einige Salties im Wasser. Es ist schwer, sich an den faszinierenden Tieren satt zu sehen.
Danke Kakadu Nationalpark.

Wem die Landschaft bekannt vorkommt, der hat Recht. Im Kakadu NP wurde Crocodile Dundee gedreht.

 

Wanderweg vom Camp zum Fluss.


20

Off Road in eine Traumlandschaft – und ein Loch im Reifen

27.-29.06.24, Australien/WA/Purnululu, Tag 210-212 Roadtrip, 15.669 km total, Tages km 310 + 96 + 315

Nach unserem wilden Ausritt auf der Gibb bleiben wir sechs Tage in Kununurra. Wäsche waschen und das Auto von seiner dicken Staubschicht befreien. Obwohl wir bei Staubwolken die Lüftung schließen, ist alles rot gepudert.
Wir erwischen den perfekten Campingplatz. Das Auto kann stehen bleiben, alle Geschäfte sind zu Fuß zu erreichen. Die Camp-Küche hat einen Fernseher – eine willkommene Abwechslung.

Camp-Küche in Kununurra

Staub in jeder Ritze

Der Purnululu Nationalpark im Süden lockt. Leider liegt der nicht auf dem direkten Weg, sondern erfordert eine Schleife Richtung Süden von über zweihundert fünfzig Kilometern pro Strecke. Plus sechzig Kilometer Off Road Piste. Die seien „direkt aus der Hölle“, wie unser Campingnachbar berichtet.

Wir versuchen es trotzdem und unser Nachbar soll Recht behalten. :mrgreen:
Die Kilometer bis zur Schotterpiste spulen wir durch eine hübsche Hügellandschaft ab. Aber dann, bereits nach elf Kilometern landen wir vor einem relativ breitem Fluss. Mit uns steht ein Paar aus der Schweiz am Ufer. Gemeinsam begutachten wir die Lage. Grade rechtzeitig kommt ein Wagen von vorne. Der ist fix unterwegs und schiebt eine Welle vor sich her. Es sieht nicht ganz ungefährlich aus. Die Schweizer ziehen sofort den Schwanz ein: „Wir drehen um!“ Sie lassen zwei vorgebuchte Nächte und die Park-Eintrittsgebühr verfallen. „Das ist nichts für uns.“ Wir blicken nur noch in ihre Staubwolke.

Beratung – die Schweizer drehen um.

Achim schickt mich in den Fluss zum Tiefe messen. Die überall stehenden „be crockwise  – achte auf Krokodile“  Schilder fallen mir ein. „Hier gibt es keine“, ruft Achim mir hinterher und gackert. Todesmutig wate ich voran.
Der Wassertiefen-Check fällt positiv aus. Nirgends ist es tiefer als bis zum Knie. Ich winke, dass Achim kommen kann. Langsam wackeln sich Fahrer und Auto über die dicken Steine im Flussbett.

Die Kleinen werden vorgeschickt.

River Crossing

Es folgen noch zwei Dutzend harmlose Bäche. Die Strecke ist aber insgesamt in einem schlechten Zustand. Waschbrett-Abschnitte vom Übelsten lassen alles im Auto schlackern. Plötzlich rappelt meine Tür ganz komisch. Das Türschloss hat sich lose gewackelt. Der Bordmechaniker hat den richtigen Schlüssel griffbereit. Wir rumpeln weiter. Die übliche Art, einfach mit 70 km/h über die Wellblechwellen zu donnert, funktioniert hier nicht. Die Strecke ist kurvig, tiefe Schlaglöcher und große Steine lauern auf Achsen. Bodenwellen und Kuppeln deren andere Seite man nicht überblicken kann, erschweren die Strecke.
Wir brauchen zwei Stunden für sechzig Kilometer. Dass es auf dem Rückweg noch interessanter werden sollte, ahnen wir jetzt noch nicht.

Diese Waschbrettwellen machen einen wahnsinnig – die richtige Geschwindigkeit kann auf der kurvigen Strecke nicht gefahren werden.

Schwierige Wegstrecke

Die Stellplätze auf dem Campingplatz sind großzügig und nur halb belegt. Ein Trittbrett vom Bundy hat sich losgejackelt und ein Glas, im Kaffeebecher und mit Zewa gesichert, ist kaputt gebrochen. Ein himmlischer Sonnenuntergang im Outback entschädigt für die Anreise.

Abend-Idylle

 

Am nächsten Morgen müssen wir zu den Attraktionen noch weitere zwanzig Kilometer fahren. Diese Strecke ist die beste im gesamten Nationalpark.

Blick auf die Hochebene vom Purnululu NP und auf den Campingplatz

Der nördliche Teil von Purnululu

Es warten zwei außerordentliche Schluchtenwanderungen auf uns. Schmale Gänge führen tief ins Gebirge. Zwischen die fünfzig Meter hohen Felswände schafft es kaum ein Sonnenstrahl. Trotzdem gelingt es ein paar Livistona Palmen hier zu überleben. Sie recken sich an langen Stämmen der Sonne entgegen.
Mystisch, verwunschen. Wunderbar!

Die Schlucht wird schmaler

Der Kontrast zwischen rotem Fels und grünen Palmen ist umwerfend.

Am Eingang der Schlucht liegen große Felsbrocken. Flusskiesel wurden von Sediment begraben und durch viel Druck zusammengebacken. Die Oberflächen sehen wie Krötenhaut aus.

Zu gut gefrühstückt? Immer wieder muss man sich zwischen den Krötenfelsen durchquetschen.

Immer tiefer kann man in die Schlucht vordringen.

Echidna Chasm

 

Nach zwei Nächten wechseln wir den Campingplatz, um zum anderen Ende von Purnululu zu gelangen. Der Gebirgszug verändert komplett sein Gesicht. Die erodierten Felsen sehen nun wie gestreifte Bienenkörbe aus. Abwechselnd sorgen Eisenoxid und eine Blaualge für die klar abgegrenzten Farbschichten.

340 Millionen Jahre alt – Purnululu – der südliche Teil.

Einmalig schön (die Felsen)

In ausgetrockneten Flussbetten kann man zwischen den Bienenkörben umherwandern.

Auch hier haben sich enge Schluchten zwischen den Domen gebildet. Tief kann man zwischen Felsspalten ins Gebirge vordringen.
Purnululu ist Unesco Naturerbe. Eine gerechtfertigte Auszeichnung, finden wir.

Wie glühende Holzkohle scheinen die Kuppeln von innen zu leuchten

Auf dem Campingplatz dann erneut ein Schrecken: der Bundy steht schon wieder schief. Hinten rechts ist der Reifen ziemlich platt. Der hatte schon mal ein Loch, was mit lebenslanger Garantie geflickt wurde.
Achim misst noch 20 psi, statt gewünschter 35 psi (pounds per square inch :roll: ). Mit dem Kompressor pumpt er den Reifen wieder auf. Wir warten, was über Nacht passiert.

Der Verlust über Nacht hält sich in Grenzen – ungefähr 1,5 psi pro Stunde  Achim pumpt nach. Wir entscheiden, dass wir damit erstmal fahren können. Allerdings fühlt  sich die Holperstrecke mit Loch im Reifen doppelt  schwierig an. Bei jedem unter dem Reifen weg springenden Stein halten wir die Luft an. Wenn es besonders doll rappelt, leiden wir mit.
Zweimal pumpen wir unterwegs nach und erreichen problemlos Kununurra. Der Reifendienst vor Ort rettet uns für 45 Dollar (28 Euro) aus der Patsche. Hinten rechts hat jetzt zwei Flicken.

 

Off Road Talk

Ich frage Achim als wir gerade besonders heftig durchgeschüttelt werden, ob er eigentlich Spaß hat am ‚off roaden‘.
„Es ist schon anstrengend. Und ich muss mich ganz schön konzentrieren.“
„Das war nicht die Frage.“
Ich bekomme einen Seitenblick mit einem schiefen Grinsen. „Doch, doch es ist alles prima.“

Okay, der Fahrer hat also Spaß. Viel Spaß.
So viel, dass ich bisher noch keinen einzigen Kilometer fahren musste (fahren brauchte; fahren durfte :mrgreen: ).

Die Beifahrerin hat auch Spaß. Wie ein Eiswürfel in einem Cocktail-Shaker durchgeschüttelt zu werden, ist nicht wirklich angenehm. Aber die Fahren sind spannend. Adrenalin und Endorphin sind kräftig mit dabei, wie mir scheint.
Achim fährt zu neunzig Prozent so, wie ich fahren würde. Er bremst, wenn ich bremsen würde. So dass ich nicht das Bodenbrett auf meiner Seite durchtreten muss. Selten brülle ich ein ‚Achtung‘ oder ein Ahhhhhhh wie in der Achterbahn.
Nur manchmal drückt meine Hand den Oberschenkel weich.

Off Road unterwegs zu sein, ist für die Australier ein Hobby wie Angeln oder Joggen. Ein cooles Hobby. Die Aussies haben es drauf. Denn wer fährt, braucht nicht den Staub entfernen. Alte Off Road Regel.


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