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"Mit Apps das Wetter meistern." Kann man das wirklich?

Der kroatische Wetterbericht von heute Mittag, 12 Uhr wirft mal wieder mehr Fragen auf, als er Antworten gibt: „
Nordwest-Böen“? „Nordost-Böen“? „Südwest-Böen“? Alles 7 bft. bis 8 bft? Und gleichzeitig? Wie soll man sich da verhalten?

Und: Wissen es die Apps besser als derart widersprüchliche „alte“ Wetter-Websites wie www. meteo.hr?

Gerade in meinen letzten beiden Posts aus dem Novemberwetter in Kroatien wird erkennbar, dass das Wetter dort vor allem dann unberechenbar wird, wenn typische Schlechtwetterlagen auf ungewöhnliche Meereserwärmung und sonstige Gegensätze stoßen. 

Meine heftigen Erfahrungen der letzten Oktober- und November-Wochen haben mir mehr Fragen als Antworten beschert:

Wie richtig liegen Wetter-Apps?

Liefern moderne Wetter-Apps wie WINDY, WINDFINDER oder PREDICTWIND mit ihren faszinierenden Partikel-Animationen präzisere Vorhersagen? 

Sind die alten lokalen Wetterberichte wie meteo.hr in Kroatien und emy.gr in Hellas mit ihren lakonischen „Ein-Satz-Vorhersagen“ überflüssig? Oder ist es genau andersherum, dass die Lokalen in ihrem Revier die Nase vorn haben?

Und: Welches Wettermodell hat denn im Ernstfall die Nase vorn und weiß es besser: ECWMF? GFS? ICON? AROME? Oder für Kroatien das kroatische Wettermodell ALADIN?

Fragen über Fragen. Je mehr ich mich als Segler damit beschäftige, umso spannender wird die Thematik. Wer seine Erfahrung mit einbringen will: Am Donnerstag, 16. November 2023 um 19.30 Uhr versuche ich, im Online-Webinar „MIT APPS DAS WETTER MEISTERN“ eine Antwort auf die obigen Fragen zu geben. Oder mich als Segler einer Antwort zu nähern. Wen die gleichen Fragen wie mich umtreiben: Anmeldung erbeten unter www.millemari.de. Ich denke, es wird ein spannender Abend. Für mich jedenfalls.

Denn eines bleibt sicher: Das Wetter bleibt weiterhin die größte Herausforderung auf See.

Restauranttipp: Peter’s Pizza Workum

OK, man mag uns Voreigenommenheit vorwerfen, denn auf die Frage welches Pink Floyd Album denn sein Favorit sei, antwortet Peter: Animals. Und ganz zufällig ist dies auch die bevorzugte Musik an Bord der Stegfunk.de-Redaktionsyacht. Peter hat uns überzeugt. Übrigens zuerst mit seiner Pizza und erst danach mit dem exquisiten Musikgeschmack.

Die Pizza ist, wie sie sein soll: Außen knusprig, innen saftig. Gutes Zeug drauf, frisches Bier dazu. Das Ende eines guten Segeltags kann so einfach sein. Shoarma und Friet gibt es auch, man kommt aber wegen der Pizza. Die Auswahl ist groß, auch vegetarisch. Viel mehr gibt es zum Thema essen nicht zu sagen. Pizza eben. Die in gut.

Die Kneipe ist gemütlich, obwohl der Raum sehr groß ist. Früher war hier das Eventcentrum t‘ Noarderke, in dem immer mal Konzerte und Aufführungen stattfanden. Konzerte gibt es heute gelegentlich auch noch. Trotz der Größe ist Peter’s Pizza jedoch nicht bahnhofshallenartig. Im Gegenteil. Peter und seine Frau bringen als Gastgeber sehr viel Charme mit in den Raum. Naja und gute Musik und Pizza. Aber das hatten wir ja schon gesagt. Am besten, man schaut selbst mal rein, ausser man mag die Sex Pistols oder ist Nachfahre von Johnny Rotten (soll ja einige geben). Dann bleibt man besser weg und verpasst die Pizza oder man bestellt die online und holt sie ab. Dann mit Doesenbier auf ne Parkbank. Punk eben.

Auf der Website gibt es neben Blindtext aus der Webseitenvorlage auch einige Info, eine Online-Bestellmöglichkeit und die Karte zu sehen. Viel Spaß!

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Bilderrätsel KW 45 – Wo ist es?

Na klar, das Strontrace in Workum. Die Herren sind beim „Jagen“, beim Schleppen des Schiffes mit Muskelkraft vom Ufer aus. Eine kraftraubende Angelegenheit. Hier ist man auf dem Rück, hat den Stront, also den Mist, in Warmond mitten im Herzen der Niederlande, abgegeben und als Rückfracht Gewürzgurken geladen. Allen (diesmal sehr viele!), die das erraten haben, herzlichen Glückwunsch.

Strontrace Workum

Und weiter gehts. Wo ist es so schön in den Niederlanden?

Wir machen mal eine Gewinnpause. Darum erhöhen wir den Schwierigkeitsgrad. Nun sind die echten Cracks, die Niederlandeexperten gefragt. Sind Sie so einer? Dann her mit der Lösung an [email protected] !

Übrigens: Sie lesen dies und denken: Oh, da könnte mein Unternehmen doch mal für eine Weile einen Preis spendieren? Etwas, das mit Wassersport und/oder den Niederlanden zu tun hat. Auch dann schreiben Sie an die obige Adresse. Danke!

 

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Deiche erhöhen möglich aber teuer – Oosterschelde wieder offen?

Um die 2100 Kilometer Deiche in den Niederlanden um drei Meter zu erhöhen, müssten sie vorallem verbreitert werden, um bis zu 90 Meter. Das braucht Raum und kostet eine Mnege Geld. Auch der benötigte Sand um die Küsten zu schützen, steht kaum mehr in der Nordsee zur Verfügung. In Windparks etwa kann dieser nicht gewonnen werden. Wo soll er also herkommen?

In einer Untersuchung zum Thema Anstieg des Meeresspiegel hat das Institut Deltares vier verschiedene Szenarien durchgespielt. In zwei Szenarien davon wird davon ausgegangen, dass Wasser vorallem in niedriger gelegegen Gebieten der Niederlande aufgefangen werden muss. Denn immer höhere Deiche an der Küste führen gleichezitig dazu, dass es schwieriger wird, Wasser aus dem Landesinneren, also Niederschläge und Flusswasser, abzuführen. Es muss mehr gepumpt werden, was zu einer Versalzung der Felder führt. Kniffelig.

Auch das Thema Sturmflutwehre steht zur Diskussion: Die Oosterscheldekering müsste erhöht, also neugebaut werden. Sie ist aber jetzt schon problematisch für das Gewässer dahinter, da durch die weniger starken Gezeiten weniger Sand angespült wird. Auch der muss wieder eingebracht werden, damit die Sandbänlke nicht verschwinden. Ohne Sturmflutkering würde wieder mehr Sand eingetragen, die Schelde würde sich selbst schützen. Dazu aber müssten die Deiche rundum erhöht werden.

Wie gesagt: Dies alles wird derzeit diskutiert in den Niederlanden. Eine Lösung wird nicht einfach. Früher baute man höhere Deiche und enorme Wehre und gut. Das wird nun nicht mehr ausreichen. Wie und ob die Niederlande in Zukunft bewohnbar bleiben, ist Teil der Diskussion. Es bleibt spannend. Für uns Wassersportler ändert sich erstmal nichts. Ob das so bleibt, ist indes fraglich.

Der Artikel auf NOS.nl

 

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Niederschlagsreicher Oktober sorgt für nasse Füße

In Lemmer musste am Mittwoch das Woudagemaal ran, die anderen Pumpwerke alleine wurden dem Wasser nicht Herr. Auch für November erwarten Metereologen eine Niederschlagsmenge von 110 Millimeter im Monat. Das sind etwa 50% mehr als das Jahresmittel. In Noord Holland werden zusätzliche Notpumpen verwendet, um das Wasser aus den teils niedrig gelegenen Poldern herauszubekommen. Die Holländer wären nicht die Holländer wenn sie das nicht schaffen würden. Dennoch ist die Situation bedenklich.

Man stelle sich Folgendes vor: Man sitzt in einer riesigen Schüssel und es beginnt zu regnen. Rundum sind hohe Deiche. Das ist ein Polder. Frieslands Wasserpegel soll 52 Zentimeter unter NAP liegen. Das IJsselmeer ist im Mittel etwa 20 Zentimeter weiter oben an seiner Oberfläche. Wenn das mit dem Pumpen dann nicht reibungslos funktioniert, bekommt man nasse Füße. Die beiligende Grafik zeigt den Anstieg des Pegels in Leeuwarden.

 

 

Der Pegel von Leeuwarden im November. Normal wäre -52 Zentimeter

Ursache für die starken Niederschläge so die Experten, sei auch das Klimaphenomen El Nino, wodurch der Atlantik wärmer ist als üblich. So verdunstet dort mehr Wasser, was mit dem Westwind nach Europa gelangt, wo es dann abregnet.

Pumpen oder nicht?

Erst im letzten November wurde in der Nähe von Harlingen ein neues Gemaal (ein Pumpwerk) in Betrieb genommen. Dessen Pumpkapazität ist deutlich größer als das seines Vorgängers. Dennoch musst in Lemmer notfallmäßig gepumpt werden. Die Kanäle und Seen in der ganzen Provinz Friesland sind miteinander verbunden. Neben den Gemalen in Stavoren und Lemmer gibt es das neue bei Ried. Zudem kann über die Schleusen in Harlingen und Lauwersoog Wasser ins Wattenmeer abgegeben werden. Diese Pumpwerke stehen jedoch nicht nur am Rand der Polder. Auch mittendrin pumpen zig Tausend Pumpen in den Niederlanden Wasser gen Meer. Allein in Friesland sind es mehr als 1000. Eine Übersicht über die Gemale in den Niederlanden findet man hier.

Von Wasserabfuhr zu Wassermanagement

Zuletzt gab es eine Diskussion, ob man nicht auch mehr Wasser halten muss, um trockene Perioden zu überbrücken. So ist im Osten des Landes der grundwasserpegel gerade erst wieder normal, während im Westen kräftig gepumpt wird. Die Extreme nehmen zu: Herbst udn Frühjahr nasser, Sommer trockener (nicht in diesem Jahr…). Das tellt die findigen Niederländer vor neue Herausforderungen. Wassermanagement nennen sie das. Eine Folge davon: Die Pegel werden flexibler, sodass man besser auf sich verändernde Parameter reagieren kann.

Für Wassersportler bedeutet dies: Obacht bei Brücken. Was im Sommer von der Höhe her passte, kann heute knapp werden. Und auch in an sich genau regulierten Gebieten wie Friesland können sich Wasserstände verändern.

Hier geht es zum Artikel auf NOS.nl

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Kroatien im November. Von Zadar nach Triest (4). Wie sicher ist eigentlich der Hafen bei Wetterextremen?

Philipp, 28, Hörer unseres Segelmythen-Podcasts SEGELN IST MEER! schrieb: Wie ist Segeln im Winterhalbjahr im Unterschied zum Sommer? In den vorigen Posts gab ich erste Einblicke in die bestimmenden Faktoren Helligkeit/Dunkelheit, Herbstwetter und Segeln im Sturm bis 43 Knoten. Ich war froh, danach heil im Hafen von Izola gelandet zu sein. Aber damit wars immer noch nicht getan…

Die Marina In Izola am vergangenen Samstag um 07.00 Uhr Morgens. Eineinhalb Tage nach meinem Sturm-Erlebnis im vorigen Post liegt tiefer Frieden über der Nordmole und der Einfahrt in die Marina. Nichts deutet darauf hin, dass das nächste Sturmereignis für diesen Tag bereits im Anmarsch ist.

In meinen Gewitterseminaren teile ich oft meine Einschätzung mit, dass Wetterextreme und Gewitter weniger lokal begrenzt Ereignisse sind, als die wir sie häufig aus unserem eng begrenzten lokalen Blick erleben. Und Gewitterlagen – also Situationen, die die Entstehung von Gewittern und Unwettern begünstigen, häufig nicht mit dem einzelnen, sprichwörtlich „reinigenden“ Gewitter erledigt sind.

Das Unwetter, das mir zwei Tage zuvor auf See Südost, also „Jugo“, zwischen konstant 35 und mehr als 40 Knoten beschert hatte, war mit diesem Ereignis längst nicht erledigt. Für den folgenden Samstag meldeten die Wetterdienste tagsüber ruhiges Wetter. Doch ab 20 Uhr steigenden Wind, der im 4 Segelstunden entfernt liegenden Grado in Spitzen bis 50 Knoten erreichen sollte. War das ein neues Unwetter? Oder gehörte es erneut zu einem der großen Tiefdrucksysteme vor Irland, die in der Folge auch die verheerenden Ereignisse an der Ostsee nach sich zogen und bis in die nördliche Adria reichten?

Ich hatte überlegt, das kurze Wetterfenster zu nutzen und bis 20 Uhr in meinen Heimathafen San Giorgio di Nogaro zurückzukehren. Es wären ja nur fünfeinhalb Stunden. Noch um 15 Uhr am Samstag Nachmittag war alles ruhig, ich war kurz davor, die Leinen loszuwerfen, „was soll schon passieren, ich bin die Strecke x-mal gefahren, da husche ich schnell vorher durch.“

Ich tat es nicht. Das viel gerühmte Bauchgefühl? Ich weiß es nicht. Ich getraue mich nicht, mich mit meinem 6. Sinn zu brüsten. Oder dem von Bergführern oft erwähnten Bauchgefühl, der Summe aller unserer Erfahrungen, die unseres Inneres „matcht“ mit den aktuell vorliegenden Daten und bei Nichtübereinstimmung der neuen mit den alten Daten ein miserables Bauchgefühl erzeugt.

Ich blieb, wo ich war. Legte bei Sonnenuntergang eine zusätzliche Leine von der Mittschiffsklampe zu meinem Standort auf der Pier auf dem Foto oben. Pünktlich um acht begann es in den Wanten zu sirren aus Südost. Als ich mich eine Stunde später mich in meiner Koje schlafen legte, schien es, als würden sie mit jeder Minute lauter singen.

Gegen 2 Uhr Nachts erwachte ich. Ein ungewöhnliches Heulen über dem Hafen von Izola. Nein, nicht der Wind, obwohl der den harten Bootsbewegungen nach längst in den 30ern von den Hügeln Izolas im Südosten herunter tobte. Nein, das Geräusch war etwas anderes. Der durchdringende, nicht mehr endende Ton einer Sirene. Ich dachte kurz nach. Obwohl ich von 2009 bis 2014 Levje in dieser Marina liegen hatte und den Ort gut kannte, war das neu. Was war das? Es ging über mehrere Minuten. Irgendwann dämmerte mir: „Steh auf. Das muss eine Flutwarnung sein. Der Ort wird möglicherweise überflutet.“ 

Wie ich war, zog ich das Schiebeluk auf. Prasselnder Regen trommelte auf die Sprayhood, an der der Wind rüttelte. Ich leuchtete mit der Taschenlampe zur Pier hinüber, die man im Bild oben gut erkennt. Izola ist ein Gezeitenhafen mit 0,70-1,20 Meter Tidenhub. Doch jetzt stand das Wasser knapp unter der Kante der Pier. Die Vorleinen ragten nun steil nach unten. Ich spurtete ohne Nachzudenken in Unterhose durch das Geprassel zum Bug, um die Leinen zu kontrollieren. Sie waren hart gespannt und hatten bereits begonnen, das Vorschiff tiefer ins Wasser zu ziehen. Der Kopfschlag war hammerhart zugezogen, ich hatte Mühe, ihn mit nassen Fingern soweit zu lösen, dass ich fieren und den Druck auf die Klampen wegbekommen konnte. Lose trieben Passerellen, Polster und Gangway-Bretter im Hafenbecken, die der Wind Richtung Nordmole weitertrieb. Ich löste beide Vorleinen. Aber der Winddruck war erneut unheimlich. In der Spitze waren es wie schon in den Vortagen knapp über 40 Knoten.

Reichten die Vorleinen? Ich hatte das Gefühl, eine weitere lange Leine zur Steuerbord-Mittschiffsklampe könnte die beiden ächzenden Vorleinen entlasten. Doch mein Bug befand sich wegen des Hochwassers zu hoch über der Pier, es kostete mich einige Überlegung, bis ich den Anker aus seiner Halterung etwas fallen ließ und mich daran, immer noch halbnackt, auf die Pier ließ. Schnell die neue Leine festmachen. „Sieh zu, dass du wieder auf dein Schiff kommst und die Leine belegst.“ Ich sah noch eine Weile zu, ob mein Gedanke mit der Achterspring der richtige war. Zumindest bei dieser Windrichtung lag das Schiff ruhiger.

Ich rieb mich trocken unter Deck. Aber es dauerte lange, bis ich ich die Kälte aus meinem Körper brachte, selbst unter zwei Bettdecken. Das Heulen der Sirene hatte längst aufgehört, als ich einschlief.

Und die 50 Knoten in Grado? Als ich am Sonntagnachmittag in San Giorgio eintraf, hatte der Südwest immer noch 6 bft. geblasen. Das richtige für eine schnelle Überfahrt. Doch in der Marina Sant‘ Andrea sah man am Spülsaum mit den angespülten Holztrümmern und Schilfgräsern, dass das Unwetter dort die Betonpier um 50 Zentimeter überspült und die Stromversorgung in Teilen lahm gelegt hatte.

Wie in der Marina Izola war es im Hafen sonst bei im Wasser treibenden Gangwaybrettern geblieben. Ich wundere mich immer noch, dass bei derartigen Extremsituationen in Marinas nicht mehr passiert. Und ein richtig ausgeführter Kopfschlag reicht, um an 700 Booten größere Schäden zu verhindern.

Wer mehr über meine Erfahrungen das Wetter in Kroatien erfahren will: Heute Donnerstag den 9.11. um 19.30 Uhr berichte ich über das, was ich in diesem Herbst über DAS WETTER IN KROATIEN gelernt habe.
Am Donnerstag, den 30. November um 19.30 Uhr spreche ich über STARKWIND-TAKTIK AUF DER ADRIA. Wie kann man bei 43 Knoten noch segeln? Was ist die richtige Taktik? Wie geht man mit der Angst um? Der eigenen? Und der der Crew?

 

Kroatien im November. Von Zadar nach Triest (4). Wie sicher ist eigentlich der Hafen bei Wetterextremen?

Philipp, 28, Hörer unseres Segelmythen-Podcasts SEGELN IST MEER! schrieb: Wie ist Segeln im Winterhalbjahr im Unterschied zum Sommer? In den vorigen Posts gab ich erste Einblicke in die bestimmenden Faktoren Helligkeit/Dunkelheit, Herbstwetter und Segeln im Sturm bis 43 Knoten. Ich war froh, danach heil im Hafen von Izola gelandet zu sein. Aber damit wars immer noch nicht getan…

Die Marina In Izola am vergangenen Samstag um 07.00 Uhr Morgens. Eineinhalb Tage nach meinem Sturm-Erlebnis im vorigen Post liegt tiefer Frieden über der Nordmole und der Einfahrt in die Marina. Nichts deutet darauf hin, dass das nächste Sturmereignis für diesen Tag bereits im Anmarsch ist.

In meinen Gewitterseminaren teile ich oft meine Einschätzung mit, dass Wetterextreme und Gewitter weniger lokal begrenzt Ereignisse sind, als die wir sie häufig aus unserem eng begrenzten lokalen Blick erleben. Und Gewitterlagen – also Situationen, die die Entstehung von Gewittern und Unwettern begünstigen, häufig nicht mit dem einzelnen, sprichwörtlich „reinigenden“ Gewitter erledigt sind.

Das Unwetter, das mir zwei Tage zuvor auf See Südost, also „Jugo“, zwischen konstant 35 und mehr als 40 Knoten beschert hatte, war mit diesem Ereignis längst nicht erledigt. Für den folgenden Samstag meldeten die Wetterdienste tagsüber ruhiges Wetter. Doch ab 20 Uhr steigenden Wind, der im 4 Segelstunden entfernt liegenden Grado in Spitzen bis 50 Knoten erreichen sollte. War das ein neues Unwetter? Oder gehörte es erneut zu einem der großen Tiefdrucksysteme vor Irland, die in der Folge auch die verheerenden Ereignisse an der Ostsee nach sich zogen und bis in die nördliche Adria reichten?

Ich hatte überlegt, das kurze Wetterfenster zu nutzen und bis 20 Uhr in meinen Heimathafen San Giorgio di Nogaro zurückzukehren. Es wären ja nur fünfeinhalb Stunden. Noch um 15 Uhr am Samstag Nachmittag war alles ruhig, ich war kurz davor, die Leinen loszuwerfen, „was soll schon passieren, ich bin die Strecke x-mal gefahren, da husche ich schnell vorher durch.“

Ich tat es nicht. Das viel gerühmte Bauchgefühl? Ich weiß es nicht. Ich getraue mich nicht, mich mit meinem 6. Sinn zu brüsten. Oder dem von Bergführern oft erwähnten Bauchgefühl, der Summe aller unserer Erfahrungen, die unseres Inneres „matcht“ mit den aktuell vorliegenden Daten und bei Nichtübereinstimmung der neuen mit den alten Daten ein miserables Bauchgefühl erzeugt.

Ich blieb, wo ich war. Legte bei Sonnenuntergang eine zusätzliche Leine von der Mittschiffsklampe zu meinem Standort auf der Pier auf dem Foto oben. Pünktlich um acht begann es in den Wanten zu sirren aus Südost. Als ich mich eine Stunde später mich in meiner Koje schlafen legte, schien es, als würden sie mit jeder Minute lauter singen.

Gegen 2 Uhr Nachts erwachte ich. Ein ungewöhnliches Heulen über dem Hafen von Izola. Nein, nicht der Wind, obwohl der den harten Bootsbewegungen nach längst in den 30ern von den Hügeln Izolas im Südosten herunter tobte. Nein, das Geräusch war etwas anderes. Der durchdringende, nicht mehr endende Ton einer Sirene. Ich dachte kurz nach. Obwohl ich von 2009 bis 2014 Levje in dieser Marina liegen hatte und den Ort gut kannte, war das neu. Was war das? Es ging über mehrere Minuten. Irgendwann dämmerte mir: „Steh auf. Das muss eine Flutwarnung sein. Der Ort wird möglicherweise überflutet.“ 

Wie ich war, zog ich das Schiebeluk auf. Prasselnder Regen trommelte auf die Sprayhood, an der der Wind rüttelte. Ich leuchtete mit der Taschenlampe zur Pier hinüber, die man im Bild oben gut erkennt. Izola ist ein Gezeitenhafen mit 0,70-1,20 Meter Tidenhub. Doch jetzt stand das Wasser knapp unter der Kante der Pier. Die Vorleinen ragten nun steil nach unten. Ich spurtete ohne Nachzudenken in Unterhose durch das Geprassel zum Bug, um die Leinen zu kontrollieren. Sie waren hart gespannt und hatten bereits begonnen, das Vorschiff tiefer ins Wasser zu ziehen. Der Kopfschlag war hammerhart zugezogen, ich hatte Mühe, ihn mit nassen Fingern soweit zu lösen, dass ich fieren und den Druck auf die Klampen wegbekommen konnte. Lose trieben Passerellen, Polster und Gangway-Bretter im Hafenbecken, die der Wind Richtung Nordmole weitertrieb. Ich löste beide Vorleinen. Aber der Winddruck war erneut unheimlich. In der Spitze waren es wie schon in den Vortagen knapp über 40 Knoten.

Reichten die Vorleinen? Ich hatte das Gefühl, eine weitere lange Leine zur Steuerbord-Mittschiffsklampe könnte die beiden ächzenden Vorleinen entlasten. Doch mein Bug befand sich wegen des Hochwassers zu hoch über der Pier, es kostete mich einige Überlegung, bis ich den Anker aus seiner Halterung etwas fallen ließ und mich daran, immer noch halbnackt, auf die Pier ließ. Schnell die neue Leine festmachen. „Sieh zu, dass du wieder auf dein Schiff kommst und die Leine belegst.“ Ich sah noch eine Weile zu, ob mein Gedanke mit der Achterspring der richtige war. Zumindest bei dieser Windrichtung lag das Schiff ruhiger.

Ich rieb mich trocken unter Deck. Aber es dauerte lange, bis ich ich die Kälte aus meinem Körper brachte, selbst unter zwei Bettdecken. Das Heulen der Sirene hatte längst aufgehört, als ich einschlief.

Und die 50 Knoten in Grado? Als ich am Sonntagnachmittag in San Giorgio eintraf, hatte der Südwest immer noch 6 bft. geblasen. Das richtige für eine schnelle Überfahrt. Doch in der Marina Sant‘ Andrea sah man am Spülsaum mit den angespülten Holztrümmern und Schilfgräsern, dass das Unwetter dort die Betonpier um 50 Zentimeter überspült und die Stromversorgung in Teilen lahm gelegt hatte.

Wie in der Marina Izola war es im Hafen sonst bei im Wasser treibenden Gangwaybrettern geblieben. Ich wundere mich immer noch, dass bei derartigen Extremsituationen in Marinas nicht mehr passiert. Und ein richtig ausgeführter Kopfschlag reicht, um an 700 Booten größere Schäden zu verhindern.

Wer mehr über meine Erfahrungen das Wetter in Kroatien erfahren will: Heute Donnerstag den 9.11. um 19.30 Uhr berichte ich über das, was ich in diesem Herbst über DAS WETTER IN KROATIEN gelernt habe.
Am Donnerstag, den 30. November um 19.30 Uhr spreche ich über STARKWIND-TAKTIK AUF DER ADRIA. Wie kann man bei 43 Knoten noch segeln? Was ist die richtige Taktik? Wie geht man mit der Angst um? Der eigenen? Und der der Crew?

 

Kroatien im November. Von Zadar nach Triest (4). Wie sicher ist eigentlich der Hafen bei Wetterextremen?

Philipp, 28, Hörer unseres Segelmythen-Podcasts SEGELN IST MEER! schrieb: Wie ist Segeln im Winterhalbjahr im Unterschied zum Sommer? In den vorigen Posts gab ich erste Einblicke in die bestimmenden Faktoren Helligkeit/Dunkelheit, Herbstwetter und Segeln im Sturm bis 43 Knoten. Ich war froh, danach heil im Hafen von Izola gelandet zu sein. Aber damit wars immer noch nicht getan…

Die Marina In Izola am vergangenen Samstag um 07.00 Uhr Morgens. Eineinhalb Tage nach meinem Sturm-Erlebnis im vorigen Post liegt tiefer Frieden über der Nordmole und der Einfahrt in die Marina. Nichts deutet darauf hin, dass das nächste Sturmereignis für diesen Tag bereits im Anmarsch ist.

In meinen Gewitterseminaren teile ich oft meine Einschätzung mit, dass Wetterextreme und Gewitter weniger lokal begrenzt Ereignisse sind, als die wir sie häufig aus unserem eng begrenzten lokalen Blick erleben. Und Gewitterlagen – also Situationen, die die Entstehung von Gewittern und Unwettern begünstigen, häufig nicht mit dem einzelnen, sprichwörtlich „reinigenden“ Gewitter erledigt sind.

Das Unwetter, das mir zwei Tage zuvor auf See Südost, also „Jugo“, zwischen konstant 35 und mehr als 40 Knoten beschert hatte, war mit diesem Ereignis längst nicht erledigt. Für den folgenden Samstag meldeten die Wetterdienste tagsüber ruhiges Wetter. Doch ab 20 Uhr steigenden Wind, der im 4 Segelstunden entfernt liegenden Grado in Spitzen bis 50 Knoten erreichen sollte. War das ein neues Unwetter? Oder gehörte es erneut zu einem der großen Tiefdrucksysteme vor Irland, die in der Folge auch die verheerenden Ereignisse an der Ostsee nach sich zogen und bis in die nördliche Adria reichten?

Ich hatte überlegt, das kurze Wetterfenster zu nutzen und bis 20 Uhr in meinen Heimathafen San Giorgio di Nogaro zurückzukehren. Es wären ja nur fünfeinhalb Stunden. Noch um 15 Uhr am Samstag Nachmittag war alles ruhig, ich war kurz davor, die Leinen loszuwerfen, „was soll schon passieren, ich bin die Strecke x-mal gefahren, da husche ich schnell vorher durch.“

Ich tat es nicht. Das viel gerühmte Bauchgefühl? Ich weiß es nicht. Ich getraue mich nicht, mich mit meinem 6. Sinn zu brüsten. Oder dem von Bergführern oft erwähnten Bauchgefühl, der Summe aller unserer Erfahrungen, die unseres Inneres „matcht“ mit den aktuell vorliegenden Daten und bei Nichtübereinstimmung der neuen mit den alten Daten ein miserables Bauchgefühl erzeugt.

Ich blieb, wo ich war. Legte bei Sonnenuntergang eine zusätzliche Leine von der Mittschiffsklampe zu meinem Standort auf der Pier auf dem Foto oben. Pünktlich um acht begann es in den Wanten zu sirren aus Südost. Als ich mich eine Stunde später mich in meiner Koje schlafen legte, schien es, als würden sie mit jeder Minute lauter singen.

Gegen 2 Uhr Nachts erwachte ich. Ein ungewöhnliches Heulen über dem Hafen von Izola. Nein, nicht der Wind, obwohl der den harten Bootsbewegungen nach längst in den 30ern von den Hügeln Izolas im Südosten herunter tobte. Nein, das Geräusch war etwas anderes. Der durchdringende, nicht mehr endende Ton einer Sirene. Ich dachte kurz nach. Obwohl ich von 2009 bis 2014 Levje in dieser Marina liegen hatte und den Ort gut kannte, war das neu. Was war das? Es ging über mehrere Minuten. Irgendwann dämmerte mir: „Steh auf. Das muss eine Flutwarnung sein. Der Ort wird möglicherweise überflutet.“ 

Wie ich war, zog ich das Schiebeluk auf. Prasselnder Regen trommelte auf die Sprayhood, an der der Wind rüttelte. Ich leuchtete mit der Taschenlampe zur Pier hinüber, die man im Bild oben gut erkennt. Izola ist ein Gezeitenhafen mit 0,70-1,20 Meter Tidenhub. Doch jetzt stand das Wasser knapp unter der Kante der Pier. Die Vorleinen ragten nun steil nach unten. Ich spurtete ohne Nachzudenken in Unterhose durch das Geprassel zum Bug, um die Leinen zu kontrollieren. Sie waren hart gespannt und hatten bereits begonnen, das Vorschiff tiefer ins Wasser zu ziehen. Der Kopfschlag war hammerhart zugezogen, ich hatte Mühe, ihn mit nassen Fingern soweit zu lösen, dass ich fieren und den Druck auf die Klampen wegbekommen konnte. Lose trieben Passerellen, Polster und Gangway-Bretter im Hafenbecken, die der Wind Richtung Nordmole weitertrieb. Ich löste beide Vorleinen. Aber der Winddruck war erneut unheimlich. In der Spitze waren es wie schon in den Vortagen knapp über 40 Knoten.

Reichten die Vorleinen? Ich hatte das Gefühl, eine weitere lange Leine zur Steuerbord-Mittschiffsklampe könnte die beiden ächzenden Vorleinen entlasten. Doch mein Bug befand sich wegen des Hochwassers zu hoch über der Pier, es kostete mich einige Überlegung, bis ich den Anker aus seiner Halterung etwas fallen ließ und mich daran, immer noch halbnackt, auf die Pier ließ. Schnell die neue Leine festmachen. „Sieh zu, dass du wieder auf dein Schiff kommst und die Leine belegst.“ Ich sah noch eine Weile zu, ob mein Gedanke mit der Achterspring der richtige war. Zumindest bei dieser Windrichtung lag das Schiff ruhiger.

Ich rieb mich trocken unter Deck. Aber es dauerte lange, bis ich ich die Kälte aus meinem Körper brachte, selbst unter zwei Bettdecken. Das Heulen der Sirene hatte längst aufgehört, als ich einschlief.

Und die 50 Knoten in Grado? Als ich am Sonntagnachmittag in San Giorgio eintraf, hatte der Südwest immer noch 6 bft. geblasen. Das richtige für eine schnelle Überfahrt. Doch in der Marina Sant‘ Andrea sah man am Spülsaum mit den angespülten Holztrümmern und Schilfgräsern, dass das Unwetter dort die Betonpier um 50 Zentimeter überspült und die Stromversorgung in Teilen lahm gelegt hatte.

Wie in der Marina Izola war es im Hafen sonst bei im Wasser treibenden Gangwaybrettern geblieben. Ich wundere mich immer noch, dass bei derartigen Extremsituationen in Marinas nicht mehr passiert. Und ein richtig ausgeführter Kopfschlag reicht, um an 700 Booten größere Schäden zu verhindern.

Wer mehr über meine Erfahrungen das Wetter in Kroatien erfahren will: Heute Donnerstag den 9.11. um 19.30 Uhr berichte ich über das, was ich in diesem Herbst über DAS WETTER IN KROATIEN gelernt habe.
Am Donnerstag, den 30. November um 19.30 Uhr spreche ich über STARKWIND-TAKTIK AUF DER ADRIA. Wie kann man bei 43 Knoten noch segeln? Was ist die richtige Taktik? Wie geht man mit der Angst um? Der eigenen? Und der der Crew?

 

SalingGen – watt&sea

STROM UMSONST

SalingGen – watt&sea

SV Sh-Boom – George Ross CA

REPORT FROM LUNENBORG – NOVA SCOTIA
The Windpilot arrived in good shape. I’m impressed with its robustness. The castings/machining work is first class. Also, nice job with the literature paper stock. Good quality. Nothing worse than cheap photo copies. Thanks for the book !!!

The image is Lunenburg harbour. The Bluenose has men in the top yards preparing the masts for removal. 

My boat is on its mooring in the background. I’m sitting in a local pub, from where I just took the photo, enjoying a pint of stout.

Lunenburg is a very busy tourist destination. We see a large number of German tourists. But of course the town has a strong German heritage.

Zuma Whol ! George

SV Malu – Gabriel Jäger GER

MIT REINKE 10m ÜBER SÜDENGLAND BIS NACH BREST
Hallo Herr Förthmann, der Törn mit der Malu lief hervorragend, auch dank Ihres Windpiloten. Wir haben viel erkundet, dabei gar nicht so grosse Sprünge gemacht, und haben das Boot dann in Brest an Land gestellt.

Wir hoffen, dass es in 2024 weiter geht mit der Reise. Wir werden berichten.

Viele der Eindrücke sind nicht in Bilder zu fassen, sondern sind zum Begreifen an das Erleben gekoppelt.

Die Bretagne haben wir weitgehend ausgelassen: Es wehte beständig aus Nordost, sodass wir westwärts die englische Küste gesegelt sind und dann von den Scilly Islands via L’Ouessant nach Brest.

Ausserdem sind ist die Strömung an der englischen Küste weniger wild, und es war zu der Zeit Vollmond. Naja, wir wollten uns nun mal rantasten an die ganzen „Raz Blanche“-Gewässer.

Viele Grüsse und stehen Sie den Winter gut durch, im Norden.
Gabriel Jäger

SV Jambalaya – Luca Maier GER

SCHUTZENGEL BEI DER ARBEIT
Nein, weder Wilfried Krusekopf noch meine Wenigkeit, leiden unter Langeweile. Wir schneiden keine Rosen, oder bügeln träge Hemden oder Unterhosen, sondern reihen jeden Tag gutgelaunt an den nächsten, wie wir es seit Jahrzehnten halten: wir tun genau das, was wir am besten können: Tage als Perlenkette, erfüllt mit unseren Herzensangelegenheiten, die zu unserem Lebensmittelpunkt geworden, wie Sonne Mond und Sterne – gerne. Wir arbeiten, segeln und schreiben für Segler, die unsere Hilfe nachfragen, bzw. sogar kaufen, womit wir unseren Lebensunterhalt verdienen, ganz ohne rot zu werden. Wir sind mit uns im Reinen und Arbeit unser Vergnügen. Und dann passiert manchmal unverhofft, was sich vor kurzem abgespielt:

Dies ist eine kleine Geschichte, wie zwei Männern sich Flügel angeschraubt, um als Schutzengel verkleidet, einer jungen Seglerin ein wenig Unterstützung zu gewähren, sie vor Unheil zu bewahren um ihre ersten Erfahrungen auf See ins Positive zu wenden, indem wir sie virtuell ein wenig schubsen und begleiten.

Luca Sophie Maier besuchte mich am 11.09.2023 in der Werkstatt, um eine Crossbar zu erwerben. Eine gebrauchte Pacific Light hatte sie bereits. Die SV Jambalaya – eine Bianca 27 – desgleichen. Ein Schiff, das in meinem Herzen eine Tür aufmacht.

Bianca 27

Luca gedachte nach ihrem Studienabschluss ein Sabbatjahr einzuschieben, darum ging es von Berlin nach Hamburg mit aller Macht. In Wedel wurde die Palme auf´s Schiff gebracht, dann noch kurz die Crossbar abgeholt. Die Zeit drängte, man wollte weg, gen Süden. Gran Canaria das erste Etappenziel. Zwei junge Damen mit Mumm und Power, denn die Eignerin hatte eine Freundin mit an Bord. Start in Wedel: 12.09.2023 bei ablaufender Tide, so war das gedacht und so wurde es dann gemacht.

Vier Wochen später ist die Jambalaya in Muxia eingelaufen, hier der Reiseverlauf im Stakkato:

Es liegt mir in den Genen, Seglern mit Hinweisen und Ratschlägen für ihre Zeit auf See zu unterstützen, und Luca Sophie war offen für jeden Rat. Zunächst nur schnelle Hinweise über die Usancen mit einer Tide auf der Elbe, deren Zeiten und Regeln zwar aufgeschrieben, deren tatsächliche Fahrpläne allerdings ein wenig retardieren, was man wissen sollte, wenn man nicht rückwärts fahren wollte. Stichwort: Hochwasser als Zustand sagt wenig über die Fliessrichtung der Elbe, die sich nur zeitverzögert bequemt, den Segler zu unterstützen oder eben extra nicht. Der Unterschied kann schon eklatant geraten, weil man – falsch gerechnet – nur mühsam über Grund, oder aber mit Schussfahrt von 10 kn unterwegs. Manch ein Segler hat in der Grimmershörner Bucht bei Cuxendorf vor Anker auf den Tidenwechsel warten müssen, weil er mit der Strömung zu schnell das Loch zum Hafen verpasste, weil er die Fahrwasserseite zu spät gewechselt und dann das „Aussteigen“ vergessen hat. Solche Ratschläge kosten: nix.

Warten auf ein Wetterfenster kann auf Vlieland langweilig werden, jedenfalls im Herbst, da hilft dann ein schneller Hinweis auf die Staande Mastroute, um ein wenig Sightseeing in A´dam mit sicheren Tagen im Landschutz zu unternehmen, gleichwohl trotzdem Meilen gut zu machen, um sodann bei Ijmuiden wieder auf der Nordsee mitzuspielen. So vergingen die Tage. Dieppe, Dunkerque, Fécamp, Cherbourg, die Jambalaya ist flott vorangekommen. In Cherbourg allerdings habe ich die Damen auf Wilfried verwiesen, der ihnen die Feinheiten seines Hausrevier in Wort und Schrift vor Augen geführt, um sicherzustellen, dass eine kleine Bianca ohne Kratzer oder Dellen in Rumpf und Seele die Bretagne auf dem Weg nach Süden passieren kann. Eine kleine Rundfahrt um Alderney herum, dann wurde Kurs auf Roscoff abgesetzt. Die Luft war günstig, denn sie ist stehengeblieben, die Biscaya hatte sich zum Schlafen flach gelegt. Das war die grosse Chance, mit Hilfe einiger Reserve Kanister bis nach Spanien zu gelangen, der Motor noch neu, hat keine Zicken gemacht.

Es sollte rasant weitergehen, nun allerdings unter weissen Flügeln.

Am 12.10.2023 schreibt Wilfried diese Mail:

Moin Peter,
Jambalaya: Das hat nun nichts mehr mit Mut und Eiern zu tun, sondern ist purer Leichtsinn, heute Morgen bei 25 Kn Südwind  mit 2 Kn Fahrt auf Südkurs an Muxia und Camarinias (sehr gute Schutzhäfen selbst bei echtem Sturm aus SW) vorbeizusegeln (vermutlich eher motoren) und in 6-7 Stunden in der ersten Front eines neuen Tiefs 30 Knoten auf die Nase zu bekommen, möglicherweise und wahrscheinlich bevor das Cabo Fisterra passiert ist. Im Fischerhafen von Fisterra gibt es einen neuen Steg mit Platz für 4 Yachten, der auch bei Starkwind aus S oder SW Schutz bietet, aber da muss man erstmal hinkommen. Ich habe Sorge, dass sie das nicht schafft.
Falls Du eine Möglichkeit siehst, Luca davon zu überzeugen, dass sie schnellstmöglich abfallen sollte mit Ziel Muxia, dann mach das. Ich glaube auf Dich hört sie eher als auf mich.
Besorgter Morgengruß aus Kerhouet
Wilfried

Klar habe ich auf der Stelle reagiert:

Guten Morgen auf See, besorgte Gruesse aus Hamburg und der Bretagne, in wenigen Stunden werden Sie in eine unschoene Front geraten, die fuer eine Bianca 27 alles andere als ein Vergnuegen sein koennte. Sie sollten dringend Kurs aendern und sich in Sicherheit bringen und nach Muxia ablaufen. Das zumindest waere ein Rat zweier angegrauter Maenner.
Good Luck
Wilfried Krusekopf
Peter Foerthmann

Kurze Zeit später die Entwarnung von der Jambalaya

Vielen Dank! 
Habe schon gerefft und gedreht! 
LG und vielen Dank, Luca 

Wenig später am gleichen Tage dann Wilfried:
Buenas … nach Hamburg und Muxia,
Mein Spionageteam hat soeben das Beweisfoto übermittelt, dass Luca tatsächlich in die Bucht von Muxia eingelaufen ist.
Gut so, denn heute Nacht zieht eine böse Front von SW durch. Am Samstag wäre – so wie es aussieht – der nächste Schlag bis Fisterra oder Muros möglich, bevor am Sonntagabend erneut Starkwind aus SW einsetzen wird.
Der Fischerhafen Fisterra hat einen kleinen Steg für etwa 4 Yachten am Nordrand des Hafens, läuft allerdings etwas Schwell rein. Besser ist Muros. Ideal in jeder Hinsicht: Schutz, Platz, Einkaufen, netter Hafenmeister Pedro, sein Assistent ist Süd-Deutscher. Luca, grüß Pedro mal von GWENAVEL. Vielleicht erinnert er sich auch besser an meine Frau Thérèse als an mich.
Mit besten Seglergrüssen aus der Bretagne
Wilfried
Zwischen den harten Winden ist die Jambalaya bis nach Figueira da Foz vorgerückt, wo die Damen die harten Fronten abgesessen haben. Heute nun sind sie dort ausgelaufen, um weiter nach Süden zu kommen.

Und nun legen wir uns gemeinsam auf die Mauer auf die Lauer und hoffen auf eine störungsfreie Weiterfahrt der Damen …

Daumendrücken kostet nix.
Wilfried Krusekopf
Peter Foerthmann
07.11.2023