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Vier Wochen allein in den Bergen (4): Ins Tal. In die Zivilisation. Warum wir uns mühen.

 

Was braucht man nun wirklich im Leben? Die Berge? Die Einsamkeit? Oder die Zivilisation? Mein unfreiwilliger Ausflug nach 10 Tagen hinunter ins Tal bringt die Antwort.

Gestern morgen schnitt ich mein letztes Stück Brot auf. Meine Vorräte, die ich vor 10 Tagen auf meinem Rücken herauf getragen habe, sind fast aufgebraucht. Ich bin sparsam mit dem Brot gewesen, es hat immerhin 10 Tage gereicht. Aber nun ist es weg. Ein mulmiges Gefühl ist das schon, zu wissen: Dies ist das letzte Stück Brot.

Der Joghurt ist längst alle. Obst und Käse auch. Das letzte Scheibchen Südtiroler Speck ging mit dem Brot drauf. Ich sollte ins Tal gehen und mir neue Vorräte besorgen, will ich demnächst nicht von dem Glas Einmach-Gurken im Vorratsschrank und einem alten Rest Erdbeermarmelade im Kühlschrank leben.

Als ich die Hütte abschließe, das zweite mulmige Gefühl an diesem Morgen. Mir ist mulmig, mich aus meiner schützenden Höhle heraus zu begeben und irgendwo ins Tal hinunter zu steigen. Wieso verlässt du deine schützende Hülle? Wozu eigentlich? Wäre nicht mein Termin heute unten mit Pauli Trenkwalder, einem Südtiroler Bergführer und Psychologen, wer weiß: Ich wäre oben geblieben.


Auf dem Weg folge ich der Skipiste. Sie ist steil. Ich denke daran, wie das war, als ich zum ersten Mal vor 10 Tagen einkaufen ging. Ich hatte meine Zahnbürste vergessen und stieg zweieinhalb Stunden nach St. Andrä ab. 1.000 Höhenmeter, um eine Zahnbürste zu kaufen. Das war eindeutig zu viel für einen Neuling. Untrainiert, wie ich war, konnte ich die folgenden drei Tage vor lauter Muskelkater die kleine Treppe in der Hütte zu meinem Matratzenlager nur noch rückwärts gehen. Erst als ich mich zwang, am nächsten Tag eine kleine Tour zu machen, legte sich der Schmerz im Oberschenkel. So schlimm wird es diesmla nicht werden.

Ein Eichhörnchen huscht vor mir über den Weg  und fegt wie der Blitz eine Lärche hinauf.. Schön wie ein Hermelin, dunkelbraun mit schneeweißem Bauch Der Himmel wird grau, je länger ich gehe, kleine Tropfen fallen. Es ist warm für meine Verhältnisse hier oben, 13 Grad zeigt das Thermometer, als ich den Schlüssel im Schloss drehte. 300 Höhenmeter weiter unten zeigt das Thermometer an der Liftstation sogar 15 Grad. Was für eine Wohltat. Ich ziehe meinen dicken Pullover aus, als ich das Bushäuschen erreiche.
Das mit der Wärme sieht eine junge Italienerin im Bushäuschen ganz anders. „E freddissimo“, haucht sie, ‚Wie saukalt ist das denn?‘ Das kenne ich. Ich habe Sizilianer erlebt, die sich auf ihrer Insel an Weihnachten bei 18 Grad bibbernd in ihre Anoraks schmiegten. „E freddissimo“ ist eine Art, mit anderen ein stilles Einvernehmen herzustellen. Eine Verbindlichkeit, wie sie jeder Brite äußert, der aus dem Hotel tritt und einem ebenfalls Wartenden ein „Lovely Evening, isn’t it?“ entbietet. Ein Gesprächsangebot – und in Italien eine Art nationaler Übereinkunft über die Unhaltbarkeit der Dinge in diesem Land. Früher hatte ich keinen Sinn für Floskeln und Verbindlichkeiten, Andal, mein Freund fürs Leben, Rheinländer, hat mir grund-grantigem Bayern wirklich die Augen geöffnet. Er weiß bis heute mehr über Verbindlichkeit als ich. Heute schätze ich Floskeln und Verbindlichkeit als das, was sie sind: Kleine Brückenbauer zum Mitmenschen. 

Während ich überlege, nun auch noch mein Flanellhemd zum Wollpullover in den großen Rucksack zu stopfen, weil mir so warm ist, endlich, nach den Regentagen, erzählt sie mir, dass sie im Hotel arbeitet. Dass das große Haus neben dem kleinen weißen Bushäuschen ja gar nicht das eigentliche Luxushotel sei, sondern lediglich die Unterkunft für die Angestellten. Mit Swimming Pool, vollverglastem Fitnessraum mit Blick auf die Geislergruppe. 

Nun ist es an mir, zu Staunen. Luxus für die Leute, die für den Luxus der Anderen zuständig sind? Wie clever ist das denn? Ich bin begeistert, wie fortschrittlich dieses Südtirol ist. Statt über den Mangel an Arbeitskräften in der Gastronomie zu klagen, baut man ihnen einfach ein Hotel als Unterkunft. Vielleicht kommen wir ja wieder dahin, als in den Nachkriegsjahren der Wohnraum knapp war und eine praktisch kostenlose Firmenwohnung fester Gehaltsbestandteil war. Wieder einmal erlebe ich dieses Südtirol als einen Landstrich, der unheimlich „auf Zack“ ist. 

Eineinhalb Stunden später sitze ich Pauli Trenkwalder gegenüber. Südtiroler auch er, in Sterzing in eine Bergretter-Familie hineingeboren. Er arbeitet heute als Bergführer und Psychologe. Geht mit Menschen, die Probleme haben, Führungskräften, die aus der Kurve flogen, einfach in die Berge. Hört zu. Und redet mit ihnen. 

Wie alle meine Interviewpartner für mein Buch bitte ich ihn Anfangs um ein Erlebnis in den Bergen, dass er bis heute nicht vergessen kann. Eine Sache, die ihm nicht aus dem Kopf. Er hat eine für mich, die ich atemlos mitschreibe. 

Wir sprechen fast zwei Stunden über Abenteuer in den Bergen und über die Ursachen falscher Entscheidungen. Pauli weiß kluge Dinge zu sagen über die Berge. Er weiß um den Wert des Widerstands, den wir in ihnen finden. Über den Wert dessen, dass ich mich heute Abend mühen werde, 10kg Lebensmittel eine Stunde die Skipiste hinauf in meine Hütte zu schleppen. „Am Berg handle ich oft gegen Widerstände. Muss die Zähne zusammenbeissen. Muss durchhalten. Muss mich in Geduld üben. Auch einmal demütig sein. Auch einmal scheitern. Gerade im gegen-den-Widerstand-erfolgreich-sein erfahre ich meine Selbstwirksamkeit.“

Das alles erklärt mir, was ich hier oben eigentlich suche. Ich will die unsichtbaren Kräfte, die mein Leben bestimmen, eliminieren, schrieb ich im vorigen Post. Und ich will den Widerstand spüren, den mir mein Rucksack entgegensetzt, wenn ich mein Essen selbst hier heraufschleppe, statt es mir von unsichtbaren Kräften vor die Haustür liefern zu lassen wie üblich in meinem Leben.

Nach unserem Gespräch hetzte ich im Bus zurück nach Brixen. Hetze durch den Supermarkt. Renne mit prallvollem Rucksack, um den letzten Bus vor Anbruch der Nacht auf die Plose zu bekommen. Als mich der Bus eine halbe Stunde später an meinem Bushäuschen ausspuckt, ist es kalt. Ich schultere mir den Rucksack und trabe los, in die Dämmerung hinein. Es wird schweißtreibend, mein Essen hier herauf zu buckeln. Brauchte ich neulich noch über eine Stunde mit Essensrucksack samt Computerausrüstung von der Busstation auf die Hütte, schaffe ich es heute in 42 Minuten. 

Nein, Zivilisation ist schon auch gut. Ich brauche die Einsamkeit. Aber die Menschen: Die brauche ich noch mehr.

Als ich auf der Hütte bin, trudeln von Susanne Guidera aus München via eMail die ersten Cover für das Buch ein, an dem ich arbeite. Es sind die allerersten Entwürfe. Ich bitte Euch um Feedback und Kritik – wer immer das liest. 

    

DGzRS-Rettung: Mastbruch auf Folkeboot – Zwei Segler mit zwei Kindern in Not

Die Seenotretter der Station Laboe haben die vierköpfige Crew eines manövrierunfähigen Folkebootes auf der Kieler Förde abgeborgen. Bei 7 Beaufort war der Holzmast gebrochen. Weiterlesen →

Avator 7.5 endlich da, größeres Modell unterwegs

Demnächst kommen stärkere Avator-Motoren aus der Produktion © Mercury

Avator 7.5 endlich da, größeres Modell unterwegs

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Ehrlichkeit von Buchautoren

MENSCH UND TIER
Der innere Schweinehund ist das Tier, das wir am besten kennen und wir akzeptieren, dass wir im Ringkampf mit dem Alter Ego nahezu regelmässig unterlegen sind – einfach, weil wir in der Zwiesprache mit uns selbst, ohne Gesichtsverlust ehrlich sind.

Die Ehrlichkeit

SV Bajka – Ela + Lukas Erni CH

PACIFIC INSTALLATION ON OVNI 435

Videos

SV Delph – Raphael Legrand FRA

SECOND TIME AROUND THE WORLD WITH AN OLD PACIFIC

Disassembling

SV Banny Blue – Bernd Beyer GER

KEIN BEIN BRUCH IN SARDINIEN
Moin Herr Förthmann, anbei die Bilder und ein Video zum Schaden. Meine Fragen:
1) Kann die Anlage weiter betrieben werden, ohne Schaden zu nehmen?
2) Was ist die mögliche Ursache für den Bruch? Gewalteinwirkung hat nicht stattgefunden.
3) Können Sie mir das Ersatzteil schicken, so daß ich den Bolzen wechseln kann.
Mit freundlichem Gruß
Bernd Beyer

Meine Atwort wenige später: Moin Herr Beyer, alles kein Beinbruch: offenbar hat sich die untere Inbusschraube. 301 losgearbeitet bzw. wurde lange nicht kontrolliert / festgezogen … sodass am Ende dann das Rohr 400 nach unten gerutscht ist. Einfach wieder an seinen Platz schieben … 301 festsetzen … und weitersegeln!
Allerbest
Peter Foerthmann
Lieber Herr Förthmann, ich bedanke mich sehr! Wenn es doch immer so einfach wäre …!
Danke für die schnelle Rückmeldung! Vorbildlicher Kundenservice!
Wo gibt es so etwas heute noch?
Sonnige Grüße von Sardinien!
Bernd Beyer

ORC-Worlds: Reichlich Wind, wenig Wasser, viel Arbeit auf den Booten, aber auch viel Spaß

Wind und Wasserstände machen es den ORC Worlds 2023 weiter schwer, im Fahrwasser zu bleiben. Sturmtief Zacharias hat sich festgesetzt, sorgt weiterhin für hohe Windgeschwindigkeiten und abfließendes Wasser aus der Kieler Bucht. Weiterlesen →

30.000 Schrottboote allein in Deutschland

Vier Wochen allein in den Bergen (3): Schlechtwetter ist kein Grund zum Trübsal blasen.

Es regnet. Die Kaltfront, die im Norden Sturm brachte, zieht nun auch über die Berge hinweg. Meine kleine Welt hier oben ist grau geworden. Grau in ihren Farben – doch längst nicht eintönig. Die Berge der Grupo delle Odle, der Geislergruppe, die ich Tag für Tag fotografiere, haben sich wehende Umhänge über ihre Schultern geworfen. Wilde Gestalten sind sie geworden, als würden selbst sie unter der plötzlich einbrechenden Kälte erschauern.

Dabei begann es harmlos. Erst wurden die Berge kleiner und kleiner unter dem, was sich über ihnen an dampfigen Gebilden zusammenbraute. Dann verschwanden ihre Gipfel in den Wolken, ich konnte zusehen






wie Wolken wie ein Vorhang über die Berge fielen und immer weiter sanken, bis der Regen einsetzte. Der erste Regenschauer, den ich erlebte, war nichts als ein feiner Spray, ein irischer Landregen, der nicht in hämmernden Tropfen niederfiel, sondern in feinen schwebenden Teilchen, als wäre ich nun mitten in den Wolken. In der Nacht begann der Regen zu rauschen.

Am nächsten Morgen war es kalt draußen. 3 Grad zeigte das Thermometer. Aber drinnen bleiben wollte ich nicht. Es zog mich nach draußen. Nein, keine Sonnenstrahlen mehr in der Kälte aufs Gesicht, nicht wie gestern beim Frühstück, über das ich unten schrieb. 


Stattdessen nun: Regen. Regen, der in dichten Vorhängen fiel und die Dinge verhüllte. Ich nahm mein Tablett, kroch unters Dach, wo mein Platz trocken war; und sah dem Regen zu. 

Vielleicht muss man erst sein Zuhause verlassen, um das zu können: Dem Regen zuzusehen, wie er fällt. Und in diesem Moment nichts anderes dabei zu müssen. 

Vielleicht muss man einen Ort wie diesen finden. 
Vielleicht bin ich auch noch nicht lange genug hier oben, um es eintönig zu finden. 
Vielleicht muss man auch einfach sein Zuhause verlassen, es einfach hinter sich lassen, um seine Welt einmal mit ganz anderen Augen zu sehen. „Die Abenteuer beginnen, wenn wir unser Zuhause verlassen“, steht als Motto über diesem Blog. Ich schrieb es 2014, als ich nach meiner Kündigung zu meiner ersten Einhand-Segelreise allein nach Antalya aufbrach. Es hat für mich nichts von seiner Richtigkeit verloren. Wir müssen immer wieder aufbrechen, wenn wir wachsen wollen. 

Vielleicht muss man auch nur für immer bleiben, so wie die Oberkaser-Mari, deren Leben ich in in einem meiner Bergretter-Bücher erzählte. Mit 18 verließ sie aus gekränkter Liebe das Tal und lebte allein oben auf einer Hütte unter dem Geigelstein oberhalb Sachrang, bis sie mit 80 Jahren dort oben starb. Ein Bergretter hat mir die Geschichte erzählt. Und ich glaube, dass sie sich keine Minute in diesem Leben gelangweilt hat oder gar gefürchtet. Selbst dann nicht, als eine Lawine ihre Hütte bis übers Dach verschüttete für Tage, dass nichts mehr zu sehen war davon, bis die Bergwachtler ihren First nach drei Tagen freischaufelten und sie den Kopf aus dem kleinen Firstfenster streckte mit nichts anderem als den Worten: „Habts an Durscht, Buam, vom Schaufeln? Do habts a Bier.“  

Doch irgendwann endet auch dieser Moment des in den Regen schauens. Mein Frühstück ist vorbei. Der Schreibtisch ruft, an meinen Bergretter-Geschichter weiterzuarbeiten. Noch schnell die Kamera geholt und versuchen, die Regentropfen hier oben zu fotografieren, wie sie leisen Glanz und Glitzer ins große Grau auf die Piniennadeln zaubern.

Es ist schön hier oben. Allein auf der Hütte. Selbst im Regen. Aber vielleicht ist auch das nur, solange man weiß, dass man nicht wirklich allein ist. Nicht allein im Leben. Nicht allein in den Bergen.

Und morgen früh? Da gibt es mehr. Vom Alleinsein in den Bergen.

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