Kategorie: Sonnensegler

Argostoli, Amsterdam, Wesel

Am 23. Juni habe ich Nomade in Argostoli abgeschlossen, nochmal alle neun!!! Festmacher kontrolliert und mich auf den Weg zum Flughafen gemacht. Einchecken, einsteigen, abheben und einen letzten Blick aus der Luft aufs Schiff werfen, welches nun knapp 3 Monaten mein Zuhause war.
Einige Stunden später war ich dann in Amsterdam und nach ein paar Zugfahrten bin ich schließlich am Abend in Wesel angekommen. Sabrina, Filou, meine Nichte, meine Eltern und Benno waren da und ich habe mich riesig gefreut, alle wieder zu sehen.

So richtig begeistert war ich von dieser Unterbrechung der Reise trotzdem nicht. Aber es gibt einiges in Deutschland zu erledigen und in den letzten Wochen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass bei dem Reisetempo der letzten Zeit, in Italien der finanzielle Ruin drohen würde. Hafengebühren jenseits der 100€, ja sogar jenseits der 200€ sind dort in der Hochsaison keine Seltenheit. Nicht pro Monat oder Woche, pro Tag!
Für die Hochpreisgebiete des Mittelmeeres gibt es noch, oder besser gesagt wieder, zu viele Baustellen. Der Zustand des Schiffs verbessert sich zwar stetig, aber es kostet eben Zeit. Auch, weil es unterwegs schwierig ist an entsprechende Teile zu kommen. Und wenn, dann dauert es lange. Das zieht wieder einen Rattenschwanz an Verzögerungen nach sich.
Ich komme einfach viel langsamer vorwärts, als ich mir das erhofft hatte und da muss ich ganz klar sagen, dass mein Plan viel zu optimistisch war. Das Wetter war zwar auch nicht gerade optimal, aber wann ist es das schon? Nomade ist einfach noch zu sehr Baustelle und das ist nicht gut.
Und jetzt sieht es eben so aus, dass ein Aufbruch gen Westen schlicht unsinnig wäre. Ohnehin ist mir im Moment ein wenig die Lust auf Sizilien vergangen, nachdem ich von fast allen Crews, die mir aus dieser Richtung  in den letzten Wochen entgegen gekommen sind, viel negatives gehört habe und in Argostoli unfreiwillig Bekanntschaft mit einer Art traditionellem sizilianischen „Way of Life“ gemacht habe, der in Filmen oft romantisch verklärt wird. Die Realität sieht anders aus und ist für Betroffene teuer, oder riskant. Teuer, wenn man zahlt, riskant, wenn man nicht zahlt. Und noch riskanter wenn man nicht zahlt und seinen Mund aufmacht.
Ich zahle also „nur“ nicht und halte zähneknirschend meine Klappe.
Allerdings bin ich enttäuscht, dass sich die Gerüchte, die man immer mal wieder hört, bestätigt haben. Und das 250 Seemeilen weit entfernt von Sizilien!
Aber egal! Kefalonia lasse ich mir nicht von ein paar Einzelnen vermiesen. Hier habe ich viele liebe Menschen kennengelernt.

Mittlerweile bin ich seit einigen Tagen in Wesel, habe letzte Dinge an Camino erledigt und arbeite unter anderem die Einkaufsliste für Nomade ab. Für die nächste Zeit stehen noch diverse Sonderanfertigungen fürs Schiff auf dem Zettel und Törnplanung muss auch noch gemacht werden. Es gibt ja nicht nur Sizilien…

Eine kleine Bilanz können wir nach 3 Monaten auch mal ziehen und eine Einschätzung für die Zukunft abgeben. Habt ihrs gemerkt? Ich hab „wir“ gesagt! Denn das ist ganz wichtig, auch wenn ich in letzter Zeit meistens im Singular geschrieben habe, Sabrina ist natürlich, auch wenn wir weit voneinander entfernt sind, immer mit involviert und arbeitet im Hintergrund an der Reise und für die Reise!

Also, Bilanz zuerst:

Knapp 3 Monate an Bord, davon drei Wochen zu zweit und knapp zwei Wochen zu dritt
4 Törns zu zweit, 6 Törns Einhand
280 Seemeilen im Kielwasser

Im Verhältnis von Strecke zu Zeit an Bord sieht man ganz gut, dass ich kaum vorwärts gekommen bin. Ich habe eben mehr am Boot geschraubt als ich segeln konnte.
Daran wird sich auch in nächster Zeit nicht viel ändern. Wenn ich bald wieder nach Argostoli fliege, werde ich eine Weile mit Reparaturen beschäftigt sein.

Und nun die Einschätzung zu Nomade und zur Zukunft:

Nomade war für uns ein Überraschungsei, aber das war von vornherein klar bei diesem Tausch. Jetzt haben wir mit ihr aber immerhin die ersten Seemeilen zurückgelegt und es hat auch Einhand funktioniert. Davor hatte ich wirklich Bammel und auch jetzt muss ich sagen, so eine große Ketsch Einhand zu bewegen fällt mir noch nicht leicht. Sie ist allerdings auch noch nicht wirklich optimal ausgerüstet, das darf man nicht vergessen.
Im Hafen kann ich Nomade trotz der Größe gut bewegen. Allein durch die hohe Masse bleibt für viele Manöver mehr Zeit. Nur Seitenwind bereitet manchmal Probleme. Da ist der gemäßigte Langkiel mit Bugspriet von allen Typen so ziemlich der mit dem größten Handicap. Während das Heck durch die große Lateralfläche in diesem Bereich wie festgenagelt im Wasser liegt, fehlt diese am Bug und lässt ihn entsprechend driften. Fast 15 Meter Länge über Alles können dann ganz schön viel sein, wenn das Hafenbecken eng ist und gewendet oder rückwärts angelegt werden muss, zumal Nomade über keinen ausgeprägten Radeffekt verfügt, den man nutzen könnte.

Die Seegängigkeit hat uns sehr beeindruckt. Besonders der Einhandtörn bei Windstärke 8 im Golf von Korinth ist mir immer noch lebhaft und vor allem positiv im Gedächtnis. Keine Bauchklatscher, kein Knarzen. Geschmeidig durch die Wellen gedampft ist sie, die Suncoast 42.
Vom bisherigen Handling unter Segeln waren wir ebenfalls sehr angetan, auch wenn längst noch nicht alles optimal ist.

Und das leben an Bord? Sabrina mag es, ich mag es! Trotz einer Raumaufteilung im Salon, die nicht nach unserem Geschmack ist, trotz provisorischem Campingkocher. Wir haben Platz ohne Ende. Hafenkoller? Fehlanzeige!
Das ebene Flushdeck ist ebenfalls etwas, das wir an Nomade schätzen. Es kostet zwar Höhe unter Deck, aber bei 42 Fuß Rumpflänge spielt das praktisch keine Rolle. Das Arbeiten an Deck auf See fällt dadurch allerdings wesentlich leichter, vor allem im Bereich des Großmasts.
Mit dem Center Cockpit haben wir genau das gefunden wonach wir gesucht haben. Wir fühlen uns in der Mitte des Schiffs pudelwohl. Gefällt uns viel besser als am Heck zu sitzen. Seekrankheit? Keine Spur!

Vor einigen Monaten waren wir uns noch unsicher, ob die Suncoast 42 die richtige Größe hat, oder nicht eine Nummer zu groß für uns ist. Man muss auch klar sagen, das man auf kleineren Booten ebenfalls gut leben und damit segeln kann. Jetzt wo ich mich so langsam an die Abmessungen gewöhnt habe, möchte ich den Raum und die Reserven in alle Richtungen jedoch nicht mehr missen.
Nomade hat das Potenzial dauerhaft auf ihr leben und mit ihr segeln zu können. Bis es soweit ist werden natürlich noch Jahre vergehen, das ist klar.

Ein Tag in der ARK

Nachdem ich die nochmals überarbeitete Genua wieder auf die Rollanlage gezogen habe, bin ich am Mittwoch auf die andere Seite der Bucht, nach Argostoli gelaufen, habe etwas Futter für Hunde und Katzen besorgt und mich in ein Taxi gesetzt. Nach einem kleinen Umweg, aufgrund eines Missverständnisses, haben wir es nach einer Weile bis ans andere Ende der Stadt geschafft und ich war wieder dort, wo so vielen Tieren eine Chance auf Leben gegeben wird.

Marina und Joyce waren natürlich auch da. Wir haben uns ein wenig unterhalten und als es wieder an die Arbeit ging, bin ich geblieben. Ich wollte den beiden wenigstens einen Tag etwas helfen. Zuerst habe ich mir allerdings „meine“ drei Welpen angeschaut. Sie sind jetzt (geschätzt) etwa 7 Wochen alt.
Als nächstes wollte ich wissen, was ich machen kann. Es gibt so viel zu tun, aber am dringendsten war, die Näpfe zu spülen und alle beschmutzten Handtücher und Decken von Hand zu waschen. Das war mein Job und am späten Nachmittag hatte ich dutzende Näpfe gespült und zwei lange Leinen voll Wäsche hängen.

Während ich noch mit Waschen beschäftigt war, wurden bereits die Hunde und Katzen gefüttert. Um die 100kg werden täglich benötigt, um alle satt zu machen. Manche bekommen auch spezielles Futter, so wie die Welpen und Marina kocht in einem riesigen Topf für die Tiere.

Die Hunde sind alle sehr entspannt und toll sozialisiert. Man merkt, dass es Ihnen hier gut geht. Aber kaum jemand sieht, wie viel Arbeit dahinter steckt und wie schwierig es ist, so eine Arche am leben zu halten. Marina, die ARK vor etlichen Jahren gegründet hat, muss nicht nur für die Hunde und Katzen da sein, sie organisiert, repräsentiert und hat auch noch damit zu kämpfen, das ganze Projekt zu finanzieren.
Und Joyce? Sie wollte eigentlich „nur“ 4 Monate bleiben und ist nun fast 2 Jahre als Freiwillige hier.

Es werden einfach immer mehr Hunde abgegeben und zu wenige abgeholt. Und deshalb werde ich auch nicht locker lassen, bis die drei ausgesetzten Welpen, die ich selbst im Hafen gefunden habe, ein neues zu Hause haben!
Einige von euch haben den letzten Beitrag bei Facebook geteilt und darüber habe ich mich sehr gefreut. Gemeldet hat sich bisher leider noch niemand. Ich suche also nach wie vor drei Menschen oder Familien, die einem der drei Kleinen ein zu Hause geben möchten.
Wer nicht selbst nach Kefalonia fliegen möchte oder kann, aber trotzdem gerne einen der drei Hunde aufnehmen will, kein Problem. Die ARK kann einen Flugpaten finden. Der Hund kann dann für 60 € mitfliegen und ihr selbst müsst nur nach Amsterdam zum Flughafen kommen, um ihn abzuholen.

Wer Interesse hat, schickt uns einfach eine Mail. Siehe Kontakt

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Welpenalarm

Eigentlich dachte ich, ich bin hier in Argostoli mit allem fertig. Immer wieder stellen wir auf unseren Reisen allerdings rückwirkend fest, dass wir nie zu lange an einem Ort waren, auch wenn man es in der Gegenwart manchmal anders wahrnimmt.

Vorgestern Abend war es schön ruhig. Im Gegensatz zu den Tagen davor endlich mal kein Schwell und kein Wind mehr. Ich wollte früh ins Bett, um nicht zu sehr aus dem Rhythmus zu kommen. Ich halte mich quasi auf Standby, falls doch mal irgendwann Wetter, Nomades Zustand und alles andere zusammen passen sollten.
Kurz nachdem ich in die Koje gekrabbelt war, hörte ich es. Erst ganz leise, dann immer lauter werdend. Ein Herz zerreißendes Winseln. Eindeutig ein Hund und gar nicht weit weg von hier. Dabei waren auf dieser Seite der Brücke bisher noch nie Streuner, seit ich hier bin.
Eine Weile habe ich mir das Gewinsel angehört.
Man könnte natürlich auch das Fenster schließen. So warm war es an diesem Abend nicht. Dann noch ein wenig Musik und schon ist die Welt wieder heil…

Also habe ich mich wieder aus der Koje gerollt, die Taschenlampe geschnappt und den Hafen abgesucht. Sehr weit musste ich nicht laufen und das Geräusch kam näher. Im Lichtschein der Lampe dann ein Schreck: Drei Hundewelpen!
Noch ganz klein und völlig verängstigt. Dem ersten Drang, sofort näher ran zu gehen, hat der Verstand einen Riegel vorgeschoben. Sofortiger Rückzug und zwar schnell. Denn es könnte ja sein, dass die Mutter auf Nahrungssuche und nur etwas spät dran ist. Dann sollten sie besser dort bleiben wo sie sind. Wirklich daran geglaubt habe ich zwar nicht, denn keine Hundemutter wird auf dieser Seite Futter suchen, wenn es das in Argostoli mit weit höherer Chance zu finden gibt.
Der abgelegene Platz, mit dem Auto wunderbar erreichbar, kurz nach Einbruch der Dunkelheit, passt eher zu folgendem Szenario: Ausgesetzt.

Trotzdem wollte ich nicht voreilig sein und bin deshalb lange wach geblieben. Hab sie winseln lassen und immer mal wieder von weitem geschaut wo sie sind. Weit weg sind sie nicht gelaufen und irgendwann lagen sie zusammengekuschelt auf der Pier und sind eingeschlafen. Da war es bereits 2 Uhr Nachts.
Mein Wecker hat dann um 6 Uhr geklingelt und der Entschluss etwas zu unternehmen stand bereits fest, sollten sie noch da sein.
Sie waren noch da und bereits wach. Haben ängstlich die Gegend um den Platz an der Pier erkundet. Als sie mich gesehen haben, fingen sie sofort an zu winseln und kamen auf mich zu gerannt. Locken musste ich sie nicht. Sie kamen freiwillig mit zu Nomade. Gezittert haben sie, obwohl es warm war.
Als erstes gab es Wasser und anschließend eine gute Portion kleingedrücktes Nassfutter. Zum Glück hatte ich noch eine Dose von Filou an Bord.
Nach dem Frühstück wurden sie etwas ruhiger. Aber sie haben trotzdem weiter ihre Mutter gesucht und gejankt. Die kleinen Würmchen standen völlig unter Schock.

Dass ich sie nicht behalten konnte war klar und auch nicht der Plan. Ich hatte die Hoffnung, sie in einer Auffangstation unterzubringen. Die Adresse hat mir Sabrina besorgt. Kurz nach 8 Uhr habe ich dort angerufen und einen Treffpunkt an der Brücke abgemacht. Dann sind wir langsam in die Richtung gelaufen. War gar nicht so leicht, denn für die Drei war ich offenbar bereits Ersatzmutter, an der man möglichst dicht dran bleiben muss.
Dann haben wir gewartet und ich hab sie mit beiden Händen so gut es ging abwechselnd festgehalten und gekrault.
Besonders der Kleinste von Ihnen hat das dringend gebraucht. Das Zittern und Winseln war sofort weg, wenn ich ihn gehalten habe. Keine Minute später hat er tief geschlafen. Auch die anderen beiden wurden schnell ruhig und entspannt.

Es hat dann doch etwas länger gedauert und ich wurde unruhig. Ob wir uns am Telefon vielleicht missverstanden haben, was den Ort angeht? Also habe ich einem Griechen mein Handy in die Hand gedrückt und darum gebeten, in der Auffangstation auf griechisch zu erklären, wo ich mich befinde.
Das war auch gut so, denn es gab tatsächlich ein Verständigungsproblem.
Wenige Minuten später hat die nette Dame mich gefunden. Wir haben die Welpen ins Auto gesetzt und ich war wieder allein. Am liebsten hätte ich alle behalten.

Kurz bevor sie abgeholt wurden.

Geschichte zu Ende?

Natürlich nicht!

Jetzt sind die Drei in der ARK, einer Auffangstation in Argostoli. Hunde und Katzen haben hier ein vorübergehendes zu Hause und werden von ehrenamtlichen Pflegerinnen betreut.
Damit erklärt sich dann auch die heile Welt der wenigen Streuner in Argostoli. Es gibt sie nicht! Denn es sind nur so wenige auf den Straßen, weil fast alle hier sind!
Hunde und Katzen, für die diese Arche nicht Endstation, sondern nur temporärer Aufenthaltsort auf dem Weg in ein vernünftiges Hunde- oder Katzenleben sein sollte. Das ist jedenfalls das erklärte Ziel.

Heute bin ich selbst in der ARK gewesen. Habe mir ein Taxi bestellt und gleich die 25kg Trockenfutter von Filou mitgenommen, die noch an Bord waren.

Was ich dort erlebt habe, hat mich schwer beeindruckt und als ich nach einer halben Stunde den Fußmarsch zurück zum Boot angetreten bin, hatte ich feuchte Augen.
In dieser Arche leben über 300 Hunde jeden Alters, sowie etwa 40 Katzen. Das Grundstück hat die Regierung zur Verfügung gestellt, alles andere wird von Helfern, den Pflegerinnen und über Spenden gestemmt.
Die Pflegerinnen, das sind Marina (aus Brasilien) und Joyce (aus den Niederlanden).
Ja, mehr sind da nicht! Diese beiden Frauen übernehmen den Großteil der Arbeit in der Arche. Ehrenamtlich! Zwei Frauen, die sich um mehrere hundert Hunde kümmern, die Gehege reinigen, sie füttern, mit ihnen spielen und sie pflegen.
Ich war beeindruckt, wie toll sie die Tiere versorgen und wie liebevoll die beiden so gut es geht, jedem Tier gerecht werden.

Nachdem ich mir alles angeschaut habe, ging es dorthin wo die ganz Kleinen untergebracht sind. Da waren sie, „meine“ drei Findelkinder und ich glaube, sie haben mich sogar wieder erkannt. Einmal noch habe ich sie auf den Arm genommen, dann kamen sie zurück in ihr kleines Gehege. Und dort warten sie nun. Warten auf jemanden, der sie wieder raus holt aus der Arche.
Ich denke, es dürfte klar sein, dass Sabrina und ich im Moment nicht noch einem Streuner ein Zuhause geben können.

Wie viele Leser haben wir? Schwer zu sagen, wie viele es wirklich sind. Zahlen sollten jetzt aber auch keine Rolle spielen, denn es geht nun darum, diesen drei Welpen eine richtig gute Zukunft zu geben.
Was meint ihr? Finden sich unter euch drei Menschen oder Familien, die in der Lage sind, einem Hund ein zu Hause zu geben? Für immer?

Falls jetzt der Einwand kommen sollte: „Aber der Aufwand und die Kosten…“

Ich kann euch beruhigen, so wild wird das nicht. Wir haben finanziell keine Hilfe für Filou angenommen und alles selbst gestemmt. Lange Unterbringung, Tierarztkosten, Reisekosten usw. und es hat uns nicht ruiniert.
Das würde bei den drei Kleinen ohnehin anders aussehen. Es kümmert sich ja bereits jemand um sie.

Ansonsten:
Transavia fliegt z.B. jeden Freitag von Amsterdam nach Argostoli. Hinflug, Rückflug und ein Ticket für den Hund kosten zusammen etwa 350€. Günstige Hotels findet man hier genug für ein paar Tage. Es gibt auch andere Möglichkeiten. Man muss nicht zwingend hier her fliegen. Aber man muss natürlich wollen!

Ich erwarte nicht viel von euch. Nur eine Kleinigkeit, diesmal: Teilt diesen Beitrag bitte bei Facebook und sprecht mit Menschen darüber, von denen ihr glaubt, sie wären die Richtigen für einen solchen Hund.
Und dann meldet euch bei uns, falls ihr ernsthaft glaubt, einem der Welpen eine richtig gute Zukunft geben zu können. Oder einem der anderen Tiere dort.

Und hier sind sie nochmal, übrigens alle drei Jungs:

Der mit dem kurzen Fell, als er noch bei mir am Boot war.

Der kleine mit dem längeren Fell.

Der Weiße, bei Joyce auf dem Arm.

Und falls ihr einfach keinen Hund aufnehmen könnt, aber trotzdem helfen wollt: Jede Spende hilft der ARK und wenn sie auch noch so klein ist. Schaut einfach mal auf der Website vorbei und macht euch selbst ein Bild, wer alles hinter dem Projekt steht:

ARK (Animal Rescue Kefalonia)

Und noch eine Möglichkeit zu helfen gibt es, die fast dringender ist als alles andere. Es werden ehrenamtliche Pfleger und Helfer gebraucht, damit nicht alles an Marina und Joyce hängen bleibt.

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Aller Anfang ist schwer und leicht zugleich

Diesmal nix mit segeln! Ist mir auch ganz recht so, denn Nomade und das Wetter bereiten mir mal wieder Kopfschmerzen. Darüber dann vielleicht im nächsten Beitrag mehr.
Es geht also diesmal um Filou und was in den letzten Wochen so in Wesel und Umgebung passiert ist.

Es gibt viele Gute und einige schlechte Nachrichten. Fangen wir mit den Guten an: Filou hat sich unglaublich schnell eingelebt und an seine neue Umgebung angepasst. Wir waren wieder einmal überrascht, wie schnell er lernt.
Da Sabrina ja bereits zwei Tage nach der Ankunft in Wesel wieder arbeiten musste, blieb auch nicht viel Zeit. Er musste also bereits kurz nach der anstrengenden Reise eine ganze Weile allein in unserer Wohnung bleiben. Das kannte er zwar bereits von Yanna, die ihn in Griechenland für uns eine Zeit lang gepflegt hat, aber hier war er jetzt ganz allein. Keine anderen Hunde mehr um ihn herum, was er schließlich von klein auf gewohnt war.
Natürlich war er nicht die vollen 8 Stunden allein, während Sabrina auf der Arbeit war, denn mein Vater geht seitdem jeden Mittag eine große Runde mit ihm und schaut nach dem Rechten. Das hilft uns jetzt, wo ich nicht da bin, sehr.
Ansonsten trägt Filous Rhythmus dazu bei, dass es überhaupt keine Schwierigkeiten gibt. Er ist schließlich Grieche! Nach dem Frühstück und der großen Runde mit Sabrina, verschläft er fast den ganzen Tag und wird erst abends wieder richtig munter. Das zeigen die Aufnahmen der Kamera, mit der Sabrina ihn in den ersten Tagen überwacht hat, um auf eventuelle Probleme reagieren zu können.
Sein Schlafrhythmus ist uns ja bereits in Athen im Bordalltag aufgefallen. Dort ist er immer am frühen Vormittag in sein Bett in der Achterkabine gekrabbelt und hat Siesta gemacht. Fast den ganzen Tag.

Filou zu Besuch auf Camino.

Mit dem Hund meiner Eltern versteht er sich prima. Sorge hatten wir da zunächst auch nicht wegen Filou, der kommt geprägt durch seine Sozialisation auf der Strasse sowieso mit jedem Hund aus, wir wussten allerdings nicht, wie Benno reagiert, wenn ein anderer Hund in sein Revier eindringt. Aber auch das verlief völlig unspektakulär. Benno hat sich über Filou gefreut wie ein kleines Kind, das etwas zum Geburstag bekommt. Man musste am Anfang eher aufpassen, dass er Filou nicht mit spielen überfordert, denn Benno ist ein ziemlich aufgeweckter Lagotto Romagnolo.

Und draussen? Da gab es für Filou viel zu entdecken. Saftiges, kühles Gras kannte er bisher so noch nicht. Dichter Wald war auch völlig neu für ihn und der Umgang mit den vielen Hunden an der Leine war ebenfalls etwas kaum bekanntes. Er war schließlich Streuner. Ein Freigeist und Mitglied in einem großen Rudel. Aber auch solche Begegnungen verliefen harmonisch.
Immer wieder waren Leute von seiner entspannten Art angetan und ich musste an einen wunderbaren Hund denken, den wir vor einiger Zeit in Royan kennengelernt haben.



Die Eingewöhnung in den Alltag war also unglaublich leicht. Auch der erste Besuch bei unserer Tierärztin war unspektakulär. Nur Filous Gesundheitszustand hat uns noch Kopfzerbrechen bereitet. Denn trotz bestem Futter wollte er nicht zunehmen. Im Gegenteil, er hat wieder Gewicht verloren und musste sich so manches mal übergeben.
Wir hatten uns ja bereits gefragt, warum er in der Zeit bei Yanna, trotz guter Versorgung, kaum zugenommen hat. Aber sein gesamter Verdauungsapparat hat sich von der Zeit als Streuner einfach noch nicht vollständig erholt. Er bekommt nun Medikamente und Sabrina hat Kiloweise Möhrensuppe für ihn gekocht, um unterstützend seinen Magen und Darm wieder in Ordnung zu bringen. Gestern dann der erste Erfolg, nachdem er eine Woche lang sehr gut gefressen und sich nicht mehr übergeben hat. Filou hat 100 Gramm in einer Woche zugelegt. Leergewicht nun: 21,4kg


Darauf steht Filou total.

Erst jetzt im Nachhinein merkt man, wie knapp das für ihn im Winter in Kilada ausgegangen ist. Ich möchte nicht wissen, was er sich da so manches mal aus den Mülltonnen raus geholt und in den Magen gestopft hat, um irgendwie den Hunger zu lindern und über die kalten Winternächte zu kommen.
Denn bereits Yanna und die Tierärztin in Kapandriti haben ja seit Ende Januar viel an seinem Gesundheitszustand gearbeitet, aber erst jetzt, im Juni sehen wir so langsam das Licht am Ende des Tunnels. Nun hoffen wir, dass er kontinuierlich zulegt und kräftiger wird, denn eine weitere Baustelle muss noch angegangen werden.
Sabrina war vor ein paar Tagen mit ihm bei einer Zahnärztin für Tiere, denn bei genauem hinsehen ist ihr aufgefallen, dass im Oberkiefer ein Zahn abgebrochen, sowie am Fangzahn im Unterkiefer großflächig der Zahnschmelz abgesplittert ist. Vermutlich hat er da mal beim Müll durchstöbern auf etwas extrem hartes gebissen.
Der Zahn im Oberkiefer ist leider nicht mehr zu retten, denn die Bruchstelle sitzt zu tief, um das mit einer Krone sicher wieder aufzubauen. Würde man den Zahn nicht ziehen, bekäme er dort früher oder später Zahnschmerzen. Also muss dieser Zahn leider entfernt werden. Es wird ihn zumindest nicht behindern.
Der Fangzahn kann zum Glück wieder repariert werden. Dort trägt Sabrina in den nächsten 4 Wochen zweimal täglich ein spezielles Gel auf, um den Schmelz zu stabilisieren und danach wird dort, so wie man es auch beim Menschen macht, mit einer Schicht aus Kunststoff verblendet.
Da man die OP an den beiden Zähnen allerdings nur unter Vollnarkose machen kann, werden wir noch einige Zeit warten müssen. Denn die Zahnärztin hält einen solchen Eingriff in seinem jetzigen Zustand für viel zu riskant. Er muss erst wieder richtig kräftig sein.

Hier sieht man den abgesplitterten Zahnschmelz und den abgebrochenen Zahn im Oberkiefer.

Dann gibt es noch etwas interessantes zu Filous geschätztem Alter zu berichten. Laut seinem Pass ist er jetzt etwa 13 Monate alt. So hat ihn die Ärztin in Kapandriti geschätzt. Auch unsere Ärztin hat ihn auf ebendieses Alter anhand der Entwicklung seiner Zähne geschätzt. Sie meinte sogar, eher etwas jünger.
Alles Paletti, sollte man nun meinen, aber weit gefehlt. Denn ich kenne jemanden, der hat ihn bereits 2016 im Januar schon in Kilada gesehen. Wäre Filou jetzt 13 Monate alt, dann würde das absolut nicht zusammen passen. Im Januar wirkte er auch auf mich sichtbar älter als ein Hund von etwa 7 Monaten.
Wir können uns das nur so erklären, dass er bedingt durch das schlechte Futter aus den Mülltonnen, eine so langsame Entwicklung durch gemacht hat, dass sein Gebiss dem eines Hundes im Alter von etwa 13 Monaten entspricht, er aber bereits älter ist. Der wahrscheinlichste Geburtszeitraum für ihn müsste daher der Sommer 2015 sein.
Und deshalb haben wir uns nun darauf geeinigt, dass Filous Geburtstag der 1. August 2015 ist und an dem Tag gefeiert wird.

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Schönes Land trifft schönes Meer

Nachdem vor einigen Tagen Nomade startklar für die Überfahrt nach Italien war, jedoch kein gutes Segelwetter in Sicht, habe ich mir einen Roller ausgeliehen. Bei „Ainos Bicycle Store“ bin ich gelandet und konnte für 20€ einen 150er Roller für einen Tag bekommen. Toller kleiner Laden, sehr netter Besitzer und ein gut gewarteter Roller. Ich war 9 Uhr morgens dort. Wann ich den Roller am nächsten Tag wieder zurück bringen soll, wollte ich wissen. „Egal, wann es dir passt. Ich bin morgen sowieso erst wieder nachmittags da. Wirf den Schlüssel einfach dort in den Briefkasten.“
Typisch griechisch entspannt. Das gefiel mir gleich und so bin ich los, mit etwas Proviant und meinem Reiseführer von 1994 im Rucksack, den ich tags zuvor überflogen hatte.
Das erste mal seit über 10 Jahren kam so etwas wie Motorradfeeling bei mir auf und ich war froh, einen 150er statt der kleinen 50er Roller bekommen zu haben, die man hier sonst für 20€ haben kann. Also ging es nach einem schnellen Einkauf bei Lidl (wenn man schon mal ein Fahrzeug hat) die bergige Straße ins Landesinnere hinauf. Ich wollte unbedingt auf den Ainos, den höchsten Berg der Insel.

Mit dem Roller unterwegs.

Die Straße in Richtung Sami, einem Ort auf der Ostseite der Insel, ist gut ausgebaut. Irgendwann biege ich rechts ab und der Asphalt wird schlechter. Die Strasse ist sehr schmal und führt in Serpentinen immer weiter hinauf ins Gebirge. Erst 500 Höhenmeter, dann 1000 und es wird deutlich kühler. So kühl, das ich trotz Pullover und meiner Offshore Segeljacke fröstel. Ich wünsche mir Handschuhe.

An manchen Stellen der Strecke versperren Kies und Felsbrocken der letzten Erdrutsche Teile der Straße, aber man kommt noch gut daran vorbei. Im Gegensatz zu den Palmen an der Küste stehen hier Pinien und Tannen dicht an dicht. Überall Moos und einzigartige Vegetation. Sogar eine kleine Herde seltener Wildpferde soll es hier noch geben. Ein krasser Gegensatz zur warmen, trockenen, mit Palmen bewachsenen Küstenregion.
Auf den letzten Höhenmetern vor dem Gipfel muss sich der Roller etwas quälen. Man spürt deutlich den Leistungsverlust durch den geringeren Sauerstoffgehalt in der Höhe und hier oben ist es nun richtig kalt. Dann noch ein, zwei Kurven und ich bin angekommen, auf dem Gipfel. 1.628 Meter über dem Meer und das spürt man hier so deutlich wie auf keinem anderen Berg, den ich zuvor besucht habe. Ich stelle den Roller ab und gehe ein Stück auf dem Wanderweg. An einigen Stellen neben diesem Weg geht es fast senkrecht hinunter und mehr als eineinhalb Höhenkilometer unter einem, das Meer. Ein atemberaubender Anblick und mit einem Foto nur schwer festzuhalten!

Die Abfahrt zurück zur Verbindungsstrasse nach Sami lag schnell hinter mir. Es wurde wieder wärmer und nach wenigen Kilometern war ich an meinem nächsten Ziel. Die Tropfsteinhöhle von Drogarati. Eine etwa 150 Millionen Jahre alte Höhle, gespickt mit Stalaktiten und Stalagmiten und von beeindruckender Akustik. Früher wurden hier oft Konzerte gegeben. Heute bin ich völlig allein in dieser großen Höhle. Kein anderer Besucher ist hier. Und das Ende Mai. Die Insel wird zwar von Touristen besucht, allerdings nicht von Massen eingenommen. Ich habe auf meinen Streifzügen nicht eine einzige Bettenburg gesehen.

Und so geht es nach dem Rundgang durch die Drogarati Höhle weiter nach Sami, dem hübschen Küstenort an der Ostseite, mit seinem kleinen Hafen. Hier liegen deutlich mehr Segelyachten als in Argostoli. Ich mache ein paar Fotos und fahre zügig weiter. Der nächste Höhlenbesuch steht auf dem Programm. Die Tropfsteinhöhle von Melissani ist völlig anders als die in Drogarati. Die Höhle ist zum Großteil mit kristallklarem Wasser gefüllt, das Dach bei einem der Erdbeben eingestürzt. So fällt in den ersten Teil Tageslicht ein und illuminiert das Wasser türkis.
Man wird mit einem kleinen Ruderboot durch die Höhle gefahren und ich habe das große Glück, von einem Pärchen aus den Niederlanden begleitet zu werden. Die beiden sind Musiker und geben in der Höhle spontan ein beeindruckendes Minikonzert, vor einer Kulisse, in der vor fast Dreitausend Jahren dem Hirtengott Pan gehuldigt wurde.
Unser Skipper lässt sich kurz darauf nicht lumpen und stimmt gleich noch ein griechisches Volkslied an. Gänsehautfeeling!
Wir wären alle Drei am liebsten im Boot sitzen geblieben und die Runde gleich noch einmal gefahren.

Der unterirdische Bootsanleger in Melissani

Kristallklares, 15m tiefes Wasser in Melissani

Nach dieser Tour in einem der Holzboote, die noch dieselben sind wie in meinem alten Reiseführer, fahre ich weiter an der Küste nach Norden entlang. Vorbei an unzähligen kleinen Stränden, an denen entweder niemand ist, oder ein Pärchen einen ganzen Strand für sich hat. In dem kleinen Küstenort Ajia Evphimia biege ich wieder nach Westen ab, denn der Tag neigt sich bereits dem Abend zu. Ich komme vorbei an beeindruckenden Küstenabschnitten und durch beschauliche Dörfer. So wenig Leerstand, wie hier auf Kefalonia, habe ich bisher in Griechenland noch nicht gesehen. Vieles ist hier noch intakt. Wirtschaft und Tourismus scheinen gut zu funktionieren. Einiges erinnert mich an das Kreta von vor fast 2 Jahrzehnten. Die Menschen sind hilfbereit und entspannt. Keine Streitereien unter den Fischern im Hafen, wie ich es in letzter Zeit oft in anderen Orten mitbekommen habe und kein Palaver. Selbst die (wenigen) Streuner sind hier wieder so entspannt wie in Kilada und im Laden meines Rollervermieters wurde ein ganz winziger von ihnen mit der Flasche gefüttert.

Am Abend bin ich wieder zurück bei Nomade und stelle den Roller nebens Boot. Am nächsten Tag, gegen Mittag, tanke ich die „Maschine“ voll, stelle sie vor den Laden und werfe den Schlüssel zusammen mit einer Kleinigkeit in den Briefkasten. Ich schicke Nico (ja, mein Vermieter hat den gleichen Vornamen wie ich) eine SMS, dass der Roller wieder zurück ist und schlendere gemütlich durch Argostoli in Richtung Brücke.
An einem der Obstläden decke ich mich für knapp 3 Euro mit Früchten für mehrere Tage ein und beobachte danach noch eine Weile die Caretta Caretta Meeresschildkröten an der flachen Brücke zur anderen Seite der Bucht.

Fussgängerbrücke nach Argostoli

Ja, Kefalonia hat es mir angetan und ich denke mir so manches mal, wenn ich als einziger dort stehe und bis zu 8 !!! dieser faszinierenden Schildkröten ihre Runden drehen und das saftige Seegras der Bucht abweiden: „Gut, dass diese Insel noch nicht überrannt wurde.“
Kefalonia tut dieser sanfte Tourismus gut. Das Preisniveau ist inseluntypisch niedrig, vieles noch intakt und mein Reiseführer von 1994 hat ebenfalls noch gestimmt. Die Fotos darin hätten auch von heute sein können. Nur die Palmen in Argostoli sind heute etwas größer als damals.

Dabei habe ich hier nur an der Oberfläche gekratzt. Man könnte wochen- oder monatelang diese Insel im Ionischen Meer erkunden. Könnte die Schildkrötenstrände im Süden besuchen, von denen kaum jemand Notitz nimmt (fast alle fahren deshalb nach Zakynthos), die alten Zeus Tempel und uralte Klöster besuchen oder sich einfach an einen der unzähligen einsamen Strände legen.

Nur allein wird das auf Dauer doch etwas einsam.

Kefalonia, für mich der bisher schönste Ort in Griechenland, den ich entdeckt habe. Und ich hoffe sehr, eines Tages mal zusammen mit Sabrina hier zu sein.

Wie es Sabrina und Filou in Deutschland ergeht, davon erzähle ich euch demnächst. Während ich an diesem Beitrag schreibe, sind die beiden gerade beim Hundezahnarzt.

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Schönes Wetter in Argostoli

Eigentlich kann ich mich hier überhaupt nicht beschweren. Ich liege in einem gut geschützten Hafen auf Kefalonia. Jeden Tag scheint die Sonne und ich laufe meist nur mit einer Badehose bekleidet herum. Daneben kostet der Liegeplatz für Nomade keinen Cent, ich habe hier meine Ruhe und die Insel ist für mich der schönste Fleck, den ich bisher in Griechenland entdeckt habe.

Man könnte also meinen das alles in bester Ordnung ist. Aber leider komme ich nicht hier weg seit Nomade startklar ist und so langsam nervt das. Denn ich bin ja nicht zum Urlaub machen hier. Ich will weiter nach Westen. Aber genau von dort kommt der Wind. Genau aus der Richtung in die ich segeln möchte.
Jetzt könnte man ja einwerfen: Na dann halt kreuzen!
Ja, darüber denke ich auch jedes mal nach, wenn ich die neuesten Gribfiles lade. Aber es sind 250 Seemeilen bis zum nächsten sinnvollen Hafen. Theoretisch ginge auch noch einer mit 190, aber davon hat mir ein Italiener, der sich gut auskennt, abgeraten. Die Einfahrt ist nur 2,50m tief und versandet ständig.
Ansonsten gibt es an der Stiefelspitze Italiens nix. Entweder segelt man direkt nach Reggio Calabria oder macht einen kurzen Stopp in Taormina oder einem Hafen an der Ostseite von Sizilien. Denn Reggio Calabria liegt bereits weit nördlich in der Strasse von Messina und da muss einiges zusammen passen, damit man sich dort nicht gegen Strom und Wind die Zähne ausbeißt.
Kreuzen würde die Fahrt auf etwa 3 Tage und Nächte ausdehnen. Für so eine lange Zeit ist das Gebiet für einen Einhandtörn allerdings zu stark befahren. An etwas Schlaf wäre im Prinzip nur in der ersten Nacht ohne viel Risiko zu denken, danach ist man schon wieder dicht an den Schifffahrtsrouten, oder kreuzt direkt in diese hinein. Es gibt Fähren, Kreuzfahrtschiffe, Frachtverkehr und eine unbekannte Anzahl überbesetzter Boote die von Süden kommen. Denn alle Schiffe die nicht von Frontex an der Überfahrt von Libyen nach Italien gehindert werden, zählt kaum einer. Aber es gibt sie und man kann sich nicht darauf verlassen, das die Steuermänner die Kollisionsverhütungsregeln kennen. Diese Schiffe werden ja nicht von Seeleuten gesteuert, sondern meistens von Menschen die sich die Überfahrt nicht leisten können. Die halten dann als Hilfsskipper ihren Kopf hin. Die Schlepper sitzen an Land und zählen zufrieden die Scheinchen, während die Flüchtlinge draußen auf maroden Schiffen um ihr Leben bangen.
Eine Kollision ist natürlich trotzdem unwahrscheinlich. Das schwierige wäre die Konfrontation mit einem Flüchtlingsboot in Notlage. Was macht man dann? Klar, Mayday funken und helfen. Aber wie? Mit einer winzigen Rettungsinsel und einem Schlauchboot? Auf so eine Konfrontation kann man sich nicht einmal gedanklich vorbereiten, denke ich. Das ist immer eine Katastrophe für alle Beteiligten, egal wie viele Schiffe dort helfen.

Alles nicht so einfach, auch wenn das Ionische Meer meistens ein sehr ruhiges ist.

Man könnte natürlich auch auf direktem Kurs gegen den Wind motoren um die Zeit auf See zu verringern, komme was wolle! Bei 250 Seemeilen allerdings irgendwie auch nicht wirklich prickelnd. Da würden einige Liter Diesel verfeuert werden.
Bei Flaute würde ich das vielleicht noch in Erwägung ziehen, wenn sonst nichts anderes in Sicht ist.

Oder mit halbem Wind hoch nach Korfu segeln. Da war ich heute morgen aus Frust kurz davor!
Aber was will ich in Korfu? Das wäre ein riesiger Umweg.

Wobei genau das zwei Yachten aus Frankreich so machen. In kleinen Etappen nach Korfu, dort rüber nach Italien und wieder nach Südwesten.
Ich habe trotzdem noch die Hoffnung, das irgendwann etwas anderes als Westwind einsetzt. Ostwind zum Beispiel, oder Nordost, oder Südost, oder Nordwind, oder Südwind, von mir aus sogar Flaute. Fast alles ist hier willkommen, solange es kein Sturm oder Westwind ist!
Dann könnte ich die Franzosen kurz vor Messina vielleicht noch abfangen, aber die Wartezeit drückt schon ein wenig aufs Gemüt. Zumal ich der einzige hier bin. Fast alle anderen Boote sind hier abgestellt und werden, wenn überhaupt, nur mal am Wochenende kurz besucht.
Andere Fahrtensegler sind hier auch keine. Die beiden Yachten unter französischer Flagge waren die einzigen, die ebenfalls ins westliche Mittelmeer wollen.
Wenigstens bin ich nicht zum rumsitzen verdammt, denn es gibt noch genug am Schiff zu tun. Und so schleife und lackiere ich hier und da und träume von einem Segeltörn übers Ionische Meer.

Nur heute nicht! Heute werde ich ein Buch lesen, von dem ich bisher noch nichts wusste. Es ist ein Geschenk von Sabrina und ich durfte es heute morgen auspacken.

Es erzählt die Geschichte eines Mannes, der mit einer alten Ketsch irgendwie nicht vorwärts kommt und am Ende trotzdem bis nach Australien segelt.
Das Schiff heißt Tagedieb und der Honigbär auf dem Foto wird Taugenichts genannt. Klingt sehr interessant und passend.

Danke Sabrina! Darüber habe mich wirklich sehr gefreut. :-)

Im nächsten Beitrag erzähle ich euch dann etwas mehr von meiner Trauminsel, Kefalonia.

Trizonia, Mesolongi, Argostoli

Trizonia, kurz vor Sonnenaufgang.Auf Trizonia wäre ich gerne noch einige Tage länger geblieben. Hier gab es zum ersten Mal seit langer Zeit eine richtig bunte Segler-Szene, mit allem was dazu gehört. Abenteurer, Aussteiger, Gemütlichkeit und natürlich auch etwas Zoff. Kein Wunder, wenn man lange dicht beieinander liegt. Aber wo gibt es den schon nicht. Mich hat er jedenfalls nicht interessiert.

Interessiert haben mich allerdings die Geschichten. Da war zum Beispiel Altan, der hier eine 20t schwere Segelyacht gekauft hat, allerdings noch nie zuvor gesegelt ist. Aber er kennt sich bereits auf See aus, denn er ist schon etliche Jahre mit Motorbooten unterwegs gewesen.
Seine Yacht hatte allerdings ein Problem, das Getriebe vom Saildrive war abgefallen. In Griechenland ist so ein Problem schwerwiegend, denn es gibt nicht viele Möglichkeiten, große Boote mal eben aus dem Wasser zu holen. Ich hoffe jedenfalls, dass er mittlerweile eine Lösung finden konnte und bald seine Heimat, einen Küstenort in der Türkei, erreicht.
Dann war ich noch zu Besuch bei Charlotte und Hans-Jörg auf der S/Y Cassiopeia Of Douglas. Ein ungewöhnliches, interessantes Berufsleben hat der sympathische Eigner einer Najad hinter sich. Als Kfz-Mechaniker angefangen, saß er nach vielen Zwischenstationen irgendwann im Cockpit eines Airbus A320 und hat den Jet auf Langstrecke geflogen. Heute ist er im Ruhestand. Und in Trizonia? In Trizonia habe ich ihn im Klettergeschirr in den Masttopp seiner Segelyacht gezogen. Dort musste er etwas reparieren. Luftaufnahmen hat er natürlich auch von dort oben mitgebracht.
Dann hatte ich noch Besuch von Heinz, der heute einen Katamaran segelt und Nomade sofort als Suncoast 42 erkannt hat. Denn vor vielen Jahren hat er selbst einmal versucht, eine Suncoast zu bekommen. Damals gab der Markt allerdings überhaupt nichts her.

Blick von oben: An Deck sind Charlotte, Altan und Nico. © Hans-Jörg Frömmer

Trizonia von oben. © Hans-Jörg Frömmer

Nach einigen Tagen, an denen ich nicht nur von Boot zu Boot getingelt bin, sondern auch wieder viel an Nomade geschraubt habe, gab es am 15. Mai einen günstigen Wetterbericht für die Fahrt nach Mesolongi.
Diesmal hat er auch gestimmt. Im Laufe des Vormittags setzte Nordostwind ein und ich bin mit viel Fahrt unter der Brücke von Patras hindurch gesegelt. Endlich lag der Golf von Korinth hinter mir. Der Rest des Törns war unspektakulär. Der Wind irgendwann wieder weg und die lange Fahrt den Kanal hoch bis Mesolongi sehr gemütlich. Hat mich ein bisschen an die Kanalfahrten in Frankreich erinnert.
In Mesolongi lag ich am Stadtkai. War mir irgendwie zu laut. Auch der ganze Ort hat mir wenig gefallen. Zwar überall wirklich nette Menschen, aber auch viel Palaver, laute Prollkisten und leider sehr viele Strassenhunde. Einige hatten Bisswunden, es gab ab und zu Zoff unter ihnen.
Der Schutz in Mesolongi ist allerdings perfekt. Durch den langen Kanal kommt absolut kein Schwell mehr im Hafen an. Das war es dann auch schon mit den Vorzügen. Also weiter!

Weiter nach Kefalonia, genauer, nach Argostoli wollte ich. Ich erspare euch die Details zum Wetter. Hat mal wieder nicht gepasst, aber egal, ließ sich trotzdem segeln und nach 59 Seemeilen war ich da, auf der größten griechischen Insel im Ionischen Meer.
Kurz nach meiner Ankunft, Sturm und Gewitter! Glück gehabt. Hätte ich an diesem Morgen ein paar Minuten länger geschlafen und einen zweiten Kaffee getrunken, es hätte mich schlimm erwischt. Selbst in dieser kleinen Bucht wurde es recht turbulent. Eine Yacht ist leider mit dem Heck auf die Pier geknallt und wurde unschön zugerichtet.
Nomade dagegen lag längsseits wie ein Fels in der Brandung da. Nur um die Fender habe ich mir wieder etwas Sorgen gemacht. Ist aber alles gut gegangen.
Nach zwei Nächten an der wirklich schönen und verhältnismäßig ruhigen Promenade in Argostoli, bin ich an den Verladekai gefahren und habe mir dort Diesel von einem Tankwagen bringen lassen. Anschließend habe ich Nomade auf die andere Seite der Bucht in eine aufgegebene Marina verlegt. Hier ist absolut nichts los. Kostet nichts, bietet nichts und Licht gibt es nachts auch keins. Hier kann ich mich in Ruhe um die letzten Reparaturen an Nomade kümmern und auf ein günstiges Wetterfenster für die nächste Etappe warten.

Das Fenderproblem für besonders scharfkantige Kaimauern ist nun auch gelöst. Habe einen alten Good Year auf einem der Müllhaufen gefunden! Loch rein gebohrt, Leine drum, fertig. Damit es keine unschönen schwarzen Reifenspuren an Nomade gibt, sind bereits Flächenfender an Bord. Die kommen dann zwischen Reifen und Bordwand.

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Videoupdate #39

Einhand Ablegen und Anlegen mit Nomade in Echtzeit. Alles dauert eben etwas länger.

Und was ist wenn Sturm ist

Ich selbst habe bisher noch keinen Sturm auf See erlebt. Nur mal Binnen, vor Anker, aber das ist eine andere Geschichte. Im Ärmelkanal und in der Biskaya hatten wir mit Eos auch mal Windstärke 7, aber eben noch keinen Sturm oder stürmischen Wind, der ja erst bei 8 Beaufort beginnt und bei 9 als „vollwertiger“ Sturm bezeichnet wird.

War mir ganz recht so und es durfte von mir aus auch noch lange so bleiben, denn die Erfahrungen mit Eos in der Biskaya bei Windstärke 7 waren mir eigentlich vollkommen genug.

Am 8. Mai bin ich, nach tagelangem warten in Korinth, morgens gen Westen gestartet. Ich hatte diesen Ort so satt! Immerhin war es in der Nacht vor dem anstehenden Törn einigermaßen ruhig. Vielleicht lag es auch daran, dass Nomade diese Nacht nicht das einzige Schiff hier war. Am Vorabend ist noch eine Ketsch aus Holland angekommen und eine Charteryacht.
Der Wetterbericht meldete 4 bis 5 Beaufort aus West, wie immer, hier im Golf.
Eigentlich fahre ich bei 5 Beaufort nicht raus, wenn es nicht unbedingt sein muss, denn wenn es blöd kommt, liegt der Wetterbericht auch mal 2 Windstärken daneben und es wird unangenehm. Erst recht fahre ich bei so einem Wetter eigentlich nicht raus, wenn ich das Revier nicht kenne, noch mehr nicht, wenn es sich um Gegenwind handelt und ganz bestimmt nicht, wenn es sich um den ersten Einhandtörn mit Nomade handelt. Aber da war eben Korinth und die Tatsache, dass es in den nächsten Tagen nicht besser wird.
Also raus hier und nur weg. Den Plan bin ich am Vortag X Mal durchgegangen und hatte einige Schutzhäfen und Buchten in der Karte markiert, falls es doch nicht klappen sollte und ich beidrehen müsste.
Die Holländer sind eine Weile vor mir raus und waren immer in Sichtweite, die Charteryacht direkt neben mir, alle mit gleichem Kurs: Galaxidi

Galaxidi, auch so ne Geschichte. Dass ich jemals wieder nach Galaxidi wollen würde, hätte ich vor über einem Jahrzehnt auch nicht gedacht. Damals, ich war gerade Anfang 20, habe ich dort auf der Mole gesessen, aufs Meer geschaut, und war schwer enttäuscht, weil mein Ersatzwehrdienst, den ich in diesem kleinen Dorf ableisten wollte, nicht geklappt hat und ich wieder nach Hause geflogen bin.
Und jetzt? Jetzt war das kleine Dorf plötzlich wieder mein Ziel.

In der Bucht stand immer noch unangenehmer Schwell vom Sturm am Vortag. Es dauert im Golf unheimlich lange, bis der sich ganz abgebaut hat. Vermutlich durch permanente Reflexionen an den steilen Felsküsten.

Anfangs klappte alles wunderbar. Es war fast windstill und ich kam mit etwa 6 Knoten unter Maschine gut voran. Als der Wind dann einsetzte, konnte ich sogar eine Weile die Genua setzen und hoch am Wind aufs erste Kap zu halten. Danach hatten wir den Wind wieder genau auf den Bug und das Segel wurde eingerollt.
Es dauerte auch nicht lange, da drehte der Wind schnell auf. So wie gemeldet.
Die Wellen wurden allmählich etwas höher, aber das machte Nomade nichts aus. Sie ist da durchgepflügt, als ob es keine Welle gegeben hätte. Die Charteryacht hatte zu dem Zeitpunkt bereits beigedreht, auf einen kleinen Hafen an der Südküste und es dauerte nicht lange, bis die Holländer vor mir auch plötzlich ihren Kurs auf diesen Hafen geändert haben. Da ist mir wirklich kurz das Herz etwas tiefer gerutscht. Sollte es da vorne jetzt etwa noch heftiger werden?
Kurze Zeit später wurde meine Frage beantwortet. Ja, es wurde heftiger. Erst 6, dann 7 und ich hätte zu dem Zeitpunkt genau das gleiche gemacht wie die Crew der Stahlketsch aus Holland. Nur hatte ich das Problem, Einhand unterwegs zu sein. Gegen den Gedanken an ein Anlegemanöver mit Buganker und Heckleinen in einem kleinen Hafen bei so viel Wind habe ich mich gesträubt. Das wäre wahrscheinlich schief gegangen. Zur Not wollte ich lieber vor dem Wind in eine der geschützten Buchten an der Nordküste ablaufen oder eben wieder zurück nach Korinth.
Aber jetzt schon aufgeben, wo Nomade das noch ohne Probleme schaffte? Also bin ich weiter in Richtung Galaxidi gefahren, bis es irgendwann wirklich nicht mehr ging. Mittlerweile hatte der Wind auf 8 Beaufort zugelegt und der Seegang wurde auch für Nomade zu stark um da genau im 90° Winkel rein zu fahren. Ganz gestanden hat sie noch nicht, aber wir sind nur noch sehr langsam vorwärts gekommen und es kam festes Wasser übers Deck, wenn sie mit dem Bug kurz in die ruppige See eingetaucht ist.
Also bin ich ein paar Grad abgefallen und habe Kurs auf das Kap Pagkalos gesetzt. Ich wollte versuchen, hoch am Wind bis kurz vors Kap zu fahren, um dann unter Landschutz nach Norden zu segeln und eine kleine Ankerbucht anzulaufen.
Das war noch ein weiter weg und ich war mir am Anfang auch nicht sicher, ob wir das schaffen können. Aber sie lag wunderbar stabil im Wasser. So ganz anders, als ich das von Eos bisher kannte. Keine Bauchklatscher, kein Gezappel und ich hätte nie gedacht, das ich jemals bei solchen Bedingungen einen Anflug von Freude hätte entwickeln können. Aber genau das passierte irgendwann, als mir absolut klar war, das Nomade mit diesen Bedingungen keine Probleme hatte. Im Gegenteil, es hat ihr überhaupt nichts ausgemacht und sie war nicht zu stoppen.
Manchmal, wenn sie in sehr steilen Wellen kurz mit dem Bug abgetaucht und das Wasser übers Deck und gegen die Scheiben geflogen ist, hatte ich sogar ein Grinsen im Gesicht. Denn das für mich überraschende an diesem Trip war, dass ich auch diesmal nicht seekrank geworden bin. Keine Spur von Übelkeit oder schlechten Gedanken! Nichts, nicht mal ein flaues Gefühl im Magen. Ich weiß es natürlich nicht sicher und ich will mich auch noch nicht zu früh freuen, aber ich denke, es liegt sehr viel am Schiff.
Nach ein paar Stunden waren wir endlich am Kap und ich war so zufrieden wie selten zuvor auf See, dass dieser Plan so aufgegangen ist. Der erste stürmische Wind und es hat problemlos funktioniert. Darüber war ich glücklich.

Erst kurz vor der Landspitze habe ich den Kurs nach Norden geändert und wenige Minuten später war Ruhe im Schiff. Der Wind hatte bereits eine Weile vorher wieder abgenommen und wir konnten die letzten Meilen ganz gemütlich durch den Golf fahren, bis zu einer kleinen abgelegenen Bucht, die gut nach Westen geschützt war.
Ich habe etwa 150m vorm Ufer geankert und hier übernachtet. Der Golf hat sich am Abend und in der folgenden Nacht allerdings weiter aufgeschaukelt. Irgendwann war der Schwell auch in dieser Ecke angekommen und hat Nomade ordentlich schaukeln lassen.
Am nächsten Morgen bin ich deshalb noch 5 Seemeilen weiter, bis in die geschützte Bucht von Antikyra gefahren, denn für diesen und den folgenden Tag war wieder sehr starker Wind gemeldet.
In Antikyra, dem kleinen Fischerdorf, gefiel es mir sehr gut. Freundliche Menschen, völlig entspannt und ein sehr hübscher kleiner Hafen. Anfangs stand auch noch kein nennenswerter Schwell hier drin, am Nachmittag wurde es aber immer heftiger und Nomade ist schwer ins rollen geraten. Trotz langer Festmacher und Wind, der uns von der Pier wegdrückte, ist sie irgendwann längsseits gegen die Mauer geschaukelt. Mit einem lauten Knall hat sich dabei einer der alten Fender verabschiedet. Wieder einer weniger. Jetzt habe ich noch 4 neue und einen alten.
Abends konnte ich Nomade dann um die Ecke herum an einen nahezu schwellfreien Platz verlegen und zwei ruhige Nächte verbringen.



Die Tage habe ich in Antikyra mit Reparaturen verbracht. Vor allem die Genua hat mir viel Arbeit und Kopfzerbrechen bereitet. Sie hat es leider hinter sich und ist wieder an mehreren Stellen gerissen. Das ist sehr schade, denn über 90% des Segels sind in sehr gutem Zustand und sie steht wirklich gut. Allerdings wurde sie während der langen Zeit an Land nicht von der Rollanlage genommen und die griechische Sonne hat das Achterliek verbrutzelt. Dort löst sie sich jetzt nach und nach auf.
Ich habe wieder mit Segeltape geklebt und viel genäht. Einsetzen kann ich sie aber definitiv nur noch bei wenig Wind. Ich hoffe, sie hält noch bis Frankreich durch.

Nach der langen Westwindphase sollte für den Donnnerstag laut Wetterbericht endlich mal ein paar Stunden Ostwind einsetzen und ich hatte die Hoffnung, dass der Volvo diesmal etwas länger still bleiben könnte.
Also bin ich wieder los und kurz nach dem Kap setzte dann, dreimal dürft ihr raten, ja, Westwind ein!
Gegen den Wetterbericht hier im Golf von Korinth war der Wetterbericht in der Biskaya ein Traum. Da habe ich mich manchmal schon fast beschwert, wenn die Windrichtung mal 20° daneben war, oder sich um 2 Windstärken verschätzt wurde. Hier kann man die Prognose selbst wenige Stunden vorher nur als vagen Anhaltspunkt verwenden. Nur eins ist fast immer sicher, egal was gemeldet wird: Der Wind kommt aus Westen!
Und die Stärke? Irgendwas zwischen 1 und 9. Ein Schotte, der hier schon Jahre segelt, hat mir in Kilada erzählt, dass er mal bei gemeldetem schwachen Wind raus gefahren ist und bei Windstärke 10 mit Hängen und Würgen in den nächsten Hafen kam.

Dieses Wetterphänomen mit seinen schnellen Wechseln und der Unberechenbarkeit liegt an der Form des Golfs und seinen hohen Bergen, auf deren Gipfeln auch jetzt im Mai noch Schnee liegt. Der Golf wirkt dabei wie eine Düse. Der Wind wird kanalisiert und beschleunigt. Thermik und lokale Unterschiede spielen dabei auch noch eine große Rolle und lassen die Vorhersagen ungenau werden.

Aber ich bin jetzt in Trizonia, einer kleinen Insel am Ende des Golfs. Hier gibt es ein aufgegebenes Marina-Projekt, das von Aussteigern und Abenteurern entdeckt wurde. Die Brücke von Patras konnte ich auch bereits sehen und hier warte ich nun auf ein günstiges Wetterfenster für die nächste Etappe durch den Golf von Patras und höre mir die interessanten Geschichten in dem bunten Hafen an.

Trizonia, Insel der Aussteiger und Abenteurer.

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Tage zum vergessen

Am 3. Mai haben wir früh morgens bei Flaute die Leinen in der Zea Marina gelöst und sind langsam aus dem Hafen getuckert. Filou war schon etwas aufgeregt und hat sich wohl gefragt, warum sich sein neues Zuhause plötzlich bewegt. Angst hatte er keine, nur neugierig war er und wir waren nach der ersten Anspannung schnell wieder gelassen und guter Dinge für den Törn nach Korinth.

Windstärke 2 bis 3 aus Nord war gemeldet. Darauf haben wir einige Tage gewartet. Ideale Bedingungen für Filous erste Seefahrt waren also zu erwarten. Die Realität sah nach einer Weile völlig anders aus. Zwar stimmte die Stärke zunächst noch, aber der Wind drehte kurz nach der verkehrsreichen Zufahrt auf Patras auf West! Exakt die Richtung, in die wir wollten.
Erst hatte ich noch die Hoffnung, dass es sich nur um eine Ablenkung am südlichen Kap von Salamina handelt, doch auch danach weiterhin Westwind und er drehte kontinuierlich auf.
Was Sabrina, mir und Nomade nichts ausmachte, wurde für Filou sehr unangenehm. Bei Windstärke 5 hatte sich der Gegenwind dann eingependelt, der Seegang wurde unangenehm ruppig und Filou schwer seekrank. Die Details erspare ich euch, aber es tat uns in der Seele weh, ihn so zu sehen.

Wäre der Platz in der Marina nicht wegen einer Bootsausstellung weg gewesen, wir wären wahrscheinlich wieder umgedreht. Andere Häfen hätten unsere Situation nicht wirklich entscheidend verbessert. Also hat sich Sabrina so gut es ging um Filou gekümmert, während ich versucht habe, die unangenehmsten Wellen so anzusteuern, dass Nomade nicht ganz so wild darüber springt. Eine Qual war das, ihn so krank und hilflos zu sehen. Wir wissen ja beide, wie schlimm Seekrankheit sein kann. Nur kann Filou, im Gegensatz zum Menschen, nicht wissen dass es auch irgendwann wieder vorbei ist.
Bis es soweit war, vergingen Stunden. Stunden der Anspannung und Zweifel. Irgendwann wurde es dann ruhiger. Der Wind war nach wie vor stark, aber der Seegang ließ mit jeder Meile Richtung Kanaleinfahrt wieder nach.
Dort angekommen, haben wir an der Pier festgemacht. Sabrina ist zur Kanalverwaltung gelaufen und hat sich um den Papierkram gekümmert, während ich mit Filou eine Runde gelaufen bin. Es ging ihm schnell wieder besser, bis zu dem Moment, als ein Rudel aus 6 Streunern, die ich nicht gesehen hatte, urplötzlich angerannt kam und sehr aggressiv reagiert hat. Ich hatte so eine ähnliche Situation schon mal mit dem Auto in den Bergen auf der Peloponnes erlebt, wo 3 Herdenschutzhunde ohne Vorwarnung das Auto angegriffen haben. Diesmal waren es 6 dieser großen Hunde und Filou bei mir an der Leine.
Er ist sofort losgerannt und ich bin, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, hinter ihm her. So schnell es ging, in Richtung Nomade. Filou und ich waren schneller als das Rudel. Am Schiff hatten wir etwas Abstand gewonnen. Ich hab Filou geschnappt, aufs Boot gehoben und der Spuk war vorbei! Aufs Schiff haben sie sich nicht getraut und sind wieder abgezogen.
Was für ein Schreck! Zum Glück ist nichts passiert.

Die Fahrt durch den Kanal konnten wir nicht genießen. Wir waren nur froh, dass die Situation so glimpflich ausgegangen ist und Filou im Kanal ruhige Bedingungen hatte.
Nach der Durchfahrt war es nur noch ein kurzes Stück bis zum kleinen Hafen in Korinth. Der Anleger klappte problemlos und es hat nicht lange gedauert, bis es Filou wieder besser ging.

Der erste Eindruck von Korinth und seinem Hafen war sehr gemischt. Die Steganlage vergammelt und von Booten verlassen, viel Müll überall und eine lautstarke Schlägerei zwischen Jugendlichen, kurz nach dem Ankommen.
Aber gut, nach ein paar Minuten sollte man keine Stadt beurteilen. Wir sind deshalb los gelaufen um uns etwas umzusehen. Filou bei uns an der Leine und wieder der Alte. Völlig entspannt und neugierig.
Nach wenigen Metern kam uns der erste Streuner entgegen. Laut war er, aber nicht aggressiv. Er hat kurz die Lage gecheckt, gezeigt wessen Revier das hier ist und alles war ok.
Also sind wir weiter. Tiefer in die Stadt, die so schmutzig war, wie bisher keine andere Stadt in der ich war. Nur in der Fußgängerzone ging es, ansonsten flog der Müll nur so durch die Gassen. Und es war sehr auffällig, wieviel mehr Männer hier unterwegs waren als Frauen. Keine Familien, keine Kinder, fast ausschließlich Männer. Männer, die offensichtlich nichts zu tun hatten. Doch, etwas hatten sie zu tun. Die Leute auf der Straße ganz genau zu mustern und an ihrem besonders coolen Gang zu arbeiten. Naja…
Eine Weile später, der nächste Streuner. Diesmal ein ruhiger Geselle, der bald wieder seines Weges gezogen ist.
Als wir bereits auf dem Rückweg waren ist es dann passiert. Ohne Vorwarnung oder den leisesten Ton wurde Filou von einem Streuner gebissen! So ein Verhalten habe ich noch nie bei einem Hund erlebt! Das Biest hat sich von hinten herangepirscht und hat ihn einfach in die Rute gebissen! Filou hat laut gejault, Sabrina hat ihn mit einem Ruck weggezogen und sich vor ihn gestellt. Der Streuner wollte bereits nachsetzen, da habe ich ihn laut angeschrien, einen Schritt in seine Richtung gemacht und mich gebückt, um etwas aufzuheben, was da gar nicht lag.
Es war ein Bluff, den mir mal jemand erzählt hat und ich hätte nie gedacht, dass er wirklich funktioniert. Aber der Hund hat unmittelbar den Kopf eingezogen und ist abgedackelt!
Warum? Weil er gedacht hat, ich hebe einen Stein auf, um ihn damit zu bewerfen. Das ist das traurige an der ganzen Situation. Denn so aggressiv dieser Hund auch war, so ist er vermutlich nicht von sich aus geworden. Das haben Menschen zu verantworten und sicherlich ist er mehr als einmal mit Steinen beworfen worden.
Wir drei waren jedenfalls bedient. Bedient von den Streunern, die hier ganz anders sind als in den gemütlichen Dörfern und bedient von Korinth, mit seinem Müll und der geladenen Grundstimmung.
Also ab zum Boot und zwischendurch Filous Rute untersuchen. Etwas geschwollen war sie an der Bissstelle, aber geblutet hat sie nicht. Der andere Hund hat allerdings sichtbar kräftig zugebissen.

Kurz vorm Boot, die nächste Überraschung. Drei Jugendliche haben sich auffällig unauffällig das Schiff angeschaut. Wir sind deshalb unauffällig vorbei geschlendert, um zu sehen, ob das nur Neugierde ist, oder etwas anderes dahinter steckt.
Es hat nicht lange gedauert, da war der erste auf dem Schiff. Mehr mussten wir nicht sehen, um zügig die Richtung zu ändern. Die drei hatten das mitbekommen und sind erschrocken wieder runter gesprungen. Gesagt haben wir nichts. Wir sind nur auf dem Steg stehen geblieben und haben sie an uns vorbei gehen lassen. Innerlich habe ich gekocht, aber was willst du in der Situation schon anderes machen. Die Jungs hatten die Köpfe jedenfalls fast auf dem Boden, als sie sich vorbei gemogelt haben.
Was für ein Scheißtag!

Der nächste Tag, der Donnerstag, sollte eigentlich ein ruhiger für uns werden, denn Sabrinas Flug ging am Freitag, sehr früh morgens. Durch Filous Seekrankheit mussten wir allerdings umplanen und es musste schnell gehen.
Ihn für die nächsten Etappen an Bord zu lassen, wäre eine schlimme Quälerei geworden. Denn der Golf von Korinth, durch den ich als nächstes muss, wird von Westwinden beherrscht, die nicht selten Sturmstärke erreichen. Auf ruhiges Segelwetter kann man hier nicht warten. Da sind 5 Beaufort gegenan fast schon Luxus. Also haben wir entschieden, dass Filou mit Sabrina nach Hause fliegen wird. Dieser Plan B stand von vornherein fest, sollte er nicht seefest sein. Wenn er sich überhaupt eines Tages ans Segeln gewöhnen kann, dann nur in ganz kleinen Schritten, mit viel Zeit. Hier im Golf wäre das nicht möglich.
Also umplanen, zumal der Schwell im Hafen, der ihn nun wieder seekrank macht, die Bestätigung ist.
Ich beschreibe euch diesen Tag nicht im einzelnen, das wäre zuviel. Aber während Sabrina telefoniert und das Internet durchforstet hat, bin ich kilometerweit durch die Stadt gelaufen, um einen Mietwagen zu organisieren. Abends um 19 Uhr hatte ich ihn und Sabrina ist es gelungen, einen Flug für für die beiden für den nächsten Tag nach Amsterdam zu bekommen. Bei einer Gesellschaft, die auf Hunde spezialisiert ist. Auch wenn der Flug unangenehm für ihn wird, so hat das Flugzeug wenigstens einen extra Raum, der klimatisiert ist und nicht so laut.
Während Sabrina am Abend ihre Sachen gepackt hat, war ich mit dem Zusammenbau von Filous Flugbox beschäftigt.

Am nächsten morgen, der Aufbruch.
Klappte alles völlig problemlos und Filou ist während der Autofahrt zum Flughafen ganz gut drauf gewesen. Übergeben musste er sich auch nicht.
Die Wartezeit am Flughafen haben wir vor dem Gebäude auf einer Wiese verbracht.
Als es dann soweit war, sind wir zusammen rein gegangen. Filou war plötzlich der Star. Durfte an der Leine umher laufen, wurde permanent gestreichelt und fotografiert und war plötzlich: Fluggast

Nach dem einchecken wurden wir zur Kontrolle für ungewöhnliche Gegenstände geschickt. Während Sabrina die Formalitäten erledigt hat, kam eine Zollbeamtin auf Filou und mich zu. Sie fragte, ob er fliegt und wohin. Dann schaute sie ihn genau an, streichelte ihn, klopfte mir auf die Schulter und meinte mit einer Träne im Auge zu mir: „Danke, dass ihr ihn mitnehmt.“
Ich war völlig perplex und hätte selbst fast geheult!
Wir haben uns dann noch kurz unterhalten und es stellte sich heraus, dass sie sich selbst um Streuner kümmert. Ihr war sofort klar, dass Filou auch mal einer war.

Danach ging alles ganz schnell. Filou musste in die Box, was ohne Probleme geklappt hat und ist zusammen mit Sabrina durch die Sicherheitskontrolle gegangen. Dort musste er nochmal kurz raus, damit die Box geröntgt werden konnte. Dann war er weg und wurde in Richtung Flugzeug gebracht. Auch Sabrina musste nun los und ich war wieder allein.
Während für Filou nun der schwere Teil begann, habe ich weiterhin am Flughafen gewartet. Ich wollte erst los fahren, wenn wirklich sicher war, dass beide im Flugzeug und unterwegs sind.
Sabrina konnte nach dem Bording sehen, wie Filou in seiner Box zum Flugzeug gebracht wurde und ich konnte kurze Zeit später, mit Blick auf die Startbahn sehen, wie die beiden abgehoben sind.

Ich stehe eigentlich total auf fliegen, aber bei diesem Start, der lehrbuchmäßig ablief, ist mir das Herz in die Hose gerutscht. Mir tat Filou Leid.

Danach ging es zurück zum Boot und nicht lange, nachdem ich dort wieder angekommen war, kam auch die erleichternde Nachricht aus Amsterdam: Flugzeug gelandet!
Die zweite Nachricht dann unangenehm: Eine halbe Stunde lang, starke Turbulenzen!
Die dritte Nachricht: Ich hab Filou wieder, es geht ihm gut, er freut sich total!

Da hab ich vor Freude feuchte Augen bekommen und war froh, das wir diese Entscheidung getroffen haben. Denn in Korinth hat Nomade am Anleger getanzt. Hier war plötzlich Sturm!
Aber Filou war in Sicherheit und es ging ihm gut. Mein Papa hat die beiden dann mit dem Auto nach Deutschland gebracht und mein Schwager ist mit Sabrina am nächsten Tag nach Belgien gefahren, um unser Auto am Flughafen Charleroi abzuholen. Von dort aus ist Sabrina ja nach Athen geflogen. Ein Flug mit Filou dorthin war aber nicht zu bekommen.

Und jetzt? Jetzt geht es ihm in Wesel gut. Mein Papa kümmert sich um ihn, während Sabrina auf der Arbeit ist und der Hund meiner Eltern (wir leben ja im gleichen Haus) hat Filou sofort als neues Familienmitglied akzeptiert.

Und in Griechenland? Hier ist die Kacke am dampfen! Nomade hatte sehr spät abends nochmals Besuch von drei Jugendlichen. Eine sehr angespannte Situation an Deck war das. Ansonsten wurde ich angepöbelt und um Geld „gefragt“. Da ja allerdings Sturm war, konnten wir nicht dort weg.

Vom ersten Einhandtörn mit Nomade berichte ich dann beim nächsten Mal.

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Vom Streuner zum Crewmitglied

Am 26. April war es soweit. Der Plan, Filou bei Yanna in Kapandriti mit einem Mietwagen abzuholen, ging allerdings nicht ganz auf, denn Yanna hat es sich nicht nehmen lassen, Filou mit dem Auto zu uns in die Zea Marina zu bringen.

Also saßen wir nach dem Frühstück aufgeregt im Cockpit und haben gewartet. Viel zu früh waren wir mit allem fertig und sind immer wieder hibbelig alles durchgegangen. Ist die Gangway auch nicht zu steil für ihn? Stehen Näpfe bereit und liegen seine Decken an den richtigen Stellen? Wie kommt er die steile Treppe in den Salon runter?
Eigentlich war alles schon lange vorbereitet und ich habe noch in Kilada eine Badeplattform, die Gangway und eine Aufstiegshilfe für die seitlichen Durchgänge an Nomade angefertigt, um verschiedene Optionen zu haben, ihn in jeder Situation an Bord zu bekommen. Trotzdem war die Anspannung jetzt riesig. Wird er sich überhaupt an Bord wohl fühlen? Wie verkraftet er die Trennung von Yanna, bei der er schließlich viele Wochen in Pflege war und wie findet Sabrina ihn? Fragen über Fragen…

Irgendwann kam dann der lang ersehnte Anruf von Yanna: „Wir sind da und laufen jetzt vom Parkplatz in eure Richtung.“
Ok, also los, laufen wir den beiden entgegen!
Nach einigen Metern haben wir sie gesehen. Yanna mit Filou an der Leine. Unglaublich schön, dieser Moment und der Kontrast zu den kalten Tagen im Januar in Kilada, als Filou noch als abgemagerter Streuner so gerade eben die Nächte überlebt hat und ich nicht wusste, was ich mit ihm machen soll.
Nun war er hier und ist aufgeregt an der Leine die Promenade bei warmem Wetter und Sonnenschein entlang gelaufen.
Ob er mich wieder erkannt hat weiß ich nicht. Er war noch sehr vorsichtig und durch die vielen Menschen und neuen Eindrücke abgelenkt.

Sabrina, Yanna, Filou und Nico an Bord.

Nach einer herzlichen Begrüßung sind wir alle vier zu Nomade gelaufen. Dort habe ich ihn über die Gangway an Bord getragen. Er war natürlich zunächst aufgeregt, hat sich dann aber schnell einen Platz im Cockpit gesucht und auch getrunken.
Etwa eine Stunde war Yanna noch bei uns an Bord, dann hieß es Abschied nehmen. Ist ihr nicht leicht gefallen, aber sie hat das sehr professionell gemacht, so dass Filou im Prinzip gar nichts davon mitbekommen hat. Er war zu dem Zeitpunkt mit Sabrina im Salon und ich bin noch ein Stück mit Yanna von Bord gegangen.

Dann waren wir plötzlich zu dritt und es hat nicht lange gedauert bis Filou ganz leise gefiept hat. Ihm war klar, dass sich gerade etwas geändert hat, aber er hat sich sofort mit ein paar Streicheleinheiten beruhigen lassen. Anschließend haben wir ihm das Schiff gezeigt und ihn auf seinen Schlafplatz gelockt. Er hat sein eigenes kleines Bett, genau zwischen den beiden Kojen in der Achterkabine. Nur etwa einen halben Meter tiefer als die Kojen.

Wir haben fest damit gerechnet, dass einige Dinge viel Zeit und Geduld brauchen, um sie ihm beizubringen. In erster Linie waren das die Gangway und die steile Treppe aus dem Cockpit in den Salon. Solche Hürden sind für einen Hund ungewöhnlich und brauchen in der Regel viel Zeit und Übung.
Filou ist bereits an diesem ersten Tag, nach wenigen Versuchen, die Gangway hoch aufs Schiff geklettert. Runter hat es noch nicht geklappt, weil der Schritt nach unten zu tief war. Das habe ich am nächsten Tag angepasst, indem ich ganz oben eine Stufe eingebaut habe. Dann ist er die Gangway auch abwärts gelaufen.
Am meisten hat uns beeindruckt, dass es ihm ebenfalls am ersten Tag gelungen ist, die Treppe in den Salon runter und hoch zu klettern. Elegant wie eine Katze meistert er diese Hürde. Das hätten wir so nicht erwartet.






Überhaupt hatten wir nicht erwartet, dass er sich so schnell und problemlos an die neuen Situationen gewöhnt. Während ich diese Zeilen tippe, schläft Filou in seinem Bett in der Achterkabine, während starker Wind das Rigg zum heulen bringt. Manchmal liegt er auch im Durchgang an Steuerbord, weil es dort schön kühl am Boden ist. An der Leine läuft er wirklich toll und anderen Hunden gegenüber verhält er sich, wie erwartet, vorbildlich.
Nach einem Spaziergang geht er am liebsten unter Deck. Da gefällt es ihm am besten. Tagsüber konnten wir deshalb auch lange Zeit auf dem Deck an der Genua arbeiten, während Filou tief geschlafen hat.

Die Genua hat es leider fast hinter sich. Sie ist nicht ausgesegelt, aber sie wurde während der langen Standzeit nicht von der Rollanlage genommen. Dadurch ist der UV-Schutz im Laufe der Zeit zerbröselt. Die Reste haben wir hier in der Marina sauber rausgetrennt, darunter kamen ein paar marode Stellen und drei Risse im Achterliek zum Vorschein. Diese Stellen konnten wir mit Segeltape reparieren. Die Rollanlage selbst brauchte auch eine Menge Aufmerksamkeit. Vieles war sehr schwergängig, die Reffleine nicht optimal verlegt. Das alles hat sich so aufsummiert, dass sie nur noch zur Hälfte ausgerollt werden konnte.
Jetzt, nachdem alles ordentlich eingestellt und geschmiert ist, kann man sie ohne Probleme ausrollen und wieder bergen.
Ansonsten hatten wir neben der Genau noch weitere Baustellen, die wir hier in den Griff bekommen haben und mittlerweile ist die Liste spürbar geschrumpft. Ob das so bleibt? Hoffen wirs.

Mit Filou haben wir hingegen überhaupt keine Probleme. Er hat innerhalb kürzester Zeit ein starkes Vertrauen zu uns entwickelt. Er ist so ein lieber Hund und wir sind unendlich froh, dass dieser komplizierte Plan „Vom Streuner zum Crewmitglied“ so gut aufgegangen ist.
Das wäre ohne die Hilfe von Stefan aus Porto Cheli, Nicole Jackwerth, Yanna aus Kapandriti, Dr. Annetta Michael und Natascha nicht möglich gewesen. Viele Zahnräder haben da so ineinander gegriffen, dass es am Ende gelungen ist, Filou aufzupäppeln, ärztlich zu versorgen, zu pflegen und ihm schließlich ein zu Hause zu geben.
Und weil wir immer mal wieder auf die Kosten angesprochen werden. Dazu kann ich sagen, dass sie trotz einiger Tierarztbehandlungen, der langen Pflege, nötiger Impfungen und Logistik, nicht höher waren, als die Kosten für einen Hund vom Züchter in Deutschland. Das ist natürlich individuell sehr verschieden und soll nicht heißen, dass für jeden Menschen ein Streuner der beste Hund sein kann.
Aber vielleicht animiert dieser Hinweis ja den ein oder anderen, zumindest mal über die Option „Streuner“ nachzudenken.
Filou ist jedenfalls der unkomplizierteste und dankbarste Hund, der mir bisher begegnet ist. Noch dazu ist er unheimlich gelassen und schlau.
Mittlerweile ist er auch wieder fast ganz gesund. Seine Augen sehen toll aus, ein paar Stellen an denen die Haut gelitten hatte sind verheilt und er ist nicht mehr so extrem abgemagert. Jetzt wiegt er 22kg und wir schätzen, dass er noch etwa 3kg zulegen muss, bis er sein Optimalgewicht hat.

Jedenfalls ist er bereits jetzt unser bester Freund!

Das Ende des Regenbogens

Am 23.04. haben wir Kilada, mit ein paar Tagen Verspätung, verlassen. Die beseitigten und neuen Baustellen hier aufzulisten erspare ich euch und uns an dieser Stelle, denn es waren nochmals einige!
Während dieser Baustellentage ist es uns trotzdem gelungen, wenigstens einen kleinen Landausflug zur prähistorischen Höhle auf der anderen Seite der Bucht zu machen. Ziemlich interessant und touristisch noch unentdeckt. Erschlossen ist die Höhle wirklich gut, mit einem kleinen Steg für Ausflugsboote und schönen Wegen. Nur weiß das bisher anscheinend kaum jemand. Wir waren die einzigen Menschen dort und in der gesamten Zeit, die Nomade in der Bucht von Kilada war, habe ich nicht ein einziges Boot dort anlegen sehen.

In der prähistorischen Höhle.

Nun aber zum ersten richtigen Törn mit Nomade an diesem Sonntag im April. Es war ein reiner Motortörn. Zum segeln hatten wir zu wenig Wind und das war fürs erste Mal auch gut so. Es gab auch unter Maschine genug zu testen und zu erfassen.
Unterwegs hatten wir bereits nach kurzer Zeit das große Glück, von zwei Delfinen begleitet zu werden und wenige Stunden nach dem Start in Kilada haben wir den Anker in der Bucht von Porto Cheli wieder fallen lassen.
Delfine, Sonne und nicht die geringsten Anzeichen von Seekrankheit, trotz etwas Rollerei durch Restdünung. Ein gelungener Start.

Vor Anker in Porto Cheli.

Am nächsten Morgen sind wir gleich weiter. Heute wollten wir 32 Seemeilen bis Poros schaffen.
Die ersten 15 Meilen gab es, wie angekündigt, nur Flaute. Ab der Passage zwischen den Inseln Hydra und Dokos setzte Nordostwind ein, der durch den Düseneffekt zwischen den beiden recht hohen Landmassen, mit etwa 5 Windstärken eine etwas kabbelige See verursachte. Nomade war davon völlig unbeeindruckt. Lediglich die Geschwindigkeit ging um etwa einen halben Knoten zurück bis wir durch waren.
Nach dieser Düse konnten wir Segel setzen, bzw. ich hab sie gesetzt, während Sabrina Nomade gesteuert hat. Vom Handling bin ich ziemlich angetan. Sowohl die Winschen, als auch das gesamte drum herum geht deutlich besser von der Hand, als ich das von Eos gewohnt war. Bei etwas Seegang war das immer ein anstrengender Akt, am Mast zu arbeiten oder auf dem Vordeck zu hantieren. Auf Nomade macht mir das richtig Spaß. Selbst auf dem Bugspriet an der Rollanlage zu basteln ist bei normalem Seegang kein Problem.
Probleme gab es allerdings mit den Segeln. Einige Holepunkte waren noch nicht optimal und das Besansegel ist ziemlich ausgelutscht. Die Genua ließ sich wegen einer Blockade, die ich auf See nicht beseitigen konnte, leider nur zur Hälfte ausrollen und stand entsprechend mies. Das Großsegel ist ok.
Trotz dieser Probleme und mittelmäßiger Fahrt im Schiff, tat es unheimlich gut Nomade zu segeln. Und es tat gut, bis auf das Steuern, allein mit dem Schiff umzugehen. Das wollte ich unbedingt ausprobieren und ich bin mir jetzt ziemlich sicher, dass Nomade mit Steuerunterstützung durch den Autopiloten auch unter Vollzeug gut Einhand zu segeln ist.
Während ich also die meiste Zeit außerhalb des Cockpits oder mit den Schoten beschäftigt war, hatte Sabrina ihre Freude am Steuerrad. Gefällt ihr viel besser, als die Pinnensteuerung. Nur Böen lassen sich nicht so gut in Höhe verwandeln, meint sie, eher etwas scherzhaft. Das ging mit der kleinen, leichten Eos besser. Bis Nomade sich mal bewegt hat, ist die Böe schon durchgezogen.
Irgendwann war dann der Punkt gekommen, an dem die Segel wieder runter mussten und der Volvo erneut seine Stärken zeigen durfte. Ein Kap mussten wir noch umrunden, bevor Poros angesteuert werden konnte und dieses Kap hat für ordentlich Wind und Seegang gesorgt. Knapp 6 Beaufort genau auf die Nase und entsprechender Seegang haben Nomade… überhaupt nicht beeindruckt! Man hatte das Gefühl, die See zu pflügen. Was mit Eos Schwerstarbeit bedeutet hätte, war mit diesem Stahlschiff und dem Volvo ein Leichtes. Ihr hättet das Grinsen in unseren Gesichtern sehen  müssen. Noch nie zuvor hat uns Gegenanbolzen unter solchen Bedingungen Spaß gemacht. Sabrina dazu: „Und sie knarzt nicht mal!“

Kurz nach dem Kap hat sie dann doch etwas geknarzt, bzw. ein paar Kleinigkeiten sind ins rutschen geraten, als eine unpassende, leichte Dünung von schräg achtern Nomade zum rollen gebracht hat. So etwas macht auf keinem Schiff Spaß, aber es war ja nur für kurze Zeit.
Die Durchfahrt nach Poros war dann ein Highlight. Es kommt einem vor, als fährt man in eine Flussmündung hinein. Das Gewässer dahinter hat eher den Charakter eines Sees, als den einer Bucht.
An der Pier, direkt vor der Promenade, haben wir dann mit Buganker und Heckleinen angelegt. Zum ersten Mal in unserem Leben und das auch noch mit einem neuen Boot. Ein Glanzstück war das nicht, aber es hat beim ersten Mal geklappt.
Der Ort ist selbst jetzt im Frühjahr touristisch bereits stark frequentiert. Die Pier war abends voll und belebt. Ein Eis haben wir uns nach dem Anleger auch mal gegönnt. Liegegebühr für Nomade: 7,39 € pro Nacht.

Einfahrt nach Poros.

Hier wären wir gerne länger geblieben, aber uns hat es stark nach Norden gezogen. Denn es hat ja nicht nur Nomade in Griechenland auf uns gewartet! Also haben wir am nächsten Morgen erneut die Leinen gelöst und sind aus dieser wunderschönen Bucht hinaus in den Saronischen Golf abgebogen. 29 Seemeilen unter Maschine lagen vor uns. Auf passenden Wind warten, hätten wir uns nicht erlauben können, denn so langsam wurde die Zeit knapp. Also haben wir mit Yanna, der netten Dame, die sich in den letzten Monaten so liebevoll um Filou gekümmert und alles organisiert  hat, abgemacht, ihn in Athen, bzw. der Marina Zea in Piräus an Bord zu nehmen.
Die Fahrt dorthin kann man unter „unspektakulär und wunderschön“ verbuchen. Ein schnurrender Volvo, wenig Verkehr auf See und so eine Gelassenheit, dass wir abwechselnd im Cockpit gesteuert und gedöst haben.

Athen taucht am Horizont auf.

Das Anlegemanöver in der Marina mit Mooringleinen und Heckleinen war wieder eine Premiere und kann unter Hafenkino verbucht werden. Nachdem wir uns per Funk angemeldet hatten, wurde Nomade von einem Mitarbeiter im Marinaboot abgeholt und zu ihrem Platz begleitet. Den Liegeplatz hat er uns frühzeitig gezeigt und am Steg stand ein weiterer Mitarbeiter bereit um die Mooringleine anzugeben. Leider war mein Bremsmanöver sowas von gnadenlos zu spät, dass ich gute 3 Plätze weiter erst zum stehen gekommen bin. Wie war das noch mit den 17 Tonnen Stahl? Da muss ich mich noch dran gewöhnen.
Nach dem verpatzten Aufstopper habe ich Nomade gedreht, was bei ungünstigem Seitenwind und wenig Platz eine gefühlte Ewigkeit gedauert hat. Der gemäßigte Langkiel hat hier zum ersten Mal einen ziemlichen Nachteil bei Seitenwind auf den Bug aufgezeigt. Er drückt ihn weg und das Heck bleibt durch viel Lateralfläche wie festgenagelt stehen.
Also, kurz allen Stolz beiseite geschoben und dem Mariniero im Boot „PLEASE PUSH THE BOW.“ zugerufen. Das hat er offenbar nicht zum ersten Mal gemacht und gut dosiert mit seinem Boot den Bug in die richtige Richtung gedrückt. Mit dem Behelfsbugstrahlruder war es nach der Wende auch kein Problem mehr, rückwärts in die Lücke zu manövrieren.
Sabrina nach dem Anleger: „Ich will ein Bugstrahlruder!“
Finde ich Klasse, will ich nämlich jetzt auch.
Die Marina ist übrigens wirklich top. Alles sehr gepflegt, unheimlich hilfsbereit und gut gelegen. Preis pro Nacht für Nomade: 54 €, ohne Strom, ohne Wasser, ohne Wifi. *Autsch*

Aber man muss das ja immer gesamtheitlich betrachten und sich ein wenig schön reden, dann ist das schon ok. Jedenfalls haben wir etwas Baumaterial für Nomade von der Marina geschenkt und kostenlos ans Boot geliefert bekommen. Mit dem Taxi in den nächsten Baumarkt zu fahren wäre wieder ein riesen Akt geworden und hätte auch nicht wenig Geld gekostet. Von daher.

Achso, die Überschrift dieses Beitrags muss auch noch kurz mit einem Bild aus Kilada erklärt werden. Sieht man ja nicht so oft, einen doppelten Regenbogen bei dem Anfang und Ende sichtbar sind. Damit dürfte die alte Legende vom Topf mit Gold am unsichtbaren Ende des Regenbogens wohl geklärt sein. Wobei, nachgeschaut haben wir nicht…

Wie wir die Genua repariert haben und wie Filou an Bord gekommen ist, erfahrt ihr im nächsten Beitrag.