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Trailer zur Show The Sailing Bassman – "Segeln in den Schären" –

Und hier ist er nun. Der Videotrailer zur Show…

Der Reiz des Einhandsegelns

War dir denn nie langweilig? Das wäre mir zu einsam! Die nach der Reise üblichen Fragen und Kommentare. Merkwürdig, aber während meines Törns habe ich darüber eigentlich nie viel nachgedacht. Gut, der Rückweg zog sich und als ich mehrere Tage in kaltem und nassem Wetter festlag, wurde mir schon manchmal einsam ums Herz. Aber sonst? Ständig neue Ziele und Eindrücke, täglich neue Pläne und immer alle Hände voll zu tun. Da hat man andere Dinge im Kopf als Langeweile und Einsamkeit. 

Im Gegenteil, jetzt mit einigen Wochen Abstand werden mir die Reize des Einhandsegelns erst richtig bewusst.

1) Tagesablauf nach Lust und Laune. Früh aufstehen, früh ins Bett oder andersherum. Wie es mir gerade passt. Keiner wartet auf mich oder mault wenn der Segeltag zu lang wird.
2) Zwölf Stunden auf dem Wasser oder einfach faul im Hafen bleiben. Spontane Entscheidung ohne Abstimmung mit der Crew.
3) Man ist nicht verantwortlich für das Wohlbefinden der sich einem als Skipper anvertrauenden Crew.
4) Einkaufen und Kochen ohne Diskussionen.
5) Wenn etwas kaputtgeht ist man selber Schuld und verfolgt nicht ständig andere mit Augen und Ohren.
6) Seekrankheit ist (bei mir zum Glück) kein Thema.

Durch diese Punkte gerät man in einen fast meditativen Zustand. Jeder Gedanke wird zu Ende gedacht, jeder Tagtraum ausgeträumt, wenn nicht gerade Wind und Welle die volle Aufmerksamkeit erfordern. Es ist als würde ein Teil des Gehirns ausgeschaltet bleiben. Es müssen keine Antworten formuliert werden auf  Fragen wie: Dauert es noch lange? Wo wollen wir denn heute noch hin?

Ja, Kommunikation kann durchaus auch sehr anstrengend sein.

Dazu einmal diese beiden Punkte: 
– Kommunikation findet immer in der inneren Erwartungshaltung statt, dass all das, was das Gesprächsgegenüber spricht, mit dem übereinstimmt, was wir nonverbal, also über den sprachlichen Inhalt hinaus, wahrnehmen. Soll heissen: Wenn der Segelpartner zitternd sagt: „Mir ist nicht kalt, segel gerne noch 3 Stunden weiter“ werden wir misstrauisch :-)
– Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch das: http://www.vier-ohren-modell.de/
Hier wird sehr schön deutlich wie die Frage: „Wie lange segeln wir heute noch?“ zu mehreren Interpretationen  führen kann (Habe ich selbst so erlebt).

Aber es gibt da eine Sache am Einhandsegeln, die mir wohl am Wertvollsten war. Und zwar die langen Abende nach einem Segeltag. Man hat gegessen, sich etwas ausgeruht. Es ist gegen sechs oder sieben Uhr. Hier im Norden dehnen sich die Tage,denn es wird kaum und sehr spät dunkel. Lesen, Schwimmen, Paddeln, Musikhören, durch die Natur laufen oder einfach nur träumend herumsitzen. Nie habe ich meine viele Zeit so deutlich gespürt, wie in diesen Augenblicken. Endlos dehnten sich die Stunden, und ich genoss jede Sekunde davon; ohne eine Spur von Langeweile! Zeit, Zeit, Zeit! Wie habe ich diese vor der Reise  vermisst…irgendwann krabbelt man dann, eher träge als müde, in die Koje um sofort wegzudämmern. In Vorfreude auf den nächsten Tag. 

Ich denke diese Momente kann man wohl nur alleine so intensiv erleben.

10 Roadmovies einer Reise mit dem Auto durch die Südstaaten der USA

#1 Atlanta

#2 Savannah

#3 Albany

#4 Pensacola & Houma

#5 New Orleans

#6 Mississippi Delta

#7 Memphis Part One

#8 Memphis Part Two

#9 Nashville

#10 Lynchburg

Schweden – Reisetipps für Segler

Basierend auf den Erfahrungen meines langen Segelsommers in 2014 habe ich hier einmal ein paar Tipps zum Segeln in Schweden in alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt. Ich könnte und werde diese wohl noch ständig erweiteren, doch auf meiner Festplatte nützen sie niemanden etwas…also erst einmal ab ins Netz damit. Ich hoffe es hilft dem einen oder anderen bei der Reisevorbereitung. Anregungen und Fragen sind stets willkommen!

Dinghi: In den Ankerbuchten beinahe ein Muss, sollte man es in Schweden auf jeden Fall dabei haben. Den Außenborder habe ich nicht gebraucht, die Distanzen sind dann doch meistens eher gering.



Duschen: Meist wurden hier vom Automaten 5 Kronen Stücke verlangt, teils gab es aber auch keine Automaten und das Duschen waren frei. Bis auf ganz wenige Ausnahmen (meist die teuren Großstadthäfen) immer sauber. 


 
Einkaufen: Es gibt fast überall gut sortierte Supermärkte die oft bis 22:00h geöffnet sind. In größeren Städten gibt es in Schweden auch Lidl-Filialen, in denen der Großeinkauf sehr viel günstiger ist als in den schwedischen Geschäften. Es gibt viele gut sortierte Filialen der ICA Kette. Das Preisniveau entspricht unserem EDEKA, die Qualität aber auch.



Fahrradverleih: Von sehr günstig bis sehr teuer; von privat bis professionell ist alles vorhanden.

Hafengebühr: Im Gegensatz zu Dänemark gibt es fast überall noch Hafenmeister. Hier muss man bei späterer Ankunft dann andere Lieger nach dem Code für die Sanitäranlagen fragen, oder die oft angegebene Telefonnummer des Hafenmeisters anrufen. Die Hafengebühren bewegen sich im Rahmen von €15-30.- und sind in der Hochsaison oft  höher als davor oder danach. In der Vor- und Nachsaison ist mancher Hafen zwar geöffnet, aber es ist oft alles verschlossen und niemand ist zu sehen. Dort war es dann auch nicht möglich eine Gebühr zu bezahlen. 



Hafenführer: Neben den teils  auf dem Markt vorhandenen recht guten Hafenführern (für Buchten und Schärenplätze unverzichtbar) in Deutsch und Englisch gibt es noch die Website/App
http://www.gasthamnsguiden.se/
Die gedruckte Version liegt in vielen Häfen aus. Sehr informativ und vor allem mit aktuellen Kontaktdaten.


Internet: Es gibt vor Ort in den Supermärkten sehr günstige PrePaid Internetkarten mit großem Datenvolumen. Beispiel: 10GB für €19,90.- Ich würde diese immer vor Ort kaufen. Nach Freischaltung der mitgekauften SIM Card, kann man diese dann überall nach Bedarf wieder aufladen lassen. Es gibt fast überall einen guten Empfang mit schnellem Internet, selbst auf den kleinsten Inseln.

Kreditkarten: Auch bei Kreditkartenzahlungen wird an Automaten (z.B.: Tankstelle) und oft auch an Kassen die PIN Nummer verlangt. Da das in Deutschland unüblich ist, sollte man sich vor Abreise noch einmal die PIN ins Gedächtnis rufen.


 
Liegeplätze: Meistens findet man Heckbojen. In Kombination mit einem Bojenhaken sind diese enorm praktisch und es können sich auch zwei Boote eine Boje teilen. Häufig sind auch Boxen mit schwimmenden Auslegern, die Fender tief genug hängen! Nur in den Großstadthäfen findet man Mooringleinen und hin und wieder legt man auch längsseits an. In den ganz kleinen Schärenhäfen legt man mit Heckanker am Steg an. Diese Methode wird auch oft benutzt um sich noch in feie Lücken, vorwiegend am Stegkopf zu legen. Nicht gesehen habe ich die im Mittelmeer übliche Art  mit vor Buganker mit dem Heck an den Steg zu gehen. Das ist auch nicht zu empfehlen, da der felsige Grund oft schnell ansteigt und man sich so das Ruder beschädigen würde. Auch Päckchenbildung ist eher selten, da man statt längsseits zu liegen, eben mit Heckanker den Platz besser ausnutzt.



Mücken: Mit Einbruch der Dunkelheit tauchen sie überall auf. Selten in großen Schwärmen, aber doch immer reichlich. Die Stiche der recht kleinen Mücken jucken recht stark. Empfehlung: Mückennetze für alle Luken plus Mückensprays.



Sauna: In vielen Häfen vorhanden, aber selten inklusive. Meistens recht teuer bei Einzelnutzung, da oft die ganze Sauna stundenweise vermietet wird. Ich konnte aber teils spät, wenn alle Gäste verschwunden waren, noch gut mit der Restwärme saunieren. 



Seekarten: Die benötigten Kartensätze sind vor Ort häufig ausverkauft. Daher besser vorher besorgen um nicht teure Einzelblätter erwerben zu müssen. Für die Schärengebiete hatte ich mir die aktuellsten Karten besorgt, für nur schnell durchsegelte Gebiete kam ich mit gebrauchten Karten ebenfalls sehr gut zurecht. In Verbindung mit meinem Tablet samt Software von Navionics hatte ich stets alles im Griff. 



Sonnenschutz: In den Sommermonaten scheint die Sonne oft rund um die Uhr. Ich habe mich konsequent mit Faktor 30 eingecremt und bin damit gut zurechtgekommen. Auch Kopfbedeckungen sind sehr wichtig. Selten habe ich mir ein Bimini gewünscht, da hat die Sonne am Mittelmeer dann doch mehr Kraft. Wichtig ist auch eine gute polarisierte Sonnenbrille.



Sprache: Lassen Sie den Sprachführer im Regal. Fast jeder spricht in Schweden sehr gutes Englisch. Einzige Ausnahme: Der auf Englisch vorgelesene Wetterbericht…

Strom: Die Spannung ist mit 220V wie in Deutschland und für die Steckdosen benötigt man keinen Adapter. In den Häfen findet man fast immer den bekannten blauen 3-poligen Anschluss, seltener auch einfach Schukosteckdosen. Manchmal können die Wege jedoch weit sein, also genügend Kabelmeter einpacken. In der Hochsaison hilft ein Y-Adapter um Anschluss zu finden.



Tankstellen: Aufgrund der großen Motorbootdichte in Schweden gibt es recht viele Bootstankstellen. Es lohnt aber der Weg zu den wesentlich günstigeren Straßentankstellen. Siehe Hafenführer.

Tiden: Auch in den Gewässern der Ostsee sind die Gezeiten zu bemerken. Wasserstände und Strömungen werden davon beeinflusst. Dazu kommen dann noch Wasserstandsveränderungen durch Windsituationen. Fazit: Die Angaben in der Seekarte sollten gerade in flachen Gewässern mit denen des Echolots verglichen werden um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

Toiletten: Nur in den kleineren Schärenhäfen häufig Plumpsklos mit Deckel, die aber nicht so schlimm waren wie befürchtet. Auf jeden Fall besser als die bekannten Dixi-Klos.  



Waschen: In den Hafengebühren ist recht oft die Benutzung von Waschmaschine und Trockner enthalten. Teilweise gibt es jedoch auch Bezahlautomaten. 

Wasser: Eigentlich überall gut zu bekommen. In den Schärengebieten wurde es aber manchmal schwierig und eine regelrechte Jagd nach dem Wasser setzte ein. Es gibt dann auch teils hohe Literpreise, die zu entrichten sind. Faustregel: Den Tank immer randvoll auffüllen, wenn es irgendwo geht und faltbare Kanister für Trinkwasser einpacken.



Wetterbericht: Über Internet. Bewährt hat sich für mich
http://www.smhi.se/en/weather/sweden-weather/sea-weather/sjovader_tabell_en.htm
dieser Bericht wird auch zweimal am Tag über UKW ausgestrahlt, nach Ankündigung auf Kanal 16.



WLAN: Ist in allen größeren Häfen Standard, jedoch nicht immer sehr schnell.

Zecken: Südschweden gilt als Zeckenwarngebiet. Ich habe mir in der Apotheke eine Zange zur Entfernung besorgt. Dort wurde mir aber gesagt, das die Apothekerin plus ihre Bekannten noch nie einen Zeckenbiss hatten und die Situation wohl nicht so dramatisch wäre. Mich hat dort auch nichts gebissen, aber barfuss durchs hohe Gras würde ich auch nicht laufen wollen. Bedingt durch den meist felsigen Untergrund passiert das auch eher selten. Ich denke, es geht mehr um die echten Wälder in Südschweden.


Logbuch – Mittwoch, den 14. Januar 2015

Standort: Hamburg-Schnelsen, 4.ter Stock, Regen und Sturmböen

Der letzte Abschnitt des Logbuches meiner Ostseereise 2014 fehlte noch. Ich bin nach meiner Ankunft in Kiel und den Vorbereitungen auf meinen Vortrag bzw. der USA Reise einfach nicht mehr dazu gekommen. Daher nun der letzte Teil der Reise zur Vervollständigung für den interessierten Leser.

Von Svendborg ging es nach Abflauen des Sturms hart am Wind nach Avernakø. Im Hafenführer wurde eine neue Hafenmole mit Anlegemöglichkeit erwähnt, hier wurde es aber so flach, das ich (zum Glück gegen den Wind) sanft auf Grund kam. Kurz danach, und vom Wind wieder freigeblasen, legte ich dann einsam zwischen den Pfählen an und meldete mich beim Automaten für die Hafengebühr.

Avernakø am Rande der dänischen Südsee sollte mein letzter Absprunghafen in Richtung Festland werden. Doch auch hier wurde ich wieder eingeweht und der erste Versuch der Überfahrt scheiterte (siehe   ). Es gab auf der Insel um diese Jahreszeit nichts mehr zu unternehmen. Strandspaziergänge und die kostenlose warme Dusche waren meine Attraktionen. Später fuhr ich dann mit der Fähre ins halloweengeschmückte Faaborg, um dort für einige Stunden Abwechslung zu suchen. 

 Endlich passte das Wetter und ein wunderbarer Segeltag (täusche ich mich, oder wird in allen Berichten der letzte Segeltag immer als der Schönste dargestellt?) brachte mich in die Schlei, und weil es gerade so gut passte, bis in den Stadthafen von Kappeln. Auf etwas Action vorbereitet, war ich um so überraschter das keinerlei Querstrom herrschte. So, nun hatte ich wieder deutschen Boden unter den Füßen. Ein merkwürdiges Gefühl nach all den Tagen in Schweden und Dänemark. Interessant auch wie sich die Wahrnehmung von Entfernungen verändert, wenn man so lange unterwegs ist. Ich genoss den Abend und wäre gerne noch etwas länger in der Schlei geblieben, aber der Wetterbericht mahnte schon wieder zum Aufbruch in Richtung Kiel am nächsten Tage.

Kurz vor Maasholm traf ich dann meinem Kumpel Mike von klassisch-am-wind bei einem Skippertraining auf dem Folkeboot. Der Lehrling schaute recht ehrfürchtig drein, wie mein Boot so mit Autopilot und mir vorne am Mast dahinglitt. Wieder einmal die Saat für einen Traum gelegt.

Der Weg nach Kiel zog sich unspektakulär in die Länge und ich fuhr nur bis Laboe; hatte ich meine offizielle Rückkehr in Kiel-Düsternbrook doch erst für den übernächsten Tag vorhergesagt. Das Wetter wurde dann auch noch einmal wirklich mies, und ich war froh schon rechtzeitig „vor Ort“ zu sein. Aus Langeweile bin ich dann noch die kurze Meile bis Schilksee gefahren, nur um dort in der Hafeneinfahrt mit üblem Schwell zu kämpfen. Das ging alles grade mal so gut….ich sag es ja immer wieder, kurz vor der Ankunft muss man ganz besonders aufpassen.

Der letzte Tag meiner Reise brachte Sonne und Flaute, so das ich unter Diesel fahren musste. Nicht wie in meinen Träumen, aber auch OK. Wurde ich doch im Hafen von Frau, Familie und Freunden herzlichst empfangen und gefeiert. Nun musste nur noch das Boot aus dem Wasser. Dazu fuhr ich in den Nord-Ostsee-Kanal bis zur Rader Insel und verbrachte noch eine letzte Nacht an Bord. Morgens dann Mastlegen, Diesel einwintern und auskranen; das jährliche Gerödel. Und ehe ich mich versah war das Boot leergeräumt und ich stand mit meinen Klamotten vor der Tür, aus der ich 6 Monate vorher alles herausgeschleppt hatte. Schluss, Ende, Aus…unwiderbringlich, bis zum nächsten Mal!

 

VIDEO: Tage 18-20 – American Trilogy

Unsere 3-wöchige Rundreise geht zu Ende. Hier nun das letzte Roadmovie unseres Besuches bei Jack Daniels in Lynchburg.

So ganz kaufe ich denen hier ihr Marketingkonzeptnicht ab, welches besagt, das jeder Tropfen genau hier langsam und in Ruhe hergestellt wird. Ich vermisse die vielen LKWs, Abfüllanlagen, Flaschen, Karton, Container etc. für eine weltweit sicher riesige Produktionsmenge. Aber darum geht es letztendlich ja nicht. Die Romantik und das Flair von Destille und kleiner Stadt passen perfekt. Und es geht hier wirklich einmal entspannt zu. Die Rundtour ist interessant, alleine vom Geruch der großen Anlagen wird man schon beschwipst. 

Marketingtechnisch interessant auch die Single Barrel Society. Man kann für 8.000-12.000 Dollar ein ganzes speziell gelagertes Fass erwerben. Dieses wird dann in rund 250 Flaschen abgefüllt und ausgeliefert. Dazu bekommt man eine goldene Plakette an der Wand der Firma. Army, Obama, Sinatra und Motley Crüe hängen unter den vielen Namen an der Wand


.
Nach diesem schönen Tag geht es über Chattanooga und Atlanta zurück in Richtung Rückflug. Wir besorgen noch ein paar Mitbringsel, besuchen eine befreundete Familie in Atlanta und treten dann den langen, langen Rückflug an. 3 Wochen und gute 5.000 Kilometer voller Erinnerungen bleiben hinter uns zurück. Ich bin der Geschichte der amerikanischen Musik ein Riesenstück nähergekommen und auch einige typisch amerikanische Verhaltensweisen sind vor Ort viel leichter nachzuvollziehen.

Kurzum: Es hätte besser nicht sein können!! Die Rückgewöhung nach Deutschland wird uns jedenfalls sehr, sehr schwer fallen. Aber es gibt ja zum Glück den Superbowl…

Der Cash-Song ist gesungen von Peter Caulton mit Band und mir am Bass.

Der Reiz des Einhandsegelns

War dir denn nie langweilig? Das wäre mir zu einsam! Die nach der Reise üblichen Fragen und Kommentare. Merkwürdig, aber während meines Törns habe ich darüber eigentlich nie viel nachgedacht. Gut, der Rückweg zog sich und als ich mehrere Tage in kaltem und nassem Wetter festlag, wurde mir schon manchmal einsam ums Herz. Aber sonst? Ständig neue Ziele und Eindrücke, täglich neue Pläne und immer alle Hände voll zu tun. Da hat man andere Dinge im Kopf als Langeweile und Einsamkeit. 

Im Gegenteil, jetzt mit einigen Wochen Abstand werden mir die Reize des Einhandsegelns erst richtig bewusst.

1) Tagesablauf nach Lust und Laune. Früh aufstehen, früh ins Bett oder andersherum. Wie es mir gerade passt. Keiner wartet auf mich oder mault wenn der Segeltag zu lang wird.
2) Zwölf Stunden auf dem Wasser oder einfach faul im Hafen bleiben. Spontane Entscheidung ohne Abstimmung mit der Crew.
3) Man ist nicht verantwortlich für das Wohlbefinden der sich einem als Skipper anvertrauenden Crew.
4) Einkaufen und Kochen ohne Diskussionen.
5) Wenn etwas kaputtgeht ist man selber Schuld und verfolgt nicht ständig andere mit Augen und Ohren.
6) Seekrankheit ist (bei mir zum Glück) kein Thema.

Durch diese Punkte gerät man in einen fast meditativen Zustand. Jeder Gedanke wird zu Ende gedacht, jeder Tagtraum ausgeträumt, wenn nicht gerade Wind und Welle die volle Aufmerksamkeit erfordern. Es ist als würde ein Teil des Gehirns ausgeschaltet bleiben. Es müssen keine Antworten formuliert werden auf  Fragen wie: Dauert es noch lange? Wo wollen wir denn heute noch hin?

Ja, Kommunikation kann durchaus auch sehr anstrengend sein.

Dazu einmal diese beiden Punkte: 
– Kommunikation findet immer in der inneren Erwartungshaltung statt, dass all das, was das Gesprächsgegenüber spricht, mit dem übereinstimmt, was wir nonverbal, also über den sprachlichen Inhalt hinaus, wahrnehmen. Soll heissen: Wenn der Segelpartner zitternd sagt: „Mir ist nicht kalt, segel gerne noch 3 Stunden weiter“ werden wir misstrauisch :-)
– Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch das: http://www.vier-ohren-modell.de/
Hier wird sehr schön deutlich wie die Frage: „Wie lange segeln wir heute noch?“ zu mehreren Interpretationen  führen kann (Habe ich selbst so erlebt).

Aber es gibt da eine Sache am Einhandsegeln, die mir wohl am Wertvollsten war. Und zwar die langen Abende nach einem Segeltag. Man hat gegessen, sich etwas ausgeruht. Es ist gegen sechs oder sieben Uhr. Hier im Norden dehnen sich die Tage,denn es wird kaum und sehr spät dunkel. Lesen, Schwimmen, Paddeln, Musikhören, durch die Natur laufen oder einfach nur träumend herumsitzen. Nie habe ich meine viele Zeit so deutlich gespürt, wie in diesen Augenblicken. Endlos dehnten sich die Stunden, und ich genoss jede Sekunde davon; ohne eine Spur von Langeweile! Zeit, Zeit, Zeit! Wie habe ich diese vor der Reise  vermisst…irgendwann krabbelt man dann, eher träge als müde, in die Koje um sofort wegzudämmern. In Vorfreude auf den nächsten Tag. 

Ich denke diese Momente kann man wohl nur alleine so intensiv erleben.

Der Segler im Winter. Und die vergessene Insel. Oder: Mallorca anders.

Der nordöstlichste Punkt Mallorcas: der Leuchtturm von Kap Formentor. Ein Leuchtturm an unwirtlichem Ort, oben auf den letzten Klippen und jetzt, ungewohnt im Winter, im milden Licht der untergehenden Sonne.

Egal, ob man jemals auf dieser Insel war oder nicht, ob wir sie zu kennen meinen oder nicht: Kaum eine Insel weckt in uns so viele Bilder, Assoziationen, Gedanken, Urteile wie Mallorca. Umso verblüffender ist der Winter auf der Insel. Leere Strände. Verlassene Buchten. Küstenorte und Häfen, einsam und still. Geschäfte und Läden geschlossen, Hotels am Strand verwaist. Es ist ein stilles Flanieren die breiten Küstenalleen in Port de Pollença. Am Strand ist niemand. Im Hafen arbeiten ein paar Fischer an ihren Booten, bringen Antifouling auf und Opfer-Anoden – jetzt schon? – ungewohnt im frühen Januar für den Segler, der ihnen bei der Arbeit zuschaut. Ob in der großen Marina von Alcùdia oder im kleinen Port de Soller: verlassen liegen die Boote, leergefegt und dunkel wie die Läden der Shipchandler und Yachtbroker und Teilehändler. Draußen in der großen Bucht schaukeln ein paar Ankerlieger auf Reede. Draußen unter Segeln ist keiner.

Das Wetter ist herrlich in diesen Tagen, bis auf ein paar Wolken über dem Hafen. Nicht der Regen, der hier im Winter am Meer so ganz anders ist als alles, was wir am Land kennen. Vor dem die Menschen selbst in den Landstädten ihre Hauseingänge mit Brettern verschalken, so fett und schwer fallen die Tropfen, dass im Nu die Hauseingänge überwunden werden von den Fluten und die schmalen Häuser voll Wasser stehen. Nein, es ist schönstes Wetter, „ein kleiner Sommer“, fast windstill, nur ein paar Slicks auf dem Wasser, wenn die Sonne ihre Bahn aufs Wasser zeichnet und der lange, lange Sonnenuntergang ins Weinglas einen Regenbogen zaubert.

Der Segler im Winter: Der kann hier träumen. An einsamen Stränden liegen. Durch leere Häfen streifen. Spanischen Lauten lauschen. Boote kucken. Pläne schmieden, was im Frühjahr noch zu tun ist, auf dem eigenen Boot. Denn lange wird es nicht mehr dauern: dann stehen wir unter dem Boot, schauen uns das fertige Antifouling an und schrauben, kurz bevor der Travellift kommt und das Boot wieder ins Wasser geht, Opfer-Anoden auf Welle und Kiel.

Mallorca im Winter ist anders. Eine vergessene Insel. Proper zwar, gepflegt. Auch im Winterschlaf. Aber wie so oft lohnt das, was wir zu kennen meinen und nicht der Rede wert, die Mühe des genau Hinschauens. Und eine Reise in ganz ungewohnter Jahreszeit.

VIDEO: Tage 15-17 – Nashville, Tennessee

Roadmovie Nashville

Von Memphis aus führte uns die Reise durch die amerikanische Musikgeschichte weiter nach Nashville, dem Zentrum der Countrymusik. War in Memphis noch der Geist der alten Zeit zu spüren, ist davon in Nashville sehr wenig übriggeblieben. Viele Neubauten und eine komplett durchorganisierte Musikindustrie prägen die Stadt. In Nashville leben um die 5.000 Songwriter und 4.000 Musiker, die hier ihr Glück versuchen. Doch wenige große Firmen haben hier alles fest in der Hand, und bestimmen was gerade aktuell und angesagt ist. Dadurch entsteht leider viel Einheitsbrei und wenig Innovatives, doch auch immer wieder große Verkaufserfolge. 

Interessant war das bereits am Neujahrsmorgen ab 10h in jeder Kneipe und Restaurants schon Bands spielten. Das wäre selbst auf dem Kiez in Hamburg undenkbar. Mit hat Nashville nicht so viel gegeben, mir ist doch zu sehr kommerzialisiert. Es gibt einfach wenig Unbekanntes zu entdecken und ein Souvenirladen reiht sich an den nächsten. Es mag aber auch daran gelegen haben, das wir zu Sylvester hier waren und die halbe Stadt für ein Riesenparty mit 100.000 Leuten abgesperrt wurde. So blieb uns nur wenig Zeit und keine Gelegenheit sich abseits der Touristenrouten umzusehen. 

Andererseits gefiel es uns dann doch jeden Morgen mit Livemusik frühstücken zu können. Es war auf jeden Fall gut einmal hier gewesen zu sein. Im Video hört ihr den Titel „Truck Driving Man“ aufgenommen 2005 mit der Band „Heartbreak Train“. Mit Kai, dem Gitarristen und Stephan, dem Drummer werde ich leider erst wieder im Rock’n’Roll Heaven spielen können…


Ich glaube nicht…

Zum Geburtstag wünsche ich mir…eine friedliche und besonnene Menschheit!

„Die vielen Jahre erfolgreichen Navigierens durch so manch stürmische See lassen einem zu einem erfahrenen Kapitän werden, den kaum ein Sturm mehr schrecken kann. Der mit Begeisterung und Optimismus die Wellen nimmt, um dann wieder ruhig und gelassen an die Küste zurückzukehren.“ So schreibt mir heute meine Bank zum Geburtstag. Entweder hat dort jemand eine poetische Ader, oder aber, wie ich vermute, es gibt dort einen Glückwunschschreibenbaukasten. Auf jeden Fall schön und treffend formuliert. Auf dem Rückflug aus den USA gab es ein Special über die von mir 2014 besuchten Aland-Inseln, welches jede Menge Erinnerungen an diesen für mich so einmaligen und friedlichen Segelsommer zurückbrachte. Daher, vor dem im Norden am Wochenende aufziehenden Sturm, noch einmal diese Bilder zum Träumen.

Angesichts der gestrigen Ereignisse in Frankreich wünsche ich mir, das sich die Menschheit ebenfalls nicht von einzelnen Stürmen schrecken lässt und die Ruhe und Besonnenheit bewahrt um zu friedlichen Ufern zurückzukehren. Es ist doch immer wieder besorgniserregend, wie es nur ein winziger Bruchteil der Menschheit schafft Unfrieden und Hass zu säen und  damit auch immer wieder durchkommt. Denn genau darum geht es ja immer und immer wieder.
 Einzeln zu schwach wird mit den immer gleichen Mitteln der Propaganda, ob nun politischer oder religiöser Art, probiert, die ja eigentlich friedliebende Menschheit in verschiedene Lager  zu spalten. Die sich dann möglichst auch noch kriegerisch bekämpfen. Ohne diese Spaltung und die mitmarschierenden Massen wären die großen Kriege und Konflikte nicht möglich. Wir müssen daher endlich lernen uns nicht von den wenigen machtsüchtigen Hasspredigern dieser Welt herumschubsen und beeinflussen zu lassen. Krisen kommen und gehen, wie Stürme, um danach wieder ruhiges Wasser zu hinterlassen.

Und nur wenn wir uns alle vor Angst kleinmachen, mitmarschieren und aufeinander einprügeln entsteht großer Schaden. Denn die aktuellen Terroraktionen sollen doch genau diese Schaden anrichten. Sie sollen uns verängstigen, aufspalten und gegeneinander kämpfen lassen. Jede dieser Aktionen hat den Zweck noch mehr Hass zu schüren, noch mehr Aufmerksamkeit und Presse zu generieren. Jede Reaktion, jede Berichterstattung führt dabei zu weiterer Eskalation. Bis sich gewaltbereite Gruppen bilden, die glauben sie müssten gegen andere Gruppen kämpfen. 
Ich denke, unsere Verantwortung liegt darin, dieses zu erkennen und da einfach nicht mehr mitzumachen. Uns nicht von wenigen Verblendeten zu den Werkzeugen ihres Hasses machen zu lassen. Lasst doch die Minderheiten einfach Minderheiten bleiben und ihren Hass unter sich ausmachen. Und je weniger Menschen dabei mitmachen, um so eher ist es vorbei. Lasst den Wind keinen Sturm werden, indem ihr mitmarschiert. 

Auf ein friedlicheres 2015 und in Gedenken an die friedliebenden Opfer, die es nicht verdient haben als Instrument des Hasses und Auslöser von Kriegen in unserer Erinnerung zu bleiben.

Die vergessenen Schiffe: Das Wrack der Olympia. Oder: The Big Blue.

Das Wrack der OLYMPIA an der Wesstspitze der Kykladeninsel Amorgos.

Da liegt sie, eingebettet ins tiefe, tiefe, tiefe Blau. Rostfarben. Immer noch gut erkennbar. Ein ungenutztes Rettungsboot hinten auf dem Oberdeck. Fenster, Türen längst von Wind und Wellen herausgeschlagen. Kein Kapitän mehr, der neben dem Steuerhaus steht. Und einen Anleger fährt.

Was genau genau vor 35 Jahren, am 13. Februar 1980 auf dem Frachter OLYMPIA, vormals INLAND, IMO-Nummer 51 61 653 vor der Westspitze der griechischen Insel Amorgos vor sich ging, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Ob sie einen Maschinenschaden hatte. Ob sie im auffrischenden Meltemi Anker warf und der nicht hielt. Ob sie eigentlich ein Schmugglerschiff war oder nicht. All das ist unklar. Klar ist, dass dieser Tag ihr letzter als seetüchtiges Schiff war. Sie lief auf Grund, schlug Leck. Selbst ein herbeigerufener Schlepper, die MATSAS STAR, war nicht mehr in der Lage, sie von den Felsen zu ziehen.
Man gab sie auf. Ließ sie liegen. Dort, wo sie gestrandet war. Das Schlimmste für den, der ein Schiff – ob groß, ob klein – führt. Ein braves Schiff. Und dessen schlimmes Ende.

Ein gestrandetes Schiff ist ein schrecklicher Anblick. Es ist das Sinnbild des Scheiterns. Nicht nur: „Es hat nicht geklappt.“ Sondern: Es ist nicht wieder gut zu machen. Irreversibel. Nicht zu ändern. Aus. Vorbei.

Und doch begann am 13. Februar 1980 das zweite Leben des Frachters OLYMPIA. Ein viel berühmteres, als der Frachter, den man 1950 im ostenglischen Goole auf der legendären gleichnamigen Werft gebaut hatte, zu Lebzeiten jemals hatte. Denn acht Jahre später entdeckte ein ehemaliger Tauchlehrer das Wrack auf Amorgos. Er war Kind zweier Tauchlehrer. Hatte seine Kindheit in Italien, Griechenland, dem damaligen Yugoslawien an der Küste verbracht. Wollte eigentlich Meeresbiologie werden. Aber das hatte eine Tauchunfall verhindert. Unwiderruflich.

Aber manchmal ist nicht vorüber, was vorüber zu sein scheint. Der Mann hatte mit 15, 16 als Schüler seine ersten Romane angefangen: Einen über eine Frau, die allein die Welt rettet, das fünfte Element. Einen über den Wettkampf zweier Taucher. Wer von ihnen beiden ohne Hilfsmittel tiefer tauchen könne: der liebenswert laut lärmende Enzo. Oder der still lächelnde Jacques, der mit den Delphinen schwamm.


Der Mann, der das Wrack der Olympia entdeckte, hieß Luc Besson und war Regisseur. Und der Film heißt The Big Blue. Und die Szene, die das Wrack der Olympia unsterblich machte, beginnt mit dem schönen, in der an wunderschönen Worten schwerreichen italienischen Sprache, dem laut laut über die Klippen hinaus gerufenen italienischen Hilferuf „AAiiiuuuuuuutooooooo.“

„Aiuto!“

Der Film ist längst Kult geworden bei denen, die das Meer lieben. Ein Film, den man wieder und wieder sehen mag ob der Schönheit seiner Bilder vom Meer. Ob der faszinierenden Geschichte zweier, die dem Meer, dem tiefen, tiefen Blau auf – ja genau: unergründliche Weise verfallen sind.

Die nicht wissen, warum das so ist. Und doch jeden, jeden Tag in Gedanken dort sind.
Auf dem Meer.


Die Ankerbucht an der Westspitze von Amorgos. Mitten drin mein Schiff LEVJE. Und wenige 100 Meter entfernt das Wrack der OLYMPIA.

Von Menschen und von Schiffen: Die vernachlässigten Schiffe.

Sie gehören zum Bild eines jeden Hafens: vernachlässigte Schiffe. Hier an einem Ort, den pro Jahr unzählige Yachten passieren: An der Einfahrt in den Kanal von Levkas, die man im Hintergrund sieht, und vor der Festung Santa Maura.

Es ist Teil des Traums. Und es gehört zum Segeln dazu, vom ersten Moment an, seit ich zum ersten Mal als frischgebackenes Mitglied einer Eignergemeinschaft mit dem Bandschleifer in der Hand auf der Werft von Andrea und seinem Babbo am Containerhafen von Livorno stand. Dort wo unser ganzer Stolz lag: Unsere JUANITA, eine FEELING 36, Baujahr 1983. Es gehörte von da ab zum Jahreslauf, einmal im Jahr zu Dritt, das Auto voll gepackt mit Werkzeug, Ausrüstung, Töpfen voll Abbeizmittel, Antifouling, Blauem Peter in ranzigen Arbeitsklamotten für eine Woche nebeneinander auf dem Boot zu stehen. Schadhaftes auszubessern. Neues anzubringen. Dem Motor, diesem dauernden Sorgenkind, mal wieder die ganze Aufmerksamkeit zu schenken, damit er uns nur ja gewogen blieb, die Segelsaison über.

Zum Anblick von Andrea’s Werft gehörte neben den dort kreuz und quer eng nebeneinander aufgepallten Booten auch solche, auf denen im Frühjahr niemand stand. Solche, zwischen denen von Jahr zu Jahr das Unkraut höher schoss. Die sich von Jahr zu Jahr auf ihren Pallhölzern zur Seite neigten, müde von der Last der Jahre, tatsächlich aber, weil niemand mehr erschien, Schadhaftes auszubessern oder gar Neues anzubringen. Ich erinnere mich an eine gewaltige Segelyacht aus Stahlbeton, auch damit wurden schon Boote gebaut in den 70ern, 80ern, ein riesiger grauer Klotz in der Dunkelheit mitten aus dem Unkraut aufragend, wir konnten nicht anders, neugierig und aus maschinenbaulicher Neugier, als uns das Trumm in der Nacht aus der Nähe und von Innen anzusehen, Ein Gefährt zum Angsthaben ob seiner schieren Wucht, ein uralter Riese, grau, vernachlässigt, an manchen Stellen, an denen der Beton abgeplatzt war, kam sichtbar rostendes Stahlgeflecht zum Vorschein. „End of Life“, sagen Betriebswirtschaftler und Marketingleute über ein Produkt.

Es gehört aber nicht nur zum Anblick einer Werft. In jedem Hafen kann man in irgendeinem Winkel ein vernachlässigtes Schiff sehen, das einen dauert. Im pittoresken Piran ebenso wie im lauten Marmaris. Natürlich steckt hinter jedem dieser Schiffe eine Geschichte, und wenn ich könnte: dann würde ich sie aufschreiben, nicht nur die eine Geschichte meines Bootes, so wie Lefteris, dem ich in Korfu begegnete und der sich unrettbar in eine ABEKING & RASMUSSEN-Werft aus den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts verliebte. Oder die Geschichten, die der Seemann mit den traurigen Augen erzählt, der in Ancona Holzboote repariert. Sondern alle Geschichten, jede einzelne, die diese Boote erzählen. Geschichten erzählen, das können diese Boote, ja.

Es ist Teil des Traums. Ob arm, ob reich: In bester Absicht, voll Zuversicht und Vertrauen in sich und seine Kraft erwirbt man ein Boot. Lebt seinen Traum, ob groß, ob klein, ob dauernd oder nur wochenweise auf dem Wasser. Aber manchmal passiert dann etwas Unvorhergesehenes. Neigungen und Vorlieben ändern sich: Und das Boot, einst geliebt und gehätschelt, gerät aus den Augen, aus dem Sinn. Wird vernachlässigt. Mit Booten ist es wie mit Menschen.

Oder Schlimmeres geschieht, wir können uns nicht mehr kümmern.

Vernachlässigte Boote: das sind Spiegel unseres Selbst, unseres Daseins, unseres Umgangs mit Zeit und Älterwerden. Und Älterwerden, auch das ist Teil unseres Daseins. Es kommt nur nicht vor. Weder in unseren Träumen. Noch in den Hochglanzprospekt vom neuen Boot, den wir uns gerade ansehen.

Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass vernachlässigte Boote ihre Würde verloren haben. Ihr Zustand ist bemitleidenswert. Nichts, was wir uns für uns selbst noch jemand anderen wünschen würden.

Also: kümmern wir uns! Um unsere Boote. Aber vielleicht morgen auch mal um jemanden, der vernachlässigt ist. Der uns irgendwie einfach gerade begegnet. Denn das Leben: es ist voll von Begegnungen und Chancen. Jeden Tag. Für jeden. Auf dem Meer. Im Hafen. An Land.