Kategorie: Blogs

Der Segler im Winter: Unterwegs in Berlin.

Nein, am Meer liegt es nicht. Und Sterne hat es auch keine abbekommen im Gault Milliau. Es ist einfach nur eines von diesen Lokalen irgendwo in Berlin, in einer Seitenstraße, irgendwo in Schöneberg.

Ein Restaurant ist es im eigentlichen Sinn, wegen der langen Speisekarte hätte es die Bezeichnung allein schon verdient, aber dafür fehlt dann wieder der Hauch von Noblesse und Tütteltüh, der im Wort „Restaurant“ nun mal
mitschwingt. Gäbe es dies Wort noch unter den ungezählten Worten, die das Deutsche kennt für „Orte, an denen man isst“: Würde ich DIE FEINBÄCKEREI am ehesten als „Taverne“ nennen.

Eine Taverne: Eben so ein Ort wie DIE FEINBÄCKEREI. Ein Ort, an dem man an einem klammkalten Wintertag gerne durch die bimmelnde Eingangstür (sie bimmelt nicht wirklich!) ins warme Innere tritt, sich durch den schweren Filzvorhang, der Unbill, Kälte draußen hält, ins Innere wühlt. Den schweren Mantel ablegt und sich nach anstrengendem Tag einfach der wohligen Wärme am Wirtshaustisch ergibt. Und sich die Speisekarte angelt. Was die wohl hergibt? Davon später.

Mein Faible für Berliner Institutionen dieser Art rührt von einem Niederländer, ausgerechnet. Es war Cees Nooteboom, der in seinem in wunderbarer Sprache gereiftem Roman ALLERHEILIGEN genau dieser Sorte von Berliner Taverne ein Denkmal setzte. Vier Intellektuelle aus drei Ländern, die in eiskalter Winternacht in einer pfälzischen Weinstube in Berlin aufeinandertreffen. Und über Pfälzer Saumagen, Hefe, Rotschimmelkäse, Blut- und Leberwürsten und Pfälzerwein über den Zustand der Welt und der Wurst im besonderen sinnieren. Dies Sinnieren lässt Cees Noteboom lange währen: Eine traurige russische Physikerin im Pelz kommt darin vor, ein deutscher Bildhauer, der der Tafelrunde mit gewichtigem Wort vorsteht, und der Held des Romans Arthur Dahne, Niederländer wie sein Schöpfer, ein Mann, der Frau und Kind bei einem Flugzeugabsturz verlor, und damit alles. Drei, vier Gestalten, gespült vom Leben an irgendein Gestade, irgendwie am Ende ihrer Geschichte und doch im Lot – ich liebe die Helden des Cees Nooteboom. Und nicht einmal der Tod eines weiteren Gastes, der in ihrem Beisein selig lächelnd über seinem Glas Pfalzwein entschläft, könnte sie noch aus der Bahn werfen.

So ein Ort ist DIE FEINBÄCKEREI. Und solche Orte gibt es nur in Berlin. Die Speisekarte verkündet Handfestes: Kässpatzen. Und gschmelzte Maultaschen. Und Maultaschen in Mangold und getrockneten Tomaten. Und Maultaschen in Gorgonzolasauce. Am Ende „Ebbs zum Veschbra“ und: „Ebbes Siass!“ Davor noch einmal Kässpatzen, in dreierlei Variation. Und „Saidewirscht“ – Spätzle und Linsen und Wiener. Und dann: Auch Spätzle mit Bratensoße – was ich als Kind oft aß, ich mochte nun mal kein Fleisch, meine schwäbische Großmutter, die mir den Teller vorsetzte und zu den streng blickenden Eltern hin raunzte: „Duand‘ des Buale edd so ploga!“ Mehr Geborgenheit, mehr Heimat kann es in einem Leben nicht geben.

Womit wir dann auch beim Thema wären. An den Wänden wartet DIE FEINBÄCKEREI mit allerhand Fotografien auf. Sie alle drehen sich um eine Kindheit in Deutschland nach dem Krieg – eben in einer Feinbäckerei. Ich kann nicht sagen, wo der Ort dieser Feinbäckerei ist: Ob in Berlin oder irgendwo im Nachkriegs-Schwaben. Aber die Feinbäckerei: Sie spielt auf jedem Foto eine Rolle. Sie ist der heimliche Held auf jeder Fotografie, der Ort, an dem – wer auch immer – genau dies getan hat: „Die glücklichen Spiele der Kindheit gespielt.“ Vor dem Laden auf der Straße herumgelungert, die ersten Schritte gemacht im Leben, wirklich die allerersten.







Herumgehangen in der Backstube bei den Gesellen. Der Vater voll Stolz, hält ihn bang, er könnte fallen, der Sohn. Vor dem Laden dann wieder herumgehangen mit 15, mit 16, Tante und Schwester vor der Ladentüre, es ist Sommer, die langen, langen Beine in einer noch kürzeren Hose, damals Mangel, heute uncool. Und der blecherne grüne Kasten mit den Pfefferminzbonbons darin, VIVIL, wer hatte sich das bloß ausgedacht, mit Pfefferminzbonbons aus grünen Blechkästen gnadenlos das ganze Land überziehen?

Nein, nein: Cees Nooteboom hat da schon Recht. Dem Segler im Winter in einer Welt, die irgendwie jeden Tag aufs Neue außer Rand und Band zu geraten scheint, kann ein Ort, an dem es etwas zu Essen gibt, schon etwas Geborgenheit und Trost schenken. Aber nur, wenn die Kneipe im Winter und in Berlin steht.

DIE FEINBÄCKEREI mit ihrer lesenswerten Speisekarte und ihren vielen Kässpatzen? Die gibt es wirklich. Hier.

Ein Einhandtörn

DCIM100MEDIAEs hat geklappt. Ich bin am Dienstag raus aus der Komfortzone in Port Medoc. Und es hat sich ausgezahlt zu warten. Zum einen, weil es bei so einem Törn Sinn macht fit zu sein, zum anderen, weil das Wetter vorher nicht besonders günstig war. Vor allem der Wind wäre absolut suboptimal gewesen, nämlich aus Südost, also gegenan und gegen den Flutstrom. Das hätte keinen Spaß gemacht.

Dienstag hat sich dann der Randbereich eines Azorenhochs breit gemacht und mir konstante 4 Beaufort aus Nordwest und strahlend blauen Himmel beschert.

Die Leinen habe ich ziemlich genau zu Niedrigwasser an Ponton I, Box 44 losgemacht. Nachdem ich im Hafenbüro meine Schlüsselkarte abgegeben und mich verabschiedet habe. „Und, kommt ihr irgendwann wieder?“
Bei der Frage hatte ich nen Kloß im Hals.
Ich hoffe es, dass wir irgendwann wieder nach Port Medoc kommen. Der für Eos vorerst letzte Hafen in der Biskaya, war auch gleichzeitig für uns einer der besten, wenn nicht der Beste. Eine richtig gute Zeit hatten wir hier.
Das Lösen der Leinen ist mir genau so schwer gefallen wie damals in Rees und das will was heißen. Ich war froh, dass keiner sonst an diesem Morgen da war. Kein Bootsnachbar, keine bekannten Gesichter. Das hätte es nur noch schwerer gemacht.
Also Leinen los und zunächst Radeffekt und Wind aufs Heck gegen mich. War aber kein Problem. Der Ableger lief schonmal gut.
Danach habe ich Fender reingeholt und Leinen aufgeschossen. Kurz vor der Hafenmole war alles fertig.

Dass der Mast fehlt, hat man sofort gespürt. Die erste Zeit hatte ich die Windsee und die Dünung noch von der Seite und da ist Eos manchmal deutlich und zackig ins Rollen gekommen. Der Mast bringt da ansonsten ein Trägheitsmoment ins Schiff und das fehlte eben.
Nach einer Weile war ich am Rande des Fahrwassers, hab den Autopiloten eingekuppelt und bis kurz vor Pauillac ist das auch so geblieben.

Dann hatte ich Zeit. Zeit zum Nachdenken und Zeit, um in mich rein zu horchen. Erstaunlicherweise bin ich diesmal nicht Seekrank geworden, absolut überhaupt nicht! Trotz Rollerei, Restdünung und spürbarem Seegang. Dabei hatte ich kein Medikament gegen Seekrankheit genommen, nur mittelmäßig gut geschlafen, war aufgeregt und angespannt. Trotzdem, absolut nichts.
Unter Deck konnte ich mich sonst meistens nie lange aufhalten, ohne dass mir kotzübel wurde, auf diesem Törn war das plötzlich überhaupt kein Problem.

Also hab ich fotografiert, gefilmt, ab und zu den Kurs korrigiert und dem Festland dabei zu geschaut, wie es langsam wieder näher kam. Ansonsten war dort nicht viel los. Ab und zu kam mal ein Baum an uns vorbei geschwommen und bis auf eine Begegnung mit einem Segelkatamaran war an diesem Tag im April niemand unterwegs. Das hat mir gefallen. Nur Eos und ich.
Mit bis zu 9,2 Knoten sind wir am Ende die Gironde hochgeschossen. Und das noch Tage vor Springflut. Fahrt durchs Wasser haben wir dabei etwa 5 bis 5,5 Knoten gemacht. Genau weiß ich es nicht, weil sich das Log verabschiedet hat. Der Gezeitenstrom ist hier wirklich gewaltig.

Am Nachmittag waren wir dann kurz vor Pauillac. Bei immer noch 9 Knoten Fahrt über Grund. Fender und Leinen waren wieder klar und es ging auf die schmale Einfahrt zu. In der Karte sind Eddies eingezeichnet und ich konnte mir bereits denken was mich dort an der Außenseite erwarten wird. Beim eindrehen kurz vor der Mole hatten wir schlagartig den Strom gegen uns. Marschfahrt hat nun nicht mehr ausgereicht, wir wurden weiter nach Süden versetzt. Also Vollgas, den Hebel bis an den Anschlag nach unten und am besten nicht auf den Drehzahlmesser schauen. Der Bukh ist auf einmal lebendig geworden und Meter für Meter hat sich Eos langsam aus dem Fahrwasser geschoben. Wir waren im Hafen. Entspannen, Fahrt rausnehmen, alles genau anschauen. Woher kommt der Wind? Gibt es eine Strömung im Hafen? Oh ja, es strömt ordentlich. Mal hier entlang, mal da entlang. Also vorsichtig, aber nicht zu vorsichtig ran an den Gästesteg. Ich war zu vorsichtig beim ersten mal. Die Strömung hat Eos wieder weggedrückt. Nochmal kurz zurück und mit ordentlich Schub wieder ran. Hat geklappt und ich musste nicht von Bord. Ein netter Mensch hat mir die Leinen abgenommen und geholfen.

Leinen fest nach 27 Seemeilen!

Das war er also, mein erster Einhandtörn. Hätte eigentlich nicht besser laufen können.

Nachdem Eos fest war, hab ich mich noch eine Weile mit dem freundlichen Franzosen, der mir geholfen hat, und noch jemandem, der dazu kam, über die Tour unterhalten. Dann „Au Revoir“ gesagt und bevor ich zurück an Bord konnte stand jemand vor mir und meinte: „Grüß Gott, ich bin der Michael.“

Was danach geschah, wieso Eos in der folgenden Nacht auf Grund saß und warum ich immer noch in Pauillac bin, erzähle ich euch die Tage.

EINMAL MÜNCHEN-ANTALYA – heute live bei GEOBUCH München. Oder: Vom langsamen Reisen.

… die Reste dessen, was vom Theater im römischen Myra überlebt hat:
Die Minen von Schauspielern.

Es gibt vielfältige Gründe, warum wir reisen. Und warum wir hinterher darüber den Mund aufreißen über das, was wir erlebt haben, noch mehr. Egal, wie immer man reist, ob pauschal oder „all inclusive“ oder „individual“: Irgendetwas verändert sich. Der Alltag ist, zumindest am ersten Tag danach, ein anderer. Wir sehen unsere Welt danach mit anderen, weit aufgerissenen Augen – auch wenn der Effekt im Büro oder sonstiger Alltagsroutine nach einem Tag meist verschwunden ist. „Unsere“ Welt hat uns dann wieder.
„Urloub“: Im Deutsch des Mittelalters ist das Wort eng verwandt mit „sich Erlaubnis nehmen“. Der Urlaub war also noch nie die Regel, wollte man ihn, musste man sich „Erlaub“-nis holen – von wem auch immer. Mir hat das eigentlich nie eingeleuchtet, schon als Kind nicht, am Ende der großen Sommerferien. Ich habe mich lange gefragt und tue das bis heute: „Wie stellt man es an, eigentlich immer Urlaub, ja: „Erlaubnis“ zu haben?“

Genug der Wort- und Gedankenspiele, der Bekenntnisse. Heute Abend werde ich über meine Reise von München nach Antalya erzählen:

Bei GEOBUCH am Viktualienmarkt, ab 19.30 Uhr am heutigen Donnerstag, 7.4.2016.

Und das ist für mich schon ein besonderes Highlight. Denn schließlich ist GEOBUCH immer ein traditioneller Ort des Aufbruchs, ein Ort, an den ich ging bei x Reisevorbereitungen. Wenn Sie also, wie das Pärchen, das ich vergangene Woche bei meinem Vortrag in der Berliner URANIA kennenlernte und das von Berlin nach Antalya mit dem Motorrad möchte, wenn Sie also das Fernweh plagt und zwickt: Dann freue ich mich, wenn Sie heute Abend im Publikum sitzen.

Denn ums Fernweh, um Nisomanie (die Inselsucht) und Leben am Meer wird’s gehen.
Und darum, dass wir unserem Fernweh öfter mal „Erlaubnis“ geben sollten.

Und für alle, die Fernweh & Meeres-Sehnsucht jetzt gleich befeuern wollen:

 


Ein Mann verliert seinen Job.

Aber statt zu resignieren, begibt er sich einfach auf sein kleines Segelboot.

Und reist in fünf Monaten: Von München nach Antalya.
Was passiert, wenn wir unser angestammtes Leben ändern?

Jetzt lesen. Als eBook. Als Print. Hier bestellen.

Demnächst Vorträge in:
            Donnerstag, 31.3.2016, 19:30 Uhr: URANIA, Berlin                                                                                     
     An der Urania 17, 10787 Berlin, Tel. 030 218 90 91
Donnerstag 7.4.2016, 19:30 Uhr: GEOBUCH, München
Rosental 6, 80331 München, Tel. 089 265030
Kommenden Sonntag der Film im Kino in:
Sonntag 10.4.2016, 11:00 Uhr: Kino im ANDREASSTADEL, Regensburg  

Im Download. Als DVD. Hier.

Ereignisreiche Woche

IMG_4329 Dune du PilatDie Woche ist nicht ganz zu Ende und trotzdem fasse ich sie schon mal zusammen, denn jetzt habe ich gerade Zeit. Ich häng seit heute morgen nämlich angezählt in der Koje. Halsweh, leichtes Fieber und der Kram, schon wieder. Es nervt, aber was solls, geht auch wieder weg.
Was seit Samstag vor einer Woche so passiert ist:

Wir hatten viel mit Eos zu tun. Einkaufen, sauber machen, für die Kanalfahrt vorbereiten, die verschiedenen Tanks auffüllen, ein paar kleinere Reparaturen erledigen, sich gemütlich einrichten, Technik checken, und so weiter.

So sehen die wichtigsten Füllstände nun aus:

Trinkwasser in Tanks – 220l
Trinkwasser und Cola in Flaschen – 45l
Nahrungsmittel – Viele
Diesel – 200l
Benzin – 5l
Petroleum – 27l
Spiritus – 7l
Rum – 1 Flasche

Neben der Vorbereitungsarbeit war aber auch noch genug Zeit für Urlaub am Atlantik und, ganz spontan, auch für Ausflüge auf dem Jakobsweg.
Eigentlich wollte ich Sabrina an ihrem Geburtstag für zwei Tage nach Spanien entführen aber sie wollte nicht. Zu aufwändig, meinte sie. Sie wollte ihren 30. lieber ganz unspektakulär auf dem Jakobsweg hier an der Küste verbringen.
Ich muss sagen, es war der ungewöhnlichste 30. Geburtstag, auf dem ich jemals anwesend war, aber auch einer der schönsten.
Wir haben morgens unsere kleinen Rucksäcke gepackt. Proviant, ein paar warme Klamotten. Dann die Wanderschuhe angezogen und los. Allerdings nicht nur zu Fuß. Der kleine Renault Modus hat uns an einige Abschnitte gebracht, die wir vor ein paar Monaten gepilgert sind.
Erinnerungen kamen hoch und vor allem sehr schnell auch die Erkenntnis, wie wenig Zeit vergangen und wieviel in unserem Leben seitdem passiert ist.
In Le Gurp ist nach wie vor alles dicht. Keine Menschenseele war dort. Den Platz im Wald, an dem unser Zelt für eine Nacht stand, haben wir sofort wieder gefunden. Es ist wirklich kurios. Im Alltag vergisst du schon mal wo du vor dem Supermarkt dein Auto geparkt, oder zu Hause den Schlüssel hingelegt hast und hier, auf dem Jakobsweg? Da weiß ich noch, neben welcher Pflanze ich den Hering in den Boden gedrückt habe. So einen Weg geht man irgendwie wacher. Man versucht so viel wie möglich in sich aufzusaugen. Bloß nichts liegen lassen!
Irgendwann hatten wir dann die Runde durch den Wald gedreht und uns neben dem Campingplatz unter den hohen Kiefern an einen der Tische fürs Picknick gesetzt und etwas gegessen. An denselben Tisch wie beim letzten Mal. Wir waren allein, nach wie vor keine Menschen weit und breit. Nur ein paar einzelne „Wächter“ von Le Gurp sind noch umher gehuscht. Die Eichhörnchen.

Einen Tag später sind wir noch einmal los und haben weitere Orte am Jakobsweg und daneben besucht. Die Tramperstrecke, das Bassin d’Arcachon und noch einmal hoch auf die Dune du Pilat. Wunderbare Tage waren das.

Und Johnny? Den haben wir natürlich nicht vergessen! Seine Urne hatten wir mit an Bord und die Zeit mit ihm ist nun endgültig zu Ende. Wir haben jetzt eine Stelle, an der wir an ihn denken können.

Seit heute morgen bin ich nun allein an Bord. Ziemlich ungewohnt für uns beide. Sabrina ist mit dem Auto zurück gefahren und auf halbem Weg gut im Hotel angekommen. Morgen fährt sie die zweite Hälfte der Strecke und dann ist ihr Urlaub auch schon wieder vorbei.
Ich bin gespannt wie wir mit dem allein sein klar kommen werden. Heute war es jedenfalls für uns beide sehr schlimm.
Eine Freundin von Sabrina hat es vor kurzem recht passend ausgedrückt: „Zwischen euch beide passt ja auch kein Blatt Papier!“
IMG_20160401_194111 Sabrina und Nico

April, April

Aprilscherz 2016Eos segelt nicht mit 4 Beaufort von achtern, bei herrlichem Wetter der spanischen Küste entgegen, sondern liegt nach wie vor in ihrer Box in Port Medoc! Die Positionsmeldungen hier auf der Website und bei Facebook waren natürlich ein Aprilscherz.

Bald geht es aber wirklich los. Sabrinas Urlaub ist leider schon fast zu Ende. Sie wird morgen früh mit dem Auto allein zurück fahren, auf halber Strecke im Hotel übernachten und ist Sonntag wieder in Deutschland.

Wenn der Wetterbericht so bleibt, dann mache auch ich morgen früh die Leinen los. Eos ist fertig vorbereitet und alle Tanks sind randvoll.

IMG_4406 Snapdragon 890 Eos IMG_4408 Snapdragon 890 Eos

 

 

 

 

 

Sonnensegler #22 Zurück an Bord

Vom Segelboot zum Kanaldampfer

IMG_20160326_092845Angefangen hat die Tour am Donnerstag Abend etwa 19 Uhr. Ich habe meinen Rhythmus einen Tag zuvor auf Nachtschicht umgestellt und ziemlich lange geschlafen. Sabrina war mit ihrer Bronchitis so gut wie durch. Bei mir haben sich wieder Schnupfen und Halsschmerzen angeschlichen, aber ansonsten war ich fit.
Die Niederländische Grenze lag schnell hinter uns, ebenso die Belgische. An beiden Übergängen war es erstaunlich entspannt.
Die Grenze zu Frankreich wurde stärker bewacht als noch im Dezember, aber auch hier durften wir ungehindert passieren.
Ich hatte mich bereits auf eine ziemlich langweilige Nacht eingestellt, während Sabrina die meiste Zeit geschlummert hat. Eine CD nach der anderen musste das Radio durchleiern, um mich bei Laune zu halten.
Die Mautstationen wurden ebenso von schwer bewaffneten Polizisten überwacht, aber das kannten wir ja bereits von der letzten Tour, ein paar Monate zuvor. Wir haben nur gehofft, dass wir nicht zu denen gehören würden, deren Fahrzeug ausgeräumt und durchsucht wird. Bisher hatten wir wirklich Glück.
Die Mautstation vor Paris wurde besonders gut kontrolliert, allerdings aus meiner Sicht irgendwie ein wenig merkwürdig organisiert. Viel blaues Blinklicht und noch mehr Pylonen. Hab mir dann erst mal eine freies Mautgatter zum bezahlen ausgesucht. Ich wundere mich ja immer wieder, warum so viele Menschen sich in der Mitte knubbeln und anstehen, obwohl man mit einem Schlenker nach rechts oder links gleich ein freies Terminal vor sich hätte. Vielleicht eine Art Herdentrieb? Ich weiß es nicht, bin aber jedenfalls ganz nach rechts außen an ein freies Gatter gefahren und hab das Ticket bezahlt. Nachdem die Schranke hoch gezogen wurde, lag vor mir ein durcheinander aus Pylonen. Einige Autos, die ohnehin bereits mittig durch die Anlage sind und jetzt links neben mir waren, wurden von Polizisten kontrolliert. Die Lage sah ziemlich entspannt aus und ich hab kurz überlegt, ob ich im 90° Winkel nach links ziehen und mich hinten anstellen soll? Aber zum einen soll man sich ja nicht unnötig auffällig verhalten und zum anderen war direkt vor mir eine eindeutige Lücke zwischen den Pylonen. Also wirklich eindeutig!
Was machen? Eine Sekunde, zweiter Gang, noch eine Sekunde…
Irgendwie war ich im Kopf wohl schon auf Eos und habe mir gedacht: Im Zweifelsfall erst mal Kurs halten!
Also geradeaus.

Etwa 100m weit sind wir gekommen, dann wurde laut gepfiffen und gerannt. Die Polizisten waren plötzlich überhaupt nicht mehr entspannt und auch die automatischen Gewehre hingen jetzt nicht mehr nur locker um den Hals.
Der Modus stand mehr oder weniger sofort, ich hab noch schnell das Fenster geöffnet und zumindest eine Hand nach oben gehalten.
Bevor der erste an der Tür war hab ich mich bereits entschuldigt. Er war schnell an der Tür, hat uns dann sehr ernst gemustert, ins Auto geschaut und während ich irgendwie versuchen wollte mich zu erklären, fing er ganz leicht an zu lächeln und fragte dann: „Deutsch?“
Ich hab genickt.
„You can go this way!“ meinte er nur und zeigte in Richtung Autobahn.

Das wars, mehr nicht.
Merci beaucoup!

Das war der einzige Zwischenfall. Morgens um kurz vor 8 Uhr, viele 100 Kilometer später, hat die Fähre den kleinen Renault Modus und uns über die Gironde geschaukelt. Diesmal hat er es endlich auch an den Atlantik geschafft, mit gerade mal 4,7l Diesel pro hundert Kilometer.

Schlüssel umdrehen, Türen auf, in die Kajüte schnuppern. Alles gut!

Nur außen hat Eos ein wenig gelitten. Die Winterstürme haben ein paar Spuren hinterlassen, aber nichts wildes.

Der restliche Tag war gefüllt mit Kisten schleppen, einrichten, alles für den Krantermin vorbereiten.

Am Samstag sind wir mit Eos dann eine große Runde durch den Hafen zum Technik Ponton gedreht. Eine große Runde deshalb, weil im Hafen gerade gebaggert wird. Man muss quasi eine Umleitung fahren.
Etwa eine Stunde später lag der Mast auf seinen neuen Lagerpunkten. Dann zurück in die Box, Wanten, Stagen und das ganze Gerödel sortieren, fixieren, abpolstern. Noch ein Großeinkauf, endlich duschen.

IMG_20160326_092900
FILE8194 Mastlegen
IMG_20160326_112248

IMG_4238

In Sizilien. Auf dem Boot. Im Gründonnerstags-Sturm.

Und irgendwie hatte ich es wieder nicht hingekriegt. Hatte es einfach nicht gemacht. Hatte das, was wichtig ist, einfach aus den Augen verloren. Ich hatte mir vorgenommen: „Im Winter mindestens einmal pro Monat am Meer.“ Auf LEVJE, die jetzt im Süden Siziliens im Hafen von Marina di Ragusa liegt. Nicht weniger als eine Woche. Mindestens. 
Aber wie das Leben so läuft: Ein netter Winter in Oberbayern. Eine spannende Aufgabe in Berlin.  Und weg ist der gute Vorsatz. Aus „Mindestens einmal monatlich“ wurde flugs „kein einziges Mal in vier Monaten.“ Mein Leben war spannend. Doch ich scharrte mit den Hufen, endlich, endlich in diesem Winter wieder auf mein Schiff zu kommen. Ich spürte, wie mein Schiff an den Leinen ruckte, ein Lebewesen erwacht in den Winterstürmen Siziliens. Nachts lag ich wach: „Schwimmt sie noch?“
Heute war es soweit. Früh aufgestanden, die letzten Dinge im Seesack verstaut, proppenvoll mit Werkzeug, Schrauben, Bolzen, Plastikflaschen voll „Harz & Härter“. Zwei Beutel mit Ostereiern, meine Lieblingssorte, die mir Katrin neben den Seesack legt. Minuten später stehe ich allein am Bahnhof, en Seesack geschultert, mein Schritt ist federleicht, obwohl der Seesack zusammen mit dem kleinen Rucksack für meine elektronische Ausrüstung mehr als 20 Kilo wiegt. Rollkoffer? Nein. Ich spüre es nicht, das Gewicht, weil andere Gewichte heute morgen von mir abfallen, während ich im lichtlosen Grau auf dem Bahnsteig stehe, beim Umsteigen nehme ich zwei Stufen auf einmal. Das Herz: es hüpft.

Der kleine Militärflughafen weit weit im Westen, von dem die Maschinen mit der aufgemalten gelben Harfe abheben. Noch nie bin ich mit RYANAIR geflogen, es ist eine verflixte Gängelei, vorher und während wir abgefertigt werden. Gedrängel und Gegängel im Wechsel, eingepfercht sein – da hilft auch kein noch so flotter Marketing-Refrain. Ein Massenprodukt, das mit Massen gefüllt sein will, sonst funktioniert es nicht, ich überlege, wie man – eingepfercht und nicht nur der Beinfreiheit beraubt, dieser Art von Massentransport, es ist ja nichts anderes, Positives abgewinnen könnte. Ich schließe die Augen. Schlafen ist gut. Der Blick aus dem Fenster auf die Weite der Berge – ja der entschädigt.

 

Anflug auf Palermo. Als die Wolken aufreissen, sagt jemand hinter mir: „Merkwürdig. Ich sehe Schnee. Und Berge.“ Doch was aus der Luft wie Schnee aussieht, ist Gischt. Wind, der tief unter uns auf dem Meer Wellen aufwirft, Gischt, die von hoch oben weiß aussieht, wenn Kämme brechen.

Und tatsächlich. In Palermo weht es. Wie fast immer, liegt der Flughafen einer Insel am Meer, beim Aussteigen warnt der Purser, dass man aufpassen solle, „heavy gusts outside“. Als ich aussteige, galoppieren graue Wolkenfetzen über den Berg, der archaisch hinter dem Rollfeld aufragt. Pfützen, die flirren, als lägen sie unter einem Triebwerk. Der Autoverleiher, ein netter Rothaariger, der versucht, mir noch für 170 € eine Extra-Versicherung anzudrehen. Nettes Palaver. Italien.

Ich rolle durch die Dämmerung. In Palermo Stau, es ist sechs, dann auf der Autobahn Richtung Süden. Windboen treiben meinen Kleinwagen immer wieder aus der Spur, aber sie lassen etwas nach. Regenschauer, kein Mittelmeer-Regen, eher feines Gesprühe. Meerwetter. Atlantikwetter. Zwischen den Bergen kurz der Vollmond, der zwischen jagenden Wolken sich zeigt. Als ich ihn sehe, weiß ich wieder, wie richtig es ist, immer wieder aufzubrechen, genau das und dies hier zu suchen, und wenn es nur für Tage, Stunden ist. Freude, die beim Anblick des Mondes wie ein Blitz durch mich zieht. Die letzten Kilometer, ein Gekurve durch düstere Wälder von Schilf, lange Halme, die sich im Wind biegen, wenn der Scheinwerfer des Wagens sie fasst.
Als ich endlich den Hafen erreiche, ist es mondlos, wolkenverhangen, Finsternis. Eigentlich wollte ich noch etwas essen gehen, aber die Sorge um mein Boot treibt mich gleich zum Hafen, jetzt um neun ist eh fast alles zu. Marina di Ragusa, Ferienort. Winterschlaf. Fetzen von Planen, die von Zäunen wehen.

Dann stehe ich endlich vor LEVJE. Sieht alles gut aus, von der Pier. Die Persenning bläht sich und bauscht im heftigen Nordwest, ein Brausen in den Masten. Ein paar ausgerissene Zeisinge, es muss heftig geweht haben hier die letzten Monate, die Trikolore, die ich neu im Herbst aufzog, sie ist in der Dunkelheit reduziert auf „Uno Colore“. Der Rest: verweht, vom Wind zerzaust, zerfasert, zerstoben.

Ich klettere an Bord. Fühlt sich so gut an, der gewohnte Tritt am Bug in den Bügelanker, in einem Schwung hinauf mit dem Seesack auf den Rücken in den Bugkorb, LEVJE schwingt freundlich in einer Böe nach Steuerbord. „Guten Tag.“ Mein Gesicht ein dümmliches Grinsen, ich freue mich einfach nur, als wäre es Weihnachten, wieder hier zu sein. Schnell das Steckschot geöffnet. Ich tappe im Dunkel nach unten, jedes Mal erwarte ich, im Dunkel mit den Füßen in eisiges Schwappen zu tauchen, weil ein Bordverschluss leise aufgab, im Winter. Aber alles ist trocken. Ich taste im Dunkel nach dem Hauptschalter, drehe kurz den Knochen. Licht springt an, ich habe beim Weggehen vorbereitet, dass alle Lichter gleichzeitig angehen. Mein erster Blick: Alles gut, alles trocken. Batterien so la-la. Nur die Kartoffeln in der Bilge habe Triebe bekommen, ich dachte ja im späten Dezember, gleich wär’ ich wieder da. Alles trocken. Alles gut. Freude packt mich, wieder auf meinen Boot zu sein, Freude, tief kindlich und kindisch zugleich, ich streichle LEVJEs Mastfuß, wie immer, wenn ich komme, wenn ich gehe.
Die Beziehung eines Menschen zu seinem Gefährt: Sie ist bemerkenswert immer dann, wenn es nicht um „ es Haben“, sondern um „damit etwas Machen“ geht. Natürlich handelt es sich ja alles nur um ein paar industriell gefertigter und montierter Teile, Glas, Harz, Härter, Alu und Holz, im Wesentlichen. Aber zu jedem wichtigen Gefährt hatte ich auch immer eine besondere Beziehung. Mein erstes Fahrrad, auf dem ich nach der Schule, wenn das Wetter es zuließ, jeden Nachmittag aufbrach, um irgendwo im Dorf herumzustreunen, nach Erfahrungen, Abenteuern zu suchen, hieß „Emma“. So wie die Lokomotive von Lukas in dem Buch, das ich Nachmittags auf den heißen Pflastersteinen liegend wieder und wieder verschlang. Das erste Motorrad, das den Radius deutlich vergrößerte, die „wilde Wutz“. Der kleine rote Golf. Vielleicht ist das so: Ein Gefährt wird zum Gefährten, wenn man mit ihm ganz neue Schritte ins Leben geht. Neue Wege beschreitet. Wenn man ihm neue Erfahrungen verdankt, Weite im Kopf. Und Stunden des Glücks.

Ich schaue mich unter Deck um. Die Fenster blieben im prasselnden Winterregen alle dicht. Draussen macht der Wind Geräusche wie ein dahinbrausender Zug, der sich in die Kurve neigt. Ein schrilles Pfeiffen zwischen den Wanten. Ein dumpfes Wummern vom Meer hinter der Mole. Hundertfaches Sirren und Schwirren in der Luft. Ein Rauschen und Branden, Levje, die in den Böen hin und herschwingt, dazwischen der brummende Ton einer Orgel. Levjes Mastfuß, der vibriert. Die Tausenderlei Töne, die schwächer werden, nur um gleich wieder anzuschwellen, das Sirren und Schwirren und Brummen und Pfeiffen, das über allem liegt im Dunkel. Und ich mittendrin, geborgen, behütet in der Unwirtlichkeit, in der mein kleines Schiff schwingt, während ich Wasser für einen Topf mit Penne aufsetze und mir eine der letzten griechischen Bierdosen öffne: Bin glücklich während ich im Cockpit sitze, und hinausschaue in die brausende Finsternis.

„Das Leben eines Menschen ist, was seine Gedanken daraus machen.“ Der alte Kaiser, der das schrieb, hatte recht – im Guten wie im Schlechten. Ich stelle mir vor: Wie er diese Zeile im matten Licht einer Öllampe seinem Sekretär diktierte – der alte Kaiser lebte meist im Militärlager, ein Kaiser zwar, aber im Zelt, die zwanzig Jahre seiner Regierung fast nur in widrige Grenzkriege im Norden verwickelt. „Das Leben eines Menschen ist, was seine Gedanken daraus machen.“

 

_________________________________________________________________________________

Mehr Geschichten vom Autor von MARE PIU: 

 

 

Ein Mann verliert seinen Job.

Aber statt zu resignieren, begibt er sich einfach auf sein kleines Segelboot.

Und reist in fünf Monaten: Von München nach Antalya.
Was passiert, wenn wir unser angestammtes Leben ändern?

Jetzt lesen. Als eBook. Als Print. Hier bestellen.

Demnächst Vorträge in:
            Donnerstag, 31.3.2016, 19:30 Uhr: URANIA, Berlin                                                                                     
     An der Urania 17, 10787 Berlin, Tel. 030 218 90 91
Donnerstag 7.4.2016, 19:30 Uhr: GEOBUCH, München
Rosental 6, 80331 München, Tel. 089 265030
 
Demnächst der Film in:
Sonntag 10.4.2016, 11:00 Uhr: Kino im ANDREASSTADEL, Regensburg                           
 

 
 

Ein Treffen mit der Vergangenheit

Liebe Leser, nach anderthalb Jahren auf dem Wasser ist ein neuer Meilenstein erreicht. Wahrscheinlich sogar einer der bedeutendsten unserer Reise. Seit vorgestern Abend ankert unsere „Maverick too“ vor der richtigen, der Original-“Maverick“, mit der Johannes 2005/2006 einhand über den Atlantik gesegelt…

Position im neuen Gewand

Position 2016-03-20Pünktlich zum Frühlingsanfang ist die neue Positionsseite fertig geworden. Auf den ersten Blick fällt hauptsächlich die neue Karte auf. Die Seite verwendet jetzt eine OSM-Outdoor-Karte und ich habe auf die neueste Plugin-Version umgestellt. Das bringt in erster Linie einige Erleichterungen für mich beim aktualisieren mit sich. Für euch bedeutet es, dass die Position und Links aktueller sind. Mit Smartphones lässt sich die neue Karte jetzt auch komfortabler bedienen.

Probierts doch mal aus: —> Position

Von Seuchen und Vorbereitungen

IMG_4212Zuerst die Guten Nachrichten:
Alle Einkäufe sind erledigt, alle Bastelprojekte aus der Werkstatt raus und die letzten Bestellungen eingetrudelt. Auch unser kleiner Renault Modus ist wieder fit. Er hat uns bis vor kurzem immer wieder mit Problemchen auf Trab gehalten. Zum Schluss ist noch die Windschutzscheibe getroffen worden. Ein Steinschlag, dekoriert mit einem „schönen“ langen Riss. Aber auch das ist wieder heile, nachdem ich vorgestern eine neue Scheibe eingebaut habe.
Jetzt müssten eigentlich nur noch die Sachen gepackt und etwas Papierkram erledigt werden. Der weitere Plan sieht dann vor, dass wir uns am Donnerstag Abend auf nach Frankreich machen wollen.

Jetzt die schlechte Nachricht:
Sabrina liegt seit heute flach. Aber so richtig. Kopf- und Gliederschmerzen, Halsweh, Husten, Stimme weg und Fieber.
Wir spielen mit der Seuche seit ein paar Wochen Pingpong. Erst Sabrina, dann bis vor ein paar Tagen ich und jetzt wo wir beide wieder einigermaßen fit waren, geht es offenbar von vorne los.

Aber wir haben einen Plan B, falls nicht eine Art High-Speed-Heilung einsetzt! Denn irgendwie muss Eos vorbereitet werden und am Samstag früh zum Servicesteg kommen, dann hat sie einen Termin fürs Mastlegen.

Der Segler im Winter: Ein Abend, nur einer, am Meer.

Und? Wissen wir noch, wie das ist, jetzt im späten Winter am Meer? Könnten wir das einfach beschreiben, wie das zugeht am Himmel und aussieht und sich anfühlt, wenn die Sonne das Meer alleine zurücklässt? Hätten wir sie noch alle drauf, all die Farben, wie sie sich über den langen langen Sonnenuntergang dahinziehen? Wissen wir noch, wie das ist, wenn der Himmel im Abendlicht zu einer Kinoleinwand wird, über die ein Film ganz anderer Art flimmert? Versuchen wir mal, diesem Kinofilm beizuwohnen.

Zur Erinnerung: Jetzt im Winter, am späten Nachmittag, versinkt die Welt am Meer im Blau noch mehr als am Land. Und nur, was aufragt aus dem Meer, was sich dem letzten Licht des Abends entgegenstellt, ein Fels, ein wackeliger Steg, zwei gekreuzte Bretter, das leuchtet plötzlich auf wie eine rätselhafte Hieroglyphe.

Das leise Rauschen am Strand. Ein kalter Wind im Gesicht, der Frösteln macht. Geruch nach frischem  Tang. Wolken, die wie feine Finger über die ganze Weite des Himmels ausgreifen. Schwere Schuhe, die im Sand versinken. Der rote Turm, von dem niemand Ausschau hält und der doch dasteht: als würde er auf etwas sehnsüchtig warten, etwas heiß ersehntes, was übers Meer kommen wird. Ganz sicher.

Und während wir langsam zurück stapfen durch den Sand und der Erdboden immer mehr im Dunkel versinkt und der Himmel duftig immer heller wird und heller, bis er nur noch ein einziges Leuchten ist, weil der Rest der Welt im Dunkel versinkt, schießt mir ein Satz durch den Kopf, den ich im Flugzeug las, über den Wolken, und den ich festhalten möchte auf diesem Blog, weil er so passt, zu all dem:

„Man ist ja auch immer das Gegenteil dessen, was man ist.“

PS: Der kluge Satz: Der stammt von Laurie Anderson. Und er war an diesem Wochenende in ihrem Interview im lesenswerten SZ-Magazin LOS GEHTS. EIN FRAUENHEFT ÜBER DEN AUFBRUCH zu lesen.
Und der Himmel im Winter am Meer? Der ist ganz sicher noch da, wo er immer ist.
Der Himmel: Er kommt für alle, die nicht warten wollen, am Ende in meinem Buch und auch im Film EINMAL MÜNCHEN – ANTALYA, BITTE ausgiebig vor. Der Film läuft an diesem Wochenende
                      am Samstag, 19.3. im KURTHEATER in Tutzing
                      und am Sonntag 20.3. als Matinee im BREITWAND in Herrsching.