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EINE STILLE MACHT?

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Sommer und Herbst in Oban

Zurück an Bord hatte sich der Wetterbericht leider schon wieder massiv verändert. Gleich drei Tiefs würden ab Morgen Nachmittag damit beginnen auf dem Nordatlantik fast stationär umeinander herumzutanzen. Für die schottische Westküste würde das bis auf absehbare Zeit stürmische Bedingungen bedeuten. Mindestens für etwa 5 Tage. Und so schön Tobermory ist habe ich hier doch eigentlich schon alles erkundigt. Den eingeplanten Tag Pause wollte ich eher zur Erholung haben. So wird daraus aber nichts, ich muss mir einen sicheren Hafen für die nächste Tage suchen wo es auch ein bisschen was zu entdecken gibt. Was wäre da naheliegender als sich auf den Weg nach Oban, der inoffiziellen Hauptstadt der Westküste zu machen!

Eigentlich wurmt mich die Situation ein wenig. Das Phänomen vom Wetter von schönen Orten weggedrängt zu werden gibt es zwar auch in anderen Revieren, hier ist es aber deutlich ausgeprägter. Zum Ausgleich gibt es aber wenigstens den bisher besten Segeltag der Reise. Der Wind weht zunehmend stärker raumschots auf bis zu 7,5kn während an Steuer- und Backbord wieder der Sound of Mull vorbeizieht. Die Sonne scheint und taucht die felsigen und moosigen Hänge in ein ganz besonderes Licht so kann es weitergehen! Der Grummel über den morgen wieder endenden Sommer verfliegt.
Am Südende des Sound of Mull mache ich dann einige Overfalls voraus aus. Im Fernglas sieht es aus als ob der Wasser voraus ein wenig kocht. Doch genau als ich an dieser Stelle mit Nonsuch ankomme ist der Strom gekippt, läuft jetzt mit dem Wind, und die Overfalls verschwunden. Die Planung stimmte also auch!

Püntklich zum Sonnenuntergang erreiche ich dann mein Nachtlager, den Ankerplatz Puilladobhrain, oder auch Pool der Otter. Und tatsächlich, gleich in der Einfahrt guckt der erste Fischjäger mal kurz vorbei und fragt sich wer da in sein Revier eindringt.

Puilladobhrain (sprich: Pulladuuvrin) ist aber auch sonst ein ganz witziger Platz: Vom nahen Atlantik ist er eigentlich nur durch einige einzelne Felsen geschützt und trotzdem perfekt geschützt. Trotz einigen Nachbarn ist es ruhig und ich kann den Sonnenuntergang bei einer Dose Chickencurry genießen. Sowas gabs bei meiner letzten Reise noch nicht in der Qualität fertig….

Es ist schon merkwürdig. Hinter mir liegt der bisher beste Segeltag der Reise, beim Sonnenuntergang könnte man fast auf die Idee kommen, dass Sommer ist, und es ist zwar nicht sonderlich warm, die Haut brennt aber trotzdem auch ein wenig. Und doch steht fast sicher fest, dass ab Morgen feinstes Novemberwetter herrschen soll. Ich mag mich gar nicht wechselndes Wetter beschweren, dann dürfte ich hier gar nicht hinfahren, aber wie schnell sich nicht nur mal eben ein Schauer irgendwo dazwischenschiebt sondern sich gleich das ganze Wettermotto ändert ist wirklich erstaunlich.

Nachdem der Anker gelichtet ist geht es nun bei merklich spätsommerlichem Wetter Richtung Oban. Der dortige Hafen liegt allerdings nicht genau in der Stadt sondern auf der vorgelagerten Insel Kerrera. In den Ort geht es dann mit einer kleinen kostenlosen Fähre. Die Lage des Hafens hat aber nicht nur Nachteile. Zum einen ist man bei den vorherrschenden westlichen Winden deutlich besser als am Stadtufer geschützt und sobald einem der Trubel mal zu viel ist kann man sich auf die ruhige Insel zurückziehen.

Noch steht mir der Kopf aber nach Entdecken. Also nehme ich die nächste Fähre und mache mich auf nach Oban. Das Erste was mir dort ins Auge fällt ist natürlich – Wer hätte das gedacht – die örtliche Whiskydestillerie. Das hat hier aber auch tatsächlich seinen Grund: Sie ist nämlich älter als die Stadt. Als der Betrieb Ende des 18.Jhd. gegründet wurde siedelten sich die Arbeiter und deren Familien sukzessiv um sie herum an. Der Ort Oban entsteht. Das die Destillerie als Industriebetrieb mitten im Stadtzentrum liegt hat also durchaus seinen Grund.
Ansonsten ist die Stadt sehr trubelig und voll. Offenbar bin ich nicht der einzige der die letzten Sommerstunden genießen will. Das Stadtbild ist typisch britisch: Viel alte Bausubstanz, manchmal ein wenig abblätternde Farbe und Unordnung und viele kleine Geschäfte. Die Städte sind einfach oft viele hundert Jahre alt, gewachsen, und wurden nie von Krieg und Zerstörung neu „sortiert“. Das Ergebnis wirkt einfach etwas weniger geradelinig als deutsche Städte, was das ganze auch so sympathisch und interessant zu entdecken macht. Ich gebe mir ein Museum über die Stadtgeschichte und einen kleinen Bummel bevor ich einen Fish-and-Chips Shop ansteure. Das Amphitheater-ähnliche Gebilde welches die Stadt überragt spare ich mir nachdem ich erfahren habe, dass es gar keine alte Hinterlassenschaft, vielleicht sogar keltischer Natur, sondern nur ein persönliches Denkmal für einen reichen Bewohner der Stadt vor etwa 100 Jahren werden sollte. Dafür muss ich mich jetzt nicht auch noch einen Berg hochkämpfen.

Stattdessen mache ich etwas typisch britisches und setze ich mit meinen Fish-and-Chips mit Essig und Brown Sauce, quasi dem britischen Maggi, auf einen Hafenpoller und schaue auf den Hafen. Fish-and-Chips entstammen nämlich nicht wie oft vermutet den Pubs, sondern sind eigentlich ein klassisches Takeaway-Essen. Im Pub essen es meist nur die Touristen. Die Briten holen es sich bei einem „Chipper“ und essen es bevorzugt am Wasser. So ähnlich wie die Dänen mit ihrem Dosenbier… Ein paar Möwen verscheuche ich per Blickduell (komisch, dass das bei Vögeln funktioniert) und genieße den Nachmittag auf die nächste Fähre wartend während der Wind kontinuierlich zunimmt.

Als ich dann nur etwa eine halbe Stunde später wieder in der Marina bin bläst es bereits mit 7 Windstärken und es regnet aus Eimern. Innerhalb von 30 Minuten hat sich nicht nur das Wetter sondern so ungefähr fast die ganze Jahreszeit geändert.

Die folgenden Tage verkrieche ich mich dementsprechend auch meist unter Deck und kuriere eine Erkältung aus. Nur an einem einzelnen Nachmittag lässt der schottische Kurzzeitherbst noch einen kurzen Stadtbummel zu. Ansonsten bleibt nur der kleine Marinapub, der mit jedem Tag zunehmend zu einer Selbsthilfegruppe Wettergeschädigter mutiert. Ich lerne Christine, Lorne und Russell kennen mit denen ich über ferne Strände in denen es Sonne geben soll (deutsche Nordseeküste) und alles mögliche philosophiere. Gemeinsam schmieden wir Pläne für den nächsten Frühling kommende Woche und lassen uns auf das Hafenleben ein.

Sommertour – Tage ? – Boltenhagen, Laboe und Zingst


Foto von Lars Grötzinger

Das Video zum Blogbeitrag

Die langen Segeltage und die Auftritte mit Auf- und Abbau gingen doch ein wenig an die Substanz und so ergriff ich die Gelegenheit nach dem Gig in Travemünde mit unserem Transporter nach Hamburg zu fahren. Mein Boot lag ja schon in Boltenhagen und bis zum Konzert dort am 4.8. verbrachte ich ein paar entspannte Tage in Hamburg. Am 4.8. holte ich dann Dara ab, denn es stand mittags noch ein kurzer Auftritt in der Fußgängerzone vor dem Pressezentrum Lübeck statt. Nach dieser „Straßenmusik“ ging es dann in die Marina Weiße Wiek nach Boltenhagen zum Abendkonzert. Ich musste noch kurz mein Boot hier umparken, was leider doch ein wenig aufwendiger als mit einem Auto ist, dann mussten wir uns auch schon mit dem Aufbau ranhalten. Wie bei dieser Tournee üblich wurde zum Auftritt das Wetter wunderschön und wir hatten einen ganz tollen Auftritt vor dem liebevoll eingerichteten Bistro Tavolo samt Hafenkulisse. Es waren viele gute Zuhörer, Mitsinger und Mittänzer im Publikum. So macht das dann immer viel Spaß. Stefanie vom Tavolo kümmerte sich rührend um uns und ihre Gäste. Perfekt. Der einzige Wermutstropfen: Gerne wäre ich noch mit den anderen am Hafen sitzengeblieben, doch ich musste nach Berlin. Mit meiner Rockabilly Band „Biggs B Sonic“ sollten wir am nächsten Tag schon früh auf den REWE Family Days spielen.

 Show in der Marina Weiße Wiek

 Frühstück im Tavolo

La Mer geniesst den Luxus der Marina

Also musste ich noch 250 Kilometer bis zum Hotel in Berlin abreißen. Der lange Tag machte sich dann auch bemerkbar und als ich nach langer Parkplatzsuche dann in mein Zimmer kam, lag dort auch noch jemand in meinem Bett. Nach einigem Hin- und Her an der Rezeption bekam ich dann doch noch ein freies Zimmer und fiel erledigt ins Bett. Der Wecker holte mich um 0730h allerdings schon wieder hinaus und wir fuhren auf das monströse Festgelände. So richtig wach wurde ich auch nach dem zehnten Kaffee im heimeligen Backstage Catering nicht, dann bekamen wir aber wegen eines spontanen Ausfalls von Gil Ofarim einen Slot auf der großen Bühne zugeteilt. Klasse. Doch als wir dann aufbauten und loslegen wollten fing es an zu regnen. Das dämpfte dann leider wieder die Freude, denn der Platz vor der Bühne leerte sich nun ob des dichten Regens. Das Stefanie Heinzmann nach uns auch nur vor hundert Gästen spielte, war auch nur ein schwacher Trost. 


Mit Biggs B Sonic in Berlin

Ich machte mich wieder auf den Weg nach Boltenhagen und um 2100h saßen wir bei Andreas auf dem Boot und hatten endlich mal ein wenig relaxte Zeit zum Quatschen. Wir hatten aus den vergangenen Tourtagen eine Menge gelernt und rekapitulierten noch einmal Repräsentation und Moderation. Langsam läuft alles richtig rund. Irgendwie wurden dann aber aus einem Glas doch mehrere und morgens machte sich das leider durch fiese Kopfschmerzen bemerkbar. Ein schönes Frühstück im Tavolo brachte zunächst Besserung, doch dann begann die Überfahrt nach Kühlungsborn. Die angesagten 3-4 Windstärken wurden in der Bucht und durch Küstenführung schnell zu einer guten 6. Selbst die Welle in der Wismarer Bucht baute sich bereits steil auf, doch als wir dann aus der Abdeckung kamen, fing der Tanz erst richtig an. Die Windrichtung stimmte zumindest, aber kam mit 160 Grad zum Boot schräg achterlich. Meine Kopfschmerzen wurden nun wieder deutlich stärker. Das einzig Schöne war der Speed von guten sechs Knoten; das war es aber dann auch schon. Mein Autopilot ging ständig von extrem links nach extrem rechts bis ich schließlich genervt die Pinne übernahm. Es gibt diese Momente beim Segeln, wo man sich die schützende Kaimauer nur so herbeisehnt, und heute war einer dieser Tage. In Kühlungsborn war extra ein Platz mit Namen für mich reserviert. Auch mal schön und vor allem ungewohnt! 


 In der Wismarer Bucht

 :-)

Nach einem kurzen Essen im netten Hafen, nahm ich eine Kopfschmerztablette und legte mich noch ein wenig aufs Ohr. Nachmittags trafen dann Dara und Basti ein. Basti, mit dem ich ja gestern noch in Berlin auf der Bühne stand, brauchte satte fünf Stunden durch den Urlaubsverkehr. Der arme Kerl. Viele sehen ja nur die kurze Zeit auf der Bühne, die meiste Zeit verbringen wir Musiker aber mit dem Reisen. Das Konzert verschob sich dann etwas nach hinten, so dass wir in Ruhe Andreas großartig klingend Anlage aufbauen konnten. Und dann hatten wir ein Konzert, was uns für alle Mühen belohnte. Es stimmte einfach alles. Kulisse, Publikum, Sound, Atmosphäre. Die Resonanz war ebenfalls ganz, ganz toll. Definitiv ein Tour Highlight. Und dann hatten wir mit Lars und (überraschend) Heidi auch noch zwei Spitzenfotografen im Team. Schaut unbedingt mal hier rein:
http://larsgroetzinger.de/sailing-bassmann/
Die Crew einer Halberg Rassy kaufte direkt „Ich geh‘ segeln“ T-Shirts für alle und ich traf einige bekannte Gesichter. Auch der Abend klang dann wieder, für mich lieber ohne Alkohol, sehr schön aus. 


Tolle Bilder der Show in Kühlungsborn von Lars Grötzinger

Ich geh‘ segeln – Live

Und nochmal Live – Danke an Heidi für das Video

Doch langsam musste ich mir nun mal Gedanken um Weiter- und Rückreise machen. Will ich wirklich noch bis Usedom und dann den ganzen Weg zurück nach Flensburg, oder lasse ich es in Warnemünde gut sein? Der Hafen Darßer Ort scheint wieder geöffnet, der Weg wäre also frei. Ich kann mich nicht entscheiden und grübele die ganze Überfahrt nach Warnemünde darüber. Mein Kumpel und Fotograf Lars ist mit an Bord. Er überlegt auch Wassersportler zu werden, also habe ich die Mission ihn zum Segeln zu bekehren, damit er nicht an die MoBo Fraktion verloren geht. Das scheint bei den Windverhältnissen und dem schönen Törn mehr als gelungen. Wir machen dann im Yachtclub Hohe Düne fest und setzen uns in eine Pizzeria am Hafen. Sonne, Sommer, Mittelmeer und Marina Flair. Meine Entscheidung fällt hier ganz leicht. Ich frage meine Frau, ob sie mich besuchen kommt. In zwei Tagen beginnt die HanseSail und es wird eine Menge zu sehen geben. Sie willigt begeistert ein (hoffe ich) und ich plane meinen Rückweg nun über Gedser oder über Fehmarn. Je nach Wind. 


 Hohe Düne

Es fällt mir immer ein wenig schwer gefasste Pläne zu verwerfen, aber es macht hier einfach Sinn, und so werden die letzten beiden Termin in Zingst und Kröslin nun mit dem Auto angefahren. Zingst mit dem tief im Bodden gelegenen Hafen wäre terminlich eh nichts geworden. Und Kröslin ist mit Hin- und Rückweg für einen Termin einfach zu weit. Generell verdient die Region um Rügen mehr als eine Woche Zeit. Ich denke ernsthaft darüber nach einmal eine ganze Saison hier zu verbringen.


La Mer sur Mer – Noch ein Photo von Lars

Der Auftritt in Zingst war dann zwar etwas windig und mit 1500h auch nicht gerade zur PrimeTime, aber es war sonnig und das Interesse des, leider ein wenig weit weg platzierten, Publikums doch sehr groß. Alles in allem ein runder und musikalisch wertvoller Auftritt in toller Atmosphäre. Dazu der Überraschungsbesuch meiner Lieblingsfotografin Mamarazzi Heidi und meiner Lieblingssängerin Esthi Kiel. Abgerundet wurde der Abend dann beim Italiener in der Hohen Düne in Warnemünde mit dem Schmieden neuer Pläne für die Zukunft. Nun ist erst einmal etwas Pause bevor der letzte Auftritt im Baltic Sea Resort in Kröslin ansteht. Bleibt dran!


 Überraschung gelungen!

Sommertour – Tage ? – Boltenhagen, Laboe und Zingst


Foto von Lars Grötzinger

Das Video zum Blogbeitrag

Die langen Segeltage und die Auftritte mit Auf- und Abbau gingen doch ein wenig an die Substanz und so ergriff ich die Gelegenheit nach dem Gig in Travemünde mit unserem Transporter nach Hamburg zu fahren. Mein Boot lag ja schon in Boltenhagen und bis zum Konzert dort am 4.8. verbrachte ich ein paar entspannte Tage in Hamburg. Am 4.8. holte ich dann Dara ab, denn es stand mittags noch ein kurzer Auftritt in der Fußgängerzone vor dem Pressezentrum Lübeck statt. Nach dieser „Straßenmusik“ ging es dann in die Marina Weiße Wiek nach Boltenhagen zum Abendkonzert. Ich musste noch kurz mein Boot hier umparken, was leider doch ein wenig aufwendiger als mit einem Auto ist, dann mussten wir uns auch schon mit dem Aufbau ranhalten. Wie bei dieser Tournee üblich wurde zum Auftritt das Wetter wunderschön und wir hatten einen ganz tollen Auftritt vor dem liebevoll eingerichteten Bistro Tavolo samt Hafenkulisse. Es waren viele gute Zuhörer, Mitsinger und Mittänzer im Publikum. So macht das dann immer viel Spaß. Stefanie vom Tavolo kümmerte sich rührend um uns und ihre Gäste. Perfekt. Der einzige Wermutstropfen: Gerne wäre ich noch mit den anderen am Hafen sitzengeblieben, doch ich musste nach Berlin. Mit meiner Rockabilly Band „Biggs B Sonic“ sollten wir am nächsten Tag schon früh auf den REWE Family Days spielen.

 Show in der Marina Weiße Wiek

 Frühstück im Tavolo

La Mer geniesst den Luxus der Marina

Also musste ich noch 250 Kilometer bis zum Hotel in Berlin abreißen. Der lange Tag machte sich dann auch bemerkbar und als ich nach langer Parkplatzsuche dann in mein Zimmer kam, lag dort auch noch jemand in meinem Bett. Nach einigem Hin- und Her an der Rezeption bekam ich dann doch noch ein freies Zimmer und fiel erledigt ins Bett. Der Wecker holte mich um 0730h allerdings schon wieder hinaus und wir fuhren auf das monströse Festgelände. So richtig wach wurde ich auch nach dem zehnten Kaffee im heimeligen Backstage Catering nicht, dann bekamen wir aber wegen eines spontanen Ausfalls von Gil Ofarim einen Slot auf der großen Bühne zugeteilt. Klasse. Doch als wir dann aufbauten und loslegen wollten fing es an zu regnen. Das dämpfte dann leider wieder die Freude, denn der Platz vor der Bühne leerte sich nun ob des dichten Regens. Das Stefanie Heinzmann nach uns auch nur vor hundert Gästen spielte, war auch nur ein schwacher Trost. 


Mit Biggs B Sonic in Berlin

Ich machte mich wieder auf den Weg nach Boltenhagen und um 2100h saßen wir bei Andreas auf dem Boot und hatten endlich mal ein wenig relaxte Zeit zum Quatschen. Wir hatten aus den vergangenen Tourtagen eine Menge gelernt und rekapitulierten noch einmal Repräsentation und Moderation. Langsam läuft alles richtig rund. Irgendwie wurden dann aber aus einem Glas doch mehrere und morgens machte sich das leider durch fiese Kopfschmerzen bemerkbar. Ein schönes Frühstück im Tavolo brachte zunächst Besserung, doch dann begann die Überfahrt nach Kühlungsborn. Die angesagten 3-4 Windstärken wurden in der Bucht und durch Küstenführung schnell zu einer guten 6. Selbst die Welle in der Wismarer Bucht baute sich bereits steil auf, doch als wir dann aus der Abdeckung kamen, fing der Tanz erst richtig an. Die Windrichtung stimmte zumindest, aber kam mit 160 Grad zum Boot schräg achterlich. Meine Kopfschmerzen wurden nun wieder deutlich stärker. Das einzig Schöne war der Speed von guten sechs Knoten; das war es aber dann auch schon. Mein Autopilot ging ständig von extrem links nach extrem rechts bis ich schließlich genervt die Pinne übernahm. Es gibt diese Momente beim Segeln, wo man sich die schützende Kaimauer nur so herbeisehnt, und heute war einer dieser Tage. In Kühlungsborn war extra ein Platz mit Namen für mich reserviert. Auch mal schön und vor allem ungewohnt! 


 In der Wismarer Bucht

 :-)

Nach einem kurzen Essen im netten Hafen, nahm ich eine Kopfschmerztablette und legte mich noch ein wenig aufs Ohr. Nachmittags trafen dann Dara und Basti ein. Basti, mit dem ich ja gestern noch in Berlin auf der Bühne stand, brauchte satte fünf Stunden durch den Urlaubsverkehr. Der arme Kerl. Viele sehen ja nur die kurze Zeit auf der Bühne, die meiste Zeit verbringen wir Musiker aber mit dem Reisen. Das Konzert verschob sich dann etwas nach hinten, so dass wir in Ruhe Andreas großartig klingend Anlage aufbauen konnten. Und dann hatten wir ein Konzert, was uns für alle Mühen belohnte. Es stimmte einfach alles. Kulisse, Publikum, Sound, Atmosphäre. Die Resonanz war ebenfalls ganz, ganz toll. Definitiv ein Tour Highlight. Und dann hatten wir mit Lars und (überraschend) Heidi auch noch zwei Spitzenfotografen im Team. Schaut unbedingt mal hier rein:
http://larsgroetzinger.de/sailing-bassmann/
Die Crew einer Halberg Rassy kaufte direkt „Ich geh‘ segeln“ T-Shirts für alle und ich traf einige bekannte Gesichter. Auch der Abend klang dann wieder, für mich lieber ohne Alkohol, sehr schön aus. 


Tolle Bilder der Show in Kühlungsborn von Lars Grötzinger

Ich geh‘ segeln – Live

Und nochmal Live – Danke an Heidi für das Video

Doch langsam musste ich mir nun mal Gedanken um Weiter- und Rückreise machen. Will ich wirklich noch bis Usedom und dann den ganzen Weg zurück nach Flensburg, oder lasse ich es in Warnemünde gut sein? Der Hafen Darßer Ort scheint wieder geöffnet, der Weg wäre also frei. Ich kann mich nicht entscheiden und grübele die ganze Überfahrt nach Warnemünde darüber. Mein Kumpel und Fotograf Lars ist mit an Bord. Er überlegt auch Wassersportler zu werden, also habe ich die Mission ihn zum Segeln zu bekehren, damit er nicht an die MoBo Fraktion verloren geht. Das scheint bei den Windverhältnissen und dem schönen Törn mehr als gelungen. Wir machen dann im Yachtclub Hohe Düne fest und setzen uns in eine Pizzeria am Hafen. Sonne, Sommer, Mittelmeer und Marina Flair. Meine Entscheidung fällt hier ganz leicht. Ich frage meine Frau, ob sie mich besuchen kommt. In zwei Tagen beginnt die HanseSail und es wird eine Menge zu sehen geben. Sie willigt begeistert ein (hoffe ich) und ich plane meinen Rückweg nun über Gedser oder über Fehmarn. Je nach Wind. 


 Hohe Düne

Es fällt mir immer ein wenig schwer gefasste Pläne zu verwerfen, aber es macht hier einfach Sinn, und so werden die letzten beiden Termin in Zingst und Kröslin nun mit dem Auto angefahren. Zingst mit dem tief im Bodden gelegenen Hafen wäre terminlich eh nichts geworden. Und Kröslin ist mit Hin- und Rückweg für einen Termin einfach zu weit. Generell verdient die Region um Rügen mehr als eine Woche Zeit. Ich denke ernsthaft darüber nach einmal eine ganze Saison hier zu verbringen.


La Mer sur Mer – Noch ein Photo von Lars

Der Auftritt in Zingst war dann zwar etwas windig und mit 1500h auch nicht gerade zur PrimeTime, aber es war sonnig und das Interesse des, leider ein wenig weit weg platzierten, Publikums doch sehr groß. Alles in allem ein runder und musikalisch wertvoller Auftritt in toller Atmosphäre. Dazu der Überraschungsbesuch meiner Lieblingsfotografin Mamarazzi Heidi und meiner Lieblingssängerin Esthi Kiel. Abgerundet wurde der Abend dann beim Italiener in der Hohen Düne in Warnemünde mit dem Schmieden neuer Pläne für die Zukunft. Nun ist erst einmal etwas Pause bevor der letzte Auftritt im Baltic Sea Resort in Kröslin ansteht. Bleibt dran!


 Überraschung gelungen!

Segeln in Montenegro: Der Delphin um Mitternacht.

Es geht auf Mitternacht zu. Das Städtchen Kotor in der gleichnamigen Bucht liegt in tiefem Frieden zu Füßen des steilen Felsens, dessen Stadtmauer sich als hellleuchtende Lichterkette erhaben um das Städtchen schmiegt.  Es ist ruhig. Absolute Windstille, in der sich kein Hauch regt. Nichts. Nur der Lärm von der Straße, die um die Marina von Kotor herumführt.

Plötzlich ein Geräusch vom Ankerkasten. Ich habe auf elf Metern geankert, die Wassertiefe ist selbst am Südende des langen Fjords beträchtlich. Ich habe fast alles an Kette draussen, was ich hatte. Fast Fünfzig Meter. Wieder ein Rappeln der Kette vorne im Ankerkasten. LEVJE dreht sich eine Vierteldrehung nach steuerbord. Merkwürdig. Wieso das, wo es doch weder Wind noch Strömung hat?

Wieder ein Rappeln. Ich gehe nach vorne zum Bugkorb. Und was ich unter mir sehe, ist gespenstisch. Wie von Geisterhand bewegt, rührt die schwere Ankerkette im Kreis herum, als wäre sie ein Kaffeelöffel, der in einer Tasse kreist. Ein Kreis mit fast zwei Metern Durchmesser. Einer rechtsrum. Dann noch einer.

Plötzlich hängt die Kette wieder reglos nach unten. Während ich nach unten in die Schwärze der Wasseroberfläche starre und mir nur das aufgewühlte Wasser versichert, dass ich alles nicht geträumt habe, taucht plötzlich ein großer weißer Schatten neben der Bordwand in der Tiefe auf. Kommt an die Oberfläche. Atmet unmittelbar in der Dunkelheit neben LEVJE aus. Und schickt mir im Abtauchen seinen Blast nach oben, dass ich die feuchtwarme Atemluft des großen Tieres in meinem Gesicht spüre.

Ein Delphin. Und ein großer, ausgewachsener dazu. Jetzt rüttelt er wieder an LEVJEs Ankerkette. Und zwar so stark, dass LEVJE’s Bug nun auf und ab geht. Ich gebe zu, dass es mich einen Moment gruselt. Mein Hirn versucht sich einen Reim auf das zu machen, was sich da vor mir in der Tiefe abspielt. Aber mehr als ein dummer Vers kommt dabei nicht raus: „Delphin beißt in Ankerkette und versucht, Schiff in die Tiefe zu ziehen.“ Blödsinn. LEVJE wiegt siebeneinhalb Tonnen. Ein Lebewesen von mehreren 100 Kilogramm kann keinen Körper wie den von LEVJE versenken. Trotzdem ist die Energie des Tieres, seine Entschlossenheit beeindruckend. Alles an den Aktionen des Tieres fühlt sich irgendwie nach Männergehabe, nach Testosteron an. Wieder die schwere Kette, die vor mir durchs Wasser kreist. Wieder ein Auftauchen, ein Ausatemn. Diesmal an Backbord.

Ich gehe nach hinten und hole die Taschenlampe. Ich muss wissen, was da vor sich geht. Während ich unten bin, ist das Rumpeln des Ankerns, sein Scheuern an der Bordwand unüberhörbar. Ich greife mir die stärkste Taschenlampe. Gehe nach vorne. Leuchte nach unten. Der große weiße Schatten in der Tiefe, irgendwo fünf Meter unter mir, kreist um die Ankerkette.

Hat sich sein Weibchen in der Kette verfangen? Blödsinn. Wie denn?

Stimmt mit der Kette was nicht? Es ist eine Spezialkette von TOPLICHT, Bruchlast siebeneinhalb Tonnen statt der üblichen zwei Tonnen. Hat der italienische Kettenhersteller irgendein Delphin-Pheromon in die Veredelung mit eingebaut, das männliche Delphine brünstig macht, Dampf ablassen lässt?

Hat sich die Kette über eine mit Fischen prall gefüllte Reuse gelegt? Und der hungrige Delphin kommt nicht ran?

Ich komme nicht drauf. Dann leuchte ich den etwa Zweimeterfünfzig langen Fischkörper beim Auftauchen von vorne bis hinten ab. Und entdecke das fingerdicke Seil, das sich am Ansatz der Fluke  um den Körper des Tieres verknotet hat. Es schneidet in seine Haut ein, weht fast eineinhalb Meter hinter der Schwanzflosse im Wasser aus. Ich beobachte den Delphin, wie er im Wasser entlang der Kette hinuntertaucht. Und verzweifelt versucht, wieder und wieder an der Kette den einschneidenden Strick abzustreifen. Loszuwerden. Er beißt nicht in die Kette. Er scheuert mit dem Schwanz daran. Wieder und wieder.

Ich überlege, wie ich dem Tier helfen könnte. Ins Wasser gehen, mit einem Messer versuchen, heranzukommen? Ich verwerfe den Gedanken sofort wieder. Das hier ist nicht „Flipper“. Und hier wird nicht für NETFLIX die 19. Staffel gedreht. Delphine sind scheue Tiere. Auch wenn sie auf dem Meer oft zutraulich scheinen: Sie sind Wildtiere, denen man sich auf keinen Fall nähern sollte, deren Territorium zu respektieren ist. Zudem: Ein verletztes Tier, vielleicht gepeinigt von Schmerzen, ist unberechenbar. Nein, überhaupt gar keine Lösung.

Ich versuche herauszufinden, wie das Tier reagiert, wenn ich etwas in seine Nähe bringe. Ich hole das Dinghi von hinten. Und binde es nahe am Bug fest. Mal sehen, ob das bei dem Tier Aggression auslöst. Aber der Delphin ist nur mit sich und der Kette beschäftigt. Das Dinghi, neben dem er wieder und wieder ruhig zum Atemholen auftaucht, stört ihn nicht im mindesten. Na ja. Das ist doch schon mal was.

Es ist Mitternacht geworden. Ich überlege weiter. Wenn ich es schaffen könnte, langsam zu dem verletzten Tier Vertrauen aufzubauen. Es wäre so leicht, die Schnur mit einem Seitenschneider einfach durchzutrennen, das Tier zu befreien. Ich hole langsam das kleine Dinghi nach hinten. Setze mich hinein. Sicherheitshalber habe ich meine Schwimmweste angezogen, Taschenlampe, scharfes Messer, Seitenschneider eingepackt. Langsam hangle ich mich an LEVJE’s Bordwand nach vorne, bloß nicht hastig, Meter für Meter. Dann bin ich vorne an der Ankerkette. Die wackelt hin und her. Etwas keck rüttle ich an der Ankerkette von oben. Einmal. Zweimal. Unten Stille. Als würde jemand über mein Signal nachdenken. Plötzlich ein wütendes Atemluft nach oben stoßen neben meinem kleinen Dinghi. Kein ruhiges Auf- und Untertauchen, sondern ein Atem-Ausstoßen wie ein bedrohliches Platzen. Ich sitze in den Wassertropfen der Atemluft im Dinghi. Aha. Das war zu nah! Ich hangle mich mit dem Dinghi zwei Meter nach hinten.

Mal sehen, ob ich ihn neugierig machen kann. Ich beschließe: ER muss kommen. ER muss die Spielregeln bestimmen, mit denen er sich wohl fühlt. Ich warte an der Bordwand ab. Näher und näher kommt der Delphin beim Auftauchen – er ist ruhig jetzt, taucht in der Dunkelheit mal einen Meter hinter mir auf. Mal einen Meter vor mir. Mal einen Meter neben mir. Er kommt näher. Aber immer noch sieht er seine Rettung in der Kette, nicht in mir in meinem kleinen Schlauchboot in der Dunkelheit. Ich versuche ganz entspannt zu sitzen, hektische Bewegungen zu vermeiden. Zu sehen, ob der Delphin vielleicht durch eine Geste Vertrauen signalisiert. Aber nichts passiert. Er ist voll und ganz auf sein Tun fokussiert, das Seil an der Kette abzustreifen.

Ich sitze. Und warte. Als es ein Uhr schlägt, hangle ich mich langsam wieder zum Bug. Zur Ankerkette, bis die neben mir in die Tiefe führt. Der Delphin akzeptiert es, taucht langsam unter meinem Dinghi zum Atmen an die Oberfläche. Es kostet ihn Kraft, denn er taucht nun alle 40, 50 Sekunden aus der Tiefe auf, um Luft zu holen. Ich könnte ihn in der Dunkelheit berühren, wenn sein Leib schlangengleich an die Oberfläche kommt. Aber ich lasse es. Er muss die Initiative haben.

Ich spüre, wie ich müde werde in meinem Dinghi. Ich spüre, wie ich es bis hierher geschafft habe. Dass er mich in seiner Nähe toleriert. Aber ich spüre auch, dass es bis hierhin ging. Dass ich jetzt nicht weiterkomme. Dass der nächste Schritt für den Delphin, die Annäherung, die körperliche Nähe zu mir durch irgendein Signal zu zeigen, nicht kommen wird. Ich warte an der Bordwand. Und nicke ein. Während der Delphin links und rechts der Ankerkette zum Luftholen aufsteigt.

Irgendwann wache ich auf. Ich muss mich damit abfinden, dass ich dem Tier nicht werde helfen können. Ich hangle mich zurück zu LEVJEs Heck. Binde das Dinghi hinten an, der Delphin sieht in seiner Verzweiflung nur die Ankerkette, nicht den Menschen, der ihm helfen könnte. Wie denn auch? Wo das Seil, das sich um seinen Leib geschlungen hat, von Menschen kommt.

Ich kann ihm nicht helfen. Vielleicht ist er am Morgen noch da. Und abgekämpfter. Müder. Vielleicht versuche ich es in der Morgendämmerung noch einmal, denke ich, während das Rumpeln der Kette vorne im Ankerkasten mich bis tief in meinen Schlaf begleitet.

Segeln in Montenegro: Der Delphin um Mitternacht.

Es geht auf Mitternacht zu. Das Städtchen Kotor in der gleichnamigen Bucht liegt in tiefem Frieden zu Füßen des steilen Felsens, dessen Stadtmauer sich als hellleuchtende Lichterkette erhaben um das Städtchen schmiegt.  Es ist ruhig. Absolute Windstille, in der sich kein Hauch regt. Nichts. Nur der Lärm von der Straße, die um die Marina von Kotor herumführt.

Plötzlich ein Geräusch vom Ankerkasten. Ich habe auf elf Metern geankert, die Wassertiefe ist selbst am Südende des langen Fjords beträchtlich. Ich habe fast alles an Kette draussen, was ich hatte. Fast Fünfzig Meter. Wieder ein Rappeln der Kette vorne im Ankerkasten. LEVJE dreht sich eine Vierteldrehung nach steuerbord. Merkwürdig. Wieso das, wo es doch weder Wind noch Strömung hat?

Wieder ein Rappeln. Ich gehe nach vorne zum Bugkorb. Und was ich unter mir sehe, ist gespenstisch. Wie von Geisterhand bewegt, rührt die schwere Ankerkette im Kreis herum, als wäre sie ein Kaffeelöffel, der in einer Tasse kreist. Ein Kreis mit fast zwei Metern Durchmesser. Einer rechtsrum. Dann noch einer.

Plötzlich hängt die Kette wieder reglos nach unten. Während ich nach unten in die Schwärze der Wasseroberfläche starre und mir nur das aufgewühlte Wasser versichert, dass ich alles nicht geträumt habe, taucht plötzlich ein großer weißer Schatten neben der Bordwand in der Tiefe auf. Kommt an die Oberfläche. Atmet unmittelbar in der Dunkelheit neben LEVJE aus. Und schickt mir im Abtauchen seinen Blast nach oben, dass ich die feuchtwarme Atemluft des großen Tieres in meinem Gesicht spüre.

Ein Delphin. Und ein großer, ausgewachsener dazu. Jetzt rüttelt er wieder an LEVJEs Ankerkette. Und zwar so stark, dass LEVJE’s Bug nun auf und ab geht. Ich gebe zu, dass es mich einen Moment gruselt. Mein Hirn versucht sich einen Reim auf das zu machen, was sich da vor mir in der Tiefe abspielt. Aber mehr als ein dummer Vers kommt dabei nicht raus: „Delphin beißt in Ankerkette und versucht, Schiff in die Tiefe zu ziehen.“ Blödsinn. LEVJE wiegt siebeneinhalb Tonnen. Ein Lebewesen von mehreren 100 Kilogramm kann keinen Körper wie den von LEVJE versenken. Trotzdem ist die Energie des Tieres, seine Entschlossenheit beeindruckend. Alles an den Aktionen des Tieres fühlt sich irgendwie nach Männergehabe, nach Testosteron an. Wieder die schwere Kette, die vor mir durchs Wasser kreist. Wieder ein Auftauchen, ein Ausatemn. Diesmal an Backbord.

Ich gehe nach hinten und hole die Taschenlampe. Ich muss wissen, was da vor sich geht. Während ich unten bin, ist das Rumpeln des Ankerns, sein Scheuern an der Bordwand unüberhörbar. Ich greife mir die stärkste Taschenlampe. Gehe nach vorne. Leuchte nach unten. Der große weiße Schatten in der Tiefe, irgendwo fünf Meter unter mir, kreist um die Ankerkette.

Hat sich sein Weibchen in der Kette verfangen? Blödsinn. Wie denn?

Stimmt mit der Kette was nicht? Es ist eine Spezialkette von TOPLICHT, Bruchlast siebeneinhalb Tonnen statt der üblichen zwei Tonnen. Hat der italienische Kettenhersteller irgendein Delphin-Pheromon in die Veredelung mit eingebaut, das männliche Delphine brünstig macht, Dampf ablassen lässt?

Hat sich die Kette über eine mit Fischen prall gefüllte Reuse gelegt? Und der hungrige Delphin kommt nicht ran?

Ich komme nicht drauf. Dann leuchte ich den etwa Zweimeterfünfzig langen Fischkörper beim Auftauchen von vorne bis hinten ab. Und entdecke das fingerdicke Seil, das sich am Ansatz der Fluke  um den Körper des Tieres verknotet hat. Es schneidet in seine Haut ein, weht fast eineinhalb Meter hinter der Schwanzflosse im Wasser aus. Ich beobachte den Delphin, wie er im Wasser entlang der Kette hinuntertaucht. Und verzweifelt versucht, wieder und wieder an der Kette den einschneidenden Strick abzustreifen. Loszuwerden. Er beißt nicht in die Kette. Er scheuert mit dem Schwanz daran. Wieder und wieder.

Ich überlege, wie ich dem Tier helfen könnte. Ins Wasser gehen, mit einem Messer versuchen, heranzukommen? Ich verwerfe den Gedanken sofort wieder. Das hier ist nicht „Flipper“. Und hier wird nicht für NETFLIX die 19. Staffel gedreht. Delphine sind scheue Tiere. Auch wenn sie auf dem Meer oft zutraulich scheinen: Sie sind Wildtiere, denen man sich auf keinen Fall nähern sollte, deren Territorium zu respektieren ist. Zudem: Ein verletztes Tier, vielleicht gepeinigt von Schmerzen, ist unberechenbar. Nein, überhaupt gar keine Lösung.

Ich versuche herauszufinden, wie das Tier reagiert, wenn ich etwas in seine Nähe bringe. Ich hole das Dinghi von hinten. Und binde es nahe am Bug fest. Mal sehen, ob das bei dem Tier Aggression auslöst. Aber der Delphin ist nur mit sich und der Kette beschäftigt. Das Dinghi, neben dem er wieder und wieder ruhig zum Atemholen auftaucht, stört ihn nicht im mindesten. Na ja. Das ist doch schon mal was.

Es ist Mitternacht geworden. Ich überlege weiter. Wenn ich es schaffen könnte, langsam zu dem verletzten Tier Vertrauen aufzubauen. Es wäre so leicht, die Schnur mit einem Seitenschneider einfach durchzutrennen, das Tier zu befreien. Ich hole langsam das kleine Dinghi nach hinten. Setze mich hinein. Sicherheitshalber habe ich meine Schwimmweste angezogen, Taschenlampe, scharfes Messer, Seitenschneider eingepackt. Langsam hangle ich mich an LEVJE’s Bordwand nach vorne, bloß nicht hastig, Meter für Meter. Dann bin ich vorne an der Ankerkette. Die wackelt hin und her. Etwas keck rüttle ich an der Ankerkette von oben. Einmal. Zweimal. Unten Stille. Als würde jemand über mein Signal nachdenken. Plötzlich ein wütendes Atemluft nach oben stoßen neben meinem kleinen Dinghi. Kein ruhiges Auf- und Untertauchen, sondern ein Atem-Ausstoßen wie ein bedrohliches Platzen. Ich sitze in den Wassertropfen der Atemluft im Dinghi. Aha. Das war zu nah! Ich hangle mich mit dem Dinghi zwei Meter nach hinten.

Mal sehen, ob ich ihn neugierig machen kann. Ich beschließe: ER muss kommen. ER muss die Spielregeln bestimmen, mit denen er sich wohl fühlt. Ich warte an der Bordwand ab. Näher und näher kommt der Delphin beim Auftauchen – er ist ruhig jetzt, taucht in der Dunkelheit mal einen Meter hinter mir auf. Mal einen Meter vor mir. Mal einen Meter neben mir. Er kommt näher. Aber immer noch sieht er seine Rettung in der Kette, nicht in mir in meinem kleinen Schlauchboot in der Dunkelheit. Ich versuche ganz entspannt zu sitzen, hektische Bewegungen zu vermeiden. Zu sehen, ob der Delphin vielleicht durch eine Geste Vertrauen signalisiert. Aber nichts passiert. Er ist voll und ganz auf sein Tun fokussiert, das Seil an der Kette abzustreifen.

Ich sitze. Und warte. Als es ein Uhr schlägt, hangle ich mich langsam wieder zum Bug. Zur Ankerkette, bis die neben mir in die Tiefe führt. Der Delphin akzeptiert es, taucht langsam unter meinem Dinghi zum Atmen an die Oberfläche. Es kostet ihn Kraft, denn er taucht nun alle 40, 50 Sekunden aus der Tiefe auf, um Luft zu holen. Ich könnte ihn in der Dunkelheit berühren, wenn sein Leib schlangengleich an die Oberfläche kommt. Aber ich lasse es. Er muss die Initiative haben.

Ich spüre, wie ich müde werde in meinem Dinghi. Ich spüre, wie ich es bis hierher geschafft habe. Dass er mich in seiner Nähe toleriert. Aber ich spüre auch, dass es bis hierhin ging. Dass ich jetzt nicht weiterkomme. Dass der nächste Schritt für den Delphin, die Annäherung, die körperliche Nähe zu mir durch irgendein Signal zu zeigen, nicht kommen wird. Ich warte an der Bordwand. Und nicke ein. Während der Delphin links und rechts der Ankerkette zum Luftholen aufsteigt.

Irgendwann wache ich auf. Ich muss mich damit abfinden, dass ich dem Tier nicht werde helfen können. Ich hangle mich zurück zu LEVJEs Heck. Binde das Dinghi hinten an, der Delphin sieht in seiner Verzweiflung nur die Ankerkette, nicht den Menschen, der ihm helfen könnte. Wie denn auch? Wo das Seil, das sich um seinen Leib geschlungen hat, von Menschen kommt.

Ich kann ihm nicht helfen. Vielleicht ist er am Morgen noch da. Und abgekämpfter. Müder. Vielleicht versuche ich es in der Morgendämmerung noch einmal, denke ich, während das Rumpeln der Kette vorne im Ankerkasten mich bis tief in meinen Schlaf begleitet.

SV Makaio – Stephanie Seifert AT

RAUSCHEFART VON LAESÖ – TUNÖ – SPODSBJERG – NACH RENDSBURG

Stephanie Seifert

SV Aorai – Yves Sauzier FRA

SCHÖNE MODERNE DHL WELT – UND WAS MAN ERLEBEN KANN

Zum Beispiel dies: Yves, allein mit seinem Sohn auf seinem WHARRAM 35 im Pacific unterwegs, benötigte Ersatzteile für seine Pacific. Die wurden am 14.09.2016 ans Post office Lugainville / Vanuatu mit DHL track auf den Weg gebracht – und gingen verloren. Nachforschung 3 Monate – Neuversand 02.02.2017 mit dem gleichen Versender nach Marshall Islands. Gingen verloren – der gleiche Zirkus. Nun ist das Paket am 3.08.2017 aufgetaucht – Bingo! Yves war bereits nach FIJI weitergesegelt, hatte seine Adresse hinterlassen – Die Jungs vom Post office Marshall Islands haben das Paket nach Fiji geleitet. Express Service !

SV Silver Queen – Myles Mass US

TRADEWIND CIRCUMNAVIGATION ON A LAVRANOS 43

Hi Peter,
Just a quick note from the Azores.
Our Pacific Windpilot has been fantastic, Just wanted to say thanks for all your help and an amazing product. The rest of the pleasure boat marine industry could learn a lot from you on customer service, product knowledge and a product that does what it says it will.
Best,
Myles, SV Silver Queen

Segeln in Montenegro: Ankommen in der Bucht von Kotor.

Sie kommt anfangs unscheinbar daher. Unspektakulär und unscheinbar, die Bucht von Kotor. Dabei markierte sie einst das spektakuläre südliche Ende dieses Jugoslawien, in das noch in den 80ern alljährlich deutsche Familien mit Kindern auf die Campingplätze strömten. Erinnert sich noch jemand? „Ja zu YU“ lautete der prominente Werbespot, der ein geflügeltes Wort war wie „Berlin tut gut“.

Dann kam der Krieg. Niemand ging mehr hin. Von Jugoslawien blieben Einzelteile. Der südlichste davon, an der Grenze zu Albanien, ist Montenegro. Kaum 650.000 Einwohner groß, im Krieg anfangs auf Seiten der serbisch dominierten Bundesarmee, später ausgeschieden, heute EU-Beitrittskandidat. Als Land ein Winzling, mit Touristen überwiegend aus Serbien, der Ukraine und Russland, mit der Währung Euro und den Polizeisirenen von New York. Es sind die einfacheren Russen, die an dieser Küste Urlaub machen. Junge Leute, die in Moskau arbeiten, so wie Marija, die ich an der Bushaltestelle kennenlerne und die frei erzählt, was ihre Generation über Putin, die Oligarchen, über Angela Merkel und The Donald denkt.

Velimir, der Taxifahrer, der mich auf dem Rückweg mit meinen Tüten vom Gemüsemarkt überredet, doch Bus Bus sein zu lassen und für fünf Euro lieber sein Taxi zu benutzen, klagt: Die Touristen hätten alle kein Geld mehr. Die Russen nicht. Die Ukrainer nicht. Die Serben sowieso nicht. Nur die Italiener. Und die Deutschen. Um Velimir den Glauben nicht zu rauben, bezahle ich mehr als ich muss. Rudere zu LEVJE. Und breche auf in die Bucht von Kotor.

Anfangs nette kleine Häuschen. Einige rasch gewachsene Siedlungen, an deren alten Kirchen man den Dorfkern des einstigen Weilers erkennt, bevor sie in den letzten dreißig Jahren pubertierend drauf los wuchsen. Als mich der Kreuzfahrer, die NORWEGIAN STAR, kurz vor der Engstelle von Kamenari überholt und sich langsam da durchdrückt, bekomme ich eine erste Ahnung, dass es dahinter nicht so unscheinbar weitergehen wird wie zuvor. Die Berge steigen im hinteren Teil schroff an. Kaum bin ich mit LEVJE durch die Engstelle motort und drei Fähren ausgewichen – die weiße „Dicke“ vor mir ließen sie in Ruh‘. Auf mich gehen sie los! – bleibt mir die Spucke weg.

Nach Norden hin steigen die Berge an, als wäre dies hier irgendeine Ecke am Lago di Garda oder dem Lago Maggiore. Das Kloster von Gospa od Skrpjela auf seinem Felsenriff wirkt winzig in der Landschaft. Und selbst die vorher imposante NORWEGIAN STAR gibt ganz klein bei und verliert sich in der Weite aus Gebirge und Meer. Ein bisschen misstrauisch schiele ich die steilen Hänge hinauf. Wenn das mal keine Fallböen gibt heute Nacht. Da habe ich schon wegen kleinerer Hügel die Nacht über kein Auge zugetan.


Die Wassertiefe im Fjord ist bis zum Ufer stets 25 Meter. Ankern? Nur dicht am Ufer. Die Bucht von Kotor ist ein Flusstal, dass sich das Meer geholt hat, als es in den letzten 5.000 Jahren um 100 Meter anstieg. Vorher war dies vielleicht alles ein fruchtbares Schwemmlandtal.

Ich bekomme Lust, in den Bergen zu wandern. Hitze hin. Hitze her. Es sind pittoreske Dörfer, die sich in die Hänge schmiegen. Prcanj könnte – was seine Barockirche angeht – auch gerne irgendwo in Sizilien liegen. Alles sieht verlassen aus, und irgendwie wie Auenland. So ganz anders als das Städtchen Herceg Novi, in dessen weiter Bucht ich in der Abenddämmerung einen geschützten Platz gefunden zu haben meinte. Und mir die mitleidigen Blicke der Bootssteuerer nicht erklären konnte – bis gegen 21 Uhr in der Dunkelheit die Disco am Ufer zu wummern anfing wie ein Getthoblaster. Ich startete den Motor. Holte den Anker. Und suchte mir in der Dunkelheit zwei Seemeilen weiter ein ruhiges Plätzchen vor der der Zollpier, wo um Mitternacht nur ein paar Betrunkene grölten.

Nein. Hier scheint alles friedlich. Und verlassen. Und irgendwie heil geblieben. Perast am anderen Ufer scheint genauso schön – aber das hebe ich mir heute auf genauso wie Risan hinter der Klosterinsel. Für heute folge ich lieber der NORWEGIAN STAR – wo die vielen hingehen: da muss es doch schön sein. Und tatsächlich. Die „Dicke“ lässt ihren schweren Anker genau vor dem Städtchen Kotor am Südende der Bucht fallen.


Ein mindestens ebenso pittoresker Ort. Wer genau hinsieht kann links und rechts über dem Städtchen die Wehrmauern erkennen, die sich wie die chinesische Mauer gleichmütig in die Höhe ziehen und das Städtchen umschließen. 

Zwei Fußballfelder hinter der NORWEGIAN STAR lasse ich auch unseren Anker fallen. Ich kenne die Verhaltensweisen der Brüder Kreuzfahrer. Und weiß, dass spätestens heute Abend die NORWEGIAN STAR wieder weiterziehen wird. Um ihre Gäste beim Aufwachen am nächsten Morgen schon mit dem nächsten Highlight ein paar Buchten weiter zu überraschen. Korfu? Olympia? Wer weiß das schon. Das Städtchen Kotor und die Bucht bleiben heute Abend einfach wieder sich selber überlassen. 

Segeln in Montenegro: Ankommen in der Bucht von Kotor.

Sie kommt anfangs unscheinbar daher. Unspektakulär und unscheinbar, die Bucht von Kotor. Dabei markierte sie einst das spektakuläre südliche Ende dieses Jugoslawien, in das noch in den 80ern alljährlich deutsche Familien mit Kindern auf die Campingplätze strömten. Erinnert sich noch jemand? „Ja zu YU“ lautete der prominente Werbespot, der ein geflügeltes Wort war wie „Berlin tut gut“.

Dann kam der Krieg. Niemand ging mehr hin. Von Jugoslawien blieben Einzelteile. Der südlichste davon, an der Grenze zu Albanien, ist Montenegro. Kaum 650.000 Einwohner groß, im Krieg anfangs auf Seiten der serbisch dominierten Bundesarmee, später ausgeschieden, heute EU-Beitrittskandidat. Als Land ein Winzling, mit Touristen überwiegend aus Serbien, der Ukraine und Russland, mit der Währung Euro und den Polizeisirenen von New York. Es sind die einfacheren Russen, die an dieser Küste Urlaub machen. Junge Leute, die in Moskau arbeiten, so wie Marija, die ich an der Bushaltestelle kennenlerne und die frei erzählt, was ihre Generation über Putin, die Oligarchen, über Angela Merkel und The Donald denkt.

Velimir, der Taxifahrer, der mich auf dem Rückweg mit meinen Tüten vom Gemüsemarkt überredet, doch Bus Bus sein zu lassen und für fünf Euro lieber sein Taxi zu benutzen, klagt: Die Touristen hätten alle kein Geld mehr. Die Russen nicht. Die Ukrainer nicht. Die Serben sowieso nicht. Nur die Italiener. Und die Deutschen. Um Velimir den Glauben nicht zu rauben, bezahle ich mehr als ich muss. Rudere zu LEVJE. Und breche auf in die Bucht von Kotor.

Anfangs nette kleine Häuschen. Einige rasch gewachsene Siedlungen, an deren alten Kirchen man den Dorfkern des einstigen Weilers erkennt, bevor sie in den letzten dreißig Jahren pubertierend drauf los wuchsen. Als mich der Kreuzfahrer, die NORWEGIAN STAR, kurz vor der Engstelle von Kamenari überholt und sich langsam da durchdrückt, bekomme ich eine erste Ahnung, dass es dahinter nicht so unscheinbar weitergehen wird wie zuvor. Die Berge steigen im hinteren Teil schroff an. Kaum bin ich mit LEVJE durch die Engstelle motort und drei Fähren ausgewichen – die weiße „Dicke“ vor mir ließen sie in Ruh‘. Auf mich gehen sie los! – bleibt mir die Spucke weg.

Nach Norden hin steigen die Berge an, als wäre dies hier irgendeine Ecke am Lago di Garda oder dem Lago Maggiore. Das Kloster von Gospa od Skrpjela auf seinem Felsenriff wirkt winzig in der Landschaft. Und selbst die vorher imposante NORWEGIAN STAR gibt ganz klein bei und verliert sich in der Weite aus Gebirge und Meer. Ein bisschen misstrauisch schiele ich die steilen Hänge hinauf. Wenn das mal keine Fallböen gibt heute Nacht. Da habe ich schon wegen kleinerer Hügel die Nacht über kein Auge zugetan.


Die Wassertiefe im Fjord ist bis zum Ufer stets 25 Meter. Ankern? Nur dicht am Ufer. Die Bucht von Kotor ist ein Flusstal, dass sich das Meer geholt hat, als es in den letzten 5.000 Jahren um 100 Meter anstieg. Vorher war dies vielleicht alles ein fruchtbares Schwemmlandtal.

Ich bekomme Lust, in den Bergen zu wandern. Hitze hin. Hitze her. Es sind pittoreske Dörfer, die sich in die Hänge schmiegen. Prcanj könnte – was seine Barockirche angeht – auch gerne irgendwo in Sizilien liegen. Alles sieht verlassen aus, und irgendwie wie Auenland. So ganz anders als das Städtchen Herceg Novi, in dessen weiter Bucht ich in der Abenddämmerung einen geschützten Platz gefunden zu haben meinte. Und mir die mitleidigen Blicke der Bootssteuerer nicht erklären konnte – bis gegen 21 Uhr in der Dunkelheit die Disco am Ufer zu wummern anfing wie ein Getthoblaster. Ich startete den Motor. Holte den Anker. Und suchte mir in der Dunkelheit zwei Seemeilen weiter ein ruhiges Plätzchen vor der der Zollpier, wo um Mitternacht nur ein paar Betrunkene grölten.

Nein. Hier scheint alles friedlich. Und verlassen. Und irgendwie heil geblieben. Perast am anderen Ufer scheint genauso schön – aber das hebe ich mir heute auf genauso wie Risan hinter der Klosterinsel. Für heute folge ich lieber der NORWEGIAN STAR – wo die vielen hingehen: da muss es doch schön sein. Und tatsächlich. Die „Dicke“ lässt ihren schweren Anker genau vor dem Städtchen Kotor am Südende der Bucht fallen.


Ein mindestens ebenso pittoresker Ort. Wer genau hinsieht kann links und rechts über dem Städtchen die Wehrmauern erkennen, die sich wie die chinesische Mauer gleichmütig in die Höhe ziehen und das Städtchen umschließen. 

Zwei Fußballfelder hinter der NORWEGIAN STAR lasse ich auch unseren Anker fallen. Ich kenne die Verhaltensweisen der Brüder Kreuzfahrer. Und weiß, dass spätestens heute Abend die NORWEGIAN STAR wieder weiterziehen wird. Um ihre Gäste beim Aufwachen am nächsten Morgen schon mit dem nächsten Highlight ein paar Buchten weiter zu überraschen. Korfu? Olympia? Wer weiß das schon. Das Städtchen Kotor und die Bucht bleiben heute Abend einfach wieder sich selber überlassen. 

Die Schottische Westküste

Endlich wieder Salzwasser unterm Kiel. Nun geht es straight Richtung Atlantik. Auch die letzte Schleusung läuft ganz unproblematisch. Fast ist es ein wenig traurig den Caledonian Canal mit all seinen schönen Ecken im Kielwasser lassen zu müssen, aber immerhin liegt eines DER Segelreviere schlechthin vor mir: Die schottische Westküste.

Zum Neubeginn des Tidensegelns habe ich meine Startzeit mal wieder sehr konservativ gelegt. Eigentlich sollte ich die ganze Zeit Strom von hinten haben. Soweit der Strom nicht zu stark ist kann man zwar auch hier manchmal gegen den Strom segeln denke ich mir, es ist aber eben doch anstrengend und zeitraubend. Doch schon nach wenigen Meilen kommen die Corran Narrows, eine Engstelle. Eine kleine Landnase schiebt sich hier seitlich in den Fjord hinein und lässt nur eine wenige hundert Meter breite Durchfahrt für alle die Wassermaßen Platz. Obwohl die See heute Morgen sehr ruhig ist geht hier richtig die Post ab. Der Strom beträgt 6-7kn (zum Glück von hinten) und überall bilden sich kleine Strudel und Stromteppiche. Man kann sich das ganze so vorstellen, als ob man pausenlos direkt im Schraubenwasser eines großen Frachters fährt. Der Druck an der Pinne ist enorm.
Heute war das ganze zwar nicht gefährlich, zeigte mir aber dennoch auf, dass genaue Planung hier unerlässlich ist. Schon bei ein wenig mehr Wind aus der falschen Richtung könnte diese Stelle unpassierbar sein. Und von dieser Sorte gibt’s hier genug…

Ich bin aufgeregt. Neben den tückischen Strömungen segelt man hier immerhin am Rande des Atlantiks. Das Wetter ist zwar schön, der Wind kommt aus der richtigen Richtung, könnte sich aber jederzeit ändern. Und das Ganze ist auch einfach neu für mich. Ein völlig neues Revier, völlig neue Bedingungen, da kommt man sich auf einmal ganz klein und unerfahren vor. Selbst nach allem was auf diesem Trip schon hinter mir liegt.
Trotzdem bleibt Zeit die unglaubliche Landschaft um mich herum zu genießen. Eigentlich dachte ich ja, dass die Berge hier draußen an der Westküste wieder kleiner werden würden. Und doch fühle ich mich wie in Fjordnorwegen. Der Fjord der etwa 20NM nach Corpach hineinführt ist an beiden Seiten von gewaltigen Bergen umgeben. Fast habe ich das Gefühl sie stehen noch dichter beisammen als im Loch Lochy.

Auch als ich Richtung Westen in den Sound of Mull abbiege wird das Ganze nicht weniger eindrucksvoll. Schroffe Felsberge, oft mit einer kleinen Haube von Wolken, bewaldete Hänge mit kleinen Hütten, Klippen an denen sich die heute zum Glück kleinen Wellen brechen. Ich kann kaum genug davon bekommen. Als sich der Hafen von Tobermory nähert und ich nach kurzer Anmeldung über Funk (die ist auch hier so üblich) festgemacht habe, bin ich dementsprechend auch echt platt. Die schwierige Navigation und das ungewohnte Revier, und gleichzeitig noch die Schönheit der Landschaft genießen fordert seinen Tribut. Vor meinem obligatorischen Stadtrundgang halte ich erst mal eine kleine Augenentspannungsphase (Pennen) im Cockpit ab.

Beim Aufwachen habe ich dann gleich die Promenade von Tobermory im Blick. Anders als die Schotten an der Ostküste haben die Bewohner dieses kleinen Ortes nämlich schon die Farbe entdeckt! Jedes der Häuser am Hafen strahlt in einer anderen Farbe. Tatsächlich bis hin zu Pink. Der Rest des Ortes liegt auf einer Anhöhe über der Hafenpromenade. Der Blick von hier oben ist absolut traumhaft. Der kleine Ort, die Bucht mit den vielen Booten vor Anker und dahinter die Highlands. Ein echter Postkartenort. Hier wird ich glaube ich noch einen Tag bleiben um einfach mal abzuschalten.

Morgens habe ich sowieso noch einen Programmpunkt vor mir. Meinen ersten Whisky-Destilleriebesuch auf dieser Schottlandreise. Hier in Tobermory befindet sich nämlich eine ganz kleine urige Destille die Führungen anbietet. Ein Besuch in einer Whisky Destillerie ist natürlich Pflicht wenn man schon mal in Schottland ist. Und obwohl ich bisher gar kein so großer Fan von Whisky war, steckt die Leidenschaft der Schotten für ihr Lebenswasser, ihr „Uisge Beatha“, oder anglisiert eben Whisky, echt an. Die Geschichte, der Geschmackt, und jeder einzelne Produktionsschritt wird genau erklärt. Was ich bisher tatsächlich auch nicht wusste ist, dass Whisky quasi ein Brand aus Bier ist. Die ersten Produktionschritte, nämlich das Mälzen von Gerste und das Maischen sind nämlich genau so wie bei Bier. Danach wird die so entstandene Stammwürze mit Hefe versetzt und so vergoren. Ebenfalls wie beim Bier. Erst jetzt wird das so gewonnene Zwischenprodukt in verschiedenen Schritten mehrfach destilliert und in alte Bourbon oder Sherry-Fässer aus Holz zum Reifen fast unendlich lange eingelagert. Heraus kommt eine uralte und kräftige Spirituose. Der manchem Whisky anhaftende rauchige Geschmack kommt übrigens vom Mälzen mit Torfrauch. Wieso der hier auf den westschottischen Inseln früher benutzt wurde ist so einfach das ich vorher auch nicht drauf gekommen bin: Auf den kargen und vom Atlantik durchgepusteten Inseln gabs einfach zu wenig Brennholz. Torf hingegen war im Überfluss vorhanden. Kurz gesagt ist dass der große Unterschied der westschottischen Inselwhiskys zu denen aus den Highlands oder von der Ostküste.
Ihr seht, ich habe aufgepasst und was gelernt als ich bei strahlendem Sonnenschein zurück zum Schiff wandere. Dort allerdings muss ich allerdings schon wieder umplanen…