Kategorie: Atanga

Von NZ nach Fiji – Tag 6

Do.,15.Jun.23, Pazifik, Tag 3303, 25.392 sm von HH
Vorgestern Abend: Wettervorschau berichtet von 2,5 Tagen Todesflaute bis Minerva. Gestern Nacht: Todesflaute ist da. Wir verbringen die „reeechts-liiinks-Schaukelnacht“ und treiben. Gestern früh morgens: Wir haben 3 Windstärken, baumen die Genua aus und fühlen uns auf den Arm genommen vom Wetterbericht. Hätten wir das gewusst, hätten wir uns diese furchtbare Nacht nicht angetan, sondern wären unter Maschine gefahren. Heute Nacht: Wir haben weiterhin konstant 3 Windstärken und fühlen uns noch mehr verschaukelt – von Flaute keine Spur. Diese Nacht ist fabelhaft und entschädigt. Die alte Dünung ist zwar noch immer nicht komplett verschwunden, geht aber mit unserem Schiff eine wunderbare Freundschaft ein. Atanga segelt aufrecht ohne Schiffsbewegungen. Wir scheinen zu schweben. Unter Deck sind alle Geräusche verschwunden, selbst das Gürgeln vom Wasser am Bug. Wir müssen nachschauen, ob wir überhaupt noch vorwärts kommen. Ja, kommen wir! Mit knapp drei Knoten Kurs Ost. Einen anderen Kurs lässt der Wind nicht zu. Macht nichts, wir haben ohnehin noch 50 Meilen nach Ost gut zu machen. Und es soll Ostwind kommen (glaubt man den Flauten-Malern), dann passt das. Heute tagsüber: Wir haben 4 Windstärken (über die vertrödelte Nacht lassen wir Gras wachsen). Leider kommt der Wind aus Nord-Westen (Augenroll). Hoch am Wind schaffen wir einen 30er bis 40er Kurs (zielkurs Minerva inzwischen 9°). Wir geben unter Vollzeug Gummi (ruppiger Ritt), denn in 12 Stunden soll Flaute kommen. ;-)

Tagesmeilen: 73 Meilen (davon 12 unter Maschine – wir brauchten Strom in die Batterien. Die Tage sind sehr kurz, nur gut zehn Stunden ist es hell. Die Sonne steht tief, der Windgenerator dreht müde und schafft auch nichts rein. Der Albtraum von Habeck in seinem ganzen Schrecken: Dunkelflaute! :mrgreen:
Bereits gesegelt: 635 Meilen Noch 706 Meilen bis Fiji, noch 295 Meilen bis Minerva Position: 28°35,3 S – 179°40,6E


12

Von NZ nach Fiji – Tag 5

Mi.,14.Jun.23, Pazifik, Tag 3302, 25.319 sm von HH
Ausgebremst. Von eben auf jetzt hat um 20:00 Uhr unsere Rauschefahrt ein Ende. Der Wind geht runter – auf neun Knoten, auf sechs, auf drei. Wir rollen die Genua ein. Sie schlägt nur noch sinnlos hin und her. Die Flaute ist früher da als befürchtet. Eine großflächige Flaute bis zum Ziel soll vor uns liegen, wenn man der Vorhersage vertraut. Bis Minerva sind es noch 360 Meilen. Bis dahin würde unser Diesel reichen, aber viel wäre nicht mehr übrig. Das ist uns zu riskant. Schließlich wollen wir noch im Inselgewirr von Fiji über hundert Meilen segeln. Da brauchen wir Diesel unter Umständen dringender als hier, wo kein Land im Wege liegt. Die Entscheidung ist schnell getroffen, wir haben keine Wahl, wir lassen uns treiben. Immerhin geht die Strömung Richtung Osten und nicht zurück.
Die Nacht ist nicht schön. Die alte Dünung (geschätzt 1,5 Meter) schüttelt uns kräftig durch. Atanga liegt eben noch ganz ruhig und aufrecht da. Dann hebt uns der Schwell sanft an. Atanga rollt zur Seite. Erst rechts, dann links. Die nächste Welle über nimmt den Kahn. Es geht reeechts, liiinks. Die nächste Welle: reeeeeechts, liiiiiinks. Als nächstes der Todesstoß, wir schaukeln uns auf: reeeeeeechts, liiiiinks. Dann ist der Spuk vorbei und für einen wunderbaren Moment liegt Atanga wieder ruhig und aufrecht da. Ein schönes Spiel für Masochisten.
Das Gute an dem Drama, die Dünung wird kontinuierlich niedriger. Nach der Nacht aus der Hölle beträgt sie noch einen Meter. Geschätzt. Wir dümpeln und rollen uns weiter ostwärts. Dann spüren wir plötzlich einen Lufthauch im Haar: fünf Knoten Wind aus Westen. Wir baumen die Genua aus und nehmen Fahrt auf. Mit einem Knoten Fahrt geht es wieder dem Ziel (Kurs 14 Grad) entgegen. Noch 18 Tage ätzt die Anzeige im Plotter. :mrgreen: Der Wind nimmt bis mittags noch auf sechs Knoten zu – immerhin! Besser als totale Flaute. Wir beschleunigen auf über 1,5 Knoten Fahrt. Noch 10 Tage korrigiert der Plotter.
Tagesmeilen: 53 Meilen Bereits gesegelt: 562 Meilen Noch 746 Meilen bis Fiji, noch 345 Meilen bis Minerva Position: 29°18,6 S – 179°33,23 E


7

Von NZ nach Fiji – Tag 4

Di.,13.Jun.23, Pazifik, Tag 3301, 25.266 sm von HH
Es wird tatsächlich wärmer. Im Windschatten und in der Sonne können wir stundenweise im Cockpit sitzen. Sogar frühstücken. Nur zum Duschen ist es noch zu kalt. Die erfolgt im Bad – zuletzt vorgekommen auf der Passage von Portugal auf die Kanaren. Seitdem konnten wir es erfolgreich vermeiden, die Feuchtigkeit in die Bude zu tragen. Die erste Hälfte von Tag 4 ist gut gelaufen. Aber es geht kontinuierlich bergab. Der Wind hat auf Stärke 4 abgenommen (geschätzt – die Anzeige sagt keinen Mucks). Außerdem hat der Wind auf Süd-Süd-West zurück gedreht. Das ist ungünstig, wollen wir doch in genau die entgegengesetzte Richtung (22 Grad Zielkurs). Platsch von hinten wollen wir den Wind nicht haben. Zuviel Rollerei. Also kreuzen wir vor dem Wind. Leider gestaltet sich das inzwischen schwierig. Die Windsee hat bereits deutlich abgenommen, aber die alte Dünung steht noch. Bestimmt zwei Meter. Es ist schwer zu schätzen, aber schaut man sich am Horizont die Berge an, die dort entlang rollen, kann das stimmen. Nehmen wir den Wind von schräg hinten, reicht der Winddruck nicht aus, um das Groß stabil in den Wellenbergen zu halten. Regelmäßig wackelt der Baum hin und her und das Groß bläst sich mit einem lauten Knall wieder auf. Material und Nerven zerfetzend. Zwei Mastrutscher (nicht neu, obwohl das Segel beim Segelmacher war) sind bereits gebrochen.
Das geht so nicht. Das Groß runter zu nehmen ist ebenfalls eine schlechte Idee, wir würden im Schwell von einer Seite zur anderen rollen. Für den Blister ist der Wind noch zu kräftig. Wir haben alle Optionen durch. Uns bleibt also nichts anderes übrig, als höher an den Wind zu gehen, um den Druck im Groß zu erhöhen. Das schlägt uns weit ab vom Kurs – zurzeit 50 Grad daneben. Richtung Osten daneben. Das ist nicht schön, aber auch nicht ganz falsch – immerhin bleiben noch 120 Meilen nach Ost gut zu machen. Und es soll dort mehr Wind geben, von Westen droht eine Flaute auf uns zuzukommen.
Ansonsten sind die Seebeine jetzt wieder komplett gewachsen. Die lähmende Mühsal der ersten Tage ist wie weg gewischt. Und wir hatten Besuch. Bei so viel Platz um uns herum, ist kaum zu glauben, dass ich für einen Katamaran, der uns von rechts überholt hat, den Kurs ändern musste. Wir wären sonst mit nur 20 Meter Abstand knapp aneinander vorbei geschrappt.
Tagesmeilen: 131 Meilen Bereits gesegelt: 509 Meilen Noch 767 Meilen bis Fiji, noch 375 Meilen bis Minerva Position: 29°36,2 S – 178°41,4 E


11

Von NZ nach Fiji – Tag 3

Mo.,12.Jun.23, Pazifik, Tag 3300, 25.135 sm von HH
Die Nacht ist gleichbleibend: Windstärke 4 bis 5. Wir kommen gut voran, genau auf Kurs (Minerva 22°). Mit der Morgendämmerung erreichen wir ein Band mit fetten Regenwolken. Grundwind jetzt Windstärke 6. Wir reffen das Vorsegel ein. Ein paar Böen von über 30 Knoten sehen wir noch auf der Anzeige, dann steigt der Windmesser wieder aus. Und kommt auch nicht wieder. Das Problem wird vertagt bis wir weniger wackeln. Nach vier Stunden sind die Regenwolken vorbei gezogen. Der kräftige Wind bleibt und hat gleich seine Freunde mitgebracht – Wellen von drei Metern und mehr. Die rollen harmlos von hinten unter uns durch, schütteln Atanga aber von einer Seite zur anderen.
Die Wassertemperatur ist in den letzen Tagen um fast drei Grad gestiegen. Aktuell 19 Grad. Der Wind ist noch immer eisig und erfordert im Cockpit Mütze und Doppelfleece oder Regenvollzeug. Im Salon zeigt das Thermometer angebliche 18 Grad. Es fühlt sich kälter an. Der Niedergang steht dauerhaft offen. Man kommt dann einfach schneller an Deck, falls der Windsteueranlage bei heftigen Böen geholfen werden muss, den Kurs zu halten. Und um Ausschau zu halten. Wir kuscheln uns im Salon in Wolldecken und dann ist es okay. Nur ums Duschen wird sich auch an Tag drei erfolgreich gedrückt. ;-) Pfui!
Tagesmeilen: 133 Meilen Bereits gesegelt: 378 Meilen Noch 860 Meilen bis Fiji, noch 475 Meilen bis Minerva Position: 31°04,0 S – 178°02,6 E


1

Von NZ nach Fiji – Tag 1+2

Sa/So.,10./11.Jun.23, Pazifik, Tag 3298/9, 25.002 sm von HH
Tag 1: Bei strahlend blauem Himmel kommen wir mittags los. Mit uns brechen ein gutes Dutzend weitere Boote auf. Zum größten Teil große Katamarane, die schnell am Horizont verschwunden sind. Der Wind ist angenehm – drei bis vier Windstärken. Wir setzten Groß und Genua. Das Tief auf dessen Rückseite wir segeln, hat eine unangenehme Dünung hinterlassen. Drei Meter sollen es laut Vorhersage sein. Da der Wind so schwach ist, entscheiden wir uns für ein Hoch am Wind segeln Richtung Osten. In den 1200 Meilen nach Fiji müssen wir auch ein gutes Stück nach Ost gut machen (250 Meilen in etwa). Das ist der schwierigste Part, also lieber gleich am Anfang abarbeiten. Taktisch sicherlich die richtige Idee, aber was für ein Kotz-Kurs. Die Dünung von vorne hat es in sich. Widerlich. Ich kann durch den Einwurf von Übelkeits-Tabletten schlimmeres verhindern. Und sogar Achim sagt, dass ihm mulmig ist. An Bord von Atanga sieht es aus wie in Criminal Tango: langgestreckt liegen wir regungslos auf den Bänken. Zu tun gibt es nichts, der Wind bleibt für Stunden ruhig. Wir verfluchen die Segelei. Tagesmeilen: 100 (nicht schlecht für den schwachen Wind und dazu ein fast reiner Ostkurs – ironischer Weise wäre unser Ziel jetzt genau Tahiti, aber wir wissen ja, dass es nicht so bleibt)
Tag 2: Am zweiten Nachmittag frischt der Wind deutlich auf. Er kommt jetzt auch südlicher. Wir wechseln auf den anderen Bug. Genua plus das Groß im ersten Reff: Kurs Minerva Riff (30 Grad) liegt an. Dort wollen wir einen Zwischenstopp einlegen, wenn möglich. Ein Ankerplatz mitten im Ozean. Welle und Wind kommen jetzt von hinten. Gleich ist es viel angenehmer. Die Sonne scheint, ein Albatros kommt vorbei. Umkreist uns zweimal und wackelt mit den Flügeln zum Abschied. ;-) Schön. Aber Freud und Leid liegen auf See dicht beieinander. Von jetzt auf sofort fällt unser Windanzeiger aus. Gleich wird es dunkel (Sonnenuntergang schon um 17:10 Uhr), heute kann Achim nichts mehr machen. Ohne Windrichtungsanzeiger müssen wir segeln nach Gefühl. Total ungewohnt. Da fehlt schon ein feines Hilfsmittel. Besonders im Dunkeln. In der Nacht kommen wir sehr gut voran. Bis zu acht Knoten sind wir flink unterwegs, schaffen einen Schnitt von über sechs Knoten. Am Morgen als Achim die Kabel vom Windmesser am Mastfuß kontrolliert und die Anzeige wieder funktioniert, wissen wir auch warum, wir so schnell sind: Deutlich über 20 Knoten Wind treiben uns voran. Ohne Windstärke-Anzeige segelt es sich sorgloser. :mrgreen: Und wir sind nicht alleine unterwegs. Im Umkreis von fünf Meilen segeln zwei weitere Boote mit uns. Ein 15m Mono und ein 39 Fuß Katamaran. Wir halten die Geschwindigkeit gut mit, warum auch immer. Vielleicht sind wir leichter als früher?
Tagesmeilen: 145 Meilen (cool!) Noch 1009 Meilen bis Fiji, noch 619 Meilen bis Minerva Position: 33°27,3 S – 177°29,4 E


6

Das wird nix – wir geben auf!

Fr.,09.Jun.22, Neuseeland/Marsden Cove, Tag 3296, 24.696 sm von HH

Wir geben unseren Plan nach Französisch Polynesien zurück zu segeln auf. Letzten Montag sah es so aus, als ob es ginge. Dann vielleicht Donnerstag. Nein, wieder nicht. Stürmische Süd-Ostwinde verhindern aktuell jede Meile nach Osten. Auf der Rückseite dieses Tiefs segeln wir Morgen nach Norden, nach Fiji.

Neue Route nach Fiji – Richtung Norden

Dreimal hatten wir uns bereits  beim Zoll zur Abfahrt angemeldet. Dreimal mussten wir absagen. Unsere Mitstreiter der Idee „Ost“, die Crew von der Zoomax, haben bereits vor knapp zwei Wochen aufgegeben. Denen dürfte inzwischen die Fiji-Sonne auf den Bauch scheinen.
Leicht ist uns die Entscheidung nicht gefallen. Zerschlägt sie doch alle Ideen und Pläne für die nächsten zwei Jahre. Und was wird aus dem Deutschland Flug im September? Wir haben diskutiert, überlegt und alles wieder verworfen. Auch der Stachel des Aufgebens, des Scheiterns bohrt im Ego. Sind wir zu weich? Haben wir zu wenig Geduld? Oder hat es dieses Jahr einfach keinen Sinn? Liegt es an uns oder dürfen wir El Niño die Schuld geben? Tatsache ist, dass Hochdruckgebiete diese Saison viel zu tief über Neuseeland hinweg ziehen.

Unser Abfahrts-Wind – aus Osten strömt schon wieder kräftiger Wind nach

Der Winter ist nah – in klaren Nächten fallen die Temperaturen bereits unter zehn Grad. Morgens läuft das Wasser an den Luken runter. Alles in den Schränken ist klamm. Im Bad zeigt sich Schimmel trotz Heizung und Heizlüfter.
Dazu räudiges Wetter. Tageweise fegt Regen waagerecht durch die Marina. Der Südwind schneidet kalt im Gesicht. Überwiegend hocken wir unter Deck. Alle Luken zu. Der klare Nachteil unseres Schiffes: unter Deck ist es wie im Kellerloch. Dunkel, nur ein paar mikro Seitenfenster. Raus gucken liegt nicht drin. Wir hocken beieinander ohne Auslauf. Mir fallen Beziehungsberater ein: suchen sie sich Freiräume in ihrer Partnerschaft. Einen Rückzugsort. Hahaha. Kurz gesagt, wir fangen an uns auf den Sack zu gehen.

Also Aufbruch. Ein Vorteil von Fiji liegt klar auf der Hand, der Weg ist mit 1200 Meilen deutlich kürzer – knapp halbe Strecke Franz-Poly. Und es wird auf dem Weg kontinuierlich wärmer werden. Die ersten Tage stellen wir uns aber auf übles Ostsee-Wetter ein. Achim hat schon einen Berg Decken im Bett liegen, dazu lange Unterhosen, Fleecehose und Stiefel bereit gestellt. Mein Vorschlag Hühnersuppe vorzukochen wurde mit leuchtenden Augen angenommen. Ich hoffe, dass mich ein paar Schübe Alte-Frauen-Hitze bei Laune halten. :mrgreen:

Morgen geht es also los. Wir rechnen mit zehn bis zwölf Tagen. Ohne Stopp, denn vielleicht finden wir unterwegs noch einen Parkplatz zum Anhalten. Auf unserem Weg liegt ein Ankerplatz mitten im Nichts. Von unterwegs werden wir versuchen zu posten und unsere Position durchgeben.

Unser Bimini haben wir abgenommen. Für Schutz vor Wind und Regen von hinten haben wir zwei vorhandene Sonnenschutzteile aus Persenning -Material hergekramt. Das ist vielleicht nicht optimal, das wird sicherlich etwas flattern und es gibt nach oben einen nicht zu verhindernden Schlitz. Aber besser als nichts. Man kann sich so etwas auch professionell vom Segelmacher an die Sprayhood anpassen lassen, aber wir hoffen, dass wir es nur ein paar Tage benötigen werden.

Flexibel und leicht zu entfernen

Aufbau-Varianten werden ausprobiert

Das sind unsere neuen Segelstiefel. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere, dass wir auf dem Weg hierher unsere total zerbröselten Stiefel aus dem Schrank gezogen haben. Der Schaum zwischen Sohle und Schaft hatte sich ohne Benutzung einfach zerlegt. Dies haben wir bei Dubarry reklamiert und die waren so nett und haben uns aus Australien neue Stiefel zu geschickt. Toll, nette Leute da. Manchmal haben Reklamationen also tatsächlich Erfolg.

Unsere neuen Stiefel

 


8

9 Jahre – 2 Fazits

Do.,01.Jun. 22, Pazifik, Tag 3287, 24.696 sm von HH

Wie immer getrennt von einander geschrieben.

Achim:
Wieder ein Jahr weg. Eines, das so ganz anders war, als die vorangegangen acht Jahre.
Gefühlt war es ein Leben mit und auf einer Baustelle. Air BnB wechselte sich mit House Sitting und dem Wohnen auf dem aufgebockten Schiff ab. Dazu kam unser Fiddel, unser geliebter 2004er Corolla. Es war ein Leben wie  „Rentners“  es führen. Rumtüddeln, einkaufen, essen, schlafen.

Wir haben es dennoch genossen. Neuseeland ist unser Land. Die Einfachheit, die fehlende Eitelkeit, das Tempo, die Freundlichkeit, die wenigen Menschen. Wir wären wohl geblieben, wenn es einen realistischen Weg gegeben hätte. So schlimm, wie es sich oben anhört, kann das Rentner-Leben dann wohl nicht gewesen sein.
Das einzig Problematische ist, dass die Behörden das nicht so sehen. Immigration funktioniert hier nur, wenn es zum Nutzen des Landes ist. Zumindest, wenn es sich um so alte Menschen wie mich handelt. Somit ist es nicht der Ort, an dem wir den Anker endgültig eingraben werden. Eigentlich schade, aber vielleicht auch ganz gut. Wir sind ja auch noch zu jung.

Jetzt stehen wir nach 18 Monaten ohne Segeln kurz vor dem wohl anspruchsvollsten Törns unserer Reise. Das macht schon etwas Bauchgrummeln. Jetzt heißt es wieder, den Stier bei den Hörnern zu greifen und weiterzufahren. Raus aus der Komfort-Zone, wie das so schön heißt.

Also los, Jahr zehn kann kommen und Französisch Polynesien lockt.

Sabine:

Wir sind träge geworden in dem Jahr auf dem Yard. Zu bequem war das Leben mit einem Auto unter dem Schiff. Zu bequem das Leben in Häusern an Land -beim House Sitting und im Air B&B. Zum Glück haben wir die Landreisen im Zelt unternommen, sonst wären wir total verweichlicht. ;-)
Mir fällt der Start deshalb schwer wie nie. Entwöhnt vom Segeln und dann auch noch unsere wohl anspruchsvollste Segel-Etappe. Zu gerne hätte ich es weiterhin bequem. Der Abschied fällt schwer, die Reiseknochen sind müde.

Zum Glück lauern dann Fotos im Internet. Blogs anderer Segler schwärmen von exotischen Zielen. Wenn wir uns gegenseitig die Geschichten vorlesen, fängt sofort das Reisefieber an zu lodern: „Sollen wir das auch wagen, dahin zu segeln? Würde uns das gefallen?“
Gefallen ja, aber wir haben faulen Speck angesetzt. Es fallen Sätze wie: „Das kann man auch ganz bequem per Flieger erreichen.“
Zum Glück wurde uns die  Entscheidung von den Einreisebestimmungen Neuseelands abgenommen. Wir müssen raus.

Wir gehen zurück nach Osten, um noch eine große Runde im Pazifik drehen zu können. Wunderschöne Orte warten auf uns. Abenteuer. Kletterpartien. Tolle Menschen und tolle Begegnungen. Aufregung, Spaß und Begeisterung. Sonnenuntergänge zum Niederknien. Spektakuläre Tauchgänge.
Meine Aufregung steigt, während ich das schreibe.

Aber es warten auch Anstrengungen auf uns. Üble Tage auf See und nächtliche Ankerwachen in angeblich sichern Buchten. Wäsche waschen mit der Hand und zu Fuß die Einkäufe schleppen. Dinghy Ritte bei denen wir nass bis auf die Knochen werden. Vielleicht auch mal leere Supermärkte und wenig Komfort. Plage, schlechte Laune und Mühsal. Tagelangen Regen. Wind aus der falschen Richtung.

„Siehst du“, ruft mir mein fauler Schweinehund zu, „und dafür willst du dich quälen?“ „Ja genau, leg dich wieder schlafen, du Hund. Genug gefaulenzt. So lange das Positive überwiegt, macht mir die Quälerei nichts aus. Auf zu neuen Abenteuern – möge das zehnte Jahr so wundervoll werden, wie es die letzten neun gewesen sind.“

Willner gegen den Rest der Welt – Navigation für Fortgeschrittene. Unser kleiner Weltatlas ist total abgegriffen und weckt immer Sehnsüchte. 

PS: Noch ein kleines Wetter- und Abreise-Update: Mittwoch sollte es los gehen (wir hatten sogar schon einen Termin beim Zoll vereinbart). Dann haben die Wetterheinis plötzlich einen Wirbel in die Karte gezeichnet, der uns nach ein paar Tagen überholt hätte. Der war so heftig, dass wir unsere Abfahrt abgesagt haben:
Dieser Wirbel ist drei Tage später komplett verschwunden. :evil:
Die Warterei, die Anspannung, die Enttäuschung helfen ausreichend dabei, dass uns mehr und mehr der Mut für unseren Plan verlässt.
Aber noch bleiben wir dran: Montag ist nun im Visier.


7

Video vom Campingurlaub in NZ

Fr.,26.Mai. 22, Neuseeland/Marsden Cove, Tag 3278, 24.696 sm von HH

Damit keine Langeweile aufkommt während der Wartezeit aufs Wetter, habe ich ein neues Video fertig geschnitten.
Viel Spaß auf unserem Roadtrip mit Zelt und Pkw: Der Norden, Osten und die Mitte.

PS: Es könnte sein, mit viel Glück, dass Mitte nächster Woche der Wind für uns passt. Daumen drücken – sonst gibt es noch ein Video. ;-)

Camping-Romantik


8

Abfahrt verschoben

So.,21.Mai. 22, Neuseeland/Marsden Cove, Tag 3273, 24.696 sm von HH

Nein, wir sind nicht los. :roll:
Wie geplant, haben wir Donnerstag das Auto gemietet und wie geplant, die Vorräte aufgestockt. Planmäßig ist sogar meine Strick-Mütze fertig geworden.
Ungeplant erscheint dann am Freitag eine Wetteränderung. Was soll das? Ein Tief, was nur bis zur Südinsel reichen sollte, wird plötzlich viel weiter nördlich vorhergesagt. Für die nächsten acht Tage ist keine Abfahrt in Sicht. Also futtern wir uns erneut durch die Vorräte.

Die Netze sind voll -Fleisch ist mein Gemüse

Könnte kalt werden in den hohen Breiten – planmäßig noch vorgesorgt mit neuer Mütze

Wir möchten gerne zurück nach Französisch Polynesien. Die Frage ist, geht das überhaupt? Oder ist das nur eine atangarische Schnapsidee?
Whangarei liegt auf knapp 36 Grad Süd. Längst raus aus dem gemütlichen Passatgürtel, wo milder Wind fast immer aus Osten weht.  Über die Nordspitze Neuseelands zieht alle paar Tage ein Tief. Diese Wirbel bringen erst Ost- dann Westwind. Meistens mit Windstärke sechs bis sieben. Und sie sind so schnell, dass wir vor ihnen nicht weg segeln können. Somit ist es fast nicht zu verhindern, dass einem dieser Wind entgegen bläst.
Was wir brauchen, ist ein Hochdruckgebiet auf dessen Unterseite wir lossegeln könnten. Die Hochs sind langsamer und weniger stürmisch. Aber sie bilden sich dieses Jahr einfach nicht aus oder bleiben zu tief im Süden

Der Trick wäre also, so weit nach Süden zu segeln, dass man konstante Westwinde fängt. Die beginnen bei 40 Grad. Sollen beginnen – auf Wetterregeln ist ja kein Verlass. Manchmal muss man noch südlicher. Das ist an Bord von Atanga unerwünscht. Die 40er Breiten haben den Beinahmen „Brüllende Vierziger“. Die 50er sogar „Rasende Fünfziger“. Das klingt abscheulich. Diese Winde bringen viel Regen und hohen Seegang und puschen sich häufig zur Sturmstärke auf. Und mit jedem Grad nach Süden wird es kälter.
Die alten Fracht-Segler im 19. Jahrhundert sind in den „Brüllenden Vierzigern“ gesegelt und bedienten einen regen Handel insbesondere zwischen Australien und Europa. Auch moderne Regatten, wie Volvo Ocean Race und Vendée Globe, brettern hier entlang. Man kann dort also segeln. Unser Boot kann das auch, aber wir wollen das nicht. Blinder Eifer schadet nur. :mrgreen:

Ein willkürlicher Tag – das spielt sich unterhalb von 40 Grad tagtäglich ab

Unser Plan lautet, dass wir maximal auf 40 Grad runter gehen. Hält man sich daran, weiß  Jimmy Cornell, Segelrouten-Guru und Spaßbremse in einer Person, folgendes zu schreiben: „Alle Berichte aus den letzten Jahren weisen darauf hin, dass auf dem Weg nach Französisch Polynesien mindestens mit einem Sturm zu rechnen ist. Dann dreht man am besten bei und wartet, bis er vorbei ist.“ Ja schau, so einfach ist das. Dieser Jimmy.

Besonders viele Boote segeln diese Strecke nicht. Ob es am Jimmy liegt? Zwei Dutzend im Jahr – vielleicht. Wir haben trotzdem eine holländische Crew gefunden, die es bereits zweimal hinter sich hat (Zitat): „Einmal war okay, das andere Mal war Kacke.“

Wir würden es trotzdem wagen. Noch haben wir unsere Pläne nicht aufgegeben. Das meistgesprochene Wort dieser Tage: Geduld!
Zeitdruck haben wir keinen. Der einzige Druck, der uns belastet hat, war das Ablaufdatum unseres Visums – am 19. Mai. Illegal wollten wir nicht hier bleiben, also hat Achim rechtzeitig eine Verlängerung beantragt. Die Meinungen, ob das nötig sei, gehen unter den Seglern stark auseinander. Der Hafenmeister vor Ort sagt, ohne gültiges Visum wird man vom Zoll nicht ausklariert.
Uns ist es nun wurscht. Wir haben zunächst ein vorläufiges Visum erhalten. Solange dies nicht endgültig bearbeitet wird, sollen wir sogar unser Geld wieder bekommen (immerhin 180 Euro).
Geht uns beim Warten die Geduld aus, so basteln wir uns Plan B zu Recht – wir segeln dann nach Norden. Entweder erreichen wir dann Tonga, Fiji oder Neukaledonien.
Von den „Brüllenden Vierzigern“ halten wir uns fern.


16

Verratzt in Marsden Cove

Di.,16.Mai. 22, Neuseeland/Marsden Cove, Tag 3271, 24.696 sm von HH

In Marsden Cove ist der Hund begraben. Neben der Marina hat man künstlich eine verzweigte Flusslandschaft geschaffen. Durch mehrere Seitenarme sind so Wassergrundstücke mit eigenem Bootsanleger entstanden. Hier wohnen Richy Rich und seine Freunde. Mein Haus, mein Boot, mein Wohnmobil! Und mein Auto – gerne ein deutsches Fabrikat. Aber ein Jaguar oder Oldtimer erfüllt auch seinen Zweck.  Damit die Lagune nicht leer läuft, gibt es zwischen Marina und Siedlung eine aufwendige  Schleuse, die von den Crews selber bedient werden kann.

Eine Fußgängerbrücke über der Schleuse – alles nur vom Feinsten – Edelstahl overkill

Mein Haus – mein Boot

Alle Wasserwege wurden künstlich angelegt

 

Die Siedlung ist gerade erst entstanden. Noch sind Grundstücke zu haben. Der Quadratmeter nicht unter 1.200 Euro. Inklusive Steg, die bereits überall errichtet worden sind. Schöne Häuser, angelegte Gärten, große Grundstücke. Viel Rasen. Rasen vor dem Haus, Rasen hinter dem Haus. Achtung, eine Warnung für Kaufinteressenten. Irgendeiner mäht hier immer Rasen.
Sehr edel, aber (noch) etwas steril. Viel mehr gibt es in Marsden Cove nicht zu sehen. Wanderwege nicht vorhanden. Plattes Land um uns herum. Die hübschen Whangarei Heads liegen unerreichbar auf der anderen Flussseite.

Viel gemähter Rasen – irgendein Mäher läuft hier immer

Das Grundstück rechts neben dem Segelboot ist noch zu haben – 1250 qm

Die Marina bei Sonne – im Hintergrund die Whangarei Heads – mehrfach waren wir dort zum Wandern

Attraktion in der Marina – das Siegerboot vom America’s Cup 2000 – man achte auf die Hütchen – typisch NZ ;-)

Luftlinie ist es nicht weit nach Whangarei, aber auf der Straße läppert es sich eine Strecke auf 35 Kilometer zusammen. Zu weit fürs Fahrrad. Einen Bus gibt es nicht. Also mieten wir am Donnerstag einen Leihwagen. Der ist mit 45 Euro zwar teuer, aber nötig. Der Supermarkt auf dem Hafen-Gelände ist ganz gut sortiert, mangels großer Laufkundschaft ist das Obst und Gemüse leider häufig überlagert. Nicht mehr geeignet für auf See. Da wir unsere Vorräte für die Überfahrt täglich mehr auffuttern, kommen wir ums Nachbunkern nicht herum.

Aber ein Ende ist in Sicht. Diesmal sieht es wirklich gut aus. Echt! Ob Samstag oder Sonntag ist noch unklar. Zuerst muss noch ein hässliches Tief über Neuseeland ablaufen. Auf dessen Rückfront können wir nach Osten reiten. Reiten im wahrsten Wortsinn. Rodeo-Reiten.
Und wir haben tatsächlich Mitstreiter für dieses beknackte Unterfangen getroffen. Nette Italiener: Anna und Paulo von der ZoomaX. Sie werden uns allerdings nur für ein paar Stunden als Begleitung erhalten bleiben. Ihr Schiffchen ist sechszehn Meter lang und läuft mindestens anderthalb Mal so schnell wie Schnecke Atanga. Und auch sonst ist ein Vergleich mit ihnen albern. Sie sind bereits ums Kap Hoorn gesegelt und vertreten das Motto: „Ist der Westwind nicht auf 40 Grad zu finden, gehen wir halt auf 50 Grad.“  :mrgreen: Genau unser Thema.
Trotzdem gibt es ein gutes Gefühl, dass auch andere Crews das Wetterfenster sehen. „Wer einen sportlichen Start mag, der geht Samstag“, lacht Anna mich an, als ich sie nach ihrem Abfahrtstag frage. Ich ziehe vorsichtshalber eine unbestimmte Schnute als Antwort.
Na dann – das kann ja heiter werden.


20

Neuseeland – Traumland?!!

Fr.,12.Mai. 22, Neuseeland/Marsen Cove, Tag 3267, 24.696 sm von HH

Update über die Weiterfahrt: Unser Wetterfenster ist zu – wir fahren diese Woche nicht. Für alle, die nach Norden wollen, geht sich der Wind aus. Wir würden in einer großen Flaute enden. Dafür ist die Strecke zu weit als dass wir gleich zu Beginn zwei Tage motoren könnten. Außerdem hat es so viel geregnet, dass am Kabeldurchlass am Mastfuss  Wasser in den Salon getropft ist.( :roll: – hört das denn nie auf?) So wollten wir dann auch nicht los. Der Skipper hat es zum Glück inzwischen behoben.
Nun heißt es auf das nächste Wetter-Angebot zu warten.

Wir wären gut aus NZ weg gekommen, um dann in diesem blauen Wind losen Loch zu enden

Das gibt mir die Gelegenheit mit Neuseeland abzurechnen. Traumland oder nicht?
Bei der Ankunft freuten wir uns, das ‚Französische‘ hinter uns zu lassen. Endlich ein Land mit einer Sprache, die man lesen und verstehen kann. Aber halt – ‚heavy accent‘- Alarm. Die Kiwis verdrehen die Vokale bis zur Unkenntlichkeit der Sprache: ‚seven tents, please‘ wird zu ‚siiven tints, pläjs‘. Was will der Kiwi, wenn er nach einem pin verlangt? Einen pen oder einen pin? Sich selber nennt er ‚Käiwaj‘ – da kann es am Anfang passieren, dass man nur Railwaystation versteht. 

Selbst das Lesen verläuft nicht ohne Stolperfallen. Hinweis-Schilder und Zeitungsartikel sind mit Maori-Begriffen (zweite Amtssprache in Neuseeland) gespickt: Die Warnung „Nur für tamariki“ muss man dann halt kennen. Betrifft es einen oder nicht? Eine Übersetzung gibt es nicht dabei.

Neuseeland ist bürokratisch bis zum Umfallen und vieles ist total einfach. Fortschrittlich und umständlich zugleich. Der Akt der Visums-Verlängerung hat Achim die letzten Haare grau gefärbt. Neben tausend gestellten Fragen sollten auch zwei Fotos dem Antrag beigefügt werden: Bitte vor hellem Hintergrund ohne Muster. Keine Schatten im Gesicht, keine Passanten im Hintergrund, keinen Schmuck tragen und auf keinen Fall lächeln. Horror-Monster-Fotos waren das Ergebnis. Die Fotos auf denen wir noch halbwegs nett aussahen, hat das System abgelehnt. Es folgen ein medizinischer Check  (Blutdruck, Hören, Sehen), das Röntgen der Brust (Tuberkulose) und ein Bluttest. Eine Prüfung auf Syphilis und Aids sind kostenpflichtig enthalten. Keine Geschlechtskrankheit vorhanden. Wir durften bleiben.

Ein Auto als Ausländer anzumelden und zu versichern, ist formlos möglich und in dreißig Minuten abgearbeitet. Auch ein Bankkonto zu eröffnen, ist nicht allzu schwierig.
Neuseeland wird seit einigen Jahren ‚grün‘ regiert und ist ein Kindermädchen-Staat: mind your head – watch your step – drive carefully – und doch ist vieles erlaubt.  Auf dem Boat-Yard hält man sich an staatliche Vorgaben. Es heißt, fällt ein Arbeitnehmer auf sein Knie, müssen am nächsten Tag alle Arbeiter Knieschoner tragen. Dafür sieht man in der Provinz Kinder mit Quads umher heizen und Familienmitglieder, die keinen Platz im Auto finden, sitzen halt auf der Ladefläche. Mit dem Auto an den Strand fahren oder zum Ziegen oder Schweine Jagen gehen, hey, warum nicht? Gewähre stehen zum freien Verkauf  im Camping Laden.
Die Kiwis lästern, sie seinen das Land der ‚orangenen Hüttchen‘. Das können wir bestätigen. Vor lauter Pylonen erkennt man die Straße vor sich nicht mehr. Dafür brettern 60 Tonnen Laster mit Holzstämmen beladen die schmalen Straßen entlang. Ein Tempolimit für Trucks existiert nicht. Diese Laster sind Furcht einflößend.

Neuseeland ist das Land der Kontraste: Yin Yang, Zuckerbrot und Peitsche, modern und hinterwältlerisch. Diese Mischung ist reizvoll. Es geht geordnet zu, man bekommt alles, Dinge sind geregelt. Die Kiwis sind durchaus zuverlässig und pünktlich. So mag der Deutsche das. Und als Individualist findet man Nischen, wo man sich austoben kann.
Als Ausländer wird man neugierig ausgefragt. Falls der „Käjwai „ seine undeutliche Frage wiederholen muss, bleibt er geduldig und freundlich. Ich bin Prozente-erhalten-Mitglied im örtlichen Handarbeitsladen. Nach zwei Besuchen war ich von Person bekannt und wurde immer auf nette Schwätzchen eingeladen.  Im Supermarkt packen die Kassierer die Waren mit perfekten Tetris-Künsten in den Einkaufswagen oder in mitgebrachte Taschen. Das einzige Land auf unserem Weg ohne Einkaufswagen-Chips. Die Kiwis mögen es gemütlich und schaffen Nebenjobs für Einkaufswagen-Zurückbringer.

Zwei wenig besiedelte Inseln zur freien Entfaltung. Wir lieben das. Vor allem die wenigen Menschen überall. Und dabei waren wir nur auf der „dicht“ besiedelten Nordinsel. Neuseeland – nicht ohne Grund eines der begehrtesten Auswanderländer der Welt. Wenn sie uns nehmen würden, wir könnten uns ernsthaft vorstellen zu bleiben. Trotz zu viel Regen.
Aber wir sind zu alt, zu nutzlos und haben zu wenig Knete. ;-)  In unserem Alter beträgt die Investition-Anforderung bereits mehrere Millionen Neuseeland Dollar.
Somit warten wir auf unser Wetterfenster, um in den türkisten Traum der Tropen zurück zu kehren. Auch schön.


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Umzug für die Abfahrt

07.Mai.23, Neuseeland/Marsen Cove, Tag 3262, 24.696 sm von HH

Neuseeland ist etwas umständlich bei der Abreise. Statt dass wir gemütlich in Whangarei Down Town ausklarieren können, schickt man uns Segler an die Mündung vom Hatea. Dort gibt es eine gepflegte Marina, einen mittelgroßen Supermarkt und mehr nicht. Nur zwei Meilen bis zum offenen Ozean.
Mindesten zwei Tage vor Abfahrt erwartet Immigration online eine Ankündigung über Ausreise-Absichten. Außerdem muss ein mehrseitiges Formular ausgefüllt werden mit den gleichen Anfragen wie bei der Einreise. Und wir müssen deklarieren, wie viel Alkohol ausgeführt wird. Peinliche Befragung. Wir kennen ja die Preise in Französisch Polynesien und sind entsprechend präpariert. Nudeln brauchste da nicht mit hinnehmen – Barilla kostet dort weniger als überall anders auf der Welt.  :mrgreen:

Also sind wir heute Morgen bei schittigem Wetter umgezogen und zwei Stunden den Fluss abwärts getuckert. Alle Systeme arbeiten reibungslos. Nur unser Radar will noch immer nicht. Vielleicht erfolgt ja noch eine Selbstreparatur … :roll:

Überhaupt das Wetter. Neuseeland macht uns den Abschied leicht. Die letzten drei Wochen waren grau und regnerisch. Die Temperaturen sind mit 18 bis 20 Grad noch angenehm, aber der Dauerregen schlägt etwas auf die Laune. Unser neues Deck ist grün. Tampen und Fallen sind grün. Die Sprayhood ist grün. Da ist Morgen noch Handarbeit angesagt.
Viele Wege zum Einkaufen und für letzte Besorgungen in der Zivilisation endeten klitschnass.

Alles grün nach nur drei Wochen – unser schönes Deck – heul! Okay, Holz wäre genauso grün geworden – das ist ein Trost

Ein Wetterfenster ist in Aussicht. Donnerstagnachmittag vielleicht. Wahrscheinlicher ist jedoch der Freitag. Es hängt etwas davon ab, wie schnell der Wirbel abgezogen ist, der aus Australien zu uns rüber kommt. Der Wirbel bringt Westwind, später Südwind. Perfekt!
Man soll freitags ja nicht auslaufen. Diesem Aberglauben messen wir hohe Bedeutung bei, haben uns aber die Sache schön zu recht gelegt: wir sind ein Deutsches Schiff und am Freitag ist in Deutschland noch Donnerstag. Voila, somit können wir ohne Probleme auch am Freitag los.

Die Aussicht für Mittwoch – ideale Windrichtung – Grundwind 30 Knoten – der mutige Segler würde fahren – uns Hasenfüßen sind Böen mit bis 40 Knoten aber zu viel ;-)


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