Kategorie: Atanga

Prüfungs-Stress und der Millstream Nationalpark

13.-15.04.24,  Australien/WA/Karratha und Millstream NP, Tag 135-137 Roadtrip,  12.201 km total, 560 + 120 Tages-km

Unser nächster Stepp ist mit 560 Kilometern der bisher längste. Vom Regen nach Zyklon Olga ist auf der Strecke nichts zu merken. Nur ein paar Wasserlachen in der Wüste sind zu sehen. Wir queren die westliche Pilbara. Das ist eine Provinz in Australien – knapp 50 Prozent größer als Deutschland. Mit einer lächerlichen Einwohnerdichte von 0,1 Person auf den Quadratkilometer. Entsprechend kommen wir auf 560 Kilometer durch keinen Ort. Zwei Roadhouses mit Übernachtungsmöglichkeit auf der Strecke und eine unbemannte Tankstelle, das war’s. Rechts und links nur endlose Ebene. Der Highway ist in einem ausgezeichneten Zustand, nicht ein einziges Schlagloch zu entdecken.

Die Strecke ist überwiegend flach

aber trotzdem nicht eintönig.

Im Nichts wird eine Brücke gebaut. An einer Stelle von hoher Überschwemmungsgefahr.

Australien muss richtig viel Geld haben. Der Grund für den Reichtum ist gut auf dem Satellitenfoto zu erkennen: Minen. Dank der Minen haben wir fast durchgehend Internet in der Abgeschiedenheit und wissen gleich, wer da nach was, wie erfolgreich buddelt. Alles Minen der Superlative: Magnetit-Mine oder normales Eisenerz.

Rastplätze vom Feinsten

Miene in der Pilbara (quelle google earth) Größte Magnetit Miene der Welt.

Wenn es keine Miene ist, dann ist es ein Gaswerk. Hundert Kilometer vor der Küste liegen die Quellen.

Karratha ist unser Tagesziel. In der kleinen Stadt können wir gut unsere Vorräte aufstocken und uns für die weitere Strecke vorbereiten. Der  teuerste Campingplatz unserer Roadtour: 60 Dollar! (Zur Erinnerung – in New South Wales haben wir mal mit 20 Dollar angefangen). Und dabei ist er gar nicht mal der beste Platz.

Dafür gibt es wieder Kakadus – von der Abendsonne beschienen – hier Rosakakadu

und morgens begrüßen uns Nacktaugenkakadus mit ihrem „lieblichen“ Gesang. Alle wachen deutlich vor Sonnenaufgang auf.

Viel Zeltplatt-Auswahl gibt es in dieser Region nicht und  wir wollen in den Millstream Nationalpark und dann ins Herz der Pilbara. Der kürzeste Weg dahin führt 150 Kilometer über eine Privatstrecke von Rio Tinto, dem Betreiber einer der größten Eisenerzminen in Australien. Diese Straße darf man nur mit Genehmigung befahren. Und die bekommt man in Karratha.

Jetzt wird es lustig. Alle verfügbaren Hinweise sagen, dass wir die Erlaubnis im Informationszentrum erhalten. Die sympathischen Damen haben zwar eine Detailzeichnung von der Strecke, aber keine Genehmigung für uns. Die bekämen wir in der Bibliothek.
In der Bibliothek erkennt die fröhliche Mitarbeiterin unseren Wunsch sofort am Streckenzettel in unserer Hand. „Glückwunsch! Ihr seid die ersten in der Saison, die sich die Rio Tinto Road – Genehmigung holen.“
Wir gewinnen nichts, wundern uns aber über den Freudentaumel.

Sie gibt uns einen Gutschein über kostenlosen Internet-Zugang in der phantastisch modern ausgestatteten Bibliothek (da war er wieder, der Reichtum Australiens).  Ein Link führt uns zu einem Film der Rio Tinto Gesellschaft.
Haarklein werden wir über die Straße aufgeklärt: Schotterpiste. Führt parallel zur Eisenbahnlinie, die natürlich auch Rio Tinto gehört.  Wir lernen das Verhalten bei Feuer. Bei Staub. Beim Überholen. Wie man die Bahngleise mit Schranken und ohne Schranken überquert. Und dass wir herzlich eingeladen seien, so viele Fotos (Abstand zehn Meter von den Gleisen) von den Zügen zu machen, wie wir möchten. Aber bitte kein rotes T-Shirt tragen beim Aussteigen. Das sei für die Lokführer das Signal von Gefahr und sie würden den Zug dann sofort abbremsen. Dass die Züge unbemannt fahren, die Info kommt ein paar Sätze später.
Gute zwanzig Minuten Film – mehr oder weniger unterhaltsam gemacht. Dann das Finale: Jeder Fahrer muss einen Test ablegen, ob er die Regeln nun auch wirklich verstanden hat. :mrgreen:
Man hat drei Versuche. Wer versagt, muss wieder von vorne anfangen. Achim besteht. Puh, Glück gehabt. Ich verzichte auf den Test – noch mal den ganzen Kram zu hören… nee, danke.
Die Genehmigung ist kostenlos, eine Bescheinigung drucken die netten Damen in der Bibliothek und wollen nur 20 Cent dafür haben. Der Vormittag ist zwar rum, aber Achim hat die offizielle Rio Tinto Genehmigung. Gültig für drei Monate. :-)

Rio Tinto Road Permit – wann hast du zuletzt etwas das erste mal gemacht? Eine Genehmigung für eine Straße beantragt :mrgreen:

Neben dem Streckenzettel wissen die Damen in der Karratha Information zu berichten, dass es mit den lästigen Fliegen ja schon so viel besser sei als letzte Woche. Der Zyklon habe die Viecher wohl (?) weggeblasen.
Wir riskieren es und fahren am nächsten Tag 150 Kilometer in den Millstream Nationalpark. Schon vor dem Mittag sind wir da. Außer uns nur ein Wohnwagengespann und tatsächlich nur mittelmäßig wenig Fliegen. Aber doch zu viele, um ohne Netz am Kopf zu sitzen.

Ein acht Kilometer langer Wanderweg führt am dauerhaft Wasser führenden Fluss entlang. Seit Wochen das erste Mal, dass wir frisches Grün zu sehen bekommen. Schilf und Binsen sogar.  Leider hat es im November neben dem Campingplatz gebrannt. Das bedeutet viel freie Fläche ohne Schatten beim Laufen. Aber inzwischen merkt man, dass es Herbst geworden ist, die Sonne brennt nicht mehr ganz so gnadenlos. Es ist wieder möglich auch am Nachmittag durch die Pampa zu wandern.

Zum Teil nichts mehr übrig vom sowieso schon spärlichen Bewuchs

Das Feuer war im November – fast alle Bäume in den Auen schlagen schon wieder aus.

Die Termiten werden das Feuer überlebt haben – sie sollen sich angeblich unterirdisch zurück ziehen

Die Millstream Palme hat es ordentlich erwischt – Livistona alfredii

Die Stämme schwarz verkohlt – allerdings sind die Wedel noch grün – es besteht Hoffnung

Lookout auf die Creeks im Millstream Camp

Besonders schöne Eukalypten haben überlebt

Beste Campküche in einem Nationalpark – keine Dusche, aber ein Herd und Spüle mit Wasser. Allerdings keine Dusche.

Und nach Sonnenuntergang keine Fliegen. Und keine Käfer im Dunkeln. Sehr schön. Hat uns gut gefallen dort.

Wegen der Fliegen bleiben wir nur eine Nacht. Nach ein paar asphaltierten Kilometern erreichen wir die Rio Tinto Road. Ob sich die Prüfung gelohnt hat, berichte ich dann im nächsten Blog. ;-)


15

Olga

09.-12.04.24,  Australien/WA/Coral Bay, Tag 132-134 Roadtrip,  11.521km total, 247+245 Tages-km

Wir möchten eine Pause von den Fliegen und wissen, dass es weniger Fliegen an der Küste, bei viel Wind und in städtischer Umgebung gibt. Auch große Überdachungen, wie die Küche auf der Schaffarm, halten die lästigen Viecher fern. Städte sind auf weiter Flur nicht in Sicht, also entscheiden wir uns für die Küste.

Es sind noch immer Schulferien, wir versuchen trotzdem unser Glück in der Coral Bay. Eine Bucht für die viel Werbung gemacht wird. Perfekte Vermarktung vom Badestrand und dem Ningaloo Reef vor der Tür. Von der Straße sieht der Campingplatz proppenvoll aus. Aber wir sind erfolgreich. Auf der Wiese ohne Stromanschluss findet sich noch eine Stellfläche für uns.
Das Wetter ist toll, alle sind am Strand. Wir auch. Das Wasser ist herrlich warm.  Außerdem wird dies wohl unsere letzte Gelegenheit zum Baden sein. Weiter nördlich wohnen die großen Salzwasserkrokodile. Dort ist schwimmen nur noch unter Lebensgefahr möglich.

Der Zeltplatz ist fast zu einhundert Prozent belegt. So voll haben wir es noch nirgends erlebt.

Der Strand ist ebenfalls gut besucht.

Ein Plätzchen zum Abkühlen findet sich trotzdem noch im herrlichen Türkis. 38 Grad Luft, 26 Grad Wasser. Passt!

Berühmt ist das Ningaloo Reef für seine Walhai-Population. Einer der besten Plätze auf der Welt, um mit dem größten Fisch der Welt zu schnorcheln. Während unserer aktivsten Tauch-Zeit haben wir uns die Lunge aus dem Leib getaucht, wie Achim immer sagt, um einmal einen Walhai zu sehen. Nur ein einziges Mal. Auf hunderten Tauchgängen ist das nicht gelungen.
Und nun passt alles zusammen. Wir sind zur richtigen Jahreszeit am richtigen Riff. Gegen alle Erwartungen noch einen Campingplatz bekommen und dann sind alle Schnorcheltouren ausgebucht. ;-) Frühester Termin erst in einer Woche.  Solange wollen wir in Coral Bay nicht bleiben. Außer zwei Campingplätzen, einem total überteuerten Laden und zwei Restaurants gibt es nicht viel an Land zu entdecken. Gut, dass man im Alter gelassener wird, somit bleibt der Walhai auf unserer Liste.

Ningaloo Reef direkt vor der Nase. Walhaie zum Greifen nah.

Nach zwei Tagen ist es vorbei mit dem friedlichen Touristenleben am Strand.  Olga ist im Anmarsch. Olga ist wohl einer der letzten Zyklone für diese Saison. Wir hatten Olga schon vor ein paar Tagen auf ‚windy‘ gesehen und beschlossen abzuwarten, wie ihre Zugrichtung verlaufen wird.
Wir haben keine Erfahrungen mit australischem Regen. Die „Floodway“-Warn-Dichte auf Straßenschildern hat nach Norden auf jeden Fall zugenommen. Das gilt auch für den asphaltieren Haupt-Highway. Es heißt, dass es hunderte Kilometer entfernt regnet und sich zerstörerische Überflutungen an ganz anderen Stellen zeigen. Straßen können für Tage gesperrt sein. In Nord-Westaustralien fallen durchschnittlich keine dreißig Zentimeter Regen im Jahr. Aus eigener Kraft schafft es die Landmasse kaum mal einen Schauer zu fabrizieren. Somit kann es sein, dass der gesamte Jahresregen nur während eines einzigen Ereignisses fällt: wenn sich ein Zyklon über dem indischen Ozean bildet und an Australiens Küste abregnet.

Mit dieser unbekannten Größe wollen wir nicht über Land fahren. Steckenbleiben im Schlamm steht nicht auf unserer Agenda.
Also verlängern wir um eine Nacht und warten Olga in Coral Bay ab. Eine gute Entscheidung. Vom Wind bekommen wir nicht viel mit – dank einer großen Hecke um den Campingplatz. Und der Regen hält sich auch in Grenzen. Es beginnt in der Nacht und bereits mittags nieselt es nur noch ganz leicht.
Die Nachrichten sind gut – keine Sperrungen auf unserem weiteren Weg nach Norden. Wir können beruhigt das Zelt zusammen falten und Richtung Norden weiter ziehen.

Olga fegt den Strand leer. Unser erster Regen seit drei Monaten …

… mit einer Ausnahme: 30 Minuten Schauer in Denham vor vier Wochen. Die Emus haben sich den nächsten Vormittag noch über die Pfützen gefreut.


10

Wir geben uns geschlagen …

04.-06.04.24,  Australien/WA/Kennedy Ranges NP, Tag 126-128 Roadtrip,11.029 km total, 136+233 Tages-km

Nach der Schaffarm legen wir einen erneuten Stopp in Carnarvon ein. Ein Scheidepunkt, ob man Richtung Norden an der Küste bleibt, oder durch die Hinterhöfe im Inland weiter fährt. Die Temperatur-Vorhersagen fürs Outback sind weiterhin hoch: 37 bis 40 Grad. Zu heiß für die Jahreszeit hört man überall. Wir entscheiden uns trotzdem für die Wüste, eine wenig gefahrene Route.

Die ersten 180 Kilometer sind asphaltiert und führen durch plattes Land. Drei Pkw und zwei Lkw kommen uns entgegen. Rechts und links nur Unendlichkeit an Buschland. Plötzlich geht Achim in die Eisen. „Ich bin sicher, da sitzt ein Thorny Devil – ein Dornteufel auf der Straße. Wir drehen um. Und tatsächlich. Das unscheinbare Stöckchen entpuppt sich als die schönste Echse Australiens. Wie auch immer Achim Adlerauge das erkannt hat.

Dornteufel – keine 20 cm lang. Er hat Kapillare auf der Haut durch die Wasser bis zu seinem Maul geleitet wird. Stehendes Wasser trinkt er nicht. Er frisst nur Ameisen und ist eigentlich nicht zu sehen, wenn es zu heiß wird.

Auf Sand ist er gar nicht mehr auszumachen. Achim hat ihn mit dem Handschuh vom Asphalt gehoben, damit er nicht überfahren wird. Fand er doof und hat direkt seinen Schwanz aufgestellt.

Wedge-tailed Eagle. Keilschwanzadler. Er hat bis 2,5 Meter Spannweite. Häufig haben wir sie schon auf Aas an der Straße gesehen. Meistens auf  überfahrenen Kängurus.

Immer wieder Rindvieher neben der Straße. Wovon die sich ernähren??

Ein Zwischenstopp im 150-Seelen-Dorf Gascoyne Junction bestätigt unsere Internet-Informationen. Alle Schotterpisten, die wir fahren wollen, haben geöffnet. „Tanke, wenn du die Möglichkeit hast, wer weiß, ob es an der nächsten Tankstelle möglich ist “, lautet eine eiserne Regel im Outback. Das scheint ein guter Rat zu sein: die Zapfsäule in Gascoyne Junction ist defekt. Nächste Tankstelle weitere 260 Kilometer entfernt.

Gasconye River in Gascoyne Junction. Der Fluss ist Richtung Meer total trocken. Aber 180 Kilometer von der Küste entfernt führt er Wasser.

Ein Nebenfluss auf dem Weg zum Campingplatz – vor ein paar Tagen war die Straße noch gesperrt, weil es vor drei Wochen geregnet hat. Die Messlatte zeigt gut, wie hoch das Wasser hier stehen kann.

Wir biegen auf eine gut gewartete Schotterpiste ab, die 60 Kilometer zum Kennedy Ranges Nationalpark führt. Eine Stunde später erreichen wir die Tafelberge. Was für eine Szenerie. Einfach großartig. Außer uns sind bereits zwei weitere Camper anwesend.
Wanderwege starten direkt am Campingplatz und die sind spektakulär. Führen tief in die engen Schluchten hinein. Durch ausgetrocknete Bachläufe.  Es ist viel Kletterei über vom Wasser mitgerissene und liegen gebliebene Felsen. Häufig muss ich die Hände zur Hilfe nehmen. Nicht ganz unanstrengend. Die Empfehlung lautet, vier Liter Wasser mitzunehmen. Und ja, es ist heiß. Ziemlich heiß. Aber inzwischen sind wir tatsächlich so gut an viel Hitze gewöhnt, dass wir gut damit klar kommen.

Frühstück vor Traumkulisse

In der Temple Gorge sind die Farben nicht von dieser Welt.

Steinformationen im Farbentaumel

bizarr

wie rosa Nasenlöcher

 

 

Wanderung mit Aussicht an Tag zwei

Wasserlose Wasserfälle führen zum Kopf der Tafelberge und bieten ein cooles Panorama.

Endloses Land

Unten auf der Ebene liegt der Campingplatz – unser Bundy ist knapp von der Bergnase verborgen.

Kennedy Ranges – die weiße Fläche rechts ist kein Wasser, sondern ein Salzsee.

Billabong – dass sich die Wasserlöcher überhaupt halten können bei der Hitze, wundert uns. Viele Känguru-Spuren und etwas völlig Unerwartetes:

Die Kaulquappe muss sich beeilen. Jeden Tag wird der Tümpel kleiner.

 

Nachts sinkt die Temperatur auf 24 Grad. Kein Windhauch regt sich. Alles ist ruhig. Selbst die letzten Grillen schweigen. Die Luft liegt wie Seide auf der Haut. Wir löschen alle Lampen. Die Milchstraße glitzert als weißes Band am Himmel. Die Sterne scheinen zum Greifen nah. Die Welt bleibt stehen. Alles wird klein und unwichtig. Eine Nacht zum Niederknien.

 

Die Aufgabe, die Kapitulation. Wir beugen uns …

Diese himmlisch ruhigen Stunden haben wir uns hart erkauft. Zu hart. Nennt uns gerne Weicheier. Kein Problem. :mrgreen:

– Gleich beim Aussteigen am Ziel ist klar, hier gibt es Fliegen. Unfassbar viele Fliegen. Milliarden. Sofort ziehen wir uns die Fliegennetze über den Kopf. Aushaltbar!

Netzt vorm Kopf – 12 Stunden am Tag. Ohne Netz vorm Gesicht und beide Hände mit etwas beschäftigt, geht nicht. Die Viecher kriechen in die Augenwinkel, Ohren und Mundwinkel. Eine Hand muss zum Wedeln immer zur Verfügung stehen.

Fliegen! Alles, was nur ein kleinwenig feucht ist, wird sofort besetzt.
Ausgezogene Wandersocken zum Beispiel … jucky.

– Nur fünf Minuten später habe ich drei Bremsenstiche kassiert. Mit ihren Stacheln dick wie Stopfnadeln hinterlassen sie schmerzhafte Stiche. Dagegen hilft Mückenspray. Aushaltbar!

– Lebensmittel auszubreiten, kann man wegen der Fliegen vergessen. Wir wissen aber inzwischen, dass zehn Minuten nach Sonnenuntergang alle Fliegen verschwunden sind. Unser Abendessen ist entsprechend durchorganisiert. Während der kurzen Dämmerung von zwanzig Minuten schneide ich einen Krautsalat. Ein Rest Kartoffelsalat vom Vortag wartet im Kühlschrank. Dazu gibt es fertige marinierte Hühnchen-Spieße vom Grill.
Als alles bereit steht, ist es dunkel geworden. Wir schalten zwei Lampen an. Während die Spieße brutzeln, kann der Krautsalat durchziehen.
Gegen die Mücken, die nun auftauchen, hilft eine zweite Lage Spray. Alles aushaltbar!

– Noch während die Spieße brutzeln, erreicht uns eine Invasion kleiner Käfer. Auf dem heißen Herd machen sie beim Verbrennen Geräusche wie Popcorn. Im Krautsalat sind sie nicht mehr vom Kümmel zu unterscheiden. Wir haben jetzt schon mehrfach im Dunkeln, sowohl auf Campingplätzen als auch im Outback gekocht. So etwas kennen wir bislang nicht. Vor lauter Käfer aus dem Essen puhlen, vergeht uns der Appetit. Nicht aushaltbar!
Spontan ist Ruhe, als wir die Lampen löschen und die Sterne ihre Arbeit machen lassen. Das ist aber zu wenig Licht zum Essen.

Käfer-Invasion. Es sieht auf dem Foto nicht sooo beeindruckend aus. Es waren Tausende.

– Am nächsten Morgen erscheinen uns die Fliegen noch mehr geworden zu sein. Unter dem Netz ist es warm, man kann schlecht sehen. Und immer wieder schaffen es welche darunter zu kriechen. Sie krabbeln auf den Armen und Beinen. Das Gesumme hört nicht auf.
Wir können ihnen nicht entkommen. Ein Wohnwagen wäre schön. Wir gehen sogar in der schlimmsten Nachmittagshitze noch einmal in die Schlucht. Beim Laufen ist es erträglich. Uns ins Zelt zu verziehen, vermeiden wir aus zwei Gründen: viel zu heiß und es ist unmöglich durch die Gaze-Tür zu kommen ohne Fliegen mitzunehmen.

Tiefer Schatten in der Schlucht. Und man kann sich einbilden, dass es hier weniger Fliegen gibt. So schön hier.

– Am nächsten Morgen zum Frühstück sind sie noch etwas träge. Das ist grade noch genießbar. Viel Wedelei und schnell, schnell fertig werden.
Unser Mittagessen ist der Rest vom Vorabend und fällt eklig aus. Der Krautsalat ist gut durchsetzt mit Käfern. Achim isst während er läuft und schaufelt sich ungeprüft alles unter sein Fliegennetz in den Mund. Ich esse ohne Netz, nur mit der Gabel. Eine Hand zum Wedeln, um die Fliegen vom Essen und aus dem Gesicht fern zu halten. Ein unmögliches Unterfangen. Zumal ich die falschen Kümmel-Käfer aussortieren möchte. „Ich hatte keine Käfer“, Achim ist sich sicher. Ich mir auch, er hatte reichlich. :mrgreen:

– Ich hoffe bei den Käfern noch an eine Art Ereignis – nur einmal im Jahr zum ersten Neumond im April oder so was. Wir warten ab,  bis es richtig dunkel ist, machen Licht an und da fliegen sie auch schon herbei. Somit wird nicht gekocht, sondern es gibt nur Brot mit Dosenfisch. Schnell runter geschlungen. Grade aushaltbar!

– Wir löschen alle Lampen. Und da ist sie wieder, diese unbegreifliche Milchstraße. Es ist unbeschreiblich schön und wir sind insektenfrei.
Uns knurrt der Magen. Das Essen ist sparsam ausgefallen über den Tag. ;-)

Wir hatten den absoluten Willen durchs Inland zu fahren. Aber wir geben auf – nach zwei Tagen haben wir genug. Wir fahren zur Küste zurück. Das Outback muss warten. Wir geben diese Schlacht geschlagen, aber nicht den Krieg. Angeblich soll es im Winter keine, viel weniger oder wenige Fliegen geben. Je nachdem, wen man fragt.

Wir kommen wieder! Es ist einfach zu schön da draußen.

Camping auf einer Schaffarm

29.-31.03.24,  Australien/WA/Quobba, Tag 120-122 Roadtrip,  10.589 km total, 85 Tages-km

Unser Ausweich-Zeltplatz wegen der Osterfeiertage zeigt sich als Glücksgriff. Übernachten auf einer aktiven Schaffarm ist spannend. Das Einzige, was wir nicht zu sehen bekommen, sind Schafe. :mrgreen:

Beim Einchecken in der Quobba Station bietet uns Betty einen Standplatz direkt gegenüber der Camp Kitchen an, statt in den baumlosen Dünen zu campieren. Wir schlagen ein. Ab und an kommt jemand zum Abwaschen vorbei, ansonsten haben wir die Küche mit ihrem tiefen Schatten für uns alleine. Bei 41 Grad nicht das Schlechteste. Die meisten Camper reisen mit klimatisierten Wohnwagen an. Die brauchen unseren Schatten nicht.

Die perfekte Camp Kitchen. Nur der Herd im Hintergrund braucht 40 Minuten, um Kartoffeln gar zu kochen. Der Grill ist aber super. Alles zu haben für üppige 44 Dollar die Nacht.

Tagsüber Schatten und abends kann man wunderbar drin kochen

Schaffarm seit 1898

Guten Morgen Quobba – Blick auf die Farm vom Dachzelt. Leider keine Schafe da.

Die Quobba Station wurde bereits 1898 gegründet. Anfänglich hielt man hier Merino-Schafe. Aber für diese Woll-Schafrasse ist die Region zu trocken. Die Farmer stellten sich darauf ein und wechselten in den 70er Jahren zur Damara Rasse, ein reines Fleischschaf.
Aktuell hält die Quobba Farm nur zweitausend Schafe. 2015 waren es noch zehntausend. Die letzten Jahre waren zu trocken. Zu wenig Futter und zu wenig Wasser, um so viele Schafe zu ernähren. In guten Jahren gebären die Muttertiere fast ausnahmslos Zwillinge. In mageren Jahren bleibt Trächtigkeit auch mal ganz aus. Die Herde schrumpfte.

Die Farm ist für australische Verhältnisse klein. Nur zweitausend Quadratkilometer (die größte Farm Australiens ist fünf Mal so groß). Das ist trotzdem größer als kleine Bundesländer in Deutschland. Deswegen bekommen wir auch nur ein einziges Schaf zu Gesicht. Das gehört Betty und wird nicht geschlachtet, weil sie es mit der Flasche groß gezogen hat.
Die Herde grast im Outback. 180 Kilometer führt die Farm an der Küstenlinie entlang. Wenn Schlachtzeit ist, werden die Schafe mit Hubschrauber (!) und Cross-Motorrädern zusammen getrieben und im Homestead verladen.

Betty (rechts) mit ihrem Schaf

Quobba Station

Betty kümmert sich um den touristischen Teil der Farm, der zwanzig Prozent der Einnahmen der Farm generiert. Während ihr Mann Farmarbeit erledigt. Mehr Angestellte gibt es im Augenblick nicht. Wanderarbeiter reisen durch Australien, die Schafe scheren und das Zusammentreiben von Herden übernehmen.
Zur Farmarbeit gehört die Kontrolle der acht Wasserpumpen, die im Outback verteilt stehen. Mindestens zweimal in der Woche muss diese Tour unternommen werden, denn auch Schafe können nur zwei Tage ohne Wasser überleben.
Die Pumpen fördern leicht salziges Wasser. Schafe kommen aber gut damit klar. Für die Gäste im Camp gibt es das gleiche Wasser zum Duschen und in der Küche zum Abwaschen. Trinkwasser muss man selber mitbringen.

Altmodische Windmühlen treiben die Wasserpumpen auf der Quobba Farm an. 3 bis 8 Meter hoch wird das Wasser mit einer Kolbenpumpe gepumpt. Die Hübe sind kurz. Vielleicht 30 cm.

Der Strand von Quobba Station. Wir hatten gedacht, dass wir hier auch eine Badewanne vorfinden wie im Peron Nationalpark, nur 150 Kilometer Luftlinie entfernt. Aber hier ist das Baden fast nicht möglich wegen der Wellen und Felsen.

 

Im Augenblick finden die Schafe überwiegend australischen Salzbusch zu fressen. Bei dieser wasserarmen Nahrung benötigen sie vier bis zwölf Liter Wasser am Tag.  Je nach Tagestemperatur und Trächtigkeit.
Die regenärmste und heißeste Zeit in West Australien neigt sich dem Ende entgegen. Sobald Regen fällt, keimen Wildgräser und andere Kräuter. Ein Regenschauer reicht, um die Saat zum Keimen anzuregen. Aber es sollte unbedingt nachregnen, damit die Gräser sich voll entwickeln können und nicht gleich wieder verdorren. Die Schafe wird es freuen, eine Abwechslung zum Fressen zu finden. Ihr Wasserbedarf sinkt dann auf zwei bis vier Liter. Bleibt der Regen aus, wie in den letzten Jahren wird sich die Herde in Quobba wohl weiter reduzieren.

Die Kängurus finden natürlich auch nur Salzbusch. Aber die sind noch besser als Schafe angepasst an dieses heiße und trockene Klima. Suchbild: in der Mitte sitzt eins. ;-)

Vormittags, wenn es noch nicht so heiß ist, erkunden wir den wilden Strand. Dieser wird von einer doppelten Dünenreihe von der Farm getrennt. Eine staubige Straße trennt die Farm vom „Weideland“. Dies besteht zunächst auch nur aus Dünen. Nach drei Dünenreihen geben wir auf, zumal es dahinter ohne Abwechslung so weiter geht. Tierspuren finden wir ohne Ende und in vielfältiger Weise, aber außer zwei Kängurus bekommen wir keine Tiere zu sehen. Halt! Stimmt nicht. Eine Million Fliegen leisten uns Gesellschaft. „Es ist nicht mehr so schlimm, wie die letzte Woche“, versichert Betty. Ob es jemals eine Zeit ohne Fliegen gibt, die Antwort bleibt sie uns schuldig.

Am Strand lassen die Fliegen uns in Ruhe. Es ist zu windig.

Blow Holes machen Spaß, wenn man auf der richtigen Windseite steht.

An Tag zwei haben wir ungefähr 2 Meter Welle. Bei richtigem Wellengang geht hier die Post ab.

Traumküste für Angler

Tausende Seeschwalben fressen sich hier ebenfalls satt

Surfer, Angler und andere Frlsen-Kletterer werden vor großen Wellen in Quobba gewarnt

 

Die Piste führt noch 110 Kilometer weiter bis zum Nationalpark Ningaloo Reef.

Geheimnisvolle Spuren. Und sehr viele Hasenköttel. Wir sind demnach dem Osterhasen nahe auf den Fersen gewesen.

Fliegen sind leider auch da


8

Kaputtes Auto und geänderte Pläne

23.-28.03.24,  Australien/WA/Carnavon, Tag 114-119 Roadtrip,  10.504 km total, 357 Tages-km

Carnavon ist auf hunderte Kilometer der einzige Ort, der als Stadt bezeichnet werden kann. Deshalb haben wir dort einen Termin zum turnusmäßigen Motor-Ölwechsel vereinbart. Unser Bundy ist Scheckheft gepflegt und dieses böse Buch mahnt, dass auch der Zahnriemen überfällig sei. Also gut, das ist nicht ganz preiswert, aber er soll gewechselt werden.

Unser Zeltplatz ist drei Kilometer von der Werkstatt entfernt. Achim bringt morgens den Wagen weg und kommt zu Fuß zurück. Alles, was wir für den Tag benötigen, haben wir in der Camp-Küche gelagert.
Grade als wir Mittag essen, klingelt das Telefon: „Der Kühler, der zum Wechseln vom Zahnriemen ausgebaut werden musste, hat zwei Löcher und sieht auch sonst miserabel aus. Irreparabel! Den bauen wir nicht wieder ein. Morgen kann aus Perth ein neuer Kühler angeliefert werden und am Nachmittag bekommt ihr euer Auto wieder.“

Haben wir eine Wahl? Nein!

Blöd nur, dass unser Zelt nun auch in der Werkstatt übernachtet. Wir überlegen kurz unsere Optionen, ob wir vielleicht eine Hütte mieten sollten auf dem Campingplatz. Aber wir müssen sowieso zum Auto, um Zahnbürsten und ähnliches Zeug zu holen. Somit fällt die Entscheidung, das Erdzelt aufzubauen. Das muss jetzt nur noch zum Campingplatz kommen.
Wir brauchen zusätzlich noch die Matratzen, Kissen und Schlafsäcke. Unmöglich können wir das alles schleppen. Ein Anruf in der Werkstatt bringt Erleichterung. Gerne fährt man uns mit unserem Bündel zum Zeltplatz zurück.
Wir machen eine Liste. Kaffee und Tee fürs Frühstück nicht vergessen! Und frische Unterwäsche! Achim übernimmt wieder den Marsch alleine, während ich überlege, was wir abends essen könnten. Unser Kochgeschirr auch noch einzupacken, erscheint uns zu aufwendig. Also gibt es ein Mikrowellengericht aus dem Supermarkt.

Wie versprochen, ist Bundy am nächsten Nachmittag fertig und wir um 1.600 Euro ärmer. Auto fängt halt mit ‚au‘ an.

Wie gut, dass wir das Zelt mitgenommen haben!

Wir gut, dass wir das Zelt mitgenommen haben. :-)

Auch unsere Reiseplanung läuft nicht so geschmeidig. Schuld ist Ostern. Und die dazu gehörenden zweiwöchigen Schulferien. Seit Wochen werden wir gewarnt, dass dann an der schönen Küste nördlich von uns alles ausgebucht sein soll.
Also haben wir uns überlegt, die Küste zu meiden und uns in Carnavon östlich ins Landesinnere verziehen. In die Kennedy Ranges und in den Mount Augustus Nationalpark. Spannende Plätze, die wenig angefahren werden. Anfragen auf  den entsprechenden  Campingplätzen geben grünes Licht: viele Plätze frei! Allerdings gibt seit gestern ein Blick in den Wetterbericht eine Heatwave-Warnung: 42 Grad wwrden erwartet – bis mindestens Oster-Dienstag.

Mist. Das ist uns zu viel. Auf so viel Schwitzerei haben wir keine Lust. Also schauen wir doch nach freien Plätzen an der Küste. An den berühmtesten (Ningaloo Reef) und schönsten Orten ist tatsächlich alles belegt. Aber in der zweiten Reihe können wir unterkommen. Morgen geht es also an’s Meer. Schön.

Alkohol Talk

Der Anteil an Aborigines der Bevölkerung in Australien beträgt grade mal 3,8 Prozent. Sie wohnen jedoch nicht gleichmäßig verteilt, sondern haben ihre Ballungs-Orte, die sich überwiegend im Zentrum und im nördlichen Australien befinden. Es gibt Orte in denen hundert Prozent Aborigines wohnen. Hier benötigen Weiße tatsächlich eine Zutritts-Genehmigung.
In Carnavon, wo wir uns gerade befinden,  beträgt der Aborigine Anteil 22 Prozent.

Die Geschichte zwischen den weißen Siedlern und der Aborigines ist eine Finstere. Unfassbar viel Unheil wurde den ersten Bewohnern Australiens angetan. Grausame Geschichten kann man im Internet finden. Über die Vergangenheit weiß man im Allgemeinen als Europäer nicht viel. Über die Gegenwart tauchen Bilder im Kopf von sturzbetrunkenen Aborigines in staubigen Wüstenstraßen auf.
Dass sie Alkohol genetisch bedingt schlechter vertragen, darüber gibt es wohl keine wissenschaftlichen Beweise. Sie sind ärmer als andere Australier und stärker von Problemen im Zusammenhang mit Kriminalität und Alkoholmissbrauch betroffen.

Häusliche Gewalt ist ein großes Thema bei den Aborigines. In Städten mit hohem Aborigines-Anteil finden sich viele solcher Schilder, Beratungsstellen und ähnliches.

Alkohol kann man in Australien nur in Liquor Stores kaufen. Die findet man in jedem Ort, denn auch der weiße Australier ist bekannt dafür, dass er nicht ins Bier spuckt. Ab 18 Jahre kann jeder Alkohol kaufen so viel wie er bezahlen kann.

Außer in Städten mit hoher Aborigine-Dichte. Die Regeln sind unterschiedlich. In Carnavon darf jede Person pro Tag einen Karton Bier oder 2 Flaschen Wein kaufen. An der Kasse wird der Ausweis vom Kunden gescannt und an ein System übermittelt, damit man nicht im Nachbargeschäft oder Nachbarort einen zweiten Einkauf tätigen kann. Ist man in bestimmten, namentlich aufgeführten Orten (Aborigine-Dörfern) gemeldet, darf man gar keinen Alkohol kaufen.

Viele bezeichnen diese Beschränkungen als Rassismus. „Ja, aber es sei positiver Rassismus“, entgegnen die Befürworter, „er dient dem Schutz der Urbevölkerung.“
Ein Studie in Alice Springs (50 Prozent Aborigines) hat ergeben, dass dort ein totales Alkohol-Verbot nicht zu einer Verminderung sexueller Übergriffe, häuslicher Gewalt und anderer Delikte geführt hat. Es wird noch genau so viel gesoffen, wie zuvor. Dem Schwarzmarkt sei Dank.

Als wir in Carnavon im Liquor Store unseren Einkauf machen wollen, spricht uns ein Aufpasser an. „Ihr seid internationale Touristen? Okay, dann füllt dieses Formular aus, zeigt an der Kasse eure ID und ihr dürft so viel Alkohol kaufen, wie ihr wollt.“ Ein weißer Herr vor uns in der Schlange, Australier, darf das nicht.
Na, wenn das kein Rassismus ist? Hätte der Aufpasser uns auch angesprochen, wenn wir schwarz wären?

Die Meinung der weißen Australier ist eindeutig: wer nur sein Wochenendbier trinken will für den sind die Beschränkungen eine Nervensäge!
Eine teure dazu. Denn Wein kostet in Orten mit Kaufbeschränkung locker doppelt so viel.

Der Gasconye Fluss führt durch Carnavon – staubtrocken. Nur zwei, dreimal im Jahr führt er überhaupt Wasser. Dann aber häufig mit großen Überschwemmungen. Achim mitten drin.


9

Vier platte Reifen

16.-22.03.24,  Australien/WA/Francois Peron NP, Tag 107-113 Roadtrip,  10.147 km total, 385+65+48 Tages-km

Vier Plattfüße gleichzeitig klingen nach richtig viel Pech. Es ist aber unsere volle Absicht. Um in den Francois Peron Nationalpark zu kommen, muss man Luft ablassen. Die Wege bestehen aus knöcheltiefem Zuckersand. Nur mit halbem Luftdruck – wir lassen ab auf 20 psi (1,3 bar) – kommt man da durch, ohne sich festzufahren. Und selbst dann ist nicht sicher, dass man nicht stecken bleibt.

In den Eintrittsgebühren (17 Dollar pro Fahrzeug/10 Euro) ist der Service einer Reifenstation enthalten. Messgerät zum Luftdruck messen beim Ablassen (leider ist die Anzeige defekt) und Kompressor zum wieder aufpumpen.

Anweisung auf zig verschiedenen Sprachen – trotzdem freut sich der örtliche Abschleppdienst über guten Umsatz, weil sich noch genug Kandidaten festfahren.

Kollektives Druckablassen an der Station

Die Anzeige am öffentlichen Gerät ist defekt. Wir haben einen eigenen Druckmesser dabei.

Vierfach Plattfuß

Achim hat nach der ersten nervösen Viertelstunde mal richtig Spaß. „Es fährt sich wie auf Schnee“,  freut er sich. Manchmal schlingern wir etwas. Dann fängt die Elektronik vom Vierrad-Antrieb an zu piepen: keine Kontrolle mehr. Noch mehr Spaß für Achim.
Wir kommen an zwei jungen Franzosen vorbei. Hilfe benötigen sie keine, aber sie hätten sich grade festgefahren und lassen jetzt noch etwas Luft aus den Reifen.
An der Spitze der Landzunge erreichen wir die schwierigste, sprich sandigste Stelle. Ab hier soll man in die kleinste Übersetzung schalten. Viel Drehzahl  – wenig Vortrieb. Mit zehn bis fünfzehn km/h zieht sich unser Toyota selber aus dem Sand. Dabei verbraucht er, wie wir später beim Tanken feststellen 21 Liter statt der üblichen 12. Schluckspecht!
Man soll möglichst nicht bremsen und anhalten, wo der Sand besonders tief ist, sonst kann es passieren, dass man nicht wieder anfahren kann. Einmal bleiben wir trotzdem fast stecken, aber Fahrer und Auto machen einen guten Job. Die Sandbretter bleiben ungenutzt.

Aufregende Strecke

Der Ranger zieht mit drei LKW-Reifen die Piste glatt – scheint allerdings nicht lange zu halten.

 

Der Nationalpark liegt auf einer schmalen Halbinsel und verdient das Prädikat ‚pastellfarbener Tuschkasten‘.  „Grün ist das Land, rot ist die Kant, weiß ist der Strand“, wie die Farben von Helgoland. Nur dass im Peron Park noch tausend Töne Türkis dazu kommen. Ein echtes Feuerwerk. Die harte Trennung zwischen weißem Strand und dem roten Sand der Wege ist beeindruckend.

Cap Peron

Knöcheltiefer roter Sand auf allen Pisten.

Super Parkplatz – die Poller sind vom Winde verweht

Die erste Nacht verbringen wir an der Nordspitze der Landzunge an einer halbmondförmigen Bucht. Wir parken so, dass wir Meerblick vom Dachzelt aus haben. Ein romantischer Traum. Außer uns ist nur noch eine andere Familie vor Ort.

Bottle Bay

Bottle Bay: Blick aus dem Zelt durchs Fliegengitter.

Dann ziehen wir um an die ‚Big Lagoon‘, eine verschlungene Bucht mit Aussichtspunkt und einem Rundweg an der verwinkelten Küste entlang. Das Wasser ist glasklar und hat 27 Grad. Der Strand schimmert pastell. Der fast volle Mond steht am wolkenlosen Himmel. Schöner geht es nicht mehr.

Big Lagoon im Francois Peron Nationalpark

Ein Tuschkasten-Wunder

Blaue Stunde – herrlich – alle Fliegen weg

Für alle, die so viel Romantik und Schönheit nicht aushalten, hier die Entwarnung:
1.) Fliegen, Fliegen, Fliegen! Sie nerven unendlich. Ohne Netz auf dem Kopf ist es nicht auszuhalten.  Noch nie habe er so viele Fliegen erlebt, versichert uns ein Typ, der professionell Vierrad-Touren mit Gästen organisiert.
Zum Frühstück geht es noch, da sind die Viecher noch träge. Mit zunehmender Wärme kommen sie aus dem Buschwerk. Unseren Mittags-Snack verschlingen wir im Wasser stehend. Da hat man zehn Meter vom Strand entfernt Ruhe. Die Vorbereitungen fürs Abendessen funktionieren erst nach Sonnenuntergang, dann verschwinden die Fliegen. Und plötzlich ist Ruhe, kein Gesumme mehr im Ohr. Kein Gekrabbel auf den Beinen oder am Hals. Man kann endlich das Gitter vom Kopf nehmen. Das langsame Verschwinden der Fliegen fühlt sich an wie eine erlösende Schmerztablette, die zu wirken beginnt.

Endlich sind wir weit genug im Norden: Badewannen-Wasser. Keine Fliegen. Und Dusche außerdem. Herrlich.

Den ganzen Tag das Netz auf dem Kopf. Kordeln vom Hut und Netz festziehen. Die Viecher quetschen sich überall zwischen.

Hunderte Kormorane – sie stehen in einer Reihe direkt am Wasser. Vielleicht weil dort weniger Fliegen sind? Oder weil sie sich hier im heißen Sand nicht die Füße verbrennen?

2.) Natürlich ist es nicht windstill. Im Gegenteil, es bläst ganz ordentlich. Der Wind soll auch die Fliegen aus dem Landesinneren an die Küste treiben. Wieder so eine Theorie.
Im Windschatten vom Auto geht es. Trotzdem legt sich auf alles eine rote Schicht. Und wusstest du, dass Sand durch die Fliegengitter am Zelt auch in zwei Meter Höhe seinen Weg auf die Matratze findet? Wir jetzt auch. :mrgreen:

Am nächsten Morgen sieht alles so aus

 

Dieser Strand befindet sich außerhalb vom Nationalpark. Shell Beach. Er besteht nur aus winzig kleinen, schneeweißen  Muscheln. Bis zu zehn Meter dick ist die Muschelschicht. Früher hat man die Muscheln zu Ziegeln zusammen gepresst und Häuser damit gebaut.
Heute ist es Influencer Paradies. ;-)

Dieser Strand besteht nur aus Muscheln


6

Hitze-Wanderung in Kalbarri

08.-15.03.24,  Australien/WA/Kalbarri, Tag 99-106 Roadtrip,  9.688 km total, 247 Tages-km

In Kalbarri mieten wir uns direkt für eine Woche ein. Vor Ort gibt es viel zu sehen und ab sieben Tagen zehn Prozent Rabatt auf dem Zeltplatz (trotzdem noch 38 Dollar (23 EUR) pro Nacht).
Bedauerlicherweise kann man im Nationalpark nicht übernachten. Zu den Sensationen ist es weit – 35 Kilometer eine Strecke. Wir brauchen also jeden Tag das Auto und bauen daher das Erdzelt auf. Das stammt noch aus Neuseeland und für solche Fälle haben wir es dabei.

Ausnahmsweise das Erdzelt aufgebaut – nicht so kuschelig – Dachzelt gefällt uns besser. Tolle Sicht vom Platz auf den Fluss.

Der Campingplatz ist recht leer, obwohl Kalbarri ein reiner Touristen-Ort ist. Das Publikum besteht überwiegend aus ausländischen, jüngeren Leuten. Drei Plätze weiter beobachte ich, wie ein junger Mann seiner Freundin einen Kaffeebecher ins Dachzelt reicht. Ich staune – Neidfaktor hoch zehn. Dann die Lösung dieses Wunders. Der Pott ist leer, alles nur Theater für ein Video. :lol:

In einer Buschwerk bewachsenen Ebene hat sich der Murchison River eine 80 Kilometer lange Schlucht geschliffen. Verschiedene Wanderwege führen bis zu 120 Meter tiefer zum Flussbett hinunter.
Aber halt! Der Sommer ist noch nicht vorbei, die Tageshöchsttemperaturen liegen gerne bei 35 Grad. Der schönste Walk wird morgens ab 7:00 Uhr gesperrt, weil es in der Schlucht einfach zu heiß werden soll. Zehn Grad mehr sollen es dort sein.

 

Vorhersage für heute

Beide sind wir ja nicht die größten early birds. Ich frage daher in einem Australien-Forum nach, ob dort eine Schranke geschlossen wird oder wohl die Möglichkeit besteht, sich auch noch um 8:00 Uhr auf den Track zu schleichen.

Ein Feuer bricht aus, Mistgabeln werden ausgeteilt, ich bekomme virtuelle Dresche: „Wage es nicht den Loop zu laufen. Du könntest dein eigenes Grab schaufeln.  — Ich warte auf die Nachrichten in Deutschland – dehydriert und mit Sonnenstich ins Krankenhaus geliefert. — Ich war vor zwei Wochen da, hat mir nach 500 Metern gereicht, bin umgekehrt. — Es sind schon Wanderer gestorben!“
Neben diesen Schreck-Antworten erfahren wir, dass es bis zu 1.000 Dollar Strafe kosten soll, wenn man später als 7:00 Uhr startet.

Wir tasten uns ran, wie arg es wirklich ist.

1. Wanderung: Z Bend River Trail  – 2,4 Kilometer lang, 102 Höhenmeter – moderat

Kaum steigen wir im Nationalpark aus dem Auto sind sie wieder da. Die nervigen Fliegen. Auf dem Campingplatz keine Spur von ihnen.
Wir starten um 9:30 Uhr. Es ist sehr windig und daher nicht übermäßig heiß. Außerdem gibt es viel Schatten durch Felsen und Bäume. Der Weg ist kurz, aber sen-sa-tio-nell! Schon die Aussichtspunkte vor dem Abstieg versprechen Landschaft mit viel Drama. Der Track ist tatsächlich moderat. Die steilsten Stellen sind mit stabilen Leitern versehen. Viel kraxeln aus eigener Kraft müssen wir nicht.

Da wollen wir runter – in der Z Bend Kurve ist die Schlucht besonders eng

Beim Klettern kommt das Fliegengitter weg

Spider Achim

Meine Beine sind zu kurz

Sieht spektakulär aus – ist aber einfach zu klettern gewesen.

Felsen-Schichten

 

Ein paar Kilometer weiter gibt es noch weitere Aussichtspunkte. Wobei es den Skywalk aus unserer Sicht nicht benötigt hätte.

Der Murchison ist im Augenblick fast ausgetrocknet. Es gibt nur noch einzelne Tümpel, die nicht miteinander verbunden sind. Wenn es in den Bergen regnet, kann der Wasserspiegel um 7 Meter steigen. Und es soll drei Wochen dauern, bis das Wasser in Kalbarri ankommt.

Zwei dieser Sky Walks reichen 100 Meter über die Schlucht hinaus. Im Prinzip kann man vom Weg aus genauso gut gucken. Und der Boden ist leider nicht aus Glas.

Nature’s Window. Ein natürliches Fenster aus Sandstein. Einmalig, diese Kulisse.

Der Foto-Spot. Zu Ostern sind alle Campingplätze ausgebucht, dann brennt es hier am Nature’s Window. Im Augenblick ist so gut wie nichts los. Den meisten ist es noch zu heiß für Westaustralien.

Startpunkt zum Loop beginnt am Nature’s Window und führt hinunter auf den Bergrücken. Den wollen wir in ein paar Tagen versuchen.

2. Wanderung: Four Way Trail – 6 Kilometer lang, 183 Höhenmeter – schwer

Am nächsten Tag wird es anspruchsvoller. Wir starten um 8:45 Uhr. Erst ist der Weg einfach, führt durch Buschwerk auf sandigen Wegen entlang. Nach einem Kilometer wechselt der Weg über in einen ausgetrockneten Bachlauf mit vielen losen Steinen. Auf den Fliegenschutz verzichte ich. Schwarzes Gitter vor der Nase plus Gleitsichtbrille. :mrgreen: Eine super Kombi zum auf die Klappe fallen.
Heute ist es deutlich wärmer. Auf windstillen Passagen läuft der Schweiß. Zurück geht es bergauf und das ist natürlich anstrengender, aber alles machbar. Mit zwei Liter Wasser pro Person sind wir gut dabei uns vor dem Vertrocknen zu schützen. Wir benötigen zwei Stunden plus eine halbe Stunde Pause am Fluss.

Auf dem Four Way Track – zum Hitzetest

Nach drei Kilometern erreichen wir einen der verbliebenen Billabongs (Wassertümpel)

3. Wanderung: The Loop – 9,2 Kilometer lang – 272 Höhenmeter – schwer

Dies ist der Track, der morgens um7:00 Uhr geschlossen wird. Wir plagen uns um 4:45 Uhr aus den Betten. Es ist noch stockdunkel. Ein schneller Kaffee und Tee. Sachen zusammenpacken und los geht’s.

Schnell einen Kaffee bevor es los geht. Im Dunkeln muss man langsam fahren wegen der Kängurus. Viele, viele tote Tiere liegen am Straßenrand. Einige Auto-Vermieter verbieten sogar das Fahren im Dunkeln.

Brote für’s Frühstück haben wir am Vorabend geschmiert. Die gibt’s später.
Um 6:15 Uhr (jawohl!) stehen wir am Natur’s Window, wo der Walk beginnt. Ein warmer Morgen mit 24 Grad. Die Tiefsttemperatur für heute.
Hier treffen wir auch unsere Influencer mit dem Kaffepott wieder. Aber die beiden sind ganz umsonst so früh aufgestanden. Heute gibt es keinen sensationellen Sonnenaufgang. Es ist bewölkt.

Das ist zwar auch für unsere Fotos schlecht, aber gut zum Wandern. Inzwischen ist es hell genug, um zu starten. Wir kommen zügig auf der Kante der Schlucht voran.

Los geht’s. Inzwischen ist es hell geworden. Ein schwacher Sonnenaufgang.

Nach einer guten Stunde erreichen wir das Flussbett. Hier wird noch einmal gewarnt: ‚Wer sich schwach fühlt, soll umkehren. Ab hier wird der Weg härter und heißer‘. Unter den schönen Eukalypten böte sich für eine Frühstückspause an, aber die Fliegen nerven, so dass wir nur im Stehen schnell eine Stulle verschlingen. Sehr schade. Die ollen Mistviecher. Unsere Rucksäcke und Hüte sehen eklig aus. Hunderte Fliegen hocken darauf. Man kommt sich wie ein wandelnder Kuhfladen vor.

 

Ab hier wird es heiß – Umdrehen oder weiter wandern?

Die Fliegen sind widerlich.

Wir folgen dem gut gekennzeichneten Weg auf den Überhängen des erodierten Sandsteins ein paar Meter oberhalb des Flusslaufs. Die Steinplatten sind eben und bilden flache Stufen. Häufig wirkt es wie gepflastert. Nur selten muss man die Hände an einer schwierigen Stelle zur Hilfe nehmen. Der Weg ist traumhaft schön.

An den Klippen entlang

Ein kurzes Stück versuchen wir direkt am Fluss zu laufen. Dort wo der Sand hell ist, geht das. Die dunklen Flächen sind stinkender Algenmatsch.

Wunderschöne Schichtung in zartrosa und rotbraun

 

Aber tatsächlich, die Temperatur steigt. Die Wolken sind verschwunden. Das Thermometer zeigt 30 Grad. Und es ist erst 8:00 Uhr morgens. Viel trinken hilft viel fürs Wohlbefinden. Wenn nur die Fliegen nicht wären. Beim Absetzen vom Rucksack stehen wir in einer Fliegenwolke. Pfui. Viel zu selten holen wir deshalb die Wasserflasche raus.

Bäh. Es schmälert tatsächlich den Genuss der Wanderung.

Schließlich führt der Weg wieder zum Fluss-Strand hinunter. Anstrengend zu laufen, alles Mullersand. Die Sonne steht noch immer so tief, dass sie in den Nacken beißt. Der Hut hilft nicht, erst ein Tuch schafft Linderung. Eine weitere knappe Stunde und wir stehen vor der Schluchtwand. Hier sollen wir hoch. Hundert Meter.

Zum Glück die Sonne von hinten. Von vorne wäre es noch viel unangenehmer und heißer.

Aber der Aufstieg ist nicht schwierig. Wieder bilden die Sandsteinplatten moderate Trittstufen. Nur die Hitze. Als wir oben ankommen, haben wir rote Köpfe. 37 Grad zeigt das Thermometer. Es ist 9:30 Uhr.

Loop Trail Bezwinger – heute waren insgesamt acht Leute auf dem Wanderweg unterwegs.

Es war gut, dass wir so früh gestartet sind. Bis zum Mittag sollte man den Track geschafft haben. Wären allerdings die tausend Dollar Strafe nicht, hätten wir es vielleicht trotzdem riskiert und wären erst um 8:00 Uhr am Start gewesen. In zwei Wochen wird nämlich sowieso das Verbot aufgehoben. ;-)

 

Nicht nur der Nationalpark ist toll. Auch Kalbarri-Ort ist richtig schön. Der kommt leider etwas kurz. Gegen den Nationalpark kann er nicht mithalten.

Kalbarri liegt am Murchison River. Die Mündung führt aber nur Meerwasser. Von hinten fließt zur Zeit nichts nach.

Küstenlinie, bevor man Kalbarri-Ort erreicht.


13

100 Tage Roadtrip

09.03.24,  Australien/WA/Kalbarri, Tag 100 Roadtrip,  9.441 km total, 60 Tages-km

Ein Roadtrip ist durchaus mit Segeln zu vergleichen – irgendwas im Auto klappert immer.

Ich hatte es mir anstrengender vorgestellt. Aber schnell haben wir unseren Rhythmus gefunden: eine Nacht am gleichen Platz ist uns zu wenig, zwei Nächte sind ‚geht so‘, besser sind drei oder vier. Das liegt allerdings nicht am Auf- und Abbauen des Camping-Rerödels.
Reist man zu schnell, kommt die Seele nicht hinterher, sagt ein Sprichwort. Nicht nur die. Der Verstand setzt ebenfalls aus und morgens beim Aufwachen, weiß man nicht, auf welchem Campingplatz man steht.
Rechnerisch müssen wir gute 80 Kilometer täglich fahren, um die Strecke, die wir uns ausgesucht haben zu schaffen. Bleiben wir vier Nächte, gilt es die Trödelei mit einer längeren Fahrt aufzuholen. Die asphaltierten Straßen sind in einem so großartigen Zustand, dass locker 90 Kilometer pro Stunde drin liegen. Unser Bundy ist bequem und der Hintern fängt erst nach ein paar Stunden an zu schmerzen. Natürlich müssen wir dann schöne Ecken überspringen, aber das macht uns nichts aus – alles sehen, können wir sowieso nicht. Zum Glück und zur Ehegatten-Diskussionsvermeidung ticken wir da gleich.

100 Tage Roadtrip – 9500 Kilometer. Genau im Plan. Man könnte meinen, wir haben das im Griff.

Abwechselnd Plätze ohne Dusche und ohne Waschmaschine anzufahren, um dann wieder den Luxus eines Holiday Parks zu genießen, dieser Wechsel geht sich für uns gut aus. Die Campingplätze Australiens könnten unterschiedlicher nicht sein. Viele sind schon sehr alt – die Australier scheinen schon lange ein Camping-Volk zu sein. Damals wurden die Bäder noch gefliest und die Muster erinnern an Oma Erna. Alt hat manchmal Charme, manchmal kann es grausam sein, wenn nichts funktioniert und der Renovierungsrückstand vierzig Jahre beträgt. Teuer bedeutet nicht gleich gut und super preiswert kann großartig sein. Eine gute Lage rechnet sich auf gegen eine schlechte Dusche.
Klebt man in der Gemeinschaftsküche nicht fest, dann benutzen wir die gestellten Einrichtungen. Unser Ofen hat zwar ordentlich Power, aber der zweite (eine Reklamation haben wir schon erfolgreich hinter uns) macht auch schon komische Geräusche.

Hier kochen wir dann neben dem Auto

So was gibt es auch. Man kann hier operieren plus täglich neue Lappen und Schwämme.

Die Küchen sind natürlich auch Treffpunkt. Noch schlimmer als beim Segeln, nach nur einem Abend, und nette Leute sind wieder weg. Das ist schade, aber wir haben schon super nette Leute kennen gelernt. Bislang überwiegend Australier. Ein cooler Typ aus Broome will sich sogar um unser Auto kümmern, wenn wir in Deutschland sind. Daumen drücken, dass er Wort hält.

Das Chaos im Auto der ersten Wochen ist einer organisierten Unordnung gewichen. Beide wissen wir inzwischen, wo Dinge hin gehören und halten uns meistens sogar daran. Zu viele Lebensmittel, die ich nicht auf dem Schiff zurück lassen wollten, haben für zu viel Unordnung geführt. Sich zu proviantieren ist auch auf dem Land gar kein Problem. Selbst kleine Dorfläden führen ein gepflegtes Sortiment.

Jeder hat seine eigene Klamottenkiste. Die Idee hatten wir von Anfang an und es ist eine super Lösung. Nichts fliegt rum und der Wüstenstaub bleibt auch draußen. Schuhe kommen in einen Wurfeimer aus Silikon. Outdoor-Klamotten, wie Jacken, Regenzeug und Hüte ebenfalls. Die sind biegsam und passen gut in Lücken.

Abgeschnittene Wasserkanister sorgen für Ordnung – die passen genau zwischen Kühlschrank und Autotür. Am Anfang hatten wir Kartons. Das war nichts…

Auch der Aufbau von Zelt und Konsorten flutsch mittlerweile reibungslos. Die Aufgaben sind aufgeteilt, jeder macht, was er am besten kann. Der Aufbau ist nach zwanzig Minuten abgewickelt, zusammen packen dauert doppelt so lange.  Wobei das Dachzelt am meisten Zeit in Anspruch nimmt. Die Designer hätten nur ein anderes Scharnier zum Klappen der Bodens wählen müssen und den Deckel etwas höher – schon könnten Kissen und Decken in der Kiste bleiben. Haben sie aber leider nicht. Aber ein Dachzelt ist super!

Der Lange packt das Zelt

Deckel zuziehen mit Hilfs-Zügeln

Am längsten dauert es, die Überschüsse in den Koffer zu stopfen

Jeder macht, was er am besten kann. ;-) Abwasch in der Walachei.

Wir hocken den ganzen Tag aufeinander.  Auslauf vom anderen gibt es nicht. Nur Klo und Dusche bieten eine Pause vom Mitreisenden. Wir essen zusammen, kaufen zusammen ein, ja kochen sogar zusammen. Da sich Kochen im Freien wie Grillen anfühlt, denkt Achim, er sei jetzt auch ein Koch. :mrgreen:

Der neue Chef am Herd.

Schnippeln und Deko anschleppen darf ich noch.

Privatsphäre unterwegs mit Auto, Zelt und Klappstühlen gibt es nicht. Keinen Ort an dem man mal einen Augenblick die Füße hoch legen kann und beim Lesen einfach weg nickt. Im Zelt ist es tagsüber viel zu heiß.
Alles wird öffentlich. Die Hose wechseln – irgendjemand latscht bestimmt vorbei. Fußnägel schneiden – scharf unter Beobachtung vom Wohnwagen nebenan. Nase bohren, am Hintern kratzen, einen Pickel am Bauch betrachten. Der Dicke von gegenüber hat‘s gesehen.

Privatsphäre gleich null. Wenn kein Schatten da ist, muss man auch schon mal auf den Weg umziehen zum Frühstück.

Und dann ist da noch Achims Gitarre. Ein Quell der Freude. Ständig liegt sie im Weg. „Achtung, nicht einfach den Rucksack oben drauf werfen, die Gitarre!“  Dann kommt sie auf den Beifahrersitz und ist wieder im Weg. Bespielte Zeit und zur-Seite-räum-Zeit stehen in einem unguten Verhältnis – aus meiner Sicht.
Durch die Hitze im Auto hat es schon das Furnier auf der Rückseite abgelöst. „Die ist hin“, dachte ich noch so bei mir. Nein, Achim hat Leim gekauft. Vielleicht lässt er sie ja eines Tages aus Versehen am Baum gelehnt stehen. Im Rückspiegel werde ich ihr nachwinken. ;-)

Der Trip ist toll. Einzigartig. So schnuppert Freiheit. Dieser große, leere Kontinent. Die vielen Tiere, die wir bereits gesehen haben. Urgewaltige Landschaften. Diese Weite. Die Faszination der Wüste. Ja, auch der Hitze. Nie gesehen. Nie erlebt. Jedes neue Ziel ist spannend und manchmal wie nicht von dieser Welt.
Und ist das Wetter gut (letzter Regen vor über zwei Monaten), dann macht ein Roadtrip richtig Spaß. Und das ist dann auch genau so wie beim Segeln.


11

Mystische Landschaften

5.-7.3.24,  Australien/WA/Nambung NP,+Lucky Bay, Tag 96-98 Roadtrip, 9.379 km total, 309+354 Tages-km

Wir verlassen Perth. Für viele tausend Kilometer wird das die letzte richtige Stadt sein, die auf unserem Weg liegt. Perth ist die abgelegendste Großstadt der Welt. Nach Indonesien ist die Strecke kürzer als nach Sydney. Allerdings müssen wir fast einhundert Kilometer fahren, um den Großraum Perth zu verlassen. Die zwei Millionen Einwohner leben flächig – fast alle in Einzelhäusern.
Nach den letzten Vororten wird es schnell ländlich. Der Highway bringt uns durch Viehwirtschaft oder niedriges Buschland. Wenn die Straße nahe am Meer entlangführt, tauchen die Spitzen von Dünen auf. Weißer Sand gellt in der Mittagssonne.

Wir lassen uns Zeit mit der Strecke und trödeln herum. Unser Ziel, den Nambung Nationalpark, wollen wir erst am späten Nachmittag erreichen. Dann sei das Licht am schönsten für die Pinnacles heiß es. Pinnacles sind Kalkstein-Zinnen, Säulen und Piekser, die verteilt stehen auf einer Wanderdüne aus honiggelbem Sand. Tausende Türmchen und Pfeiler. Bis zu vier Meter hoch.
Auf einem vier Kilometer langen Weg darf man mit dem Auto auf einer abgesteckten Strecke zwischen den Pinnacles herum fahren. Es sind nur wenige Besucher im Park, so dass wir jederzeit anhalten können.
Aber noch schöner ist eine Tour zu Fuß. Es erscheint uns wie eine Wanderung auf dem Mond. Einziger Unterschied, dass es bei uns sehr windig ist und der aufgewirbelte Sand die Waden sandstrahlt. Wir bleiben, bis die Säulen lange Schatten werfen.

Der Weg für die Autos führt quer durch die Mondlandschaft

Dezent ist die Strecke für die Autos in die Landschaft eingepflegt worden – nur ein paar Steine begrenzen die Strecke

Willkürlich verteilt erscheinen immer neue Felder mit Pinnacles am Horizont

Lange Schatten und tolle Farben zum Sonnenuntergang

 

Die Säulen sind entstanden durch Pflanzenwurzeln, die tief in eine Kalksteinschicht vorgedrungen sind. Dort sammelte sich viel Wasser und der Kalkstein verfestigte sich hier besonders stark. Die Wanderdüne zog jährlich 2,5 Meter weiter, der Kalkstein in den die Wurzeln eingedrungen waren,  war nun der Erosion ausgesetzt und nur die verhärteten Teile – die ehemaligen Wurzellöcher – blieben stehen. Die heutigen Pinnacles.

Pinnacles sind ehemalige Wurzellöcher, die stehen geblieben sind

Unglaubliche Landschaft

 

Im Nambung Park kann man nicht übernachten. Wir haben daher einen Stellplatz im zwanzig Kilometer entfernten Cervantes als Spätankommer reserviert (Westaustralien ist teuer – 39 Dollar die Nacht). Den erreichen wir als es schon fast dunkel ist. Und schon befindet sich unsere Verpflegung im freien Fall. Gab es eben doch die leckersten Köstlichkeiten bei Helga und Wolfgang, gibt es heute Abend nur Brot mit Dosen-Fischfilets vom Aldi. :mrgreen:

Der Campingplatz in Cervantes liegt direkt am Strand – kaum ein Mensch ist zur Zeit unterwegs – Ostern soll sich das ändern

Unterwegs kommen wir an diesem Barbie-Mädchensee – Pink Lake – durch Algen verursachte Färbung

Nach zwei Nächten fahren wir weiter und haben nach 350 Kilometern keine Lust mehr. Spontan suchen wir uns einen Platz direkt am Meer. Bis vor Corona waren solche Plätze, die nur eine Toilette bieten, kostenlos. Heute muss man 15 Dollar pro Pkw bezahlen. Per Vertrauen legt man das Geld in einen Briefumschlag und eine Sammelbox.
Was für eine gute Wahl!  Wir klappen das Zelt inmitten der Dünen auf. Schuhe überflüssig – überall liegt feinster Sand.

Zelten in den Dünen

Wilder Strand – Lucky Bay – fünf Minuten zu Fuß

Wer mag, darf mit seinem 4×4 am Strand entlang heizen. Dafür soll man den Reifendruck auf die Hälfte reduzieren, um sich nicht festzufahren. Wir verzichten, da wir dem (günstig gekauften) Kompressor nicht ganz über den Weg trauen, der vier Reifen wieder auf Straßendruck bringen müsste.
Und genau genommen, ist es auch hier zu Fuß viel schöner.

Reifenspuren von Wagemutigen – bevor die Flut kommt

Weicher Sand – man versinkt bis über den Knöchel – wer hier stecken bleibt mit dem Auto…

Wir bleiben bis zum Sonnenuntergang

Ein Sundowner-Bier in den Dünen

wird mit Kochen im Dunkeln belohnt. Nicht so einfach – wir brauchen mehr Licht. Die Dämmerung ist nur noch kurz, wir sind schon wieder ganz schön nördlich. Und die Tage werden auch nicht länger. Butter-Möhrchen und Schweineldendchen mit Reis – Camping kann ja so schön sein

 

 


7

Verwöhntage  XXL

25.2.-4.3.24,  Australien/WA/Mandurah, Tag 82-95 Roadtrip,  8.449 km total, 213+73 Tages-km

Nach unserer Flucht aus den Bergen erreichen wir die Westküste Australiens und damit den Indischen Ozean. Wir suchen uns einen Campingplatz auf einer schmalen Landzunge aus: links Meer, rechts (Salz)Seen. Der Platz ist toll, aber man kommt nicht an den Strand – alles Privatland und die Warnungen sind eindeutig. Wir sind ein wenig enttäuscht, trösten uns aber mit ein paar Busch-Walks.

Super Platz im Nationalpark – keine Dusche – aber jeder Platz hat eine Sitzbank-Garnitur

 

Und dann landen wir in Mandurah, einem Vorort von Perth. Hier wohnt der zweite Teil von Achims australischer Verwandtschaft – Onkel Wolfgang zusammen mit seiner Helga. Zuletzt haben wir uns gesehen als sie auf Deutschlandbesuch waren, anno 2012.                            Beide sind gut über 80, fit wie Turnschuhe, haben den Schalk im Nacken und sind Meister im Verwöhnen. Wir werden im gemütlichen Gästezimmer untergebracht und bekommen drei Mahlzeiten am Tag verordnet. Der Tisch biegt sich unter Leckereien vom German Butcher.  Helga zaubert eine Köstlichkeit nach der anderen für uns.

Frühstück wie im Hotel

Ein kleiner Zwischen-Snack

In Essenpausen unternehmen wir Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung und erfahren alles, was die beiden in 50 Jahren Australien an Wissen angesammelt haben. Eine Schatzkiste an Informationen.

Skyline von Perth – Aussicht vom Kings Park

Ausflug nach Fremantle

Fremantle – Szeneviertel und Touristen-Vorort

Die Familie vor Wooden Gigant

Die Krönung unter den Touren hat flauschige Ohren, ist niedlich zum Niederknien und acht Monate alt. In einem Tierpark ist es möglich Koalas auf den Arm zu nehmen. Ich kann nicht widerstehen – einmal im Leben einen Koala knuddeln. Herrlich.

Liebe auf den ersten Blick

Povy ist acht Monate alt und im Tierpark geboren

Gestresst schien der kleine Kerl nicht zu sein – gemütlich hat er in meinem Arm seinen Eukalyptus-Zweig leer gefressen

Wie betrunken hängen die Koalas auf ihren Ästen – wir dachten beim Reinkommen, dass es sich um Stofftiere handelt.

Faule Truppe – bis zu 22 Stunden am Tag können Koalas schlafen

Was früher total üblich war, ist aus Tierwohl-Gründen seltener geworden. Die Parks, die das noch erlauben, nehmen zwischen 35 und 80 Dollar (Syney-Nahe) für fünf Minuten Koala-Knuddelei. Das ist gut, kommt dieses Geld (oder zumindest ein Teil davon) den Koala-Brüdern in der Wildnis zu Gute. Für die Rettung vor Buschfeuern und Pflege von Verbrennungen nach Feuern.

Neben den Koalas gibt es auch noch einen Wallaby Streichelzoo. Von Kängurus können wir nicht genug bekommen.

Wallabies streicheln

lässt auch Männerherzen höher schlagen

Liebe Helga, lieber Wolfgang – herzlichen Dank für neun tolle Tage. Danke für die vielen Australien-Tipps und alte Familien-Geschichten. Fürs Lachen bis die Tränen kommen. Danke für Waschmaschine und Dusche (man darf halt keine Segler in sein Haus einladen – und Leute auf Roadtrip sind nicht besser). Danke für Alles. Die Zeit fühlte sich an wie Wellness-Urlaub. Es waren phantastische Tage bei Euch.

Familienfoto auf der Parkbank – mit Fremden ;-)


3

Flucht aus den Bergen

18.-19.Feb.24,  Australien/WA/Stirling NP, Tag 80+81 Roadtrip,  8.158 km total, 280 Tages-km

Parallel zur Südpazifik-Küste ziehen wir weiter westwärts. Die öden Stoppelfelder bleiben uns erhalten. Als die Landschaft hügelig wird und am Horizont die Stirling Ranges erscheinen, sehen die Felder auf einmal prächtig aus. Unsere Wahl ist auf ein Busch-Camp gefallen, direkt an der Kante zum Stirling Nationalpark und nur über eine wellige Buckelpiste zu erreichen. Der Platz ist toll gelegen (40 Dollar – aber die Lage rechtfertig dies) und ein super Wanderweg führt direkt in den Nationalpark hinein.

Stoppelfelder nett in Szene gesetzt

Anfahrt zum Camp – Stirling Ranges im Hintergrund

Wunderschöner Weg – direkt vom Zelt losgelaufen

Am Nachmittag setzen wir uns in den tiefen Schatten des netten Gemeinschafts-Platzes.  Obwohl #Stirlingranges Erwähnung bei Instagram findet, ist der Campingplatz sehr leer. Das führt zu einer unglücklichen Verknüpfung von Hitze und dem Opi, der im Busch-Camp nach dem Rechten guckt. Mangels anderer Gäste schießt er sich auf uns ein. Er ist ja grundsätzlich ganz nett, aber ungefragt bombardiert er uns mit Ratschlägen. „Morgen wird es sehr heiß, da könnt ihr nicht wandern. Ihr solltet heute noch mal los fahren. Oder ihr Fahrt ans Meer. Ist nur zwei Stunden Fahrt. Wie lange wollt Ihr noch bleiben?“
Weder sanfte Seufzer, noch etwas deutlichere Genervtheit können ihn stoppen.

Wir schauen selber in den Wetterbericht. Und ja, es werden 45 Grad vorhergesagt. Für ein paar Stunden zieht eine Hitzewelle über Westaustralien und trifft mittags in Stirling ein. Da können wir unmöglich in den Bergen herum kraxeln. Wir überlegen,  den Tag im Camp zu „überbrücken“ mit süßem Nichtstun. Abends kann man Kängurus und Emus sehen.
Nein, da kommt schon wieder der Opa angelaufen und erzählt uns seine Stories. Er ist nur schwer bis gar nicht zu ertragen. Wir lassen uns tatsächlich vertreiben und bleiben nur zwei Nächte.

Emus auf der Farmweide neben dem Campingplatz

Im Frühjahr sollen hier Wildblumen und etliche Orchideen blühen – es kommen dann Gäste in das Camp, die für einen Bush Walk 40 Dollar bezahlen. Im Sommer ist der Weg kostenlos, aber ohne Blüten.

 

Feuer Talk

In Australien sind Buschfeuer im Sommer allgegenwärtig. Schon immer. Aktuell schafft es ein Feuer in der Nähe von Melbourne sogar in die Tagesschau.
Wer plant durch Buschland zu fahren, soll sich vor Antritt der Fahrt über Feuer auf der Strecke erkundigen. Gute Dienste leistet die App ‚Fire near me‘. Man wird über vier Farb-Eskalationen vor Feuern im Umkreis von 50 Kilometern vom eigenen Standort gewarnt. Ein komisches Gefühl, sich vor dem Start um Feuergefahr kümmern zu müssen.

Screenshot aus der ‚Fire near me App‘. So sieht es aktuell in der Nähe von Melbourne aus. Rot bedeutet: „Gegend umgehend verlassen“.

Die Hitzewelle, die jetzt über Westaustralien rollt, wird von starken bis stürmischen Winden begleitet. Das hat Konsequenzen im Alltag. Ein kompletter Fire Ban wird ausgerufen. Metallarbeiten, wie Schweißen und Flexen sind bei solch einer Kombination verboten. Off Road Aktivitäten (in Australien ist off-roaden ein normales Hobby – wie schwimmen gehen oder angeln) nicht erlaubt. Es sei denn für landwirtschaftliche Zwecke.
Die Behörden meinen das ernst. Die Strafen sind heftig. Es drohen 25.000 Dollar Belohnung oder ein Jahr Kittchen.

Etwas westlich von Stirling ist Holzwirtschaft seit über einhundert Jahren etabliert. Eine Eukalyptus-Art, der Karri,  wächst besonders grade und wird über 75 Meter hoch. In der 40er und 50er Jahren des letzten Jahrhunderts hat man auf drei besonders stattlichen Exemplaren Feuer-Wachposten errichtet. Spiralförming sind Eisenstangen in den Stamm getrieben worden. In der Krone wurde eine Plarrform gebaut.

Feuerbaum in Manjimup. Bis vor ein paar Jahren durfte jeder, der mutig genug war, den Baum bis in 53 Meter Höhe erklettern. Aber im unteren Bereich wurde Rott im Stamm festgestellt, so dass er nun für die Allgemeinheit gesperrt ist. Die Feuerwehr nutzt ihn aber noch immer als Feuer-Warnbaum.

Fast auf allen Campingplätzen gibt es sogenannte Fire Pits in denen man Lagerfeuer machen darf oder auch grillen kann. In den Genuss sind wir noch nicht gekommen. Im Sommer ist die Nutzung absolut verboten. Alle haben Angst vor Buschfeuer. Sie kosten Menschenleben, Vieh und Wildtiere verenden jämmerlich und tausende Hektar Wald oder Agrarflächen werden jährlich zerstört.

Fire Pits auf Campingplatzen – jeder Platz hat seinen eigenen Pit. Im Augenblick ist die Nutzung striktens verboten.


13

Der Einfluss der Influencer

14.-17.Feb.24,  Australien/WA/Hopetoun, Tag 76-79 Roadtrip,  7.878 km total, 315+306 Tages-km

Dieser Einfluss führt uns direkt nach Hopetoun. Ursprünglich wollten wir nach Lucky Bay. Mehrfach zum schönsten Strand Australiens gewählt. Schneeweißer Sand vor türkisem Meer, als Krönung hüpfen Kängurus am Strand herum. So versprechen Bilder auf Instagram – #luckybay.
Beim Reservierungsversuch fallen uns die Augen aus dem Kopf: 80 Dollar für einen unpowered Platz. Dank der Influenzer brauchen wir uns, ob der Campingplatz den hohen Preis wert ist, keine Gedanken zu machen. Der Campingplatz ist saubeliebt und ausgebucht bis Ende April.

Oh nein, sagt doch jeder, dass man Lucky Bay gesehen haben muss. Wir sind enttäuscht. Ein wenig Recherche gibt Entwarnung. Das galt früher vielleicht mal, heute ist der schöne Strand mit Autos vollgeparkt. In Reihe stehen die Influencer und drehen Filmchen mit komplizierten Choreografien, wie sie aus der Rückseite des Vans steigt, ins Morgen-Croissant beißt und in einem hinreißenden Bikini in den Fluten (20 Grad – läst sie sich aber nicht anmerken) verschwindet.  Er reicht ihr das Handtuch und beide versinken in glückseliger Verliebtheit. Nur aufpassen, dass die Leute vom Nachbar-Wohnmobil nicht ins Bild dabei laufen.

Sozial Media dient natürlich dazu Momente zu teilen, dafür wurde es erfunden. Die Kehrseite,  nichts bleibt mehr geheim und jeder schöne Ort wird sofort belagert und ausgeschlachtet.

Dieses Foto ist ein Screenshot aus einem der Luky Bay Videos :shock:

Okay. Wir landen also in Hopetoun. Immerhin auch ein positiver Name, wenn auch mit verdrehter Schreibweise. Der Weg dorthin ist zäh. Führt er weg von der angestrebten Küste und endlos durch abgeerntete Weizenfelder.

So zieht es sich endlose Kilometer

Die kleinen lila Flaggen in der Camping-App, die auf ‚point of interests‘  hinweisen, existieren nicht mehr. Kurz vor Hopetoun dann eine lila Flaggeninvasion. Wir folgen der lila Spur auf ein paar Schotter-Nebenstrecken zu den Höfen der Bauern.

Aus Schrott gebaut stehen nun Kunstwerke an jedem Farm-Gate

Wer so wohnt, ist um jeden Künslter dankbar der sich irgendwas mit Abwechslung ausdenkt ;-)

Farmer Nummer zwei

Kunst auf dem Land

Bulle mit Blume nennt sich dies – das lockt keine Influencer nach Hopetoun. Im Ort sind die einzigen Touristen die ‚Grauen Nomaden‘ – Rentner mit ihren Wohnwagen.

Der Campingplatz ist dann einer von diesen Glücksfällen. Durch dichten Bewuchs mit einem kieferartigen Nadelbaum bekommt er mediterranes Flair und kostet vernünftige 30 Dollar. Wir stehen direkt hinter den Dünen – nur 50 Meter zum Strand. Der ist immerhin fast weiß. Hat aber noch nie einen Preis gewonnen, ja für #Hopetoun in WA gibt es nicht mal einen Hashtag. Dadurch, dass der Strand recht steil abfällt, auch keine Autos am Strand. Menschen ebenfalls nicht.                                                          Wir bleiben vier Nächte am – für uns – schönsten Strand Australiens. :-)

Wir stehen direkt am Durchbruch zu den Dünen – der Schal ist keine Show – abends wir es empfindlich kalt.

Ein kurzer Dünenweg führt zum Strand

Hinter der nächsten Kurve kommt der nächste Strand – die nächste Kurve – der nächste Strand. Wir können stundenlang laufen. Herrlich.

Hopetoun ist klein – nur graue Nomaden als Urlauber. Mein Einfluss ist so klein, somit wird das auch so bleiben.

Schlichte Choreographie ohne Croissant


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