Kategorie: Atanga

Inseltour auf Makatea

Mo., 26.Aug.19, Franz.Polyn./Insel Makatea/Westseite, Tag 1912, 18.515 sm von HH

Makatea ist in den Tuamotu als einzige Insel ein ‚gehobenes‘ Atoll. Die ursprüngliche Lagune wird hierbei durch das Aufleben vulkanischer oder tektonischer Aktivität über den Meeresspiegel angehoben. Im Fall von Makatea auf 60 bis 100 Meter. Nach der Hebung des Atolls ist die ehemalige Lagune trocken gefallen und Pflanzen haben sich angesiedelt.
Wie viele gehobene Atolle weist auch Makatea ein hohes Phosphat-Aufkommen auf.
Dieses Phosphat wurde von 1906 bis 1966 auf der Insel abgebaut. Zurück geblieben sind ein alter Hafen, tausende von Löchern und eine Menge Altmetall im Dschungel.

Die Steilküste von Makatea lag mal auf dem Meeresgrund

Tapu holt uns um 9:00 Uhr zur Besichtigung seiner Insel ab. Bereits seit Großvater lebte auf Makatea und war im Phosphat-Geschäft beteiligt. Heute wohnen noch 60 Menschen auf der Insel. Mit von der Partie sind Kim und David, das amerikanische Pärchen, was gestern das Rennen auf die letzte Mooring gewonnen hat. Die beiden entpuppen sich allerdings von Angesicht als ausgesprochen nett. ;-)

Eine Verladebrücken, die damals über den Hafen als beeindruckende Konstruktion errichtet war, hat man aus Sicherheitsgründen in die Luft gesprengt. Heute stehen nur noch die Stützpfeiler der Brücke auf der Riffkante. Das Eisen der Brücke rostet am Meeresgrund. Im Hafen liegen noch verstreut Deichseln, alte Loren und dutzende Eisenräder herum. Makatea ist die einzige Insel in Polynesien, die Schienen hat. Die Lokomotive, die Generatoren, Werkzeuge, die überdimensionalen Bohrer und Drehbänke wurden erst kürzlich von Tapu und seinen Kumpels vom Dschungel freigelegt.

Dampflok im Dschungel von Makatea

Hafen von Makatea – Verladestation für Phosphat

Dutzende Loren-Räder

 

Der Generator damals

Im Rathaus von Makatea gibt es eine kleine Ausstellung mit alten Fotos aus der Zeit der Phosphat-Gewinnung. Tapu ist gerade dabei noch weitere Fotos aufzutreiben. Überhaupt ist der junge Mann sehr umtriebig. Er möchte mehr Besucher auf die Insel holen. Als passionierter Kletterer macht er Werbung für Free-Climbing-Touren an den Klippen.

Die Buddelei nach dem Phosphat hat die Inseloberfläche komplett verändert. Loch an Loch an Loch. Soweit das Auge reicht, sieht Makatea wie ein Schweizer Käse aus. Mit der Schaufel haben Arbeiter aus China, Japan, Frankreich und Polynesien das weiche Phosphat aus dem harten Gestein gebuddelt. Zwischen drei und sechszehn Meter tief sind die Löcher. Auf wackeligen Brettern, die man über die Löcher legte, wurde mit Schubkarren das Phosphat zu Sammelstellen gekarrt. Eine unvorstellbare Knüppelarbeit. Bis zu zweitausend Menschen haben an der Umgestaltung der Insel mitgearbeitet.

Die Oberfläche von Makatea

Arbeiter buddeln abertausende Löcher in die Insel

Es gibt eine australische Firma, die die Phosphat-Gewinnung wieder aufleben lassen will. Weltweit gehen die Vorräte von Phosphat, was nicht mit Schwermetallen verunreinigt ist, dem Ende entgegen. Im Augenblick scheitern diese Pläne an einer Idee, wie man die Insel für schweres Gerät befahrbar machen könnte. Zur Zeit existiert nur eine Auto-Piste, für die man mühsam die Löcher mit Sand und Korallenschütt befüllte. Für Landwirtschaft ist die Insel ebenfalls ungeeignet, trotz guter Wüchsigkeit der Pflanzen. „Phosphor haben wir ja genug“, witzelt Tapu, „hier wächst alles. Aber es existieren keine Pläne und noch weniger Geld, um die Insel zu planieren.“

Die Moorings von Makatea

So., 25.Aug.19, Franz.Polyn./Insel Makatea/Westseite, Tag 1911, 18.699 sm von HH
Die Mooring, die wir erwischen, ist nichts fuer schwache Nerven. Keine siebzig Meter vom Riff entfernt. Der Meeresgrund steigt von dreitausend Meter auf null auf einer Laenge von nur hundert Metern an. Am Bug haben wir fuenfzehn Meter unter Atanga, am Heck sechzig Meter. Die Duenung bricht sich donnernd am Riff. Ein leiser Ankerplatz ist das nicht. Im Cockpit muessen wir tatsaechlich die Stimmen erheben. Wenn die Welle sich nach dem Brechen zurueck zieht, das Riff freilegt und bevor eine neuer Brecher sich formiert, bildet sich eine Kante, ja, ein Schlund, ein Vorhof zur Hoelle. „Wo wir haengen, kann sich das Wasser nicht brechen … wo wir haengen, kann sich das Wasser nicht brechen … zu tief … wo wir haengen …“ Wir versuchen uns mit Kuechen-Meeres-Physik den Platz schoen zu reden. :mrgreen: Mit schaurigem Grausen beobachten wir das Schauspiel der brechenden Wellen. Dass vor uns am Riff einige Betonpfeiler stehen (ein Relikt aus vergangenen Zeiten als hier ein Verladeplatz fuer abgebautes Phosphat existierte) und an denen die Gischt zehn Meter hoch spritz, macht den Anblick nicht besser. Aber wir bleiben. Die Mooring ist in einem guten Zustand, der Wind ablandig. Fuer kein Geld der Welt wuerden wir hier bei auflandigem Wind bleiben. Das Heck von Atanga laege direkt ueber dem Schlund. Das waere dann doch zu viel. Waehrend wir noch so ueberlegen, was alles an der Mooring passieren kann, kommt ein junger Mann auf einem SUP-Bord auf uns. Frueher wuerde man mit dem Kanu begruesst, wir haben halt moderne Zeiten. Tapu begruesst uns strahlend: „Die Moorings sind sicher, keine Sorge, nur bei Westwind, huijuijui, dann muesst ihr hier weg. In den Hafen zu kommen, funktioniert wohl mit dem Dinghy, aber man kann es nicht gut fest binden. Zuviel Schwell. Deswegen nehmen wir unser Fischerboot jeden Tag aus dem Wasser. Am besten, ihr kommt mit euren Kajaks.“ Er bietet uns gleich fuer den naechsten Tag eine gefuehrte Tour auf der Insel an. Durch den Phosphat-Abbau gaebe es etliche Industrie-Relikte zu besichtigen, eine Grotte mit christallklarem Suesswasser, wir koennen seinen Vater, den Buergermeister kennen lernen und den Strand auf der anderen Seite sehen. Wir schlagen ein, Morgen um 9:00 Uhr zur Inseltour. Jetzt bleibt uns nur noch zu ueberlegen, wie wir durch die Duenung vor der Hafeneinfahrt kommen koennen.

Segeln nach Makatea

So., 25.Aug.19, Franz.Polyn./Insel Makatea/Westseite, Tag 1911, 18.515 sm von HH
Segeln? Das war wohl ein Schuss in den Ofen. Frueh morgens gehen wir Anker auf und geraten hinter der Abdeckung von Tahiti Iti in den Windschatten der Berge – das war zu erwarten. Wir wollen Tahiti im Sueden umrunden, damit unser Segel-Winkel Richtung Norden etwas besser ist. Der Schwell kommt uns hart entgegen, ein echter Kotzkurs. Es ist so arg, dass Achim das erste Mal seit fuenf Jahren unter Deck keine Brote zum Fruehstueck schmieren mag. Mir geht es gut, ich hab ja eine Pille genommen. Nach vier Stunden ist der Spuck vorbei, hinter der Abdeckung kommt der Wind. Seicht, aber bei einem Kurs hoch am Wind ist uns das ebenso Recht. Genau drei Stunden koennen wir wunderbar segeln, dann schlaeft der Wind komplett ein. Nicht mal ein Hauch bleibt ueber. Wir sind ja hart im nehmen und duempeln auch noch mit zwei Knoten zufrieden umher, aber heute geht gar nichts. Wir starten die Maschine. Was Greta an Co2 gespart hat, blasen wir jetzt in die Atmosphaere. :mrgreen:
Am naechsten Mittag, nach 160 Motormeilen erreichen wir Makatea. Diese Insel hat keinen Pass und keine Lagune. Man kann dort nicht ankern, unmoeglich, aber es soll direkt am Aussenriff drei Moorings geben. Durch das Fernglas sehen wir, dass bereits zwei Moorings belegt sind. Bleibt noch eine uebrig! Da ploetzlich ein AIS Signal auf dem Plotter. Aus Norden naehert sich mit grosser Geschwindigkeit ein Katamaran. Das Rennen auf die letze Mooring hat begonnen. Aber wir sind chancenlos. Fuenf Minuten vor uns erreicht der Feind die letze Mooring. Wir machen lange traurige Gesichter, da sehen wir, dass sich eines der anderen Boote in Bewegung setzt. Hurra, da haben wir ja mal richtig Glueck. Zwischen uns und dem Riff kommt ein Wal vorbei. Ja, was ist denn heute los? Haben wir in einen Hundhaufen getreten oder woher kommt auf einmal dieser Segen? Zufrieden binden wir Atanga an der Mooring fest. Und Greta erzaehlen wir nichts von den 75 Liter verbrannten Diesel.

Wie ist die Versorgungslage auf Tahiti

Do., 22.Aug.19, Franz.Polyn./Tahiti/Phaeton, Tag 1908, 18.355 sm von HH

Wirklich hart trifft es die Drogenbeschaffung!
Zigaretten kosten 10 bis 13 USD die Packung. Okay, interessiert an Bord ja keinen mehr. :-)
Schokolade kostet 3,50 USD für 90 Gramm Milka. Wer richtige Schokolade will, muss 6 bis 8 Dollar hinblättern.
Alkohol kostet ein Vermögen! Eine Flasche Wein beginnt bei 16,00 USD. Das Zeug darunter ist untrinkbar. Wir haben es mit 12 Dollar Wein versucht, der sich als süße Plörre entpuppte.
Der Preis für Bier ist günstig, zumindest gefühlt. Aber nur, weil Französisch Polynesien ganz geschickt vorgeht: Vor Tahiti erreicht man von allen Seiten erst die kleinen Inseln. Dort kostet eine Flasche Bier 3,00 bis 3,50 USD, da tun die 2,20 Dollar auf Tahiti plötzlich gar nicht mehr weh.

Der Rest ist preislich akzeptabel. Mein Preisindex, den ich seit Kap Verden führe, sagt, dass Tahiti ist nur 66 Prozent teurer als Deutschland. Da hatten wir in der Karibik schon ganz andere Werte. Es finden sich immer mal wieder Schnäppchen. Neben der subventionierten Grundnahrungsmitteln scheint Frankreich seinen Untertanen in Übersee ein Recht auf getrocknete Tomaten in Öl einzuräumen. Ein gutes Glas ist sensationell günstig mit 2,20 USD. Noch nie eingefrorenes Fleisch kommt aus Neuseeland und liegt zwischen 12,00 und 20,00 USD fürs Kilo. Thunfisch im Supermarkt kostet 20,00 USD, auf dem Markt in Papeete nur die Hälfte.

Preisindex Französisch Polynesien

Bei Noonfood sieht es schlechter aus. Grade billige China-Plastik-Ware ist am teuersten. Ein Schneidbrett kostet 22,00 USD, eine wackelige Klobürste 8,00 USD. Wasser- und Benzinkanister sind doppelt so teuer wie überall anders. ‚Cilit Bang‘ Putzmittel haut mit 9,00 USD rein.
Essen gehen ist ebenfalls teuer. Der Preis für ein Big Mac Menü hat seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. ‚Wo du gern bist, weil man gut isst‘, will 10 USD für das olle Pappbrötchen haben. Ein Bier im Restaurant kostet 8,00 USD und selbst in kleinen Mittags-Lokalen verlangt man 20,00 USD und mehr für ein schnelles Essen.

Was es vor allem teuer auf Tahiti macht, ist, dass es alles (!) gibt. Zehn Sorten Emmentaler, Leerdamer, diverse Bries, Frischkäse, Schimmelkäse, Schafskäse, Ziegenkäse. Luftgetrockneter Schinken liegt neben Chorizo und zehn Sorten Französischer Salami.
Ein Einkaufsparadies.

Wer lieber regional einkauft, kann das allerdings nur beim Gemüse: Pok Choi, Kohl, Rettich, Bananen, Mangos. Der Rest wird eingeflogen. Entweder aus Frankreich oder Neuseeland. Dieses Flug-Gemüse hat seinen Preis. Im Schnitt ist der Kilopreis doppelt so hoch wie für die lokalen Produkte.

Wie geht es jetzt bei uns weiter?

Atangas Schränke sind wieder voll. Alles mit dem Fahrrad aus dem relativ nahen ‚Carrefour‘ heran gekarrt. Kaum, dass man fünfzehn Mal fährt, ist das Schiff wieder beladen. ;-)
Jetzt nur noch vorkochen und alles verstauen, denn am Samstag geht es weiter.
In das Herz der Tuamotus – nach Osten – wollen wir nicht noch einmal zurück. Das ist uns zu weit genau gegen den Wind. Aber im Norden gibt es noch zwei Atolle, die mit unter 200 Seemeilen ’schnell‘ zu erreichen sind. Wenn es gut läuft, kommt uns der Wind nicht auf die Nase. Danach kommen wir wieder runter, besuchen noch Moorea, die schöne Schwester Tahitis, um dann noch einmal in Tahiti zu stoppen.
Spätestens am 15. Oktober wollen wir dann Richtung Süden auf die Austral-Inseln und aus der Zyklon-Region heraus.

Ab in den Norden nach Tikehau

Papeete Stadtausflug

Di., 20.Aug.19, Franz.Polyn./Tahiti/Phaeton, Tag 1906, 18.355 sm von HH

„Seelenlose Stadt“, „im Verkehr erstickender Beton-Klotz“, „keine besonderen Sehenswürdigkeiten“, die Beschreibungen Papeetes sind einseitig und eindeutig.
Zwei Drittel aller Einwohner Französisch Polynesiens leben in der Hauptstadt.
Dem Drehkreuz für die Verteilung von Mensch und Ware auf die kleinen Inseln und Inselchen. Jeder Bleistift, jedes Kilo Mehl, der gesamte Diesel und jedes Stück Käse kommt über Papeete rein.
Unser Besuch soll ein Mix aus Sightseeing und Einkaufstour werden. Aber als erstes statten wir dem Stadthafen einen Besuch ab. Wir müssen noch einen Platz finden, wo ich im nächsten Jahr Achim unterbringen kann, wenn ich nach Hause fliege. In der Marina treffen wir Inga und Norbert. Die beiden kennen wir schon ein paar Jahre aus dem Internet, getroffen haben wir uns noch nie. sy-marisol Analog sind die beiden genauso nett wie digital. Natürlich sind sie nett, denn unsere Wege werden sich wahrscheinlich nicht wieder überschneiden.

Inga und Norbert

Danach schleppt Achim mich zum Schiffsausrüster. Ein nerviger Weg durchs Industriegebiet. Papeete zeigt sich von seiner beschriebenen Seite: Autos parken die Fußwege voll, LKWs donnern an uns vorbei. Es wird gehupt und überholt. Hao mit seinen zwanzig Autos war da entspannter. Wir sind im Zweifel, ob wir Großstadt je wieder mögen können.

Aber es gibt im Stadtkern auch ein paar ruhige Ecken. Eine wohltuende Oase ist der Markt mit Obst und Gemüse für die Einheimischen und Souvenirs für die Touristen. Alles nett dekoriert mit Stoffen im typischen polynesischem Blumendruck. Man findet auf den Straßen fliegende Händlern, die an bunten Ständen Obst, Muschelketten und natürlich Perlen verkaufen. Perlen. Perlen wohin das Auge sieht. Billig aufgezogen auf Leder-Imitat-Bänder oder exklusiv in den Schaufenstern der Juweliere präsentiert. Perlen, Perlen, Perlen.

Hübsche Ecken in Papeete

Papeete Markt

Ananas-Verkauf auf der Straße

Die Krönung ist das Perlenmuseum von Robert Wan. Der König unter den Perlen-Machern unterhält einen hübsch gemachten Show-Room in dem man alles über die Austern und die Entstehung einer Perle sehen kann. Robert Wan hat als armer Einwanderer aus China sein Geld als Autoverkäufer und Gelegenheitsarbeiter verdient. Bis er 1974 einen Enkel von Kichimatsu Mikimoto kennen lernte. Mikimoto gelang es vor über 100 Jahren die Methode zu entwickeln mit der eine Perle gezüchtet werden kann. Robert Wan investierte alles in die Perlenzucht und wurde reich. Sehr reich. Er gründete das Imperium ‚Tahiti Perle‘ und ist Besitzer der größten runden Perle, die bislang gezüchtet wurde: Durchmesser 22,93 Millimeter.

Perlenvorhang – der Anteil an Ausschuss Perlen ist riesig

Natürlich kann man neben dem Museum auch Robert Wan Perlen kaufen. Hätten wir nicht gerade die Ankerkette gekauft, so wäre sicherlich für mich ein Kettchen drin gewesen. :mrgreen: So haben wir heute mindestens 90.000 USD gespart.

Größte Perle zum Kauf im Museum – nicht schön, aber teuer 125.000 EUR

Rund Tahiti

Mo., 12.Aug.19, Franz.Polyn./Tahiti/Phaeton, Tag 1898, 18.355 sm von HH

Bereits um 7:00 Uhr stehen wir an der Autovermietung und nehmen den reservierten Hyundai in Empfang. Ich ziehe beim ‚Streichholz ziehen‘ den Kürzeren und muss fahren. Aber das viel beschriebene Auto-Chaos um Papeete hält sich in Grenzen. Wir kommen besser durch als erwartet, schon vor 9:00 Uhr erreichen wir die ‚Taina Marina‘ (eine große Marina vor den Toren Papeetes). Dabei haben wir erst in zwei Stunden einen Termin mit Mat, der unsere Wanten fertig gestellt hat. Wir gehen Mat in der weitläufigen Marina suchen und werden fündig. Er freut sich, dass wir so früh da sind, das kommt ihm terminlich sehr entgegen. Prima, so freuen sich alle. Unsere „Pflicht“ ist erfüllt und wir haben das Auto.

Taina Marina

Die teure ‚Taina Marina‘ mit einem großen Anker- und Mooringfeld davor. Wir überlegen, ob dieser Platz für uns geeignet ist, wenn wir wieder nach Tahiti zurück kommen.

Die Bucht Matavai

 

Eine geschichtsträchtige Bucht: Die Segelprominenz des 18. Jahrhunderts hat sich in dieser Bucht die Ankerkette in die Hand gegeben. James Cook landete hier mit seiner ‚Endeavour‘ und ein paar Jahre später die ‚Bounty‘, bevor die berühmte Meuterei begann.
James Cook kam 1769 nach Tahiti, weil er als ein Teil einer internationalen Mess-Kampagne den Venus-Transit beobachten sollte. Diese Kampagne diente der Bestimmung der Entfernung Sonne-Erde und der Abstände der anderen Planeten unseres Sonnensystems. 77 Mess-Stationen weltweit lieferten 1769 verlässliche Daten die zur Abstandsberechnung heran gezogen werden konnten.
Beim Venustransit stehen Sonne, Erde und Venus in einer Linie. Wäre die Venus nicht so weit entfernt, würde diese Konstellation zu einer Sonnenfinsternis führen, so sieht man beim Transit die Venus nur als schwarzen Fleck vor der Sonne. Wer diese Phänomen beobachten möchte, muss sich allerdings noch bis 2117 gedulden. Nur viermal in 243 Jahren kommt es zum Venustransit.
Zwanzig Jahre später landeten in der Bucht die Missionare, die im Namen Gottes den christlichen Glauben verbreiteten und den Einheimischen ihre Identität nahmen. Die Kirchenmänner leisteten ganze Arbeit. Keine einhundert Jahre nach den ersten Missionaren, fanden sich Europäer, die ihr Glück in der Südsee suchten, betrogen. „Die glücklichen Bewohner eines unbeachteten Paradieses in Ozeanien kennen vom Leben nichts anderes als seine Süße“, hoffte Gauguin 1890 in einem Brief an einen Malerkollegen, bevor ihn 1891 auf Tahiti die Realität einholte. Die viel beschriebene Leichtigkeit der einheimischen Bevölkerung war aus seiner Sicht bereits verschwunden.

Die wenigen Sträde, die es gibt, sind pechschwarz

Wir lassen Papeete links liegen, die Stadt können wir besser per Bus besuchen. Also einmal rund Tahiti bitte. Im Prinzip gibt es nur eine Straße auf Tahiti Nui – dem großen Tahiti. Einmal ringsum an der Küste entlang – 120 Kilometer. Es gibt zwei Orte, den Moloch Papeete, der den Ruf einer hässlichen Stadt genießt, und Taravo, der Ort am Ende der Bucht, wo wir vor Anker liegen. Diese Städte sind durch ein endloses Straßendorf miteinander verbunden. Haus an Haus reiht sich neben der gut ausgebauten Straße aneinander. Gleich hinter den Häusern wachsen die Berge steil in die Luft. Die wahre Schönheit Tahitis liegt im unbewohnten Inselinneren. Das ist nur über geführte Wanderungen von mehreren Tagen zu erreichen.

Stichstraßen, die ins Inselinnere führen, gibt es so gut wie keine. Nur ein hübscher Wasserfall ist per Auto zu erreichen. Die Küste ist wild an der Windseite. An der steilen Lavaküste gibt es Blow-Holes, die von der Dünung pfeifend mit Wasser gefüllt werden und ihre Fontänen meterhoch in den Himmel schießen. Die Westseite ist brav und etwas langweilig. Strand gibt es nur selten, man kommt nicht ans Wasser, alles ist zu gebaut.

Blow-Holes im Norden von Tahiti

Perfekte Wasserfall-Dusche – heute ist hier Baden verboten

Von weitem geht es mit den Haaren ;-)

Noch ein technischer Nachtrag:
Der Wassermacher läuft wieder. Das Einlassventil war verklemmt. Mit ein paar Handgriffen war das Problem schnell gelöst. Den Wasserhahn hat Achim auch gefunden :lol: , die Tanks sind voll und wir wieder unabhängig. Es kann also bald weiter gehen. Noch einmal mit dem Bus nach Papeete, noch etwas einkaufen und wir sind startklar.

Schlimmer geht nicht

So., 11.Aug.19, Franz.Polyn./Tahiti/Phaeton, Tag 1897, 18.355 sm von HH

Wenn du denkst, schlimmer kann es nicht kommen, dann liegt irgendwo ein Schild ‚Coiffeur‘ herum. „Haarschnitt – Erwachsene 10 USD, Kinder 5 USD“. Das Schild gehört zu Ava, die sich auf dem kleinen maritimen Flohmarkt in der Marina etwas dazu verdienen möchte:
Sie ist jung, Amerikanerin und eigentlich ganz nett. Ich zeige auf ihr Schild und sie nickt: „Kann sofort los gehen“.
Wir leihen uns einen Stuhl, ich mache meine Haare im Waschbecken in der berühmten Männerdusche nass und wir verziehen uns in eine Ecke.
„Du kannst aber Haare schneiden ?“, vergewissere ich mich. Ich berichte ihr von meinem schlimmen Erlebnis in Mexiko und dem schiefen Pony in Kolumbien.
Sie lacht und nickt erneut und macht einen kompetenten Eindruck: „Wenn das Haar zu schwer ist, sitzt es nicht. Es muss leichter werden. Ich dünne es etwas aus.“ Für diesen Zweck hat sie sogar ein Rasiermesser dabei. Vertrauensvoll lasse ich mir einen Umhang umlegen und nehme Platz. Ohne Spiegel fehlt mir eine optische Kontrolle, aber es fühlt sich alles richtig an.
Ava fängt nach Friseur-Art das plaudern an. Wo sie herkommt und dass sie eigentlich Web-Designerin ist. „Ich bin kreativ im Netz und beim Haareschneiden“ Ich werde nicht misstrauisch, sondern unterhalte mich weiterhin nett mit ihr. Dabei höre ich das Messer kratzen und die Schere klappern. „Leicht muss es ein! Leicht!“ Das Messer kratzt, die Haare fliegen.

Der halbblinde Spiegel in der Dusche gaukelt mir ein ‚okay‘ vor. Achim sagt nichts zu meiner Frisur, sondern zuppelt nur an einzelnen Strähnen herum. An Bord werde ich dann das Ausmaß der Katastrophe gewahr. Schlimmer geht es nicht. Der Pony ist an den Seiten kürzer als in der Mitte. Stellenweise ist das Haar so ‚leicht‘, dass ganze Partien fehlen. Hinter den Ohren zum Beispiel. Und an einer Pony-Seite. Und auch vor den Ohren … Die dünnen Haare stehen wie Antennen vom Kopf ab. Nicht zu bändigen. Und ich dachte, schlimmer als in Mexiko kann es nicht werden.

Achim sagt jetzt doch etwas zu meiner Frisur als er Fotos machen soll: „Es sieht wirklich scheiße aus!“ :mrgreen: Es geht doch nichts über einen liebenden Ehemann. „Du kannst dir ja eine Pudelmütze aufsetzen“. Und viele gute Ratschläge mehr.
Ich glaube, ich gehe jetzt etwas das Meer anschreien.

große Katastrophe

Aus Datenschutz-rechtlichen-Gründen war die Redaktion gezwungen, das Gesicht unkenntlich zu machen.

Wofür ist so eine Langfahrt gut?

Fr., 09.Aug.19, Franz.Polyn./Tahiti/Phaeton, Tag 1895, 18.355 sm von HH

In erster Linie, um die eigene Frustrations-Grenze zu testen! :mrgreen:
Achim hat mir gebeichtet, dass er heute Morgen im Dinghy gesessen hat und erst mal aufs Meer hinaus schreien musste. Dass ich sowas mache … aber er … , da muss es schon knüppeldick kommen. Schuld an diesem Ausbruch ist unser Wassermacher.
Frohgelaunt sitzen wir auf dem blitzsauberen Kahn, freuen uns des Lebens und schmieden Pläne. Und der liebe Gott lacht sich schon wieder einen ins Fäustchen.

Der Wassermacher, der vor dem Landstand noch einwandfrei funktionierte, macht plötzlich keinen Liter Wasser mehr. Die Hochdruckpumpe läuft, baut aber keinen Druck mehr auf. Es ist nicht das erste Mal, dass wir mit dem Wassermacher Probleme haben. Die besagte Pumpe ist bereits schon einmal getauscht worden. Und die Vorpumpe bereits zweimal.
Kontakt zum Hersteller ist aufgenommen. Achim möchte seinen Rat, bevor er die Hochdruckpumpe auseinander nimmt. In Polynesien ohne Wassermacher zu sitzen, ist ein schlecht gewählter Ort. Wir haben noch 50 Liter Trinkwasser in Flaschen. Unsere Reserve auf See, falls mal ‚etwas sein sollte‘. Die wird schnell aufgebraucht sein. Und neues Trinkwasser steht noch im Supermarkt und der ist für kiloschwere Transporte unangenehm weit entfernt.
Brauchwasser ist nicht so das Problem; es regnet häufig genug, da können wir Wasser auffangen. Aber bei dem Lauf, den wir haben, vermuten wir, dass es nie wieder regnen wird. Da wir seit über drei Wochen nichts mehr gefangen haben, besteht unser Wasservorrat noch aus ungefähr 250 Litern. Das ist in 14 Tagen weg, wenn wir weiter so herum aasen.

Das Wasser in der Werft ist ungeeignet, zu viel Sand in der Leitung. Dann erinnern wir uns bei unserer Ankunft von einer Zapfstelle für Trinkwasser am anderen Ende der Bucht gehört zu haben. Also macht Achim sich mit Kanistern im Dinghy auf den Weg. Am nördlichen Ende wird die Bucht schlammig und flach. Viel zu flach für den Außenborder. Achim steigt aus und zieht das Dinghy hinter sich her, schwer durch den Schlick stapfend. An Land läuft er am schmutzigen Ufer entlang, sucht nach dem beschriebenen Wasserhahn.
Ein paar Häuser stehen am Ufer, ein Gartenschlauch liegt auf dem Rasen. Soll das die Zapfstelle sein? Wohl eher nicht. Zu dem Gartenschlauch gehört ein zähnefletschender Hund, der sich vor Achim aufbaut und ihm unmissverständlich zu verstehen gibt, wer der Chef im Garten ist. Achim greift eine Kokosnuss, der Köter versteht und haut ab. Hunde reagieren seit Südamerika mit eingeklemmten Schwanz darauf, wenn man sich nach einem Stein bückt. Die Tiere sind Kummer gewöhnt.
Achim stapft noch eine Weile weiter am Ufer entlang auf der Suche nach dem Wasserhahn und gibt schließlich auf. Auf dem Rückweg zum Schiff schreit er dann den unschuldigen Ozean an.

Die Wasserhahnsuche

Wie es jetzt weiter geht, wissen wir noch nicht. Wir haben ja noch andere Baustellen.
Morgen haben wir ein Auto gemietet und fahren nach Papeete. Dort haben wir neue Wanten bestellt (Da war doch was – in Gambier festgestellt – ihr erinnert euch? Das zweite gebrochene Want – in Hao entdeckt – habe ich gar nicht mehr erwähnt).

Die Bestellung der Wanten ist auch so eine Geschichte: Mat von ‚Mat Rigging Services‘ will Vorkasse! Akzeptiert aber keine Kreditkarten. Nur Überweisung oder Bargeld. Eine Überweisung auf sein Konto scheitert, weil unser Banking-Programm keine ‚Cours de Franc Pacific‘ überweisen kann. :roll:
Also cash. Aber wie kommt das Geld nach Papeete? Und das noch diese Woche, weil Mat in den Urlaun geht? Wir sind auf dem Yard noch mit dem Schiff beschäftigt und nach Papeete und zurück fahren, da ist mehr als ein halber Tag verpufft.
Wir haben Vertrauen in unseren französischen Nachbarn Gilbert, der sein Schiff an Land gerade blau spritzt und in Papeete wohnt. Wir drücken ihm 700 Dollar in die Hand mit der Bitte, diese bei Mat Rigging abzugeben. Kann man ja mal machen, man hat dem Mann ja bereits dreimal geholfen seinen Kompressor ins Auto zu heben und dreimal ein kleines Schwätzchen gehalten. Das muss reichen, um jemanden gut genug kennen zu lernen.
„Mach ich gerne für euch“, sagt Gilbert und nimmt das Geld. Am nächsten Tag kommt eine Quittung per Mail von Gilbert – mit Foto: ‚Geld erhalten‘ bestätigt Mat.

Wir schwimmen wieder

Mi., 07.Aug.19, Franz.Polyn./Tahiti/Phaeton, Tag 1893, 18.355 sm von HH

Es ist geschafft! Alle Osmose-Löcher sind wieder zu und Atanga sieht – wider Erwarten – nicht wie ein Golfball aus. Glatt wie eine Nektarine kommt unser Unterwasser-Schiff daher. Spachteln, schleifen, spachteln, schleifen – der Skipper hat ganze Arbeit geleistet.
Auch der Schaden an der Flanke und am Ruder sind super geworden – die Crew hat ganze Arbeit geleistet. ;-) Nach dem Spachteln noch ein paar Lagen Gel-Shield (die Wassersperre) aufpinseln, eine Lage Primer, damit das Antifouling haftet und fertig. Alles ist geputzt, gewaschen, gewienert und blitzsauber. Den Overkill an Frischwasser haben wir ausgenutzt. So viel Wasser direkt neben dem Schiff hatten wir zuletzt in Panama vor anderthalb Jahren.

Ein paar Lagen Gel-Shield machen das Schiff „wasserdicht“

Als wäre nichts gewesen

 

Auch das Ruder ist wie neu

Jetzt wollen wir nur noch die Rechnung bei Yvan bezahlen. Der hat sich die Geschäftsidee vom Wäsche-Service zu eigen gemacht: je länger du bleibst, desto teurer wird der einzelne Tag. Für die zwei Tage Verlängerung, weil wir auf den Schweißer gewartet haben, knöpft er uns den Wochenpreis an Standgebühren ab. Zehn Tage für den Preis von sieben gilt nun nicht mehr. Diesen Rabatt hätte er uns nur gewährt, weil es ja sein Verschulden war, dass er uns in der einen Woche nicht ins Wasser lassen konnte. Achim handelt ihm noch 70 Dollar aus den Rippen; mehr liegt nicht drin. „No cash – no splash!“ Yvan sitzt am längeren Hebel.
Die zwei Tage kosten 130 USD Aufschlag, grrrr.

Atanga wird ebenso umsichtig wieder ins Wasser gelassen, wie Yvan sie aus dem Wasser gezogen hat. Unser Fazit über das ‚Tahiti Nautic Center‘: Man kann Yvan mit ruhigem Gewissen sein Schiff anvertrauen. Aber das Drumherum kann man vergessen. Yvan ist ein mundfauler Kerl, dem man jede Information aus der Nase ziehen muss. In zwölf Tagen haben wir ihn nicht einmal lächeln sehen. Ein Mann, der wenig Freude an seinem Job ausstrahlt, ihn dafür aber gut erledigt.

Schnell noch die Flecken streichen, wo die Stützen standen

Vor uns kommt noch der Nachbar ins Wasser eng, aber machbar

 

Wir liegen jetzt in der Bucht am Anker. Die schöne neue Kette im Schlamm versenkt. Die Mücken, die wir von Land mitgenommen haben, sind tot; das Schiff ist zufrieden, wir sind zufrieden. Kleiner Rammer, große Wirkung. Aber so ist es halt, Dinge passieren. Alle freuen sich auf neue Wege.Und Pläne schmieden, ist immer das Schönste.

 

Noch mehr Eisen-Probleme

Di., 06.Aug.19, Franz.Polyn./Tahiti/Phaeton, Tag 1892, 18.355 sm von HH

„Wenn du’s entdeckt hast, musst du’s machen lassen,“ stellt Yvan, der Werftchef,  trocken fest. Der herbeigeholte Schweißer vom gegenüberliegenden Schiff nickt bestätigend: „Beängstigend ist es noch nicht, kann bis Neuseeland halten, aber … „. Na gut, der Mann wittert einen Auftrag, der muss das sagen.

Dabei hatte ich so schön Antifouling drüber gepinselt. :mrgreen: Ich hab die kleinen Löcher nicht registriert. Aber Achims hat’s trotzdem entdeckt.
Alle stehen um unser Ruder herum und beäugen einen Riss in unserer Ruderaufhängung. Schon wieder Lochfraß im Edelstahl. Das warme Wasser setzt dem Material ganz schön zu. Vielleicht ist auch die Pier in Hao nicht ganz unschuldig, vermutet Achim. Im Beton war viel Eisen verbaut, da mag es zu einer Reaktion mit unserem Edelstahl gekommen sein. Aber alles Spekulation – nur die Perforation nicht, die ist eindeutig zu erkennen.
Der Schweißer bekommt den Auftrag. Wir haben keine Lust auf einen Platz in der Rettungsinsel. Sollte die schwere Spange unserer Ruderaufhängung brechen würde, wär’s das mit Atanga. Das Ruder würde abreißen und das Schiff unweigerlich voll laufen.
Der Schweißer ist kooperativ. „Ihr gebt mir das ausgebaute Teil am Montag und bekommt es spätestens Dienstag zurück“. Deal! Wir verlängern um zwei Tage unseren Landaufenthalt.

Lochfraß im Edelstahl

Achim schraubt die Spange ab. Wider Erwarten lässt sich das Teil anstandslos demontieren. Mit der Flex ist der Edelstahl schnell blank poliert. Der Schweißer öffnet den Lochfraß-Riss, schließt die hässliche Wunde und schweißt eine Edelstahlplatte oben drauf. Optisch sieht es nach einer guten Arbeit aus. Ob er gut in Edelstahl schweißen ist, wird sich in ein paar Monaten zeigen. Aber wir sind optimistisch.

Geschweißt und wieder eingebaut, kann es nun endlich ins Wasser zurück

Eine neue Ankerkette

Fr., 02.Aug.19, Franz.Polyn./Tahiti/Phaeton, Tag 1888, 18.355 sm von HH

Auf Hao hatte Achim routinemäßig unsere Ankerkette kontrolliert. Warum macht der Mann so etwas? Einige Glieder zeigen sich verhaltensauffällig: durch Lochfraß. Der in der Literatur beschriebene Verfall einer Edelstahlkette hat jetzt unser schönes Teil erwischt. Es bilden sich Löcher im Edelstahl, die zum Bruch der Glieder führen können. Manchmal kann man diese gefährlichen Löcher nicht erkennen, aber bei uns besteht kein Zweifel.
Die Kette war von Spitzenqualität. Noch angeschafft vom Voreigner von Atanga, aber sie hat deutlich Jahre auf dem Puckel – 15 Jahre, mal viel, mal wenig genutzt. Leider begünstigt warmes Wasser den Verfall von Edelstahl.
Da unser gesamter Haushalt an dieser Kette hängt, soll ein Ersatzkettchen her.

Die meisten Sachen auf Tahiti sind teuer, sehr teuer, daher wählen wir eine verzinkte Kette statt Edelstahl. Achtzig Meter sollen es ein – ungefähr 180 Kilo. Die Ankerkette zu wechseln, während das Schiff am Anker und an der Kette hängt, ist umständlich und schwere Arbeit (Zweitanker ausbringen, Kette in Dinghi, von Dinghy Kette an Bord usw.) Also soll eine neue Kette her, während wir noch an Land stehen. Aber wie kommt die Kette aus Papeete zu uns?
Der wenig freundliche Herr B., der Mann bei dem man auf Tahiti alles (!) für sein Schiff bekommt, ist wenig kooperativ: „Ich liefer nicht nach Pheaton! Ihr müsst schon hierher kommen. Um nach Papeete zu segeln, braucht ihr keine Ankerkette!“ Augen roll. Kunde droht mit tausend Dollar Auftrag für eine ‚Markenkette‘ made in France von Lofran.

Also organisieren wir Marc. Marc ist ein Junge für alles in der Phaeton Bay. Er kümmert sich um leer stehende Schiffe, hat diesen drolligen Wäsche-Service, bei dem die Preise steigen, wenn man viel Wäsche abgibt. Und Marc hat ein Auto. Für 50 USD fährt er mit Achim nach Papeete und ein paar Stunden später sind die beiden mit der Kette wieder zurück. Der Rest ist an Land ein Kinderspiel: Die Ankerwinsch zieht die neue Kette an Deck. Anker umschäkeln. Fertig.
Herr Balzer hat Achim noch mit auf den Weg gegeben: „Wenn ihr viel ankert, sehen wir uns in drei Jahren wieder. Länger hält eine Kette hier nicht!“
Na, Prost Mahlzeit, da sind wir anderes gewohnt.

Da liegt er nun, unser 800 Euro Eisenhaufen

Freud und Leid auf dem Ship-Yard

Do., 01.Aug.19, Franz.Polyn./Tahiti/Phaeton, Tag 1887, 18.355 sm von HH

Die erste heiße Dusche seit acht Monaten. Ach, was rede ich, die erste Dusche überhaupt seit acht Monaten. Der Duschraum hat Aufputz-Leitungen und einen blinden Spiegel. Das Wasser kommt als Strahl ohne Brause einfach aus der Wand. Aber es ist heiß und in unendlicher Menge verfügbar. Es ist herrlich ohne Waschbewegungen einfach nur unter dem heißen Wasser zu stehen. Eine typische Männer-Werft-Dusche wird zur Wellness-Oase.

Das war’s aber auch schon an Genuss. Der Rest ist eine schwierige Angelegenheit. Milliarden Mücken wollen uns leer saugen. Tagaktive Quälgeister, die sogar im strahlenden Sonnenschein über uns herfallen. Ohne dauerhafte Salbung mit Antimücken- Gift würden wir getötet werden.
Der Weg zur Toilette ist lang und unbeleuchtet. Querfeldein führt ein Schleichweg am Ship-Yard und den Marina-Liegern vorbei. Rattengroße Krebse haben dort ihre Löcher gebuddelt. Nach Regen verwandelt sich der Weg in einen rutschigen Schlammpfad. Von den nachtaktiven Mücken auf dem Weg dorthin will ich gar nicht reden. Also verlässt im Dunkeln keiner mehr das Schiff, es komm der berüchtigte Pipi-Eimer zum Einsatz. Wichtig nur, dass man morgens bei der Entleerung mit dem brisanten Inhalt nicht stolpert. :mrgreen:

Das Werft-Internet ist nicht an Bord verfügbar. Durch die Installation eines einfachen Repeaters wäre die Sache behoben, so empfängt nur ein elitärer Teil der Land-Steher das (gute) Netz. Es gibt auf dem Gelände keine „nette“ Sitzecke mit ein paar Tischen, so dass wir auf einem Steg auf der Erde sitzend müssen, um Empfang zu haben. Nach Einbruch der Dunkelheit ein Selbstmord-Unterfangen. Da hilft es auch nicht, den Laptop als Hotspot (danke nochmal für den guten Tipp) einzurichten.

Die Dusche ist nach einer Woche noch immer heiß und ein Genuss, aber leider wird dort nicht mehr sauber gemacht. Der Werftbetrieb hat so eine Art Betriebsferien, denn die halbe Belegschaft erscheint seit Montag nicht mehr zur Arbeit. Einschließlich der Putz-Fee. Geschätzt nutzen dreißig Menschen zwei Toiletten und zwei Duschen. Wie die Waschräume nach einer Woche aussehen, kann sich jeder vorstellen. Zumal es häufig regnet und alle mit ihren Matsch-Füssen in die Nasszellen latschen. Der Müllsack quillt über von benutztem Klopapier.

Mit den Betriebsferien ist auch der Mittags-Service ‚Essen-auf-Rädern‘ eingestellt worden. Das ist schade. Aus einem Kofferraum raus konnte man von ‚Mama Tahiti‘ frisch gekochte Hausmannskost kaufen: Curry-Eintopf mit Huhn, Kartoffeln und Reis. Für 5 Dollar kein Fastfood-Mist, sondern gutes Essen. Ein Imbiss in Laufnähe fehlt leider. Eine Bude in der man abends ein kaltes Bier, Pommes und ein halbes Hähnchen bekommt. Es gibt nur ein Nobelrestaurant, in dem man sich mit Dreck unter den Fingernägeln nicht blicken lassen kann. Die müden Knochen, die abends nach dem Sofa schreien, müssen erst noch vor dem Herd stehen und was kochen.

Eine Waschmaschine existiert in der Marina ebenfalls nicht. Es gibt wohl einen Wäsche-Service, aber von der Preispolitik fühle ich mich auf den Arm genommen. Je mehr Wäsche man abgibt, desto teurer wird das Kilo. Außerdem ist der Typ schwer zu fassen zu kriegen. Also wasche ich mit der Hand. Zwischen Alex, der sein Schiff schleift und Gilbert, der sein Schiff mit Grundierung spritzt. :mrgreen: Aber so viel Süßwasser habe ich nie wieder zur Verfügung. Nur zum Tankauffüllen ist es nicht geeignet. Wenn es geregnet hat, kommt Sand mit aus der Leitung.

Werft-Romantik

 

Auch Werft-Romantik

Wir sind nicht das Prinzenpaar, aber ein sauberer Waschraum, Licht auf dem Weg zur Toilette und ein Internet-Empfang auf allen Stehplätzen wäre schon schön. Wer Puff-Preise verlangt, kann nicht nur Brause ausschenken. Wo bleibt der Champagner?

Achim hat jetzt das Schließen der Löcher übernommen