Kategorie: Atanga

Der Mast wird gestellt

Mo.,03.Okt. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 3047, 24.696 sm von HH

So wie der Mast runter gekommen ist, so wird er auch wieder gestellt: mit Hilfe eines mobilen Krans. Für die Mast-Legearbeiten ordert Gerry, der Boat Yard Rigger, immer einen Kranwagen direkt von der Firma nebenan. Der kleine Kran scheint heute nicht verfügbar zu sein, also rückt mal richtig schweres Gerät an. Bis 220 Tonnen kann der Kran heben. Leicht, ganz leicht überdimensioniert. ;-) Unser Mast wiegt ungefähr 200 bis 300 Kilo – so genau weiß das keiner.

Etwas überdimensioniert der Kran – die Haken sind riesig

Zuerst werden – wie üblich – die Stützfüße ausgefahren und das gesamte Eigengewicht des Krans auf diese Stützen gelegt. Alle zehn Reifen schweben in der Luft. Die Stütze vorne rechts singt ein paar Zentimeter in den Schotter ein. Am Wochenende hatte es heftig geregnet.
Das gefällt dem Kran-Fahrer nicht. Kommando zurück. Die Räder werden wieder auf den Boden gesetzt, die Füße eingefahren und der Kran um einen halben Meter umrangiert. Ein neuer Versuch. Nein, wieder nichts. Vorne rechts sinkt es dem Fahrer zu sehr ein. „Du weißt schon, dass der Mast maximal 300 Kilo wiegt?“, fragt Gerry leicht genervt. Der Fahrer zeigt sich unbeeindruckt. „Das ist der normale Prozess, egal, was ich zu heben habe.“ Also Räder zurück auf den Boden, Stützen einfahren und noch einmal rangiert er den Kran um. Viel Platz hat er nicht zwischen den Booten, aber er schafft einen weiteren Meter. Diesmal passt es. Die Fuß findet festen Untergrund.

Die Stütz-Füße werden ausgefahren

Alle zehn Reifen schweben in der Luft – das Gewicht vom Kran selber liegt jetzt komplett auf den Stützen

Der zweite Stempel von der Stütze im weichen Untergrund

Der Kran-Führer lässt seinen Haken herab. Einen Meter über dem Mast stoppt er. Warum ist schwer zu sagen. Der Fahrer sitzt in seiner Kabine und starrt auf ein Display. Nichts tut sich. „Hoffentlich liest er nicht erst jetzt die Gebrauchsanweisung“.  Alle warten ungeduldig. „Das gibt aber trotzdem nur eine normale Rechnung“, warnt Gerry den Fahrer.
Dann endlich ist das Problem behoben. Es geht weiter. Vorsichtig wird der Mast an einer Schlaufe angehoben. Alle empfindlichen Teile müssen sorgsam mitgeführt werden, damit nichts kaputt geht oder verbiegt. Zentimeter um Zentimeter wird der Mast gehoben bis er endlich senkrecht steht und vom Boden abhebt.

Der Haken mit Gewichtsbombe schwebt ein – eine falsche Bewegung am Joy-Stig und Atanga hat ein Loch im Rumpf

Einer hält den Baum in Waage – die anderen kümmern sich um die losen Teile, damit die nicht unkontrolliert um sich schlagen

Der Mast hat jetzt bereits abgehoben

Der Kran bringt den Mast über Atanga in Position und wird dort von Gerry, Lance und Achim in Empfang genommen. Es dauert einige Zeit bis alle Wanten und Stagen festgeschraubt sind. Erst dann darf der Fahrer seinen Haken ausklinken. Der Mast steht jetzt selbstständig und Atanga sieht wieder wie ein proper Segelboot aus und ein weiterer, wichtiger Schritt zurück zum normalen Bootsleben ist gemacht.

Nur noch ein paar Meter – noch ein bisschen den „Draht“ befestigen und Atanga sieht wieder aus wie ein richtiges Segelschiff


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Von Teakdeck zu Flexiteek – ein altes Boot wird modern

‚Für alle, die an unserem Deckrefit im Detail interessiert sind und die sich nicht durch den Blog mit verschiedensten Randgeschichten klicken wollen, habe ich hier eine Zusammenfassung des Projekts erstellt.

Demontage und Wiederaufbau unseres Decks
ungefährer Zeitaufwand
Kosten

1.Die Vorgeschichte
Unsere Hanseat 42 ist Baujahr 1989. Ein altmodischer, aber gemütlicher (gemäßigter) Langkieler mit Mittelcockpit. Mit einer behaglichen Holzhöhle unter Deck und mit einem Teak-Decksbelag.
Wir haben unsere Atanga 2009 mit der Absicht für eine Langfahrt gekauft und waren sofort verliebt. Vor allem das Teakdeck schien uns schiffig und wunderschön. Wider besseres Wissens auf endlose Haltbarkeit und der Sinnhaftigkeit so eines Decks in den Tropen, fanden wir das besonders toll.
Beim Kauf war von der Holzdicke (ursprünglich wahrscheinlich 15 mm) noch ausreichend Material vorhanden.

Atanga mit ihrem alten Teakdeck – am Tag der Übergabe 2009

 Ein Fugenrefit haben wir bereits 1,5 Jahre nach Kauf des Bootes vorgenommen – nachzulesen hier
.Komplettes Fugenrefit 2010

Da während unserer Reise das Deck mehr und mehr zum Sieb geworden war, musste dringend etwas passieren. Das alte Deck sollte nach 33 Jahren getauscht werden. Statt wieder Holz zu wählen, haben wir uns für einen Kunststoffbelag entschieden. Flexiteek nennt sich das Produkt.
Wir haben den Tausch vom Deck in Neuseeland vorgenommen.

  2. Das Refit – von Holz zu Kunststoff 2022 

– Das alte Holz muss runter
Die alten Teakleisten sind geklebt und geschraubt. Bei unserem Deck sitzen Schrauben sowohl in der Mitte der Leisten (geschlossen mit Holzpfropfen) als auch in den Fugen. 2010 haben wir diesen Schraube – es sind ca. 2500 Stück – zum größten Teil den Kopf abgeflext, weil wir sie erst beim Fugenrefit entdeckt haben. Diese Schraubenreste verhindern, dass wir die Holzleisten mit Pressluft-Spachtel oder Multitool-Geräten abstemmen können. Uns bleibt nichts anderes, als die Leisten mit Stemm-Eisen zu entfernen.

Zunächst arbeiten um diese Schrauben herum, dann werden sie mit der Kombizange raus geschraubt. Die entstandenen Löcher  bohren wir auf und füllen das neue Loch mit Epoxy (West-System mit Glue Powder 413). Das machen wir direkt am gleichen Tag, damit uns eventueller Regen kein Wasser ins Deck laufen lässt.

Eigenleistung: 200 Stunden

Die Klappe vom Ankerkasten macht den Anfang

 

Fast ausschließlich Handarbeit

 

Nur in Splittern lässt sich das Teak abstemmen

 

Mühsame Arbeit – der Einsatz von Geräten scheitert an den Schrauben in den Fugen

 

Jedes X ist eine sichtbare Schraube – daneben existieren noch Hunderte in den Fugen verborgen

 

Stehen gebliebene Schrauben zum Ausputzen fertig

 

Nach dem Ziehen der Schrauben bohren wir die Löcher auf

 

Die Löcher werden mit Epoxy gefüllt   – ungefähr 2500 Stück

– Demontage der Beschläge 
Alles, was an Deck montiert ist, muss runter. Bei Blöcken und Genua-Schienen, die seit über 30 Jahren nicht abgeschraubt wurden, stellt uns das zum Teil vor Herausforderungen. Die Schrauben der Genua-Schienen lassen sich nur mit einem Schlagschrauber lösen.
Um von unten an die Muttern zu kommen, müssen unter Deck Deckenverkleidungen abgebaut, Schränke zum Teil demontiert werden.

Eigenleistung: 60 Stunden Demontage, zusätzliche 25 Stunden für das Säubern der Beschläge – von altem Sika befreien und polieren

 

Beschläge kommen zum Teil nicht freiwillig los vom Deck

 

– Reparatur der Luken
Als das Holz um unsere Luken entfernt ist, stellen wir fest, dass der Rahmen der Fenster gar nicht (mehr ?) mit dem Deck verbunden ist. Zum Teil finden wir einen Spalt von über drei Millimetern. Mit einem Sägeaufsatz vom Multi-Tool verbreitern wir den Spalt, säubern und verfüllen ihn mit Epoxy (413). Die Füllung erfolgt mit einem Spritzbeutel (Zipperbeutel mit abgeschnittener Ecke) und einem kleinem Gummispachtel. Nach dem Aushärten schleifen wir die Kanten glatt.

Eigenleistung: 30 Stunden (fünf Luken)

Die Luken sehen furchtbar aus

 

Nach der Reinigung taucht ein Spalt zwischen Lukenrahmen und Deck auf

 

Der ursprüngliche Schlitz – jetzt mit Epoxy verfüllt

 

– Deck schleifen
Zusätzlich zum Holz muss noch der alte Kleber vom Deck entfernt werden. Zuerst erfolgt dies mit dem Stemm-Eisen oder einem Abzieher. Noch verbliebene Reste werden mit dem Exenter-Schleifer und 40er Schleifpapier entfernt.
Unter dem Kleber befindet sich eine Gelcoat-Schicht. Auf Anraten der Bootsbauer der Werft soll diese ebenfalls abgeschliffen werden. Das neue Deck soll auf dem nackten GFK aufgebaut werden. Gelcoat ist so hart, dass es in angemessener Arbeitszeit nur mit einer Flex abgeschliffen werden kann (36er Korn). Dies ist wegen extremer Staubentwicklung in Neuseeland unter freiem Himmel verboten.
Wir entscheiden, dass dies in der Halle von den Arbeitern machen lassen. Allerdings bereiten wir mit dem Exzenterschleifer bzw. dem Multitool alle Kanten und Stellen vor, an die man mit der Flex nicht heranreichen kann.
Zusätzlich bessern wir Beschädigungen am GfK aus (Epoxy plus 413), die durch das Abtragen vom Holz entstanden sind. Ausbessern, schleifen, noch einmal ausbessern.
Am Ende ist das Deck glatt und eben als wir es zur Weiterbearbeitung an die Werft und zur Muster-Erstellung für den neuen Flexiteek Belag übergeben.

Eigenleistung: 90 Stunden

Der Kleber muss ebenfalls runter

 

Vor dem Schleifen

 

Der Rest vom Kleber wird geschliffen mit der Maschine

 

Geschliffenes Deck

 

Bis auf die Reling ist alles deinstalliert – die Kanten sind abgeschliffen, runter bis auf das GFK

 

Gefüllte und geschliffene ehemalige Schrauben-Löcher

 

– Flexi Teek – Das Aufmaß
Die Erstellung der Vorlage für den Decksbelag, die Herstellung und Verlegung haben wir komplett von der Firma Brin Wilson, Auckland, Neuseeland vornehmen lassen.
Die Erstellung der Schablone erfolgte fünf Wochen vor der Verlegung. Zu dem Zeitpunkt stand Atanga bereits in einer Halle.
Die Schablone wird mit einer unelastischen Waben-Folie hergestellt, die sich wie eine zweite Haut aufs Deck legen lässt ohne zu verziehen. Von jedem Detail des Decks wird auf diese Weise eine Kopie abgenommen – die Formen, jede Biegung und jedes Gefälle. Die einzelnen Teile werden zu einem großen Stück zusammengeklebt. Viele Stunden wird nur geschnitten und geklebt. Anschließend werden auf der Folie die Ausschnitte für Luken und das Cockpit, die Winschen markiert. Sämtliche Kanten und jedes Schraubenloch für alle Decksbeschläge, die wieder angebaut werden, muss markiert werden.
Hier ist Präzision erforderlich, denn an Hand dieser Folie wird im Werk unser neuer Decksbelag gefertigt.

Arbeitsaufwand: 16 Stunden

Das komplette Deck wird mit Folie ausgelegt und die einzelnen Stücke akkurat zusammengeklebt

 

Alle Ausschnitte, Ecken und Biegungen werden auf die Folie aufgezeichnet

 

Jeder Deckel, jeder fehlende Beschlag, jede Kante wird mit Filzstift markiert

 

– Deck Aufbau
Den Aufbau des Decks haben wir durch die Werft (Norsand Boatyard, Whangarei, Neuseeland) vornehmen lassen:

– altes Gelcoat abschleifen
– abdecken und abkleben
– eine Lage Glasfasermatte mit Epoxy
– Beseitigung von Unebenheiten, Spachteln (mit Epoxy und 417), schleifen, Spot Filling, schleifen, Pin Hole Filling, schleifen
– drei Lagen Interprotect (wasserdichte Sperrschicht) streichen
– Beseitigung der Abdeckungen

Kosten: Arbeitsaufwand (160 Stunden) und Material: zusammen 3900 Euro

 

Das Gelcoat wurde mit der Flex abgeschliffen – zu hart für Schwingschleifer und 40er Korn

 

Eine Besonderheit sind unsere Genua-Schienen – die Löcher werden mit den alten Schrauben frei gehalten, da sie nach dem Spachteln nicht neu gebohrt werden können. Die dazugehörigen Muttern sind unter Deck einlaminiert und nicht erreichbar

 

Das Deck wird mit einer Lage Glasfaser stabilisiert und neu aufgebaut

 

Die neue Lage Matte wird mit Epoxy gespachtelt

 

Von vorne bis hinten

 

Der geschliffene Spachtel wartet auf Spot Filling

 

Fertig für die zweite Runde Spot Filling

 

Alle Unebenheiten müssen weg – das Flexi Teek verzeiht keine Dellen oder Beulen – jede Unebenheit würde sichtbare Schatten werfen

 

Der letzte Schritt – 3 Lagen Interprotect werden aufgetragen

 

Das Deck ist fertig vorbereitet für den neuen Decksbelag

 

– Flexiteek – der Herstellung
Bei der Herstellung des Decksbelages waren wir nicht dabei. Das erfolgt in der Fabrik in Auckland. Aus langen Bahnen Kunststoff (in etwa so breit wie eine normale TeakHolzleiste) wird das Deck anhand der Plastikfolien-Vorlage zusammengeschweißt. Die Verschweißung erfolgt mit schwarzem Kunststoff, was optisch einer Verfugung wie bei Holz sehr nahe kommt. Jedes Schiff ist anders, somit ist jedes Flexiteek-Deck ein Unikat.
In tagelanger Handarbeit wird der Decksbelag zusammengeschweißt.

– Flexiteek – die Verlegung
Im Grunde ist Flexiteek wie Teppich verlegen – nur etwas aufwendiger. Entsprechend wird das Deck in großen „Teppich“rollen angeliefert. Flexiteek wiegt ungefähr 4,5 Kilo pro Quadratmeter bei einer Dicke von 5 mm.

Unser Deck wurde werkseitig in drei Teilen vorgefertigt. Vom Bug an hälftig geteilt für die Backbord- und Steuerbord-Seite. Und einen weiteren Teil für das erhöhte Deck ums Cockpit herum. Nur das Stück für den Ankerkastendeckel und die Umrandung für die große Backskiste am Heck sind lose und nicht mit dem großen Teppich verbunden.

Zunächst werden die Stücke aufs Deck gelegt und mit der Heizluftpistole geschmeidig gewärmt. Anschließend wird das Teek mit Gewichten belegt, um dem Kunststoff das Aufrollen abzugewöhnen.
In langen Bahnen wird Klebeband neben den Teek-Matten auf das Deck geklebt. Darauf werden um die Matten herum – mit einer Heißklebe-Pistole – kleine Abstandhölzer befestigt. Diese sollen die Matten an ihrer Endposition fixieren. Das Teek wird angehoben, Klebstoff (Bostic) mit einem Zahnspachtel vollflächig verstrichen und mit einer Walze wird der Teek-Belag angepresst. Angedrückte Flächen werden sofort mit Gewichten beschwert.

Dicht neben die Abstandshölzer kommt ein weiter Streifen mit Vacuum Tape. Im nächsten Schritt wird eine dicke Plastikfolie über dem Flexiteek ausgebreitet und die Folie an das Vacuum Tape angedrückt. In der dicken Folie befinden sich Ventile an die eine Vakuumpumpe angeschlossen wird. Über Nacht wird jetzt der Decksbelag auf das Deck mit einem Vakuum gesogen.
Das soll nicht nur ewig (auf das Deck erhalten wir 7 Jahre Garantie) halten, sondern eine absolute Wasserdichtigkeit erzeugen.

Nachdem alle großen Teile verklebt sind, folgen die Details. Noch befindet sich eine Naht zwischen Backbord- und Steuerbord-Teppich. Diese Naht wird einfach verschmolzen. In eine Art Heißklebepistole kommt eine Wurst Flexiteek Material und diese wird in die Naht eingeklebt. Die Wulst, die übersteht, wird mit einem Messer abgeschnitten und mit 40er Schleifpapier die Naht unsichtbar weg geschliffen. Mit dem gleichen Verfahren werden die noch fehlenden schwarzen Pseudo-Fugen an den Fensterumrandungen eingeschmolzen.

Die Entscheidung, welche Farbe wir wählen, war nicht einfach. Man hat die Wahl von über dreißig Farbkombinationen. Wir haben uns für „weathered“ entschieden –  ausgeblichene Teak-Optik – wie durch Sonne entstandene Patina. Unser verbliebenes Teak im Cockpit sieht sehr ähnlich aus (es sei denn, es wurde gerade frisch geschliffen).
Der Kunststoff weist eine Art Holzstruktur auf. Die Reinigung erfolgt mit Wasser und einer Bürste in „Maser-Richtung“. Hartnäckige Flecken können mit 40er Sandpapier weg radiert werden. Optisch und barfuß gefühlt, kommt das neue Deck sehr nahe an echtes Holz heran.
Die Passform ist toll, das Muster ist toll, die Farbe ist toll. Wir sind sehr begeistert.

Arbeitsaufwand Flexiteek Firma Brin Wilson: 100 Stunden;
Kosten komplett; Aufmaß, Material, Verlegung, Anfahrt und Übernachtung von zwei Monteuren: 22.700 Euro

 

Anlieferung der Teek-Rollen

 

Das Teek wird einmal ausgerollt, erwärmt und beschwert

 

An jede Kante der Matten wird eine Reihe Hölzer geklebt, mit der das Flexiteek an seiner Endposition fixiert wird

 

Viel Detailarbeit ist hier notwendig

 

Details – hier für die Winschen – werden erst vor Ort aus den großen Rollen heraus geschnitten

 

Vor dem Kleben wird das Teek noch einmal erwärmt, um mehr Geschmeidigkeit zu erzeugen

 

Das Deck wird mit Hilfe eines Zahnspachtels mit Kleber bestrichen

 

und mit einer Walze angepresst

 

über die geklebten Bahnen wird eine Folie gelegt

 

Mit Ventilen und einer Pumpe wird ein Vakuum auf dem Deck angelegt

 

Die nun verklebten Teilstücke des Flexiteeks werden verschweißt. Hierfür wird mit einer Heißklebepistole ein Streifen Flexi-Material in die Fuge geklebt

 

Fertige Fuge – Unebenheiten werden mit 40er Schleifpapier unsichtbar angeglichen

 

Mit dem Cutter wird die überstehende Wulst angeschnitten, danach wird geschliffen

 

Zum Schluss wird noch einmal die Maßfolie aufgelegt, um Löcher für die fehlenden Beschläge zu markieren

 

Hier die Bohrung für die Löcher der Genuaschienen – das passt am Ende tatsächlich auf den Millimeter

 

Re-Montage der Beschläge
Diese Arbeit wird wieder von uns übernommen. Wir hatten uns das erheblich einfacher vorgestellt. Jeder Beschlag erfordert eine individuelle Behandlung. Alle Beschläge, die eine hohe punktuelle Belastung auf das Flexi-Teek ausüben, sollen grundsätzlich nicht auf dem Flexi-Teek montiert werden.
Also müssen entsprechende Aussparungen für die Beschläge in das neue Deck geschnitten werden. Was bei den beiden Profi-Monteuren so einfach erschien, muss geübt werden. Der Kunststoff vom Deck ist zwar biegsam, aber zäh. Und es erfordert eine gehörige Portion Mut in das nagelneue Deck Löcher zu schneiden.

 

– Montage der Heber von den Deckeln vom Ankerkasten und der Backskiste.

Zunächst müssen entsprechende Aussparungen in den neuen Decksbelag geschnitten werden

 

so lange, bis die Beschläge sitzen

 

Gut abkleben und mit Sika einkleben und die Schrauben anziehen

 

Am Klebeband vorbei gequollenes Sika lässt sich recht einfach vom Felxiiteek entfernen

 

mit einem stumpfen Messer abkratzen und den Rest mit 40er Sandpapier abschleifen – wichtig! immer in Richtung der „Maserung“ schleifen

 

Die Klampen sind am einfachsten zu montieren. Sie werden in ihrer frisch geschnittenen Aussparung direkt aufs GFK geschraubt und verklebt. Dass die Klampen jetzt 5 mm tiefer stehen und nicht mehr direkt auf dem Decksbelag, bereitet optisch keine Probleme.

Die Schrauben müssen großzügig im Sika ertrinken

 

Nach der etwas mühsamen Befreiung vom Sika sehen die Klampen großartig aus

Alle weiteren Beschlägen „versinken“ in ihren neuen Ausschnitten – es müssen individuelle Lösungen gefunden werden.

Beherzt ein Loch ins neue Flexiteek schneiden – leider versinken die meisten Beschläge dann zu tief in der neuen Aussparung

 

Mit Hilfe einer Schablone stellen wir aus Glasfasermatte und Epoxy eine „Unterlegscheibe“ her

 

Durch viel Schleifarbeit entsteht so eine perfekte Scheibe von 3,5 mm. Die Epoxy-Scheibe wird in die Aussparung für den Beschlag geklebt und dieser steht dann etwas oberhalb des Deckbelags

 

Am Ende sitzt die Umlenkrolle elegant etwas erhöht auf dem Flexiteek

 

Bei den großen Umlenkblöcken für die Genua-Schoten lösen wir das Problem mit einem zugesägten Teakbrett

 

Und immer alles gut und großzügig mit Sika versiegeln

Dadurch, dass der neue Decksbelag nur noch 5 mm stark ist, statt früher der Holzbelag 15 mm, ergeben sich weitere Probleme. Alle Bolzen und Schrauben sind jetzt zu lang. Die meisten können nicht wieder verwendet werden, da sie sich sonst durch die Deckenverkleidung unter Deck bohren würden.
Auch unsere Relingsstützen sind davon betroffen. Die Abstandshalter, die früher die Stützenfüsse erhöht haben, sind jetzt zu flach. Hier gleichen wir die fehlenden Millimeter mit Resten des neuen Flexiteeks aus.

Zuschnitt der neuen Abstandhalter der zehn Relings-Füße

 

Jetzt sitzen die Relings-Füße wieder perfekt

Ganz zum Schluss müssen noch Sika-Fugen zwischen Fußreling, um die Luken herum und am Cockpit gezogen werden. Wir haben das noch nie gemacht, aber dank vieler Tipps aus dem Internet kann sich das Ergebnis sehen lassen.
– gut abkleben
– große Mengen Lappen und Latexhandschuhe bereit halten
– die Fugen großzügig mit Sika füllen – aber nicht zu viel, dann wird es Schweinkram
– mit einem Silikonspachtel glatt ziehen (zwischen Flexiteek und Fußreling)
– mit einem in Geschirrspülmittel getränktem Finger nachziehen ( an den Luken-Fugen)
– Klebeband entfernen
– Kleine Macken oder übergeschmiertes Sika erst nach vollständiger Aushärtung entfernen bzw. wegschleifen

Arbeitsaufwand Re-Montage komplett: 220 Stunden

Die Fugen rechts und links vom Flexiteek sind von uns

 

Eigener Arbeitsaufwand:  altes Teakholz entfernen, Demontage Beschläge, Luken Reparatur, Deck schleifen und zum Wiederaufbau vorbereiten: ca. 625 Stunden

Arbeitsstunden Deckaufbau (Fa. Norsand): 160 Stunden
Kosten (Arbeitslohn und Material): 3.900

Arbeitsstunden Flexiteek (Fa. Wilson): ca. 280 Stunden
Kosten (Arbeitslohn und Material): 22.700 

Sonstiges Material: 1.500

Kosten komplett: 28.100 Euro

Das fertige Deck nach sechs Wochen bei Tageslicht

Das Muster zieht sich konsequent durch – gut zu erkennen die Holzstruktur vom Kunststoff

 

 


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Heizung an – Maske runter

So.,18.Sep. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 3032, 24.696 sm von HH

Der gute alte Heizlüfter, noch aus Ostseezeiten an Bord, darf wieder schweigen. Seit zwei Wochen läuft jetzt die Bordheizung.  :-)
Eine kleine Diesel-Standheizung (8kw). Das China-Imitat von einer Eberspächer. Diese wurde uns von anderen Seglern empfohlen, die damit zwei neuseeländische Winter problemlos überstanden haben. Sieht aus wie das Original – kostet aber nur ein Bruchteil ( soll heißen, nur 10 Prozent).
Atanga hatte schon mal eine Heizung, die war allerdings irreparabel kaputt, als wir das Boot gekauft haben. Aber immerhin lagen schon die dafür benötigten Rohre, die warme Luft unterhalb der Bodenbretter und Sofas in alle Räume leiten.

Trotzdem war es für Achim noch reichlich Bastelarbeit. Der Auspuff der alten Heizung lässt sich nicht öffnen. Zugegammel. Einige Rohre hatten ebenfalls etwas gelitten und mussten erneuert werden. Aber jetzt passt es. Die Heizung befindet sich direkt hinter unserer Schlafkoje. Wie praktisch, denn dort bringt sie am meisten Wärme. Den An- und Ausschalter hat Achim direkt ans Bett gebaut. Somit braucht niemand die Füße auf eisige Bodenbretter setzten, um sie morgens anzuschalten.
Die Nächte sind schon arg kalt. Acht Grad, sechs Grad, manchmal nur vier. Da haben wir morgens auch nur noch neun Grad in der Bude. Brrr. Und die Feuchtigkeit ist natürlich auch nicht zu unterschätzen. Mindestens einen Liter atmen wir zusammen nachts ins Schiff. Dann bringt kochen viel Feuchtigkeit. Ohne Heizung würde uns alles wegschimmeln.
Tagsüber wird es bereits vorsommerlich warm. Dann braucht die Heizung nicht zu laufen. Luken auf, Wärme rein, Feuchtigkeit raus.

Ansonsten ist seit Mittwoch Corona in Neuseeland für beendet erklärt worden. Eins der Länder mit den strengsten Maßnahmen der Welt kehrt zu Normalzustand zurück. Jeder darf jetzt wieder nach Neuseeland reisen. Egal, ob geimpft oder nicht. Die Maskenpflicht ist abgeschafft – außer in Krankenhäusern.
Sofort machen 95 % der Leute davon Gebrauch und kommen ohne Maske in den Supermarkt. Eine Maskenmüdigkeit konnten wir ohnehin die letzten Wochen schon festzustellen. In kleinen Geschäften trug niemand mehr eine. Alle (!) (ungefähr zwölf) Mitarbeiterinnen in einem Handarbeitsladen trugen ein Abzeichen, dass sie per Ausnahmegenehmigung von der Maskenpflicht befreit sind. ;-)
Praktisch über Nacht sind alle Covid-Warn-Hinweis-Schilder verschwunden. Und davon gab es reichlich. Jeder Laden, jede Bude war zugepflastert. An einer Imbissbude von vielleicht zehn Quadratmetern haben wir 25 Warn-Hinweise gezählt. Das ist jetzt Geschichte.

Ministerpräsidentin Jacinda Ardern: „Statt das Gefühl zu haben, dass Covid diktiert, was mit uns, unserem Leben und unserer Zukunft passiert, übernehmen wir wieder die Kontrolle.“

Neuseeland scheint aufzuatmen. Wir tun es auf jeden Fall.


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Ein Traum in Kupfer – Teil 2

Mo.,05.Sep. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 3019, 24.696 sm von HH

Das tolle Vor-Frühlingswetter hält an und Aaron hält Wort. Zu dritt rücken die Arbeiter-Jungs an, um noch einmal Copper Coat auf den Rumpf aufzutragen. Zwei Tage darf es nicht regnen. Weder am Tag des Auftragens, noch am Tag danach. Da ist das Copper Cot zickig. Wasser würde das Kupfer auswaschen, solange die Schicht nicht komplett ausgehärtet ist.

Die erste, missglückte Kupfer-Schicht war bereits vor 14 Tagen mit 80er Schleifpapier an- bzw. abgeschliffen worden. Nun wird der Rumpf mit klarem Wasser und Lappen abgewischt. Vier Stunden und mehrere Durchgänge dauert es, bis das Wasser klar bleibt. Die ersten zwei Liter Epoxy werden ohne Beimischung von Kupferpulver aufgerollt. Ein übliches Verfahren bei Copper Coat Reparaturen oder auch bei einer Erneuerung nach zehn Jahren.
Den restlichen Litern wird jeweils zwei Kilo Kupfer beigemischt – wie beim ersten Mal. Zwei Arbeiter rollen, einer mixt und hält das Kupfer bei Laune, dass es gleichmäßig im Epoxy verteilt bleibt.
Am späten Nachmittag ist es geschafft – Atanga glänzt noch feucht in der Abendsonne. Was für ein schöner Anblick.

Der Rumpf geschliffen und gewaschen – an vielen Stellen bleibt noch eine gute Schicht Kupfer übrig

Ein Tau-Tropfenfänger wird noch angebracht

Kaum zu glauben – aber das funktioniert sehr gut mit Klebeband

Die Spiele beginnen – Teil 2

Aaron rollt Copper Coat

Noch nass glänzt der Rumpf in der Abendsonne

Am nächsten Tag entfernt Aaron das Klebeband, was als Tropfenabweiser von nächtlichem Tau gedient hat. Das hat überraschend gut geklappt – nur ein Wassertropfen hat nachts seinen Weg gefunden und einen hellen Streifen auf dem neuen Kupferbelag hinterlassen. Egal.

Am nächsten Morgen trifft uns der Schlag. Der Nacht-Tau hat sich mal richtig ausgetobt. Atangas Kupfer-Rumpf ist mit hellen Streifen übersät. Einige Tropfen sind blau. Ein sicheres Zeichen – im Wasser befindet sich Kupfer II. In anderen Tropfen findet sich noch ein Stecknadelkopf großer rötlicher Kupferpunkt.
Wir gucken uns entsetzt an – kann das richtig sein? Ist auch der zweite Copper Coat Anstrich schief gelaufen? Wurde der Tropfenabweiser zu früh entfernt? Fragen über Fragen. Leider ist Sonntag und wir können Aaron nicht befragen.
Wir sind sehr aufgeregt. Nur andere Bootsbesitzer mit eigener Kupfer-Erfahrung können uns etwas beruhigen. Das ist nix schlimmes.

Zuerst der Schock – dann Entwarnung – das Weiße lässt sich wegschleifen – keine Auswaschungen vorhanden

Laufspuren mit Kupfer II

Am Montag zeigen wir Aaron das Drama. „Nein, alles ist in Ordnung. Ich beweise euch das. Ich schleife mit 320er die Streifen einfach weg.“
Sprach‘s und tatsächlich, alles ist gut.
Bevor Atanga ins Wasser kommt, muss der Rumpf sowieso noch angeschliffen werden, um das Kupfer zu ‚aktivieren‘. Danach werden die Streifen verschwunden sein. Wir atmen auf. Somit ist das Thema Rumpfsanierung abgeschlossen. Am Ende gereicht uns das Drama nicht zum Nachteil. Wir haben nahezu eine doppelte Lage Interprotect auf dem Rumpf (sieht man vom Materialverlust ab, der beim Schleifen runter kommt), eine dünne Schicht Copper Coat und eine reguläre Schicht Copper Coat. Alles sind wasserdichte Lagen, die unseren Rumpf großartig trocken halten sollten.
Und durch die zusätzlichen Schleifarbeiten ist der Rumpf glatt wie ein Popo und hat eine wunderbare Form erhalten. Alle Unebenheiten nach dem Spachteln hätten nicht besser weggeschliffen werden können. :-)
Wir schlafen gut in dieser Nacht.

Zweimal ist ganz furchtbar etwas schief gelaufen. Zweimal wurde der Schaden vom Yard anstandslos (naja, ein paar harsche Worte waren gefallen – aber alles ist sehr zivilisiert abgelaufen) in Ordnung gebracht.
Neben einer Material-Vergeudung von über 4.500 NZ$ (2.700 Euro) sind auch noch 60 bis 70 Mannstunden für die Schadenbeseitigung nötig gewesen. Das lässt man uns nicht spüren. Im Gegenteil. Aaron hat sich so mit uns gefreut, dass jetzt alles in Ordnung ist. „Ich kann endlich wieder gut schlafen.“


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Der Rauswurf

Mi.,31.Aug. 22, Neuseeland/Waikaraka, Tag 3014, 24.696 sm von HH

Unser Aufenthalt im „Ferienhaus“ soll etwas abrupt beendet werden. Eine SMS reißt uns vom Sofa runter. Aber der Reihe nach …

An Tag vier ist der Muskelkater weitestgehend verschwunden. Wir können wieder anständig laufen. Das gute Wetter hält an, wir entscheiden uns für die härteste Strecke in der Umgebung: ‚Bream Headland Loop Track‘. Acht Kilometer, 470 Höhenmeter. Die Kommentare loben den Track in den höchsten Tönen, aber die Bezeichnung „grausame Stufen“ fällt ebenfalls häufig.

Es beginnt milde zwischen einem Wald und Weidelandschaft. In Serpentinen schlängeln wir uns langsam höher. Je nachdem, ob der Weg auf der sonnigen Bergseite liegt oder im Schatten, wechselt der Bewuchs von Nadelwald und seinen trockenen Begleitern zu urigem Neuseelandwald mit Baumfarnen, nass und moosig.

Es fängt entspannt an

Schon bald erscheinen die ersten Treppen. Heijeijei. Diesmal zum Glück unbeschriftet. Das bringt weniger Frust. Gefühlt sind bestimmt so viele Stufen wie am Lions Head. Aber trotz mehr Höhenmetern ist die Strecke nicht so bissig. Zwischen den Treppen gibt es Strecken über Felsen und Wurzelgewirr. steil und anstrengend, aber sehr abwechslungsreich. Am Gipfel diesmal eine wolkenfreie Aussicht, die den Namen verdient.

mal über Steine und Felsen hindurch

mal Wurzelweg

mal Treppen

Das ist übrigens der Lion Head – vor ein paar Tagen bestiegen

Optimales Wetter und Temperaturen – ungefähr 15 Grad

Steil schrauben wir uns wieder abwärts und landen schließlich an einem weißen Puderzuckerstrand. Mehr Abwechslung geht fast nicht. Eine tolle Wanderung.

Schöne Aussicht zwischendurch

Das Ende der Wanderung – toll

Am nächsten Tag (unfassbar – der 6. Tag in Folge ohne Regen – so ein Wetterfenster gab es seit zwei Monaten nicht), steht der Strand auf dem Programm, den wir gestern von oben gesehen haben.
Leider ist uns nach der ersten Bucht der Weg versperrt. Von oben sehen die Klippen gut überwindbar aus, aber auf der anderen Seite geht es senkrecht runter. Keine Option für uns. Und außen an den Felsen vorbei, versperrt uns das Meer den Weg.

Diesen Strand wollen wir erlaufen – leider scheitern wir an den ersten Klippen

Wir versuchen es über die Düne und über die Felsen am Strand

Im Hintergrund – Bream Head – unser Gipfel von gestern

Kein Vorbeikommen an den Klippen

Übrigens liegt an Neuseelands Stränden kein Plastikmüll. Von Strömungen gesegnet, scheint kein Fremdmüll hier anzulanden. Es ist traurig, dass man dies erwähnen muss, aber es sind unsere ersten Strände seit Jahren, die so aussehen, wie es sein müsste. Frei von Müll!

Wir geben den Strand also auf, bummeln noch ein wenig mit dem Auto über die Dörfer und machen es uns dann am frühen Nachmittag mit Tee und Keksen auf dem Sofa gemütlich.

Plötzlich piept das Handy: „Wir kommen einen Tag früher aus dem Urlaub zurück. Heute Morgen wurde überraschend unser Flug (Südinsel) auf heute umgebucht. Wir kommen um 15.30 Uhr. Wir entschuldigen die Unannehmlichkeiten und hoffen, ihr habt ein Bett für heute Nacht. Macht Euch keinen Kummer um eine Reinigung, Morgen kommt sowieso jemand zum Putzen.“

Na, die sind ja witzig. Und was wäre, wenn wir keine Übernachtungsmöglichkeit hätten? Etwas lapidar das Ganze. Wir gucken uns an. Dann kommen unsere Gastgeber ja schon in 45 Minuten zurück! Wir haben das junge Paar bei der Bewerbung um das House Sitting kurz kennen gelernt. Nette Leute, aber jetzt sind wir sauer und wollen die beiden auf keinen Fall sehen.  Wir raffen in Windeseile unsere Sachen zusammen. Das glaubt doch niemand, dass eine Airline morgens einen Flug um einen Tag vorverlegt. Und warum erst so spät die SMS? Und wie können sie jemanden zum Putzen für Morgen haben, obwohl wir hier wohnen …
Die beiden haben bestimmt ihr Rückkehrdatum verdaddelt, da wir auch schon einen Tag früher kommen sollten als ursprünglich in der Anzeige stand.
Dann beruhigen wir uns wieder. Für uns ist es ja egal, wir sind in zwanzig Minuten beim Schiff und brauchen einfach nur umzuziehen. Und es erspart uns das Saubermachen der Bude. Der Staubsauger bleibt ungenutzt in der Ecke stehen.


22

Ferienhaus-Feeling

So.,28.Aug. 22, Neuseeland/Waikaraka, Tag 3011, 24.696 sm von HH

Die Stufen vom ‚Lions Head‘ bringen Muskelkater. Besonders in den Oberschenkeln beim Abwärtslaufen. Also suchen wir uns für die nächsten zwei Tage flaches Gebiet. Unser Leih-Haus steht in zweiter Reihe am Fluss. Hier ist der Hatea schon weitläufig, kaum noch als Fluss zu erkennen. Leider reichen die Nachbargrundstücke bis ans Ufer. Dort zu laufen, ohne über Privateigentum zu stapfen, ist fast nicht möglich. Oder man endet in den Mangroven. Wir verwerfen diese Idee.

Nur kurze Abschnitte ist ein Spaziergang am Flussufer möglich

Tolle Häuser stehen in der Nachbarschaft

Unser Haus für eine Woche ist nicht nur von außen etwas nüchtern

Einen Ort weiter finden wir zufällig eine schöne Rundstrecke – ebenerdig, wichtig! – durch Wald und Mangroven.

Im Nachbarort werden wir fündig – ein Rad-Wander-Weg führt durch Mangroven und Wald

Nette Strecke

Mangroven zur Ebbe

Wald-Selfie

Zur Belohnung gibt es Fish and Chips – der Fastfood Klassiker in NZ

Den zweiten Tag trauen wir uns schon wieder schon ein paar Hügel zu. Die finden wir an der Mündung vom Hatea. Das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite – den dritten Tag in Folge keinen Regen!

Den nächsten Tag geht es ans Meer – Smugglers Bay

Picknick mit Aussicht und dazu T-Shirt-Wetter – besser geht es nicht

Unser House-Sitting fühlt sich an wie ein Ferienhaus. Von den anderen Häusern aus sind wir ja täglich zum Schiff gefahren, um zu arbeiten. Diesmal machen wir das nicht. Mal was anderes sehen als die Werkzeugkiste, so lautet der Auftrag.
Das Haus ist etwas trist eingerichtet. Alle Wände, Fenster und Türen sind im gleichen Beige-Ton gestrichen. Die Fliesen sind beige, der Teppich ist braun, die Wände sind kahl. Das ergibt sowieso schon eine kühle Atmosphäre und dazu kommt, die Heizung funktioniert nicht. Brrr, damit hatten wir nicht gerechnet. Als wir einziehen (der Schlüssel lag unter der Fußmatte, wie vereinbart), stehen alle Fenster offen. Durchzug im ganzen Haus. Jetzt ist uns klar warum: der einzige Weg Schimmel zu vermeiden.
Morgens heizt sich das schlecht isolierte Haus (alles Pappwände und einfache Fenster – üblich in Neuseeland) in der Sonne schnell auf. Aber ebenso schnell geht die Temperatur mit Sonnenuntergang auch wieder runter. Nachts haben wir im Augenblick so um die 10 bis 12 Grad – also gar nicht so furchtbar kalt.
Dreifach T-Shirt und Pulli-Alarm. Plus Decke abends auf dem Sofa. Unweigerlich müssen wir an Deutschland im Winter denken. Uns erscheinen 19 Grad zu wenig, um sich richtig wohl zu fühlen. Für eine Woche ist es uns jetzt aber egal. Das Haus ist ansonsten okay und die Lage ausgezeichnet. Und wer Zola auf dem Schoß liegen hat, bekommt eine extra Wärmflasche.

Alles etwas schmucklos

https://atanga.de/wp-content/uploads/2022/09/Aber-fuer-eine-Woche-mehr-als-okay-an-der-Wand-die-defekte-Waermepumpen-Heizung


4

House Sitting auf dem Land

Fr.,26.Aug. 22, Neuseeland/Waikaraka, Tag 3009, 24.696 sm von HH

Um dem Heizlüfter an Bord und dem täglichen zwanzig-maligen Leiter-rauf-Leiter-runter zu entkommen, ziehen wir um. Ich habe uns etwas außerhalb von Whangarei ein Haus Sitting nur mit Katze ausgesucht. Zum einen sind Katzen unsere Freunde, zum andern hat man wenige Verpflichtungen. Zola ist Freigängerin und im Grunde werden wir nur als ihre Dosenöffner benötigt.
Die zierliche Katzendame ist extrem zutraulich, leider wenig verspielt, aber ein absolutes Schoßtier. Kaum sitzen wir auf dem Sofa, steht sie zur Stelle. Hüpf, und sie liegt zusammengerollt auf dem Schoß. Egal wo, egal wer.

Schmusekatze Zola

Das Haus befindet sich direkt am Hatea River, etwas ländlich gelegen und nicht weit entfernt von den schönsten Wanderungen in der Umgebung von Whangarei. Wir beginnen mit dem ‚Lions Head Track‘. Laut Routen-Beschreibung geht es steil bis auf 350 Meter hoch. „Medium“, behauptet die App ‚All Trails‘. In der Beschreibung fehlt, dass es so steil ist, dass die Höhenmeter fast ausschließlich über Stufen zu überwinden sind.

Irgendein Witzbold hat jede hundertste Stufe beschriftet. Bei 400 fangen wir an zu rechnen. Die ersten hundert Höhenmeter gab es geschenkt. Über eine Rinderwiese ging es gemäßigt steil voran bis zur ersten Treppe. Wenn jetzt also noch 250 Meter fehlen und  vier bis fünf Stufen auf einen Höhenmeter kommen (die Stufen sind etwas zu hoch, um als komfortabel durchzugehen – die meisten haben über 20 cm) bedeutet das in Summe ja über tausend Stufen! Au weia.

Die ersten hundert Höhenmeter geht es einfach über eine Weide

Letzte Aussicht bevor die Wolken kommen

Na- wer schnauft denn da auf Stufe 500?

Nur wenige Abschnitte sind ohne Steigung – und vor allem ohne Stufen

Bei 1100 möchte ich aufgeben. Die Oberschenkel brennen, das Herz klopft, der Schweiß rinnt. Aussicht gibt es auch keine mehr. Wir sind seit geraumer Zeit eine Nebelwolke eingetaucht. Wozu der Mist?
„Es kann nicht mehr weit sein“, lockt Achim mich. Okay, weiter machen. Bei Stufe 1203 sind wir am Gipfel angekommen. Jetzt bitte die Belohnung: eine tolle Aussicht! Daraus wird leider nichts – aus Nebel ist leichter Sprühregen geworden.

Der bittere Lohn für die Quälerei

Für Ungläubige steht 1200 gleich zweimal da – es sollen noch drei Stufen folgen

Da wir nicht wissen, ob die fette Wolke gleich vorbei gezogen ist oder es sogar schlimmer wird mit dem Regen, treten wir direkt den Rückzug an. Bei Stufe 700 zieht es wieder auf. Nein, für kein Geld der Welt bekommt man uns da wieder hoch. 1203 Stufen abwärts sind übrigens auch kein Vergnügen. Mit leichten Wackelbeinen sind wir froh, wieder auf der Kuhweide zu stehen.  ;-)

Wieder unten auf der Wiese – schönstes Wetter


1

Winter in Neuseeland

Fr.,26.Aug. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 3009, 24.696 sm von HH

Winter in Neuseeland ist wie Himmel und Hölle in einer Jahreszeit. Wenn es regnet – und es regnet viel – dann wird auch gleich geklotzt: 10 mm, 15 mm oder mehr. Gerne tagelang und begleitet von stürmischen Winden. Dieses Jahr soll der regenreichste Winter seit Wetterbeginn gewesen sein, hören wir von allen Seiten. Der Juli war auch wirklich sauig – der August zeigt sich etwas besser.

An schönen Tagen ist das spontan vergessen. Die Sonne hat Kraft, sofort kann die Temperatur bis 18 Grad ansteigen. Diese Tage, die jeder liebt. Sie sind wie die ersten warmen Tage im März nach einem langen Winter in Deutschland. Diese Tage an denen man die Welt umarmen möchte, wenn  die Sonne Krokusse aus der Erde kitzelt.

Das Schönste am neuseeländischen Winter ist, dass er grün ist. Zumindest auf der Nordinsel. In tiefen Lagen gibt es keinen Frost. Niemals. Es kann nachts auf drei Grad runter gehen, das war’s. Das Meer ist mit 15 Grad auch noch verhältnismäßig warm.
Ganzjährig muss Rasen gemäht werden und irgendwas blüht immer. Kamelien als Straßenbäume im Juli. Die sehen aus, als ob jemand Pfingstrosenblüten in einem Baum verteilt hätte.

Kamelien als Hecke – kleinwüchsige Bäume – übersät mit Rosen-oder Pfingstrosen ähnlichen Blüten

Gefüllte Sorte – hier Sweet Emma

Ungefüllte Kamelie

Sorte Takanini

Knospe – wie vom Bauernmarkt

Magnolien blühen jetzt im August. Die Taiwan Kirschen leuchten schon von weitem. Übersät mit Blüten in lila-pink. Daneben Korallenbäume in orangerot.

Taiwan Kirsche – Prunus campanula

Wunderschöne Blüten

Korallenbaum – Erythrina

Beide Bäume gelten allerdings als Pest-Pflanze in Neuseeland. Sie vermehren sich prächtig und verdrängen endemische Pflanzen. Die Liste von Pest-Pflanzen ist endlos lang. Sie auszurotten ein Kampf gegen Windmühlen. Bei der Taiwankirsche tragen Vögel die Samen weiter. Der Korallenbaum ist steril, aber durch Gartenabfälle vermehrt er sich ungebrochen vegetativ.

Die meisten Bäume behalten ihre Blätter im Winter, nur einige Laub-Abwerfer von der Nordhalbkugel stehen zurzeit kahl da. Der Umzug von Pflanzen in den Süden sorgt für Verwirrung. Wir haben trotzig blühende Rhododendren im Mai gesehen. Das dürften sie eigentlich gar nicht. Die Triebkraft von Pflanzen wird durch Temperatur und Tageslichtdauer gesteuert. Ein Sommer-Wachser treibt aus, sobald die Tage länger und wärmer werden. Unser Rhododendron weiß das offensichtlich nicht oder hat das vergessen. Scheinbar ist die innere Uhr von Pflanzen schwerer zu überlisten als man denkt. Somit läuft hier optisch einiges durcheinander.
Am einfachsten eine Nordpflanze auf die Südhalbkugel zu trainieren, funktioniert, wenn die Pflanze als Saat nach Neuseeland kommt. So ein Rhododendron sollte dann anständig im Frühling – im November – blühen.

Ich mag den neuseeländischen Winter. Er ist kurz und mild – in vier Wochen ist schon Frühlingsbeginn. Aber es könnte ein kleines bisschen weniger Regnen.


18

Wie es jetzt weiter geht – Pläne 22/23

Fr.,19.Aug. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 3002, 24.696 sm von HH

„Wann kommt Atanga ins Wasser? Was macht ihr als nächstes? Hoffentlich könnt ihr bald wieder segeln!“ Diese Fragen und Wünsche trudeln bei uns ein.
Dabei wollen wir gar nicht segeln. :mrgreen:  Deshalb werden wir auch nicht halb verrückt, dass das Unterwasserschiff noch nicht fertig ist. Und weil das Unterwasserschiff nicht fertig ist, haben wir noch nicht den Mast stellen lassen – wer weiß, ob nicht noch einmal die Halle ruft.
Fairerweise muss man sagen, dass das Wetter für Coppercoat  bisher auch nicht geeignet war: entweder ist es zu kalt oder es regnet. Das wechselhafte Wetter ist auch der Grund, warum wir nicht scharf darauf sind, dass Atanga ins Wasser zurück kommt. Alle paar Tage ziehen ein Sturm oder zumindest stürmische Winde über Neuseeland hinweg. Nicht ideal, um irgendwo am Anker zu hängen. Aber auch nicht so toll, um an Land zu stehen. Morgens barfuß ( auf das schöne, neue, saubere Flexi kommen mir (noch) keine Schuhe ;-) ) über das nasse Deck und die kalte Aluleiter zu klettern, ist eine ‚geht-so-Erfahrung‘. Die Duschen und Toiletten sind ungeheizt. Das geht gemütlicher. Der Hochwinter kann garstig sein.

Also haben wir uns Ende August ein House Sitting mit Katze gesucht. Zwar nur für eine Woche, etwas außerhalb von Whangarei, aber mal etwas anderes sehen und eine Woche Urlaub machen.

Vielleicht finden wir im September noch ein anderes Sitting, ansonsten geht es aufs Schiff zurück, Kleinigkeiten basteln und einfach nur wohnen. Der Winter geht dem Ende entgegen. Es sollte beständiger und wärmer werden.

Im Oktober – jetzt ist bereits Frühling – haben wir drei Wochen das Haus von Dina, unsere letzte AirB&B Unterkunft, angeboten bekommen. Drei Wochen wohnen ohne jegliche Verpflichtung. In diesem tollen Haus, gut ausgestattet, mit Aussicht über die gesamte Bucht. Keine Haustiere und keine Gartenpflege – Dina möchte einfach nur, dass es bewohnt ist, während sie im Urlaub ist. J
Diese Zeit wollen wir auf Atanga arbeiten. Es gibt im Inneren noch genug zu lackieren: Leisten, Griffe und Kanten haben es nötig. Und Achim wird ein neues Solarpanel installieren.

Im November ist dann Urlaubs-Vorsaison in Neuseeland. Wir wollen dann mit unserem Auto die Nordinsel zu bereisen. Vier, fünf Wochen haben wir geplant. Kurz hatten wir die Idee, ob wir ein Wohnmobil mieten, aber die Preise sind närrisch: 300 Euro am Tag, plus Sprit, plus Standgebühren. Wir werden aufs Zelt zurück greifen müssen, vielleicht mal eine Cabin mieten.
Wir haben uns gut überlegt, dass wir nicht mit Atanga um die Insel reisen. Wir sind überzeugt, dass wir mit dem Auto mehr sehen und es deutlich einfacher und sicherer ist. Auf der Westseite von Neuseeland gibt es keine Häfen oder Ankermöglichkeiten. Das Wetter ist auch im Sommer häufig rau und unbeständig. Die Angst um den Kahn (jetzt wo er doch so schön ist) trübt die Urlaubsfreuden. Also, Atanga muss zu Hause bleiben.

Die Nordinsel – nur den nördlichsten Zipfel haben wir bisher gesehen – da fehlt also noch eine Menge

Im Dezember und Januar ist Hochsaison. Da wohnen wir auf dem Schiff. Es wartet noch Sommerarbeit auf uns: die Zierstreifen am Rumpf sollen gepinselt werden und unser fester Unterteil unter der Sprayhood (mal in Ecuador provisorisch repariert), benötigt erneut Zuwendung.

Kein Dreck – schlimme Auskreidungen am Zierstreifen – da soll unter anderem neu

Im Februar/März möchten wir auf die Südinsel reisen.  Wieder mit dem Auto.

Im April soll Atanga dann endlich ins Wasser. Denn spätestens am 8. Mai 2023 müssen wir Neuseeland verlassen. Dann sind genau 1,5 Jahre um und eine weitere Verlängerung unseres Visums ziemlich ausgeschlossen. Ob das mit dem Visum so klappt bis Mai 2023 ist allerdings eine unbekannte Größe. Wir hatten bei der Ankunft ein Visum für sechs Monate erhalten. Das haben wir im Mai neu beantragt. Die Begründung war, dass das Schiff nicht schwimmfähig sei und wir deshalb zum Ender der Zyklonsaison (Mai) leider, leider nicht ausreisen können. Auf unseren Antrag haben wir keine Antwort bekommen, außer dass wir ein vorläufiges Visum erhalten haben, was maximal 6 Monate gültig ist. Somit sind wir zumindest mal legal im Land.
Die Immigration-Behörden sollen unterbesetzt und total überlastet sein. Daher nur das vorläufige Visum. Ob wir bis zum Ablauf der sechs Monate etwas hören? Man weiß es nicht.
Im November würden wir dann erneut einen Antrag für weitere sechs Monate stellen. Diesmal mit der Begründung, dass die Zyklonsaison schon begonnen hat und wir deshalb nicht das Land verlassen können. Vor Corona haben diese Begründungen bei Seglern gut funktioniert. Also, heißt es hoffen, dass es auch bei uns so klappt. Ein Plan B existiert im Augenblick noch nicht. :shock:


29

Zurück an Bord

Sa.,13.Aug. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2996, 24.696 sm von HH

Atanga ist aus der Halle raus und wir wohnen wieder an Bord. Das ist schön. Das ist aber auch schlecht. Der schöne Teil, wir haben unsere Privatsphäre zurück. Wohnen in einem Air B&B verbiegt das eigene Leben schon ganz gewaltig. Die letzten fünf Wochen haben wir dauerhaft bei Dina und Andreis gewohnt. Ein schönes Haus, ein tolles eigenes Bad – nette, höfliche Gastgeber. Wir haben uns gut verstanden und auch so manchen Klönschnack gehalten. Für uns Dauerbewohner haben sie den Preis auf 50 NZ$ (30 €) gesengt. So weit, alles super. Aber ich habe mich bis zum Schluss nicht daran gewöhnen können, dass die beiden vor dem Fernseher sitzen, während wir unser Abendessen kochen. Können wir deutsch zusammen sprechen oder ist das unhöflich? Oder wenn Freunde zu Besuch am Esstisch sitzen und wir für die gesamte Mannschaft „Show Kochen“ veranstaltet haben. Dabei kennen die Freunde der beiden es ja, dass immer auch mal Fremde im Haus herum wurscheln. Für uns ein merkwürdiges Gefühl. Wir haben immer nur schnell, schnell etwas zubereitet und ab auf unser Zimmer. Flimmerkiste an. Puh, anstrengend und öde.

Es geht doch nichts über die eigenen vier Wände, auch wenn sie schief sind …

Tolle Wohnküche

Bei Dina und Andreis – der Blick von der Küche ins Wohnzimmer

Dinas Ordnung – Faszination und Bewunderung und Entsetzen in Einem

Der schlechte Teil am zu Hause wohnen: 1. Atanga ist noch nicht fertig. 2. Es ist sau kalt. 3. Und die Energie ist raus. Direkt einen Tag nach dem Umzug. Als ob jemand den Stöpsel in der Badewanne gezogen hat. Im Strudel (und er dreht sich hier tatsächlich entgegengesetzt zur Nordhalbkugel ;-) ) des Abflusses wird uns unsere Tatkraft ausgesogen. Und plötzlich motzen wir miteinander. Sieben Monate haben wir friedlich (ja tatsächlich, es gab überraschend wenig Zeck) nebeneinander gearbeitet und jetzt finden wir uns nervig. Satt uns am neuen Deck zu freuen, werden Kleinigkeiten zum Stresstest.

Das Deck – endlich bei Tageslicht

Unser Cockpit noch mit echtem Teak – alles mal geschliffen – grad noch rechtzeitig vor dem Neubezug

Eine neue Sprayhood gab es auch – die ist sehr schön geworden und passt hervorragend

Mit diesen schönen Aussichten sollten wir glücklich und friedlich sein.

Nach vier Tagen ziehen wir die Reißleine. Abstand vom Boot. Was anderes sehen. Wir lassen das Chaos auf dem Schiff Chaos sein und gehen raus.

Zustände wie dieser zerren an den Nerven – wohin mit dem Mist? – wegwerfen! – halt das wird noch gebraucht. Abend verschwindet alles im Vorschiff, um morgens wieder hervor geholt zu werden

Ein schöner Spaziergang im Quarry Garden. Shoppen. Einen neuen Wasserhahn für die Küche kaufen. Wanderschuhe anprobieren und dann doch nicht kaufen. Und ich koche uns leckere Sachen, die wir lange nicht hatten. Jetzt wo ich schreibe, liegt eine Lammkeule im Ofen. Die wird mit Niedertemperatur-Garen fünf Stunden vor sich hin garen. Das hat den schönen Nebeneffekt, dass die Bude geheizt wird. Unsere kälteste Nacht in Neuseeland hatten wir vor zwei Nächten. Drei Grad. Tagsüber ist es ebenfalls kalt, neun Grad, gefühlt wie sechs, sagt der Wetterbericht. Der Wind ist schneidend kalt, nur wo die Sonne hin scheint, ist es schön.

Im Augenblick heizen wir mit einem Lüfter. Die Dieselheizung hat Achim zwar fertig eingebaut bekommen, aber der vorhandene Auspuff lässt sich nicht öffnen. Atanga hatte bereits eine Heizung als wir sie gekauft haben. Somit lagen schon die Rohre, die die warme Luft im Schiff verteilen sollen. Die Heizung selber war defekt und da wir sie nie gebraucht haben, wurde sie raus geworfen und bis jetzt nicht ersetzt. Leider ist der Deckel auf dem Auspuff-Auslass so zugerottet, dass er mal eben nicht zu lösen ist. Der Chef arbeitet dran. Bis dahin muss der Lüfter es richten.

Und der Rumpf? Wie versprochen hat Aaron letzten Samstag das Blasen übersäte Copper Coat abgeschliffen. Die Kanten, die von Hand geschliffen werden, sollten den Montag folgen. Das ist nicht passiert. Aber wir haben sein Ehrenwort, dass Atanga nicht in Vergessenheit gerät.

Die Stimmung hebt sich gerade wieder. Es wird jetzt nur noch Halbtags gearbeitet. ;-)

Das noch nicht fertige Schiff macht Stress – Einbau der neuen Ventile mit schwerem Gerät

Viel Platz ist nicht unter dem Waschbecken im Bad

 


21

Der Kupfertraum  ist ausgeträumt

Do.,04.Aug. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2985, 24.696 sm von HH

Die Ereignisse überschlagen sich. Die Freude über unsere kupferfarbene Schönheit ist noch warm, da erscheint Aaron in der Halle. „Ich muss mit euch sprechen. Wir haben ein Problem“. Ich bin gerade oben an Deck und mir wird ganz schummerig. „Eurer Copper Coat schlägt Blasen. Erst dachte ich, dass sie sich zurück bilden. Aber leider nein.“
Achim und ich hatten unabhängig von einander ebenfalls die Mikro kleinen „Bobbel“ gesehen. Ebenfalls unabhängig von einander haben wir sie für Staub gehalten und ihnen keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ja, noch nicht einmal drüber gesprochen. Dass es jeden Tag mehr geworden sind, ist uns nicht aufgefallen. Aber Aaron hat es beobachtet.
„Ich muss das Copper Coat zum Teil wieder runter schleifen“, lautet die Horror-Meldung. „Wahrscheinlich hat das Interprotect noch ausgegast. War wahrscheinlich nicht trocken genug. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir zweimal bei euch gesprayt haben. Ich weiß es nicht, aber so kann es nicht bleiben. Kratzt man die Bläschen auf, kommt auf jeden Fall Interprotect zum Vorschein.“

Nein, bitte nicht! Doch!

Zum Glück müssen wir dafür nicht in der Halle bleiben, sondern können wie geplant am Samstag aufs Schiff zurück ziehen.
Der Rumpf wird dann draußen geschliffen. Und auch die vier neuen Lagen Copper Coat werden draußen aufgerollt. Das ist durchaus üblich. Das einzige, was man braucht, sind zwei Regen freie Tage. Im Winter in Neuseeland schwer zu finden … aber irgendwann wird es dieses Wetterfenster wohl geben. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
Aaron ist sichtlich zerknirscht. Mehrfach beteuert er, dass wir natürlich nichts bezahlen müssen. Und dass wir auch nicht nach draußen geschoben und vergessen werden. Gleich am Samstag wir er den Rumpf abschleifen. In seiner Freizeit.

verflixt und zugenäht. Da ist doch der Sabotage-Teufel in unserem Rumpf unterwegs. Oder haben wir einen Klabautermann geärgert?

Die Bläschen sind kleiner als Stecknadelköpfe


9

Ein Traum in Kupfer

Di.,02.Aug. 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2985, 24.696 sm von HH

Heute erfolgt der letzte Arbeitsschritt am Rumpf von Atanga. Statt herkömmlichen Antifoulings haben wir uns für Copper Coat entschieden. Die Meinungen gehen über Copper Coat weit auseinander. „Totaler Mist“, sagen die, bei denen es schief gegangen ist. „Beste Sache der Welt“, finden die, bei denen es funktioniert.

Der Vorteil von Copper Coat ist die Haltbarkeit – 10 Jahre werden versprochen. Manche Eigner berichten von längeren Zeiten. Normales Antifouling gibt, je nach Fahrgebiet, bereits nach 1,5 Jahren auf und hat einen Krantermin zur Folge.
Der Nachteil von Copper Coat ist der hohe Preis und die etwas stressige Art des Auftragens. Wir haben fürs Material 1.700 Euro bezahlt, dazu kommen drei Mann à sieben Stunden Arbeit, also weitere 800 Euro (in Neuseeland mit niedrigen Stundenlöhnen). Je nachdem zu welchem Preis man herkömmliches Antifouling kaufen kann und weniger Kosten für Kran-Termine, rechnet sich Copper Coat nach ungefähr drei bis vier Jahren.

Ein weiterer Grund, warum sich noch wenige Boote mit Copper Coat finden, ist dass der Rumpf komplett von altem Antifouling befreit sein muss. Eine Schweine-Arbeit, die sich nicht jeder antun mag. Da unser Rumpf ja nun jungfräulich da steht, fiel uns die Entscheidung pro Copper Coat recht leicht.

Copper Coat besteht aus drei Komponenten: einem halben Liter Epoxy Harz, einem halben Liter Härter und zwei Kilo reinem Kupferpulver.

Die Copper Coat Komponenten

Diese drei Komponenten werden gemischt und ab dann muss die Mixtur bei Laune gehalten werden. Das Kupferpulver ist schwerer als die Flüssigkeiten, will also auf den Grund absinken. Das darf nicht sein, da das Kupfer natürlich gleichmäßig verteilt werden soll. Ein Arbeiter ist nur zuständig fürs mixen und rühren. Die beiden anderen tragen mit normalen Farbrollen das Copper Coat auf den Rumpf auf.

Das Zeug muss permanent aufgerührt werden

Die zweite Besonderheit ist, dass das Copper Coat nass in nass aufgetragen werden muss. Die Schichten müssen gerade noch klebrig sein, dann folgt bereits die nächste Lage. Je nach Temperatur können die Jungs da schon mal ins Schwitzen kommen. Gegebenenfalls muss dann sogar mit vier Personen gearbeitet werden.

Die erste Lage ist noch blass rosa – das wird – nicht nervös werden

Lage zwei – sieht schon besser aus

Gute Wintertage in Neuseeland bringen 16 bis 19 Grad auf die Uhr. Optimal für Copper Coat. Die Oberflächen trocknen nicht zu schnell, aber grad schnell genug, dass die vier Lagen vor dem Dunkel werden aufgetragen sind.

Lage drei

Lage vier – da steht es nun – unser kupferrotes Wunder – noch etwas feucht

Es läuft optimal. Somit ist Atanga nun tatsächlich „fertig“. Am Freitag wird sie aus der Halle geschoben, am Samstag endet unser Air B&B und wir ziehen aufs Schiff zurück – nach drei Monaten, zwei Wochen und fünf Tagen. Wir hatten mit sechs, vielleicht acht Wochen gerechnet. :mrgreen:

Am nächsten Tag – getrocknet – die Schlieren bleiben und sind normal ;-)


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