Monat: Oktober 2017

Sizilische Geschichten (2): Die größte Segelyacht der Welt. Oder: Von Schönheit und Häßlichkeit.

Sciacca ist eine 40.000-Einwohner-Stadt, wie es so manche an der Südküste Siziliens gibt.
Man lebt überwiegend von Landwirtschaft und Fischfang, isst hervorragend und lässt den lieben Gott einen netten Mann sein. Weil ich mit Levje hier überwintere, drum berichte ich lose in den Sizilischen Geschichten über diesen Ort und seine Menschen. Denn Sciacca ist überall.

Und dann liegt sie plötzlich an diesem Morgen vor der Stadt: Die „A“, so heißt sie. Die größte Segelyacht der Welt. Als hätte sie irgendein Sonnensturm von einem anderen Planeten vor den Hafen von Sciacca geweht. Um sie zu beschreiben, lässt man am besten die Erotik der nackten Zahlen wirken: 
Über 140 Meter lang. 
Acht Stockwerke hoch.
Jeder der gekrümmten Masten ist über 90 Meter lang, fast ein Fußballfeld. Und steht frei, ohne Wanten und Stagen.
Platz für 20 Gäste. Um die sich 54 Besatzungsmitglieder kümmern.
Segelfläche der drei Segel? Ob 3.000 Quadratmeter reichen. Wohl kaum. Es sind deutlich mehr als 30 100-Quadratmeter-Wohnungen.

Hab ich was vergessen? Ach ja. Den Kiel aus gekrümmten Glas, durch den man die Welt unter Wasser bestaunen kann.

Wer nun aber denkt, damit wäre alles gesagt, der irrt. Hier beginnen die Diskussionen erst, denn die Männer Sciaccas kommen aus der näheren und weiteren Umgebung zum Hafen, als wäre die TITANIC vor den Mauern ihrer Stadt auferstanden. Die Marineros aus dem Segelclub. Die Werftarbeiter. Fischer. Rentner. Die Carabinieri Sciaccas, die – weil es sich für sie nicht anders geziemt – zum Bestaunen des Wunderwerks nicht wie die anderen die Hafenmole erklimmen, sondern die Smartphones zum Fotografieren einfach aus dem Auto in die Höhe recken.

„Che cosa e?“, fragt Pippo, Student, der mit seiner Freundin auf die Hafenmole geklettert ist. „Was ist das? Ein Kriegsschiff?“

„E la piu brutta barca del mondo“ -„Es ist die hässlichste Yacht der Welt“, knurrt Nino, der auf der Werft den Hubkran fährt und früher Maurer war. Und die anderen von der Werft, die hinter dem Zaun hängen, geben ihm recht. Wie kann man nur mit so viel Geld so etwas hässliches erschaffen.

„Sie ist da, um mich abzuholen“, grinst Angelo lässig.

Nur Carlo sagt erstmal nichts und schaut gebannt auf das Schiff. Er fuhr als Fischer zur See, bevor er als Marinero im CIRCOLO NAUTICO begann. „Ich finde sie schön“, meint er leise. „Einfach nur schön. Sie ist so schön futuristisch. So einzigartig. Nein, ich finde sie schön.“

Man muss das den Männern von Sciacca ja schon lassen: In der Summe repräsentieren sie, was die Welt im allgemeinen so über die „A“ eben denkt. Ein silbrig glänzendes Zäpfchen, so kantig, dass es im Hintern schmerzt. Ein Wunderwerk der Technik. Ein schillerndes Ding, das rätselhaft sein Gleichgewicht zwischen Hässlichkeit und Schönheit auf Messers Schneide balanciert.

Und weil der Faszination nicht genug ist, kommt, kaum dass es ein Uhr schlägt, das Beiboot der „A“ angesaust, rätselhaft wie Raumschiff Orion aus der Fernsehserie der Sechziger, verlockend wie die Sünde. Legt an der Pier an. Und entlässt seine Gäste.

Doch wer gehofft hatte, einen Blick auf den Mann werfen zu können, dem all das gehört und noch viel mehr, der wird enttäuscht. Andrei Igorewitsch Melnichenko, einstiger Physikstudent und heute achtreichster Russe mit geschätzten 13,2 Milliarden US-Dollar, ist nicht dabei, um sich Sciacca anzusehen. Was schade ist.

Leise sirrend schieben die beiden Bowthruster das Beiboot der „A“ einfach weg von der Pier. Es dreht majestätisch, bevor es dann auch gleich aus dem Hafen verschwindet.

Ich sitze am Abend auf Levje. Und sehe sie immer noch vor mir in der Dunkelheit. Die „A“ und ihre drei roten Lichter auf den Mastspitzen. Sie leuchten, als wäre sie wirklich von einem anderen Stern.

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Hier drin:

Im Sommer 2016 umsegelte ich auf LEVJE Sizilien.
Dies ist die Beschreibung eines Segelsommers 
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It´s done! Round Britain 2017

Es ist geschafft! Am 9.10. bin ich nach 2.200 sm wieder in Cuxhaven eingelaufen. Great Britain ist umrundet.

Trotz des schlechtesten Sommers aller Zeiten habe ich meine beiden Traumziele, die Horizont hinter Helgoland und Kilmore Quay in Irland erreicht. Ich habe die Nordsee Nonstop überquert, bin durch Schottland gebummelt, habe Belfast und die Isle of Man erkundet, die Menai Strait in Wales durchquert, meiner alten heimat Irland einen Besuch abgestattet, habs mir in der britischen Kraibik der Isles of Scilly gutgehen lassen, die alten Hafenstädte Englands erkundet, Muscheln in Frankreich, Pommes in Belgien, und Kibberlinge in Holland gegessen.
Es war nicht immer ein einfacher Törn, aber voll von genialen und lehrreichen Erlebnissen.

Einen genaueren Bericht der letzten Tage gibts später noch. Erstmal duschen und ausschlafen ;-)

Racing

Auf der Festung in Myrina, auf Limnos.

Wieder 5 Tage segeln in Folge, diesmal 184 Seemeilen. Wäre das hier ein Rennen, würde man die durchschnittliche Distanz wohl als sehr konstant bezeichnen. Dabei waren diese 5 Tage so extrem unterschiedlich wie selten zuvor. Die kürzeste Tagesstrecke knapp eine Seemeile, die längste 57. Ich wundere mich selbst darüber, wie ich nach so wenig Schlaf und soviel Anstrengung doch so zufrieden und optimistisch bin. Vermutlich, weil ich mit Limnos ein sehr lange ersehntes und für mich wichtiges Zwischenziel erreicht habe und Nomade zur Zeit wirklich gut funktioniert.

Tag 1
Es ist der 2. Oktober und ich warte nach dem Bürokram bei Hafenverwaltung und Port Police ab 21.30 Uhr auf den Funkspruch der Behörde, der die ersehnte Brückenöffnung ankündigen soll. Wann diese Brücke über den Euripus geöffnet wird, erfährt man erst eine halbe Stunde vorher. Die Gezeiten in dieser Meerenge sind so stark und schwer berechenbar, dass letzendlich erst kurz vorher exakt bekannt ist, wann eine Passage möglich sein wird. Deshalb wird Funkwache gefordert. Einhandsegler sind da klar im Nachteil.
Am Ende dauert es bis 2 Uhr in die Nacht, bis der ersehnte Spruch kommt: „Nomade, machen sie das Schiff startklar und bleiben vorerst an ihrer Position!“
Also raus aus der gemütlichen Kajüte und den Anker hochziehen. Leider ziehe ich mit dem Anker auch eine ziemlich große, alte Reuse und Leinengewirr inklusive Miniriff mit hoch. Aus dem Wasser bekomme ich das nicht. Also Bootshaken, Taschenlampe, Messer, zerren, schneiden, fluchen. Eine gefühlte Ewigkeit vergeht und ich höre bereits den Funkspruch, dem Frachter zu folgen, während ich die letzten Leinen vom Anker schneide. Endlich ab! Vollgas in Richtung Brücke. Ich bin noch weit weg, während der Frachter schon durch ist. Noch ein Funkspruch: „Nomade, wo bleiben sie!?“ Antwort: „Ich bin Hundert Meter vor der Brücke und fahre mit 6 Knoten!“
Es waren sicher etwas mehr als Hundert Meter und als ich endlich auf der anderen Seite angelegt habe, bin ich durchgeschwitzt und fertig. Mein Rücken hat sich bedankt für das rücksichtslose Gezerre an der Reuse.

Tag 2
Vergessen wir gestern, heute wird alles besser!
Wird es insgesamt auch, wobei ich nach 43 Seemeilen, mit viel Wind und vereinzelten Sturmböen entlang der Nordküste, ebenfalls recht müde in einer schönen Bucht am westlichen Ende des westlichen Golfs von Euboa vor Anker gehe. Der erste Versuch misslingt. Der Anker hält beim einfahren nicht! Der zweite Versuch gelingt und ich gehe früh schlafen.
Die Sturmböen kamen übrigens durch die hohen Berge Zustande. Durch die kurze Distanz zum Ufer hat sich allerdings keine Welle aufgebaut und stark gerefft war das gut machbar.

Tag 3
Noch vor Sonnenaufgang geht es weiter. Raus aus dem Golf und einer Bucht entgegen, bei der ich schon während der Planung nicht sicher war, ob der Ankergrund nicht zu tief für das bescheidene Geschirr von Nomade ist.
War er dann auch. Bin alles abgefahren, aber nix zu machen. War mir zu riskant. Also weiter, gleich bis Skiathos. Meist Flaute, kaum Bewegung im Wasser. Ein insgesamt sehr ruhiger Tag.
Am Abend fällt der Anker am Rande eines Sperrgebiets vor dem Hafen. Hier ist wenig Platz zum ankern, denn dieses Sperrgebiet in der Einflugschneise des Flughafens ist absolut tabu! Die Landebahn zählt mit gerade mal 1628m zu den wirklich kurzen und die Flugzeuge müssen vor der Landung extrem niedrig über die Bucht fliegen. Masten von ankernden Segelbooten würden da „etwas“ stören.

Tag 4
Anker auf, alles gut. Beim einsammeln der Ankerboje, die ich hier vorsichtshalber mal verwendet habe, rutsche ich irgendwie ab und knalle mit dem Brustkorb auf die Reling. Eine Rippe findet das nicht gut und gibt ein neuronales Warnsignal ab. Autsch. Gebrochen ist sie nicht, denke ich. Geprellt oder angeknackst. Reicht ja auch. Ich ärgere mich tierisch über dieses Missgeschick!
Trotzdem, weiter!
Ein weiteres Missgeschick, über das ich mich jetzt noch sehr ärgere kratze ich hier nur kurz an: Nomade segelt nun wieder ohne Flugunterstützung. Der hintere linke Propeller meines Quadrocopters hat sich in turbulenter Luft mit einem Knall zerlegt. Der Einschlag aus etwa 50m Höhe auf die Wasseroberfläche sah wirklich krass aus, muss ich zugeben. Hat weh getan! Hätte ich ihn „nur“ gekauft wäre es weniger schlimm für mich. Aber in diesem Copter steckten sehr viele Arbeitsstunden und Liebe zum Detail. Ich will jetzt lieber nicht weiter über das verlorene Fluggerät nachdenken.
Nach 33 schönen Seemeilen fällt der Anker in einer absolut atemberaubenden Bucht einer menschenleeren Insel. Kyra Panagia, Eigentum der Mönche vom Berg Athos und Naturschutzgebiet. Ankern wird geduldet.
Ich bin allein. Diese Stille, nach all dem Palaver, herrlich. Als irgendwann eine Ziege an einem der Berghänge meckert und kurz darauf zwei dieser großen Transporthubschrauber mit jeweils zwei Rotoren sehr langsam und tief über die Insel fliegen, schweifen meine Gedanken kurz ab… Isla Nublar…
Eine halbe Stunde später ist die Stille vorbei. Eine Partyyacht läuft ebenfalls in die Bucht ein. Anlage voll auf, Bier auf, noch ein Bier auf, Kasten auf, Ouzo auf…
Ok, nix mit Robinson für eine Nacht. Immerhin, die Musik gefällt mir.

Tag 5
Im Dunkeln ist gut schunkeln, geht mir kurz nach dem Start am sehr frühen Morgen durch den Kopf. Und so schunkeln, ähm, rollen Nomade und ich raus aufs Meer. Extrem unangenehmer Seegang lässt das Schiff rollen wie Sau! So geflucht habe ich schon lange nicht mehr. Weil aus dem angekündigten kräftigen Südwind nichts wird. Aber der Seegang, der kommt bis zu Nomade durch. Noch dazu aus verschiedenen Richtungen. Kreuzsee passt da fast nicht mehr. Es war eher sowas wie Kochtopf. Nichtmal hoch, kaum mehr als einen Meter am Anfang, aber so extrem kurz und durcheinander, dass Nomade von einer Seite auf die andere im Sekundentakt geworfen wird. Autopilot? Vergessen wir das Thema. Ich steuere Nomade 11 Stunden am Stück von Hand. Fragt nicht nach Rücken und Rippe. Ich bin fertig, als der Anker im Hafenbecken von Myrina fällt. Er fällt gleich nochmal und noch ein drittes Mal. Diesmal habe ich visuell ganz gezielt nach einem Sandfleck in dem ansonsten von Seegras bewachsenen Hafen gesucht und es hat geklappt.
Schlafen!

Eigentlich war an Tag 6 Landgang geplant. Da das angekündigte Tiefdruckgebiet allerdings mit jedem Wetterbericht in Heftigkeit nach oben korrigiert wird, verkneife ich mir den und bleibe an Bord. Eine gute Entscheidung, denn es dauert nicht lange, bis die ersten starken Böen über die Insel fetzen. Am Nachmittag bricht er dann aus, der Anker. Aber nicht nur der Anker von Nomade. Bei allen 6 Schiffen im Hafen brechen die Anker aus, es gibt eine leichte Kollision, wie ich später erfahre. Ich halte mich möglichst weit weg von den anderen. Was dann folgte war zermürbend. Die Bucht, bzw. der Hafen ist nach Südwesten nicht gut geschützt. Man hat also nicht nur den Wind, sondern auch Seegang.
Ich habe jetzt keine Lust im Einzelnen zu beschreiben wie das war, aber letzendlich musste ich etwa 20 Stunden Ankerwache halten, mehrmals neu ankern, habe insgesamt 2 Müsliriegel gegessen und irgendwann in der Nacht auf den Bodenbrettern im Salon gedöst. Dort war es am angenehmsten.
Am Flughafen in Limnos wurden Spitzenböen von 47 Knoten gemessen. Ich hab nix gemessen, weil der Windmesser von Nomade nicht funktioniert.

An Tag 7 dann eine elendige Rollerei in der Bucht. Kaum noch Wind, aber eben die Dünung, die fast ungehindert den Wellenbrecher passiert. Wellenbrecher kann man das Ding eigentlich nicht nennen. Aber gut…
Jedenfalls hat am Vormittag eine Yacht den Platz in der Ecke des Hafens verlassen und gab mir damit die Chance auf einen guten Platz zum längsseits festmachen. Ich hatte das Schiff bereits eine Weile beobachtet. Sie waren ebenfalls längsseits fest und bereits hier, als ich angekommen bin. Also Anker auf und ran an die Pier. Trotz Übermüdung bin ich gut in die Ecke gekommen. Ein anderer Segler stand da bereits zum annehmen meiner Leinen. Darüber habe ich mich gefreut. Der kurze Schnack wurde allerdings jäh beendet, bevor mehr als die Mittelspring fest war.
Ein Beamter der Küstenwache wollte wissen, was ich hier mache!? „Wonach siehts denn aus?“ habe ich natürlich nicht geantwortet!
Bisher waren die meisten Polizisten in Griechenland recht freundlich und hilfsbereit, dieser Kerl hat allerdings in kürzester Zeit den Ersteindruck zerstört.
Was er wollte? Er wollte, dass ich mit Buganker und Heckleinen festmache. Warum? Weil ich sonst den Platz von zwei Booten mit einem blockiere.
Dieses Argument könnte ich gut nachvollziehen, wäre Hochsaison, gerade kein Sturm gewesen, Nomade nicht in der Ecke und nicht noch drei andere Boote längsseits fest und trotzdem noch Platz für mindestens 6 weitere, die allerdings nicht kommen werden, weil gerade Oktober und nicht Juli ist…
Mein Argument, dass ich bei dem schlecht haltenden Ankergrund, Seitenwind und manueller Winsch diesen Langkieler nicht sicher Einhand unter Buganker anlegen kann, interessiert ihn nicht.
Bis dahin habe ich freundlich erklärt und diskutiert. Dann platzt mir zum ersten Mal gegenüber einem Beamten der Küstenwache leicht der Kragen. Ausgeschlafen wäre das sicherlich nicht passiert, auch weil ich ansonsten großen Respekt vor dem Dienst habe, den Polizisten im allgemeinen tun, aber nach der letzten Nacht und diesem Quatsch gerade war mir ziemlich viel egal. Auf die viel zu laut gestellte Frage meinerseits, warum die 55 Fuß Motoryacht mit viel Besatzung, unter griechischer Flagge mitten in den Bugankerplätzen längsseits festmachen darf, aber der Einhandsegler in der Ecke nicht, weiß er keine Antwort. Brauche ich auch nicht! Ich biete ihm (eigentlich wieder zu laut) an, längsseits genau hier zu bleiben, oder den Hafen bei dem Sauwetter wieder zu verlassen!
Er willigt (ebenfalls zu laut) ein und ist eine halbe Stunde später, beim erledigen der Formalitäten auf der Wache, wieder entspannt. Freunde werden wir sicherlich trotzdem nicht.
Eine Chipkarte für den Wasseranschluss am Hafen habe ich dann im Hotel nebenan gekauft, irgendwann einen Anschluss gefunden der funktioniert und heute war ich bei der Hafenbehörde, um meine Gebühren zu bezahlen.

Ansonsten: Limnos ist richtig schön. Viel ruhiger als ich das von anderen Orten in Griechenland kenne. Schreibe ich bestimmt ein anderes Mal noch etwas dazu.

Morgen geht’s erst mal ein Stück weiter. Tanks sind wieder voll.

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SV Shalom – Christoph Vougessis GER

THE LONG WAY TO AMARILLO – ALSO FINKENWERDER

Der Plan war dezidiert. Hätte das Wetter kooperiert, wäre es eine Rückreise wie geschmiert. Aber hätte … war für die Toilette

Christoph Vougessis

Hanseboot – das Ende

HANSEBOOT – GEGEN DIE WAND GEFAHREN

Vor 13 Jahren hatte ich mich von den Boots Messen in Europa zurückgezogen, nachdem das Signal zum Umdenken meines Marketings schon Jahre zuvor, in NEW YORK seinen Anstoss bekommen hatte.

Hanseboot – Ende

Spritzig und sonnig: Interboot läuft mit positiver Stimmung in ihren Heimat-Hafen ein

Reges Interesse in den Hallen / Messe Friedrichshafen GmbH

Friedrichshafen – Boote, Boards und Bodensee – die 56. Auflage der Interboot präsentierte neun Tage lang den Wassersport in all seinen Facetten. 86 400 Besucher (2016: 90 500) ließen sich bei 461 Ausstellern aus 21 Nationen von den Neuheiten und Trends der Wassersportbranche inspirieren.

Vom Stand Up Paddling Board bis zum Familienkreuzer, vom Kanu bis zum Daysailor
– mehr als 500 Boote aller Größen und Formen sowie Zubehör und Trendsportgeräte standen in den acht Messehallen während der internationalen Wassersport- Ausstellung im Mittelpunkt. „Die Sonne schien für die Interboot und das in mehrfacher Hinsicht: Die Stimmung unter den Ausstellern war gut, die Besucher waren interessiert, die meisten kamen mit Kaufabsichten und am zweiten Wochenende war nochmal richtig viel los. Zudem hatten wir wetterbedingt optimale Testbedingungen im Hafen und auf dem Messe-See – wir sind zufrieden mit der 56. Auflage der internationalen Wassersport-Ausstellung“, resümiert Projektleiter Dirk Kreidenweiß. Gut angenommen wurde auch die neue Veranstaltung „Dein Job – Dein Moment“, bei der sich mehr als 200 Schüler der Klassen acht bis zehn über Berufe im Wassersport informierten.

Ausfahrt bei schönstem Wetter / Messe Friedrichshafen GmbH

Direkt im Wasser befanden sich die 100 Ausstellungsstücke im Interboot Hafen am Ufer des Bodensees. Neun Tage lang wurden dort Motor-, Segel- und Elektro-Boote auf Herz und Nieren getestet. Als Ausgangspunkt für zahlreiche Regatten sowie Boot-Trainings- und -Erlebnis-Touren waren die Interboot Landestege sowie das Hafenzelt gut besucht.

„Einsteigen, ablegen und Spaß haben“, hieß es bei der Kampagne „Start Boating“ am zweiten Interboot Wochenende: 773 Wassersportfans – mehr als bei allen anderen Start Boating Veranstaltungen bisher – stachen mit insgesamt zehn Booten motorisiert oder mit Segel sowie in unterschiedlicher Größe in See.

Die Aussteller zeigte sich zufrieden mit der Interboot. Auch wenn es unter der Woche meist etwas ruhiger war, die Besucher hatten sich bereits vorab gut informiert, die Verkaufszahlen und die Erwartungen in das Nachmessegeschäft sind positiv.

Wassersport-Erlebnisse verspricht die nächste Interboot vom 22. bis 30. September 2018. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.interboot.de oder www.facebook.de/interboot.

 

 

 

 

Die Schifferkirche in Arnis

HILFERUF VON HELMUT ANDRESEN – BÜRGERMEISTER VON GRÖDERSBY

Wer kennt sie nicht, diese schöne alte Schifferkirche dicht am Strand hinter dem Deich zur Schlei, auf deren Friedhof Segelbegeisterte so viele bekannte Namen auf den Grabsteinen entdecken können?

Auch wenn die Stadt Arnis nur winzig klein, so haben dort Heerscharen von Besuchern ihre Kreise über diese stille Stätte Ruhm reicher Vergangenheit gezogen.

Auch für mich führt seit Jahrzehnten jede Runde um Arnis, wie von Geisterhand gezogen, an diesen stillen Ort, an dem nur der Wind zu hören ist, weshalb ich ihn der Länge nach durchquere, um ihn durch das Schmiede eiserne Tor wieder zu verlassen, ruhig geworden und voller Gedanken, die um die Menschen ranken, mit denen mich Vergangenes verbindet – wenige sind das nicht!

Wie in Gotteshäusern üblich, sind Spenden von Kirchenbesuchern zum Teil des Kirchenhaushalts geworden, ohne die weder Gebäude noch Substanz erhalten werden können.

Helmut Andresen, Vorstand vom Kirchenbauverein, schildert mir die Situation wie folgt:

Hallo Peter
wir würden uns sehr freuen, wenn du uns durch eine kleine Abstimmung unterstützen könntet. Wir, das ist der Kirchenbauverein Arnis-Rabenkirchen e.V..

Als Verein unterstützen wir die Kirchengemeinde beim Erhalt der Marienkirche in Rabenkirchen und der Schifferkirche in Arnis (Finanzbedarf ca. 800.000,– ) und suchen natürlich jede Möglichkeit,
um für diese enorme Aufgabe die Finanzmittel zu sammeln.
 
Die Bank IngDiba schüttet jedes Jahr 1.000 mal 1.000,–€ an aktive Vereine aus. Wer das Geld erhält, wird durch ein Online-Voting bestimmt.
 
Wir würden das Geld einsetzen, um an der Schifferkirche in Arnis eine barrierefreie Toilette zu bauen.

Was ist zu tun?
Dem unten stehenden Link folgen und einfach für unseren Verein abstimmen.
 
Es würde uns sehr freuen – dich kostet es 5 Minuten.
 
Link zur Abstimmung
 
Viele Grüße
Für den Vorstand

Helmut Andresen

Ich habe mich zu zwei Schritten entschlossen: einer Unterstützung auf direktem Wege an Helmut, sowie dem Aufruf an dieser Stelle, vielleicht noch weitere Segler mit ins Boot zu holen.

In der Hoffnung, dass das klappt …
Peter Foerthmann

SCHIFFERKIRCHE ZU ARNIS

Sizilische Geschichten. Am Strand von Sciacca.

Wieder einmal bin ich froh, ein Boot zu besitzen. Hätte ich kein Boot, dann wäre ich nicht aufgebrochen. Ich wäre jetzt nicht in Sizilien. Nicht in Sciacca. Nicht am Strand.

Hätte ich kein Boot, wäre mein Leben einfacher. Aber vermutlich auch langweiliger. Ich würde nicht – wie in den letzten Tagen daheim – aufwachen mit dem Gedanken: „Was wohl mein Boot macht? Ob noch alles heil ist?“, weil ich es im Hafen von Sciacca an der Transitpier zurückgelassen hatte, ein Ort der vagen Sicherheit, an dem leicht etwas zu Bruch gehen kann. Ich würde nicht hier auf Levje Listen anfertigen jetzt im Herbst, während mein Blick hierhin fällt und dahin, was über den Winter auf dem Boot alles zu reparieren ist. Aber wie gesagt: Ich wäre auch nicht vor ein paar Tagen aufgebrochen, hierher ans Meer. Ich hätte keinen Grund gehabt.


Über den Winter werde ich mein Boot in Sciacca lassen. Ich freue mich darauf. Auch das verdanke ich meinem Boot: Einen Ort näher kennenzulernen, im Winter. Öfter hier zu sein, in diesen Ort einzutauchen, ihn im Winter zu erleben. Sciacca, gesprochen „Scha:kka“, ist ein typisch sizilisches 50.000-Einwohner-Städtchen. Mit einer einstmals mittelalterlichen Altstadt, die sich den Hügel hinaufzieht, und überwiegend vom Fischfang und der Landwirtschaft lebt. 

Der Herbst, der Winter, das habe ich auf diesem Blog schon öfter geschrieben, sind die beste Reisezeit. Der Rummel ist vorbei, auf dem Meer und an den Küsten ist man fast allein, der Strand gehört den wenigen, denen, für die es jetzt gerade keinen schöneren Ort gibt. 


Ich gebe zu, dass ich diesen Sommer fast nur am Meer, aber kaum drin war. In Italien nicht. Und während meiner drei Monate Kroatien auch nicht. Das ist nicht ungewöhnlich. Meine Segellehrer allesamt habe ich nie erlebt, dass sie ins Wasser gehen. Es scheint, dass Menschen, die passioniert auf dem Meer unterwegs sind, das Verlangen verlieren darin zu schwimmen. Mir war das Wasser im Sommer einfach zu warm.

Aber gestern, am Strand, musste ich unbedingt schwimmen. Es hatte Wellen. Es war frisch und prickelnd, als würde man von der Sonne, die noch mit Kraft auf der Haut brennt, ins eiskalte Gesprudel eines Mineralwasser-Glases steigen.

Am Strand war nicht viel los. Zwei italienische Teenager-Pärchen. Ein Herr in Badehose und weißem Bademantel, der durchs Wasser stapfte und gestikulierend sein Handy in der Hand hielt und telefonierte. Ich stellte mir, was der Anlass für lange Telefonate sein könnte. Was könnte einen Mann im Gegensatz zu einer Frau verleiten, stundenlang an diesem Ort im Wasser stehen und gestenreich zu telefonieren. Eine Scheidung? Die Aufarbeitung zweier Jahrzehnte einer Beziehung? Der Ort könnte passen. Jetzt nur kühlen Kopf bewahren. 
Oder: Das samstägliche Telefonat mit seinem Vertriebsteam, das gestern von der Verkaufstour zurückgekehrt ist und am Samstag Nachmittag am Schreibtisch sitzt und Papierkram wie Verkaufsreports erstellt? Das könnte passen, die Gesten des Mannes waren klar, bestechend, während er im Bademantel durch die Wellen schritt. 


Oder ist er jemand, der die Frauen liebt fünf Partnerinnen gleichzeitig hat, die alle nichts von einander wissen? So etwas erfordert neben echten Management-Fähigkeiten auch akrobatische Künste. Fünf Bälle gleichzeitig schwebend in der Luft zu halten. Der sinnliche Ort, den sich der Mann für sein Telefonat an diesem Strand ausgesucht hat, er könnte dazu passen. Doch weil ich denke, dass die Ergebnisse meiner etwaigen Recherche mich nur enttäuschen würden, lasse ich den Herrn im weißen Bademantel weiter telefonieren, während er auf die Felsen im Wasser steigt, und unterbreche ihn lieber nicht.

Eine ältere Dame kommt im Bikini an den Strand, zum Schwimmen. Sie sieht aus, als gehörte das Bad im prickelnden Mineralwasser jeden Tag zu ihrem Leben. Sommer wie Winter. Ich habe eine Schwäche für einen Menschen, der genau wissen, wie sein Tag auszusehen hat, damit es ihm gut geht. Die Dame strahlt jene Autarkie aus, die es für so ein Leben braucht. Sie war, als bräuchte sie nicht wirklich jemanden.

Während ich ihr noch nachsehe, kommen drei Menschen mit nördlichen Gesichtern an den Strand. Urlauber offensichtlich, ein Mann und seine Frau, mit Freundin, vielleicht aus einer der zahllosen Ferienwohnung der Umgebung? Sie tragen Badekleidung, ihr Lauf beschleunigt sich beim Näherkommen, sie rennen voll Freude ins Meer, ich höre Schwizerdütsch und sehe pure Freude. 

Ich wüsste zu gern. Zu gern wüsste ich, was es ist, was in uns diese unbändige Freude auslöst beim Anblick des Meeres. Beim Anblick der Wellen. Beim Anblick des großen Blau gerade um mich

herum. Woher es kommt, dass wir uns einfach nur freuen. Welcher Reflex ist das? Haben wir in der Kindheit zuviel Werbung gesehen, in denen das Meer vorkam? Sind es nur wir Nordlichter? Aber dann wäre das Meer allen Italienern, die von ihm gleich auf drei Seiten umgeben sind, gleichgültig. Doch auch sie strömen – ans Meer.

Und während die Sonne viel zu schnell hinter den Hügeln versinkt und ich zurück zu Levje aufbreche; während der abendliche Himmel über meinem Boot zur riesigen Leinwand wird, angesichts derer mir noch der spannendste Kinofilm lumpig erscheint, denke ich zweierlei. Die Kunst für ein gutes Leben ist es doch, genau zu wissen wo man glücklich ist. Und es irgendwie zu schaffen, jeden Tag etwas zu tun, was unseren Alltag abstreift – wie eine lästige Gummihaut, in die uns jemand gesteckt hat. Dumm nur, dass dieser „jemand“ wir selber sind.

Ich glaub: Ich geh morgen wieder an den Strand.




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Einmal quer durch Holland

Bei feinem Segelwetter verließ ich Belgien in Richtung Holland, das letzte Land auf meiner kleinen Reise und ich hoffte so viel wie möglich davon erleben zu können.
Nachdem ich die verkehrsreiche Westerschelde passiert habe geht es durch die Rompootschleuse hinein in das zeeländische Wasserlabyrinth. Also zumindest war das geplant, denn erstmal hielt mich die Schleuse auf. So hatte ich aber die Zeit schon im ersten Moment einen kleinen Einblick von Holland zu bekommen. Jeder kennt die Clichees vonZugbrücken und Windmühlen, doch auch heutzutage sind die Holländer herausragende Wasserbauer. Irgendwann im letzten Jahrhundert wurde nicht nur die Zuidersee (heute Ijsselmeer) sondern auch deben hier die Oosterschelde komplett eingedeicht und dadurch ein ganz neues Revier geschaffen. Durch den monströsen Deich führt nun eben diese Rompootschleuse, überspannt von einer riesigen Brücke durch die selbst größere Segler noch passen. Ein sehr betonlastiger aber imposanter erster Eindruck von Holland.
Als die Schleuse endlich wieder lief ging es in den Hafen auf der anderen Seite wo ich einen multinationalen Abend in Holland mit Belgiern und Franzosen auf einem dänischen Boot verbrachte.

Obwohl es möglich wäre ganz Holland von der belgischen Grenze bis zur Ems mit stehendem Mast binnen zu passieren, ging es erst einmal weiter an der Küste lang. Das Wetter passte so schön. Sonne, eine feine Backstagsbrise und der Geruch von Salzwasser. Balsam für die Seglerseele. Doch noch ahnte ich nicht, dass es der vielleicht letzte sommerliche Segeltag des Sommer werden sollte…

Vorbei ging es an der Hafeneinfahrt von Rotterdam, wo der Verkehr über Funk wieder so exakt und lückenlos wie Flughafen geführt wurde, in das Seebad Schweveningen. Da es auf mich irgendwie nicht so wirklich einladend wirkte ging es nach einem nur kurzen Stop wetter- und tidebedingt in morgens in aller Frühe weiter. Als Entschädigung für den Schlafentzug hatte ich dafür einen traumhaften Sonnenaufgang auf See für mich alleine.

Kurz vor Ijmuiden zog sich der Himmel dann aber zu und es fing an zu regnen. Mit einem mal war die leichte Backstagsbrise nicht mehr so toll, denn wenn der Wind von hinten kommt regnet es immer so schön in die Kajüte und man kann sich nicht mehr hinter der Sprayhood verstecken. Aber egal, muss man eben durch.
In Ijmuiden mündet der Nordzeekanal in die Nordsee (wär man jetzt nicht drauf gekommen, oder?). Über diesen kommt man nach Amsterdam und schließlich ins Ijsselmeer. Da in den nächsten Tagen ihnehin mehr oder weniger Flaute herrschen soll, entscheide ich mich von hier an den Binnenweg zu probieren. Einfach um ein wenig mehr von Holland zu entdecken. So biege ich hier also ab, tucker durch die riesigen Schleusen, wo die Holländer im Gegensatz zu unserer Ministerialbürokratie es im übrigen hinkriegen innerhalb von 2 Jahren die größte Schleuse der Welt einfach mal so zu bauen (Hallo NOK!), und weiter nach Amsterdam. Die Anfahrt auf Amsterdam ist einer Großstadt entsprechend ein besonderes Erlebnis. Immer dichter wird die Bebauung am Ufer des Kanals bevor man schließlich mitten im Stadtzentrum von Amsterdam, direkt gegenüber des Zentralbahnhofes im Sixhaven festmacht. Ein fast schon legendärer Yachthafen, welcher im Sommer aus allen Nähten platzt. Jetzt, Ende September ist es ruhig. Laut Hafenmeister werden „nur“ alle Stege voll. Na dann…
Er sollte Recht behalten, und doch bleibt die Atmosphäre in dem kleinen grünen Hafen mitten im Stadtzentrum überraschend ruhig und familiär. So kann ich Nonsuch beruhigt alleine lassen und die Stadt Amsterdam erkundigen. Tja, was soll man in einem Segelblog groß über Amsterdam erzählen. Ganze Bücher würden sich über diese Stadt füllen lassen. So schlendere ich dann zunächst auch ohne festes Ziel einfach durch Straßen und Grachten und lasse mich einfach treiben. Nett anzusehen, chaotisch, traditionell und modern zugleich. Ich denke das trifft es am besten. Und genau wie viele britische Städte hat sich Amsterdam sein der goldenen Zeit des 17. Jhd. entstammendes Stadtbild weitgehend zu erhalten. In diesen Jahren ist die Stadt nämlich durch den Handel, vor allem der Ostindienkompanie groß und mächtig geworden. Schon damals konkurrierte sie vor allem mit London und Großbritannien. Damals um Handelsplätze und die Macht auf dem Meer, heute um die Gunst von Touristen. So verwundert es nicht, dass mich hier vieles an die Zeit im Vereinigten Königreich erinnert. Die Eindrücke bleiben…

An einem Sonntag verlasse ich Amsterdam in Richtung Ijsselmeer. Ein Fehler, denn halb NRW scheint sich ebenfalls auf dem Rückweg zu den Heimathäfenvom Wochenendausflug zu machen. Nachdem es in den letzten Wochen ja stetig leerer und leerer in den Häfen wurde, ist es auf den Fahrwassern und in der Schleuse auf einmal proppenvoll. Wie mag das hier nur im Sommer aussehen…

Doch es kommt noch härter. Der Dunst des Morgens verdichtet sich bald zu richtig fettem Nebel. Die Fahrt zu verlangsamen, Ausguck zu halten und Signale zu tröten halten aber die wenigsten für nötig. Irgendwann passiert mich dann eine fette deutsche Yacht ohne Radar nur wenige Meter an Achtern in voller Fahrt unter Motor. Auf meinen Scheibenwischer entschuldigt man sich in breitestem Kölsch, dass man dringend nach Hause müsse.  Das geschützte und schöne Revier scheint einige komische Sitten zu produzieren.
Die alten Städte am Ijsselmeer sind dafür umso schöner. Hoorn und Enkhuizen, wo ich Station mache, sind ebenfalls im Schatten von Amsterdam zur Zeit der Ostindienkompanie zu Reichtum gekommen. Vielleicht ist Holland nirgendwo so lieblich und typisch wie hier. Kleine Stadthäfen, Traditionssegler, weiß gestrichene Klappbrücken, alte Häuser sowie Pommes und Frikandel am Hafen. Mehr Holland geht nicht und so verbringe ich einige sehr erholsame Tage in diesen Gewässern. Ohne Starkwind, ohne echten Seegang und Untiefen wird mir jetzt so richtig bewusst wie anstrengend Britain manchmal war.

Eigentlich wollte ich hinter den Ostfriesischen Inseln wieder auf die Nordsee segeln und weiter Richtung Heimat schippern. Doch es kommt mal wieder anders. Mittlerweile hat sich kräftiger Ostwind eingestellt. Also mal wieder genau die Richtung in die ich will. Doch hier gibt es einen Ausweg und in der kleinen Hafenstadt Harlingen tauche ich ein die Staande Mastroute und die friesischen Kanäle. Von hier geht es binnen durch bis an die Ems. Wie bei den Kanalpassagen so oft habe ich es anfangs nur als verkehrlichen Ausweg gesehen und war am Ende überrascht wie viel es unterwegs doch zu entdecken gibt. Nicht auf den ersten Metern von Harlinen bis zur friesischen Hauptstadt Leeuwarden zwar, da der Kanal dort eher einem Industriekanal ähnelt, doch ab dort geht es richtig los. Es geht mitten durch die Stadt Leeuwarden hindurch wo man in den alten Wallanlagen der Stadt wie im Park liegen könnte. Für einige der vielen Brücken muss man ein kleines Entgelt bezahlen. Das passiert hier stilecht indem man die Münzen in einem von einer Angel heruntergelassenen Holzschuh legt. Wie im holländischen Heimatfilm.

Hinter der Stadt wird es erst so richtig schön. Der Kanal ist hier eher ein kleiner Fluss, windet sich durch Wälder, Wiesen und kleine friesische Dörfer wie aus dem Bilderbuch. Die vielen Brücken öffnen sich oft schon bei Annäherung wie von Geisterhand, so dass man nicht mal auskuppeln muss. Der Wassersport genießt offenbar einen hohen Stellenwert in Holland, denn auch die Polizei muss schon mal wegen einer kleinen Nuckelpinne unter der Brücke warten…
In der kleinen Stadt Dokkum mache ich für die Nacht direkt unter einer Windmühle fest. Mal wieder wie im Film. Viele verlassen die Staande Mastroute bei der ersten Gelegenheit in Lauwersoog ein paar Stunden hinter Dokkum. Ein Fehler, denn die Landschaft wird danach mit jedem Meter schöner. Die Strecke bis Groningen durch das wilde und mangrovengleiche Lauwersmeer und das Flüsschen Reitdiep ist der vielleicht schönste Abschnitt des Kanals. Und auch die Passage mitten durch die quirlige Studentenstadt Groningen mit ihren zahlreichen Brücken dauert zwar seine Zeit, ist aber echt interessant.


Nach einer Nacht in Groningen wird der letzte Abschnitt bis Delfzijl zwar wieder etwas langweiliger und gradliniger, geht aber schnell vorbei. Da Delfzijl ungefähr so viel Industrie und Charme wie Hamburg Billwerder hat, folge ich dem Rat zweier einheimischer und folge ihnen in den kleinen Sielhafen Termutnerzijl auf der Ems. Die Kutter knarzen friedlich umher, die Schafe auf dem Deich bähen, und dahinter kann ich am anderen Emsufer schon Deutschland erkennen. Es ging einmal quer durch Holland und ich habe wirklich das Gefühl einen Eindruck bekommen zu haben. Und nun freue ich mich auf die Heimat. Noch, wie sich bald herausstellen sollte….

SV Rodspaetten – Ruth +Thomas Rettenmund CH

ENTSCHEIDUNG – NICHT ALS SCHLACHT – SONDERN ÜBERDACHT


In der Rentner Bravo – genannt Apotheker Zeitung – werden Pillen angepriesen, die so viel versprechen, dass man tütelig darüber werden könnte.

Kreuzsee im Kopf

Kulturschock – Die Rückfahrt beginnt

Ich wusste von Karten und Erzählungen ja, dass Dover und Frankreich nah beieinander sind, aber wie nah – das hat mich dann doch überrascht. Gefühlt ist die französische Küste näher als Brunsbüttel wenn man in Cuxhaven an der Alten Liebe steht. Dafür ist noch mehr Schiffsverkehr als auf der Elbe. Die Fahrt durch das Verkehrstrennungsgebiet, quasi die Autobahn der Meere, wird zum Slalomlauf. Selbst als ich schon in Wurfweite der französischen Küste segle und mit ein wenig Wehmut die britische Gastlandflagge einhole, kann ich die Weissen Kliffs von Dover noch klar am Horizont erkennen. Wenige Stunden später mache ich in Dunkerque oder Dünkirchen fest und bekomme einen kleinen Kulturschock: Nach fast 3 Monaten in Großbritannien hat man sich irgendwie dran gewöhnt, dass jeder Englisch spricht und man alle Schilder versteht. An meinem ersten Abend in Frankreich muss ich nicht nur einmal kurz nachdenken und mich irgendwie verständlich machen.  Dafür sind die Hafenpreise nach 3 Monaten in England aber endlich wieder auf menschlichem Niveau. Da langen die Briten richtig zu. Fairerweise muss man allerdings auch dazu sagen, dass deutlich mehr Leistung geboten wird als anderswo.

Viel hier gibt die Stadt leider nicht. Dunkerque ist eine mittelgroße Hanfenstadt ohne viele große Highlights. So lasse ich mich einfach ein wenig um die Hafenbecken treiben und schaue mich um. Leider leidet das Frankreichfeeling darunter, dass ich den ganzen Nachmittag über keinen Akkordeonspieler gehört habe…
Etwas anderes fällt mir aber an der Promenade auf: Die Dünen. Egal wo ich mich in England herumgetrieben habe, fast überall sind die Küsten ziemlich felsig. Strände gibt es oft nur zwischendurch mal. Hier am französischen Kanalstrand fällt die Promenade ohne Deich oder Mauer nun aber flach ins Meer hinein ab. Nur einige Dünen mit dem typischen Strandhafergeruch säumen das ganze. Auch geologisch scheint Großbritannien eine völlig andere Welt zu sein…
Ich beschließe meinen Besuch in Frankreich mit dem wofür ich eigentlich hier her gekommen bin: Moules Frites, Miesmuscheln im Sud mit Pommes mit Blick auf die hier beginnende Nordsee. Bienvenue a france!

Frankreich hält mich jedoch nur kurz fest. Pünktlich zum Ende meines Großbritannienbesuches scheinen sich ein paar Tage angenehmes Wetter in Folge einzustellen und so geht es nach „nur“ einem Hafentag weiter in Richtung Belgien. Die belgische Küste ist für Segler so eine Sache. Sie ist fast schnurgerade ohne irgendwelche Buchten oder Einschnitte. Die Häfen sind bei auflandigem Wind oft nur schwer zugänglich und dazu laut Erzählungen und Bildern oft von Hochhäusern eingerahmt und hässlich. Über weite Strecken muss man dann auch noch vor der Küste Fahrwassern folgen um zahlreichen Sandbänken auszuweichen. Kurzum: Kein wirkliches Vergnügen. Auf den ersten Meilen scheint sich der Eindruck auch zu bestätigen. Wenigstens schiebt der Strom anständig. Doch als dann auch noch ein riesiger Küstenabschnitt wegen einer unangekündigten Schießübung der Armee gesperrt ist, ich etwa 12smm, also etwa 2,5h Umweg fahren muss und der Strom deswegen kentert und nun gegen mich ist, habe ich irgendwie schon fast genug von Belgien. Statt 2,5h mit Strom von hinten an der Küste rumzubutschern, kämpfe ich mich 5h gegenan. Eindrucksvolles Beispiel vom Stromsegeln.

Völlig entfernt komme ich, zum Glück noch kurz vor Dunkelheit, im Hafen von Zeebrügge an. Eigentlich gibt es dort nicht viel zu sehen. Zeebrügge ist kaum eine Stadt, sondern eigentlich nur ein riesiger Industriehafen. Eine freundliche Vereinsmarina gibt es aber dennoch. Vor allem habe ich mir Zeebrügge aber deswegen ausgesucht, weil direkt neben der Marina ein Zug in die alte Hansestadt Brügge fährt. Und ich dachte mir, dass wenn schon die belgischen Häfen allesamt unansehnlich sein sollen, dann schaue ich mich wenigstens eine nette alte Stadt an, um am Ende auch einen guten Eindruck von Belgien zu bekommen.

War ne gute Entscheidung. Der Zug fährt von Zeebrügge-Dorp direkt an den Rand der Altstadt von Brügge. Dort habe ich dann ein kleines Touri-Programm durch die Stadt gemacht. Mittelalterliche Altstädte gibt es ja nun zuhauf, doch die von Brügge ist erstens riesig, und zweitens tobt dort das Leben, und nicht nur Touristen. Das macht den Bummel besonders angenehm. Zwischenstops mache ich im Bier- und im Pommesmuseum. Ja, die Belgier sind so verrückt auf frittierte Kartoffeln, dass sie den Pommes nicht nur ein Museum, sondern sogar einen nationalen Verdienstorden gewidmet haben. Und ich muss, sagen, das Ergebnis kann sich sehenlassen. Obwohl ich Fish and Chips in jedem zweiten Hafen schon jetzt vermisse, sind die belgischen Pommes fast noch besser und ich kann meine Entzugserscheinungen ein wenig abmildern. Zum Abschluss noch ein paar belgische Pralinen auf einer Parkbank mit Blick auf den Entengarten eingeworfen, ein Verdauungsspaziergang durch die Festungsanlagen und zurück geht es zum Hafen.

So bin ich dann am Ende ziemlich versöhnt mit Belgien und (Zee)brügge. Völlig egal, dass die Häfen alle ziemlich mittelmässig sind. Ein Land dessen Kultur aus Pommes, Bier und Schokolade besteht. Besser kann es für Segler doch zumindest kulinarisch eigentlich gar nicht sein, oder?

SV Anthea – Kim + Mark Baker US

TROUBLE SHOOTING IN PARADISE – ARCATA CA – TONGA – HAMBURG

Mit der Maus tut das gar nicht weh. Die Geschichte dahinter allerdings, erinnert mich an eine Begebenheit, die sich vor einiger Zeit in Salvador Brasilien ereignet hatte.

SV Anthea – SV Maya