Kolumne Recht: Haftung und Versicherung

Herr Rüttgen schreibt für Stegfunk.de diese Kolumne in loser Reihenfolge. Der Gegenwert, den er für das Teilen seiner Expertise erhält, ist die Sichtbarkeit auf der Seite. Geldflüsse finden in keine Richtung statt. Für die Inhalte der Kolumne ist Herr Rüttgen verantwortlich. Den Kontakt zu Herrn Rüttgen findet man auf Bootsanwalt.de

…und beim Segeln

Begonnen habe ich diese Kolumne mit einem Überblick über rechtliche Aspekte zum Thema „Bootscharter in den Niederlanden“. Hieran anknüpfend möchte ich nun in dieser Folge noch besonders haftungsrelevante Aspekte des Skippers und seiner Crew beleuchten. Denn egal, ob mit Motor oder unter Segel, Bootssport ist mit Gefahren verbunden. Charterskipper und Crew sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie sowohl von geschädigten Dritten als auch untereinander wegen Personen- und/oder Sachschaden in Haftung genommen werden können. Eine für Schäden am Charterboot hinterlegte Kaution bzw. deren Absicherung über eine Versicherung sind bei weitem kein Garant dafür, bereits alle finanziellen Untiefen umschifft zu haben.

Verantwortlich für das Geschehen an Bord ist stets der Schiffsführer

In einem Schadensfall mit dem Boot (gegenüber Dritten oder dem Vercharterer) oder auch in einem Schadensfall auf dem Boot (z.B. gegenüber der Crew) haftet der Skipper nach deutschem Recht gemäß § 823 Abs.1 BGB aus sog. „unerlaubter Handlung“ bzw. nach niederländischem Recht gemäß Art.6:162 BW aus sog. „onrechtmatige daad“ mit seinem gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Vermögen persönlich, unmittelbar, uneingeschränkt und uneinschränkbar für Schäden, der er Dritten schuldhaft (d.h.: vorsätzlich oder fahrlässig) zufügt. Man spricht hier von der sog. Verschuldenshaftung. Diese bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ohne ein Verschulden (z.B. bei höherer Gewalt) keine Haftung besteht. Diese weitgehende Haftung des Sportbootsführers geht sogar noch über die Haftung des Berufsschiffers hinaus. Letzterer haftet in Deutschland wie auch in den Niederlanden gemäß dem Brüsseler Übereinkommen von 1957 begrenzt nur für Schäden bis zur Höhe des Zeitwertes des Schiffes und der Ladung.

Vorstehende Ausführungen zeigen, dass sich der „Freizeit“-Skipper einer Charteryacht mit seiner Crew einer extrem hohen Haftungsgefahr aussetzt.

So mancher Skipper beschränkt sich darauf, allein auf seine Erfahrung und auf sein Können zu vertrauen. Hierdurch setzt er sich einem existenziell hohen Haftungsrisiko aus, und dass – die nachfolgenden Ausführungen werden dies zeigen – völlig unnötig.

Haftpflicht des Bootes reicht nicht

Achtung: Die bei einem Charterboot idR bestehende Bootshaftpflicht des Vercharterers hilft dem Skipper im Schadensfall oft nicht weiter. Diese greift nur bei einfacher Fahrlässigkeit durch den Skipper und oft nur für bestimmte Schäden. Erfahrungsgemäß wird sich diese Versicherung im Schadensfall zudem eher im Interesse ihres Versicherungsnehmers, also des Vercharterers, verhalten, als im Interesse des Skippers. Zu beachten ist hier auch, dass Charterboote regelmäßig im Charterland versichert werden – hier also in den Niederlanden – mit der Folge, dass im Schadensfall das Recht des Charterlandes gilt, welches dann auch beim dortigen Gerichtsstand durchzusetzen ist. Dies kann erhebliche Nachteile haben. So wird z.B. bei einem Rechtstreit in den Niederlanden die Erstattung von Rechtsanwaltskosten im Falle des Obsiegens nicht zugesprochen.

Tatsache ist leider auch, dass der Charterkunde/Skipper in der Praxis keine Möglichkeit hat, die Angaben des Vercharterers über das Bestehen und den Wirkungsumfang einer Yacht-Haftpflicht-versicherung (z.B. Begrenzungen bei Deckungssumme, Fahrtgebiet, Versicherungsschutz nur für Vercharterer, nicht für Skipper etc.) ausreichend zu überprüfen. Dies ist ein Dilemma und führt regelmäßig dazu, dass der Skipper keine ausreichende Sicherheit über einen bestehenden Haftpflichtversicherungsschutz hat.

Auch sind die Anforderungen des Versicherers an die Sorgfaltspflicht eines Schiffsführers immens gestiegen. Im Ergebnis versuchen Versicherer nach einem Schadensfall zunehmend den verantwortlichen Schiffsführer in Regress zu nehmen, vor allem dann, wenn der Verdacht besteht, dass der Skipper einen Unfall grob fahrlässig verschuldet haben könnte. Die Haftpflicht-versicherung des Vercharterers ist – wie bereits dargelegt – dann „fein“ raus. Haftungsansprüche der Crewmitglieder untereinander sowie gegenüber dem Skipper sind über die Haftpflichtversicherung des Vercharterers ohnehin nicht abgedeckt. Nicht selten haftet der Skipper gemäß Chartervertrag nicht nur für Primär-, sondern auch für Sekundärschäden. Ein solcher kann zum Beispiel eintreten, wenn aufgrund eines verursachten Schadens an der Charteryacht diese für die Folgecharter ausfällt und dem Vercharterer hierdurch ein Verlust an Einnahmen entsteht.

Crew-Vertrag und Mitsegelvereinbarung

Eine Haftungsgefahr droht dem Schiffsführer aber auch von seinen Crewmitgliedern. Diese können bereits bei leichtem Fehlverhalten seinerseits Schadensersatzansprüche gegen ihren Skipper geltend machen. Nicht selten muss dann ein Gericht klären, ob sich ein Schiffsführer tatsächlich korrekt verhalten hat oder nicht. Übrigens wäre dann gemäß § 32 ZPO das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen wurde. Liegt der Handlungsort in den Niederlanden, ist gemäß Art.5 Nr.3 EUGVVO das für den dortigen Handlungsort zuständige Gericht zu bemühen. Im Falle einer Streitigkeit zwischen deutschen Mitseglern würde dieses niederländische Gericht nach niederländischer Prozessordnung unter Anwendung deutschen Zivilrechts entscheiden müssen. Zusätzliche niederländische Rechtsanwälte wären zu beauftragen. Ein Festakt der Justiz!

Die private Haftpflichtversicherung des Skippers hilft hier nicht weiter. Bei ihr erstreckt sich ein Versicherungsschutz gemäß § 1 Nr.2b AHB nicht auf das Halten oder Führen von Wasser-fahrzeugen mit Motor. Zudem sind gemäß § 4 AHB Haftpflichtansprüche aus dem Ausland nicht versichert.

Auch eine Yacht-Haftpflichtversicherung des Vercharterers hilft hier nicht weiter. Haftungs-ansprüche von Crewmitgliedern untereinander und gegen den Skipper sind nach den Haftpflichtbedingungen der deutschen Versicherer gemäß § 7 Nr.2,2a AHB ausgeschlossen. Die Crew ist zwar als sog. Gefahrengemeinschaft versichert, aber nur bei Haftungsschäden gegen die Gemeinschaft selbst, nicht jedoch gegen einzelne Mitglieder der Gefahrengemeinschaft.

Eine, wenn auch nur bedingt taugliche Möglichkeit, sich gegen die juristischen Folgen eines unglücklich verlaufenen Törns abzusichern, ist die Mitseglervereinbarung bzw. der Crew-Vertrag. Neben sinnvollen organisatorischen und finanziellen Regelungen ist ein wesentlicher Bestandteil eines solchen Vertrags meist eine Regelung zum Haftungsausschluss oder zur Haftungsbegrenzung. Jedoch sind die Möglichkeiten, auf diesem Weg eine für alle Beteiligten, insbesondere für den Skipper, rechtssichere Haftungsregelung zu vereinbaren, begrenzt. So sind Vereinbarungen über Haftungseinschränkungen zu Lasten Dritter, z.B. der Ehefrau, der Kinder oder des Sozialversicherungsträgers eines verunglückten Crewmitglieds, stets rechtsunwirksam.

Unter den Crewmitgliedern selbst ist die rechtswirksame Vereinbarung einer Haftungsbegrenzung oder eines Haftungsausschlusses zwar grundsätzlich möglich. Sicherlich kann es beim Chartern durchaus vorkommen, dass Personen- und Sachschäden entstehen, bei denen Ansprüche der Crewmitglieder untereinander oder gegen den Skipper entstehen. Verletzt sich zum Beispiel durch eine unangekündigte Halse ein Crewmitglied und stellt Ansprüche an den Rudergänger, könnte dessen Haftung durch einen Crewvertrag wirksam begrenzt worden sein. Letztlich unterliegen aber Vereinbarungen über Haftungsausschlüsse stets der richterlichen Kontrolle. Insofern kann sich niemand sicher sein, dass diese Regelung im Crewvertrag letztlich auch hält. Besondere Vorsicht ist hier bei Musterverträgen geboten, da diese nach den Grundsätzen über Allgemeine Geschäfts-bedingungen gemäß §§ 305 ff BGB einer verstärkten richterlichen Kontrolle unterliegen. Eine Regelung über einen Haftungsausschluss für deliktische Ansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 BGB ist hier gemäß § 309 Ziff.7 BGB grundlegend unwirksam.

Die Crew hat jedoch die Möglichkeit, eine individuelle Vereinbarung zu treffen. Auf diese findet das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann keine Anwendung. Ein solcher Vertrag, in dem sich auch Personenschäden infolge grob fahrlässigen Handelns ausschließen lassen, muss zwingend für jeden Törn eigens ausgearbeitet sein. Und zwar dergestalt, dass anschließend der individuelle Charakter eindeutig ist, beispielsweise durch Aufzählung besonderer Gegebenheiten der beabsichtigten Reise. Ein solches Musterschriftstück darf für mehrere Crewmitglieder genutzt werden, wenn der Törn einmalig ist. Wer ein Schriftstück handschriftlich aufsetzt, kann dem möglichen Einwand begegnen, es handele sich um eine mehrfach verwendete Formular-vereinbarung. Eine höhere Rechtssicherheit beim Abfassen des Crewvertrages lässt sich mit anwaltlicher Hilfe erzielen.

Warum Skipper-Haftpflichtversicherung?

Der Skipper einer Charteryacht nimmt – und dass auch noch in der Regel unentgeltlich – die volle Verantwortung für das Boot und die Besatzung und mithin ein sehr hohes Risiko auf sich. Eine umfassende haftungsrechtliche Absicherung ist daher für den Skipper ein absolutes „must have“. Wie bereits ausgeführt reicht weder die Privathaftpflichtversicherung, noch die seitens des Vercharterers gestellte Yachthaftpflicht- und Kaskoversicherung als Haftungsschutz für den Skipper aus. Speziell zur Schließung hier weit offen klaffender Haftungslücken bieten Versicherungen die sog. Skipper-Haftpflichtversicherung an. Die Versicherungsleistungen der einzelnen Versicherer sind hier leider nicht einheitlich geregelt. Insofern empfiehlt sich, darauf zu achten, dass sowohl Personen- und Sachschäden Dritter, also nicht nur Schäden an der unfallbeteiligten Yacht, sondern auch Schäden an der Charteryacht, wie auch Personenschäden an Crewmitgliedern oder Dritten abgedeckt sind und dies selbst bei nachgewiesener grober Fahrlässigkeit des Skippers (z.B. Fahrt unter Alkohol, versäumte Navigation, Nichtbeachtung von Durchfahrtshöhen). Zudem sollte die Crew nicht haftungsbeschränkend als Gefahrengemeinschaft angesehen werden, sondern als Ansammlung von Individuen, deren Haftpflichtansprüche untereinander auch gedeckt sind. Hierin liegt zudem auch ein überzeugendes Argument für die Umlage der Kosten der Skipper-Haftpflichtversicherung auf alle Crewmitglieder.

Ergänzend zu erwähnen sind auch die Übernahme von Folgeschäden, also die Kosten für Abtransport und Behandlung von Verletzten, für Bergungskosten, für Charterausfallschäden sowie – ganz wichtig! – auch für Gewässer- bzw. Umweltschäden.

Die Skipper-Haftpflichtversicherung macht jeden Crewvertrag aus haftungsrechtlicher Sicht überflüssig. Zahlt aber letztendlich eine Versicherung den Schaden, wird die Freundschaft gewahrt und der Törn bleibt als tolles Erlebnis in guter Erinnerung.

 

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