Kategorie: News & Blogs

EINMAL MÜNCHEN-ANTALYA – heute live bei GEOBUCH München. Oder: Vom langsamen Reisen.

… die Reste dessen, was vom Theater im römischen Myra überlebt hat:
Die Minen von Schauspielern.

Es gibt vielfältige Gründe, warum wir reisen. Und warum wir hinterher darüber den Mund aufreißen über das, was wir erlebt haben, noch mehr. Egal, wie immer man reist, ob pauschal oder „all inclusive“ oder „individual“: Irgendetwas verändert sich. Der Alltag ist, zumindest am ersten Tag danach, ein anderer. Wir sehen unsere Welt danach mit anderen, weit aufgerissenen Augen – auch wenn der Effekt im Büro oder sonstiger Alltagsroutine nach einem Tag meist verschwunden ist. „Unsere“ Welt hat uns dann wieder.
„Urloub“: Im Deutsch des Mittelalters ist das Wort eng verwandt mit „sich Erlaubnis nehmen“. Der Urlaub war also noch nie die Regel, wollte man ihn, musste man sich „Erlaub“-nis holen – von wem auch immer. Mir hat das eigentlich nie eingeleuchtet, schon als Kind nicht, am Ende der großen Sommerferien. Ich habe mich lange gefragt und tue das bis heute: „Wie stellt man es an, eigentlich immer Urlaub, ja: „Erlaubnis“ zu haben?“

Genug der Wort- und Gedankenspiele, der Bekenntnisse. Heute Abend werde ich über meine Reise von München nach Antalya erzählen:

Bei GEOBUCH am Viktualienmarkt, ab 19.30 Uhr am heutigen Donnerstag, 7.4.2016.

Und das ist für mich schon ein besonderes Highlight. Denn schließlich ist GEOBUCH immer ein traditioneller Ort des Aufbruchs, ein Ort, an den ich ging bei x Reisevorbereitungen. Wenn Sie also, wie das Pärchen, das ich vergangene Woche bei meinem Vortrag in der Berliner URANIA kennenlernte und das von Berlin nach Antalya mit dem Motorrad möchte, wenn Sie also das Fernweh plagt und zwickt: Dann freue ich mich, wenn Sie heute Abend im Publikum sitzen.

Denn ums Fernweh, um Nisomanie (die Inselsucht) und Leben am Meer wird’s gehen.
Und darum, dass wir unserem Fernweh öfter mal „Erlaubnis“ geben sollten.

Und für alle, die Fernweh & Meeres-Sehnsucht jetzt gleich befeuern wollen:

 


Ein Mann verliert seinen Job.

Aber statt zu resignieren, begibt er sich einfach auf sein kleines Segelboot.

Und reist in fünf Monaten: Von München nach Antalya.
Was passiert, wenn wir unser angestammtes Leben ändern?

Jetzt lesen. Als eBook. Als Print. Hier bestellen.

Demnächst Vorträge in:
            Donnerstag, 31.3.2016, 19:30 Uhr: URANIA, Berlin                                                                                     
     An der Urania 17, 10787 Berlin, Tel. 030 218 90 91
Donnerstag 7.4.2016, 19:30 Uhr: GEOBUCH, München
Rosental 6, 80331 München, Tel. 089 265030
Kommenden Sonntag der Film im Kino in:
Sonntag 10.4.2016, 11:00 Uhr: Kino im ANDREASSTADEL, Regensburg  

Im Download. Als DVD. Hier.

SeaHelp sorgt für Klarheit bei den Gasprüfungen auf Booten

In Skipperkreisen wird derzeit kontrovers diskutiert, welche Genehmigungen man für das Betreiben einer Flüssiggasanlage an Bord eines Schiff es im Ausland benötigt. Für zusätzlichen Zündstoff sorgte dabei offensichtlich die Tatsache, das österreichische Behörden bei der Beantragung bzw. Erneuerung des Seebriefes jetzt auch gültige Prüfunterlagen der Gasanlage verlangen. Gemäß der in Deutschland geltenden Verordnung über die Kennzeichnung von Kleinfahrzeugen besteht zumindest hier keine grundsätzliche Verpflichtung, anders sieht das beispielsweise bei gewerblich genutzten Booten aus, z.B. bei Charter- oder Ausbildungsyachten. SeaHelp hat sich der zugegeben etwas komplizierten Thematik, die Seerecht, EU-Recht und nationale Vorschriften tangiert angenommen und versucht, ein wenig Licht in den Gesetzesdschungel zu bringen. 

Flüssiggasanlage Boot SeaHelp

Um die Leser nicht zu verwirren, sei hier von SeaHelp nur das absolut Notwendigste an Fakten einmal allgemeinverständlich aufbereitet: Die ISO 10239 als Grundnorm regelt die Installation und die Erstprüfung einer Gasanlage für die Hersteller von „kleinen Wasserfahrzeugen von 2,5 bis 24 Metern“. Die Vorschriften für die Wiederholungsprüfung der entsprechenden Gasanlagen obliegen den nationalen Vorschriften der einzelnen Länder. Als international anerkannt gilt die „Technische Regel G 608“, die vom DVFG (Deutscher Verband Flüssiggas e.V.) publiziert wurde. Dieses Papier gilt als Grundlage für viele nationalen Regelungen. Eine Prüfung der Gasanlage durch einen nach G 608 anerkannten Sachverständigen hat also in allen ändern Bestand, zum Beispiel in Deutschland, Österreich und natürlich in allen weiteren europäischen und internationalen Staaten.

Wichtig für die Skipper ist darüber hinaus:
Wer mit einem Schiff in internationalen Gewässern unterwegs ist, benötigt solch eine Gasprüfung rechtlich verbindlich nicht, national haben jedoch beispielsweise Marinas das Recht, Eigner mit ihrem Schiff fortzuschicken, wenn sie entsprechende Bescheinigung nicht vorlegen können. Auch können nationale Vorschriften für die Binnenschifffahrt von den Regelungen für die Seeschifffahrt abweichen. Hier ist in den meisten Fällen die sogenannten Gasprüfungen vorgeschrieben.

Um nicht für noch mehr Verwirrung in dem „babylonischen Regelungsdickicht“ zu sorgen, beschränken wir uns nur auf die wohl gängigsten Fälle, in denen deutsche oder österreichische Staatsbürger ein Schiff unter der Flagge ihres Heimatlandes (Deutschland oder Österreich) in einer kroatischen Marina beheimatet haben. Wenn das Schiff zum Beispiel unter deutscher, bzw. österreichischer Flagge läuft, gilt für alle Gasinstallation an Bord die ISO-Norm 10239. Die Skipper sind verpflichtet, für die größtmögliche Sicherheit an Bord zu sorgen. Wenn das Schiff in Kroatien oder alternativ auch anderen EU-Staaten liegt, sollte man alle zwei Jahre eine Prüfung der Gasinstallation an Bord vornehmen lassen und den entsprechenden Nachweis mit führen. Das diese Verpflichtung bei Prüfungen in Kroatien und natürlich auch anderen Ländern bislang nicht beanstandet wurde, liegt offensichtlich daran, dass die Behörden es in Kroatien und vielen anderen Ländern es mit der Umsetzung der EU-Vorschriften nicht so genau nehmen. Im Falle einer Havarie stellt sich der Sachverhalt dann jedoch ganz anders dar: Möchte der Eigner den Schaden oder auch Schäden an anderen Booten von seiner Versicherung erstattet bekommen, muss er nachweisen, dass er für die größtmögliche (technische) Sicherheit an Bord gesorgt hat. Und dazu gehört übrigens auch die Gasprüfung nach G 608 oder gleichwertiger nationaler Vorschrift en. Gleiches gilt natürlich auch, wenn der Sachverhalt die Gerichtsbarkeit beschäftigt.

Ereignisreiche Woche

IMG_4329 Dune du PilatDie Woche ist nicht ganz zu Ende und trotzdem fasse ich sie schon mal zusammen, denn jetzt habe ich gerade Zeit. Ich häng seit heute morgen nämlich angezählt in der Koje. Halsweh, leichtes Fieber und der Kram, schon wieder. Es nervt, aber was solls, geht auch wieder weg.
Was seit Samstag vor einer Woche so passiert ist:

Wir hatten viel mit Eos zu tun. Einkaufen, sauber machen, für die Kanalfahrt vorbereiten, die verschiedenen Tanks auffüllen, ein paar kleinere Reparaturen erledigen, sich gemütlich einrichten, Technik checken, und so weiter.

So sehen die wichtigsten Füllstände nun aus:

Trinkwasser in Tanks – 220l
Trinkwasser und Cola in Flaschen – 45l
Nahrungsmittel – Viele
Diesel – 200l
Benzin – 5l
Petroleum – 27l
Spiritus – 7l
Rum – 1 Flasche

Neben der Vorbereitungsarbeit war aber auch noch genug Zeit für Urlaub am Atlantik und, ganz spontan, auch für Ausflüge auf dem Jakobsweg.
Eigentlich wollte ich Sabrina an ihrem Geburtstag für zwei Tage nach Spanien entführen aber sie wollte nicht. Zu aufwändig, meinte sie. Sie wollte ihren 30. lieber ganz unspektakulär auf dem Jakobsweg hier an der Küste verbringen.
Ich muss sagen, es war der ungewöhnlichste 30. Geburtstag, auf dem ich jemals anwesend war, aber auch einer der schönsten.
Wir haben morgens unsere kleinen Rucksäcke gepackt. Proviant, ein paar warme Klamotten. Dann die Wanderschuhe angezogen und los. Allerdings nicht nur zu Fuß. Der kleine Renault Modus hat uns an einige Abschnitte gebracht, die wir vor ein paar Monaten gepilgert sind.
Erinnerungen kamen hoch und vor allem sehr schnell auch die Erkenntnis, wie wenig Zeit vergangen und wieviel in unserem Leben seitdem passiert ist.
In Le Gurp ist nach wie vor alles dicht. Keine Menschenseele war dort. Den Platz im Wald, an dem unser Zelt für eine Nacht stand, haben wir sofort wieder gefunden. Es ist wirklich kurios. Im Alltag vergisst du schon mal wo du vor dem Supermarkt dein Auto geparkt, oder zu Hause den Schlüssel hingelegt hast und hier, auf dem Jakobsweg? Da weiß ich noch, neben welcher Pflanze ich den Hering in den Boden gedrückt habe. So einen Weg geht man irgendwie wacher. Man versucht so viel wie möglich in sich aufzusaugen. Bloß nichts liegen lassen!
Irgendwann hatten wir dann die Runde durch den Wald gedreht und uns neben dem Campingplatz unter den hohen Kiefern an einen der Tische fürs Picknick gesetzt und etwas gegessen. An denselben Tisch wie beim letzten Mal. Wir waren allein, nach wie vor keine Menschen weit und breit. Nur ein paar einzelne „Wächter“ von Le Gurp sind noch umher gehuscht. Die Eichhörnchen.

Einen Tag später sind wir noch einmal los und haben weitere Orte am Jakobsweg und daneben besucht. Die Tramperstrecke, das Bassin d’Arcachon und noch einmal hoch auf die Dune du Pilat. Wunderbare Tage waren das.

Und Johnny? Den haben wir natürlich nicht vergessen! Seine Urne hatten wir mit an Bord und die Zeit mit ihm ist nun endgültig zu Ende. Wir haben jetzt eine Stelle, an der wir an ihn denken können.

Seit heute morgen bin ich nun allein an Bord. Ziemlich ungewohnt für uns beide. Sabrina ist mit dem Auto zurück gefahren und auf halbem Weg gut im Hotel angekommen. Morgen fährt sie die zweite Hälfte der Strecke und dann ist ihr Urlaub auch schon wieder vorbei.
Ich bin gespannt wie wir mit dem allein sein klar kommen werden. Heute war es jedenfalls für uns beide sehr schlimm.
Eine Freundin von Sabrina hat es vor kurzem recht passend ausgedrückt: „Zwischen euch beide passt ja auch kein Blatt Papier!“
IMG_20160401_194111 Sabrina und Nico

April, April

Aprilscherz 2016Eos segelt nicht mit 4 Beaufort von achtern, bei herrlichem Wetter der spanischen Küste entgegen, sondern liegt nach wie vor in ihrer Box in Port Medoc! Die Positionsmeldungen hier auf der Website und bei Facebook waren natürlich ein Aprilscherz.

Bald geht es aber wirklich los. Sabrinas Urlaub ist leider schon fast zu Ende. Sie wird morgen früh mit dem Auto allein zurück fahren, auf halber Strecke im Hotel übernachten und ist Sonntag wieder in Deutschland.

Wenn der Wetterbericht so bleibt, dann mache auch ich morgen früh die Leinen los. Eos ist fertig vorbereitet und alle Tanks sind randvoll.

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Sonnensegler #22 Zurück an Bord

Vom Segelboot zum Kanaldampfer

IMG_20160326_092845Angefangen hat die Tour am Donnerstag Abend etwa 19 Uhr. Ich habe meinen Rhythmus einen Tag zuvor auf Nachtschicht umgestellt und ziemlich lange geschlafen. Sabrina war mit ihrer Bronchitis so gut wie durch. Bei mir haben sich wieder Schnupfen und Halsschmerzen angeschlichen, aber ansonsten war ich fit.
Die Niederländische Grenze lag schnell hinter uns, ebenso die Belgische. An beiden Übergängen war es erstaunlich entspannt.
Die Grenze zu Frankreich wurde stärker bewacht als noch im Dezember, aber auch hier durften wir ungehindert passieren.
Ich hatte mich bereits auf eine ziemlich langweilige Nacht eingestellt, während Sabrina die meiste Zeit geschlummert hat. Eine CD nach der anderen musste das Radio durchleiern, um mich bei Laune zu halten.
Die Mautstationen wurden ebenso von schwer bewaffneten Polizisten überwacht, aber das kannten wir ja bereits von der letzten Tour, ein paar Monate zuvor. Wir haben nur gehofft, dass wir nicht zu denen gehören würden, deren Fahrzeug ausgeräumt und durchsucht wird. Bisher hatten wir wirklich Glück.
Die Mautstation vor Paris wurde besonders gut kontrolliert, allerdings aus meiner Sicht irgendwie ein wenig merkwürdig organisiert. Viel blaues Blinklicht und noch mehr Pylonen. Hab mir dann erst mal eine freies Mautgatter zum bezahlen ausgesucht. Ich wundere mich ja immer wieder, warum so viele Menschen sich in der Mitte knubbeln und anstehen, obwohl man mit einem Schlenker nach rechts oder links gleich ein freies Terminal vor sich hätte. Vielleicht eine Art Herdentrieb? Ich weiß es nicht, bin aber jedenfalls ganz nach rechts außen an ein freies Gatter gefahren und hab das Ticket bezahlt. Nachdem die Schranke hoch gezogen wurde, lag vor mir ein durcheinander aus Pylonen. Einige Autos, die ohnehin bereits mittig durch die Anlage sind und jetzt links neben mir waren, wurden von Polizisten kontrolliert. Die Lage sah ziemlich entspannt aus und ich hab kurz überlegt, ob ich im 90° Winkel nach links ziehen und mich hinten anstellen soll? Aber zum einen soll man sich ja nicht unnötig auffällig verhalten und zum anderen war direkt vor mir eine eindeutige Lücke zwischen den Pylonen. Also wirklich eindeutig!
Was machen? Eine Sekunde, zweiter Gang, noch eine Sekunde…
Irgendwie war ich im Kopf wohl schon auf Eos und habe mir gedacht: Im Zweifelsfall erst mal Kurs halten!
Also geradeaus.

Etwa 100m weit sind wir gekommen, dann wurde laut gepfiffen und gerannt. Die Polizisten waren plötzlich überhaupt nicht mehr entspannt und auch die automatischen Gewehre hingen jetzt nicht mehr nur locker um den Hals.
Der Modus stand mehr oder weniger sofort, ich hab noch schnell das Fenster geöffnet und zumindest eine Hand nach oben gehalten.
Bevor der erste an der Tür war hab ich mich bereits entschuldigt. Er war schnell an der Tür, hat uns dann sehr ernst gemustert, ins Auto geschaut und während ich irgendwie versuchen wollte mich zu erklären, fing er ganz leicht an zu lächeln und fragte dann: „Deutsch?“
Ich hab genickt.
„You can go this way!“ meinte er nur und zeigte in Richtung Autobahn.

Das wars, mehr nicht.
Merci beaucoup!

Das war der einzige Zwischenfall. Morgens um kurz vor 8 Uhr, viele 100 Kilometer später, hat die Fähre den kleinen Renault Modus und uns über die Gironde geschaukelt. Diesmal hat er es endlich auch an den Atlantik geschafft, mit gerade mal 4,7l Diesel pro hundert Kilometer.

Schlüssel umdrehen, Türen auf, in die Kajüte schnuppern. Alles gut!

Nur außen hat Eos ein wenig gelitten. Die Winterstürme haben ein paar Spuren hinterlassen, aber nichts wildes.

Der restliche Tag war gefüllt mit Kisten schleppen, einrichten, alles für den Krantermin vorbereiten.

Am Samstag sind wir mit Eos dann eine große Runde durch den Hafen zum Technik Ponton gedreht. Eine große Runde deshalb, weil im Hafen gerade gebaggert wird. Man muss quasi eine Umleitung fahren.
Etwa eine Stunde später lag der Mast auf seinen neuen Lagerpunkten. Dann zurück in die Box, Wanten, Stagen und das ganze Gerödel sortieren, fixieren, abpolstern. Noch ein Großeinkauf, endlich duschen.

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FILE8194 Mastlegen
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In Sizilien. Auf dem Boot. Im Gründonnerstags-Sturm.

Und irgendwie hatte ich es wieder nicht hingekriegt. Hatte es einfach nicht gemacht. Hatte das, was wichtig ist, einfach aus den Augen verloren. Ich hatte mir vorgenommen: „Im Winter mindestens einmal pro Monat am Meer.“ Auf LEVJE, die jetzt im Süden Siziliens im Hafen von Marina di Ragusa liegt. Nicht weniger als eine Woche. Mindestens. 
Aber wie das Leben so läuft: Ein netter Winter in Oberbayern. Eine spannende Aufgabe in Berlin.  Und weg ist der gute Vorsatz. Aus „Mindestens einmal monatlich“ wurde flugs „kein einziges Mal in vier Monaten.“ Mein Leben war spannend. Doch ich scharrte mit den Hufen, endlich, endlich in diesem Winter wieder auf mein Schiff zu kommen. Ich spürte, wie mein Schiff an den Leinen ruckte, ein Lebewesen erwacht in den Winterstürmen Siziliens. Nachts lag ich wach: „Schwimmt sie noch?“
Heute war es soweit. Früh aufgestanden, die letzten Dinge im Seesack verstaut, proppenvoll mit Werkzeug, Schrauben, Bolzen, Plastikflaschen voll „Harz & Härter“. Zwei Beutel mit Ostereiern, meine Lieblingssorte, die mir Katrin neben den Seesack legt. Minuten später stehe ich allein am Bahnhof, en Seesack geschultert, mein Schritt ist federleicht, obwohl der Seesack zusammen mit dem kleinen Rucksack für meine elektronische Ausrüstung mehr als 20 Kilo wiegt. Rollkoffer? Nein. Ich spüre es nicht, das Gewicht, weil andere Gewichte heute morgen von mir abfallen, während ich im lichtlosen Grau auf dem Bahnsteig stehe, beim Umsteigen nehme ich zwei Stufen auf einmal. Das Herz: es hüpft.

Der kleine Militärflughafen weit weit im Westen, von dem die Maschinen mit der aufgemalten gelben Harfe abheben. Noch nie bin ich mit RYANAIR geflogen, es ist eine verflixte Gängelei, vorher und während wir abgefertigt werden. Gedrängel und Gegängel im Wechsel, eingepfercht sein – da hilft auch kein noch so flotter Marketing-Refrain. Ein Massenprodukt, das mit Massen gefüllt sein will, sonst funktioniert es nicht, ich überlege, wie man – eingepfercht und nicht nur der Beinfreiheit beraubt, dieser Art von Massentransport, es ist ja nichts anderes, Positives abgewinnen könnte. Ich schließe die Augen. Schlafen ist gut. Der Blick aus dem Fenster auf die Weite der Berge – ja der entschädigt.

 

Anflug auf Palermo. Als die Wolken aufreissen, sagt jemand hinter mir: „Merkwürdig. Ich sehe Schnee. Und Berge.“ Doch was aus der Luft wie Schnee aussieht, ist Gischt. Wind, der tief unter uns auf dem Meer Wellen aufwirft, Gischt, die von hoch oben weiß aussieht, wenn Kämme brechen.

Und tatsächlich. In Palermo weht es. Wie fast immer, liegt der Flughafen einer Insel am Meer, beim Aussteigen warnt der Purser, dass man aufpassen solle, „heavy gusts outside“. Als ich aussteige, galoppieren graue Wolkenfetzen über den Berg, der archaisch hinter dem Rollfeld aufragt. Pfützen, die flirren, als lägen sie unter einem Triebwerk. Der Autoverleiher, ein netter Rothaariger, der versucht, mir noch für 170 € eine Extra-Versicherung anzudrehen. Nettes Palaver. Italien.

Ich rolle durch die Dämmerung. In Palermo Stau, es ist sechs, dann auf der Autobahn Richtung Süden. Windboen treiben meinen Kleinwagen immer wieder aus der Spur, aber sie lassen etwas nach. Regenschauer, kein Mittelmeer-Regen, eher feines Gesprühe. Meerwetter. Atlantikwetter. Zwischen den Bergen kurz der Vollmond, der zwischen jagenden Wolken sich zeigt. Als ich ihn sehe, weiß ich wieder, wie richtig es ist, immer wieder aufzubrechen, genau das und dies hier zu suchen, und wenn es nur für Tage, Stunden ist. Freude, die beim Anblick des Mondes wie ein Blitz durch mich zieht. Die letzten Kilometer, ein Gekurve durch düstere Wälder von Schilf, lange Halme, die sich im Wind biegen, wenn der Scheinwerfer des Wagens sie fasst.
Als ich endlich den Hafen erreiche, ist es mondlos, wolkenverhangen, Finsternis. Eigentlich wollte ich noch etwas essen gehen, aber die Sorge um mein Boot treibt mich gleich zum Hafen, jetzt um neun ist eh fast alles zu. Marina di Ragusa, Ferienort. Winterschlaf. Fetzen von Planen, die von Zäunen wehen.

Dann stehe ich endlich vor LEVJE. Sieht alles gut aus, von der Pier. Die Persenning bläht sich und bauscht im heftigen Nordwest, ein Brausen in den Masten. Ein paar ausgerissene Zeisinge, es muss heftig geweht haben hier die letzten Monate, die Trikolore, die ich neu im Herbst aufzog, sie ist in der Dunkelheit reduziert auf „Uno Colore“. Der Rest: verweht, vom Wind zerzaust, zerfasert, zerstoben.

Ich klettere an Bord. Fühlt sich so gut an, der gewohnte Tritt am Bug in den Bügelanker, in einem Schwung hinauf mit dem Seesack auf den Rücken in den Bugkorb, LEVJE schwingt freundlich in einer Böe nach Steuerbord. „Guten Tag.“ Mein Gesicht ein dümmliches Grinsen, ich freue mich einfach nur, als wäre es Weihnachten, wieder hier zu sein. Schnell das Steckschot geöffnet. Ich tappe im Dunkel nach unten, jedes Mal erwarte ich, im Dunkel mit den Füßen in eisiges Schwappen zu tauchen, weil ein Bordverschluss leise aufgab, im Winter. Aber alles ist trocken. Ich taste im Dunkel nach dem Hauptschalter, drehe kurz den Knochen. Licht springt an, ich habe beim Weggehen vorbereitet, dass alle Lichter gleichzeitig angehen. Mein erster Blick: Alles gut, alles trocken. Batterien so la-la. Nur die Kartoffeln in der Bilge habe Triebe bekommen, ich dachte ja im späten Dezember, gleich wär’ ich wieder da. Alles trocken. Alles gut. Freude packt mich, wieder auf meinen Boot zu sein, Freude, tief kindlich und kindisch zugleich, ich streichle LEVJEs Mastfuß, wie immer, wenn ich komme, wenn ich gehe.
Die Beziehung eines Menschen zu seinem Gefährt: Sie ist bemerkenswert immer dann, wenn es nicht um „ es Haben“, sondern um „damit etwas Machen“ geht. Natürlich handelt es sich ja alles nur um ein paar industriell gefertigter und montierter Teile, Glas, Harz, Härter, Alu und Holz, im Wesentlichen. Aber zu jedem wichtigen Gefährt hatte ich auch immer eine besondere Beziehung. Mein erstes Fahrrad, auf dem ich nach der Schule, wenn das Wetter es zuließ, jeden Nachmittag aufbrach, um irgendwo im Dorf herumzustreunen, nach Erfahrungen, Abenteuern zu suchen, hieß „Emma“. So wie die Lokomotive von Lukas in dem Buch, das ich Nachmittags auf den heißen Pflastersteinen liegend wieder und wieder verschlang. Das erste Motorrad, das den Radius deutlich vergrößerte, die „wilde Wutz“. Der kleine rote Golf. Vielleicht ist das so: Ein Gefährt wird zum Gefährten, wenn man mit ihm ganz neue Schritte ins Leben geht. Neue Wege beschreitet. Wenn man ihm neue Erfahrungen verdankt, Weite im Kopf. Und Stunden des Glücks.

Ich schaue mich unter Deck um. Die Fenster blieben im prasselnden Winterregen alle dicht. Draussen macht der Wind Geräusche wie ein dahinbrausender Zug, der sich in die Kurve neigt. Ein schrilles Pfeiffen zwischen den Wanten. Ein dumpfes Wummern vom Meer hinter der Mole. Hundertfaches Sirren und Schwirren in der Luft. Ein Rauschen und Branden, Levje, die in den Böen hin und herschwingt, dazwischen der brummende Ton einer Orgel. Levjes Mastfuß, der vibriert. Die Tausenderlei Töne, die schwächer werden, nur um gleich wieder anzuschwellen, das Sirren und Schwirren und Brummen und Pfeiffen, das über allem liegt im Dunkel. Und ich mittendrin, geborgen, behütet in der Unwirtlichkeit, in der mein kleines Schiff schwingt, während ich Wasser für einen Topf mit Penne aufsetze und mir eine der letzten griechischen Bierdosen öffne: Bin glücklich während ich im Cockpit sitze, und hinausschaue in die brausende Finsternis.

„Das Leben eines Menschen ist, was seine Gedanken daraus machen.“ Der alte Kaiser, der das schrieb, hatte recht – im Guten wie im Schlechten. Ich stelle mir vor: Wie er diese Zeile im matten Licht einer Öllampe seinem Sekretär diktierte – der alte Kaiser lebte meist im Militärlager, ein Kaiser zwar, aber im Zelt, die zwanzig Jahre seiner Regierung fast nur in widrige Grenzkriege im Norden verwickelt. „Das Leben eines Menschen ist, was seine Gedanken daraus machen.“

 

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Mehr Geschichten vom Autor von MARE PIU: 

 

 

Ein Mann verliert seinen Job.

Aber statt zu resignieren, begibt er sich einfach auf sein kleines Segelboot.

Und reist in fünf Monaten: Von München nach Antalya.
Was passiert, wenn wir unser angestammtes Leben ändern?

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Demnächst Vorträge in:
            Donnerstag, 31.3.2016, 19:30 Uhr: URANIA, Berlin                                                                                     
     An der Urania 17, 10787 Berlin, Tel. 030 218 90 91
Donnerstag 7.4.2016, 19:30 Uhr: GEOBUCH, München
Rosental 6, 80331 München, Tel. 089 265030
 
Demnächst der Film in:
Sonntag 10.4.2016, 11:00 Uhr: Kino im ANDREASSTADEL, Regensburg                           
 

 
 

Start Boating – Entdecke eine neue Welt

Ende Mai beginnt die bundesweite Start-Boating-Tour – Jetzt Probefahrten buchen

Start Boating

Einsteigen, ablegen und Spaß haben. So lautet die Devise bei der bundesweiten Kampagne für den Bootssport.

Die Faszination Bootssport kann man nur live erleben. Start Boating bietet allen Interessierten die Möglichkeit, das Ruder einmal selbst in die Hand und sich mit Familie oder Freunden den Wind so richtig um die Nase wehen zu lassen.

Insgesamt 12 Boote zwischen 4 und 10 m Bootslänge stehen für die kostenlosen Testfahrten zur Verfügung. Ob Segel- oder Motorboote, ob sportlich rasant oder komfortabel, Start Boating schafft magische Momente auf dem Wasser.

http://www.marinafuehrer.adac.de/wp-content/uploads/start_boating_moodfilm.mp4

Anmeldungen sind online über die Kampagnenwebsite www.start-boating.de jederzeit möglich. Bootsführerschein oder maritimes Fachwissen sind nicht erforderlich. Unsere erfahrenen Instruktoren begleiten die Gäste bei ihren ersten Bootserfahrungen und zeigen, wie einfach der Einstieg in den Bootssport ist.

Ende Mai beginnt die bundesweite Start-Boating-Tour an der Ostsee und endet Ende September am Bodensee.

Die Tour-Stationen auf einen Blick:

27.-29. Mai 2016                  Neustadt in Holstein (hanseboot ancora boat show)

18./19. Juni 2016                  Berlin/Potsdam

02./03. Juli 2016                    Warnemünde/Ostsee

13./14. August 2016             Koblenz/Rhein (Rhein in Flammen)

03./04. September 2016      Düsseldorf/Rhein

17./18. September 2016      Bremen/Weser

24./25. September 2016      Friedrichshafen/Bodensee (Interboot)

Start Boating wird durch den Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V. (BVWW) sowie durch den Deutschen Boots- und Schiffbauer-Verband e.V. (DBSV) organisiert. Das Start Boating Journal steht zum kostenlosen Download zur Verfügung. Die ADAC Sportschifffahrt unterstützt die Kampagne und steht Interessierten mit umfassenden Informationen zu zahlreichen Revier- und Sachthemen beratend zur Seite.

Position im neuen Gewand

Position 2016-03-20Pünktlich zum Frühlingsanfang ist die neue Positionsseite fertig geworden. Auf den ersten Blick fällt hauptsächlich die neue Karte auf. Die Seite verwendet jetzt eine OSM-Outdoor-Karte und ich habe auf die neueste Plugin-Version umgestellt. Das bringt in erster Linie einige Erleichterungen für mich beim aktualisieren mit sich. Für euch bedeutet es, dass die Position und Links aktueller sind. Mit Smartphones lässt sich die neue Karte jetzt auch komfortabler bedienen.

Probierts doch mal aus: —> Position

Von Seuchen und Vorbereitungen

IMG_4212Zuerst die Guten Nachrichten:
Alle Einkäufe sind erledigt, alle Bastelprojekte aus der Werkstatt raus und die letzten Bestellungen eingetrudelt. Auch unser kleiner Renault Modus ist wieder fit. Er hat uns bis vor kurzem immer wieder mit Problemchen auf Trab gehalten. Zum Schluss ist noch die Windschutzscheibe getroffen worden. Ein Steinschlag, dekoriert mit einem „schönen“ langen Riss. Aber auch das ist wieder heile, nachdem ich vorgestern eine neue Scheibe eingebaut habe.
Jetzt müssten eigentlich nur noch die Sachen gepackt und etwas Papierkram erledigt werden. Der weitere Plan sieht dann vor, dass wir uns am Donnerstag Abend auf nach Frankreich machen wollen.

Jetzt die schlechte Nachricht:
Sabrina liegt seit heute flach. Aber so richtig. Kopf- und Gliederschmerzen, Halsweh, Husten, Stimme weg und Fieber.
Wir spielen mit der Seuche seit ein paar Wochen Pingpong. Erst Sabrina, dann bis vor ein paar Tagen ich und jetzt wo wir beide wieder einigermaßen fit waren, geht es offenbar von vorne los.

Aber wir haben einen Plan B, falls nicht eine Art High-Speed-Heilung einsetzt! Denn irgendwie muss Eos vorbereitet werden und am Samstag früh zum Servicesteg kommen, dann hat sie einen Termin fürs Mastlegen.

Der Segler im Winter: Ein Abend, nur einer, am Meer.

Und? Wissen wir noch, wie das ist, jetzt im späten Winter am Meer? Könnten wir das einfach beschreiben, wie das zugeht am Himmel und aussieht und sich anfühlt, wenn die Sonne das Meer alleine zurücklässt? Hätten wir sie noch alle drauf, all die Farben, wie sie sich über den langen langen Sonnenuntergang dahinziehen? Wissen wir noch, wie das ist, wenn der Himmel im Abendlicht zu einer Kinoleinwand wird, über die ein Film ganz anderer Art flimmert? Versuchen wir mal, diesem Kinofilm beizuwohnen.

Zur Erinnerung: Jetzt im Winter, am späten Nachmittag, versinkt die Welt am Meer im Blau noch mehr als am Land. Und nur, was aufragt aus dem Meer, was sich dem letzten Licht des Abends entgegenstellt, ein Fels, ein wackeliger Steg, zwei gekreuzte Bretter, das leuchtet plötzlich auf wie eine rätselhafte Hieroglyphe.

Das leise Rauschen am Strand. Ein kalter Wind im Gesicht, der Frösteln macht. Geruch nach frischem  Tang. Wolken, die wie feine Finger über die ganze Weite des Himmels ausgreifen. Schwere Schuhe, die im Sand versinken. Der rote Turm, von dem niemand Ausschau hält und der doch dasteht: als würde er auf etwas sehnsüchtig warten, etwas heiß ersehntes, was übers Meer kommen wird. Ganz sicher.

Und während wir langsam zurück stapfen durch den Sand und der Erdboden immer mehr im Dunkel versinkt und der Himmel duftig immer heller wird und heller, bis er nur noch ein einziges Leuchten ist, weil der Rest der Welt im Dunkel versinkt, schießt mir ein Satz durch den Kopf, den ich im Flugzeug las, über den Wolken, und den ich festhalten möchte auf diesem Blog, weil er so passt, zu all dem:

„Man ist ja auch immer das Gegenteil dessen, was man ist.“

PS: Der kluge Satz: Der stammt von Laurie Anderson. Und er war an diesem Wochenende in ihrem Interview im lesenswerten SZ-Magazin LOS GEHTS. EIN FRAUENHEFT ÜBER DEN AUFBRUCH zu lesen.
Und der Himmel im Winter am Meer? Der ist ganz sicher noch da, wo er immer ist.
Der Himmel: Er kommt für alle, die nicht warten wollen, am Ende in meinem Buch und auch im Film EINMAL MÜNCHEN – ANTALYA, BITTE ausgiebig vor. Der Film läuft an diesem Wochenende
                      am Samstag, 19.3. im KURTHEATER in Tutzing
                      und am Sonntag 20.3. als Matinee im BREITWAND in Herrsching.

Spurenbeseitigung

IMG_20160227_114830 Tasche1Neben den Spuren, die wir auf unseren Reisen hinterlassen, hinterlassen sie auch Spuren an uns. Dass solche Abenteuer aber auch nicht spurlos an unseren Reisetaschen vorüber gegangen sind, habe ich letztens deutlich gesehen.
Haben sie im Laden vielleicht noch gehofft, bei einer Pauschalreise im Flieger ins Warme zu kommen und ein ruhiges Dasein zu fristen, kam alles anders, nachdem wir sie gekauft haben.
Sie wurden bis an die Belastungsgrenze bepackt, in der Metrostation im Gatter eingeklemmt und die Rollen beim Sprint von einem Zug zum nächsten zum schmelzen gebracht.

Anstatt sie aber nun in den Ruhestand zu schicken, haben sie von Nico kugelgelagerte Inlinescater-Rollen mit einem neuen Gehäuse bekommen. Danach sind im Kampf mit der Nähmaschine und mit einiger Handarbeit die restlichen „Spuren“ von mir beseitigt worden und die Taschen sind wieder bereit für ihren nächsten Einsatz!