Einfahrt in Tikehau
Do., 29.Aug.19, Franz.Polyn./Insel Tikehau/Tuherahera Tag 1915, 18.584 sm von HH
Es sind nur sechzig Meilen von Makatea zum nächsten Atoll, nach Tikehau. Wann hatten wir zuletzt so eine kurze Distanz zu segeln? Im letzten Jahrhundert in der Ostsee vielleicht. Auch mal schön. Der Wind weht schwach, wir kriechen vor uns hin, eine wunderbare Nachtfahrt. Pünktlich zum vermeintlichen Stillwasser erreichen wir den Pass um 9:00 Uhr morgens.
Still ist hier gar nichts. Die Strömung bläst uns mit vier Knoten entgegen. Die alten Bekannten sind zur Stelle: die stehende Welle, das kabbelige Wasser, die glattgezogenen Flächen; die Strudel, die uns in die Tiefe ziehen wollen. Adrenalin strömt. Ich glaube an diese Passeinfahrten gewöhnt man sich nie. Nach zehn Minuten sind wir durch und erreichen die Lagune.
Wer sich so eine Lagune in einem Südsee-Atoll als ruhige Badewanne vorstellt, der irrt sich. Genau wie wir. Die Lagune von Tikehau hat einen Durchmesser von 20 Kilometern. Genug Anlauffläche für den Wind, je nach Stärke, eine kleine Hacksee oder richtige Wellen aufzubauen. Die kleinen Inseln, die ‚Motus‘, die im Kreis auf der Riffkante sitzen, bieten kaum Schutz vor dem Wind. Wie in Abrahams Schoß liegt und fährt man in den Lagunen nicht.
Aber das Schlimmste in so einer Lagune sind die Bommies. Wild verstreut wachsen diese Korallenberge auf dem Sandgrund der Lagune. Die Bommies haben einen Durchmesser von hundert bis wenige Meter. Viele reichen bis kurz unter die Wasseroberfläche und sind bei dem richtigen Sonnenstand gut zu erkennen. Die Farbe eines Bommys variiert, je nachdem wie weit er an die Wasseroberfläche reicht und wie tief das Wasser ist: grünlich braune Flecken im tiefen Blau, dunkle Flecken im flachen Wasser. Aber wehe, jemand knipst das Licht aus, wenn sich eine Wolke vor die Sonne schiebt. Dann steht man im ‚Dunkeln‘, der Bommy vor dem Bug wird unsichtbar.
Der Sandgrund ist gespickt mit Bommies – je dunkler, desto höher kommt der Korallenblock an die Oberfläche
Auf den Seekarten von ‚Navionics‘ sind Bommies nicht verzeichnet. Danach kann man nicht sicher navigieren. Aber es gibt eine weitere Methode, die neben der Augapfel-Navigation zusätzliche Sicherheit bringt. Hierfür muss man aus ‚Google-Erath‘ Satelliten-Fotos vom gewünschten Atoll erstellen und ‚geo-referenzieren‘. Diese Fotos legt man über die Karten von ‚Open-CPN‘, schließt eine GPS-Maus an den Laptop und kann dann auf Satelliten-Fotos Positions genau navigieren. Kaufen kann man solche übereinander gelegten Karten nicht. Die muss man sich aus dem Internet laden und selber zusammen stellen. Dies klingt nach viel Handarbeit, ist aber mit dem Programm ‚Ge2Kap‘ recht flink abgearbeitet.
Außerdem werden die Karten natürlich von Segler zu Segler weiter gegeben.
Bei der Navigation im Atoll steht somit ein Laptop im Cockpit. Und Achim im Ausguck. Die weißen Punkte im Blau sind gut zu erkennen. Jeder Fleck ist ein Bommy. Um die muss ich drum herum steuern. Diese Methode birgt Tücken (wie wir jetzt alle wissen ). Zum einen gibt es auf den Google Earth Karten noch immer Stellen mit Wolken. Und zum andern sind kleine Korallenblöcke in der Auflösung, die man als nicht Militär-Angehöriger erhält, kaum oder gar nicht zu erkennen.
Das Sicherste ist der Ausguck, der für dauerhafte Sonne zu sorgen hat.
Navigation mit Open CPN, Navionics und den Augen
Weißer Fleck gleich Korallenblock
Wolken an den entscheidenden Stellen