Kategorie: News & Blogs

Vier Wochen allein in den Bergen (2): Aufstehen.

Der erste Anblick, wenn ich morgens zum Frühstücken vor die Tür trete. 

 
Jeden Morgen wache ich gegen halb 7 Uhr auf. Fahles Licht dringt durch das kleine Fenster. 3 Grad hat es draußen, sagt das Thermometer. Aber das Wetter in Südtirol sei immer besser als der Wetterbericht, sagt Erwin, mein Nachbar. Er lebt seit 35 Jahren hier oben und weiß es besser als ich.

Tatsächlich ist das mit den 3 Grad draußen gar nicht so schlimm. Die Hütte, unten aus Stein, oben aus Holzbohlen errichtet, scheint obwohl alt wirklich gut isoliert zu sein. Selbst in den letzten Tagen, als das Thermometer im Dauerregen draußen nie über 9 Grad klettere, blieb es in der Hütte bei 15 Grad. 

Also nichts wie raus, sobald mein Frühstück fertig ist. Tatsächlich ist an der Hauswand jeden Morgen ein kleiner Fitzel Sonne, der aufs Gesicht scheint. Selbst an Regentagen ist die kleine Hausecke trocken unter dem Dach. Dort ist mein kleiner Start in den Tag am Schreibtisch. In die Sonne blinzeln. In der Kälte die Wärme auf dem Gesicht und den Händen spüren. Hinüberschauen in die Berge und zum 100. Mal fast schon zwanghaft denken: Das MUSS ich doch fotografieren – als stünde mir da Barbie leibhaftig gegenüber. Aber es sind nur die wilden Zacken der Grupo delle Odle, wie sie italienisch heißen, der Geislergruppe.

Mein Frühstück ist einfach. Gequollene Haferflocken mit etwas geschmolzener Bitterschokolade. Und einer Honigmelone obendrauf. Im Laden unten in Brixen wog ich sie lange in der Hand. 1,5 Kilogramm wog die Honigmelone. „Was für ein Schwachsinn“, dachte ich, „das schwere Ding mein letztes Wegstück eine Stunde über die steile Skipiste von der Busstation hier herauf zu schleppen – samt Tomatendosen, Pasta-Paketen, prallen Tüten mit Hirse und Linsen und was man sonst noch braucht. Tatsächlich erwies sich das 1,5 Kilogramm schwere Honigmelonen-Trumm als Bringer. Sie hielt eine Woche durch und garniert meinen Morgen, zusammen mit den Kürbiskernen und dem Espresso aus der Cafetiera.

Das mit dem Essen, das könnte ich auch anders haben. Ich könnte einen Bäcker im Tal anrufen, der mir unten frisches Brot, ein paar Semmeln an den Container hängt. Ich müsste nur einfach 100 Meter hinuntergehen und sie jeden Morgen abholen. Ich könnte mir eine der Hütten 100 Meter entfernt buchen. Sie gehört zum Luxushotel auf halber Höhe. Jeden Morgen rollt ein nachtschwarzer Range Rover herauf, Mittags und Abends auch. In der Hütte wird ein Catering aufgebaut, das fleißige Hände seit Morgens um halb fünf zubereiteten, echte Köstlichkeiten. Für 1.299,- Euro kann man zwei Hütten-Nächte zu zweit hier verbringen. 

Aber so merkwürdig das klingt: Ich glaube, ich bin lieber so doof und schleppe die Honigmelone, das feiste Stück, selber rauf. Warum? Das wird mancher nicht verstehen. Es ist meine Art, wenigstens für ein paar Tage den unsichtbaren, abstrakten Kräften zu entkommen, die unser Leben bestimmen. Den kaum wahrnehmbaren Kräften, die auf unser Leben unmerklich Einfluss nehmen. Den fleißigen Händen, die uns irgendwo unsichtbar unser Leben ermöglichen. Den Dingen, von denen ich meine, ich  müsste sie besitzen. Dem verführerischen Aussehen eines Produkts, für das ich mich 

entscheide. Dem nächsten Umsatzsteuerbescheid. Einem Boss, den ausnahmslos jeder Mensch irgendwo über sich hat in der Welt und dessen Entscheidungen sich keiner entziehen kann. Dem Gedanken daran, ob alles gut wird in der Welt. All den Dingen, an denen ich unten im Tal nichts ändern kann. 

Meine kleine Auszeit ist zu Ende. Jeden Morgen schaue ich noch kurz auf den Mond, der über der Hütte steht. Auch er gehört zu den Dingen, die ich hier oben genauso wie auf dem Meer hautnah erlebe. Darum bin ich hier. Um das zu sehen. Und die Berge der Grupo delle Odle drüben.

Und jetzt? Geh ich an meinen Tisch in der Hütte. Und schreibe an meinen Geschichten über die Erlebnisse von Bergrettern weiter. 

Und morgen früh gibts eine weitere Geschichte. Von der Hütte.

Dufour 41 im SR-Test: Pfiffige Details erleichtern das Leben an Bord

Die französische Werft treibt die Erneuerung ihrer Modellpalette voran – und das mit innovativen Ansätzen. Mit der neuen Dufour 41 geht die Werft in vielen Details neue Wege. Wir segelten das Schiff in der Bucht von Palma. Weiterlesen →

ORC-Worlds vor Kiel: Mit Sturm und Drang startet die WM in der Ostsee

Die ORC Worlds 2023 beginnen mit einer Mischung aus Spannung und Sorge. Mit Vorhersagen von Spitzenböen über 50 Knoten bereiten sich die Crews intensiv auf extreme Bedingungen vor. Während einige Teams ihre Teilnahme überdenken, sind andere fest entschlossen, sich den Herausforderungen zu stellen. Weiterlesen →

Meere. Und Berge. Vier Wochen allein in den Bergen.

Tapetenwechsel. Statt meiner vier Wände wird das die nächsten vier Wochen mein Anblick sein. Warum? Darüber berichte ich im folgenden Post.



Am Sonntag vor einer Woche bin ich hier oben angekommen. Auf einer Hütte in den Dolomiten oberhalb Brixen, wo ich die nächsten vier Wochen allein sein werde. Der Vollmond stand über den Zacken im Süden, als ich neugierig noch in der Dunkelheit von der Hütte weiter die Plose hinaufstieg. Es sollte nicht das erste Mal sein, dass mich der Anblick umhaute.

Ich bin hier weit weit weg vom Meer, nicht nur in Kilometern. Die Hütte liegt auf 2.000 Metern oberhalb des Meeresspiegels. Die Zacken, die ich im Süden sah, sind über 3.000 Meter hoch. 

Doch so weit ich vom Meer entfernt bin: Es fehlt mir in diesem Augenblick nicht. Ich bin dem Meer nicht untreu geworden, nein. Seit ich im Frühjahr 2014 zum ersten Mal für ein halbes Jahr Segeln ging, habe ich jedes Jahr viele Monate auf See und auf meinem Boot verbracht. Ich liebe das Meer. Und allein auf dem Meer monatelang herumzustreifen gehört mit zum Besten, was ich je für mich erreicht habe. Es steht weit über beruflicher Karriere und Bücher schreiben.

Doch dieses Jahr ist alles anders. Vielleicht sind es die vielen Projekte und Termine, die meinen üblichen Aufbruch im Mai vereitelten. Vielleicht auch etwas anderes. Jedenfalls habe ich dieses Jahr beschlossen, den August über nicht Segeln zu gehen, sondern auf einer Hütte zu verbringen. 

Zum Herumstreifen auf dem Meer gehört für mich immer auch das Herumstreifen auf dem Land. Wanderungen durch die Hügel Siziliens, wenn ich im Winter auf dem Boot dort war. Wanderungen im Sommer im Süden Irlands. Streifzüge in die Berge Mallorcas. Ankere ich in Buchten, vergeht kein Abend, an dem ich nicht an Land rudere und dort stundenlang herumstreune. Zeigt sich ein Hügel über der Bucht, kann ich nicht anders, als dort hinauf zu rennen. Ich habe es bereits früh mich entdeckt. Körbe voll duftendem Salbei sammeln zwischen scharfkantigen Felsen der nördlichen kroatischen Inseln, um mir abends Pasta con Burro e Salvia, Pasta mit in in Butter geröstetem Salbei und Parmesan zu kochen. Ich

So schön das Foto auf die Bucht und meine ankernde Levje ist: An diesem Hang auf der Insel Marettimo, der nur mit Dinghi zu erreichen war, habe ich aufgegeben. Zu steil, zu unsicher der Tritt im Rollsplitt der ausgetretenen schmalen Ziegen und Kaninchenpfade. Wäre ich hier auf meiner Alleintour gestürzt, ich hätte nicht mal Telefonnetz gehabt um Hilfe zu holen. Also lieber Abbruch.

kann es bis heute nicht lassen, und manchmal ist es auch nicht ungefährlich, so wie hier, auf diesem Hang auf Siziliens westlichster gottverlassener Insel Marettimo. Meere und Berge: Sie gehören für mich  zusammen, sind für mich  ein und dasselbe. Das wird mancher Leser nicht verstehen. Doch für mich ist die Einsamkeit, die Wildheit, die Unberührtheit, die ich sowohl auf dem Meer als auch in den Bergen finde, das was ich suche. Und was mir immer wieder zu mir selber hilft. 

Ich bin jedesmal wieder fasziniert von der Wildheit, die mir hier wie dort begegnet. Egal ob Meere oder Berge: Jedesmal wieder ist es das Erleben dieser unbeschreiblichen Größe und Gleichgültigkeit uns Menschen gegenüber, die mich sowohl in den Bergen als auch auf dem Meer fasziniert. Hier begreife ich, dass ich nur ein Winzling bin, etwas, das nur eine mikroskopisch geringe Bedeutung in dieser Welt hat. Und doch begreife ich anders als hinter dem Schreibtisch, sobald ich auf meinem Boot übers Meer segle oder wenn ich hinüberblicke auf die Berge unter dem Mond: Ich bin.

Doch es gibt nicht nur diese Gründe, warum ich diesen Sommer in den Bergen bin. Ich werde hier oben an meinem neuen Buch über Bergretter schreiben. Es ist mein drittes über die Abenteuer, die diese Frauen und Männer erleben und die sie jedes Mal wieder formen. 

Ich habe die letzten 10 Wochen immer wieder Bergretter besucht. Habe mit Bergführerinnen und Psychologen gesprochen am Watzmann. An der Zugspitze. In Oberstdorf. Ich habe sie über ihre Erlebnisse befragt, über ihre schlimmsten Momente und wie sie schwierige Entscheidungen meisterten. Ich habe Notärzte getroffen in den Bergen und Rettungspiloten in Hubschraubern, weil ich sie befragen

will, wie sie schwierige Situationen bewältigen. Ich hoffe, es wird ein fesselndes Buch, das Menschen weiterhilft. Der richtige Ort, um dieses Buch zu schreiben, so viel habe ich jedenfalls schon an diesem ersten Abend begriffen, ist es jedenfalls.  

Ich werde in den nächsten Tagen weiter berichten, wie das ist, allein auf einer Hütte. Wie kommt man mit sich zurecht? Hält man es aus allein? Was empfindet man, wenn man einfach mal weg ist aus der gewohnten Umgebung? Wie ist das, wenn man die Zahnbürste vergessen hat und drei Stunden, 1.000 Höhenmeter, zum nächsten Laden absteigen muss?

Ich werde versuchen, jeden Tag ein Stück dieses Lebens auf der Hütte festzuhalten. Ich freue mich, wenn ihr mich und mein Experiment begleitet. Es wird immer spannend, wo es abschüssig ist. 

Ich werde die nächsten Tage hier oben schlechtes Wetter bekommen. Meine Webinare – morgen über STARKWIND UND STURM IM MITTELMEER sowie am Donnerstag über WETTER IN KROATIEN werde ich von hier oben halten.

 

Seenotretter koordinieren groß angelegte Suche auf der Ostsee nach vermisstem Segler

Auf der Ostsee haben die Seenotretter am Sonntag, 6. August 2023, eine groß angelegte Suche nach einem vermissten Segler koordiniert. Leider erfolglos… Weiterlesen →

Offshoreseglerinnen bündeln Kräfte mit Magenta Project

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15 Studis kommen um die Welt: Sydney bis Rio

Alles zum Sportküstenschifferschein (SKS)

Der Sportküstenschifferschein (SKS) ist ein Bootsführerschein für den Küstenbereich. Alles zu Voraussetzungen, Ausbildung, Prüfung und Gebühren.

Alle Informationen zum Sportseeschifferschein (SSS)

Der Sportseeschifferschein (SSS) ist ein Bootsführerschein für küstennahe Seereviere. Alles zu Voraussetzungen, Ausbildung und Prüfung und Gebühren.

15 Studis kommen um die Welt, Teil 2

Inventur an Bord der Peter von Danzig © ASV Kiel

15 Studis kommen um die Welt, Teil 2

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Hamburg Yachtfestival: Wedel bekommt eigene Inwater-Boat-Show – Premiere im September

Mit dem Hamburg Yachtfestival findet vom 8. bis 10. September 2023 erstmalig ein großes Fest für den Bootsport in Wedel statt. Das neue Angebot im Hamburger Yachthafen in Wedel soll in den nächsten Jahren zu dem Treffpunkt für Wassersportbegeisterte in Hamburg, an der Elbe und der Nordsee werden. Weiterlesen →

Unfreundliches Fiji Wetter

Fr.,04.Aug.23, Fiji/Vanua Balavu/Bavatu, Tag 3352, 26.315 sm von HH
Wir ankern auf sieben Meter umzingelt von kleinen und größeren Inseln. Sie sehen aus wie der berühmte James Bond Felsen. Wie Pilze. Die untere Felsenkante wurde von den Gezeiten bereits weggefressen. Überhänge von zwei, drei Metern sind entstanden. Bei Ebbe werden die freistehenden Zahnhälse komplett sichtbar. Bei Flut nagt das Wasser weiter an den Inselchen. Vom Gestein ist nicht viel zu erkennen. Die Pilz-Inseln sind üppig begrünt. Bäume und Gestrüpp krallen sich in den Felsen. Das Wasser schimmert smaragdgrün. Petrolgrün. Türkisgrün. Kalkige Auswaschungen aus dem Gestein trüben das Wasser ein und sorgen für diese außergewöhnlichen Farbschattierungen.
Die Einfahrt in das Inselgewirr verursacht schweißige Hände. Im Zickzack umkurven wir die Inselchen. Einige haben einen Durchmesser von fünfzig Metern, andere sind nur zehn Meter breit. Zwischen den Inseln ist es tief. Häufig mehr als zehn Meter. Bis auf einige Riffe, die den Weg blockieren oder umgekippte Inselchen, die auf ihren Stümpfen nicht mehr stehen konnten.
Ich hatte ja bereits berichtet, dass unsere Navionics-Karte einen Defekt im Großraum Fiji hat. Zum Glück zeigt sie keinen Fehler in dem Atoll von Vanua Balavu – zumindest, wenn man ganz tief in die Details hinein zoomt. Zusätzlich haben wir perfekte Satelliten Overlays von Julia und Götz bekommen. Wir hatten die Crew der TriBalance bereits in der Weft in Neuseeland kennen gelernt und in Savusavu wieder getroffen. Mit zwei verschiedenen Systemen trauen wir uns zwischen den Inseln um herzu fahren. Zum Teil haben wir den Eindruck wir könnten sie im Vorbeifahren anfassen. Eine magische Szenerie.
Nur eine Handvoll Schiffe ankert in diesem Insel-System. Zwei fahren ab, ein neuer Nachbar kommt dazu. Es herrscht ein gemütliches Kommen und Gehen. Abends, kurz nach Sonnenuntergang fliegen Flughunde über den Ankerplatz. Immer in die gleiche Richtung. Wahrscheinlich auf Futtersuche.
Einige Tage sind wir in unserer Ecke ganz allein, dann ankern Steve und Patty aus Hawaii neben uns. Wir verbringen einen netten Abend zusammen und am nächsten Morgen versucht Steve sein Anglerglück vom Dinghy aus. Sehr erfolgreich. Ein Snapper, zwei Makrelen und ein Barsch sind seine Tagesbeute. Eine Makrele schenkt er uns, die als köstliches Filet in unsere Pfanne wandert. Dankeschön!
Und wir freuen uns über unser neues Kajak. Mit dem Dinghy ginge es natürlich auch, aber diese zauberhafte Welt ist bestimmt für lautloses reisen. Stundenlang paddeln wir zwischen dem Insel-Wirrwar umher. Mit dem flachgehenden Kajak erreichen wir die letzten Ecken. Immer weiter stoßen wir in das Labyrinth vor. In den abgelegenen Kanälen weht kein Lüftchen. Das Wasser steht still. Nur einzelne Sonnenstrahlen treffen auf die Wasseroberfläche. Es hat den Anschein von Unterwasser-Strahlern. Es ist zauberhaft.
Nur an Land kommt man hier nicht. Die Inseln sind zu steil. Die Überhänge zu hoch. Als Schiffbrüchiger wäre dies der denkbar schlechteste Ort. Die Bucht glänzt durch die komplette Abwesenheit von Strand. Halt! Am Eingang von der Bay of Islands finden wir einen. Hundert Meter. Immerhin. Zum Beine vertreten reicht es.
Leider ist das Wetter nur die halbe Zeit auf unserer Seite. Morgen soll es richtig wehen. Ein Grundwind von 26 Knoten ist vorher gesagt. Schwellwarnungen sind verkündet. Da fühlten wir uns umzingelt von Felswänden nicht komfortabel in der Bay of Islands. Wir haben uns deswegen auf die andere Seite von Vanua Balavu verzogen – nur acht Meilen weiter nach Bavatu. Eine geschützte Bucht, nur mit einem schmalen Durchgang nach Norden offen. Weiterhin gibt es kein Internet, aber hier kann man immerhin schon mal an Land. ;-)


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