Kategorie: Blogs

Tag 7 nach Tahiti: Grau und ruppig

Mi., 12.Aug.20, Pazifik, Tag 2264, 21.085 sm von HH
Wetter, Wind und Welle sind alles andere als schoen. Es regnet oder nieselt, der Himmel haengt noch immer voll grauer, tiefer Wolken. Der Wind hat weiter auf Osten zurueck gedreht, wir haben ihn nun wieder von der Steuerbordseite. Er schwankt zwischen zehn und fuenfundzwanzig Knoten. Allerdings handelt es sich nicht um Boeen, sondern um Windfelder und Wind schwache Phasen von zwanzig, fuenfundzwanzig Minuten. Das haelt uns in Trapp. Anluven, abfallen, Segel flattert, Segel steht. Der Pazifik hat es nicht so mit gleichmaessigem Wind.
Wir erinnern uns an den Atlantik, wo wir nach Stunden an den Windanzeiger geklopft haben, in Verdacht er sei kaputt, weil er bei neunzehn Knoten wie eingefroren stecken geblieben war. Innerhalb von zwei Tagen hat der Wind eine volle und eine Viertel Drehung um uns gemacht. Die Wellen sind deutlich ausgepraegt – eigentlich zu hoch fuer den Wind – und rollen von zwei Seiten hinter uns heran. Das fuehrt soweit, dass eine Welle, die sich an der Bordwand bricht mich noch am Herd stehend nass spritzt. Also bitte, sowas hatten wir ja noch gar nicht. Ankommen waere jetzt mal schoen.
Ueber Funk hoeren wir von weiteren Corana-Infizierten. Inzwischen von drei verschiedenen Inseln.
Tag 7: 120 Meilen
Rest: 115 Meilen – das wird knapp noch vor Einbruch der Dunkelheit anzukommen :-o

Tag 6 nach Tahiti: Wechselbad

Di., 11.Aug.20, Pazifik, Tag 2263, 20.965 sm von HH
Die letzten 24 Stunden sind Suedsee-Segeln vom Feinsten (O-Ton Skipper): erst die versprochene Flaute – nach drei Stunden Motorfahrt ist das das ‚blaue Band‘ ueberquert – danach frischer Wind von Ost ueber Nord drehend, dann von Westen kommend und nun wieder brav aus Sued-Sued-Ost. Nach der Flaute blaest es ziemlich bald wieder mit 20 Knoten.
Wir machen mehr Segelmanoever als die letzten fuenftausend Meilen. Hoch am Wind, halber Wind und jetzt achterlich – allerdings von Backbord und nicht mehr von Steuerbord. Mit dem Wind kommt Regen. Abwechselnd feiner Nieselregen oder kraeftiger Spruehregen. Alles ist grau. Das Meer, der Himmel – steingrau, zementgrau, mausgrau. Mit den Wolken kommt die Kaelte zurueck. Die schon weg gepackten Socken kommen wieder zum Einsatz. Die und ein heisser Rindfleisch-Kartoffel-Bohnen-Eintopf helfen. Das Kochen wird zum Kraftakt – die Pantry neigt sich zur falschen, offenen Seite auf der ich nicht gut kochen kann. Der Abwasch ist nur noch gemeinsam machbar. Wir koennen uns kaum auf den Beinen halten. Die neue Wind-See aus Westen passt nicht zur alten Duenung aus Osten. Kabbelige Kreuzseen schuetteln uns durch. Spass-Segeln vom Feinsten. :-) Zum Glueck passiert uns das erst an Tag sechs und nicht an Tag zwei, so macht es uns nicht so viel aus, ausser, dass es nicht schoen ist.
Vor Antritt des Toerns hatte ich mich ganz besonders darauf gefreut mal acht Tage ohne Internet zu sein. Nichts von diesem unsaeglichen Corona-Mist zu lesen. Und es hat geklappt. Ohne die Fuetterung mit neuen ‚Schlagzeilen‘ ist Corona kein Thema zwischen Achim und mir. Mal ein kurzes ‚mit Neuseeland muessen wir einfach abwarten, was Corona bringt‘, aber keine endlosen Gespraeche ueber falsche oder wahre Statistiken, gute oder schlechte Entscheidungen, ueber einseitige Berichterstattung, ueber Panikmache und Corona-Leugner.
Auf Kurzwelle gibt es abends um 19:00 Uhr eine Funkrunde. Segler die grade unterwegs sind, geben ihre Positionen durch und Schiffe am Anker berichten von allgemeinen Neuigkeiten. Die Funkrunde hat leider keine guten Nachrichten. Auf Tahiti gab es auf Schlag 71 neue Corona-Faelle. Interessanterweise alles Faelle nach zwei Feierlichkeiten der Polynesier und nicht unter Touristen. Nach wochenlanger Pause ohne einen akuten Fall ist dies eine schlechte Info. Wir hoffen, dass es nicht erneut zum Lockdown in Tahiti kommt. Oder dass Neuseeland die Schotten zu macht fuer Segler, die aus einem Corona-Country einreisen moechten. Wir brauchen wahrscheinlich noch zwei Tage bis wir auf Tahiti ankommen, dann sehen wir weiter – bis dahin sprechen wir einfach nicht darueber.
Tag 6: 95 Meilen
Rest: 204 Meilen

Unter Segeln rund um Irland (3): Von echten Urlaubsfreuden und Puffins.



Zu den unbeantwortet im Raum schwebenden Fragen zuhause gehört Katrins scheinbar beiläufig geäußerte Frage: „Wäre es nicht schön, das Boot wieder im Mittelmeer zu haben? Du könntest es doch einfach wieder von Irland zurück ins Mittelmeer segeln. Und wir könnten einfach wieder vom Deck ins warme Meer hüpfen. Wir könnten Urlaubsfreuden wie früher haben.“ 

In solchen Momenten wünsche ich mir wieder die gedruckte Zeitung herbei, weil man sich dahinter – anders als beim iPad – noch verstecken konnte. Wie soll ich es meiner Frau erklären, dass ich ein 13 Grad kaltes Meer mit 4 Metern Tidenhub gerade interessanter finde? Mit Seesternen an den Kaimauern, deren Arme dick wie Aale sind? Mit 16 Grad Außentemperatur und großblättrigem Kelp, der mich samt meinem Dinghi festhält, wenn ich versehentlich hineinrudere? Dass alles an diesem Atlantik irgendwie größer ist und weiter und wilder und erhabener und ich selbst im übelsten Sauwetter hier draußen noch fähig bin zu dem Gedanken: „Ist das hier schön“ statt mich ins sommerlich heiße Oberbayern nachhause zu wünschen. Wie soll ich ihr plausibel erklären, dass es mir die allergrößten Urlaubsfreuden sind, mit anderen Männern auf der Werft rumzuhängen und mit ihnen gemeinsam an schwerwiegenden Problemen wie dem richtigen Anzugsmoment der Kielbolzen raumzukauen? Kann man einer Frau, die man aufrichtig liebt, wirklich glaubhaft beibiegen, dass der nachfolgend beschriebene Urlaubstag mir das Maximum aller mir denkbaren Urlaubsfreuden beschert?

Der Tag begann in Casteltownbere, wie er im letzten Post geendet hatte: Mit nassen Klamotten. Unter Deck ist alles immer noch so nass wie gestern. Der Wollpullover. Das Fleece-Innenfutter der Segeljacke. Deren triefende Ärmel. Wie sollen die Sachen auch trocknen, wenn die Luft feucht ist und schwer vom nächtlichen Regen? 

Ein Wetter, bei dem sich selbst Levjes Festmacher aneinanderkuscheln.

Wir sind zusammen mit der ALOHA I eines irischen Seglerpärchens, neben der wir im Päckchen liegen, die einzigen Seglern im Fischereihafen von Castletownbere. Von den Hängen fallen immer noch 30er-Böen in den Hafen, als wir ablegen und unter Segeln durch den schmalen Kanal zwischen Festland und Bear Island in die Südost Böen steuern. Es ist zunächst ein kippeliges Segeln, zwei Stunden mit raumem Wind durch Kreuzseen, die der Wind von hinten schickt und die nahen Felsen von vorn zurückwerfen wie eine Felswand ein Echo zurückwirft. Ein Gekabbel, in dem man sich wünscht, möglichst bald um die nächste Ecke zu kommen, damit der Wind abnimmt. Doch was ist der Mensch, dass er sich derlei wünscht?

Im Hafen hatte Bootsnachbar O’Shea noch gefragt, ob wir durch die Meerenge von Dursey Island gehen würden, das ganz im Westen dem Festland vorgelagert ist. „Oh nein“, hatten wir noch versichert, durch nadelörartige Meerengen mit Untiefen würden wir nur an gaaaanz ruhigen Tagen segeln. Doch westwärts um Dursey Island herum sinds noch einmal eineinhalb Stunden länger. Mürbe vom Gekabbel beschließen wir, dem Südost zu entwischen durch die nordwärts gerichtete

Enge zu steuern. Da frischt der Wind auf, der Friedhof der unbewohnten Insel grüßt vom Ufer, wie mich das positiv stimmt für unser Unterfangen, genau hier durchzufahren: Eine Meerenge mit angeschlossenem Friedhof! Und kurz dahinter auch noch einer Seilbahn über die Meerenge, damit drollige Touris aus nächster Höhe unserem Gestöppsel in der Durchfahrt auch noch live beiwohnen können.

Doch alles klappt wie am Schnürchen. Der böse Stein bleibt einfach rechts liegen, wir sind durch durch die Engstelle und freuen uns, dass der Südost jetzt einfach hinter uns liegt und wir durch Glattwasser nordwärts rauschen.

Denkste. Nordwärts Dursey weht der Südost erneut wilder, mit 25 im Mittel, später dreißig. Die Wolken am Himmel, die Schaumkronen am Horizont zeigen an, dass es heute eher wild zugehen wird 

Warum und wie ich zu meiner 29,95€ teuren neuen Segeljacke kam, lesen Sie im letzten Post, meinem Bericht mit Testergebnissen zum Thema „Segeljacken“. 

als friedlich. Ich gebe gern zu, dass mir gelegentlich ein bisschen mulmig war, selbst wenn wir vor dem Wind abliefen. Aber um das abzulegen, haben wir einfach bei diesen Bedingungen ein paar der Stumtaktiken ausprobiert, die Lin und Larry Pardey in ihrem HANDBUCH DER STURMTAKTIK empfehlen, das ich derzeit übersetze und das Anfang Oktober bei millemari. erscheinen wird. Dazu haben wir in den Wellen ein kleines Video gedreht, in dem Sven und ich die Praxistipps des Buches ausprobierten. 

 

Nach drei Stunden taucht Skellig Michael am Horizont auf. Aus den Wellen ragt ein über 200 Meter hoher gezackter Fels, den Gipfel in den Wolken, auf dem noch immer die Ruinen eines Klosters stehen, das 12 Mönche und ihr Abt hier draußen im 8. Jahrhundert gegründet hatten. Die Mönche sind schon im 11. Jahrhundert von der Unwirtlichkeit des Felsens wieder verschwunden, bereits 1992 auf meiner ersten Irlandreise schlichen wir vom Ufer der Dingle-Halbinsel um den sagenhaften Felsen herum, auf dem heute Kolonien von Basstölpeln, Alken und Trottellummen nisten. Und des Papageitauchers, dessentwegen wir seinerzeit nach Irland fuhren und den wir doch nicht zu Gesicht bekamen wie die meisten, die den Puffin sehen wollen.

Zeit darüber nachzudenken, wie Menschen dort oben zwischen den blanken Zacken wohl ausgeharrt hatten in Gottesfurcht, haben wir nicht. Wenige Sekunden nach der obigen Aufnahme und kurz vor Puffin Island frischt der Wind unter einer schwarzen Regenwolke auf knapp 40 Knoten auf. 40 Knoten Wind erkennt man daran, dass die Gischt waagrecht übers Deck jagt. Wir reffen noch einmal, ich bin noch mit der Schot beschäftigt, als Sven plötzlich ruft: „Da sind sie!“ Mitten im Sauwetter, als wäre das genau sein Element, plantscht ein Papageitaucher seitwärts in den Wellen, ein „Puffin“ – ein kaum taubengroßer Vogel mit dem typisch roten Papageischnabel. Nur einen kurzen Augenblick ist er auf den Wellen sichtbar, und wir erkennen ihn nur, weil er aussieht wie eine Trottellumme, die eine  roten Ball im Maul trägt. Doch das leuchtend rote ist nur der Papageischnabel des kleinen Vogels. Kaum sieht er uns, fliegt der rote Papgeienschnabel davon, Richtung der Insel vor dem Festland mit den steilen Felsen, die seinen Namen trägt: Puffin Island. Wie viel das Meer einem schenkt noch in seinen wildesten Augenblicken.

Zwei Puffins auf einem Felsen. So nahe wie auf diesem Foto
haben wir die scheuen Tiere nie zu sehen bekommen.

Hinter Puffin Island wird es noch einmal wild. Um zu unserem Zielhafen Portmagee zu kommen,

Von Süden kommend (Mitte linker Bildrand) müssen wir im Uhrzeigersinn vor Skellig Michael um die gezackten Felsen herum,
um dann Kurs in den Kanal nach Portmagee (Mitte unterer Bildrand) zu nehmen.

müssen wir auf Höhe von Skellig Michael um die Felsen rum. Der Wind bläst immer noch zwischen 35 und 40 Knoten. Nur einmal ist es Levje zuviel, in einer wilden Böe vor den langen Felsrücken kann Sven sie nicht mehr halten – weil wir immer noch zuviel Segelfläche drauf haben, schießt sie „in die Sonne“ und dreht ungefragt bei. Das können wir uns im engen Kanal nach Portmagee hinein nicht leisten. Also Segel runter – und schnell rein in den Kanal und angelegt an der Pier der THE MOORINGS Inn in Portmagee. Wo uns der Wirt beim Abendessen versichert: Wir hätten Glück gehabt, mit den Puffins. Die seien nur jetzt gerade 14 Tage da.

Ich glaub: Das wird noch dauern, bis Levje wieder im Mittelmeer segelt. Die irische Westküste ist doch gar zu schön!

Levje am Steg der Inn THE MOORINGS in Portmagee. Auch wenn THE MOORINGS am Abend voll ist mit irischen Reisenden, die Urlaub im eigenen Land machen: Wieder einmal sind wir fast allein im Hafen.

Im Mai 2020 erschienen. Mit noch mehr Geschichten vom Meer und Europas Küsten:



Worum gehts?
Mallorca. Menorca. Und die restlichen Inseln, die zwischen Sizilien und der südenglischen Isle of Wight liegen.

„Ich habe das Gefühl, dieses Buch musste mich finden.“
Schreibt ein Leser, seit 1990 in der Segelausbildung aktiv.

„Habe Dein Buch mit Begeisterung täglich inklusive Meerblick (Norderney) am Strand gelesen…
Ich hoffe, Du bringst ein weiteres Buch über Deine Segelreisen heraus.“
Sagt Dominik, mein HNO-Arzt zuhause (Er segelt selber).

„… ein spannendes Werk, von dem man sobald man sich eingelesen hat und ein bisschen Liebe für das Meer empfindet, so schnell nicht wieder los kommt.“
sagt das Mallorca-Magazin letzte Woche (26.7.2020)

„Ein Pageturner.“ 
Sagt mein Freund Josef (Er ist nie gesegelt)

„Hab die ersten Seiten gelesen. Irre. Grandios. Megastark“. 
Sagt mein Freund Andreas (Er ist mit mehrfach mir mir gesegelt. Und liest Bücher von Berufs wegen.)

„Du hast ein wunderbares Buch geschrieben. Es hat mir so viel Kraft in dieser schweren Zeit gegeben, und Freude! Deine Sprache fesselt nicht nur, 
sie lässt auch ganz direkt miterleben, als wäre man selbst mitten im Geschehen.“
Magdalena (segelte auf dem See.)

„Es ist so ehrlich, authentisch und im positiven Sinne anders als die vielen Segelbücher.“ 
Sagt ein Leser, der mich damit zum Erröten brachte.

Und was ich drüber denke? 

Ich bin bescheidener. Und verrate es in  einem der nächsten Posts.

Rund Irland in 18 Tagen (3): Von echten Urlaubsfreuden, hohen Wellen und Puffins.



Zu den unbeantwortet im Raum schwebenden Fragen zuhause gehört Katrins scheinbar beiläufig geäußerte Frage: „Wäre es nicht schön, das Boot wieder im Mittelmeer zu haben? Du könntest es doch einfach wieder von Irland zurück ins Mittelmeer segeln. Und wir könnten einfach wieder vom Deck ins warme Meer hüpfen. Wir könnten Urlaubsfreuden wie früher haben.“ 

In solchen Momenten wünsche ich mir wieder die gedruckte Zeitung herbei, weil man sich dahinter – anders als beim iPad – noch verstecken konnte. Wie soll ich es meiner Frau erklären, dass ich ein 13 Grad kaltes Meer mit 4 Metern Tidenhub gerade interessanter finde? Mit Seesternen an den Kaimauern, deren Arme dick wie Aale sind? Mit 16 Grad Außentemperatur und großblättrigem Kelp, der mich samt meinem Dinghi festhält, wenn ich versehentlich hineinrudere? Dass alles an diesem Atlantik irgendwie größer ist und weiter und wilder und erhabener und ich selbst im übelsten Sauwetter hier draußen noch fähig bin zu dem Gedanken: „Ist das hier schön“ statt mich ins sommerlich heiße Oberbayern nachhause zu wünschen. Wie soll ich ihr plausibel erklären, dass es mir die allergrößten Urlaubsfreuden sind, mit anderen Männern auf der Werft rumzuhängen und mit ihnen gemeinsam an schwerwiegenden Problemen wie dem richtigen Anzugsmoment der Kielbolzen raumzukauen? Kann man einer Frau, die man aufrichtig liebt, wirklich glaubhaft beibiegen, dass der nachfolgend beschriebene Urlaubstag mir das Maximum aller mir denkbaren Urlaubsfreuden beschert?

Der Tag begann in Casteltownbere, wie er im letzten Post geendet hatte: Mit nassen Klamotten. Unter Deck ist alles immer noch so nass wie gestern. Der Wollpullover. Das Fleece-Innenfutter der Segeljacke. Deren triefende Ärmel. Wie sollen die Sachen auch trocknen, wenn die Luft feucht ist und schwer vom nächtlichen Regen? 

Ein Wetter, bei dem sich selbst Levjes Festmacher aneinanderkuscheln.

Wir sind zusammen mit der ALOHA I eines irischen Seglerpärchens, neben der wir im Päckchen liegen, die einzigen Seglern im Fischereihafen von Castletownbere. Von den Hängen fallen immer noch 30er-Böen in den Hafen, als wir ablegen und unter Segeln durch den schmalen Kanal zwischen Festland und Bear Island in die Südost Böen steuern. Es ist zunächst ein kippeliges Segeln, zwei Stunden mit raumem Wind durch Kreuzseen, die der Wind von hinten schickt und die nahen Felsen von vorn zurückwerfen wie eine Felswand ein Echo zurückwirft. Ein Gekabbel, in dem man sich wünscht, möglichst bald um die nächste Ecke zu kommen, damit der Wind abnimmt. Doch was ist der Mensch, dass er sich derlei wünscht?

Im Hafen hatte Bootsnachbar O’Shea von seiner ALOHA I noch herübergefragt, ob wir bei dem Wetter die Akkürzung durch die Meerenge von Dursey Island nehmen würden, das ganz im Westen dem Festland vorgelagert ist. „Oh nein“, hatten wir noch versichert, durch nadelörartige Meerengen mit Untiefen würden wir nur an gaaaanz ruhigen Tagen segeln. Doch westwärts um Dursey Island herum sinds noch einmal eineinhalb Stunden länger. Mürbe vom Gekabbel beschließen wir, dem Südost zu entwischen durch die nordwärts gerichtete

Enge zu steuern. Da frischt der Wind auf, der Friedhof der unbewohnten Insel grüßt vom Ufer, wie mich das positiv stimmt für unser Unterfangen, genau hier durchzufahren: Eine schmale Durchfahrt mit angeschlossenem Friedhof! Und kurz dahinter auch noch einer Seilbahn über die Meerenge, damit Besucher Durseys aus nächster Höhe unserem Gestöppsel in der Enge auch noch live auf der Skipiste beiwohnen können.

Doch alles klappt wie am Schnürchen. Der böse Stein bleibt einfach rechts liegen, wir sind durch durch die Engstelle und freuen uns, dass der Südost jetzt einfach hinter uns liegt und wir durch Glattwasser nordwärts rauschen.

Denkste. Nordwärts Dursey weht der Südost erneut wilder, mit 25 im Mittel, später dreißig. Die Wolken am Himmel, die Schaumkronen am Horizont zeigen an, dass es heute eher wild zugehen wird 

Warum und wie ich zu meiner 29,95€ teuren neuen Segeljacke kam, lesen Sie im letzten Post, meinem Bericht mit Testergebnissen zum Thema „Segeljacken“. 

als friedlich. Ich gebe gern zu, dass mir gelegentlich ein bisschen mulmig war, selbst wenn wir vor dem Wind abliefen. Aber um das abzulegen, haben wir einfach bei diesen Bedingungen ein paar der Stumtaktiken ausprobiert, die Lin und Larry Pardey in ihrem HANDBUCH DER STURMTAKTIK empfehlen, das ich derzeit übersetze und das Anfang Oktober bei millemari. erscheinen wird. Dazu haben wir in den Wellen ein kleines Video gedreht, in dem Sven und ich die Praxistipps des Buches ausprobierten. 

 

Nach drei Stunden taucht Skellig Michael am Horizont auf. Aus den Wellen ragt ein über 200 Meter hoher gezackter Fels, den Gipfel in den Wolken, auf dem noch immer die Ruinen eines Klosters stehen, das 12 Mönche und ihr Abt hier draußen im 8. Jahrhundert gegründet hatten. Die Mönche sind schon im 11. Jahrhundert von der Unwirtlichkeit des Felsens wieder verschwunden, bereits 1992 auf meiner ersten Irlandreise schlichen wir vom Ufer der Dingle-Halbinsel um den sagenhaften Felsen herum, auf dem heute Kolonien von Basstölpeln, Alken und Trottellummen nisten. Und des Papageitauchers, dessentwegen wir seinerzeit nach Irland fuhren und den wir doch nicht zu Gesicht bekamen wie die meisten, die den Puffin sehen wollen.

Zeit darüber nachzudenken, wie Menschen dort oben zwischen den blanken Zacken wohl ausgeharrt hatten in Gottesfurcht, haben wir nicht. Wenige Sekunden nach der obigen Aufnahme und kurz vor Puffin Island frischt der Wind unter einer schwarzen Regenwolke auf knapp 40 Knoten auf. 40 Knoten Wind erkennt man daran, dass die Gischt waagrecht übers Deck jagt. Wir reffen noch einmal, ich bin noch mit der Schot beschäftigt, als Sven plötzlich ruft: „Da sind sie!“ Mitten im Sauwetter, als wäre das genau sein Element, plantscht ein Papageitaucher seitwärts in den Wellen, ein „Puffin“ – ein kaum taubengroßer Vogel mit dem typisch roten Papageischnabel. Nur einen kurzen Augenblick ist er auf den Wellen sichtbar, und wir erkennen ihn nur, weil er aussieht wie eine Trottellumme, die eine  roten Ball im Maul trägt. Doch das leuchtend rote ist nur der Papageischnabel des kleinen Vogels. Kaum sieht er uns, fliegt der rote Papgeienschnabel davon, Richtung der Insel vor dem Festland mit den steilen Felsen, die seinen Namen trägt: Puffin Island. Wie viel das Meer einem schenkt noch in seinen wildesten Augenblicken.

Zwei Puffins auf einem Felsen. So nahe wie auf diesem Foto
haben wir die scheuen Tiere nie zu sehen bekommen.

Hinter Puffin Island wird es noch einmal wild. Um zu unserem Zielhafen Portmagee zu kommen,

Von Süden kommend (Mitte linker Bildrand) müssen wir im Uhrzeigersinn vor Skellig Michael um die gezackten Felsen herum,
um dann Kurs in den Kanal nach Portmagee (Mitte unterer Bildrand) zu nehmen.

müssen wir auf Höhe von Skellig Michael um die Felsen rum. Der Wind bläst immer noch zwischen 35 und 40 Knoten. Nur einmal ist es Levje zuviel, in einer wilden Böe vor den langen Felsrücken kann Sven sie nicht mehr halten – weil wir immer noch zuviel Segelfläche drauf haben, schießt sie „in die Sonne“ und dreht ungefragt bei. Das können wir uns im engen Kanal nach Portmagee hinein nicht leisten. Also Segel runter – und schnell rein in den Kanal und angelegt an der Pier der THE MOORINGS Inn in Portmagee. Wo uns der Wirt beim Abendessen versichert: Wir hätten Glück gehabt, mit den Puffins. Die seien nur jetzt gerade 14 Tage da.

Ich glaub: Das wird noch dauern, bis Levje wieder im Mittelmeer segelt. Die irische Westküste ist doch gar zu schön!

Levje am Steg der Inn THE MOORINGS in Portmagee. Auch wenn THE MOORINGS am Abend voll ist mit irischen Reisenden, die Urlaub im eigenen Land machen: Wieder einmal sind wir fast allein im Hafen.

Im Mai 2020 erschienen. Mit noch mehr Geschichten vom Meer und Europas Küsten:



Worum gehts?
Mallorca. Menorca. Und die restlichen Inseln, die zwischen Sizilien und der südenglischen Isle of Wight liegen.

„Ich habe das Gefühl, dieses Buch musste mich finden.“
Schreibt ein Leser, seit 1990 in der Segelausbildung aktiv.

„Habe Dein Buch mit Begeisterung täglich inklusive Meerblick (Norderney) am Strand gelesen…
Ich hoffe, Du bringst ein weiteres Buch über Deine Segelreisen heraus.“
Sagt Dominik, mein HNO-Arzt zuhause (Er segelt selber).

„… ein spannendes Werk, von dem man sobald man sich eingelesen hat und ein bisschen Liebe für das Meer empfindet, so schnell nicht wieder los kommt.“
sagt das Mallorca-Magazin letzte Woche (26.7.2020)

„Ein Pageturner.“ 
Sagt mein Freund Josef (Er ist nie gesegelt)

„Hab die ersten Seiten gelesen. Irre. Grandios. Megastark“. 
Sagt mein Freund Andreas (Er ist mit mehrfach mir mir gesegelt. Und liest Bücher von Berufs wegen.)

„Du hast ein wunderbares Buch geschrieben. Es hat mir so viel Kraft in dieser schweren Zeit gegeben, und Freude! Deine Sprache fesselt nicht nur, 
sie lässt auch ganz direkt miterleben, als wäre man selbst mitten im Geschehen.“
Magdalena (segelte auf dem See.)

„Es ist so ehrlich, authentisch und im positiven Sinne anders als die vielen Segelbücher.“ 
Sagt ein Leser, der mich damit zum Erröten brachte.

Und was ich drüber denke? 

Ich bin bescheidener. Und verrate es in  einem der nächsten Posts.

Tag 5 nach Tahiti

Mo., 10.Aug.20, Pazifik, Tag 2262, 20.870 sm von HH
Der Wind hat weiter nachgelassen und zeitgleich auf Nord-Ost gedreht. Aus achterlichem Wind ist ein Vor-Wind-Kurs geworden. Das hat Vorteile, jetzt liegt Atanga bequem auf der Seite und leicht nickend naehern wir uns Tahiti. Der Traum zu Beginn des Toerns auf eine schnelle UEberfahrt, der ist geplatzt. Von sechs auf drei Knoten ist unsere Geschwindigkeit gesunken. Mal wieder Zeit fuer ein wenig ‚mimimi‘. Vor uns soll ein Flauten-Gebiet liegen. Eine der typischen pazifischen Konvergenzzonen. Auf der Wetterkarte sieht das aus wie ein blaues schmales Bad, wie ein blauer Fluss (blau = kein Wind) umgeben von sattem Gruen bis Gelb (anstaendiger Segelwind). Rechts vom Fluss kommt der Wind aus Sued-Osten – links vom Fluss aus Nord-Westen. Und nach Nord-Westen wollen wir. Nicht auszuschliessen, dass wir sogar noch kreuzen muessen auf diesem Toern. Manchmal ist der Teufel eine Konvergenzzone. ;-)
Ansonsten ist alles super. Zwei harmlose Squalls mit ein paar Regentropfen, der Rest ist eitel Sonnenschein. Es wird taeglich waermer. Nur noch zum Sonnenaufgang kommen die Jacken zum Einsatz. Erstaunlich, was drei Grad waermeres Wasser für eine Lufterwaermung bringt.
Tag 4: 105 Meilen
Rest: 308 Meilen

Tag 4 nach Tahiti: Laeuft

So., 09.Aug.20, Pazifik, Tag 2261, 20.765 sm von HH
Kaum sind wir eingewoehnt, verwischen die Tage. Wie lange sind wir unterwegs? Schon fuenf oder erst vier Tage? Der uebliche Langstrecken-Dreikampf macht sich breit: Schlafen, Essen, Lesen, Schlafen, Essen, Lesen.
Das Meer ist tiefblau und praechtig, die Sonne scheint und das Segeln ist okay. Die Wellen sind etwas zurueck gegangen, der Wind auch. Tagsueber liegen die dicken Jacken nun ungenutzt in der Ecke. Es fallen Saetze wie ‚Schoen, dass die Schiffsbewegung moderat sind‘. Bloedsinn! Es schaukelt ganz ordentlich, vor drei Tagen haben wir noch darueber gemeckert. Jetzt ist alles im Lot, wir sind zufrieden.
Die Begeisterung von Segel-Kollegen, die auf dem Meer erst ihre innere Mitte finden, die den Einklang mit den Naturgewalten geniessen, in langen Passagen ihr Glueck auf Erden finden, – nein – , diese Begeisterung teilen wir nicht.
Das war von Anfang an so und wird sich wohl auch nicht mehr aendern. Fuer uns ist es ein Transport, einer der seine guten und seine schlechten Seiten hat, mehr nicht. Das Leben an Bord, irgendwo vor Anker, die Freiheit und die Abenteuer, die uns dieser Lebens-Stil bietet, die ungewoehnlichen Plaetze an die uns unser Schiff bringt, darin liegt fuer uns das Glueck auf Erden. Die Strecken werden abgerissen und wir machen das Beste draus: Schlafen, Essen, Lesen!
Tag 4: 112 Meilen
Rest: 413 Meilen

Tag 3 nach Tahiti: Besser, viel besser!

Sa., 08.Aug.20, Pazifik, Tag 2260, 20.653 sm von HH
Objektiv betrachtet sind die Bedingungen schlechter als an den ersten beiden Tagen. Trotzdem ist die Laune um Klassen besser. Immer wieder erstaunlich, wie der Koerper an Tag drei seinen Widerstand gegen gute Segelstimmung aufgibt. Der Wind blaest jetzt dauerhaft mit sechs Windstaerken. Noch immer schraeg von hinten. Die Welle hat wohl an die drei Meter und trifft aus aehnlicher Richtung auf uns. Das Wellenbild ist konfus, die Intervalle kurz, daher werden wir ganz schoen geschuettelt, aber ohne zu rollen. Nur ab und an gibt es einen Druecker, der uns hart auf die Seite legt. Wir laufen wie am Schnuerli-Band direkt aufs Ziel. Keine Patzer mehr durch unsere Wind-Herta. Die leicht gereffte Genua und das Gross im zweiten Reff passen gut zum Wind und Kurs.
Auch ist der mitteleuropaeische Hygienestandard wiederhergestellt – wir haben geduscht. Kein Vergnuegen mit Wind direkt aus der Antarktis. Brrr. Die Wassertemperatur hat allerdings bereits um zwei Grad zugenommen. Der kalte Meeresarm, der Gambier umschlingt, ist nach Westen abgeknickt. Genau, wie die Literatur es beschreibt. Also nur noch ein paar Meilen und wir haben wahrscheinlich wieder tropische Temperaturen an Bord.
Tag 3: 125 Meilen
Rest: 525 Meilen

Tag 1+2 nach Tahiti: Mimimi

Do/Fr.,06./07.Aug.20, Pazifik, Tag 2258/9, 20.528 sm von HH
Wir sind flott unterwegs, zeitweise rauschen wir mit sieben Knoten voran. Bereits im Atoll koennen wir Segel setzten, die Sonne scheint, ein paar Passatwolken ziehen am Himmel. In der Nacht leuchtet uns ein noch fast runder Mond den Weg. Es ist perfekt, aber an Bord hoert man nur ‚mimimi‘! Wir haben die ‚Segeln-ist-doof-an-den-ersten-beiden-Tagen-Brille‘ auf.
Das Schiff wackelt zu sehr, es ist zu anstrengend und wir schlafen zu schlecht. Gejammer und Wehklagen aus allen Rohren. Ist es noch weit? Sind wir bald da?
Und es ist zu kalt. Mimimi!
Obwohl das mit der Kaelte stimmt, muss man zu unserer Verteidigung sagen. Doppel-Fleece-Jacken plus Faserpelz-Hose plus Socken, anders ist es im Cockpit nicht auszuhalten – da kann man schon mal greinen. Der Wind kommt schraeg von hinten. Mal mit acht Knoten, mal mit zweiundzwanzig Knoten. Uns waren fuenfzehn Knoten im Durchschnitt vorhergesagt worden, aber doch nicht so. Gleichmaessig fuenfzehn Knoten, so hatten wir es bestellt. Diese harten Wechsel stellen die Windsteueranlage – Herta – vor ein Problem. Ab zwanzig Knoten fangen wir an aus dem Ruder zu laufen, luven viel zu stark an, legen uns mit Vollzeug hart auf die Backe. Extrem mimimi!
Statt traege in der Ecke zu liegen, muessen wir haendisch dem Ruder und Herta helfen. Dazu haben wir nun gar keine Lust. Schon gar nicht nachts, wenn es so richtig bitterkalt draussen ist. So hatten wir uns die Segelei nach einem halben Jahr nicht vorgestellt. Also wird getrimmt, was das Tuch hergibt: wir reffen das Gross, wir holen das Gross dicht, wir reffen mehr. Das kostet uns Geschwindigkeit. Das gefaellt uns auch nicht. Wieder mimimi. Hoffentlich ist bald Tag drei!
Tag 1: 150 Meilen (wow!) Tag 2: 124 Meilen
Rest: 650 Meilen

Reden wir mal über: Segeljacken. Was deutsche Segler raten. Umfrageergebnisse, was wirklich taugt.

LEVJE im Hafen von Castletownbere als äußerstes Boot. Warum ich auf meinem Törn
in Irland eine Umfrage über undichte Segeljacken startete
und welche Ergebnisse dabei herauskamen, lesen Sie in diesem Post.

Der Tag jedenfalls ging weiter, wie er im letzten Post geendet hatte. Mit nassen Klamotten. Unter Deck ist alles immer noch so nass wie gestern. Der Wollpullover. Das Fleece-Innenfutter der Segeljacke. Deren triefende Ärmel. Als ich die leckenden Ärmel nach außen klappe, stelle ich fest, dass die Beschichtung innen verletzt und abgerieben ist. Hersteller MARINEPOOL hatte zwar an den besonders belasteten Stellen im Schulter- und Ellenbogenbereich meiner INNOVATION-Jacke einen zusätzlichen Patch aufgebracht, aber der ist in der Göße von zwei mickrigen Handtellern eher ein winziges Feigenblatt.

Mein Fazit in vier Punkten:

Deutlich erkennbar in der Polyurethan-Innenbeschichtung meiner MARINEPOOL-Jacke:
Durch mechanische Belastung aufgeraute Bruchstellen im Ärmel.
In der Mitte die aufgeklebte Verstärkung des Ellenbogens…

Beim nächsten Segeljackenkauf keine Polyurethan-Innenbeschichtung mehr. Sie bietet zwar durch den Stretch-Effekt mehr Dehnbarkeit, scheint aber langfristig deutlich weniger Widerstandsfähig gegen mechanische Belastungen zu besitzen.

… sowie der Patch an der Schulter, der dichthielt. Die umliegenden Stellen weisen
aber deutlichen Abrieb auf. Kein Wunder, dass ich trotz vorheriger intensiver
Außenimprägnierung tropfnasse Schultern und Arme hatte.

Gerade die mechanische Belastung einer Segeljacke scheint Hauptfaktor für langwährende Dichtheit zu sein. Vor allem an Schulter und Oberarmen ist die Polyurethan-Beschichtung porös geworden. Vermutlich rührt das vom Überstreifen und Tragen der Rettungsweste her. Allerdings wurde die jetzt sechs Jahre alte Jacke auf meinen langen Reisen im Mittelmeer eher selten getragen.

Segeljacken mögen nicht verreisen! Das enge Zusammenlegen im Segelgepäck (gerade für die Charterer wichtig!), egal ob im Auto- oder Fluggepäck hat meine Segeljacke übelgenommen.

Die üblichen Zeitschriftentests gehen kaum auf den Aspekt der Belastbarkeit des Materials kaum ein. Den „unser Tester stand 7 Minuten unter der Dusche“-Dichtheitstest (einer großen Segelzeitschrift im Mai 2020) bestehen alle Jacken mit Bravour. Doch genau das ist der springende Punkt: 7 Minuten Dusche hält auch meine löchrige Polyurethan-Beschichtung halbwegs durch. Wer will denn schon beim achten Törn oder nach 4 Stunden Rudergehen plötzlich triefend wie ich an Deck stehen?

Weil ich nicht weiter wusste und mich die Testberichten nicht weiterbrachten, habe ich in meinem letzten Post auf MAREPIU einen Aufruf gestartet. Die Frage war: 
Wer ist mit seiner Segeljacke nach sechs Jahren Tragen immer noch zufrieden? 
Welchen Hersteller können Skipper nach sechs Jahre immer noch uneingeschränkt empfehlen?

Auf diese Fragen haben vor allem in den Segelforen im Internet 88 Segler und 4 auf MAREPIU.BLOGSPOT. COM geantwortet. Brauchbar waren davon 45. Es gingen kluge Antworten ein, neben den üblichen „Off-Topics“ aber auch unkonventionelle Beispiele, wie Segler dem Schietwetter trotzen, die ich ebenfalls mit aufliste. 

Vor allem die Eindeutigkeit des Ergebnisses hat mich verblüfft – und ich stelle die Ergebnisse jetzt unkommentiert ein:

Platz 1: 
MUSTO HPX, MPX, BR 2
18 (!!) Segler von insgesamt 45 rieten mir zum Kauf einer MUSTO-Jacke. Das sind immerhin satte 40%.
Auffallend oft wurde die Kombination aus MPX-Jacke (weniger steif als HPX) und HPX-Hose empfohlen.

Platz 2:
PARASAIL
6 von 45 empfahlen mir den Hersteller Parasail.  Immerhin 13%.
(Beim Schnellcheck im Parasail Online-Store gabs aber nur schmale Größen von XS bis M. Ich werde aber nach meiner Rückkehr aus Irland dort anrufen.)

Platz 3:
GIL und HENRY LLOYD
3 Skipper rieten mir zu einem dieser Hersteller. Jeweils 7%.

Platz 4:
2 Segler waren überzeugt von ihrer MARINEPOOL.

Platz 5:
2 Skipper rieten mir zu Motorradkleidung aus Leder.

Platz 6:
DECATHLON, ZHIK, COMPASS, WESTCOAST.
Jeweils 1 Skipper empfahl diesen Hersteller.

Zu den eher „originellen und individuellen“ Empfehlungen bei Schietwetter gehörten diese Antworten:

„Segeljacke? Brauch ich nicht. Hab Innensteuerstand! Ich geh nur kurz zum Schotenziehen raus.“
„Gebrauchtes COMPASS-Ölzeug! Einmal jährlich mit MUSTO-Spray imprägniert.“
„Motorradklamotten! Am besten waren die alten gefütterten Thermokombis. Hab das mit den überteuerten Segelklamotten vor Jahren aufgegeben. Und auch ein superleichter Motorradhelm ist 100% wasserdicht, eigent sich aber nicht zum Schwimmen und Tauchen!“
„Hat jemand einen Tipp für Jackengröße ‚Walhai‘? Ich bin nun mal groß und dick…“
„Friesennerz vom Baumarkt. Baumwollhemd und Pullover drunter.“
„Schau mal unter dem Stichwort ‚Drysuit‘ im Internet nach. Ich persönlich nutze einen Smock.“
„eine rote JACK WOLFSKIN Bergjacke in Rot. Hält auch 5 Stunden im Regen.“

Und ich? Ich sitze hier im Fischereihafen von Castletownbere an der Südwestspitze. Ich habe noch eine alte Segeljacke an Bord und meine MAMUT-Treckingjacke. Die ist garantiert regendicht. Aber tagelang unter der Rettungsweste wird sie leiden und auch ihr Material undicht werden.

Ladenbesitzerin Mary-Ann verkauft mir, was irische Männer tragen…

Also mache ich auf den Weg in die Stadt. Klettere über die vier Boote, weil wir am äußersten Ende im Päckchen liegen und finde gleich am Hauptplatz Castletownberes ein in die Jahre gekommenes Geschäft für Modeartikel. Nichts wie rein. Drinnen empfängt mich Mary-Ann, die Besitzerin, die sich freut, dass jemand in diesen dürren Corona-Zeiten zu ihr kommt. Mary-Anns Laden ist wie sie: In die Jahre gekommen, mit einem Herz aus Gold und ein liebenswertes Relikt aus jenen besseren Tagen des Fischerstädtchens Castletownbere, in denen dieser Mary-Anns Geschäft das erste Haus am Platze war. Heute liegt Mary-Anns Angebot abseits von Errungenschaften wie Goretex, „atmungsaktiv“ oder allem sonstigen Marken-Unwesen. Dafür hat sie, was des Fischers Herz begehrt. Und statt „Marke“ hat Mary-Ann eine Jacke in XXL, wie sie die Fischer tragen. Und die Arbeiter am Straßenrand, wenn sie die Teerdecke ausbessern oder den Tanklastzug befüllen. 29,95€? Was dem Fischer taugt, tuts auch für mich. „Die nehm ich“. Knallrot orange ist sie oben auch, Leuchtstreifen hat sie über und über, dass Sven mich gleich findet, sollte ich ins Wasser fallen. Stolz ziehe ich sie auch gleich an und trete mit meiner neuen Errungenschaft auf die Straße zu Sven, der sich bei Mary Ann mit einer Regenhose für 13€ eindeckte und jetzt die Schaufenster-Auslage beäugt.

„Du siehst aus, als würdest Du gleich Deinen Baukran ausfahren“, brummt er und schielt auf meine neue Jacke. „Mir egal. Ich will jetzt einfach was Trockenes am Leib haben“. Den ersten Guss kriegt die Jacke dann auch gleich auf den 400 Metern von Mary-Anns Laden zur Pier ab. Kaum zurück auf Levje grinst mich Bootsnachbar O’Shea von seiner ALOHA I an und deutet auf die Fischkutter, zwischen denen wir liegen, während er mich anerkennend ansieht. „You are looking like a local fisherman“, sagt O’Shey. Ist das die irische Variante von Svens doofem Baukran-Spruch? 

Ja. Dafür liebe ich die Angelsachsen in all ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen, den Briten, den Schotten, den Walisern, den Iren: dass sie allesamt die edle Kunst beherrschen, vernichtende Kritik in ein scheinbares Lob zu wickeln wie ein Fake-Bonbon. Was O’Shea dann auch genauso anerkennend sage. Wer reist, der lernt schließlich. Seine Antwort ist ein breites Grinsen. Und ein leerer 20-Liter-Dieselkanister, den er mir durch den aufziehenden Nieselregen in den 30er Böen herüberreicht – denn Levjes 200 Liter Tank ist halbleer und will von der Tankstelle neben Mary-Anns Laden befüllt werden.

Aber darüber und wie sich eine 29,95€-Jacke im Sauwetter und in den 30er-Böen macht: Darüber schreibe ich in meinen nächsten Posts.

… meine neue Segeljacke. Ob Provisorien wirklich haltbar sind?
Auf dem Törn entlang der irischen Westküste machte die 29,95€-Jacke
aus Mary-Anns Laden keine schlechte Figur…

Im Mai 2020 erschienen. Mit noch mehr Geschichten vom Meer und Europas Küsten:



Worum gehts?
Mallorca. Menorca. Und die restlichen Inseln, die zwischen Sizilien und der südenglischen Isle of Wight liegen.

„… ein spannendes Werk, von dem man sobald man sich eingelesen hat und ein bisschen Liebe für das Meer empfindet, so schnell nicht wieder los kommt.“
sagt das Mallorca-Magazin letzte Woche (26.7.2020)

„Ein Pageturner.“ 
Sagt mein Freund Josef (Er ist nie gesegelt)

„Hab die ersten Seiten gelesen. Irre. Grandios. Megastark“. 
Sagt mein Freund Andreas (Er ist mit mehrfach mir mir gesegelt. Und liest Bücher von Berufs wegen.)

„Du hast ein wunderbares Buch geschrieben. Es hat mir so viel Kraft in dieser schweren Zeit gegeben, und Freude! Deine Sprache fesselt nicht nur, sie lässt auch ganz direkt miterleben, als wäre man selbst mitten im Geschehen.“
Magdalena (segelte auf dem See.)

„Es ist so ehrlich, authentisch und im positiven Sinne anders als die vielen Segelbücher.“ 
Sagt ein Leser, der mich damit zum Erröten brachte.

Und was ich drüber denke? 


Ich bin bescheidener. Und verrate es in  einem der nächsten Posts.
Soeben erschienen. Mit noch mehr Geschichten vom Meer und Europas Küsten:



Worum gehts?
Mallorca. Menorca. Und die restlichen Inseln, die zwischen Sizilien und der südenglischen Isle of Wight liegen.

„… ein spannendes Werk, von dem man sobald man sich eingelesen hat und ein bisschen Liebe für das Meer empfindet, so schnell nicht wieder los kommt.“
sagt das Mallorca-Magazin letzte Woche (26.7.2020)

„Ein Pageturner.“ 
Sagt mein Freund Josef (Er ist nie gesegelt)

„Hab die ersten Seiten gelesen. Irre. Grandios. Megastark“. 
Sagt mein Freund Andreas (Er ist mit mehrfach mir mir gesegelt. Und liest Bücher von Berufs wegen.)

„Du hast ein wunderbares Buch geschrieben. Es hat mir so viel Kraft in dieser schweren Zeit gegeben, und Freude! Deine Sprache fesselt nicht nur, sie lässt auch ganz direkt miterleben, als wäre man selbst mitten im Geschehen.“
Magdalena (segelte auf dem See.)

„Es ist so ehrlich, authentisch und im positiven Sinne anders als die vielen Segelbücher.“ 
Sagt ein Leser, der mich damit zum Erröten brachte.

Und was ich drüber denke? 


Ich bin bescheidener. Und verrate es in  einem der nächsten Posts.


Reden wir mal über: Segeljacken. Was deutsche Segler raten. Umfrageergebnisse, was wirklich taugt.

LEVJE im Hafen von Castletownbere als äußerstes Boot. Warum ich auf meinem Törn
in Irland eine Umfrage über undichte Segeljacken startete
und welche Ergebnisse dabei herauskamen, lesen Sie in diesem Post.

Der Tag jedenfalls ging weiter, wie er im letzten Post geendet hatte. Mit nassen Klamotten. Unter Deck ist alles immer noch so nass wie gestern. Der Wollpullover. Das Fleece-Innenfutter der Segeljacke. Deren triefende Ärmel. Als ich die leckenden Ärmel nach außen klappe, stelle ich fest, dass die Beschichtung innen verletzt und abgerieben ist. Hersteller MARINEPOOL hatte zwar an den besonders belasteten Stellen im Schulter- und Ellenbogenbereich meiner INNOVATION-Jacke einen zusätzlichen Patch aufgebracht, aber der ist in der Göße von zwei mickrigen Handtellern eher ein winziges Feigenblatt.

Mein Fazit in vier Punkten:

Deutlich erkennbar in der Polyurethan-Innenbeschichtung meiner MARINEPOOL-Jacke:
Durch mechanische Belastung aufgeraute Bruchstellen im Ärmel.
In der Mitte die aufgeklebte Verstärkung des Ellenbogens…

Beim nächsten Segeljackenkauf keine Polyurethan-Innenbeschichtung mehr. Sie bietet zwar durch den Stretch-Effekt mehr Dehnbarkeit, scheint aber langfristig deutlich weniger Widerstandsfähig gegen mechanische Belastungen zu besitzen.

… sowie der Patch an der Schulter, der dichthielt. Die umliegenden Stellen weisen
aber deutlichen Abrieb auf. Kein Wunder, dass ich trotz vorheriger intensiver
Außenimprägnierung tropfnasse Schultern und Arme hatte.

Gerade die mechanische Belastung einer Segeljacke scheint Hauptfaktor für langwährende Dichtheit zu sein. Vor allem an Schulter und Oberarmen ist die Polyurethan-Beschichtung porös geworden. Vermutlich rührt das vom Überstreifen und Tragen der Rettungsweste her. Allerdings wurde die jetzt sechs Jahre alte Jacke auf meinen langen Reisen im Mittelmeer eher selten getragen.

Segeljacken mögen sich nicht bewegen! Und vielleicht auch nicht verreisen! Während die Schutzschicht auf Brust und Rücken unverletzt blieb, zeigen sich in Bereichen, die stark Bewegungen ausgesetzt sind wie Schulter und Arme beschädigte Stellen. Das enge Zusammenlegen im Segelgepäck (gerade für die Charterer wichtig!), egal ob im Auto- oder Fluggepäck hat meine Segeljacke übelgenommen.

Die üblichen Zeitschriftentests gehen kaum auf den Aspekt der Belastbarkeit des Materials kaum ein. Den „unser Tester stand 7 Minuten unter der Dusche“-Dichtheitstest (einer großen Segelzeitschrift im Mai 2020) bestehen alle Jacken mit Bravour. Doch genau das ist der springende Punkt: 7 Minuten Dusche hält auch meine löchrige Polyurethan-Beschichtung halbwegs durch. Wer will denn schon beim achten Törn oder nach 4 Stunden Rudergehen plötzlich triefend wie ich an Deck stehen?

Weil ich nicht weiter wusste und mich die Testberichten nicht weiterbrachten, habe ich in meinem letzten Post auf MAREPIU einen Aufruf gestartet. Die Frage war: 
Wer ist mit seiner Segeljacke nach sechs Jahren Tragen immer noch zufrieden? 
Welchen Hersteller können Skipper nach sechs Jahre immer noch uneingeschränkt empfehlen?

Auf diese Fragen haben vor allem in den Segelforen im Internet 88 Segler und 4 auf MAREPIU.BLOGSPOT. COM geantwortet. Brauchbar waren davon 45. Es gingen kluge Antworten ein, neben den üblichen „Off-Topics“ aber auch unkonventionelle Beispiele, wie Segler dem Schietwetter trotzen, die ich ebenfalls mit aufliste. 

Vor allem die Eindeutigkeit des Ergebnisses hat mich verblüfft – und ich stelle die Ergebnisse jetzt unkommentiert ein:

Platz 1: 
MUSTO HPX, MPX, BR 2
18 (!!) Segler von insgesamt 45 rieten mir zum Kauf einer MUSTO-Jacke. Das sind immerhin satte 40%.
Auffallend oft wurde die Kombination aus MPX-Jacke (weniger steif als HPX) und HPX-Hose empfohlen.

Platz 2:
PARASAIL
6 von 45 empfahlen mir den Hersteller Parasail.  Immerhin 13%.
(Beim Schnellcheck im Parasail Online-Store gabs aber nur schmale Größen von XS bis M. Ich werde aber nach meiner Rückkehr aus Irland dort anrufen.)

Platz 3:
GIL und HENRY LLOYD
3 Skipper rieten mir zu einem dieser Hersteller. Jeweils 7%.

Platz 4:
2 Segler waren überzeugt von ihrer MARINEPOOL.

Platz 5:
2 Skipper rieten mir zu Motorradkleidung aus Leder.

Platz 6:
DECATHLON, ZHIK, COMPASS, WESTCOAST.
Jeweils 1 Skipper empfahl diesen Hersteller.

Zu den eher „originellen und individuellen“ Empfehlungen bei Schietwetter gehörten diese Antworten:

„Segeljacke? Brauch ich nicht. Hab Innensteuerstand! Ich geh nur kurz zum Schotenziehen raus.“
„Gebrauchtes COMPASS-Ölzeug! Einmal jährlich mit MUSTO-Spray imprägniert.“
„Motorradklamotten! Am besten waren die alten gefütterten Thermokombis. Hab das mit den überteuerten Segelklamotten vor Jahren aufgegeben. Und auch ein superleichter Motorradhelm ist 100% wasserdicht, eigent sich aber nicht zum Schwimmen und Tauchen!“
„Hat jemand einen Tipp für Jackengröße ‚Walhai‘? Ich bin nun mal groß und dick…“
„Friesennerz vom Baumarkt. Baumwollhemd und Pullover drunter.“
„Schau mal unter dem Stichwort ‚Drysuit‘ im Internet nach. Ich persönlich nutze einen Smock.“
„eine rote JACK WOLFSKIN Bergjacke in Rot. Hält auch 5 Stunden im Regen.“

Und ich? Ich sitze hier im Fischereihafen von Castletownbere an der Südwestspitze. Ich habe noch eine alte Segeljacke an Bord und meine MAMUT-Treckingjacke. Die ist garantiert regendicht. Aber tagelang unter der Rettungsweste wird sie leiden und auch ihr Material undicht werden.

Ladenbesitzerin Mary-Ann verkauft mir, was irische Männer tragen…

Also mache ich auf den Weg in die Stadt. Klettere über die vier Boote, weil wir am äußersten Ende im Päckchen liegen und finde gleich am Hauptplatz Castletownberes ein in die Jahre gekommenes Geschäft für Modeartikel. Nichts wie rein. Drinnen empfängt mich Mary-Ann, die Besitzerin, die sich freut, dass jemand in diesen dürren Corona-Zeiten zu ihr kommt. Mary-Anns Laden ist wie sie: In die Jahre gekommen, mit einem Herz aus Gold und ein liebenswertes Relikt aus jenen besseren Tagen des Fischerstädtchens Castletownbere, in denen dieser Mary-Anns Geschäft das erste Haus am Platze war. Heute liegt Mary-Anns Angebot abseits von Errungenschaften wie Goretex, „atmungsaktiv“ oder allem sonstigen Marken-Unwesen. Dafür hat sie, was des Fischers Herz begehrt. Und statt „Marke“ hat Mary-Ann eine Jacke in XXL, wie sie die Fischer tragen. Und die Arbeiter am Straßenrand, wenn sie die Teerdecke ausbessern oder den Tanklastzug befüllen. 29,95€? Was dem Fischer taugt, tuts auch für mich. „Die nehm ich“. Knallrot orange ist sie oben auch, Leuchtstreifen hat sie über und über, dass Sven mich gleich findet, sollte ich ins Wasser fallen. Stolz ziehe ich sie auch gleich an und trete mit meiner neuen Errungenschaft auf die Straße zu Sven, der sich bei Mary Ann mit einer Regenhose für 13€ eindeckte und jetzt die Schaufenster-Auslage beäugt.

„Du siehst aus, als würdest Du gleich Deinen Baukran ausfahren“, brummt er und schielt auf meine neue Jacke. „Mir egal. Ich will jetzt einfach was Trockenes am Leib haben“. Den ersten Guss kriegt die Jacke dann auch gleich auf den 400 Metern von Mary-Anns Laden zur Pier ab. Kaum zurück auf Levje grinst mich Bootsnachbar O’Shea von seiner ALOHA I an und deutet auf die Fischkutter, zwischen denen wir liegen, während er mich anerkennend ansieht. „You are looking like a local fisherman“, sagt O’Shey. Ist das die irische Variante von Svens doofem Baukran-Spruch? 

Ja. Dafür liebe ich die Angelsachsen in all ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen, den Briten, den Schotten, den Walisern, den Iren: dass sie allesamt die edle Kunst beherrschen, vernichtende Kritik in ein scheinbares Lob zu wickeln wie ein Fake-Bonbon. Was O’Shea dann auch genauso anerkennend sage. Wer reist, der lernt schließlich. Seine Antwort ist ein breites Grinsen. Und ein leerer 20-Liter-Dieselkanister, den er mir durch den aufziehenden Nieselregen in den 30er Böen herüberreicht – denn Levjes 200 Liter Tank ist halbleer und will von der Tankstelle neben Mary-Anns Laden befüllt werden.

Aber darüber und wie sich eine 29,95€-Jacke im Sauwetter und in den 30er-Böen macht: Darüber schreibe ich in meinen nächsten Posts.

… meine neue Segeljacke. Ob Provisorien wirklich haltbar sind?
Auf dem Törn entlang der irischen Westküste machte die 29,95€-Jacke
aus Mary-Anns Laden keine schlechte Figur…

Im Mai 2020 erschienen. Mit noch mehr Geschichten vom Meer und Europas Küsten:



Worum gehts?
Mallorca. Menorca. Und die restlichen Inseln, die zwischen Sizilien und der südenglischen Isle of Wight liegen.

„… ein spannendes Werk, von dem man sobald man sich eingelesen hat und ein bisschen Liebe für das Meer empfindet, so schnell nicht wieder los kommt.“
sagt das Mallorca-Magazin letzte Woche (26.7.2020)

„Ein Pageturner.“ 
Sagt mein Freund Josef (Er ist nie gesegelt)

„Hab die ersten Seiten gelesen. Irre. Grandios. Megastark“. 
Sagt mein Freund Andreas (Er ist mit mehrfach mir mir gesegelt. Und liest Bücher von Berufs wegen.)

„Du hast ein wunderbares Buch geschrieben. Es hat mir so viel Kraft in dieser schweren Zeit gegeben, und Freude! Deine Sprache fesselt nicht nur, sie lässt auch ganz direkt miterleben, als wäre man selbst mitten im Geschehen.“
Magdalena (segelte auf dem See.)

„Es ist so ehrlich, authentisch und im positiven Sinne anders als die vielen Segelbücher.“ 
Sagt ein Leser, der mich damit zum Erröten brachte.

Und was ich drüber denke? 


Ich bin bescheidener. Und verrate es in  einem der nächsten Posts.
Soeben erschienen. Mit noch mehr Geschichten vom Meer und Europas Küsten:



Worum gehts?
Mallorca. Menorca. Und die restlichen Inseln, die zwischen Sizilien und der südenglischen Isle of Wight liegen.

„… ein spannendes Werk, von dem man sobald man sich eingelesen hat und ein bisschen Liebe für das Meer empfindet, so schnell nicht wieder los kommt.“
sagt das Mallorca-Magazin letzte Woche (26.7.2020)

„Ein Pageturner.“ 
Sagt mein Freund Josef (Er ist nie gesegelt)

„Hab die ersten Seiten gelesen. Irre. Grandios. Megastark“. 
Sagt mein Freund Andreas (Er ist mit mehrfach mir mir gesegelt. Und liest Bücher von Berufs wegen.)

„Du hast ein wunderbares Buch geschrieben. Es hat mir so viel Kraft in dieser schweren Zeit gegeben, und Freude! Deine Sprache fesselt nicht nur, sie lässt auch ganz direkt miterleben, als wäre man selbst mitten im Geschehen.“
Magdalena (segelte auf dem See.)

„Es ist so ehrlich, authentisch und im positiven Sinne anders als die vielen Segelbücher.“ 
Sagt ein Leser, der mich damit zum Erröten brachte.

Und was ich drüber denke? 


Ich bin bescheidener. Und verrate es in  einem der nächsten Posts.


Astrogeschichte aus Rees – Komet Neowise

Kann sich noch jemand an „C/1995 O1 Hale-Bopp“ erinnern? Den großen Kometen, der im Sommer 1997 über Monate für einen spektakulären Abendhimmel auf der Nordhalbkugel gesorgt hat?
Hale-Bopp war einer dieser seltenen Kometen, die man ohne optische Hilfsmittel sehen konnte. „Freisichtig“ sagen wir Hobbyastronomen dazu.
Ich kann mich noch gut an den Anblick erinnern. Mit Astronomie hatte ich zu der Zeit, ich war gerade 17 Jahre alt, zwar absolut noch nichts am Hut, fasziniert hat der „Schweifstern“ mich trotzdem, wie er jeden Abend hell über unserem Haus stand.
Anfang der 2000er Jahre begann ich mich schließlich für Astronomie zu interessieren. Allmählich wurde aus dem Interesse ein Hobby, zeitweise fast schon eine Besessenheit mit vielen langen Nächten auf dem Feld und irgendwann hatte ich mir im Garten meiner Eltern eine eigene kleine Sternwarte aufgebaut. Einige der Instrumente waren selbstgebaut, weil ich mir das teure Zeug der etablierten Hersteller schlicht nicht leisten konnte. Als Steuerung für die Teleskopmontierung hatte ich eine Littlefoot im Einsatz, die ich als Bauteilsatz von Anand Rajiva bekommen hatte.
Viele Jahre war Astronomie mein intensivstes Hobby, bis zu dem Tag, an dem Sabrina und ich unser Segelboot Eos gefunden hatten. Eos hat uns viel gegeben, aber sie hat auch Opfer verlangt. Neben vielen anderen Dingen hat vor der Abfahrt auch ein Großteil meiner Astroausrüstung den Besitzer gewechselt, um die Bordkasse aufzufüllen.
Einen kleinen Teil der Ausrüstung habe ich behalten, um wenigstens Minimalastronomie betreiben zu können. Damit sind während unserer Segelreisen die „Astrogeschichten aus…“ entstanden.
In den letzten Jahren ist das Thema Astronomie wegen Zeitmangel bei mir schließlich eingeschlafen. Bis vor wenigen Wochen, als ich von einem Kometen hörte, der vielleicht so hell wird, dass man ihn freisichtig auf die Netzhaut bekommen könnte. Ohne Teleskop, ohne Fernglas, direkt ins Auge!

„C/2020 F3 Neowise“ hieß der Kandidat, der meine Begeisterung weckte und diverse Restaurationsprojekte an Bord der Morgenstern für eine Weile zur Nebensache degradierte.

Am Abend des 10. Juli 2020 sollte er sich in unseren Breiten zum ersten Mal am Abendhimmel zeigen und so gerade eben in den hellen Dunstschichten knapp über dem Horizont zu sehen sein.
Sabrina und ich haben den ganzen Abend im Cockpit gesessen und abwechselnd einen Blick nach Nordosten geworfen. Kurz nach Mitternacht hatten wir ihn schließlich im Fernglas und eine Weile später auch direkt im Blick. Spektakulär war der Anblick noch nicht, dafür stand er noch zu tief am Himmel. Aber für den ersten Abend waren wir mehr als zufrieden mit dem Anblick. Endlich hatten wir wieder einen großen Kometen und das auch noch im Hochsommer, zur besten Zeit!

Die erste Aufnahme von Neowise ist direkt neben Morgenstern auf dem Steg entstanden. Ohne Stativ, ohne Nachführung, einfach am Poller abgestützt.

In den folgenden 2 Nächten habe ich ihn viel beobachtet. Mit am beeindruckendsten war der Anblick, als wir im Mahnensee vor Anker lagen und ich gegen 3 Uhr morgens wach geworden bin. Da war er, der helle Komet und unter ihm die spiegelglatte Wasseroberfläche in der sich die Sterne spiegelten.

Nach diesem ersten Beobachtungswochenende kam leider eine Schlechtwetterphase, die allen Hobbyastronomen und Interessierten in unserer Gegend einen langen Strich durch die Rechnung machte. Erst Ende Juli gab es wieder die Möglichkeit ihn länger zu sehen.
Mittlerweile stand Neowise zwar deutlich höher am Himmel, aber er entfernte sich bereits wieder mit hoher Geschwindigkeit aus dem inneren Sonnensystem und war nicht mehr so hell wie in den ersten Tagen.
Jetzt musste gehandelt werden und das persönliche Verlangen nach Schlaf und Komfortzone war für eine Weile nicht mehr von hoher Bedeutung.
Drei Nächte in Folge habe ich in dieser kurzen Schönwetterphase Ausrüstung durch die Gegend geschleppt und die Nacht zum Tag gemacht.

Zeitweise waren 4 Kameras im Einsatz. Zwei Digitale und zwei Analoge. Mit meiner DSLR sind die Fotos entstanden, die ihr in diesem Artikel seht, mit einer Canon AE-1 habe ich Aufnahmen auf Farbfilm gemacht, der bereits in der Entwicklung ist und mit der SLR, die ich von meinem Opa geerbt habe, sind Belichtungen auf Kodak Tri-X 400 (Black&White) entstanden, die ich noch selbst entwickeln werde.

Die besten Bedingungen hatte ich in der Nacht vom 24. Juli. Da stand ich am Flaggenmast bei uns am See. Kaum Wind, gutes Seeing und die ein oder andere Sternschnuppe, die über den Nachthimmel gehuscht ist. Ansonsten völlige Stille, bis plötzlich, mitten in der Nacht, von weit her eine Stimme zu hören war.
Ich war mir sofort sicher, das ich diese Stimme schon mal irgendwo gehört habe, konnte sie aber nicht sofort zuordnen. Nach einiger Zeit war ich mir sicher: Es war „Heintje“
Meine Oma hat früher manchmal Heintje gehört und als ich noch ein kleiner Junge war, fand ich die Songs eigentlich gar nicht so schlecht.
Dann wurde der kleine Junge größer und fing an Heavy-Metal und Rockmusik zu hören. Heintje spielte in meinem Leben also keine Rolle mehr.
Bis zu dieser Nacht unter dem Kometen, als ich dort einsam am Flaggenmast saß und von irgendwoher Heintjes Lieder in mein Ohr drangen. Immer und immer wieder wurde der Song „Zwei kleine Sterne“ gespielt und schallte laut über den See. Bestimmt 2 Stunden lang. Und was mich am Anfang zunächst verwirrte, klang nach ein paar Runden komischerweise immer besser und machte diese Nacht auf kitschig – groteske Art zu etwas besonderem.

Ohne Heintje im Loop wärs fast langweilig gewesen.

Ein bisschen macht mir allerdings die Tatsache, dass ich in dieser Nacht ein Gesangsstück von Heintje gut fand, Angst!
Ich erklärs mir als musikalischen Ausrutscher unter dem Einfluss von übermäßiger kosmischer Strahlung und versuche das jetzt mit AC/DC und Guns n‘ Roses zu kurieren!

Nun aber wirklich:  Au revoir, Gambier!

Mi.,05.Aug.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2257, 20.254 sm von HH

Die Entscheidung ist gefallen, wir setzten alles auf eine Karte. Noch haben wir keine Genehmigung nach Neuseeland einreisen zu dürfen. Das Prozedere zieht sich und ist ein brutal formalistischer Akt, der seinen Gipfel in einem 24-seitigem Papierwerk gefunden hat und nun diversen Kiwi-Behörden vorliegt. Wir sind optimistisch, dass es klappen wird und daher geht es Morgen nach Tahiti!

Gestern sind wir noch einmal unseren Lieblingsweg gelaufen und die Augen tränen. Oh ja, hier könnten wir uns tatsächlich vorstellen zu leben. Das ist wahrscheinlich romantisch verklärt, denn die drei deutschen bzw. elsässischen älteren Herren, die auf Mangareva wohnen, zeigen in Gesprächen alle die gleichen Symptome: gepflegte Langeweile!
Wir sind aber sehr dankbar, dass wir die Lock-down-Zeit hier verbringen durften. Tief in unseren Herzen bleibt dieser Aufenthalt eingebrannt.

Aber es wird nun wirklich Zeit. Unsere Vorräte an Leckerlies sind am Ende. Wir haben kein Vollkornmehl und keine Getreidekörner mehr, Haferflocken sind alle und mal wieder ein paar Tomaten oder Gemüse, was nicht aus der Dose kommt, das hätte was. Es gibt seit Monaten keinen schwarzen Pfeffer zu kaufen – dafür in rauen Mengen ‚Ras el Hanout‘. Eine Gewürzmischung, für die ich in der Weltstadt Hamburg vor Jahren mal unendlich viele Läden abklappern musste. Verrückte Welt, diese Atolle.

Das Vollkorn wurde die letzte Zeit rationiert – ein Halb-Weißbrot und Halb-Vollkornbrot. Achim backt übrigens alle Brote – man, darüber bin ich soooo happy

Die Bordküche ist eintönig geworden: Der beste Kauf ist ein Huhn. Davon essen wir drei Tage. Ich habe alle Varianten durch, wie man ein Huhn verkochen kann: Hühnerfrikassee deutsch, asiatisch scharf, Curry indisch. Am ersten Tag gibt es die Keulen und die Flügel. Am zweiten Tag gibt aus den Rippen abgekocht eine Hühnersuppe und am dritten Tag die Brust, die ich am ersten Tag gleich mit brate. Nach zehn Tagen kommt ein neues Huhn. Zwischen den Hühnern gibt es (mindestens) einen Spaghetti-Tag, einen Kartoffelmus-Tag (für viel was anderes taugen die Kartoffeln nicht), einen Tag mit Eiern und zwei Hülsenfrüchte-Eintopf-Tage. Der Eintopf kann auch schon mal ‚aus Versehen vegan sein‘. Besonders beliebt beim Skipper.
Die Geschirrspül-Bürste ist inzwischen der Sammelpunkt für die Keime dieser Welt. Wir haben die Wahl – diese Ekel-Bürste behalten oder keine haben. Meine Flip-Flops haben Löcher. Dafür gibt es die Nachhaltigkeits-Ehrenmedaille am Greta-Zopf. Ich habe die Wahl – diese Flip-Flops oder keine.

Ich würde sagen, die sind fertig

Es ist problemlos möglich neue Batterien oder ein Solarpanel in Tahiti zu bestellen. Eine Mail an den richtigen Shop, die Kreditkarte gezückt und drei Wochen später liefert die Dinge das Versorgungs-Schiff. Aber die genannten Kleinigkeiten zu bestellen, ist uns nicht gelungen. Die Shops haben abgewunken für uns etwas zu besorgen und die gelangweilten Herren waren auch nicht hilfreicher. Es soll ‚fliegende‘ Moped-Fahrer in Tahiti geben, die Geschäfte und Supermärkte nach Nüssen und Spülbürsten abklappern, ein Paket schnüren und es auf einem Schiff aufgeben. Wir haben weder geschafft herauszufinden, wer das macht, noch was es kostet. Also haben wir aufgegeben. Die Einheimischen schicken sicherlich Freunde und Verwandte los, die diese Jobs übernehmen.

Obwohl wir am teuersten Platz unserer Reise leben, sind unsere Durchschnitts-Kosten ganz massiv gesunken. Da die Vorrats-Schränke leer sind, geben wir inzwischen über tausend Euro im Monat für Essen und Trinken aus. Mal ein Glas Gurken, ein Paket Kekse und das abendliche Bier hauen wirklich rein. Das war’s dann aber auch schon, was man hier an Geld ausgeben kann. Sprit für den Außenborder, Wäsche waschen und hin- und wieder eine Pizza, mehr geht nicht. Die fehlenden Ausgaben sind aber im Prinzip nur aufgeschoben. Das Schiff wird – gefühlt – nur noch von Provisorien zusammen gehalten. Was kaputt geht, bleibt kaputt oder wird irgendwie geflickt. Der abgebrochene Rückwärtsgang am Außenborder besteht jetzt aus einem alten Schraubenzieher und die gerissene Dichtung am Stöpsel für das Waschbecken in der Pantry ist durch einen Tupperdeckel ersetzt worden. Achim hat aus zwei Lesebrillen eine zusammengeschraubt und die kaputte Go-Pro liegt im Mülleimer. Unsere T-Shirts haben alle Flecken und aufgestickte Blümchen, die gefallene Maschen aufhalten sollen, unsere Shorts haben Flicken auf dem Hintern und wir benötigen dringend neue Bettwäsche, Kissen und Bezüge. Die Laken werden mit Kaltwäsche einfach nicht sauber und passen optisch zur Abwaschbürste. :mrgreen:

 

In Tahiti können wir Lebensmittel aufstocken und mal wieder essen gehen. Große Ersatzbeschaffungen, nach sechs Jahren endlich ein neues Handy und einen neuen Laptop, würden wir gerne bis Neuseeland verschieben.
Also, auf nach Tahiti – 850 Meilen – sieben bis zehn Tage. Morgen geht es los. Nun aber wirklich.

 

Präpariert für die Stadt. Für uns noch ungewohnt – wir sehen wie Sofakissen aus – Reste vom Stoff für Kopfkissenbezüge für die Schlafkoje