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Gruß an Bord

Heiligabend 2020, Franz.Polynesien/Moorea/Cooks Bay, Tag 2398, 21.237 sm von HH

Ich hatte ja neulich schon im Nachruf auf meinen Vater erwähnt, dass bei uns zu Hause am Heiligabend immer die Radiosendung ‚Gruß an Bord‘ lief. Was ich unerwähnt gelassen habe: als Kind fand ich die Sendung langweilig und als Teenager einfach nur blöde! Wenn zwischen den Beiträgen Freddy Quinn ‚Junge, komm bald wieder‘ sang, während ich unterm Tannenbaum eine Platte von Nina Hagen liegen hatte, wusste ich, dass mit dieser Sendung die Spitze der Spießigkeit erreicht war. Mit dem Auszug aus dem Elternhaus, vergaß ich diese Sendung.

‚Gruß an Bord‘ gibt es seit unglaublichen 67 Jahren und ist damit eine der ältesten Radiosendungen der Welt. Das Prinzip der Sendung ist einfach: Es werden Grüße von Seeleuten auf See in die Heimat geschickt oder zurückgelassene Familienmitglieder senden ihre Wünsche in die Welt hinaus. Seit 1953 hat sich nur die Technik gewandelt. Lief früher viel über Funk und Morsealphabet, nutzt man heute eMail und Satellitentelefon. Dazwischen gibt es Musikeinspieler – bevorzugt etwas weihnachtliches oder seemännisches.

Zum Frühstück erreicht mich über Messenger eine Nachricht von einem segelnden Facebook-Freund: „Ihr seid bei ‚Gruß an Bord‘ mit dabei.“ Wie jetzt? Wir?
Über Radio können wir das natürlich nicht empfangen, aber der NDR überträgt die Sendung auch zweimal per Kurzwelle. Die Frequenzen und Uhrzeiten sind nutzerfreundlich auf der Homepage vom NDR bekannt gegeben. Wir versuchen es, aber hören nur Rauschen, die Uhrzeit ist ungünstig für unseren Standort, die Sonne steht schon viel zu hoch.
Ganz modern, kann man ‚Gruß an Bord‘ aber auch übers Internet streamen. In zwei Teilen, jeweils eine Stunde lang. Unser Internet-Volumen ist begrenzt und nichts frisst mehr Daten als zu streamen. Wir gehen es taktisch an. In der ersten Hälfte werden wir wohl kaum genannt werden, also fangen wir mit dem zweiten Teil an.
Meine Erinnerung täuscht mich nicht – die Sendung ist noch genauso wie damals. Eine frischgebackene Kaptänsfrau berichtet über ihren einsamen Alltag mit den Kindern, während der Mann drei Monate auf See verbringt, um dann am Ende ‚wir vermissen dich‘ ins Mikro zu hauchen. Es folgt ein Weihnachtlied, gespielt mit hawaiianischem Klängen und Rhythmus. Ein Offizier auf See kommt zu Wort. Es folgt ein Shanty. Dann ein Interview mit der Crew des Bootes, was sich am weitesten vom Sender entfernt befindet. Immerhin! Es ist ein deutsches Segelboot in Neuseeland, die SuAn
Achim und ich lauschen und warten auf unseren Auftritt. „Kann das sein, dass du die Sendung das erste Mal in deinem Leben mit Spannung hörst?“, feixt er mich an. Ich schneide ihm eine Grimasse. Nach zweidritteln der Zeit kommt die Erlösung. Aus Deutschland werden die Atangas und zwei, drei weitere Mitsegler im Pazifik gegrüßt. Hipp-hipp hurra. Freut einen dann doch. Ganz ehrlich! Hätte man mir das als nörgeliger 16-jähriger Göre erzählt, ich hätte denjenigen für bekloppt erklärt. Heute sage ich danke für die nette Idee und schicke Grüße in die Heimat zurück.
Aber ich glaube, noch mehr hätte sich mein Vater gefreut. Ob über den Gruß an seine Tochter oder dass seine Tochter nun auch endlich ein Spießer ist, bleibt ungeklärt. Schade, dass er das nicht mehr erleben durfte.

Den Rest vom Heiligabend verbringen wir auch spießig und mit Völlerei. Der Supermarkt um die Ecke meint es gut mit uns: Thunfisch-Carpaccio vorweg und zum Nachtisch gibt es Mango mit Ingwersirup und mit Schoko-Mousse (okay Schoko-Pudding – zu viel Aufwand im Nachtisch lohnt sich nur, wenn wir Gäste haben, Achim isst meistens nichts davon).
Zum Hauptgericht habe ich Rinderfilet mit Broccoli gekauft, aber beim Auspacken entpuppt sich das Rind als Lammfilet. Ich hatte nicht richtig hingelesen und ‚agneau‘ mit ‚angus‘ gleichgesetzt. :roll: Tückische Sprache, dieses Französisch, aber hey, noch viel besser. Mit Rosmarinkartoffeln und Parmesan der perfekte italienische Schmaus. Frohe spießige Weihnachten.

Ein ungeduldiger Skipper vor seinem Carpaccio

Schick auch der Bikini auf der Leine im Hintergrund und die Handtücher auf dem Ruder :lol:

Monitor – Windpilot

GESTERN UND HEUTE – OHNE WORTE

Monitor-Windpilot

SV La Dolce Vita – Kjell Carlsson SWE

NORTH ATLANTIC CIRCLE 2020 on BENETEAU OCEANIS 473
Hi Peter, thank you  for the nice wind pilot I bought from you. We sailed from Sweden September 2019 back April 2020,the trip went to the Caribbean where we were about 4 months. In Gran Canaria I found tamp that was dumb so did not have to tighten up so often, think it was Liros rope. Rinse with water and lubricate with paraffin oil, went soft and nice all the time. The autopilot broke 4 times and stopped repairing it. Without the wind pilot we would not have been able to do this sailing, that steered perfectly in all weathers. 
A big thank you to you for doing such good wind pilots.
May I wish you a Merry Christmas and a Happy New Year.
Best regards 
Kjell Carlsson

Joyeux Noël

Mi., 23.Dez.20, Franz.Polynesien/Moorea/Cooks Bay, Tag 2397, 21.237 sm von HH

Frohe Weihnachten – Merry Christmas – Feliz Navidad!
Eine Redensart, eine tausendfach geschriebene und gelesene Floskel bekommt 2020 eine ganz neue Bedeutung. Die Welt steht Kopf, die Welt ist durcheinander gewürfelt. In den meisten Familien ist nichts so, wie Weihnachten immer war. Und das geht weit über „früher war mehr Lametta“ hinaus. Fast überall auf der Welt gibt es Einschränkungen, Ausgangssperren und Lockdowns. Die Diskussion über die Maßnahmen spalten die Nationen, sie scheint bei der Gestaltung des Weihnachtsfestes ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden zu haben. Darf man die Oma noch einmal sehen, da sie nicht mehr lange zu leben hat oder bringt man ihr durch den Besuch eine Ansteckung, die man bereut? Schwerwiegende Familien-Entscheidungen müssen getroffen werden. In vielen Fällen sicher keine einfache Sache.

Wir wünschen unseren Freunden, unseren Familien und allen Lesern das richtige Händchen bei Eurer Wahl und Entscheidung. Habt ein unbeschwertes Weihnachtsfest, findet zwischen Veränderung und Verzicht ein paar schöne Dinge, die Euch zum Lachen bringen und Freude bereiten. Vorwärts denken, positiv denken und fröhliche Weihnachten verleben. Und vielleicht mal wieder etwas mehr Lametta?

Wir bleiben über Weihnachten auf Mo’orea. Eigentlich wollten wir schon eine Insel weiter gezogen sein, aber Wind aus Westen (den gibt es nur, wenn man plant nach Westen zu segeln – es ist doch wie verhext) hat unsere Zeit hier verlängert.
Das macht nix. Ein kleiner, aber feiner Supermarkt ist nach zwei Minuten Dinghy-Fahrt erreicht. Gut sortiert mit Entenbrust aus Frankreich und Lammkeulen aus Neuseeland. Und Spekulatius liegen einsatzbereit im Schapp – vorsorglich gebunkert auf Tahiti. Kulinarisch haben wir eher die Qual, womit wir uns verwöhnen wollen.
Die noch immer aktive Ausgangssperre für Tahiti und Mo’orea ist für Heiligabend von 21:00 Uhr auf 22:00 Uhr verkürzt worden, um den Menschen die Gelegenheit zu geben nach der Kirche noch gemeinsam Essen gehen zu können. Alle anderen Atolle haben keine Einschränkungen – kein Wunder – die meisten positiv Getesteten gibt es auf diesen beiden Inseln. Seitens der Regierung erfolgen weiterhin die Apelle: Abstand halten, Maske tragen und kümmert euch um eure ‚Alten‘. Geht für sie einkaufen und schützt sie, wo immer es möglich ist.

Wir sind von Einschränkungen nicht betroffen, da wir nicht in die Kirche gehen und tagsüber können wir uns bewegen, wie wir wollen. Zum Glück müssen wir keine Entscheidungen treffen, Heiligabend werden wir alleine verbringen. Im Augenblick ist kein Schiff in der Nähe, mit dessen Crew wir mehr Kontakt als ein Schwätzchen am Dinghy-Dock hätten. Unsere Buddy-Crews sind entweder in die Heimat geflogen (und müssen jetzt hoffen und bibbern) oder haben sich andere Ziele für die Zyklon-Saison gewählt. Das macht uns nichts aus, da wir die letzten Jahre Weihnachten immer alleine verbracht haben, davon sogar zweimal auf See. Bei uns bleibt alles wie die Jahre zuvor: komplett ohne Lametta.

Joyeux Noël – Frohe Weihnachten – Merry Christmas – Feliz Navidad!

Die besten Weihnachtsgrüße an alle Leser vom anderen Ende der Welt

 

Peter Foerthmann – Autor

PETER FOERTHMANN – AUTOR – WIESO – WARUM – WESHALB

Peter Foerthmann

SV Gwenavel – Wilfried Krusekopf FRA

DER IN DER BISKAYA TANZT

Wilfried Krusekopf

Windpilot Books

MYTHOS WELTUMSEGELUNG – KOMMENTAR

Kommentare

SV Phoebe – Jan Kiehne GER

BIANCA 28 MIT NORDSEE II UM DIE GANZE WELT
Hallo, ich bin Schiffsmechaniker und – was noch viel schlimmer ist – Ossi. Also bin ich zuversichtig, die uralte Anlage von Wolf Kloss wieder zum Laufen zu bekommen. Denn, obwohl ich noch nicht weiss, an welches Schiff sie mal kommt…. mit einer halben Anlage kann man nix reissen und jetzt hab ich Zeit zur Reparatur.

Ja, dass meine Phoebe diese Reise so gut bewaeltigt hat, ueberraschte mich auch. Fuer das 2t-boot schien mir die alte Windpilot Nordsee II von Einfachheit und Gewicht als sehr angemessen, nicht zuletzt wegen dem Notruder. Trotz der etwas „polnischen montage“ hat sie Unglaubliches geleistet. Auch weil ich meist nur auf 4,5kn trimmte.
Ich schreibe noch am Buch ueber die reise, aber von 12000 fotos eine Auswahl zu treffen… aber einige anekdoten kann ich gerne mal schicken.
Phoebe war meine erste ‚Yacht‘ und der Start der Weltumseglung meine erste Nachttour. Laengste Distanz nonstop: 8200sm, hoechster Speed ohne strom 12kn, wahnsinnige Ausruestung fuer die Bootsgroesse. Der Trip: Rostock-Kanaren-Argentinien-Chile-Frz Polynesien-Neuseeland-Fiji-Vanuatu-Suedafrika-Grenada-St Martin-Azoren-Schottland(loch ness)-Daenemark-Rostock. Dann in 2019/20 noch einmal: Barth-Niederlande-Kanaren-Kapverden-Trinidad-St Marten-Azoren-Frankreich-Belgien. 95%einhand
gruesse
jan

Leisure 17 – damit fing es an

MIT EINER LEISURE 17 FING ALLES AN
Sicher unnötig, die ganze Geschichte hier zu repetieren: Windpilot und Leisure sind ein Gespann, mit dem die Geschichte damals angefangen hat, alles aufgeschrieben, falls noch nicht bekannt:

Leisure 17

Easy Rider

Do., 17.Dez.20, Franz.Polynesien/Moorea/Cooks Bay, Tag 2391, 21.237 sm von HH

„Get your motor runnin‘
Head out on the highway
Looking for adventure
In whatever comes our way“
♪ ♫ ♫ ♪ ♪ ♫ (Steppenwolf)

 

Easy Rider auf Moorea

Ursprünglich wollten wir ein Auto mieten, da aber keins zu bekommen war, fällt unsere Wahl auf einen Motorroller. Eine glückliche Fügung. Die mitgelieferten (und gar nicht mal so ekligen) Jet-Helme, kurze Hose und Hemd liefern einen Hauch von ‚Easy Rider‘. Als Herr und Frau Peter Fonda machen wir Mo’orea unsicher.

Eine Umrundung sind ungefähr siebzig Kilometer, Querverbindungen durch die steilen Berge gibt es keine. Das Inselinnere ist unbewohnt. Die Sache wäre also in zwei Stunden abzuarbeiten. Wir haben den Roller für den ganzen Tag gemietet und können uns Zeit lassen. Auf der Ringstraße beträgt die Höchstgeschwindigkeit 60 km/h – wir werden mit einem 40er Schnitt aber auch nicht zum Verkehrshindernis.

Der beste Blick auf die Cooks Bay – unten rechts liegt Atanga

Knapp 15.000 Menschen wohnen auf Mo’orea, die meisten an der windabgewandten Seite. Wie auf Tahiti der gleiche Fehler: Die Uferzone ist fast lückenlos bebaut. Mal ans Meer zu kommen, gestaltet sich schwierig: propriété privée! – tabu! – betreten verboten! Mo’orea hat wenig Strände und an diesen stehen meistens Hotels. Die letzten öffentlichen Strände hat man zu ‚Parks‘ gemacht. Mit gemähtem Rasen davor, eingezäunt und mit einem Wärterhäuschen an dem Öffnungszeiten angeschlagen sind. Noch kostet es keinen Eintritt, da sollte der Bürgermeister mal mit dem Kurdirektor von Timmendorf sprechen – Kurtaxe wäre das Stichwort.

Von diesem Übel abgesehen, ist Moorea phantastisch schön. Immer neue Blicke auf die schroffen Berge eröffnen sich. Sie sind überwuchert von undurchdringlichem Dschungel. Adrette Dörfer, hübsche Kirchen und immer der Blick über die Lagune, die vom Saumriff perfekt abgegrenzt wird. Die Insel hat nur wenige Pass-Durchfahrten.

Mooreas Berge sind aus jedem Blickwinkel imposant

Außerhalb von Corona-Zeiten ist Mo’orea durchaus touristisch. Hotels, Wasser-Jet-Ski-Verleih, Schnorcheltour-Anbieter und viele Restaurants sind die leer stehenden Zeugen dieser Tage. Wir treffen unterwegs nur wenige Touristen – die Strände der Hotels sind nahezu leer. Französisch Polynesien lässt Touristen ins Land: Nach einem negativen Test, der nach vier Tagen wiederholt werden muss. Es kommen trotzdem nur wenige. Es sollen nur zehn Prozent der normalen Anzahl an Gästen im Land sein.

Mittagspause mit Holzofen-Pizza – total lecker – meine ist mit frischem Thunfisch

Das gefallene E – das Tiki Village in dem normaler Weise Tanzaufführungen statt finden ist bereits am zerfallen – die Tänzer und Musiker sind arbeitslos

Die Kirchen sehen noch gepflegt aus – denen scheint es immer gut zu gehen

Die letzten Hotelgäste werden mit Unterwasser-Fahrrad fahren bespaßt

Schön für uns, wer mag schon andere Touristen, sehr schlecht für die Einheimischen. Es wird viel herum gesessen, Langeweile prägt den Tag, wenig Geld in den Taschen. Kein schöner Anblick. Im Kontrast dazu stehen die Luxus-Hotels mit Wasserbungalows. Im Sofitel gibt es das Zimmer für 300 EUR die Nacht – inklusive Frühstück. Zum Glück wohnen wir auf unserem Appelkahn umsonst und ich bekomme auch jeden Morgen das Frühstück gemacht. Das Leben kann so süß sein.

An den schönsten Ecken stehen Hotels

Hier das Sofitel mit dem Blick des Tages

Rundumschlag

Winter

„Das Jahr geht langsam aber sicher den zeitlichen Bach runter und nix ist geschafft!“

So habe ich, kurz bevor ich mit diesem Beitrag angefangen habe, in letzter Zeit manchmal gedacht. Ich hatte mir für 2020 definitiv mehr vorgenommen, als am Ende fertig geworden ist. Aber umso tiefer ich in den Monatsarchiven nach Fotos für euch wühle, umso mehr wird mir bewusst, dass es insgesamt doch gar nicht so wenige Projekte gewesen sind, die in diesen ziemlich chaotischen Zeiten zwischen den Lockdowns das Licht der Technikwelt erblickt haben.
Das hier soll aber kein Jahresrückblick werden. Wir reden heute nur über ein paar ausgewählte Projekte, die ich euch bisher noch nicht gezeigt habe.

Unter anderem ist der erste Elektroantrieb für Morgenstern fertiggestellt. Er liegt nun einbaufertig in der Werkstatt und das war am Ende mal wieder wesentlich mehr Arbeit als zunächst gedacht.




Eigentlich hatten wir im Spätsommer zwei einbaufertige Motoren gekauft, aber ich war mit verschiedenen Details nicht ganz zufrieden. Nichts was man reklamieren könnte, aber eben auch nicht perfekt. Also wurde einer der nagelneuen Motoren in seine Einzelteile zerlegt, die Welle umgearbeitet, das Gehäuse verändert, ein anderes Ritzel montiert und einige Kleinigkeiten mehr.
Ziel der ganzen Aktion war es, den Antrieb robuster und wartungsfreundlicher zu machen. Unterwegs soll es möglich sein, zum Beispiel ein Lager schnell und mit Bordwerkzeug auszutauschen. Im Originalzustand wäre das nicht so einfach möglich gewesen. Das habe ich nun geändert.
Bis der Motor eingebaut werden kann, wird es noch eine Weile dauern, da an Bord erst die Bedingungen dafür geschaffen werden müssen.
Aktuell bastel ich noch an einem neuen Wellenflansch herum, den ich von einer Fachfirma nach meinem Entwurf habe anfertigen lassen. Das Bauteil war einfach zu groß, um es auf meiner eigenen Drehmaschine herzustellen.

Das Rohteil.

Gebohrt.

In der Zeit, in der ich auf den Flansch warten musste, habe ich ein wenig an der Badeplattform weiter gewerkelt. Mit der Badeplattform hatte ich bereits vor Monaten angefangen, das Projekt dann aber irgendwie aus den Augen verloren. Zur Zeit ist sie ja noch nicht besonders wichtig. Das Provisorium am Heck funktioniert nach wie vor und die neue Plattform muss schließlich erst im nächsten Jahr zum Werfturlaub fertig sein.









Schon länger eingebaut, bisher aber noch nicht gezeigt: Der neue Deckel am Niedergang.





Der Deckel ist sehr stabil und trotz Sandwichbauweise relativ schwer. Im Kern ist er mit 20mm Styrodur ordentlich gedämmt. Die Mechanik der Gasdruckfedern sieht ein wenig merkwürdig aus, gebe ich zu. Aber da steckt ein ausgeklügeltes System dahinter, an dem ich fast verzweifelt wäre, bis es endlich funktioniert hat. Die Anordnung und Kombination aus 4 Federn ist so gewählt, damit zum einen früher eine automatische Aufstellung einsetzt, als das mit 2 Federn möglich wäre. Zum anderen wirken die Federn im geschlossenen Zustand gegenläufig, was zu einer fast vollständigen Entlastung der Scharniere am Deckel führt und die Kräfte über mehrere Ankerpunkte verteilt.
Seit etwa einem halben Jahr ist der neue Deckel nun eingebaut und funktioniert optimal. Die Türen verriegeln den Deckel nun über zwei Bolzen an der Oberseite automatisch beim schließen. Beim alten Deckel war das immer ein ekelhaftes Gefrickel mit mehrere Riegeln und Hebelchen.

Machen wir weiter mit den Heizungen an Bord. Mittlerweile ist mehr als 1 Jahr vergangen, seit wir den Cubic Mini Feststoffofen in Betrieb genommen haben und wir sind nach wie vor enorm zufrieden mit ihm.
Auch die Dieselheizung, die wir letztes Jahr im Dezember installiert haben, hat sich bestens bewährt und ist eine Zweitheizung, die wir nicht mehr missen möchten. Wir benutzen sie gerne morgens, um das Schiff schnell aufzuheizen und jetzt im Winter, um das Einwintern zu umgehen. Hier am Niederrhein sind die Winter zwar mittlerweile so mild, dass die Temperatur im Schiff nur selten unter 5°C fällt, aber darauf verlassen würde ich mich nicht, ohne Maßnahmen zu ergreifen. Im letzten Jahr hatten wir das mittels Heizlüfter und Thermostatsteuerung bewerkstelligt und das hat sich gelohnt. Denn die Heizlüfter sind nur ein einziges Mal in einer kalten Nacht im Februar angesprungen und wir hatten dadurch etliche Liter Frostschutzmittel gespart.

Die milden Winter am Niederrhein sind nicht nur ideal fürs Schiff, auch Blässgänse aus der Arktis erfreuen sich an der relativ warmen Gegend. Ein paar von ihnen überwintern derzeit bei uns im Hafen.

In diesem Jahr übernimmt die Dieselheizung den Job des Frostwächters. Dafür habe ich sie mithilfe einer Zusatzplatine ein wenig schlauer gemacht. Sie ist nun ins „Smart Boat“ eingebunden und kann per Timer, per Thermostat, per Hygrometer oder einfach per Smartphone von überall aus gesteuert werden.
Morgenstern ist also mittlerweile permanent online und seit etwa 4 Wochen läuft das gesamte System autark. Das Landstromkabel ist bei unserer Abwesenheit nicht im Schiff eingesteckt und Morgenstern erzeugt auch am Steg ihren Strom selbst.
Ich war zunächst nicht ganz sicher, ob die Bilanz jetzt zum Jahresende auf Dauer positiv ist. Aber wir haben selbst bei 0 Sonnenstunden und dichter Wolkendecke noch leichten Überschuss. Dabei sind etliche Geräte, wie Router, IP-Kameras und diverse Geräte im Standby rund um die Uhr eingeschaltet.
Jetzt in der Adventszeit kommt noch der Weihnachtsstern unter der Saling dazu. Auch der ist komplett „solarpowered“ und wird timergesteuert geschaltet.
Letztendlich ist einiges davon Schnickschnack, den man nicht wirklich braucht. Man könnte auch einfach ein paar Liter Kühlflüssigkeit zum einwintern benutzen. Für uns ist diese Möglichkeit aber eben nicht ganz so ideal, da wir auch im Winter fast jedes Wochenende an Bord verbringen und das Schiff auch bewegen.

Weiter gehts mit der Trabant Vorher-Nachher-Show. Das Ziel, aus dem „Mercedes-Krenz“ bis zum Jahresende ein Elektroauto geschmiedet zu haben, werde ich definitiv haushoch verfehlen. Auch ohne diverse Corona-Verzögerungen wäre das ein „wenig“ zu optimistisch gewesen.
Am Auto selbst gab es zwar keine größeren Überraschungen, aber die Restauration der Basis verschlingt doch ziemlich viel Zeit. Ich könnte zwar einiges einfach so lassen wie es ist, aber es ist eben nicht mein Ding, mit einer Gammelkarre zum TÜV zu fahren, auch wenn sie technisch Ok wäre. Also bin ich mittlerweile an dem Punkt, an dem ich das Auto einmal fast komplett zerlegt habe und so langsam damit anfange, alle restaurierten Teile wieder zusammen zu schrauben.



















Die Genua der Morgenstern ist übrigens seit wenigen Tagen wieder ein richtig gutes Segel und sieht noch dazu schick aus. Sabrina hat fast ein halbes Jahr immer wieder an den Wochenenden daran genäht und das Segel schließlich komplett repariert und einen neuen UV-Schutz eingenäht.
Bis auf Kleinigkeiten an den beiden Focks und einer Änderung am Großsegel steht die Segelgarderobe jetzt wieder sehr gut da.

Wie neu!


Wird also Zeit, das Refitogramm mal wieder auf den neuesten Stand zu bringen…

Was sonst noch an Bord der Morgenstern fertig geworden ist? Ach ja, die gesamte Stromversorgung ist nun endlich komplett überarbeitet und in weiten Teilen erneuert. Sowohl das 12V, als auch das 230V System.
Das war eines dieser Projekte, die sich fast über das gesamte Jahr gezogen haben. Praktisch jedes Wochenende habe ich irgendwo neue Leitungen verlegt oder irgendetwas verdrahtet und jetzt funktioniert endlich alles so, wie ich das immer haben wollte.
Bei der 230V Elektrik verfügt Morgenstern nun über einen 32Ampere Landanschluss, aufgeteilt auf zwei 16A Sicherungskreise und natürlich alles FI-abgesichert.
Daneben ist ein Inverter mit 3,5kW Dauerleistung und 7kW maximalem Einschaltstrom verbaut. Das System kann mit einem speziellen (manuellen) Umschalter zwischen Landstrom und Inverter im laufenden Betrieb umgeschaltet werden und ist absolut „Idiotensicher“ umgesetzt. Das 230V Ladegerät für den Verbraucherakku ist zum Beispiel von der Umschaltung ausgenommen und so verdrahtet, das es in keinem Fall eine „Schleife“ verursachen kann.
Alle 230V Bordsteckdosen funktionieren nun auch „Offline“ wie gewohnt über den Inverter.
Und während ich gerade in Wesel am Schreibtisch sitze und tippe, läuft hinter mir ein Ladegerät, um die sogenannte Initialladung des neuen Bordakkus zu vollenden. Seit 4 Tagen pumpe ich mit allem was mir zur Verfügung steht Elektronen in die LiFePO4 Blöcke, um alle Zellen auf exakt denselben Ladestand zu bringen.
Wir haben zwar schon seit Anfang des Jahres einen 60Ah LiFeYPO4 Akku eingebaut, der war allerdings nur dazu gedacht das System zu testen. Dieses kleine Kraftpaket wird später als Akku für die Amateurfunkstation dienen. Der Sinn dahinter ist die galvanische Trennung der Amateurfunkanlage vom Rest. Auf Details gehe ich ein, sobald das Thema konkreter wird…



Sobald der neue Akku fertig eingebaut ist, stelle ich ihn euch natürlich hier vor.

Mit 2020 sind wir hier auf dem Blog unabhängig vom Akku noch nicht durch. Wenn alles gelingt wie gedacht, dann widmen wir uns im nächsten Artikel einem dieser Langzeitprojekte am Schiff, von denen wir nach wie vor zu viele haben. Wir reden über den Autopiloten.

Sabrina schmückt den Bugkorb.

Auf dem Ananas-Weg

So., 13.Dez.20, Franz.Polynesien/Moorea/Cooks Bay, Tag 2387, 21.237 sm von HH

Als ‚Route des ananas‘ wird das Hinterland am Scheitelpunkt der Cooks Bay bezeichnet. Der Ananas-Weg. Ananas-Labyrinth ist zutreffender, würde ich sagen. Folgerichtig werden wir von einem netten Erntehelfer gleich am Anfang der Ananas-Felder aufgeklärt: „Passt auf, dass ihr nicht verloren geht. Hier verirren sich regelmäßig Touristen. Aber wenn ihr auf Kollegen von mir trefft, die helfen euch aus dem Gewirr der Wege wieder raus.“

Nette Bekanntschaft unterwegs – der Angst hat, dass wir uns verlaufen

Na prima, hoffentlich geht das gut. Es gibt Hinweis-Schilder für einen ‚Trail‘, aber die verschiedenen Farben der Pfeile sind ohne Legende eher verwirrend als aufklärend. Prompt landen wir in der ein oder anderen Sackgasse und müssen umdrehen. Viele der Ananas sind bereits tiefgelb und erntefertig. Ein betörender Duft liegt über den Feldern. Lecker, da läuft einem das Wasser im Mund zusammen.

Eine Netz aus Wegen zieht sich durch die Ananas-Plantagen

Wunderschöne Kulturlandschaft

Mitten in den Plantagen – und es duftet intensiv nach Ananas

Mo’orea hat die süßesten Ananas der Welt, so verspricht der Export-Slogan. Aber Französisch Polynesien spielt keine Rolle in der Weltproduktion in Ananas. Die meisten Früchte werden in Costa Rica, Brasilien und auf den Philippinen angebaut. Dicke Dinger mit bis zu 4 Kilogramm Gewicht. Die Früchte in unserem Labyrinth sind relativ klein, wiegen vielleicht 500 Gramm bis zu einem Kilo. Die Blätter sind übel mit Dornen besetzt, die Erntehelfer tragen dicke Gummihandschuhe und feste, lange Hosen oder Chaps, um sich bei der Arbeit zu schützen. Eine fiese Handarbeit ohne Maschineneinsatz. Die Felder vor Ort sind zu klein dafür und sie liegen eingebettet zwischen kleinen Wäldchen, mal einem Maisfeld oder Bananenhain. Das macht diese Kultur-Landschaft zu einem hübschen Anblick, eingerahmt von dramatischen Bergen.

Über allem trohnt der Rotui mit über 800 Metern

Die geernteten Ananas auf dem Wagen, der uns entgegen rumpelt, sehen überreif aus. Aber sie sind perfekt. Als wir nach dem Weg fragen, bekommen wir vier Stück geschenkt. Die Polynesier sind wie immer überwältigend freundlich. Ananas reifen nicht nach. Das wusste ich nicht, erklärt aber, warum die noch grünlichen Früchte aus deutschen Supermärkten fast immer eine Enttäuschung sind. Die großen Ernte-Konzerne lassen die Ananas zu früh ernten, weil dann zum Transport mehr Zeit bleibt, bevor die Früchte vergammeln. Wer Bio-Ananas kauft, soll von diesem Trick verschont bleiben.

Überreife Ananas? – nein, sie sind perfekt

Eine Ananas-Pflanze benötigt bis zu 18 Monate bis zur ersten Ernte. Die zweite Reife erfolgt schneller – nur ein gutes Jahr – aber der Ertrag fällt deutlich niedriger aus. Nach der dritten Ernte lohnt es sich kaum noch und es müssen neue Pflanzen gesteckt werden. Auf Mo’orea kostet eine Ananas übrigens 1,50 bis 2,50 USD – direkt vom Straßenstand – hundert Meter vom ersten Feld entfernt. Keine Zwischenhändler, direkt vom Erzeuger. Bedenkt man die harten Bedingungen und lange Wartezeit bis zur Ernte, erscheint der Preis angemessen.
Yummi sind sie auf jeden Fall. Vielleicht sogar die süßesten Ananas der Welt.