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SV Amica – Michael Wieland GER

MIT DEM WAARSHIP 725 ROUND CHANNEL – GRUNDSÄTZLICHKEITENLieber Peter, Ich habe viel Spaß und Entspannug mit meiner windpilot gehabt. Sie funktioniert nämlich hervorragend. Nun hatte ich in der Schleuse Vlissingen einen heftigen Kontakt achtern mit der Schleusenmauer (Schraubenwasser von einem Lotsenboot). Und ja, das hat der Windpilot abgefangen. Bis auf eine leicht verbogene Querstange ist äußerlich nichts zu sehen. Nur, sie hat sich vestellt, soll heißen, sie pendelt nur noch zu einer Seite frei. Ich vermute, dass ein Zahnkranz einen Zahn gesprungen ist. Der Hebel Nummer 306 ist nämlich nicht mehr in seiner Normalposition, wenn das Ruder gerade gestellt ist. Ja und ich bin ja Schrauber, doch habe ich noch keinen Weg gefunden, die Achse mit dem Hebel zu lösen. Oder bin ich da auf dem falschen Weg? Ich hoffe, du kannst mir helfen.

Michael Wieland hat in den vergangenen Jahren seine Segelreisen ausgedehnt, er ist über Holland nach Frankreich und England gesegelt, für einen Pocketcruiser eine Herausforderung der besonderen Art, über deren Strapazen er offen und ehrlich in seinem Blog berichtet.

Ich habe auf dieser Tour die Grenzen gefunden, was ich mir selbst noch antun kann und wo auch für ein kleines Boot Schluss ist. Ohne absolute Nippzeit und Flaute keine Raz Blanchard am Cap La Haque mehr. Nachträglich bin ich auch froh gewesen, nicht an der Südküste Englands weitergefahren zu sein. Da gibt es auch noch Races und Eddies, besonders das Portland Race, das nur kurzzeitig zwischen 2 Tiden passierbar ist. Dies betrifft natürlich in erster Linie die Küstensegler. Wer eine große Yacht hat, umfährt diese gefährlichen Gebiete weiträumig.
Meine „amica“ ist eine alte Dame, so hat es eine Holländerin formuliert, immerhin jetzt 46 Jahre alt. Zwar sind Waarschips sehr stabil gebaut, verklebt und verschraubt, doch wie lange halten denn Leimnähte? Ich habe leider feststellen müssen, andauerndes in die Welle fallen ist nicht gut. Die leckende Stelle von „amica“ ist definiert und deshalb auch einfach zu reparieren, doch möchte ich nicht, dass sich noch andere Stellen entwickeln, an denen Leimnähte aufgehen. Also bitte nur noch sanftes Segel.
Und ich werde vielleicht auch zu alt für so eine Tour. Mir fehlt der ausreichende Schlaf, meine Muskeln schmerzen, gut, die blauen Flecken sind weniger geworden, aber dafür haben sich Verspannungen im Hals und Rücken entwickelt, die letzten Tage waren einfach schon zu kalt.
Die einseitige Haltung auf langen Törns tut ihr Übriges. Manchmal hatte ich auch den Eindruck, mir fehlt es langsam an ausreichender Kondition und Kraft. Dann wird man fahrig beim Anlegen, ist aber immer noch gerade eben gut gegangen. Das sind solche Dinge, wie die Fender falsch angebracht zu haben, die Leinen nicht richtig klar gelegt zu haben und zu langsam beim Ausbringen der Leinen zu sein. Und dass die neuen noch harten Segel nicht so einfach fallen wie die alten, hat mich auch so manchmal genervt.
Das Obige habe ich geschrieben, um es deutlich zu machen, es ist hartes Segeln. Und ich habe mir dies zugetraut. Diese Single-Hand-Regattasegler in Frankreich gehen auch bewusst Strapazen ein und es zählt nur, dabei gewesen zu sein, es gemacht zu haben. Da gibt es sicher eine Parallel zu meinem Törn.
Dies gehört schön zu den positiven Seiten der Reise, es gemacht zu haben, es ausgehalten zu haben und irgendwie zu einem Kreis von Seglern zu gehören, die dem Meer etwas abtrotzen. Dies stärkt enorm das Selbstbewusstsein und das strahlt aus. Es hat sich eine innere Ruhe in mir entwickelt, und ein anderer Blick auf die Welt.

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SV Oldbones – Peter Matthew US

GILES 30 AND WINDPILOT STILL IN LOVE AFTER 45 YEARS OF SAILINGGood day Peter. Aye have lost my vane on my boat old bones. And we know you not made this wide vain for decades. So am am asking please I like to make a copy of it but I don’t have actual size of it. I fully overhaul this 2 years ago. Get lots of comments on it all good. New rudder shaft plastic bushes etc. Ok thanks pete. Sv oldbones

SV Minke – Duncan Lougee UK

PACIFIC LIGHT – ULTRA STRONG INSTALLATION ON A FOLKBOAT
Dear Peter, I promised to send some photos once my Pacific Light installation was completed and the boat launched.  I originally made the bracket too low, so this is the Mk II version.  When sailing, the stern squats two inches and everything is just right.

  

Next time I trail the boat I’ll remember to take the Windpilot off to save breaking it on petrol station canopies, an expensive mistake!

I am planning a trip to Ireland and then to the Azores next summer – my retirement year!

Thank you for all your help, a most efficient service, but most of all, thank you for a quality product that works well.  I have used an Aries and a Hydrovane on previous boats and now a Windpilot on my Folkboat and it’s the best.  I would recommend it to anybody.
Best regards
Duncan Lougee SV Minke

SV Plan B – Thomas Kern GER

WINDPILOT PACIFIC IM PRAKTISCHEN GEBRAUCH AUF SEE ERKLÄRT

Großes Kiwi-Ehrenwort

Do.,21.Juli 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2972, 24.696 sm von HH

Im letzten Bericht habe ich geschrieben, dass Montag, der 18. Juli (übrigens genau der Tag an dem drei Monate Hallen-Standzeit zu Ende sind) aus Maler-Supervisor-Sicht vom Wetter her passend erscheint. Das ganze Wochenende hält der Wetterbericht Stand. Montag ist der Tag der Tage. Und richtig, als wir auf das Yard kommen, werden auch schon die Farbeimer in die Halle geschleppt.
Es ist zwar sehr kalt morgens – 8 Grad – aber bereits recht trocken. Nur 86 Prozent Luftfeuchtigkeit bei niedriger Temperatur. „Zwischen 11:00 und 12:00 Uhr geht es los“, verspricht Aaron.

Um 12:00 Uhr haben wir 80% Luftfeuchtigkeit. Die Spezifikation vom Hersteller sagt, 85% sind ausreichen. Wir sitzen wie auf Kohlen. Um 12:30 Uhr kommt Aaron und sagt zu unserem Entsetzen die ganze Aktion ab. Er besteht auf 75%! Und jetzt sei es auch sowieso schon zu spät, um überhaupt noch anzufangen.
Ich überlasse es Achim ihn zu beschimpfen. Er ist da weniger emotional und beherrscht Englisch deutlich ausgefeilter. Von mir wäre nur ‚bullshit‘ gekommen und das böse F-Wort.
Aber auch das hilft nichts. Der Tag ist gelaufen. Man wollte einfach nicht. Klar hätte die Mannschaft um 11:00 Uhr bei 82% starten können und in die 72%, die wir am Ende erreichen, hinein arbeiten können. Man wollte nicht. Wir sind machtlos. Sitzen am kürzeren Hebel.
Aber wenigstens eins hat Aaron verstanden, dass wir noch so einen „Beschiss“ nicht akzeptieren. Am Freitag, großes Kiwi-Ehrenwort, sieht das Wetter wieder gut aus und dann seid ihr dran, verspricht er uns. Und Ende Juli schieben wir euch endgültig aus der Halle.

Wir sind längst mit dem Deck fertig. Alle Sika-Fugen (sollte das Yard machen – Gelächter – haben wir selbst in die Hand genommen. Spart Nerven und natürlich Geld). Erst hatten wir etwas Angst, dass es krumm und schief wird, ist aber tatsächlich ganz gut geworden.

Die Fugen rechts und links vom Flexi Teek sind von uns – nicht schlecht, oder?

Alles ist wieder angebaut, was mal an Deck festgeschraubt gewesen ist. Außer der Ankerwinsch. Auch so eine Geschichte. Um die Winsch gerade an Deck anzubringen, braucht Achim ein dickes Teak-Brett als Unterfütterung, um die Rundung des Decks auszugleichen. Eines Tages stiefelt er dafür zum Holz-Arbeiter des Yards. „Habt ihr einen Rest für mich, den ihr mir zu Recht sägen könnt?“ Der freundliche Mitarbeiter kommt freudestrahlend wieder: „Für 30 Dollar gehört das Stück dir.“ Achim schlägt ein und ruck zuck ist das Teak-Brett auf unsere Maße fertig gesägt.
Am nächsten Tag kommt Lance und druckst ein wenig rum. Der Preis sei zu niedrig, sie müssten 70 Dollar haben. Achim verzichtet. Aus Prinzip. Das Brett ist durch die Sägerei fürs Yard wertlos geworden,  mag es auch mal mehr wert gewesen sein. Und wir sind kein Kunde, der nur 500 Dollar in der Bude ausgibt, aber trotzdem ist man nicht bereit, den kleinen Fehler des Mitarbeiters an uns weiter zu geben? Da kann man schon mal Prinzipien reiten …

Ein Brett beim benachbarten Holzhändler bekommen wir für 30 Dollar

Da wir nun aber mit dem Deck fertig sind, nicht im AirB&B abhängen wollen, suchen wir uns Arbeit. Ich werde in die letzten Ecken des Kahns gesteckt, um Verschönerungen vorzunehmen. Und bin bei der dritten Portion Bodenbretter zum Lackieren angekommen. Damit wären dann alle Bretter fertig lackiert. Ein Wunder. Nie hätte ich erwartet, dass wir das in der Halle fertig bekommen. Das ist die schöne Seite am Elend.
Achim hat angefangen, die Dieselheizung einzubauen, die wir bei den eisigen Temperaturen bestimmt gut gebrauchen können, falls wir jemals wieder an Bord wohnen sollten. ;-)

In welches Loch kann man die Crew noch stecken zum Lackieren? – hier die Backskiste

oder Bilge streichen

Alles, was sich abmontieren lässt, ist lackiert inzwischen – und immer schön die Wärmelampe vom Yard drauf halten mit Yard Strom – kostet nicht extra ;-)

Alle Bodenbretter fertig – 4 Lagen Hochglanz – 2 Lagen Seidenmatt

Und wir haben sogar schon mit aufräumen und putzen begonnen. Es sieht unter Deck einfach grauenhaft aus. Meine Schätzung sind zwei Wochen. Jeder Schrank, jede Dose, jeder Teller muss angefasst und abgewischt werden. Der Staub der des letzten Vierteljahr steckt in jeder Ritze, hinter jedem Bild. Pantry, Bad und halber Salon sind schon geschafft. Also bitte, nichts ist so schlecht als dass es nicht für etwas gut ist.
Und wenn Morgen das Kiwi-Ehrenwort eingehalten wird, dann sind wir Ende nächster Woche tatsächlich fertig und können auf ein sauberes Boot umziehen. Tschakka.

 

Und da Zeit im Überfluss vorhanden ist – es ist sogar schon alles poliert


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Meine fünf Highlights im Norden Kroatiens. Und Deine?

Man könnte mich morgens um zwei aus dem Tiefschlaf rütteln, und ich könnte eine Liste meiner fünf schönsten Highlights im Norden Kroatiens herunterbeten. Meine Reihenfolge:

1. Cres-Stadt. Da fängt alles an!

Der schielende Engel an einer Kapellenwand von Cres auf dem Weg von der Marina in die Stadt. Wobei das „Schielen“ keine Schlamperei des vermutlich venetianischen Steinmetzes war, sondern ein Zeichen von Heiligkeit, mit dem er das Engelsgesicht ausstattete. Wer aufmerksam durch Cres schlendert, wird viele weitere steinerne Gesichter entdecken. Wo man in Cres ankert oder alternativ zur Marina anlegen kann, steht im REVIER KOMPASS KROATIEN NORD.

Warum? Ich kann kommen, woher ich will: Im alten Stadthafen beginnt für mich jedes Mal wieder der Sommer. Obs an den blauen Markisen der Lokale um den alten Stadthafen liegt? Oder am Weg entlang der Badestrände Cres? Oder an den Gesichtern, die von den Kirchtürmen und Hauswänden in Cres herabschauen?

2. Krka-Wasserfälle. Der größte natürliche Aquapark der Welt.

Sommerhitze und kühles Süßwasser – die Krka-Wasserfälle sind ein faszinierendes und gigantisches Zusammenspiel von beidem. Wie man hinkommt, ob mit Fahrrad, Dampfer oder zu Fuß, und was es kostet, steht im REVIER KOMPASS KROATIEN NORD.

Weil mich nach Tagen Salzwasser die Überfülle an sprudelndem Süßwasser jedes Mal von neuem überrascht und berauscht.

3. Kornaten. Die spröde Schönheit einer menschenleeren Mondlandschaft.

Von der alten Festung in der Mitte der Insel Kornat hat man den besten Rundblick über die faszinierende Landschaft der Kornaten. Wo man die besten Buchtrestaurants auf den Kornaten findet, steht im REVIER KOMPASS KROATIEN NORD.

Es ist diese vollkommen abweisende, abgelegene Mondlandschaft, die mich immer wieder angezogen hat. Am liebsten erlebe ich sie in einer einsamen Bucht von Kornat. Oder ganz oben von der alten Festung aus dem 6. Jahrhundert auf der Insel Kornat, von wo man rundum den besten Fernblick hat.

4. Insel Susak – Paradies auf feinstem Sand.

Deutlich erkennt man auf dem Foto die vor ewigen Zeiten auf einer Kalkplatte angewehte meterdicke Schicht aus feinstem Sand. Die Highlights auf der eine Segelstunde westlich von Mali Losinj gelegenen Inseln Susak findet man im REVIER KOMPASS KROATIEN NORD.

Ihre geologische Beschaffenheit – eine 5 Meter dicke Schicht angewehten Lössands macht die abgelegen Insel und kleine Wanderungen immer wieder so reizvoll. Und ihren Bewuchs viel grüner als den aller anderen Inseln. 
5. Über den Quarner.

Wenn man vom Norden kommt, ist die Wasserfläche des Quarner immer wieder eine nette erste Herausforderung auf dem Weg in den Süden. Warum man vor dem Quarner tatsächlich Respekt haben sollte, habe ich in meinem Buch beschrieben.

Das sind meine Highlights im Norden. Ich bin neugierig, was die Highlights meiner Leser im Norden Kroatiens sind.  Schreib einfach Deine drei wichtigsten Highlights an [email protected]. Ich hoffe, möglichts viele machen mit. Das Ergebnis der Umfrage wird in einem der nächsten Posts vorgestellt.

 

Die unglaubliche freche Wetterfenster-Lüge

Sa.,16.Juli 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2968, 24.696 sm von HH

Vor unserer Auckland-Auszeit hat es das Boot-Yard tatsächlich geschafft Atanga umzubocken und die Front- und Heckpartie vom Kiel inzwischen auch mit Interprotect und Copper Coat zu streichen. So weit, so Fortschritt.

Der Bug aufgebockt – damit Interprotect und Copper Coat außerhalb der Mitte vom Kiel aufgetragen werden kann

Das Anheben und Ablassen von Atanga passiert mit Wagenhebern

Der vordere Teil schwebt – jetzt fertig bis zum Copper Coat

Am Freitag nach Auckland zeigt sich dann ein Wetterfenster am Horizont, um Interprotect (die wasserdichte Sperrschicht auf dem Rumpf) sowohl auf Atanga als auch auf der Ari B zu pinseln und zu sprayen: für Mittwoch sieht es großartig aus.  Ein Wetterfenster deshalb, weil das Interprotect nicht bei Luftfeuchtigkeit über 85 Prozent aufgetragen werden darf – laut Hersteller. Das wissen wir zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht, sondern verlassen uns auf Aussagen, die man uns gegenüber trifft.
Eine Lage Interprotect wird gerollt, zwei Lagen gesprüht. Beide Schiffe sollen an einem Tag abgearbeitet werden. Das ist sinnvoll, weil wir uns dann die Kosten für die Reinigung der Spray-Anlage mit der Ari B teilen können.

Übers Wochenende und am Montag und Dienstag bleibt das Wetterfenster bestehen. Alle arbeiten auf Mittwoch hin. Beide Rümpfe werden in Folie gehüllt, damit das weiße Interprotect nur auf dem Unterwasserschiff landet. Bereits mit Copper Coat endfertige Bereiche werden abgeklebt.

Dienstag ist alles vorbereitet – Atangas Rumpf oberhalb der Wasserlinie mit Folie geschützt vor Farben-Sprühnebel

Am Mittwochmorgen scheint die Sonne. Hurra, besser könnte es nicht sein. Ich frage um 9:00 Uhr bei Lance, wann er meint, dass es los gehen wird. „Ich weiß noch nicht. Mein Computer sagt, dass die Luftfeuchtigkeit noch zu hoch ist. Nach der Frühstückspause um 10:30 Uhr treffe ich eine Entscheidung. Ich möchte, dass wir 70% Luftfeuchtigkeit haben.“ Ich denk noch so, dass er nicht im Internet schauen soll, wie die Luftfeuchtigkeit am Flughafen ist, sondern lieber das Werft eigene Hygrometer in der Halle aufstellen sollte, da kommt ein Arbeiter gelaufen und bringt das Teil.

Noch herrschen 87 Prozent in der Halle. Also warten. Kontinuierlich geht die Luftfeuchte runter. 80 Prozent, dann 74 Prozent um 11:00 Uhr. Kein Arbeiter, kein Lance lässt sich blicken. Achim fragt nach. Lance besteht auf 70 Prozent: „Wir brauchen nur einen halben Tag für die Arbeit, mittags kann es los gehen“.

Uns kommen Zweifel. Es hat ja noch nicht mal jemand die Eimer mit dem Interprotect angeschleppt. Wie wollen zwei Maler/Sprayer zwei Schiffe in der kurzen Zeit fertig stellen? Achim befragt einen der Maler, den er beschäftigt an einem Katamaran draußen auf dem Yard findet. „Interprotect sollte unter 85 Prozent Luftfeuchte gepinselt werden. Niedriger braucht es nicht zu sein. Lance ist kein Maler und mich hat er nicht gefragt. Sorry.“  Nee, nicht deine Schuld!

Ich befrage den zweiten Maler: „Sag mal, wenn ihr erst mittags anfangt, schafft ihr die zwei Schiffe überhaupt? Ist nur eine Frage, denn wenn ihr nicht mehr kommt, kann ich meine Bodenbretter lackieren.“ Mein Gegenüber druckst herum. „Du musst Lance fragen“. „Hab ich, hab ich, es geht mir nur um meine eigene Planung.“ Der junge Mann schüttelt den Kopf: „Nicht zu schaffen und außerdem ist heute das Wetter so gut, wir sind für Arbeiten draußen eingeteilt worden.“ Bäng!

Lance, dieser Gauner – oder feiger Hund. Da wurden wir mal richtig verarscht. Wir sind beide total sauer. Die Crew der Ari B nimmt unsere Informationen uninteressiert auf. Von der Seite ist keine Unterstützung zu erwarten.
Aber was können wir tun? Genau überlegt nichts. Lance ist der Yard Supervisor, der Werft-Leiter. Parallel dazu gibt es noch Aaron, ebenfalls Supervisor, zuständig für Abteilung „Farben, Interprotect, Copper Coat“. Wer mehr zu sagen hat, vermögen wir nicht zu raten. In jedem Fall kann man mit Aaron sprechen, diskutieren. Der junge Mann kann ganze englische Sätze formulieren. Lance kann das nicht. Lance grinst nur. Ein Vorwurf – Lance grinst. Eine Reklamation – Lance grinst. Achim meckert – Lance grinst. Ich spiele den Good Cop – Lance grinst. Unverbindlich, schwammig. Mit so einem Menschen kann man sich nicht verständigen. Wir beißen uns an diesem Grinsen die Zähne aus. Im Grunde seit Monaten.
Leider ist Aaron ausgerechnet an unserem Wetterfenster-Mittwoch krank. Unsere Vermutung ist, dass Lance nicht die Cojones in der Hose hatte, den Interprotect-Job ohne Aaron durchzuziehen.

Uns bleibt nichts anderes als uns in unser Schicksal zu fügen. Abends verlängern wir direkt das Air B&B in dem wir wohnen (bei Dina mit ihrer Küche bereit für eine Herz-Transplantation).
Ab Donnerstag – nach unserem Wetterfenster – sind schauderhafte Regenfälle mit Luftfeuchte von 95 Prozent und mehr angesagt. Ausnahmsweise stimmt die Vorhersage. Donnerstag und Freitag sind gelaufen. Wir bekommen von Aaron (ein Lichtblick) die neue Info, dass es nun wirklich am Montag los gehen soll, wenn das Wetter wieder besser ist. Im Augenblick soll es passen.
Wir hoffen, dass niemand einen Regentanz aufführt. Der Spaß ist zu Ende.

Das war unser Wetterfenster – grrrrrr


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Sommertörn 2022: Von Irland nach Kroatien (4). Die "Don’t-look back"-Welle. Von Nordspanien nach Südportugal.

Von Irland nach Kroatien: In meinen früheren Beiträgen schilderte ich unsere Taktik, auf guten Wind zu warten und lange Strecken in einem Stück zurückzulegen. Und die Bedingungen, die wir dabei auf dem Weg von Irland über die irische See zu Scilly-Isles sowie auf der 440 Seemeilen-Reise über die Biskaya erlebten. Auf unserer 3-tägigen Fahrt vom nordspanischen Muros an der galizischen Küste bis nach Portimao an der Algarve sollte es uns nicht ganz so friedlich ergehen. 

Der Blick beim Wachwechsel im Morgengrauen nach hinten verheißt, was die Tage entlang der portugiesischen Küste uns bringen würden. Wind. Und jede Menge Wellen.

Freitag, 5 Uhr früh, ca. 25 Seemeilen vor Nazaré/Portugal:

Sven weckt mich. Es ist Zeit, meine Wache anzutreten. Eigentlich hätte ich ihn schon vor 3 Stunden ablösen lösen, aber seit wir dahinter kamen, dass 5 Stunden Schlaf weit erholsamer sind als 2, quält sich jeder von uns beiden durch längere Nachtwachen.

Durch die Fenster meiner Heckkoje erkenne ich die erste Helligkeit. Und den Gischtstreifen, den LEVJE als weiß leuchtende Spur auf dem Wasser hinterlässt. Ich stehe auf, wasche mich im schwanken Schiff, streife mir im Gewackel Hemd und Hose über und klettere den Niedergang hinauf. „Nichts los“, sagt Sven. „Ein paar Frachter, kaum Segler. Konntest Du schlafen?“

Nein, schlafen kann man das nicht nennen. Wir laufen platt vor dem Wind, mit ausgestellten Segeln nach beiden Seiten. „Schmetterling“ nennt man das, wenn das Rigg aus Flügeln zu bestehen scheint und man abends damit über den See gleitet. Aber hier ist nicht der See. Hier ist die See. Und es ist keine gemütliche Abendbrise, sondern 22-25 Knoten schräg von hinten und fast aus Nord, die uns kraftvoll durch die Wellen südwärts drücken, was LEVJE mal mit sanften Wiegen, meist mit heftigem Geigen von links nach rechts quittiert.

Ja, die Wellen. Die Vorhersage für unser Gebiet lautete eigentlich „Wellenhöhe 3 Meter“. Das ist viel, wenn die 2-Meter-Welle, die eben das Heck steuerbord traf, vollkommen reichte, um LEVJE aus ihrer Bahn zu werfen. 2 Meter Wellenhöhe waren es gestern Nachmittag auch schon. Genug, um meiner behäbigen LEVJE Spitzengeschwindigkeiten von 12 Knoten zu verpassen, wenn eine der von hinten anrollenden Wellen sie mitten in ihrer Fahrt ganz einfach mit sich riss.

Doch am späten Nachmittag überlagerten sich zwei Wellensysteme: Ein kurzes, hackiges mit steilen Wellen aus dem Norden. Und eine längere, rollende Welle von Nordwesten. Ich habe Jahre gebraucht, um zu verinnerlichen, dass „Welle“ im Mittelmeer nur selten aus einer Richtung kommt und „Kreuzsee“ (wie man sich kreuzende Wellenrichtungen nennt) eigentlich fast der Normalzustand ist. Wer sich auf Windy ins entsprechende Untermenü „Wellen“ klickt und sich die Grafik für einen bestimmten Punkt ansieht, wird erstaunt sein, was sich da an einem Standort so alles kreuzt.

Jetzt gerade drücken die Wellen aus beiden Richtungen LEVJE aus ihrem Kurs, indem sie das Heck, das sie als erstes treffen, einfach beiseite schieben, mal mehr, mal weniger. LEVJE neigt sich dann gefährlich zur Seite, bis der wirbelnde Autopilot die Situation wieder im Griff hat.

„Waltzing Matilda“ nenne ich LEVJEs Bewegungen nach dem Song von Tom Waits. Es ist, als wäre meine LEVJE eine behäbige Bäuerin, die sich schwer ächzend unter erheblicher Geräuschentwicklung südwärts waltzert. „Waltzing Matilda“: Soviel Humor war mir nach meinen wachfreien fünf Stunden noch geblieben, dass ich leise jene gegrölte Version des späten Tom Waits vor mich hin summe und meinem Boot eher fasziniert als müde zusehe, wie es die chaotisch von vielen Seiten einwirkenden physikalischen Kräfte in eine halbwegs geregelte Fahrt mit Kurs 180 Grad übersetzt. Wieder einmal steigt meine Achtung für die Menschen, die Yachten wie LEVJE bauten.

9 Uhr:

Eigentlich Zeit für ein zweites Frühstück für mich. Aber der Wind weiß nicht recht, was er will, ob 15 oder 25 Knoten. Die Wellen wissens aber schon. Sie sind höher als noch vor vier Stunden und treffen das Heck nun wuchtiger. Schwächelnder Wind und zunehmende Wellenhöhen: Jeder, der das kennt, weiß, es ist keine verlockende Kombination. Naja, wir sind vor Nazaré. Jawoll, das Nazaré-Surferparadies, zu dem Surfer aus aller Welt pilgern, einmal im Leben vor dem Strand die 9 Meter Welle zu erwischen. Irgendwie unvorstellbar. Mir auf LEVJE reichen gerade schon die 2,50 Meter, die den Horizont hinter uns verbergen

Eine Yacht an jenem ungemütlich faszinierenden Morgen vor Nazaré. Das Foto erzählt viel vom Segeln in rauer See.

Vier Stunden nach dem Morgen Espresso kehrt die Müdigkeit mit voller Wucht zurück. Ich könnte mich jetzt gerade hinlegen und einfach die Augen schließen. Aber das wäre fahrlässig. Ich muss aufpassen. Nicht nur auf mein Boot, sondern auf das, was ringsum geschieht. Kurz nach Sonnenaufgang krauchten nacheinander drei Segelyachten vor unserem Bug herum, mal Kurs aufs Land, mal kurz hinaus auf die See. Mal an Steuerbord, mal an Backbord. Zumindest einer von ihnen schien mit dem Wind nicht sonderlich gut zurechtzukommen. Ich lauschte andächtig auf dem Funkgerät dem französischen Skipper, der sich bestimmt 10 Minuten auf Kanal 16 mit dem Wachhabenden auf dem Frachter unterhielt, dass der

seinen Kurs bitte im Heck und nicht vor dem Bug kreuzen möge. Auch eine Möglichkeit, mit einem der vorbei schippernden Berufsseeleute in Kontakt zu kommen. Und für mich eine willkommene Ablenkung von der Müdigkeit. Denn die hält mich weiter im Griff. Um mich abzulenken, hole ich die Kamera von unten und klettere nach hinten auf den „Smoker-Seat“ im Heckkorb. Da hat man den besten Blick auf das Spiel der Wellen und die Seevögel auf der Jagd hier in ihrem Lebensraum the middle of Nowhere.

15 Uhr: Die „Don’t-look-back“-Welle

Wellenhöhen von 3 Metern sind ehrfurcht gebietende Gebilde, wenn sie so knapp hinter dem Boot auftauchen.

Jetzt am Nachmittag wachsen die Wellen noch einmal. Die 3 Meter Wellenhöhe, die auf Windy prognostiziert wurden, sind jetzt da. „Das ist enorm“, muss selbst Sven zugeben, wenn er auf Wache kurz von seinem Buch mit American Short Stories aufschaut und in die anrollenden Berge nach hinten blickt. In seinen Worten schwingt Respekt, doch gleich wendet er sich wieder den Short Stories zu, als gäbe es gerade nichts weiter zu tun oder zu sagen. Würde ich ihn nicht seit zweieinhalb Jahrzehnten kennen, würde ich denken, er markiert den coolen Hund. Aber das ist nicht so. Sven ist Maschinenbauer. Er sieht die Welt komplett anders als ich, und ich würde was drum geben, wenn ich die Welt nur einen Augenblick sehen könnte wie er. Ein Dauer-Analytiker, der in seinem nimmer endenden Kampf gegen die kaputtgehenden Dinge unserer Welt immer wieder seine schärfste Waffe zum Einsatz bringt. Er schaut einfach genau hin. Er beobachtet und analysiert exakt das Spiel von Kraft und Gegenkraft. Wo ich in Schönheit oder Scheusslichkeit der Welt schwelge, ist er mit dem messerscharfen Lineal seines analysieren Verstandes am Werk. Und wenn er jetzt wieder zurück zu seinen Short Stories kehrt, dann hat der Analyse-Apparat hinter seinen Techniker-Augenbrauen ihm als Ergebnis mitgeteilt, dass das Spiel der Kräfte im Lot ist und keine Gefahr besteht. Während Tommy, der Emotionspinsel, versucht, mit seinen Gefühlen zu denken und beim Anblick jeder Welle innerlich „Ui ui ui“ sagt, und: „Wenn dett mal jut jeht.“

Doch auch Svens ruhig dahingesagter Bemerkung „Das ist enorm.“ drückt wahrscheinlich dieselben Emotionen aus. Respekt. Sich klein Fühlen in den Elementen. Ehrfurcht, ein altes Wort. Ich jedenfalls lerne an diesem Tag zweierlei:

• So wichtig wie die Windprognose ist auf langen Fahrten auch die Wellenprognose. 

• Ich sagte es bereits: 2-3 Meter Wellenhöhe klingt nach wenig. Aber es reicht, damit man in einem Wellental den Blick deutlich nach oben richten muss, um zum gischtenden Kamm einer Welle hinaufzuschauen.

Fataler Weise haben die ersten dieser Welle die unangenehme Eigenschaft, genau am Heck zu brechen. Weil sie höher sind als wir, weht ihre Gischt jetzt ins Cockpit. Sven schaut nun von seinen Short Stories auf, sein Beobachtungsapparat analysiert, was da gerade hinter uns vor sich geht, während ich das Ganze mit einer Mischung aus Faszination und Grusel beobachte und darüber nachdenke, die Kamera zu holen, um als Zeitzeuge die gläsernen Berge hinter uns zu fotografieren. Die Freude überwiegt, wo tatsächlich das Bangen angesagt wäre. Und ich reagieren sollte.

Es gibt – wie ich ich in meinem Buch über Unfallursachen in den Bergen immer wieder feststellte – drei psychische Grundmuster; oder besser: aus unserer Psyche resultierende Fehleinschätzungen, die Ursache für viele Rettungseinsätze in den Bergen sind und sich 1:1 auf die See übertragen lassen:

• Menschen, die im Angesicht einer Gefahr wie solcher Wellen ausrufen: „Oh, die sind aber toll!“, weil sie es nicht besser wissen und ihnen jeglicher Sinn für die möglichen Gefahren einer solchen Situation fehlt.

• Menschen, die erfahren genug sind, die konkret drohende Gefahr bewusst zu sehen, aber sagen: „Das geht schon noch!“

• Menschen, die die Gefahr sehen, aber sich ihr aus irgendeinem Gefühl von Sicherheit überlegen fühlen.

Wohin ich in diese Kategorie gehöre? Vor Nazaré gehöre ich sicher zu den letzten beiden Kategorien. „Es sehen, aber nicht reagieren.“ Als Sven sanft sagt: „Du solltest jetzt das Skylight Deiner Heckkoje schließen, das einen Spalt offensteht. Wenn die Gischt hier ins Cockpit weht, wird gleich eine Welle hinten am Deck einsteigen.“

Darauf antworte ich fröhlich, dass das noch nie passiert sei, weil das Skylight nicht an Deck, sondern 30 Zentimeter darüber angebracht ist.“ Sven blinzelt. Ich sehe nicht, was gleich passieren wird. Dass eine Welle höher als die anderen gleich am Heck brechen, über das Achterdeck spülen und selbst die 30 Zentimeter Barriere und das hintere Süll des Cockpits erklimmen wird. Dass derfingerbreit geöffnete Spalt meines Skylights reicht, damit in Sekundenbruchteilen 1,5 Liter Seewasser ihren Weg ins Bootsinnere finden und auf meine Matratze, Betdecke, Kissen, Leintuch zu spülen.

Anfängerfehler. Ich Idiot habe des Skylight nicht ganz geschlossen.

Ich verschwinde unter Deck. Und bin eine Stunde beschäftigt, bis ich in der schwankenden Kammer die nassen Sachen separiert und die Matratzen sofort mit Lagen von Papiertüchern trockenzulegen versuche. 

Samstag, 16 Uhr:

Eine Stunde später haben die Wellenhöhen weiter zugenommen. „Mehr sollte es jetzt nicht werden“, lautet  meine gemurmelte Gebets-Formel ans Universum, dass es doch nun allmählich gut ist mit „Mal sehen, was das putzige Kerlchen da aushält.“ Sven ich diskutieren, was wir tun können. Ob die brechenden Wellen eine Gefahr für Boot und Besatzung bedeuten. Ob die Möglichkeit besteht, dass eine von ihnen das Boot querschlagen lässt und überrollt. Aber noch ist der Autopilot wachsam und bekommt das  ausbrechende Boot jedes mal wieder in den Griff.

Wir erreichen die Berlengas-Inseln vor Peniche. Auf meiner Reise nach Norden vor vier Jahren mochte ich den kleinen Sardinenfischer-Hafen und das lustige Völkchen von Langfahrern, die sich dort herumtreiben und habe es in meinem Buch AUF DEM MEER ZU HAUSE beschrieben. Ich weiß, dass wir den Hafen von Peniche sicher ansteuern könnten, selbst bei den augenblicklich ungünstigen Bedingungen. Dass hinter der Halbinsel von Peniche das Meer glatt sein würde. Dass wir raus wären aus den Wellen. Der Hafen wäre leicht erreichbar selbst bei Starkwind, was man von den Häfen entlang des Tejo vor Lissabon aufgrund der starken Strömung des Flusses nicht behaupten kann. Auch das habe ich am eigenen Leib erlebt.

Wir verwerfen den Gedanken, unsere schnelle Fahrt abzubrechen. Wir wollen den guten Wind weiter nutzen und lassen Peniche links liegen. Alleine wäre ich wahrscheinlich schwach geworden, schon allein um den Ort ein zweites Mal zu erleben, der mir damals so vertraut wurde.

23.00 Uhr: Vor Lissabon. Nachts über die Tejo-Mündung. Und ein Rekord.

Kurz vor der Tejo-Mündung weckt Sven mich. Meine Wache. Unsere Entscheidung, nicht den Hafen von Peniche anzulaufen, war richtig. Die Berlengas-Inseln wirkten wie ein Wind- und Wellenbrecher, kurz danach beruhigte sich die See und der Wind wurde zahmer.

Als ich meine Wache vor dem Tejo antrete, zeigt sich, dass meine Sorge nicht unberechtigt war. Kaum bin ich im Cockpit, frischt der Nordwest auf 30-35 Knoten auf. Nach einer mitternächtlichen Reff-Aktion ist auch das ausgestanden und der Spaß überwiegt in der Dunkelheit. Die großen Wellen kommen jetzt nicht mehr steil, sondern als majestätische Roller in weiten Abständen aus Nordwesten. Als eine von ihnen LEVJEs Heck in der Dunkelheit anhebt, halte ich für einen Moment den Atem an. Es sieht es so, als würde sich der Bugkorb, der jetzt vorne schräg unter mir liegt, gleich ins Wasser bohren. Aber die Welle reisst an ihrer Vorderseite LEVJE mit. LEVJE lässt sich das nicht zweimal sagen und surft rauschend den plötzlich sich bietenden Abhang hinunter. Als ich ich aus dem Augenwinkel auf die Logge schaue, zeigt sie im Surf 14,9 Knoten an. Fast 30 km/h. Das schnellste, was ich auf einem Dickschiff je erlebte. Nur gut, dass ich in der mondlosen Nacht nicht nach hinten sah.

Samstag, 11.6.22: Ein ruhiger Schluss.

Am Nachmittag ändert sich am Kap Sagres, dem Cabo Finisterra von König Heinrich der Seefahrer nennt,  das Klima. Unser Kurs führt nun nicht mehr nach Süd, sondern nach Ost. 

10 Tage sind wir jetzt seit Dublin unterwegs. Und zum ersten Mal in diesen 10 Tagen ist die Kühle und Frische Irlands und des Atlantik verschwunden und das Mittelmeer schickt uns heißen Hitzeschwälle entgegen. Meine Morgenwache war noch kühl und nass vom Tau. Salz und Nässe hängen in meiner dicken Hose und meinen Sachen, aber hinter Kap Sagres ist die Hitze mit einem Schlag da.

Ich schäle mich aus den dicken Fleece-Sachen, bis nur noch T-Shirt und Short übrig sind. Weil es in der Sonne so heiß ist, beschließen wir, das Bimini aus seinem vierjährigen Winterschlaf zu wecken und über dem Cockpit aufzubauen. Es muss irgendwo hier an der Küste Portugals gewesen sein, dass ich es vor vier Jahren wegpackte und nicht wieder auspackte.

Der Wind schläft ein. Und wenn mich jemand fragte. warum ich an diesem Morgen wieder einmal Traurigkeit empfinde, von Irland wegzugehen und mich nun auch vom Atlantik zu verabschieden, dann hat das nicht nur emotionale Gründe. Der Wind dort wehte konstanter als in der Kleinräumigkeit des Mittelmeers, in der sich mindestens einmal am Tag das Wetter ändert. Sehe ich mein Logbuch durch, dann lief seit unserer Abreise aus Howth bei Dublin vor 14 Tagen der Motor gerade mal 20% der Zeit, die wir auf See verbrachten. 80% der Zeit liefen wir unter Segel. In jenen 14 Tagen haben wir – Hafentage mit eingerechnet, 1.200 Seemeilen zurückgelegt.

Etwa 20 Stunden später, am Samstag gegen 21 Uhr fällt nach einer überwiegend windlosen weiteren Fahrt unser Anker in der Bucht von Portimao nahe Faro an der Algarve. Das Schiff hat bei der harten Überfahrt gelitten. Zeit, um sich während der darauffolgenden Schwachwind-Tage in den dortigen Werkstätten  ums Schiff zu kümmern. Und vor allem: Um einfach mal wieder auszuschlafen.

Portimao unter dem Abendhimmel, kurz vor dem Ankern. Rechts die Marina Portimao – aber wer sich durch die Wildnis bewegt, der will immer mehr davon. Also blieben wir draußen vor Anker.

PS: Im letzten Post kündigten wir die Verlosung meines Buches AUF DEM MEER ZU HAUSE an. Danke an Alle, die mir schrieben. Die Gewinner werden von Susanne Guidera aus dem Verlag direkt benachrichtigt.
Ich freue mich auch für diesen Post auf Euer Feedback an [email protected].

PPS: Noch ein Termin: Die nächste Folge unseres Podcasts SEGELN IST MEER! – Segelmythen auf den Grund gegangen
dreht sich ums Thema ALLEINSEGELN AUF LÄNGEREN STRECKEN – TRAUM ODER ALPTRAUM?
Ab Montag, 18.7.22 online.

 Drei Tage Auckland

Do.,07.Juli 22, Neuseeland/Auckland, Tag 2958, 24.696 sm von HH

Da wir wegen einer Unterschriften-Beglaubigung nach Auckland müssen, ergreifen wir diese Chance: wir buchen drei Übernachtungen. Mal was anderes sehen als das halb fertige Schiff und das Boot-Yard. Drei Tage Urlaub quasi. ;-)

Auckland ist die größte Stadt Neuseelands und heimliche Hauptstadt. Eine echte Großstadt – unsere erste seit Quito, anno 2018 – mit knapp 1,5 Millionen Einwohner. Jeder dritte Kiwi wohnt in Auckland. So viel Stadt sind wir gar nicht mehr gewöhnt und es fängt gleich richtig an: mit einer sechsspurigen Stadtautobahn in jede Richtung. Auf verschiedenen Ebenen versucht man den Verkehr durch die Stadt zu schleusen.
Wir haben ein Zimmer in einem Hostal (Verandahs Parksite Lodge)gebucht. Eine ganz gute Wahl. Zu Fuß (30 Minuten) können wir alle Sehenswürdigkeiten erreichen.

12-spurige Autobahn und in der Mitte hinter der Brüstung eine breite Fahrradspur

Am ersten Tag zieht es uns in den Hafen. Endlich mal Boote gucken. Auckland erinnert sehr an die Hafen City von Hamburg. Wohnen im ehemaligen Industriegebiet, etwas Naherholung und moderne Apartmenthäuser, die sich kein Mensch leisten kann. Alles sehr chic und modern. Restaurants haben Champagner-Werbung statt Steinlager Bier. Wer es sich leisten kann, hat sein Segelboot direkt vor der Tür im Yacht-Hafen liegen. Ein netter Mix, total geeignet zum Flanieren im Urlaub. Und über alles ragt der Fernsehturm – das Wahrzeichen von Auckland. Inklusive Bungee-Jumping, angeseilter Wanderung auf der Brüstung und Drehrestaurant.

Ähnlich wie in HH – in alten Schuppen haben sich teure Restaurants angesiedelt

Skyline von Auckland

Ein Hauch New York

und eine Spur Hamburg

Am zweiten Tag ist es morgens schon nieselig und grau. Wir gehen shoppen. Window-Shopping: Gucci und Dior. Mal was anderes  als der grabbelige K-Mart wie in Whangarei, der ungefähr Woolworth Niveau haben dürfte. Das Auge freut sich und sogar Achim wird nicht müde durch die eleganten Einkaufsstraßen zu schlendern. Nach einem Mittags-Snack wird das Wetter eklig. Es gießt in Strömen. Zum großen War-Memorial-Museum ist es uns bei dem Wetter zu weit, also gehen wir ins Kino in die Nachmittags-Vorstellung. Das erste Kino seit 8 Jahren. Wir freuen uns wie Bolle – es sind die kleinen Dinge. Wir wählen Top Gun – Popcorn-Kino vom Feinsten. Ein echter 80er-Jahre Film in dem Männer; Männer sind mit schnellem Spielzeug.  Ein Film, der Spaß macht, auch wenn man kein ausgesprochener Tom Cruise Fan ist.
Das Kino ist hypermodern mit Liegesitzen, individuell verstellbar und unendlich viel Platz in den Reihen. Nur am Popcorn muss noch gearbeitet werden: es ist salzig wie in den USA. Wir fragen grad noch rechtzeitig vor dem Kauf, ob es süß oder salzig ist. Pfui Spinne.

Am dritten Morgen hat der Dauerregen der Nacht endlich aufgehört. Wir gehen zu Fuß zum Mount Eden. Einem erloschenen Vulkan mit phantastischem Blick über die gesamte Stadt. Früher haben in dem steilen Mini-Krater wohl bis zu 10.000 Maori gewohnt. Bevor die weißen Siedler kamen.

Mount Eden – Vulkankrater mit Aussicht

Wir hätten am Nachmittag bei Sonne zum Aussichtspunkt gehen sollen – die war aber gar nicht angesagt

In 200 Metern Höhe gibt es einen Glasboden – uns ist es zu diesig – 32 NZ$ Eintritt pro Person

Von dort aus gehen wir mit Umwegen am Museum und dem einzigen ‚alten‘ Stadtviertel Aucklands noch einmal in Zentrum. Die Parnell Street mit ihren knapp einhundert Jahre alten Häusern ist eine der größten Attraktionen Aucklands. Die junge Stadt freut sich über ein paar Relikte aus alten Zeiten.
Da das Wetter so gut ist, sparen wir uns das Museum für ein anderes Mal auf. Es soll ein T-Rex-Gerippe haben – das würden wir gerne sehen.

War Memorial Museum

Auckland ist modern – eine Diverse-Toilette

Der Sky Tower – dominant

Rolltreppen-Schleier

Parnell Street – die antike Puppenstube Aucklands

Auckland. Drei Tage reichen völlig aus. Die Stadt ist keine Schönheit, hat aber ihre attraktiven Ecken. Wir haben es sehr genossen und versucht möglichst wenig über unseren Kahn zu sprechen. Das ist gelungen. Gut erholt machen wir uns auf den Rückweg (ungefähr 160 Kilometer). Die Realität holt uns schnell wieder ein. :mrgreen: Da wir bereits am Nachmittag in Whangarei zurück sind, machen wir noch einen Abstecher zum Boat Yard. In unseren vier Tagen Abwesenheit ist genau gar nichts am Rumpf gearbeitet worden. Bäh!


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Hinckley Picnic Boat EP – for sale – Germany

BLUESIANA – BRUCE KING DESIGN – LIEGEPLATZ BALTIC

Baujahr 2008 im Neuzustand
Volvo Sechszylinder D-6435 / Sea Key / 450 HRS
12 V Bordnetz
Getriebe ZF IRM220PL mit 1.231:1 Übersetzung
Hamilton 292 Jet Antrieb
Steuerung hydraulisch
Joy-Stick Kontroll System mit doppeltem Backup
Bugstrahlruder 12 VDC
Engine Box electric lift
2 x 80 gallons diesel tank
Heizung Arcu
Automatische Feuerlöscher
Raymarin ST 6001 mit GyroPlus2 Interface GPS
Raymarine Radar Chartplotter E 120
Radio Cassett CD changer
Mastervolt shorepower Combi 1500
Microwelle
Electrische Teilotte mit grey water tank
EU taxes paid
Liegeplatz: Germany – Baltic
Weitere Details vom Eigner / Verkäufer
+49 40 652 52 44
[email protected]

Törnziele in Kroatien (7): Die Stadt Hvar. Warum man buchstäblich nicht drum herum kommt.



„Beliebt. Belebt. Begehrt.“ überschrieb ich das Kapitel über Hvar-Stadt in meinem Buch REVIER-KOMPASS KROATIEN SÜD, aus dem auch das obige Wimmelbild entnommen ist. Es enthält alle wichtigen Angaben zu Anlegemöglichkeiten, Ankerplätzen, der tricky Zufahrt zur Tankstelle und vielem mehr. 

Regelmäßig stellt Mare Piu die interessantesten Ziele im Norden und Süden Kroatiens vor, die man mit dem Boot erreichen kann. Die bisherigen Folgen brachten die wichtigsten Infos über Krka und Kornaten, über Telascica- und Biokovo-Nationalpark sowie über die Städte Trogir und Mljet.

Wieso nach Hvar?

Ob Hvar Stadt wirklich „Beliebt. Belebt. Begehrt“ ist? Da gehen die Meinungen auseinander. „In der Saison nicht nach Hvar!“, beschreibt SEA-HELP-Chef Wolfgang Dauser seine Urlaubsziele. Andere schwören auf einen Besuch in der bemerkenswerten, historisch und von ihrem Nachtleben her reichen Urlaubsmetropole.

Dass Hvar in der Hochsaison beliebtes Törnziel ist, hat viel mit seiner geografischen Lage zu tun. Man kommt schlecht drum herum. Von den großen Charter-Ausgangshäfen Trogir und Split sind es (wie man auf dem Google Maps-Link in der Überschrift erkennt) nur wenige Seemeilen. Und weil Hvar eine lange Insel ist, die wie ein Verkehrshindernis auf dem Weg nach Süden liegt, kommt man von Trogir und Split automatisch hier vorbei – die West-Ecke zwischen Hvar Stadt und den vorgelagerten Pakleni-Inseln gehört in der Saison zu den meistbesuchten. Und wer hierher kommt, kann kroatisches Sumer-Nightlife in vollen Zügen genießen.

Doch jenseits allen bunten Trubels bietet Hvar echte Sightseeing-Highlights. Eine venezianische Altstadt, die nicht nur mit dem Arsenal genannten Bau an Hvars Hoch-Zeit als venezianischer Flotten-Stützpunkt erinnert. Badestrände mit teuren Badeetablissements. Eine Festung hoch über der Stadt, die einen atemberaubenden Rundblick über die südlich gelegenen Pakleni-Inseln bietet.

Kein Zweifel: Die Stadt ist reich an Gründen, warum man hierher kommen soll. Nur mit einem geizt Hvar: Mit guten und sicheren Anlege- und Ankermöglichkeiten. 

Wo Anlegen in Hvar?

Marina gibt es in Hvar keine. Ein häufig belegter Stadtkai mitten im Nightlife, ein paar Bojen – man sollte früh aufstehen, um in Hvar anzukommen. Und spät Nachts ins Bett gehen, um ruhig einschlafen zu können. Und die kleine Tankstelle Hvars – Lage siehe das Wimmelbild – ist eine echte Herausforderung für jeden gestandenen Skipper. 

An den wenigen Ankerplätzen Hvars sollte man seinen Anker stets sicher einfahren – vor allem, wenn Gewitter droht. Auch darüber kann SEA-HELP Chef Wolfgang Dauser und viele Kroatien Skipper ein Lied singen.

Alle Anlege- und Ankermöglichkeiten sind im REVIER-KOMPASS KROATIEN SÜD samt Ausweichmöglichkeiten und Alternativen beschrieben und bewertet.

Das solltest Du über Hvar wissen.

Hvar sollte man – Törnplanung hin oder her – wie die Pakleni-Inseln eher an Wochenenden besuchen. Der Grund: Crewwechsel, zwischen Freitag und Sonntag sind die meisten Boote in ihre Ausgangshäfen um Trogir und Split zurückgekehrt. Oder noch nicht wieder ausgelaufen.

Wie Trogir lebt auch Hvar vom Zauber der Enge und von verwinkelten Gassen. Und wie Trogir ist es nicht nur begehrtes Ziel des Boots-, sondern auch des Landtourismus. Wer früh am Morgen durch die  Altstadt streift, hat am meisten von der „beliebten. belebten. begehrten“ Stadt Hvar. Bilden sie sich ein Urteil, obs wahr ist. Mit den drei B’s.

PS: Der REVIER-KOMPASS KROATIEN schreibt unabhängig. Wir nehmen Marinas, Restaurants und touristische Angebote kritisch unter die Lupe und nehmen dabei keinerlei Sachleistungen der Betreiber an. Wir schreiben offen darüber, wenn Leistungen unterdurchschnittlich oder im Preis unangemessen sind. Unsere unabhängige Meinung gefällt nicht jedem, der dort besprochen wird, es bringt uns gelegentlich 1-Stern-Rezensionen ein. Man erkennt solche „Bewertungen“ daran, dass sie anonym und ohne nähere Begründung abgegeben werden.

Wir stehen zu jeder unserer Aussagen im REVIER-KOMPASS KROATIEN, insbesondere zu jeder Empfehlung und jeder Kritik. Sollten unsere Informationen Dir nicht weitergeholfen oder sich ein Fehler eingeschlichen haben, was bei der Fülle an Daten möglich ist, sind wir für formlose Hinweise an [email protected] dankbar.

Insiderwissen für deinen Traumtörn in Kroatien: 

     Von Slowenien bis Kornaten:         Von der Krka bis Kotor:

https://millemari.de/shop-kategorie/buecher/   

Beide REVIER-KOMPASSE sind nicht nur als Print, sondern auch als eBook erhältlich. Das Ebook ist allerdings ausschließlich über millemari.de erhältlich. Es wird – um beste Bildqualität bei den Wimmelbildern zu bieten – persönlich für jeden Nutzer auf Anfrage erstellt.

Echte Lesermeinungen in 2022:

„Nicht nur die genialen Wimmelbilder, die auf einen Blick einen hervorragenden Überblick über alles Wissenswerte geben, auch die vielen auf den Punkt gebrachten Informationen halfen uns bei der Törnplanung und gaben uns täglich wertvolle Orientierung.“

„Vielen Dank für die beiden Revier Kompasse.

UND für die vielen angenehmen Stunden mit Ihren Büchern.

Ihre Art zu Beschreiben mag ich sehr und macht Lust auf Meer, und mehr!“

„Der Revier-Kompass Kroatien war auf unserem Chartertörn ständig in Gebrauch.“

„Außer den inzwischen verfügbaren, recht brauchbaren Apps mit Revierinformationen und diesem Führer haben wir keine weiteren Revierhandbücher verwendet und auch nicht vermisst.“

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Noch mehr über Kroatien erfahren? Jetzt auch im Podcast SEGELN IST MEER! hören:

Kroatien 2022: Günstiger Urlaub oder teures Pflaster?

Die 65 kroatischen Marinas erhöhen aktuell die Preise für Kurzzeit-Liegeplätze um 9%. Thomas und Ümit gehen dem Mythos „Kroatien ist teuer!“ auf den Grund. Klären auf, wo Kroatien teuer ist, wie man um teure Ecken auf der Reise meidet – und kommen zu einem überraschenden Schluss…

Kroatien? Ist doch ein Einsteigerrevier!

Für viele – und vor allem die, die noch nicht da waren, ist Kroatien gleichbedeutend mit Badehosensegeln. Was ist dran am Mythos? Und warum ist Kroatien kein Einsteigerrevier? Wieso gelten für Nordkroatien andere Regeln als für Südkroatien? Warum sollte man besonders im Juli und August in Kroatien die Augen beim Wetter offenhalten? Thomas und Ümit fragen nach und legen offen, worauf man in Kroatien unbedingt achten sollte…

 


Sommertörn 2022: Von Irland nach Kroatien (3). Wie es sich anfühlt, in 4 Tagen über die Biskaya zu segeln.

Neben meinen Posts über lohnende Ziele in Kroatien werde ich in den nächsten Wochen auch über meine aktuelle Reise von Irland nach Kroatien berichten. Heute ein dritter Post über eine der spannendsten Etappen der insgesamt 3.000 Seemeilen langen Seereise von Dublin nach Dubrovnik.

Das Spiel, das die Wellen mit Levje spielen, fasziniert mich auch auf dieser Überquerung der Biskaya.

 

Tag 1: Donnerstag. Aufbruch von den Scilly-Isles. Von Starkwindfeldern, Mondfischen und Flautenklappern.

Gegen 12.30 Uhr kommen wir endlich los. Um das Funkloch an unserem abgelegenen Ankerplatz auf der südlichsten Insel St. Agnes zu verlassen, gehen wir nicht unmittelbar raus, sondern drehen noch eine Runde Richtung St. Marys, der Hauptinsel der Scilly-Isles, und holen uns den aktuellen Wetterbericht für die nächsten fünf Tage und speichern ihn als Screenshots. Wo wir entlangsegeln werden, gibt es kein Netz mehr. 

Der Wetterbericht liest sich gemischt: Es wird eher schwachwindig sein über der Biskaya mit kleinen wandernden Starkwind-Feldern westlich und nördlich von uns, die wir tunlichst erwischen sollten, um in den geplanten vier Tagen vorwärtszukommen – wir müssen sie finden ohne Wetterbericht. Verpassen wir sie und erreichen die nordspanische Küste erst später, verzögert sich unsere Weiterfahrt auf unbestimmt. Ein Tief vor Portugal bringt reichlich Südwind – und wir säßen dann in Nordspanien fest.

Also setzen wir  Groß und den Blister, das Leichtwindsegel und hoffen, dass die windreiche Biskaya ihrem Ruf gerecht wird.

Am Nachmittag winkt uns ein Mondfisch aus dem Wasser zu. Kaum jemand kennt diese mannshohen kreisrunden Fische. Dabei können sie über 2 Tonnen schwer werden. Man erkennt sie, weil sie beim trägen Treiben an der Meeresoberfläche mit ihrer schmalen Rückenflosse wie einer winkenden Hand aus dem Meer wedeln. Kein Mensch weiß, was die scheibenförmigen Tiere an der Wasseroberfläche tun, denn eigentlich ist ihr Revier 500 Meter tief unter uns. Mondfische sind träge, aber höfliche Zeitgenossen, die sich durch nichts und niemand stören lassen. Unser Mondfisch winkt uns sein Farewell mit seiner wedelnden Flosse noch lange nach.

Sven, der mich begleitet, schläft auf Vorrat. Der ohnehin schon schwache Wird wird schwächer, flaut weiter und weiter ab, bis die kleinen Wellen das Boot so ins Rollen bringen, dass es den letzten Windhauch aus den Segeln haut. Zurück bleibt vom schwachen Wind nichts als flappende Segel, ein schlagender Baum und ein ächzendes Rigg. „Flautenklappern“ nenne ich das Geräusch, das gnadenloser sein kann als mancher Lärm, wenn es über Stunden nicht mehr verstummt. Ich bin froh, dass Sven mich ablöst und lege mich am Spätnachmittag schlafen. Wer weiß schon, was die Nacht bringt.

Sonnenuntergang draußen irgendwo vor dem Ärmelkanal.

22.30 Uhr. Als ich meine Wache übernehme und Sven unter Deck geht, sind wir immer noch weit nördlich. So weit, dass es Anfang Juni immer noch hell ist im Westen. Das wird es noch eine Weile bleiben. Und wenn der Himmel klar ist, wird bereits 4 Stunden später der erste Lichtschein des Morgens im Nordosten stehen. Unter Deck habe ich die Seekarte am Kartentisch ausgebreitet. Im Schein des Rotlichts erkenne ich Einzelheiten. Die Seekarte ist die Imray C18, und mit dem Finger reise ich auf ihr unsere geplante Route südwärts nach. Die Südküste Irlands zwischen der Bantry Bay und Youghal ist in der linken oberen Ecke mit darauf – dort, wo wir herkommen. Die Scilly Isles sind nichts weiter als mehrere Fliegenschiss in der Weite des Hellblau, das in der Karte mit Zahlen über die Wassertiefen gespickt ist. Nordspanien, unser nächstes Ziel, is t250 Seemeilen entfernt und liegt genau südlich. Von dort wollen wir möglichst in einem Rutsch weiter bis Gibraltar. Das macht mir etwas Sorgen. Auch in diesem Jahr steigen dort die Angriffe von Orcas auf Boote und Yachten. Die letzten Tage häuften sich auch die Berichte deutscher Segler über die Tiere, die Boote rammen und Spaß daran finden, Stücke des Ruders zum Spielen abzubeißen, während die verzweifelten Crews vergeblich überlegen, wie sie der „Spielerei“ der bis zu 5 Tonnen schweren schwarzen Rowdies ein Ende setzen können.

Mein Finger bleibt an einer Stelle in der Seekarte hängen. Für die langen Strecken benutze ich vor allem gedruckte Seekarten. Nicht nur deshalb, weil elektronische Seekarten wichtige Details verbergen und erst sichtbar machen, wenn man hineinzoomt. Das Schicksal der Rennyacht VESTAS vor ein paar Jahren, die mitten im indischen Ozeans wegen eines solchen Fehlers in der elektronischen Navigation auf dem einzigen Riff weit und breit auf Grund lief, ist mir Mahnung. Nein, nicht nur deswegen benutze ich Seekarten. Die alten Kartendarstellungen, gereift in 600 Jahren Segelschiffahrt, sind mir gerade für die weiten Strecken lieber, weil ich alle Informationen ausgebreitet vor meinen Augen im Rotlicht vor mir liegen habe. Mein Finger bleibt vor der weiten, trichterförmigen Einfahrt in den Ärmelkanal südwestlich der Scilly Isles hängen, wo sich über der Leere des Meerbodens ein Schriftzug befindet: „Numerous Shipwrecks“ steht da. Das passt zu meiner Stimmung. Wieso liegen ausgerechnet hier lauter Schiffswracks? Die wilden Herbststürme der Biskaya? Die hohen Wellen? Oder markiert die breite Stelle vor dem Kanal jenes Gebiet, in dem im II. Weltkrieg deutsche U-Boote wie Wolfsrudel wehrlose Frachtschiffe angriffen. Immer wieder stößt man an den nördlichen Antlantikküsten auf Spuren dieser Ereignisse, sogar als ich vor der Pandemie mit Sven die weit nödlich gelegenen Hebriden besuchte. Und eine dieser Stories über das Schicksal von Jäger und Gejagten habe ich auf Mare Piu in der Geschichte „Ein Friedhof. Zwei Männer im Krieg“ detailliert recherchiert und erzählt.

Tag 2: Freitag. Die Biskaya empfängt uns.

Gegen 2 Uhr morgens gehe ich nach unten zum Kartentisch und mache meiner Gewohnheit folgend meinen Eintrag in der Seekarte. Ein kleines Kreuz mit Uhrzeit. Im Notfall oder wenn die elektronische Navigation ausfällt, habe ich unseren letzten Standort sofort parat, und auf langen Nachtwachen verkürzt es die Zeit, kurz unter Deck zu gehen, den Reisefortschritt zu erleben und kurz für Sven ins Logbuch Notizen über Wind, Wetter und Schiffsführung einzutragen. Vor einer halben Stunde hat der Wind aufgefrischt. Das Bord-Barometer fällt, endlich weht der Wind mit 5 Beaufort, wenn auch von vorn. Wir haben unseren Kurs weit von der französischen Küste fort südwestwärts gelegt und eines der vermuteten kleinen Starkwindfelder gefunden. Wir segeln immer noch unter Blister. Ich zögere, das Leichtwind-Segel herunterzunehmen. Die Nacht ist zwar sternklar, aber wer weiß schon, ob der Wind, der jetzt gerade kräftig weht, nicht wieder einschläft. Und letztlich würde ich das Bergen des großen Tuchs auf dem nächtlichen Vordeck gerne zu zweit erledigen. Nur für den Fall der Fälle. 

LEVJE liegt jetzt beträchtlich auf der Seite, und die Fahrt ist rumpelig. Der helle Schein eines Objektes voraus, das ich seit eineinhalb Stunden beobachte, ist noch greller geworden. Eine Insel kann es nicht sein, sie wäre niemals so hell angestrahlt. Ein Feld Bohrinseln? Doch die Seekarte zeigt nichts derartiges. Ich werfe einen Blick aufs Radar. Nichts. Wieso zeigt das Radar eigentlich nichts an? Die Sache wird immer mysteriöser.

Zudem halten wir genau auf das Objekt zu. Ein Ankerlieger kann es nicht sein. Niemand kann auf 200 Metern Wassertiefe ankern, jedenfalls kein Fahrzeug, das ich kenne. Ich nehme zum x-ten Mal das Fernglas in die Hand, um mithilfe seines eingebauten Kompasses eine Peilung vorzunehmen, ob sich das Objekt bewegt. Aber auch damit werde ich nicht schlauer. Die Peilung „steht“, sie ist unverändert. Das heisst, das Objekt und mein Schiff sind auf Kollisionskurs. Wenn ich nur sagen könnte, wie weit das Teil entfernt ist. Aber ohne Radar ist das nicht möglich. Ein AIS, ein automatisches Schiffserkennungssystem habe ich auf meinen Reisen bislang noch nie vermisst, das Radar funktionierte immer verlässlich. Aaber für alles und jedes gibts ein erstes Mal. Hier ist es.

Ich probiere es mit einer Kursänderung und gehe höher an den Wind. Je näher wir dem Objekt mit dem  Lichtschein kommen, desto weniger erkenne ich durch das im Seegang verwackelte Bild, um was genau es sich dabei handelt. Ein schleppendes Fahrzeug, das einen Schiffskasko, ein fertig geschweißten Schiffsrumpf zum Innenausbau langsam in den Ärmelkanal schleppt, wäre das wahrscheinlichste. Ich starre zum x-ten Mal durchs Fernglas. Lichterführung auf dem Fahrzeug, die meine Vermutung bestätigen würde, ist keine zu erkennen. Da – die Peilung scheint sich quälend langsam zu verändern. Die Peilung steht nicht mehr, der Winkel wird größer. Das gleissend strahlende Teil, was immer es sein mag, wird hinter uns passieren.

Als Sven mich eine Stunde später ablöst, hat der Wind auf 6 Beaufort aufgefrischt. Das unbekannte Objekt liegt querab im gleissenden Licht. Sven klinkt sich in das am Boden liegende Strecktau ein und turnt wie immer ohne Taschenlampe aufs Vordeck, um den Blister zu bändigen, das große gelbe Tuch in der mondlosen Nacht sauber aufzurollen und samt seiner endlosen Schoten in der Dunkelheit in den Segelsack zu stopfen. Er ist buchstäblich um Längen geübter als ich, ein widerspenstiges Segel auf dem Vordeck in der mondlosen Nacht zu bändigen. Mir wäre es lieber, wenn ich den Deckscheinwerfer anschalten oder Sven im Schein einer Taschenlampe im Auge behalten könnte, ob da vorne in der Dunkelheit alles glatt geht. Aber er meint, der Schein jeder Lampe, auch einer eigenen würde ihn nur behindern. Er weiß wie immer, was er tut, und er arbeitet nachts strikt angeleint. Also lasse ich es und versuche die quälende Frage zu verdrängen, was ich täte, wenn er jetzt im Lärm des Windes geräuschlos über Bord ginge, 100sm westlich vor Brest bei 6bft. und ohne Lampe. 

Irgendwann taucht Sven aus der Dunkelheit auf dem schwankenden Seitendeck auf. Er zerrt den schweren Segelsack mit dem triefnassen Tuch und wuchtet ihn unter Deck. Und damit endet meine Wache.

8 Uhr morgens, 130 Seemeilen vor Brest. Als ich meine Wache antrete, hat sich das Bild komplett geändert. Die Sonne strahlt im großen Blau, wir laufen bei 5-6 Beaufort platt vor dem Wind. Sven hat 

Was die Wellen angeht, war die Biskaya diesmal friedlich. Ganz anders sollte es uns freilich auf der nächsten Etappe ergehen, die in einem Rutsch von Nordspanien nach Südportugal führen wird. Aber das wusste ich an diesem Morgen noch nicht, als ich den Wellen zusah, wie sie aus dem Nordatalantik kommen und das Boot von hinten überholen.

die Segel wie ein Schmetterling ausgebreitet, die Genua rechts, das Groß links, während der Autopilot die Arbeit macht und Sven versunken in sein Buch mit amerikanischen Short Stories ist, das er für seine Wachen bevorzugt.

Ich hingegen bin auf Wache vollauf beschäftigt mit Beobachten. Langweilig wird mir dabei nie. Ich sehe den Wellen zu, die seitlich von hinten von irgendwo aus dem Nordwest-Atlantik anrollen. Es macht immer wieder Spaß, dem Spiel von Boot und Wellen zuzusehen. Wenn ich nach hinten blicke, sehe ich die nächste größere Welle in 50 Meter Entfernung. Wie sie massig und träge auf Levjes Heck zurollt. Wie sie das Heck des fast 8 Tonnen schweren Schiffes einfach anhebt wie einen Korken, als könnte es gar nicht anders geschehen. Wie der Wellenberg das Schiff mit „Hintern oben“ mit sich nimmt, so dass mein Schiff wie ein geübter Surfer auf dem rollenden Abhang verharrt und die Gelegenheit nutzt, hangabwärts zu surfen, als wäre es ein Snowboard in einem verschneiten Hang. Wie das Schiff auf 9, 10 Knoten beschleunigt. Wie am Ende die Welle unbeirrt unter dem Schiff rauschend durchläuft und zielstrebig weitereilt, als hätte sie Eile und keine Zeit mehr, mit irgendwelchen Booten rumzuspielen. 

Ein Basstölpel auf der Suche nach Futter dreht querab seine Kreise. Ich beobachte den gänsegroßen, weißen Vogel mit den stechend blauen Augen, ob er gleich die Flügel anlegt und im Sturzflug elegant wie ein Pfeil mit 100 Km/h auf dem Wasser aufschlägt, um zielsicher einen Fisch zu schnappen, der sich unachtsam an die Meeresoberfläche vorwagte.

Am Vormittag ein Wal, der querab von Levjes rascher Fahrt dösend eine Flosse in die Luft reckt. Ich bin froh, dass 100 Meter zwischen uns liegen. Am Abend ein großer Regenbogen, der sich erhaben von einem Ende zum anderen spannt.

Es gibt so viel zu sehen hier draußen, dass ich niemals müde werde, aufs Meer zu schauen. Zu schaffen macht mir nur die dauernde Müdigkeit auf den langen Fahrten. „No Pain, no Gain.“, lautet ein amerikanisches Sprichwort, es könnte fast der Name meines Bootes sein.

Tag 3: Samstags vor der Bundesliga auf der Biskaya.

Es ist weit nach Mitternacht, als sich plötzlich der Autopilot über Strommangel beklagt. Er quittiert einfach den Dienst. Da wir gerade mit achterlichem Wind von 3 Beaufort unterwegs sind, ist das kein größeres Problem. Ich stelle mich hinters Steuer, was ich sonst auf längeren Reisen nur gelegentlich tue. 

Aber was ist mit der Batterie los? Eigentlich sollte sie ja durch die beiden Solarpanele tagsüber an der Seereling voll geladen sein? Kein Moment, um dem hier draußen auf den Grund zu gehen. Wir lassen einfach den Motor laufen, und die Batterie wird wieder voller. Die schwächelnde Batterie könnte auch der Grund gewesen sein sein, warum das Radar gestern vor dem leuchtenden Objekt gar nichts mehr anzeigte. Das muss man auch mal wissen: Fehlt dem Radar der Saft, kreist sein Sucher oben am Mast sinnlos und leer im Kreis.

Gegen 4.30 Uhr weckt mich Sven. An seiner Stimme erkenne ich, auch er ist jetzt erschöpft. Ich schlüpfe in Hemd, Hose und Segeljacke, streife mir Rettungsweste und Lifebelt über, schaue in die Seekarte und stecke mir zum Wachwerden eine Dattel in den Mund. Eine von den großen, dicken aus dem perfekten Supermarkt in Wicklow, in dem wir zuletzt einkauften und unsere gesammelten Vorräte wie die Kulis in Rucksäcken quer durchs Städtchen auf die Pier und zum Boot schleppten. 

Im Cockpit angekommen, spüre ich immer noch die klebrige Süße der Dattel. Einer Marotte folgend behalte ich den Kern im Mund, um die Müdigkeit durch Drauf-Kauen zu vertreiben. Der Dattelkern macht mir bewusst, wo ich gerade bin. Um mein Hirn wachzuhalten, überlege ich. Wenn ich den Dattelkern statt auf ihm zu kauen jetzt hier in die schwarze See spucken würde: Wie lang würde er brauchen, bis er auf dem Grund ankommt? Mein übermüdeter Denkapparat beginnt zu rechnen. Die Seekarte sagte gerade, dass wir jetzt 4.700 Meter Wasser unter uns haben. Wenn er fünf Sekunden bräuchte, um einen Meter zu sinken, dann bräuchte er für die 4.700 Meter also 23.500 Sekunden. Also fast 400 Minuten. Oder umgerechnet mehr als 6,5 Stunden, die mein Kern unterwegs wäre, bis er irgendwann im ewig lichtlosen Dunkel irgendwo hinter mir unten aufschlägt. Nicht auszudenken, durch welche Zonen er reisen würde, welche Kreaturen ihn aus nächster Nähe begutachten würden. Der träge Mondfisch ist wahrscheinlich noch die am wenigsten Furchteinflössende.

Ich beschließe, das dem Dattelkern nicht anzutun und ihn später, wenn ich mit ihm fertig bin, ordentlich unter Deck in den Mülleimer zu werfen. Aber als ich über diese Option nachdenke, bin ich mir sicher: Wäre der Dattelkern ein denkendes Wesen, seine Reise im Müllbeutel wäre um nichts angenehmer als die sechseinhalb Stunden ins lichtlose Dunkel.

Ob es dieselben Delphine sind, die uns in den letzten Tagen immer wieder besuchten? Fast könnte man es denken. Jedenfalls kommen sie fast „hautnah“ an uns heran und amüsieren sich mit kleinen Kunststücken im Bug von der schnell segelnden Levje.

Am Nachmittag Delphine. Genauer gesagt Tümmler. Sie besuchen uns nicht zum ersten Mal, und wir rätseln verblüfft, während wir sie vom Vordeck aus beobachten, ob es immer die gleich 5-7 Tiere sind, die uns über die Biskaya begleiten. Plötzlich sind sie wieder da. Schießen kreuz und quer unter LEVJES schnell laufendem Bug drunter durch. Drängen sich locker in der Bugwelle aneinander. Spurten mit lässigem Flossenschlag durch die Bugwelle nach vorn davon, als würden sie ein Kunsstück nach dem anderen auspacken. Das Spiel im Bug des Bootes dauert diesmal 20 Minuten. Dann sind seitwärts davongezogen und lassen uns plötzlich einsam zurück. Um eine Begegnung reicher. Um sieben Freunde und Wegbegleiter ärmer.

Fast scheint es, als wären sie stolz, wenn sie ihre Kunststücke neben dem Schiff zeigen. Als würden sie sagen: „Schau mal, was ich kann!“

Tag 4: Sonntag. Ankommen in Nordspanien.

Als Sven mich kurz vor Mitternacht weckt, steht rechts die runder werdende Mondsichel über einer Wolkenbank, als thronte sie als Herrscherin darüber. Eine glitzernde Straße führt übers Wasser genau von dort bis zu mir. Herz – was willst Du eigentlich mehr vom Leben?

Ein schwacher Wind treibt uns südwärts. Eigentlich ist es nur eine milde Brise, wie geschaffen für einen Abendsegler. Mein Wort beschreibt jenen leichten Abendwind auf den heimatlichen Seen in Oberbayern, der eine Yacht dahingleiten lässt als hätte sie Schienen unter sich. Nur dass dies nicht der heimische See ist, sondern die Biskaya, Standort 120 Seemeilen nördlich jener Küste, die offiziell Costa da Morte heisst. „Küste des Todes“, weil der Meeresboden kurz vor ihr von 2.000 Metern auf 200 Meter ansteigt und unzählige Wracks dort liegen. Doch in diesem Augenblick ist von der Wildheit der Küste wenig zu spüren.

Stunden später hat die Wolkenbank den Mond verschluckt. Das Licht ist weg, ich kann das Wasser nicht mehr sehen, das mich meilenweit umgibt, nur hören kann ich es an der Bordwand neben mir, sein Glucksen und Plätschern. Wir gleiten hinein in die Dunkelheit. In mir ist alles ruhig und still. Selbst als mein Gehirn durchzuspielen beginnt, was ich tun würde, wenn ich in diesem Momnt auf den dösenden Wal aufliefe, den ich gestern sah. Ich fühle mich geborgen, getragen vom Leben, wie ich es an Land selten erlebe.

Zwei Frachter ziehen hinter mir vorbei. Drei habe ich an Backbord voraus. Sie erinnern mich daran, dass wir uns A Coruna nähern, der großen nordspanischen Hafenstadt. Und daran, dass wir irgendwann heute am Spätnachmittag in irgendeinem Hafen an dieser Küste ankommen werden.

Aber es ist noch zu früh am Tag. Ich ahne an diesem Morgen noch nicht, dass der launische Wind uns in die Quere kommen wird. Dass er vor der Costa da Morte auf Südwest und auf 20 Knoten aufdrehen wird. Dass wir 5 Stunden länger als geplant aufkreuzen müssen und erst Nachts kurz vor 22 Uhr in einer unbeleuchteten Bucht neben dem Hafen von Muxia den Anker fallen lassen werden. In Muxia, das mit seiner Kirche auf dem Felsen den eigentlichen Endpunkt des Jakobswegs beschreibt und in dem ich vor vier Jahren auf meinem Weg nach Norden schon einmal ankerte. Aber das ist eine andere Geschichte. Und sie steht in einem anderen Buch. 

PS: Wer diesen Post tatsächlich bis hierher zum Schluss gelesen hat statt sich zu langweilen, hat etwas Ermunterung verdient. Er weiß nun eines gewiss: Dass er das Meer aufrichtig liebt und die Wellen. Und dass sein Traum einer solchen Reise, wenn er oder sie ihn denn hat, wirklich der richtige Traum ist.

So viel Begeisterung verdient Unterstützung. Wer eine E-Mail an [email protected] sendet mit dem Stichwort „Biskaya“, nimmt am Ende der Woche teil an einer Verlosung des Buches AUF DEM MEER ZUHAUSE. Denn das: Ist voller solcher Meeresschilderungen wie dieser Post.