Ostern? Da kann man doch nicht Segeln im Mittelmeer!
Klar kann man. Auch wenn es bei der Ankunft am Sonntag vor Ostern noch so wie auf dem Foto über der Marina Sant‘ Andrea im Friaul aussah. Gewitter im Süden über dem Meer. Regenschauer. Eine schneidend kalte Bora weht vom Nordosten aus dem Karst herüber. Mir ist drei Tage bange vor dem Krantermin. Denn die Marina musste wegen der starken Böen etliche Krantermine absagen, es blies einfach zu stark.
Also dann erst mal streichen! Das Unterwasserschiff ist fällig, von Winterdreck und Wüstenstaub und
allem anderen nicht zu reden. Pünktlich zum Krantermin schläft dann der Wind, der drei Tage wehte, plötzlich ein und ich kann gemächlich aus dem Kranbecken an meinen Liegeplatz steuern, wo vorher garantiert noch beim Anlegen großes Hafenkino produziert hätte.
Und am Karfreitag gehts dann auch raus. Ziel ist das 7,5 Stunden entfernte Venedig. Und als wäre ich nicht drei Jahre nicht mehr in der Adria gesegelt, wartet dort alles auf mich wie eh und je. Ich bin bin fasziniert wie eh und je fasziniert von der Farbe des Wassers an der oberen Adria, wo Lichtbrechung und Sedimente aus
den großen Gebirgsflüssen ab dem Frühjahr jedes Jahr wieder ein Farbwunder vollbringen. Das winterliche Schwarz der Adria verwandelt sich in … ja was? Was ist das für für eine Farbe? Eine zartes Wasserhellblau? Ein dichtes Graugrünblau? Das Meer kennt viele Farben, doch diese ist einzigartig. Vor vielen Jahren schrieb ich schon einmal über diese Farbe, wenn ich einen Menschen träfe mit dieser Augenfarbe, diesem Ton zwischen Wasserhellblau und Graugrünblau, ich wäre ihm verfallen.
Den meisten Menschen ist das wahrscheinlich ziemlich egal, doch für mich hat sich allein dafür mein Tripp an Ostern raus aus dem Hafen Richtung Venedig bereits gelohnt.
Es hat 18 Grad tagsüber, die Sonne kommt am Nachmittag heraus und bringt alles noch einmal stärker zum Leuchten und zaubert das große Glitzern aufs Wasser, bevor es am späten Nachmittag kalt wird. Ob ich wohl einen Liegeplatz in der Darsena San Marco ergattern kann? Das wäre was! Die Marina ist klein, doch ihre Lage auf der winzigen Insel San Giorgio Maggiore unmittelbar neben der gleichnamigen Kirche ist der Hammer. Sie hat zwar wenig Facilities, liegt aber mit unnachahmlich Blick auf San Marco und ist von dort nur eine Vaporetto-Station entfernt.
Aber bis es soweit ist, brauche ich noch eineinhalb Stunden. Es ist 18 Uhr. Die Abendkälte zieht herauf. Um Viertel vor acht geht die Sonne unter, um 8:00 sollen wir vor der Marina stehen und wenn Platz ist, mit dem letzten Licht einlaufen.
Und bis soweit ist: schau noch aufs große Wasserhellblau – glücklich wie das Pärchen auf Levjes Relingsdraht. Die Frage, ob man an Ostern Segeln kann im Mittelmeer, habe ich also beantwortet. Aber so ganz richtig auch nicht. Die Brise vom Süden war tagsüber einfach zu schwach, um das Segel rauszuholen. Aber das kommt schon noch, wenn wir nach drei Tagen Ostern in Venedig aufbrechen.