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Menschen am Meer: Wie Pit den Winter auf dem Wasser verbringt.Oder:Wieviel braucht es, um glücklich zu sein?

Und dann stehen wir mitten in der Nacht in Bremen in einem Industriegebiet. Es ist Februar. Der Regen prasselt nadelscharf aufs Auto, als wir aussteigen. Container. Ein Bahnhof. Lagerhallen. Kräne. Stahltrümmer. Eine Schrottpresse. Kälte.

Ein unwirtlicher Ort. Pit hat uns eingeladen. Auf sein Boot, hier in Bremen, in einem kleinen Stadthafen. Pit ist Autor. Vor allem: Pit ist Segler. Daneben hat er auch noch einen richtigen Bürojob. Er arbeitet in einer Marketing-Abteilung, macht PR. Sein Haus hat er schon vor längerer Zeit verkauft. Er wollte auf dem Boot leben. Klar hat seine Lebensgefährtin eine Wohnung. Aber wann immer er kann, lebt Pit hier auf dem Boot. Im Winter mitten in Bremen. Und im Sommer unterwegs auf der Nordsee.

 

„Sehnsuchtsvolle Menschen leben dort: wo Ihre Sehnsüchte genährt werden.“ So begann der bislang einzige Roman meines besten Freundes Andal. Die Heldin des Romans lebte auf einem Schrottplatz und fühlte sich dort pudelwohl. Als ich vor vielen Jahren ernsthaft begann zu Segeln, hatte ich ganz andere Vorstellungen vom richtigen Leben: Mein Boot sollte in einer schönen Marina liegen. Ein schöner Sportboothafen, allles gepflegt, alles chic, alles tiptop. So dachte ich mir das. Aber meine erste Bootsbeteiligung, das Leben, führte mich ganz woanders hin. Nach Livorno, kurz hinter den Containerhafen. Das Schlagen von Stahlcontainer auf Stahlcontainer, wenn Fiederschiffe in der Nacht  ein paar Hundert Meter weiter beladen wurden. Das gleißend gelbe Licht der Quecksilber-Dampflampen über dem Gelände. Lokomotiven, die langsam schwere Containerzüge aus dem Hafen schoben. Räder, die auf Stahl schlagen. Neben uns haushoch gestapelte Leer-Container, umwuchert von mannshohem Unkraut in der Dunkelheit. Wie die rundum aufgepallte Yachten jeden Alters, verrutscht, verrückt von Zeit und Wind. Der Geruch des Meeres und herüber von der Raffinerie. Ein metallisches Sirren in der Luft. Calambrone. Ich entdeckte, das mein Herz anderes wollte als mein Hirn. Meine Vorstellung, wie ein guter Liegeplatz auszusehen hat, hatte sich grundlegend gewandelt.

 

Also: bin ich entzückt, wo Pit seine Winter verbringt. Weil die Tide hier vier Meter beträgt, liegt das Boot heute tief neben anderen im Hafenbecken. Zuerst die naßkalte Stahltreppe hinunter. Dann im Regen die rutschige Holzbrücke hinab auf den Schwimmsteg. In der Dunkelheit, im Eisregen knarzende Festmacher, als wir den Steg entlanggehen. Und auf das Boot klettern. Eine Kuchenbude über dem Steuerstand. Ah, herrlich, ein trockener Platz. Schuhe aus. Dann durch den Niedergang nach unten. Das Licht geht an. Die Heizung auch. Pit schließt mit schneller Bewegung das Schiebeluk. Schnell wird es warm. Auch deshalb, weil Pit die Kerzen auf dem Tisch anzündet und sich warmes Licht im Deckshaus verbreitet. Und ein paar Flaschen dazustellt. Irgendein Aniszeug, was ich eigentlich nicht mag. Was macht das schon, dass die Dinge im Kleinen manchmal nicht nach Wunsch gehen. Der Ouzo wärmt. Der Moment ist zu schön. Hier auf dem Boot. Im vom Kerzenlicht erhellten Deckshaus nach draußen schauen, in die Kälte, in den prasselnden Regen. Sich richtig Geborgen fühlen in der Unwirtlichkeit der Welt.

 

Schon ein merkwürdig Ding, das menschliche Herz. Ich verstehe Pit nur zu gut. Ihn, den Wanderer zwischen den Welten. Sein Leben zwischen dem Thrill von PR und der einsamen Klarheit der Schrottpresse.
 
Wieviel braucht es, um glücklich zu sein?

Das Leben kann schon ganz schön einfach sein.
Auf dem Wasser.

Menschen am Meer: Steve. Die Schlei. Oder: Warum ausgerechnet ein Amerikaner das beste Risotto kocht.

Mit der Kunst, italienisch zu kochen ist es wie mit der italienischen Sprache: Nur allzu leicht meint man, darin bewandert zu sein, es halbwegs „drauf“ zu haben. Worte und Gerichte gehen vergleichsweise leicht von der Hand. Und doch: stelle ich nach Jahrzehnten des Italienisch-Sprechens fest: Dies perfekt zu beherrschen, wirklich gut zu sprechen, ist ebenso schwieriges Unterfangen wie halbwegs Mandarin zu erlernen. Italienisch ist voll von Konnotationen. Kürzeln. Beigeschmäckern. An- und Be-Deutungen: die nur Italiener untereinander in ihrer Komplexität verstehen.

Ebenso ist es mit der italienischen Küche. Spaghetti Bolognese zum Beispiel. Augenscheinlich doch ganz einfach mit dem „Spaghetti-Hackfleisch-Dingsda“. Aber um das wirklich gut hinzubekommen: muss man schon einige geheime Regeln kennen. Ich weiß, wovon ich spreche: Ich habe jahrelang in Italien versucht, mich in Restaurants an Köche ranzupirschen, um das Geheimnis einer richtig guten italienischen Muschelsauce herauszubekommen. Es dauerte Jahre, bis mir die Köchin des OBELISCO im Containerhafen von Livorno – sie kuckte immer durch ein klitzekleines Fenster aus der Küche ins Restaurant wie Lukas, der Lokomotivführer, aus seiner Emma – ihr einfaches kleines Geheimnis verriet. Seit dem Zeitpunkt sind „Spaghetti a lo Scoglio“ der Bringer.


Die Schlei im August: Das Licht am Morgen auf der „kleinen Breite“.

Die Freundschaft zwischen Steve und mir begann rein beruflich. Wir lernten uns auf einer Messe kennen. Er leitete einen großen Verlag. Ich einen kleinen. Wir verehrten beide denselben deutschen Verleger, stellten wir fest. Von da ab trafen wir uns einmal jährlich. Immer auf dieser Messe. Klinkten uns einfach für eine abends für eine halbe Stunde aus dem Getriebe der Messe aus. Für „die blaue Stunde“ hatte Steve eine besondere Flasche schottischen Whisky am Stand. Und vielleicht ist meine Liebe zu Whisky in jener halben Stunde auf der drögen CeBIT in Hannover geboren, in den Gesprächen mit Steve. Er war treu: War ich nicht da: stand er immer irgendwann am Stand und ließ seine Karte mit einer Notiz für mich zurück. Es war mir immer eine Freude. Denn jedesmal knurrte mein Boß: Steve: sei „seine Liga“. Steve und ich: wir machten uns ein Spiel daraus.

Irgendwann erzählte mir Steve was von einem Boot, das er sich gekauft hatte. Für die Schlei. Eine SCHÖCHL MANTA. Genau die hatte ich auch gekauft, wenige Monate zuvor. Wieder ein paar Jahre später, wieder auf der Messe, wieder abends zur „blauen Stunde“, als wir wieder über dem tarnenden Pappbecher mit klirrenden Eiswürfeln saßen, erzählte mir Steve in seiner engen Messekoje, er habe sich ein größeres Boot gekauft, ein 28 Fuß-Schiff. Da hatte ich gerade meine 31-Fuß-LEVJE gekauft.

Es dauerte noch ein paar Messen. Es waren noch ein paar Jahre „blaue Stunde“, mit 1 Whisky am Stand von Steve notwendig, bis wir es wagten: miteinander Segeln zu gehen. Er nahm mich auf seiner INE mit auf die Schlei. Wir segelten von der STOLLER-WERFT, fast ganz im Westen, durch Missunde, an Arnis, Kappeln, Schleimünde hinaus auf die Ostsee. Mal nach Kiel. Mal nach Sonderborg. Mal nach Marstal. Und seither gehört die Schlei im August für mich zum schönsten, was man als Segler erleben kann. Segeln eine englische Parklandschaften. Durch Fluß-Engen. Durch goldene Getreidefelder. An Pappeln, Backstein, Schlickbänken, Räuchereien entlang, zwischen sanft rollenden Hügeln dahin. Ein Traum.

Im vergangenen Jahr begleitete mich Steve zum ersten Mal aufs Mittelmeer. Er war noch nie im Mittelmeer gesegelt. Er kannte Italien nicht. Aber er machte mich rebellisch mit seinem Vorschlag für ein Abendmenü auf LEVJE: Steve schlug vor, Risotto zu kochen. Risotto mit Steinpilzen. Und grünem Spargel.

Häääh? Es war Juli. Kein Monat für grünen Spargel noch für Steinpilze.

Ich war skeptisch. Meine Meinung wurde nicht besser, als mich Steve quer durch Ancona hetzte auf der Suche nach blöden Steinpilzen. Ich hielt ihm die Packung hin. Dann jene. Er schüttelte entschieden den Kopf. Er quälte mich auf der Suche nach den richtigen Zutaten. Ich zog die Sache in die Länge. Können Amerikaner kochen?

Es dauerte bis Pescara, wo wir die Nacht nicht im Hafen, sondern als einziges Schiff hinter der Diga, der Mole ankerten. Steve verschwand unten in LEVJE’s Kombüse. Ich schaute oben in den Sonnenuntergang, in die Berge. Steve rumorte unten. Ich übte oben Knoten. Steve klapperte unten mit  tausenderlei Töpfen. Ich kuckte in den aufziehenden Sternhimmel. Steve stand unter Deck im Küchendampf. LEVJE’s Salon sah aus, als wäre eine Bombe explodiert. Bis aufs Vorschiff hatte Steve die wehrlose LEVJE in seine Aktion „Risotto mit Steinpilzen und grünem Spargel“ einbezogen. Una bomba! In medio della piazza!


Diesmal zelebriert Steve sein Risotto mit Pilzen zusätzlich mit einem in der Pfanne gebratenen Stück Weißfisch. 

Steve’s Risotto war ein Gedicht. Ein Feuerwerk an feinem Pilzgeschmack, zarter Anmutung an aufgegossenen Wein, leichtem Geschmack von schmelzendem Provolone und Grana, verkochendem Stangensellerie, Möhren, Knoblauch. Es war der Hammer. Es war unbeschreiblich. Steve hatte das ultimative Risotto geschaffen.

Bedächtig nahm ich Teller um Teller. Der Sternhimmel kreiste über uns. Die Weinflasche zwischen uns. Der zarte Wind und die Lichter der Stadt vom Ufer. Immer wieder turnte ich nach unten, Gabel um Gabel, Steve’s Risotto willenlos ausgeliefert.

Und weil es schon so ist, wie der gelegentlich wunderbare Johannes Mario Simmel in seinem noch wunderbareren Erstling ES MUSS NICHT IMMER KAVIAR schrieb: Konnte uns nach diesem Risotto nur wenig etwas anhaben. Selbst die italienische GUARDIA DI FINANZIA nicht, die nachts um drei mit einem Aufgebot starker Scheinwerfer erschien, um grell auszuleuchten, wer da ankerte, wo er nicht sollte.

Ich habe sie verscheucht. Mit einer lässigen Handbewegung. Wie eine Fliege von einem Teller mit wunderbarem Risotto.

Das Rezept für Steve’s Risotto:

RISOTTO MIT STEINPILZEN

2 Zwiebeln glasig in Butterschmalz anbraten (Der Dreh: aber gaaaanz langsam. Bis sie Golden sind)
Dann drei Sardellen zugeben. Mit schmelzen lassen.
Staudensellerie, Karotten, Knoblauch zugeben.
Risotto drauf, mit ziehen lassen.

Weisswein aufgiessen: es muss heiß sein, umrühren, bis der Weisswein verdampft.

Gemüsebrühe und Pilze;
Pilzwasser dazu
150 gr. getrocknete Steinpilze

abschmecken
zum Schluß: 150 gr. Parmesan mit etwas Provolone dazureiben. (Der Dreh: Da muss ein Berg Käse drunter, zum Schluß.)
 
… und was mir Steve erst gestern verraten hat, als wir wieder mal über seinem Risotto saßen und ich juchzte: Er gießt ganz zum Schluß noch mal leicht mit Wein auf.
 
Dieser durchtriebene Ami.
 
 
 
 

 

Neulich im Götakanal

Und hier ein weiterer Zusammenschnitt von Videoszenen, die dieses Mal während meines Törns 2014 durch den Göta- und Trollhättenkanal entstanden sind. Die gesamte Strecke ist dabei einhand zu befahren. Im Götakanal benötigt man aber auf jeden Fall beim Aufwärtsschleusen eine Hand an Land. Diese Aufgabe hatte bei mir auf Nachfrage der Schleusenwärter übernommen. Insofern bietet sich die sogenannte Konvoizeit für Einhandsegler an, denn ein Schleusenwärter fährt den ganzen Tag neben dem Konvoi her und bedient die Schleusen. Man sollte sich dann noch mit den anderen Booten darauf einigen immer als letztes Boot in die jeweilige Schleuse zu fahren, denn nur dann hat man die Zeit und Ruhe, die man zum An- und Ablegen benötigt. Auf jeden Fall werden die Tage als Alleinesegler lang, denn weder in den Schleusen noch in den Kanalstücken kann man die Pinne auch nur kurz dem Autopiloten anvertrauen.

Ein Sommer in 4 Bildern.

Ein halbes Jahr unterwegs ist ja eine lange Zeit. Ergo ist nicht immer nur eitel Sonnenschein sondern man ist sämtlichen Irrungen und Wirrungen des Wetters ausgesetzt. Irgendwie lebt man ja so halb draußen. Mir ist auch aufgefallen, dass ich Wetter, Wolken, Wetterumschwünge seit der Rückkehr viel bewusster wahrnehme.

Was ich aber eigentlich loswerden wollte: Ich habe neulich 4 originale Beispielbilder gefunden, die das Ganze ganz witzig darstellen:

 

Brunsbüttel - 28. März
Öregrund, Schweden - 23. Juli
Götakanal, Schweden - 17. August
Dänemark - 24. September

 

 

Die einsamsten Plätze meines Segelsommers in den Schären (Teil 2)

Im zweiten Teil meiner Highlights des langen Törns durch die Schären geht es dieses Mal um Schweden und wieder um Plätze, die besonders abgeschieden lagen und daher die gesuchte Einsamkeit boten. Dem einen mögen diese wieder bereits bekannt sein, dem anderen als Anregung für eigene Abenteuer dienen. Heute geht es wieder um drei versteckte Liegeplätzen einem reizvollen Routenvorschlag..

1. Själevik 57° 11,97N 016° 28,07E


Diese Ankerbucht liegt zwischen Kalmar und Oskarshamn. Die Einfahrt ist ein wenig knifflig und sollte daher langsam und vorsichtig gefahren werden, da es einige (in der Karte markierte) Unterwasserfelsen gibt. Auch entsprach der Wasserstand in der Bucht nicht dem in der Karte, sondern lag deutlich darunter. Die eigentlich optimal liegenden Felsliegeplätze am Ende der Bucht waren mit meinen 1,60m Tiefgang so nicht mehr zu erreichen. Am einfachsten ist es daher gleich vor Anker (Achtung Unterwasserkabel!!) zu gehen, und nicht zu tief in die Bucht einzufahren. Ich lag am Ende vor Heckanker und mit dem Dinghi ausgebrachten Landleinen, da ich einfach nicht dicht genug an das Ufer kam. Dafür aber ganz alleine an diesem einmaligen Platz, der sich für eine Erforschung mit dem Schlauchboot nur so anbietet. Auch gab es viele gut vorbereitete Feuerstellen und rundum Windschutz. 


2. Pataholm 56°54,7N 016° 26,5E


Ein sehr schöner Übernachtungsplatz im Kalmarsund liegt bei Pataholm. Man muss zwar ein Stück weit das Hauptfahrwasser verlassen und einem betonnten Nebenfahrwasser folgen. Dafür erhält man aber einen sehr sicheren und gut geschützten Liegeplatz an einem stabilen Steg ohne Strom und Sanitäranlagen. Ich lag hier Mitte Juni ganz alleine, erst spät abends legte sich noch ein schwedischer Segler neben mich an den Steg. Es führt ein sehr schöner Weg bis nach Pataholm, einer Art Museumsdorf. Man liegt hier längsseits oder vor Heckboje. Einfach dem betonnten Fahrwasser bis zum Steg folgen.


3. Grisselholmen 59° 22,0N 018° 49,0E



Dieser Platz liegt mitten in den Schären vor Stockholm, umso überraschter war ich das er relativ leer war. Er taucht in den gängigen Schärenführern nicht auf. Ich bin über eine schwedische App auf ihn aufmerksam geworden und so waren wir dann auch das einzige deutsche Boot in dieser romantischen Bucht. In den Felsen befinden sich bereits Schärennägel, so das man sich an ihnen gut orientieren kann bei der Liegeplatzsuche. Nach vorsichtigem Umrunden der kleinen Insel auf der Ostseite der Bucht hält man einfach vorsichtig auf die Felsen zu. Der Untergrund hält sehr gut und die Bucht ist rundum geschützt. Auch auf dieser Insel kann man sich wieder sehr gut die Beine vertreten, auf den Felsen sitzen, grillen und träumen. Anfang August lagen wir hier abends mit nur drei anderen Booten. Prädikat: Sehr empfehlenswert!


4. Fläskösund – Route durch die Schären

Und auch hier zum Abschluss wieder eine sehr enge Route durch die Schären. Sie sah beinahe aus wie eine Slalomstrecke auf der Skipiste, so eng standen die roten und grünen Stangen. Ich habe mich bei einer geschätzten Windstärke von Bft. 4-5 aus Süd, die hier wie üblich dem Fahrwasser folgt, einfach ohne Segel hindurchschieben lassen. Aber selbst dann musste ich teilweise mit Maschine zurück etwas Fahrt aus dem Boot nehmen um nicht zu schnell durch die enge Rinne zu fahren. Später auf der Reise wurde ich etwas ruhiger, dieses enge Fahrwasser ganz am Anfang meiner Tour empfand ich aber noch als sehr aufregend. Am Ende dieser zurecht Flaschenhals genannten Route biegt man übrigens in die oben erwähnte Själevik ab. Der ganze Tourabschnitt durch die Schären mit der engen Durchfahrt als Höhepunkt ist mir als sehr empfehlenswert im Gedächtnis geblieben.


Neulich auf dem Weg nach Schweden

Ein Zusammenschnitt von Videoszenen die während meiner Törns 2014 von Warnemünde nach Südschweden entstanden sind. Unterlegt von meinem Song „Ich geh segeln“. Enjoy! Und freut euch auf die bald beginnende Saison!

Unter Segeln: Wie ist es eigentlich und was kostet es, den Winteraufdem Boot zu verbringen?

Vor vielen Jahren schrieb ich über eine Silvesternacht im Hafen von Piran:

„Als ich im Hafen stand gestern Nacht,
kalt, auf der Pier vor den vertäuten Segelbooten,
das warme Licht darin,
war es nicht etwa so, dass ich mir dachte:
„Wie schrecklich!“ Sondern:
„Wie schön müßte das sein, im Winter hier segelnd unterwegs zu sein!
Abends in kleinen Häfen zu liegen.
Mich auf eine heiße Suppe und Licht zu freuen.
Ich habe diese Segler beneidet. Das täte ich gerne.“

Tatsächlich besitzt es großen Reiz, im Winter auf dem Meer zu sein. Tagsüber ein bisschen Sonne zu spüren. Nachts auf dem gemütlichen Boot.

Aber wie ist das nun wirklich, mit Kälte, mit Licht, mit warmen Essen?
Jedes Jahr überwintern im südtürkischen Finike an die 20, 30 Segler. Engländer. Schweden. Franzosen. Kanadier. Deutsche. Ein buntes Häufchen. Meistens Pärchen. Leben den Winter über auf ihren Booten. Sitzen tagsüber in der Sonne lesend in der Plicht. Sind unterwegs mit Fahrrad, um im Ort etwas zu besorgen. Treffen sich zum gemeinsamen Barbecue am Sonntag im PORTHOLE, einem Raum, eher ein Zelt, das die Marina-Leitung für die Segler aufgestellt hat.

Wie ist das wirklich, der Winter auf dem Meer? Hier ein Bericht über das Überwintern auf dem Meer im südtürkischen Finike.

1. Wetter, Wärme, Wind und Wellen.
Antalya, von dem Finike etwa 70 Seemeilen entfernt ist, ist Synonym für Sonne & Wärme. Erstaunliche Erfahrung ist: Soooo anders als im weit nördlicher gelegenen slowenischen Piran oder auf Mallorca ist das mit Sonne & Wärme in Antalya nicht. Für alle drei genannten Orte gilt:

Scheint die Sonne im Januar oder Februar tagsüber, hat es schnell 12 oder gar 15 Grad erreichen. T-Shirt-Wetter. Wenn der Wind nicht bläst. Bläst er, ists oft ganz schnell vorbei. Oder wenn die Sonne den Zenit überschritt. In Izola pflegten meine slowenischen Bootsnachbarn, fast Dauerlieger, im Februar kurz vor 16 Uhr mit Blick auf die Sonne zu sagen: „Noch zehn Minuten. Dann wirds kalt.“ Und so ist es: Gleich ob in Antalya, Mallorca oder Izola: der Wechsel von „T-Shirt auf kalt“: er vollzieht sich in Minuten.

Der schnelle Wechsel: Das gilt auch für den Wind in der Südtürkei. Eben noch preisen Martine & Michel, meine kanadischen Bootsnachbarn, den Tag ob des warmen Sonnenscheins als „journee extraordinaire“, als es keine Minute später eiskalt aus Südwest mit 6bft. pfeift. Und man sich lieber wieder ins warme Bootsinnere verholt und auch gleich das Steckschott einsetzt. Alles ist nur Vorspiel für einen noch kälteren dreitägigen Nord, der selbst in den Hafen Schneeflocken weht und Schauer körnigen Eises treibt.

Leben mit schnellen Wechseln. Und diesen schnellen Wechsel sind auch die Wetterberichte nur bedingt gewachsen. Die Wettervorhersagen von Internet-Seiten, so detailliert sie sich geben, sind oft Makulatur. Erfahrungen und wie es übers Wetter aussieht: tauschen die Segler jeden Morgen um 9 Uhr über den Funk aus.

Hinzu kommen in der Türkei von Januar bis März längere Regenperioden. Zwei, drei, vier Tage mit prasselndem Regen, den der Südwind bringt. Der ist zwar wärmer, erreicht aber ganz gerne auch Sturmstärke. Das Video von Martine & Michel zeigt, wie das Leben des Seglers auf dem Boot auch mal sorgenvoll wird.

Leben im Winter auf dem Boot: Noch mehr als im Sommer ist die Lebenskunst gefragt, anzunehmen, was kommt. Und das Beste daraus zu machen.

2. Der sichere Hafen.
 

 

Hafen. Das ist etwas, was der Segler mit Sicherheit verbindet. Gleichgültig, ob beim „Hardstand“ an Land oder beim Liegeplatz im Wasser: Es lohnt sich, vor dem Platz zum Überwintern den Ort seiner Überwinterung etwas genauer anzusehen: 

Wie geschützt ist der Hafen bei jeder Windrichtung?
Wie sehr ist die Marinaleitung auf Zack:
• Wie gut ist die Security?
• Sind die Marineros bei Sturm auf der Pier unterwegs? Schauen Sie bei Sturm nach den Festmachern? Belegen sie auch doppelt? Fassen Sie überhaupt Festmacher an?

Nicht in jeder Marina ist das selbstverständlich. Manche Hafenkapitäne lehnen es auch ab, Hand an die Boote zu legen. Weil mancher im Schadensfall ein „Na-Ihr-habt-doch-das-Schiff-zuletzt-vertäut…“ fürchtet.

Danach die Facilities in der Marina: Saubere Wasch- und Toiletten-Anlagen? Warmwasser im Winter? Wo kann man Wäsche waschen? Gepriesen sei in Finike das örtliche Hamam im Winter. Herrliche Stunden in wärmenden Dampfschwaden nach einem kalten Tag an Deck. Geschrubbt von oben bis unten von Hassan, dem Badeknecht.

Auch die Infrastruktur am Ort ist wichtig, fürs Überwintern. Während im sommerlich überlaufenen Mallorca im Winter die Bürgersteige hochgeklappt werden, die Infrastruktur in Häfen wie Alcudia, Pollensa oder Sollér mangels Touristen fast gänzlich eingestellt werden, funktionieren Orte wie Marmaris oder auch das kleine Finike unbeeindruckt weiter. Busse gehen. Restaurants sind geöffnet. Läden ausnahmslos auch. Orte, die funktionieren, weil sie nicht ausschließlich auf Tourismus ausgerichtet sind.

3. Die Kosten.
Für LEVJE’s 31-Fuß kostet der Halbjahres-Winterliegeplatz etwa 1.300 Euro, pro Monat also etwas mehr als 200 Euro. Mit einrechnen muss man aber das Frühjahrsende: Das Kranen (in Finike mit etwa 370 Euro) sowie die „Anschlußzeiten“ nach Auslaufen des Halbjahresvertrages: 14 Tage werden hier dann zum Tages-Liegepreis abgerechnet: noch einmal 350 Euro.

Die Lebenshaltungskosten sind in einer Kleinstadt wie Finike deutlich günstiger als in der 1,6 Millionen-Metropole Antalya. Gehobenes Abendessen mit frischem Fisch, Wein, Dessert zwischen 15 und 25 Euro. Einkauf im Supermarkt oder auf dem Markt: ebenfalls vergleichsweise günstiger.

Kosten für Mobilität: ein kleiner Leihwagen in Finike kostet pro Tag 50 € bis 60 €. Wer sich im Internet umschaut, bekommt am Flugplatz von Antalya fürs selbe Geld denselben Leihwagen: für eine ganze Woche.

Fazit: Derart Reisen ist – je nach Vorlieben – für deutlich unter 1.000 Euro im Monat zu haben.
Neue „Spielsachen“ wie Bootszubehör aus’m Internet nicht eingerechnet.

 
4.Das Leben im Winter.


Und wie ist es nun, das Leben im Winter auf dem Boot? Mit Kälte, mit Licht, mit warmem Essen?

Tatsache ist: das Leben ist schön trotz mancher Unbill für den, der das Leben auf dem Boot liebt. Und der über tagelanges Geschaukel unter Deck im graukalten Schlechtwetter hinwegsehen kann.


Tagsüber: die Sonne. Das in der Sonne sitzen und sich freuen an den schneebedeckten Bergen im Hintergrund, an den Farben des türkisblauen Meers. Am satten Grün der Wiesen, wenn man durch vergessene antike Stätten wie das Myra des heiligen Nikolaus oder Limyra streunt.

Überhaupt: wem Entdecken und Reisen außerhalb der Saison eine Freude ist, dem ist dieses Leben trotz mancher Entbehrung ein Genuß. Kaum jemand ist unterwegs, egal ob Strand, Museum oder antike Bauwerke: Man genießt den Reiz nicht überlaufener Orte, bewegt sich mit und unter denen, die an diesen Orten leben. In der Antike: Bin ich ganz allein.

Und Abends, wenn es kalt wird, die Steckschotten zugemacht.

Petroleumlampe angezündet.
Linguine a lo scoglio gekocht mit dem, was es heute bei einem der drei Fischhändler auf dem Markt zu kaufen gab. Und hinterher auf dem warmen Boot lesen und Schreiben.
Noch mal kurz raus ins Cockpit, mit einem Bier, einem Whisky in der Hand in den unglaublichen Sternenhimmel schauen.
Und beim Einschlafen den Wellen lauschen, im kalten Wind an der Bordwand glucksen.

Hat schon was.

Die multimediale Segelreise "Segeln in den Schären" am 20.2.2015 in Hamburg


Im Zuge des Benefizkonzertes für die Kinderbrücke Hamburg am 20.2.2015 werde ich eine 45 minütige Kurzversion meiner Multimediashow mit Live Band präsentieren. Der Eintritt ist frei und es gibt viele abwechslungsreiche musikalische Highlights an diesem Abend. Dazu gibt es leckeres Chili und Guinness vom Fass. Und alles für einen guten Zweck. Ich freu mich auf euch!!

Die einsamsten Plätze meines Segelsommers in den Schären (Teil 1)

Auch wenn die neue Segelsaison langsam näherrückt, bleibt einem zur Zeit doch nur das Träumen. Und interessanterweise kommen gerade jetzt in Nacht- und Tagträumen viele Erinnerungen an den letzten Sommer zurück. Es scheint als würde nun auch mein Unterbewusstsein nach Aufbruch, sonnigen und vor allem einsamen Buchten schreien. Denn gerade diese Einsamkeit habe ich als Alleinsegler gesucht, obwohl ja manche vermuten könnten, das man eher auf der Suche nach Gesellschaft wäre. Doch andere Einhandsegler werden mich verstehen. Diese in mir keimende Sehnsucht scheint mir heute gerade gut geeignet um ein paar Highlights meines langen Ostseetörns durch die Schären hier genauer vorzustellen. Dem einen mögen diese bereits bekannt sein, dem anderen als Anregung für eigene Abenteuer dienen. Beginnen möchte ich mit drei versteckten Liegeplätzen auf den Aland Inseln sowie einem reizvollen Routenvorschlag.

1. Björkör 59° 56,27N 20°13,33E

An diesem wunderschönen Ort, der mehr Insel als Schäre ist, lag ich mitten im Juli mutterseelenallein. Zum einen liegt die Insel etwas abseits der üblichen Routen und am Rande des Archipels. Viele haben hier schon einen Nordostkurs eingeschlagen und lassen die Insel steuerbords liegen. Zum anderen ist die Anfahrt etwas knifflig und gerade vor dem Steg wird es schnell sehr flach. Der Platz an dem ich dort lag erwies sich dann vor Ort auch als der einzig Mögliche für meinen Tiefgang von 1,60 Metern.  Bei stärkeren südlichen Winden sollte man dort jedoch besser nicht liegen. Man steuert den Platz von Westen kommend an, indem man nördlich an der Insel vorbeiläuft und mit reichlich Abstand (nicht zu früh eindrehen!) das Nord-Ostkap rundet um dann mit Südkurs zwischen Björkör und Östergrundet hindurchzufahren.

Dann wieder mit gutem Abstand zum Ufer (ausgedehntes Flach) westwärts mit einem Zielpunkt wenige Meter vor dem Steg laufen. Langsam fahren und immer das Echolot im Auge behalten. Hier dann das Boot parallel zum Steg ausrichten und vorsichtig VORWÄRTS an den Steg gehen. Der Untergrund ist schlammig. 

Es ist mir nicht gelungen zwischen die Stege zu kommen, auch wenn mir dieses ein Motobootfahrer so signalisierte. Echolot und Kiel hielten aber dagegen. Es gibt wie zu erwarten keinen Strom oder sonstige Einrichtungen, aber einen guten Grillplatz und jede Menge Platz auf der Insel. Es gibt ein paar angelegte Pfade, einen Aussichtsturm kurz gesagt: Es war der perfekte Ort für eine laue Sommernacht. Aufgrund der Bedingungen wird die Insel wohl überwiegend von Motorbooten angelaufen, die dann abends verschwunden sind. Auch wenn ich mir andere Ankerbuchten häufig auch nur mit sehr wenigen Nachbarn teilen musste, ist es definitiv noch eine andere Erfahrung einmal wirklich ganz und gar alleine auf so einer großen Insel zu sein.

2. Stegskär 60° 07,6N 19° 57,39E

Mein Favorit in der Kategorie größere Schäre liegt nicht ganz so abseits der Routen und im Laufe des Tages kommen und gehen stets einige Boote. Auch hier verschwinden die Motorboote gegen abend, während die Segler bleiben. Die einzelnen Festmachplätze sind alle recht unzugänglich, so das man „seinen“ Schärenplatz dann auch für sich hat. Die Insel ist recht unzugänglich, aber mit etwas Geduld kann man sich seine Wege durch den Bewuchs suchen. Die Südseite bietet eine sehr schön felsige Kulisse mit guten Bademöglichkeiten und einem ganz einmaligen Ausblick auf die Weiten der Ostsee. Die Einfahrt in die Ankerbucht erfolgt von West indem man sich mittig zwischen den Felsen hält. Es gibt verschiedene Möglichkeiten an die Schäre zu gehen. 

Der beste Platz ist der Östlichste. Man beachte immer, das je steiler die Schäre abfällt man umso dichter  heranfahren kann. Denn flachen Stücke gehen auch unter Wasser meistens so weiter und eignen sich daher nicht. Der Ankergrund hält gut. Man kann in der Bucht auch ankern, wenn man sich den Festmachstress ersparen will. Andererseits bietet die Insel so viele einmalige Aussichten und Felsformationen, das man dann zumindestens das Dinghi bemühen sollte.


  
Stegskär eignet sich ganz hervorragend als Absprung- bzw. Ankunftshafen aus Richtung der Stockholmer Schären (z.B.: Arholma), da es am Rande der Schären liegt und man direkt Kurs auf Schweden anlegen kann.  

3. Enskär 60° 12,71N 19° 19,03E

Ein ehemaliger Stützpunkt der Armee, der erst kürzlich für Besucher freigegeben wurde. Ebenfalls am Rande der Alandinseln (diesmal westlich) gelegen, eignet er sich als Ankunftshafen aus Richtung Grisslehamn. Diese Route ist der kürzeste Weg in Richtung Schweden. Die Insel ist sehr kahl und besteht überwiegend aus nackten Felsen, ist auf ihre Art aber auch sehr reizvoll. Es gibt eine Steganlage auf der noch Anlegeverbotsschilder hängen, diese scheinen aber nach Auskunft der Finnen vor Ort nicht mehr gültig zu sein. Jedenfalls lagen hier alle fest und hat sich auch niemand darüber beschwert. Strom, Wasser oder Sanitärgebäude gibt es hier natürlich auch nicht. Dafür liegt man aber ganz hervorragend geschützt innerhalb der Steganlage auch bei stärkeren südlichen Winden. Einfach in die Bucht einfahren, die Tonnen beachten und dann Kurs Stegkopf. Wenn man den Stegkopf eng umrundet ist es dahinter auch tief genug für die meisten Boote. 

Ich lag hier mit einigen wenigen anderen Seglern und es wurde ein sehr gemütlicher Abend rund um Steg und mit den aufgebauten Grills davor. Enskär liegt ebenfalls noch gut ausserhalb des Archipels und hat sich daher seinen Einsamkeitsfaktor gut bewahrt.   

4. Route – Von Ost nach West: Einfahrt 60° 04,7N 20° 45,2E  Ausfahrt 60° 4,7N 20° 39,6E

Diesen drei Plätzen möchte ich noch eine südlich von Sottunga etwas versteckte Route hinzufügen. Sie ist mit 1,80m Tiefe angegeben. Ich kam mit meinen 1,60m dort problemlos vor dem Wind segelnd durch. Diesen Streckenabschnitt und dessen betonnte Fortsetzung (nach Ausfahrt einfach genau westlich halten) in Richtung Degerby kann ich jedem Alandsegler nur ans Herz legen! Das ist Schärensegeln vom Allerfeinsten!!

Der Segler im Winter: Die Sorge um das Boot. Oder: Der Winter in Bayern. Und in Finike.

Auch wenn der Winter an den bayrischen Osterseen ein Traumwinter ist: Er ist es nicht überall.

So schön der Winter in unseren Breiten auch immer sein mag – und dieses Jahr ist er besonders schön. Mit viel Schnee. Und viel „kalt“: der Gedanke ans Boot verlässt mich nie. Er äußert sich in vielerlei Formen, wenn ich zuhause bin:

Ein „Ich-schau-mal-schnell-im-Internet: ob’s-in-Finike-gerade-bläst?“.

Ein „Ob-sie-überhaupt-noch-da-liegt-wo-ich-sie-vertäut-hab‘?“ vor dem Einschlafen.

Ein „hätt‘-ich-doch-bloß-LEVJE’s-Tank…“, während ich in GEWITTERSEGELN Conny’s Geschichte über einen Motor lese, der ausgerechnet im Gewitter wegen Dieselpest den Geist aufgab.

Zuguterletzt: „Und-was-ist-wenn-ich-ankomme-und-im-Niedergang-steht-knietief-Wasser?“

Fragen über Fragen. Sorgen. Sorgen ums Boot.

Vielleicht hat es damit zu tun, dass LEVJE – wie all die Jahre zurvor auch – im Wasser liegt. Dass ich des Seglers herbstliche Frage „Drinnen oder Draussen?“ nach langem Ringen auch dieses Jahr wieder mit „Drinnen“, nämlich im Wasser überwintern, beantwortete. Denn: Es ist auch nach Jahren immer noch ein Genuss, im leichten Schaukeln einzuschlafen. In LEVJE’s warmen Licht im Winter in zwei, drei warme Decken gehüllt einen Krimi im Glucksen an die Bordwand zu lesen. In der Dunkelheit nochmal kurz in den kalten Nordwind raus, ein Glas Whisky in der Hand und nach den Sternen schauen, bis Kälte mich schüttelt. Der Geruch des Meeres im Winter, wie mag er wohl sein?

Unvergleichliche Momente. Mit nichts aufzuwiegen. Und doch bleibt die Sorge ums Schiff, wenn ich mal nicht da bin.
 


Die Hafenmole von Finike: im Unwetter vor wenigen Wochen…
 
Wie berechtigt solche Sorgen sind, zeigt das Video meiner kanadischen Bootsnachbarn Martine & Michel von der LA FORET D’EAU. Vor wenigen Wochen, am 13. Januar blies es im eigentlich sicheren Hafen von Finike so, dass die hohe Hafenmole von den Brechern einfach überspült wurde. Was man in Martine & Michel’s Video sehr gut sehen kann, ist auch, wie LEVJE, wie die anderen Boote im Hafen „tanzen“. Und Grundseen die Einfahrt in den Hafen unpassierbar machen. 
Auch die fast 60 Knoten, die vergangenen Dienstag über die Kykladeninseln Amorgos und Levitha hinweggingen: sie sind kein Spaß. Ich weiß nicht, ob ich weniger Sorgen hätte, wäre LEVJE bei diesen Verhältnissen am Land aufgepallt. Am Ende hilft einfach nur zu wissen: dass die türkischen Marineros von Finike einfach hervorragend sind: Und bei diesem Wetter dauernd draußen sind, jedes Boot zusätzlich doppelt sichern, mit Festmachern und Leinen. Es ist nicht selbstverständlich. Es könnte ihnen auch egal sein, was mit den ihnen anvertrauten Booten geschieht. Ist es aber nicht.
 


… und die Hafenmole bei schönem Wetter.

Von ihren Mühen im Sturm erfährt man oft erst hinterher. Wenn man wieder ankommt im Hafen, beim Boot. Wenn Nachbarn erzählen, wie es war, die letzten Wochen am Boot. Und während der BOOT in Düsseldorf.

Es ist schön, alles im Dunkel wieder so vorzufinden, wie ich es zurückließ. Als wäre nichts gewesen. Das Boot in der Dunkelheit mit einer Hand heranholen an die Pier, damit ich übersteigen kann mit dem Seesack auf den Rücken. Das „Klonk-Klonk“ auf einem Nachbarboot. Das „Ding-Ding-Ding-Ding“ auf einem anderen. Das Schiebeluk, das in der Kälte mal wieder klemmt. Der Moment, in dem ich in LEVJE’s Dunkel den Hauptschalter ertastete, den „roten Knochen“ drehe: und plötzlich ist alles im Boot in warmes Licht gehüllt. Der erste Blick in die Bilge. Der zweite auf die Batterie-Anzeige.

Alles ok.
Auf LEVJE im Wasser.

 

 

TERMIN: Vortrag in Kappeln – Samstag, 21.02.15 – 19:30 Uhr

Ich würde euch gerne zu meinem öffentlichen Vortrag am Samstag, 21. Februar, 19:30, im ASC Restaurant “Landgang” in Kappeln an der Schlei einladen!

Ankunft in Heimatgewässern.

Moin Moin!

Mittlerweile bin ich dazu gekommen, die Bilder und Videos des letzten Jahres zu sichten. Allein die Fotos haben sich am Ende auf über 15.000 summiert. Nun möchte ich auch gerne zu einem großen öffentlichen Vortrag im Clubrestaurant meines Kappelner Segelvereins, des ASC, einladen. Stattfinden wird das Ganze am nächsten Samstag, 21. Februar um 19:30 Uhr im ASC Restaurant “Landgang” in Kappeln an der Schlei. Der EINTRITT ist natürlich FREI

LINK zum ASC

Wie kommt ein 24 Jähriger auf die Idee ein halbes Jahr auf einem alten Segelboot zu verbringen? Und wie wird aus dem Plan sich ein halbes Jahr treiben zu lassen  eine Reise, die die Ostsee in all ihren Dimensionen einschließt? Und wie verändert man sich auf so einer Reise? All diesen Fragen werde ich an diesem Abend nachgehen, Verbunden mit den vielen einzigartigen Geschichten aus einem halben Jahr auf See in Europas Osten, kann ich auch also einen interesanten Abend versprechen.

Euch wird ein kurzweiliger Abend mit vielen Bildern, witzigen Geschichten, persönlichen Emotionen, zahlreichen Anekdoten, und vielleicht auch ein paar Anregungen für die eigene große Reise geben. Wem meine Geschichten auf der Website gefallen haben, der wird den Besuch sicherlich nicht bereuen! ich verspreche euch auf jeden Fall einen sehr persönlichen und dafür eher seltenen Einblick. Ein halbes Jahr mit (fast) jedem Tag einem neuen Hafen ist eine lange Zeit, und so dauert der Vortrag  ohne Pausen ca. 2 Std. Die Anreise wird sich also auch aus dem weiteren Umfeld lohnen! ;-)

Ich freue mich auf euch und einen lustigen Abend!

 

One Week After

Ich bin wieder auf Sendung! Eine lange Zeit gab es von mir nichts zu hören. Nach meiner Ankunft in Kappeln war das Schiff noch mehr als einen Monat im Wasser. Stoff für weitere Geschichten gab es also mehr als genug. Doch als die “Nonsuch” am 14. November aber ihren Jahresurlaub angetreten hat, fühlte ich mich ein wenig komisch. Klar – das hatte sicherlich auch mit dem Wiedereinleben zutun, aber irgendwie brauchte ich auch ein wenig Abstand zum Boot und damit auch zur Homepage. Erst in den Weihnachtstagen habe ich “Nonsuch” wieder besucht. Eine halbe Ewigkeit, wenn man normalerweise selbst im Winterlager sein Boot bei jedem Cuxhaven Besuch bei den Eltern mindestens einmal streichelt…

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Mittlerweile ist die Saure-Gurken-Zeit aber wieder voll angebrochen. Trotz Kühlschranktemperaturen wird das Boot bei jeder Gelegenheit wieder betascht, mit in die Hüften gestemmten Armen begutachtet und ich liefer euch die offenen Geschichten nach. In der fiesen Zeit zwischen Ende Januar und dem Krantermin könnt ihr damit vielleicht sowieso mehr anfangen. ;-)

Wenn die Ankunft in Kappeln sich schon komisch anfühlte, war es das Einleben, besonders in der ersten Woche, ganz besonders. Auch wenn sie eher von den kleinen Problemen und Erlebnissen im Alltag als von großen philosophischen Erkenntnissen über die Heimkehr geprägt war. Ich hatte mir ein Auto organisiert um meinen Hausstand vom Schiff räumen zu können. Problem an der Sache war nur, dass ich Geschwindigkeiten über sagen wir mal 7kn, also 14km/h, nicht mehr gewohnt war. Vielleicht mal im Stadtbus kurzzeitig. Aber 100? Auf der Landstrasse?? Ich weiss ja nicht wer von euch schon mal ein halbes Jahr lang freiwillig kein Auto gefahren ist, aber ich habe mich die ersten 100km gefühlt wie ein Mischung aus panischer 18 jährigen Führerscheinnovizin und dem typisch deutschen Mittelspur-Rentner. ;-)

Da ich meine Wohnung während des Sommers nicht im Zugriff hatte, habe ich mich die ersten paar Tage im Hotel Mama einquartiert. Und selbst für jemanden der aus Studentenzeiten die Vollverpflegung bei der Heimkehr ins Elternhaus kennt, war der Empfang überraschend. Die letzten Monate waren meine Essensgewohnheiten ja auf die Möglichkeiten an Bord ausgerichtet. Morgens also schnell ein paar Scheiben Brot reingeholzt, über den Tag unterwegs bevorzugt kleine Snacks, Süßkram, und wenn Wellnesswochen sind auch mal ´ne Banane. Abends dann schnell Nudeln gemacht und am Besten aus dem Topf gegessen. Natürlich um Abwasch zu vermeiden. Und jetzt wurde hier also ein komplettes Abendbrot mit allen Schikanen aufgetischt. Mit Wurst auf Tellern und frischem Brot. Ich habe ja nun wirklich unterwegs nicht schlecht gelebt, aber ein kleiner Kulturschock war das doch. Jeder Deutsche der schonmal eine längere Zeit im Ausland verbracht hat kennt dazu ja bestimmt die Geschichten über das ihnen fehlende deutsche Brot. Und auch vor diesem Erlebnis blieb ich nicht verschont. Eine wirklich gute Bäckerei in Skandinavien ist nämlich eher selten. Mein täglich Brot bestand also buchstäblich eher aus Aufbackbrötchen, Toast, und dem was der Supermarkt ansonsten mal so hergab. Das Frühstück im Hotel Mama war natürlich ein anderes Kaliber…

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Von den ersten Nächten in festen Räumen brauche ich eigentlich nicht viel erzählen. Nur so viel: Das völlige Fehlen von Geräuschen am Rumpf als auch dieser ganz kleinen, kaum wahrnehmbaren, Bewegungen kann einen wirklich in den Wahnsinn treiben. Die erste Nacht ist noch okay. Man freut sich über das gemütliche breite Bett. Aber danach gehts los. Was für eine Wohltat war es, am folgenden Wochenende erstmal in meine geliebte kalt-feuchte Koje mit dem leichten Kinderwagen-Schaukeln zu fliehen. ;-)

Und genau da sollte es so schnell wie möglich wieder hingehen.  Zurück ließ ich erstmal eine kleine weiße Schachtel auf dem Schreibtisch. Schon bei meiner Ankunft zuhause hatte ich sie registriert. Aber für den Moment interessierte sie mich überhaupt nicht……

Vorher stand aber noch der Umzug in die Großstadt an. Hamburg hatte mich also wieder. Und das war nun echt seltsam. Denn Wahrnehmung und Erlebtes fallen hier total auseinander. Ich habe mich überall quasi mit geistigem Tunnelblick bewegt. Mein Kopf befand sich irgendwo zwischen Segeln auf dem Vänernsee, Riggspannung, Ölwechsel, Windfahne einstellen und Hafenmeisterbüro. Und doch bewegte ich mich durch mein “Revier” als ob ich nie weg gewesen wäre. Keine Unsicherheiten in der Wegfindung, kein pseudo-kosmopolitisches “Wie sagt man nokmal in deutsch?” im Umgang mit Mitmenschen, kein Gefühl des Einlebens. Die Begrüßung meines besten Kumpels als ob ich einfach nur eben Brötchen holen war. Ich war einfach irgendwie wieder da. Und genau das machte mich irgendwo dann doch manchmal unsicher.

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Oft hört man Erzählungen von heimgekehrten Langfahrtseglern die berichten, dass ihnen bei der Ankunft der Lärm der Großstadt besonders negativ aufgefallen ist. Das kann ich aus meiner Sicht aber überhaupt nicht bestätigen. An Bord ist immer irgendwie Lärm. Und wenn es nicht der Diesel ist, dann eben die Wellen, der Verkehr am Hafen, oder die Natur. Natürlich hat man auch immer wieder diese komplett stillen Momente und Plätze, aber insgesamt ist immer irgendwie was los.
Etwas anderes ist mir aber sehr prägnant in Erinnerung geblieben. Und das ist der Geruch der Großstadt! Oder sollte ich fast sagen der Gestank? Eigentlich nicht verwunderlich wenn man 6 Monate quasi unter freiem Himmel gelebt hat. Trotzdem überraschend. Dass das Treppenhaus immer nach Kohlroulade riecht ist in HH ja fast Standard, aber egal ob im Supermarkt, in der Ubahn, auf der Strasse, in der Uni oder sogar zuhause. Die Stadt riecht. Mittlerweile fallen mir diese Gerüche wie jedem anderen Stadtbewohner nicht mehr auf, aber doch war es für jemanden der immer mindestens in ´ner Kleinstadt gewohnt hat mal was ganz neues. Wieder wollte ich lieber zu den Gerüchen von dieseligen Lappen, Fischkuttern und natürlich Salzwasser…

Viel zu Erleben gab es also in der ersten Woche “an Land”. Und pünktlich zum Wochenende stand der erste Törn nach der Ankunft mit Freunden an… Wie würde es wohl werden auf einmal wieder mit ein paar guten Freunden, 3 Booten und zahlreichen alkoholischen Kaltgetränken unterwegs zu sein. Meine Kontakte unterwegs beschänkten sich ja meist eher auf neue Bekanntschaften…Seit einigen Tagen führte ich ja nun wieder eine Fernbeziehung mit “Nonsuch”. Und genau so, als ob man seine Liebsten eine Woche lang nicht gesehen hat, fühlte es sich jetzt an am Steg anzukommen. ;-) Kurzes Beladen und zum Auslauf klar machen und schon ging es los. Nur leider n die falsche Richtung. Wir hatten uns mit allen Booten für Schleswig verabredet. Und das große weite Meer liegt ja nunmal eigentlich in der anderen Richtung.

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Das Gefühl der letzten Monate stellte sich aber schnell wieder ein. Jeder Handgriff sitzt mittlerweile. Hier bin ich zuhause. Aber mein mein bester Kumpel Pit dabei. Das heisst zum Einen, dass die Stereoanlage mal wieder Höchstleistungen erbringen muss, aber auch dass es das erste Mal seit langer Zeit ein Bier unterwegs gibt. Manch ich einhand sonst nicht. Und überhaupt, einen guten Freund, auch wenn der nicht viel mit anpackt, dabeizuhaben ist unglaublich geil. Etwas komplett Anderes. Und auch sonst war der Törn komplett anders. Die letzten Monate über standen Entdecken und irgendwo auch Seemannschaft im Vordergrund. Jetzt aber waren wir auf unserem Heimrevier unterwegs. Und der erste Männertörn nach langer Zeit wurde nicht gerade mit korrekter Seemannschaft und gutem Benehmen gefeiert. ;-)

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Nachdem der letzte aus unserer Truppe erst gegen Mitternacht im mittlerweile stockdunklen Schleswig ankam, wurde der Abend feuchtfröhlich mit vielen Geschichten aus 6 Monaten See- und Landleben. Es war für mich der erste Abend mit Freunden seit der Heimkehr. Der nächste Tag begann ausnahmsweise mal spät und es ging eigentlich nur 2 Häfen weiter ans andere Schleiufer nach Fleckeby. Nicht mehr Meilen und neue Ecken, sondern Geniessen stand auf dem Programm. Unterwegs wurden wir dann fast noch von ´nem Partydampfer übergemangelt. Ausnahmsweise haben wir uns nichtmal geärgert. Als der nämlich  kurze Zeit später in Schleswig festmachte, führte er seinen internen Funkverkehr über denselben Kanal wie unsere kleine “Flottille”. Und was die Kollegen dann beim Anlegen von sich gegeben haben, hätte nichtmal für ne Vorspring gereicht. Schon doof, wenn der Kapitän bei nem 40m Stahlkracher live beim Anlegen erstmal erklären muss was ne Vorspring ist… ;-)
Nichtmal der Regen konnte uns Abends was anhaben. Längsseits angelegt, Kuchenbude drauf, und den Grill auf den Betonsteg gestellt. So wird selbst beim Würstchen drehen nur der Arm nass. Wir tranken, aßen und lachten den ganzen Abend.  Und mir ging es sooo gut dabei. Das hat manchmal echt gefehlt. Für das Animationsprogramm hat übrigens wieder unser Partykollege gesorgt. Der tuckerte, vollgeladen mit Stimmungsvieh, in Sichtweite die Schlei rauf und runter und wickelte mittlerweile seinen gesamten Bordfunk inklusive Security und Barbetrieb über Seefunk ab Inklusive der Bitte das Schiff zu drehen, die Abgase würden auf die Tanzfläche ziehen. Königliches Entertainment. :-D

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Irgendwann stand ich dann draußen an Steg und schaute so auf die Schlei. Und dabei fiel mir dann auf wie schön es hier eigentlich ist. Letztes Jahr wollte ich immer so weit weg wie möglich. Einfach um Was zu entdecken. Nun kenn ich jeden Küstenstrich der Ostsee. Und wisst ihr was? Die Schlei gehört auf jeden Fall ganz vorne dazu. Vielleicht muss man wirklich einmal bis nach Russland und fast zum Polarkreis fahren, um das zu realisieren, aber jetzt ist die Erkenntnis auf jeden Fall da. Auf der Rückfahrt nach Kappeln geniesse ich die Schlei dann ganz besonders. Ganze 8 Stunden dauert der Rückweg nach Kappeln bei flauem Wind und bestem Spätsommerwetter.

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Ich geniesse die langsam vorbeiziehende Schlei und stelle zufrieden für mich fest, dass auch nach der ganzen Ostsee ein Wochenende im Heimatrevier nicht an Reiz verloren hat. Im Gegenteil sogar… Vielleicht die wichtigste Erkenntnis der letzten Woche!