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Bilderrätsel KW 32 – Wo ist es?

Die Valentijn ist das Typboot der gleichnamigen Klasse, die Baunummer 1. Da die ganze klasse nach und nach durch neue Boote erstezt wird, gehen die Schiffe in den wohlverdienten Ruhestand. Die Valentijns sind die Arbeitspferde der KNRM. Auf den großen Binnengewässern und bei den Stationen, die vom Trailer aus in die Brandung launchen. Die Seegängigkeit der Valentijnklasse ist legendär. Ebenso wie der Klang der beiden Volvodiesel. Die Nachfolger sind dagegen wahre Leisetreter. Gut für die Besatzungen. Valentijn steht beim Reddingmuseum in Den Helder. Das ist direkt neben dem Marinemuseum und ein echter Tipp! Allen die es wussten: Herzlichen Glückwunsch!

Das Rettungsmuseum in Den Helder ist einen Besuch wert. Dort steht auch die Valentijn

Wir machen mal eine Gewinnpause. Darum erhöhen wir den Schwierigkeitsgrad. Nun sind die echten Cracks, die Niederlandeexperten gefragt. Sind Sie so einer? Dann her mit der Lösung!

Übrigens: Sie lesen dies und denken: Oh, da könnte mein Unternehmen doch mal für eine Weile einen Preis spendieren? Etwas, das mit Wassersport und/oder den Niederlanden zu tun hat. Auch dann schreiben Sie an die obige Adresse. Danke!

 

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Vier Wochen allein in den Bergen (5). Am Morgen.


Jeden Morgen stehe ich früh auf. Jedenfalls: fast jeden Morgen. Ich wache auf, wenn die ersten fahlen Lichtstrahlen durch das kleine Fenster dringen und auf mein Matratzenlager fallen.

Ich stehe auf, ziehe mich an. Setze die Cafetiera mit dem Espresso auf den Gasherd, die nach einer Weile zu zischen und zu brodeln beginnt, ein kleines Dampfkraftwerk in meinem Leben, das ich nicht missen mag, hier nicht. Auf dem Boot nicht. Zuhause nicht. Es scheint jemanden zu geben hier auf der Hütte, der ähnlich denkt wie ich.

Ist alles fertig, trete ich nach draußen. Ich schaue hinüber auf die Zacken, aus Neugier. Niemals sind sie gleich, jede Minute anders, sie sind meine Fotomodelle, die ich immerzu fotografieren will wie ein besonderes Gesicht, das ich immer wieder sehen will.

Bin ich früh genug draußen, herrscht die perfekte Stille. Ich muss früh genug draußen sein, dann ist es selbst im Tal noch still. Was ich höre, während ich meinen Espresso schlurfe, sind die ersten Vögel. Raben und Krähen, die verschämt krächzen, als wären sie anders ihre Vettern in der großen Stadt noch auf der Suche nach Selbstvertrauen. Als würden die Berge sie Demut lehren genau wie mich. Ein Hausrotschwanz schmätzert schüchtern von irgendeinem Baum. Ein schüchternes „Huiiiiipp. Huiiiiiiipp“ kommt von einem Baum, als wäre damit alles gesagt, was an diesem Morgen zu sagen ist. Alles ist still, als wollten selbst die Tiere die Stille bewahren, solange kein Lärm vom Tal heraufdringt.


Irgendjemand hat hinter dem Haus einen Weg angelegt, der im Zickzack in den Wald hinaufführt und sich 30, 40 Meter weiter oben irgendwo verliert. Ich weiß nicht, wer es war. Doch es muss jemand gewesen sein, der wusste, dass die wenigen Schritte weiter oben sich eine ganz andere Aussicht bietet als von der Hütte. Ich sehe sogar den Schlern, den merkwürdig geformten Berg, auf dem die Hexen tanzen in der Walpurgisnacht. Oft gehe ich den Weg mittags, wenn ich mit dem Schreiben zufrieden bin, hinauf, sitze auf dem weichen Waldboden, schaue eine Weile in die Runde, und bedauere, dass ich nicht riechen kann wegen meiner schlechten Nase, was es hier alles zu riechen gäbe. Ich kann nur vermuten, wonach es gerade riecht. Nach trockenem Holz in der Hitze. Nach Pilzen, die meine Nachbar Erwin jeden Tag nach Hause trägt. Nach Flechten und Moosen.

Heute nehme ich den Weg zum ersten Mal am Morgen. Nehme ich die ersten Stufen langsam hinauf, erscheint mir der Waldboden unter mir wie ein 1.000-Teile-Puzzle, das jemand perfekt für mich gelöst hat. Manchmal wünsche ich mir wieder so ein langweiliges Puzzle. Ich habe in meinem Leben nur vier, fünf Mal so ein Puzzle gelöst als. Wenn ich krank war und im Bett liegen durfte. Ich habe es immer genossen, nichts zu müssen, sondern einfach stundenlang Teile aneinanderfügen zu dürfen, bis sie passen. Ich habe mein altes Puzzle seit einem halben Jahrhundert nicht mehr angefasst, doch es liegt immer noch im Schrank zuhause und wartet auf mich. Doch statt meines Puzzles zuhause liegt dieses Puzzle vor mir:

Alles liegt an seinem Ort, es liegt, wie es liegen soll. Drei Tannenzapfen bilden erhobene Finger, als wollten sie mich erinnern an etwas Wichtiges, das ich nicht vergessen darf. Andere kuscheln sich aneinander, bilden kleine Nester. Erinnern daran, dass ich ein soziales Wesen bin, das glücklich sein mag im Alleinsein, aber niemals allein bleiben darf. Jemand hat dürre Ästchen geworfen über allem wie kleine Runen, die mir eine Zukunft vorhersagen, die ich nicht verstehe. Alte Flechten liegen, als wären sie niemals alt genug.

Es ist merkwürdig. Alles scheint hier an seinem Platz, auch die Widersprüche, die zum Leben gehören. Eine Ordnung ist in den Dingen, die ich nicht begreife. Und die, sobald ich mich darauf einlasse und nicht nur einfach darüber hinweg husche, auf eine unbegreifliche Art auf mich ihre Wirkung zeigt.
Im Kleinen wie im Großen.  
Nicht nur an diesem Morgen.
Irgendwie wird es still und ruhig in mir, wenn ich es nur sehe.
Was will ich mehr?

Mein letzter Post: Umfrage zu den Cover-Entwürfen meines neuen Bergretter-Buches.

Danke. Von der Hütte.

Liebe Leute.

Ich war geplättet, wie viele Leser meines Blogs sich an meiner kleinen Umfrage im vorangegangenen Post (4) beteiligten. Geplättet und gerührt, weil ich den wenigsten, die mir ihre Meinung über unsere mitteilten, je begegnet bin.

Wer einen Blog schreibt, weiß nie, für wen er seine Zeilen morgens ins Internet hämmert. Kaum getippt,  verschwinden, verdampfen sie auf Nimmerwiedersehen irgendwo folgenlos im Äther. Ich hatte eigentlich gedacht, ich schreibe diesen Post für mein unmittelbares Umfeld, für meine besten Freunde, für Wegbegleiter. Ich hatte nicht im Geringsten gehofft, auf Resonanz zu stoßen mit meinen kleinen Texten über meine Auszeit in den Bergen. Ich habe sie mehr für mich selbst geschrieben, eine Art Tagebuch, um Flüchtiges festzuhalten für mich selbst.

Ich habe mich die letzten beiden Jahre oft gefragt: Was für einen Sinn macht dieser Blog eigentlich noch? Wozu, für wen schreibe ich eigentlich? Ich habe mit meinem Blog gehadert. Früher hat er meine Segelreisen begleitet. Ich habe darauf versucht, meine Bücher bekannter zu machen. 

Eure Mails haben mir zwei Dinge klar gemacht: 
Das Eine: Wozu dieser Blog und das, was ich „mein Geschreibsl“ nenne, eigentlich gut sein kann. Absichtslos und zweckfrei einen Kontrapunkt zum Alltag zu setzen. Um Menschen einen guten Moment, eine kurze Auszeit zu schenken. So wie damals, 2024, als ich zum ersten Mal losgesegelt bin.

Das zweite: Ohne Euer Feedback geht gar nichts. Schreibt mir anonym, schickt mir Eure Meinung unter Klarnamen. Wie immer ihr es tut: Gebt diesem Blog und meinem „Geschreibsl“ Richtung. 

Dir, Micky, alter Schulfreund, besonderer Dank, dass du dich nach Jahren wieder gemeldet hast mit zwei sachlichen Zeilen zu meinen Covern. Als wäre unser Kontakt nie abgerissen. Ich hatte keine Ahnung, dass du immer noch lautlos meine Posts liest. Du hast es  ganz sachlich getan, genauso wie damals, als ich auf 2014 in einem meiner ersten Posts nach dem vollständigen Text von Tankred Dorsts MERLIN fragte. Du hast mir damals einfach nur die fehlenden Zeilen geschickt. Ich sage es fast jede Woche immer noch auf. Es passt aufs Meer – und es passt wunderbar hierher in die Berge. Special thanks to Anderle. Dass wir immer noch Gedanken zwischen uns hin und her dreschen wie Squash-Bälle. 

Danke an Helga und Susanne, dass ich auf Eurer Hütte sein darf.

So. Und jetzt muss ich einen neuen Post schreiben. Nummer (5) aus den Bergen.
;-)
Thomas

PS: Wer sich noch an der Cover-Umfrage beteiligen will: Am Ende des untenstehenden Posts (4). Ich bin dankbar für jede Meinung. Jeden Kommentar.

Kolumne Recht: Haftung und Versicherung

Herr Rüttgen schreibt für Stegfunk.de diese Kolumne in loser Reihenfolge. Der Gegenwert, den er für das Teilen seiner Expertise erhält, ist die Sichtbarkeit auf der Seite. Geldflüsse finden in keine Richtung statt. Für die Inhalte der Kolumne ist Herr Rüttgen verantwortlich. Den Kontakt zu Herrn Rüttgen findet man auf Bootsanwalt.de

…und beim Segeln

Begonnen habe ich diese Kolumne mit einem Überblick über rechtliche Aspekte zum Thema „Bootscharter in den Niederlanden“. Hieran anknüpfend möchte ich nun in dieser Folge noch besonders haftungsrelevante Aspekte des Skippers und seiner Crew beleuchten. Denn egal, ob mit Motor oder unter Segel, Bootssport ist mit Gefahren verbunden. Charterskipper und Crew sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie sowohl von geschädigten Dritten als auch untereinander wegen Personen- und/oder Sachschaden in Haftung genommen werden können. Eine für Schäden am Charterboot hinterlegte Kaution bzw. deren Absicherung über eine Versicherung sind bei weitem kein Garant dafür, bereits alle finanziellen Untiefen umschifft zu haben.

Verantwortlich für das Geschehen an Bord ist stets der Schiffsführer

In einem Schadensfall mit dem Boot (gegenüber Dritten oder dem Vercharterer) oder auch in einem Schadensfall auf dem Boot (z.B. gegenüber der Crew) haftet der Skipper nach deutschem Recht gemäß § 823 Abs.1 BGB aus sog. „unerlaubter Handlung“ bzw. nach niederländischem Recht gemäß Art.6:162 BW aus sog. „onrechtmatige daad“ mit seinem gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Vermögen persönlich, unmittelbar, uneingeschränkt und uneinschränkbar für Schäden, der er Dritten schuldhaft (d.h.: vorsätzlich oder fahrlässig) zufügt. Man spricht hier von der sog. Verschuldenshaftung. Diese bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ohne ein Verschulden (z.B. bei höherer Gewalt) keine Haftung besteht. Diese weitgehende Haftung des Sportbootsführers geht sogar noch über die Haftung des Berufsschiffers hinaus. Letzterer haftet in Deutschland wie auch in den Niederlanden gemäß dem Brüsseler Übereinkommen von 1957 begrenzt nur für Schäden bis zur Höhe des Zeitwertes des Schiffes und der Ladung.

Vorstehende Ausführungen zeigen, dass sich der „Freizeit“-Skipper einer Charteryacht mit seiner Crew einer extrem hohen Haftungsgefahr aussetzt.

So mancher Skipper beschränkt sich darauf, allein auf seine Erfahrung und auf sein Können zu vertrauen. Hierdurch setzt er sich einem existenziell hohen Haftungsrisiko aus, und dass – die nachfolgenden Ausführungen werden dies zeigen – völlig unnötig.

Haftpflicht des Bootes reicht nicht

Achtung: Die bei einem Charterboot idR bestehende Bootshaftpflicht des Vercharterers hilft dem Skipper im Schadensfall oft nicht weiter. Diese greift nur bei einfacher Fahrlässigkeit durch den Skipper und oft nur für bestimmte Schäden. Erfahrungsgemäß wird sich diese Versicherung im Schadensfall zudem eher im Interesse ihres Versicherungsnehmers, also des Vercharterers, verhalten, als im Interesse des Skippers. Zu beachten ist hier auch, dass Charterboote regelmäßig im Charterland versichert werden – hier also in den Niederlanden – mit der Folge, dass im Schadensfall das Recht des Charterlandes gilt, welches dann auch beim dortigen Gerichtsstand durchzusetzen ist. Dies kann erhebliche Nachteile haben. So wird z.B. bei einem Rechtstreit in den Niederlanden die Erstattung von Rechtsanwaltskosten im Falle des Obsiegens nicht zugesprochen.

Tatsache ist leider auch, dass der Charterkunde/Skipper in der Praxis keine Möglichkeit hat, die Angaben des Vercharterers über das Bestehen und den Wirkungsumfang einer Yacht-Haftpflicht-versicherung (z.B. Begrenzungen bei Deckungssumme, Fahrtgebiet, Versicherungsschutz nur für Vercharterer, nicht für Skipper etc.) ausreichend zu überprüfen. Dies ist ein Dilemma und führt regelmäßig dazu, dass der Skipper keine ausreichende Sicherheit über einen bestehenden Haftpflichtversicherungsschutz hat.

Auch sind die Anforderungen des Versicherers an die Sorgfaltspflicht eines Schiffsführers immens gestiegen. Im Ergebnis versuchen Versicherer nach einem Schadensfall zunehmend den verantwortlichen Schiffsführer in Regress zu nehmen, vor allem dann, wenn der Verdacht besteht, dass der Skipper einen Unfall grob fahrlässig verschuldet haben könnte. Die Haftpflicht-versicherung des Vercharterers ist – wie bereits dargelegt – dann „fein“ raus. Haftungsansprüche der Crewmitglieder untereinander sowie gegenüber dem Skipper sind über die Haftpflichtversicherung des Vercharterers ohnehin nicht abgedeckt. Nicht selten haftet der Skipper gemäß Chartervertrag nicht nur für Primär-, sondern auch für Sekundärschäden. Ein solcher kann zum Beispiel eintreten, wenn aufgrund eines verursachten Schadens an der Charteryacht diese für die Folgecharter ausfällt und dem Vercharterer hierdurch ein Verlust an Einnahmen entsteht.

Crew-Vertrag und Mitsegelvereinbarung

Eine Haftungsgefahr droht dem Schiffsführer aber auch von seinen Crewmitgliedern. Diese können bereits bei leichtem Fehlverhalten seinerseits Schadensersatzansprüche gegen ihren Skipper geltend machen. Nicht selten muss dann ein Gericht klären, ob sich ein Schiffsführer tatsächlich korrekt verhalten hat oder nicht. Übrigens wäre dann gemäß § 32 ZPO das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen wurde. Liegt der Handlungsort in den Niederlanden, ist gemäß Art.5 Nr.3 EUGVVO das für den dortigen Handlungsort zuständige Gericht zu bemühen. Im Falle einer Streitigkeit zwischen deutschen Mitseglern würde dieses niederländische Gericht nach niederländischer Prozessordnung unter Anwendung deutschen Zivilrechts entscheiden müssen. Zusätzliche niederländische Rechtsanwälte wären zu beauftragen. Ein Festakt der Justiz!

Die private Haftpflichtversicherung des Skippers hilft hier nicht weiter. Bei ihr erstreckt sich ein Versicherungsschutz gemäß § 1 Nr.2b AHB nicht auf das Halten oder Führen von Wasser-fahrzeugen mit Motor. Zudem sind gemäß § 4 AHB Haftpflichtansprüche aus dem Ausland nicht versichert.

Auch eine Yacht-Haftpflichtversicherung des Vercharterers hilft hier nicht weiter. Haftungs-ansprüche von Crewmitgliedern untereinander und gegen den Skipper sind nach den Haftpflichtbedingungen der deutschen Versicherer gemäß § 7 Nr.2,2a AHB ausgeschlossen. Die Crew ist zwar als sog. Gefahrengemeinschaft versichert, aber nur bei Haftungsschäden gegen die Gemeinschaft selbst, nicht jedoch gegen einzelne Mitglieder der Gefahrengemeinschaft.

Eine, wenn auch nur bedingt taugliche Möglichkeit, sich gegen die juristischen Folgen eines unglücklich verlaufenen Törns abzusichern, ist die Mitseglervereinbarung bzw. der Crew-Vertrag. Neben sinnvollen organisatorischen und finanziellen Regelungen ist ein wesentlicher Bestandteil eines solchen Vertrags meist eine Regelung zum Haftungsausschluss oder zur Haftungsbegrenzung. Jedoch sind die Möglichkeiten, auf diesem Weg eine für alle Beteiligten, insbesondere für den Skipper, rechtssichere Haftungsregelung zu vereinbaren, begrenzt. So sind Vereinbarungen über Haftungseinschränkungen zu Lasten Dritter, z.B. der Ehefrau, der Kinder oder des Sozialversicherungsträgers eines verunglückten Crewmitglieds, stets rechtsunwirksam.

Unter den Crewmitgliedern selbst ist die rechtswirksame Vereinbarung einer Haftungsbegrenzung oder eines Haftungsausschlusses zwar grundsätzlich möglich. Sicherlich kann es beim Chartern durchaus vorkommen, dass Personen- und Sachschäden entstehen, bei denen Ansprüche der Crewmitglieder untereinander oder gegen den Skipper entstehen. Verletzt sich zum Beispiel durch eine unangekündigte Halse ein Crewmitglied und stellt Ansprüche an den Rudergänger, könnte dessen Haftung durch einen Crewvertrag wirksam begrenzt worden sein. Letztlich unterliegen aber Vereinbarungen über Haftungsausschlüsse stets der richterlichen Kontrolle. Insofern kann sich niemand sicher sein, dass diese Regelung im Crewvertrag letztlich auch hält. Besondere Vorsicht ist hier bei Musterverträgen geboten, da diese nach den Grundsätzen über Allgemeine Geschäfts-bedingungen gemäß §§ 305 ff BGB einer verstärkten richterlichen Kontrolle unterliegen. Eine Regelung über einen Haftungsausschluss für deliktische Ansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 BGB ist hier gemäß § 309 Ziff.7 BGB grundlegend unwirksam.

Die Crew hat jedoch die Möglichkeit, eine individuelle Vereinbarung zu treffen. Auf diese findet das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann keine Anwendung. Ein solcher Vertrag, in dem sich auch Personenschäden infolge grob fahrlässigen Handelns ausschließen lassen, muss zwingend für jeden Törn eigens ausgearbeitet sein. Und zwar dergestalt, dass anschließend der individuelle Charakter eindeutig ist, beispielsweise durch Aufzählung besonderer Gegebenheiten der beabsichtigten Reise. Ein solches Musterschriftstück darf für mehrere Crewmitglieder genutzt werden, wenn der Törn einmalig ist. Wer ein Schriftstück handschriftlich aufsetzt, kann dem möglichen Einwand begegnen, es handele sich um eine mehrfach verwendete Formular-vereinbarung. Eine höhere Rechtssicherheit beim Abfassen des Crewvertrages lässt sich mit anwaltlicher Hilfe erzielen.

Warum Skipper-Haftpflichtversicherung?

Der Skipper einer Charteryacht nimmt – und dass auch noch in der Regel unentgeltlich – die volle Verantwortung für das Boot und die Besatzung und mithin ein sehr hohes Risiko auf sich. Eine umfassende haftungsrechtliche Absicherung ist daher für den Skipper ein absolutes „must have“. Wie bereits ausgeführt reicht weder die Privathaftpflichtversicherung, noch die seitens des Vercharterers gestellte Yachthaftpflicht- und Kaskoversicherung als Haftungsschutz für den Skipper aus. Speziell zur Schließung hier weit offen klaffender Haftungslücken bieten Versicherungen die sog. Skipper-Haftpflichtversicherung an. Die Versicherungsleistungen der einzelnen Versicherer sind hier leider nicht einheitlich geregelt. Insofern empfiehlt sich, darauf zu achten, dass sowohl Personen- und Sachschäden Dritter, also nicht nur Schäden an der unfallbeteiligten Yacht, sondern auch Schäden an der Charteryacht, wie auch Personenschäden an Crewmitgliedern oder Dritten abgedeckt sind und dies selbst bei nachgewiesener grober Fahrlässigkeit des Skippers (z.B. Fahrt unter Alkohol, versäumte Navigation, Nichtbeachtung von Durchfahrtshöhen). Zudem sollte die Crew nicht haftungsbeschränkend als Gefahrengemeinschaft angesehen werden, sondern als Ansammlung von Individuen, deren Haftpflichtansprüche untereinander auch gedeckt sind. Hierin liegt zudem auch ein überzeugendes Argument für die Umlage der Kosten der Skipper-Haftpflichtversicherung auf alle Crewmitglieder.

Ergänzend zu erwähnen sind auch die Übernahme von Folgeschäden, also die Kosten für Abtransport und Behandlung von Verletzten, für Bergungskosten, für Charterausfallschäden sowie – ganz wichtig! – auch für Gewässer- bzw. Umweltschäden.

Die Skipper-Haftpflichtversicherung macht jeden Crewvertrag aus haftungsrechtlicher Sicht überflüssig. Zahlt aber letztendlich eine Versicherung den Schaden, wird die Freundschaft gewahrt und der Törn bleibt als tolles Erlebnis in guter Erinnerung.

 

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Der NL-Wassersportbericht KW 32

Besseres Wetter und Skutsjesilen sowie SneekWeek

Behinderungen auf wichtigen Fahrwegen

Hier zeigen wir immer Donnerstags oder Freitags die dann aktuellen Behinderungen auf wichtigen Fahrwegen. Sie basieren auf den Angaben auf vaarweginformatie.nl und stellen immer nur eine Momentaufnahme dar. Dennoch geben sie einen Hinweis darauf, was einen auf dem Wasser erwaten kann, ersetzen aber nicht die eigene Törnplanung! Übrigens: „Bis auf Weiteres“ bedeutet, dass man noch nicht weiß, ob eine Sperrung eine Stunde oder einen Monat dauern wird. Wir versuchen immer mehr herauszubekommen, das ist aber nicht immer möglich. OK?

Groningen: Die Driebondsbrug in Groningen ist gesperrt. Sie wird gelegentlich für Berufsschifffahrt geöffnet. Yachten können dann mit hindurch. Anmelden geht per Mail an [email protected]   // Die Brücke über der Robbengatsluis in Lauwersoog wird nur bis zu Windstärke 6 bedient

Friesland: Wegen des SKS-Skutsjelsilens wird es immer wieder Sperrungen von Gewässern geben. Die Übersicht steht hier // Die Schleusen in Kornwerderzand werden bis Ende des Jahres immer wieder Nachts für einige Stunden gesperrt. Die genauen Zeiten stehen hier Zudem ist zu viel Salz im IJsselmeer. Daher wird nur sehr effizient geschleust, will sagen: Die Kammern müssen ganz voll sein, was zu Wartezeiten führen kann // Untiefen in den Boontjes zwischen Kornwerderzand und Harlingen. Genau Position und Tiefen hier

Flevoland: Keine Meldungen

Drenthe: Keine Meldungen

Overijssel: Kene Meldungen

Noord Holland: Die Spieringbrug in Muiden am Eingang zur Vecht wird bis auf Weiteres (s.o.) nicht bedient // Das Fahrwasser von Den Oever den Den Helder – Visjagergatje- ist an der Steuerbordseite zwischen der VG 21 und VG 23 untief. Bei Niederigwasser sind es nur rund 1,60 Meter // Die Coenbrug in Zaandam wird nicht mehr bedient // Die Brug Krommenie in der Nauernasche vaart wird nicht mehr bedient // Die Boerenverdrietsluis im Haven von Den Helder wird bis zum 1.10.23 nicht bedient

Zuid Holland: Die Brücke in Dordrecht wird nur bis zu einer Windgeschwindigkeit von 10,7 Meter pro Sekunde bedient. Das sind sechs Windstärken // Die Haringvlietbrücke wird bis zum Jahresende nicht bedient. Durchfahrthöhe des festen Teils ist 13 Meter // An den Wartestegen der Volekraksluizen darf man nicht mehr an Land gehen // Im Volkerak liegt im Anlauf zur Krammersluis ein Messponton auf Position 051°40.0870’ N / 004°10.9840’ E. Er ist mit rot über weiß beleuchtet

Zeeland: Die Wartestege an der Zandkreeksluis und an der Außenseite der Grevelingensluis dürfen nicht betreten werden

Limburg/Brabant: Die Sluis Weurt in Nijmegen ist vom 8. bis 27.8. gesperrt // Die Sluis 4 in der Zuid Willemsvaart ist vom 13.8. 6 Uhr bis 14.8. 6 Uhr gesperrt // Die Sluis Panheel im Kanaal Wessem-Nederweert wird bis zum 15. November nach diesem Schema immer wieder gesperrt

Sperrungen auf der Straße

Bis zum 17.8. gibt es Sperrungen auf folgenden Autobahnen und wichtigen N-Straßen: A 4, A 10, A 29 und A 73. Wichtige N-Straßen: N 7, N 57 (Oosterscheldekering), N 59

Informationen zu den Sperrungen im Detail gibt es auf der Seite des ANWB.

Wetter

Tief westlich von Schottland bringt an seiner Südseite Südwestwind nach NL. Das sorgt für Sonne und sehr vereinzelte Schauern, Temperaturen am Freitag bis 26°C, sonst bis 22°C. Wind 3-5 Bft aus Südwest.

Gezeiten

So steht die Tide in in Stavenisse und Harlingen. Mehr Info und weitere Gezeiten-Zeiten findet man hier erklärt.

Besonderheiten

Am 5.8. beginnt in Grou das SKS Skutsjesilen.

 

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Vier Wochen allein in den Bergen (4): Ins Tal. In die Zivilisation. Warum wir uns mühen.

 

Was braucht man nun wirklich im Leben? Die Berge? Die Einsamkeit? Oder die Zivilisation? Mein unfreiwilliger Ausflug nach 10 Tagen hinunter ins Tal bringt die Antwort.

Gestern morgen schnitt ich mein letztes Stück Brot auf. Meine Vorräte, die ich vor 10 Tagen auf meinem Rücken herauf getragen habe, sind fast aufgebraucht. Ich bin sparsam mit dem Brot gewesen, es hat immerhin 10 Tage gereicht. Aber nun ist es weg. Ein mulmiges Gefühl ist das schon, zu wissen: Dies ist das letzte Stück Brot.

Der Joghurt ist längst alle. Obst und Käse auch. Das letzte Scheibchen Südtiroler Speck ging mit dem Brot drauf. Ich sollte ins Tal gehen und mir neue Vorräte besorgen, will ich demnächst nicht von dem Glas Einmach-Gurken im Vorratsschrank und einem alten Rest Erdbeermarmelade im Kühlschrank leben.

Als ich die Hütte abschließe, das zweite mulmige Gefühl an diesem Morgen. Mir ist mulmig, mich aus meiner schützenden Höhle heraus zu begeben und irgendwo ins Tal hinunter zu steigen. Wieso verlässt du deine schützende Hülle? Wozu eigentlich? Wäre nicht mein Termin heute unten mit Pauli Trenkwalder, einem Südtiroler Bergführer und Psychologen, wer weiß: Ich wäre oben geblieben.


Auf dem Weg folge ich der Skipiste. Sie ist steil. Ich denke daran, wie das war, als ich zum ersten Mal vor 10 Tagen einkaufen ging. Ich hatte meine Zahnbürste vergessen und stieg zweieinhalb Stunden nach St. Andrä ab. 1.000 Höhenmeter, um eine Zahnbürste zu kaufen. Das war eindeutig zu viel für einen Neuling. Untrainiert, wie ich war, konnte ich die folgenden drei Tage vor lauter Muskelkater die kleine Treppe in der Hütte zu meinem Matratzenlager nur noch rückwärts gehen. Erst als ich mich zwang, am nächsten Tag eine kleine Tour zu machen, legte sich der Schmerz im Oberschenkel. So schlimm wird es diesmla nicht werden.

Ein Eichhörnchen huscht vor mir über den Weg  und fegt wie der Blitz eine Lärche hinauf.. Schön wie ein Hermelin, dunkelbraun mit schneeweißem Bauch Der Himmel wird grau, je länger ich gehe, kleine Tropfen fallen. Es ist warm für meine Verhältnisse hier oben, 13 Grad zeigt das Thermometer, als ich den Schlüssel im Schloss drehte. 300 Höhenmeter weiter unten zeigt das Thermometer an der Liftstation sogar 15 Grad. Was für eine Wohltat. Ich ziehe meinen dicken Pullover aus, als ich das Bushäuschen erreiche.
Das mit der Wärme sieht eine junge Italienerin im Bushäuschen ganz anders. „E freddissimo“, haucht sie, ‚Wie saukalt ist das denn?‘ Das kenne ich. Ich habe Sizilianer erlebt, die sich auf ihrer Insel an Weihnachten bei 18 Grad bibbernd in ihre Anoraks schmiegten. „E freddissimo“ ist eine Art, mit anderen ein stilles Einvernehmen herzustellen. Eine Verbindlichkeit, wie sie jeder Brite äußert, der aus dem Hotel tritt und einem ebenfalls Wartenden ein „Lovely Evening, isn’t it?“ entbietet. Ein Gesprächsangebot – und in Italien eine Art nationaler Übereinkunft über die Unhaltbarkeit der Dinge in diesem Land. Früher hatte ich keinen Sinn für Floskeln und Verbindlichkeiten, Andal, mein Freund fürs Leben, Rheinländer, hat mir grund-grantigem Bayern wirklich die Augen geöffnet. Er weiß bis heute mehr über Verbindlichkeit als ich. Heute schätze ich Floskeln und Verbindlichkeit als das, was sie sind: Kleine Brückenbauer zum Mitmenschen. 

Während ich überlege, nun auch noch mein Flanellhemd zum Wollpullover in den großen Rucksack zu stopfen, weil mir so warm ist, endlich, nach den Regentagen, erzählt sie mir, dass sie im Hotel arbeitet. Dass das große Haus neben dem kleinen weißen Bushäuschen ja gar nicht das eigentliche Luxushotel sei, sondern lediglich die Unterkunft für die Angestellten. Mit Swimming Pool, vollverglastem Fitnessraum mit Blick auf die Geislergruppe. 

Nun ist es an mir, zu Staunen. Luxus für die Leute, die für den Luxus der Anderen zuständig sind? Wie clever ist das denn? Ich bin begeistert, wie fortschrittlich dieses Südtirol ist. Statt über den Mangel an Arbeitskräften in der Gastronomie zu klagen, baut man ihnen einfach ein Hotel als Unterkunft. Vielleicht kommen wir ja wieder dahin, als in den Nachkriegsjahren der Wohnraum knapp war und eine praktisch kostenlose Firmenwohnung fester Gehaltsbestandteil war. Wieder einmal erlebe ich dieses Südtirol als einen Landstrich, der unheimlich „auf Zack“ ist. 

Eineinhalb Stunden später sitze ich Pauli Trenkwalder gegenüber. Südtiroler auch er, in Sterzing in eine Bergretter-Familie hineingeboren. Er arbeitet heute als Bergführer und Psychologe. Geht mit Menschen, die Probleme haben, Führungskräften, die aus der Kurve flogen, einfach in die Berge. Hört zu. Und redet mit ihnen. 

Wie alle meine Interviewpartner für mein Buch bitte ich ihn Anfangs um ein Erlebnis in den Bergen, dass er bis heute nicht vergessen kann. Eine Sache, die ihm nicht aus dem Kopf. Er hat eine für mich, die ich atemlos mitschreibe. 

Wir sprechen fast zwei Stunden über Abenteuer in den Bergen und über die Ursachen falscher Entscheidungen. Pauli weiß kluge Dinge zu sagen über die Berge. Er weiß um den Wert des Widerstands, den wir in ihnen finden. Über den Wert dessen, dass ich mich heute Abend mühen werde, 10kg Lebensmittel eine Stunde die Skipiste hinauf in meine Hütte zu schleppen. „Am Berg handle ich oft gegen Widerstände. Muss die Zähne zusammenbeissen. Muss durchhalten. Muss mich in Geduld üben. Auch einmal demütig sein. Auch einmal scheitern. Gerade im gegen-den-Widerstand-erfolgreich-sein erfahre ich meine Selbstwirksamkeit.“

Das alles erklärt mir, was ich hier oben eigentlich suche. Ich will die unsichtbaren Kräfte, die mein Leben bestimmen, eliminieren, schrieb ich im vorigen Post. Und ich will den Widerstand spüren, den mir mein Rucksack entgegensetzt, wenn ich mein Essen selbst hier heraufschleppe, statt es mir von unsichtbaren Kräften vor die Haustür liefern zu lassen wie üblich in meinem Leben.

Nach unserem Gespräch hetzte ich im Bus zurück nach Brixen. Hetze durch den Supermarkt. Renne mit prallvollem Rucksack, um den letzten Bus vor Anbruch der Nacht auf die Plose zu bekommen. Als mich der Bus eine halbe Stunde später an meinem Bushäuschen ausspuckt, ist es kalt. Ich schultere mir den Rucksack und trabe los, in die Dämmerung hinein. Es wird schweißtreibend, mein Essen hier herauf zu buckeln. Brauchte ich neulich noch über eine Stunde mit Essensrucksack samt Computerausrüstung von der Busstation auf die Hütte, schaffe ich es heute in 42 Minuten. 

Nein, Zivilisation ist schon auch gut. Ich brauche die Einsamkeit. Aber die Menschen: Die brauche ich noch mehr.

Als ich auf der Hütte bin, trudeln von Susanne Guidera aus München via eMail die ersten Cover für das Buch ein, an dem ich arbeite. Es sind die allerersten Entwürfe. Ich bitte Euch um Feedback und Kritik – wer immer das liest. 

    

Ehrlichkeit von Buchautoren

MENSCH UND TIER
Der innere Schweinehund ist das Tier, das wir am besten kennen und wir akzeptieren, dass wir im Ringkampf mit dem Alter Ego nahezu regelmässig unterlegen sind – einfach, weil wir in der Zwiesprache mit uns selbst, ohne Gesichtsverlust ehrlich sind.

Die Ehrlichkeit

SV Bajka – Ela + Lukas Erni CH

PACIFIC INSTALLATION ON OVNI 435

Videos

SV Delph – Raphael Legrand FRA

SECOND TIME AROUND THE WORLD WITH AN OLD PACIFIC

Disassembling

SV Banny Blue – Bernd Beyer GER

KEIN BEIN BRUCH IN SARDINIEN
Moin Herr Förthmann, anbei die Bilder und ein Video zum Schaden. Meine Fragen:
1) Kann die Anlage weiter betrieben werden, ohne Schaden zu nehmen?
2) Was ist die mögliche Ursache für den Bruch? Gewalteinwirkung hat nicht stattgefunden.
3) Können Sie mir das Ersatzteil schicken, so daß ich den Bolzen wechseln kann.
Mit freundlichem Gruß
Bernd Beyer

Meine Atwort wenige später: Moin Herr Beyer, alles kein Beinbruch: offenbar hat sich die untere Inbusschraube. 301 losgearbeitet bzw. wurde lange nicht kontrolliert / festgezogen … sodass am Ende dann das Rohr 400 nach unten gerutscht ist. Einfach wieder an seinen Platz schieben … 301 festsetzen … und weitersegeln!
Allerbest
Peter Foerthmann
Lieber Herr Förthmann, ich bedanke mich sehr! Wenn es doch immer so einfach wäre …!
Danke für die schnelle Rückmeldung! Vorbildlicher Kundenservice!
Wo gibt es so etwas heute noch?
Sonnige Grüße von Sardinien!
Bernd Beyer

Vier Wochen allein in den Bergen (3): Schlechtwetter ist kein Grund zum Trübsal blasen.

Es regnet. Die Kaltfront, die im Norden Sturm brachte, zieht nun auch über die Berge hinweg. Meine kleine Welt hier oben ist grau geworden. Grau in ihren Farben – doch längst nicht eintönig. Die Berge der Grupo delle Odle, der Geislergruppe, die ich Tag für Tag fotografiere, haben sich wehende Umhänge über ihre Schultern geworfen. Wilde Gestalten sind sie geworden, als würden selbst sie unter der plötzlich einbrechenden Kälte erschauern.

Dabei begann es harmlos. Erst wurden die Berge kleiner und kleiner unter dem, was sich über ihnen an dampfigen Gebilden zusammenbraute. Dann verschwanden ihre Gipfel in den Wolken, ich konnte zusehen






wie Wolken wie ein Vorhang über die Berge fielen und immer weiter sanken, bis der Regen einsetzte. Der erste Regenschauer, den ich erlebte, war nichts als ein feiner Spray, ein irischer Landregen, der nicht in hämmernden Tropfen niederfiel, sondern in feinen schwebenden Teilchen, als wäre ich nun mitten in den Wolken. In der Nacht begann der Regen zu rauschen.

Am nächsten Morgen war es kalt draußen. 3 Grad zeigte das Thermometer. Aber drinnen bleiben wollte ich nicht. Es zog mich nach draußen. Nein, keine Sonnenstrahlen mehr in der Kälte aufs Gesicht, nicht wie gestern beim Frühstück, über das ich unten schrieb. 


Stattdessen nun: Regen. Regen, der in dichten Vorhängen fiel und die Dinge verhüllte. Ich nahm mein Tablett, kroch unters Dach, wo mein Platz trocken war; und sah dem Regen zu. 

Vielleicht muss man erst sein Zuhause verlassen, um das zu können: Dem Regen zuzusehen, wie er fällt. Und in diesem Moment nichts anderes dabei zu müssen. 

Vielleicht muss man einen Ort wie diesen finden. 
Vielleicht bin ich auch noch nicht lange genug hier oben, um es eintönig zu finden. 
Vielleicht muss man auch einfach sein Zuhause verlassen, es einfach hinter sich lassen, um seine Welt einmal mit ganz anderen Augen zu sehen. „Die Abenteuer beginnen, wenn wir unser Zuhause verlassen“, steht als Motto über diesem Blog. Ich schrieb es 2014, als ich nach meiner Kündigung zu meiner ersten Einhand-Segelreise allein nach Antalya aufbrach. Es hat für mich nichts von seiner Richtigkeit verloren. Wir müssen immer wieder aufbrechen, wenn wir wachsen wollen. 

Vielleicht muss man auch nur für immer bleiben, so wie die Oberkaser-Mari, deren Leben ich in in einem meiner Bergretter-Bücher erzählte. Mit 18 verließ sie aus gekränkter Liebe das Tal und lebte allein oben auf einer Hütte unter dem Geigelstein oberhalb Sachrang, bis sie mit 80 Jahren dort oben starb. Ein Bergretter hat mir die Geschichte erzählt. Und ich glaube, dass sie sich keine Minute in diesem Leben gelangweilt hat oder gar gefürchtet. Selbst dann nicht, als eine Lawine ihre Hütte bis übers Dach verschüttete für Tage, dass nichts mehr zu sehen war davon, bis die Bergwachtler ihren First nach drei Tagen freischaufelten und sie den Kopf aus dem kleinen Firstfenster streckte mit nichts anderem als den Worten: „Habts an Durscht, Buam, vom Schaufeln? Do habts a Bier.“  

Doch irgendwann endet auch dieser Moment des in den Regen schauens. Mein Frühstück ist vorbei. Der Schreibtisch ruft, an meinen Bergretter-Geschichter weiterzuarbeiten. Noch schnell die Kamera geholt und versuchen, die Regentropfen hier oben zu fotografieren, wie sie leisen Glanz und Glitzer ins große Grau auf die Piniennadeln zaubern.

Es ist schön hier oben. Allein auf der Hütte. Selbst im Regen. Aber vielleicht ist auch das nur, solange man weiß, dass man nicht wirklich allein ist. Nicht allein im Leben. Nicht allein in den Bergen.

Und morgen früh? Da gibt es mehr. Vom Alleinsein in den Bergen.

Vier Wochen allein in den Bergen (2): Aufstehen.

Der erste Anblick, wenn ich morgens zum Frühstücken vor die Tür trete. 

 
Jeden Morgen wache ich gegen halb 7 Uhr auf. Fahles Licht dringt durch das kleine Fenster. 3 Grad hat es draußen, sagt das Thermometer. Aber das Wetter in Südtirol sei immer besser als der Wetterbericht, sagt Erwin, mein Nachbar. Er lebt seit 35 Jahren hier oben und weiß es besser als ich.

Tatsächlich ist das mit den 3 Grad draußen gar nicht so schlimm. Die Hütte, unten aus Stein, oben aus Holzbohlen errichtet, scheint obwohl alt wirklich gut isoliert zu sein. Selbst in den letzten Tagen, als das Thermometer im Dauerregen draußen nie über 9 Grad klettere, blieb es in der Hütte bei 15 Grad. 

Also nichts wie raus, sobald mein Frühstück fertig ist. Tatsächlich ist an der Hauswand jeden Morgen ein kleiner Fitzel Sonne, der aufs Gesicht scheint. Selbst an Regentagen ist die kleine Hausecke trocken unter dem Dach. Dort ist mein kleiner Start in den Tag am Schreibtisch. In die Sonne blinzeln. In der Kälte die Wärme auf dem Gesicht und den Händen spüren. Hinüberschauen in die Berge und zum 100. Mal fast schon zwanghaft denken: Das MUSS ich doch fotografieren – als stünde mir da Barbie leibhaftig gegenüber. Aber es sind nur die wilden Zacken der Grupo delle Odle, wie sie italienisch heißen, der Geislergruppe.

Mein Frühstück ist einfach. Gequollene Haferflocken mit etwas geschmolzener Bitterschokolade. Und einer Honigmelone obendrauf. Im Laden unten in Brixen wog ich sie lange in der Hand. 1,5 Kilogramm wog die Honigmelone. „Was für ein Schwachsinn“, dachte ich, „das schwere Ding mein letztes Wegstück eine Stunde über die steile Skipiste von der Busstation hier herauf zu schleppen – samt Tomatendosen, Pasta-Paketen, prallen Tüten mit Hirse und Linsen und was man sonst noch braucht. Tatsächlich erwies sich das 1,5 Kilogramm schwere Honigmelonen-Trumm als Bringer. Sie hielt eine Woche durch und garniert meinen Morgen, zusammen mit den Kürbiskernen und dem Espresso aus der Cafetiera.

Das mit dem Essen, das könnte ich auch anders haben. Ich könnte einen Bäcker im Tal anrufen, der mir unten frisches Brot, ein paar Semmeln an den Container hängt. Ich müsste nur einfach 100 Meter hinuntergehen und sie jeden Morgen abholen. Ich könnte mir eine der Hütten 100 Meter entfernt buchen. Sie gehört zum Luxushotel auf halber Höhe. Jeden Morgen rollt ein nachtschwarzer Range Rover herauf, Mittags und Abends auch. In der Hütte wird ein Catering aufgebaut, das fleißige Hände seit Morgens um halb fünf zubereiteten, echte Köstlichkeiten. Für 1.299,- Euro kann man zwei Hütten-Nächte zu zweit hier verbringen. 

Aber so merkwürdig das klingt: Ich glaube, ich bin lieber so doof und schleppe die Honigmelone, das feiste Stück, selber rauf. Warum? Das wird mancher nicht verstehen. Es ist meine Art, wenigstens für ein paar Tage den unsichtbaren, abstrakten Kräften zu entkommen, die unser Leben bestimmen. Den kaum wahrnehmbaren Kräften, die auf unser Leben unmerklich Einfluss nehmen. Den fleißigen Händen, die uns irgendwo unsichtbar unser Leben ermöglichen. Den Dingen, von denen ich meine, ich  müsste sie besitzen. Dem verführerischen Aussehen eines Produkts, für das ich mich 

entscheide. Dem nächsten Umsatzsteuerbescheid. Einem Boss, den ausnahmslos jeder Mensch irgendwo über sich hat in der Welt und dessen Entscheidungen sich keiner entziehen kann. Dem Gedanken daran, ob alles gut wird in der Welt. All den Dingen, an denen ich unten im Tal nichts ändern kann. 

Meine kleine Auszeit ist zu Ende. Jeden Morgen schaue ich noch kurz auf den Mond, der über der Hütte steht. Auch er gehört zu den Dingen, die ich hier oben genauso wie auf dem Meer hautnah erlebe. Darum bin ich hier. Um das zu sehen. Und die Berge der Grupo delle Odle drüben.

Und jetzt? Geh ich an meinen Tisch in der Hütte. Und schreibe an meinen Geschichten über die Erlebnisse von Bergrettern weiter. 

Und morgen früh gibts eine weitere Geschichte. Von der Hütte.