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Tage zum vergessen

Am 3. Mai haben wir früh morgens bei Flaute die Leinen in der Zea Marina gelöst und sind langsam aus dem Hafen getuckert. Filou war schon etwas aufgeregt und hat sich wohl gefragt, warum sich sein neues Zuhause plötzlich bewegt. Angst hatte er keine, nur neugierig war er und wir waren nach der ersten Anspannung schnell wieder gelassen und guter Dinge für den Törn nach Korinth.

Windstärke 2 bis 3 aus Nord war gemeldet. Darauf haben wir einige Tage gewartet. Ideale Bedingungen für Filous erste Seefahrt waren also zu erwarten. Die Realität sah nach einer Weile völlig anders aus. Zwar stimmte die Stärke zunächst noch, aber der Wind drehte kurz nach der verkehrsreichen Zufahrt auf Patras auf West! Exakt die Richtung, in die wir wollten.
Erst hatte ich noch die Hoffnung, dass es sich nur um eine Ablenkung am südlichen Kap von Salamina handelt, doch auch danach weiterhin Westwind und er drehte kontinuierlich auf.
Was Sabrina, mir und Nomade nichts ausmachte, wurde für Filou sehr unangenehm. Bei Windstärke 5 hatte sich der Gegenwind dann eingependelt, der Seegang wurde unangenehm ruppig und Filou schwer seekrank. Die Details erspare ich euch, aber es tat uns in der Seele weh, ihn so zu sehen.

Wäre der Platz in der Marina nicht wegen einer Bootsausstellung weg gewesen, wir wären wahrscheinlich wieder umgedreht. Andere Häfen hätten unsere Situation nicht wirklich entscheidend verbessert. Also hat sich Sabrina so gut es ging um Filou gekümmert, während ich versucht habe, die unangenehmsten Wellen so anzusteuern, dass Nomade nicht ganz so wild darüber springt. Eine Qual war das, ihn so krank und hilflos zu sehen. Wir wissen ja beide, wie schlimm Seekrankheit sein kann. Nur kann Filou, im Gegensatz zum Menschen, nicht wissen dass es auch irgendwann wieder vorbei ist.
Bis es soweit war, vergingen Stunden. Stunden der Anspannung und Zweifel. Irgendwann wurde es dann ruhiger. Der Wind war nach wie vor stark, aber der Seegang ließ mit jeder Meile Richtung Kanaleinfahrt wieder nach.
Dort angekommen, haben wir an der Pier festgemacht. Sabrina ist zur Kanalverwaltung gelaufen und hat sich um den Papierkram gekümmert, während ich mit Filou eine Runde gelaufen bin. Es ging ihm schnell wieder besser, bis zu dem Moment, als ein Rudel aus 6 Streunern, die ich nicht gesehen hatte, urplötzlich angerannt kam und sehr aggressiv reagiert hat. Ich hatte so eine ähnliche Situation schon mal mit dem Auto in den Bergen auf der Peloponnes erlebt, wo 3 Herdenschutzhunde ohne Vorwarnung das Auto angegriffen haben. Diesmal waren es 6 dieser großen Hunde und Filou bei mir an der Leine.
Er ist sofort losgerannt und ich bin, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, hinter ihm her. So schnell es ging, in Richtung Nomade. Filou und ich waren schneller als das Rudel. Am Schiff hatten wir etwas Abstand gewonnen. Ich hab Filou geschnappt, aufs Boot gehoben und der Spuk war vorbei! Aufs Schiff haben sie sich nicht getraut und sind wieder abgezogen.
Was für ein Schreck! Zum Glück ist nichts passiert.

Die Fahrt durch den Kanal konnten wir nicht genießen. Wir waren nur froh, dass die Situation so glimpflich ausgegangen ist und Filou im Kanal ruhige Bedingungen hatte.
Nach der Durchfahrt war es nur noch ein kurzes Stück bis zum kleinen Hafen in Korinth. Der Anleger klappte problemlos und es hat nicht lange gedauert, bis es Filou wieder besser ging.

Der erste Eindruck von Korinth und seinem Hafen war sehr gemischt. Die Steganlage vergammelt und von Booten verlassen, viel Müll überall und eine lautstarke Schlägerei zwischen Jugendlichen, kurz nach dem Ankommen.
Aber gut, nach ein paar Minuten sollte man keine Stadt beurteilen. Wir sind deshalb los gelaufen um uns etwas umzusehen. Filou bei uns an der Leine und wieder der Alte. Völlig entspannt und neugierig.
Nach wenigen Metern kam uns der erste Streuner entgegen. Laut war er, aber nicht aggressiv. Er hat kurz die Lage gecheckt, gezeigt wessen Revier das hier ist und alles war ok.
Also sind wir weiter. Tiefer in die Stadt, die so schmutzig war, wie bisher keine andere Stadt in der ich war. Nur in der Fußgängerzone ging es, ansonsten flog der Müll nur so durch die Gassen. Und es war sehr auffällig, wieviel mehr Männer hier unterwegs waren als Frauen. Keine Familien, keine Kinder, fast ausschließlich Männer. Männer, die offensichtlich nichts zu tun hatten. Doch, etwas hatten sie zu tun. Die Leute auf der Straße ganz genau zu mustern und an ihrem besonders coolen Gang zu arbeiten. Naja…
Eine Weile später, der nächste Streuner. Diesmal ein ruhiger Geselle, der bald wieder seines Weges gezogen ist.
Als wir bereits auf dem Rückweg waren ist es dann passiert. Ohne Vorwarnung oder den leisesten Ton wurde Filou von einem Streuner gebissen! So ein Verhalten habe ich noch nie bei einem Hund erlebt! Das Biest hat sich von hinten herangepirscht und hat ihn einfach in die Rute gebissen! Filou hat laut gejault, Sabrina hat ihn mit einem Ruck weggezogen und sich vor ihn gestellt. Der Streuner wollte bereits nachsetzen, da habe ich ihn laut angeschrien, einen Schritt in seine Richtung gemacht und mich gebückt, um etwas aufzuheben, was da gar nicht lag.
Es war ein Bluff, den mir mal jemand erzählt hat und ich hätte nie gedacht, dass er wirklich funktioniert. Aber der Hund hat unmittelbar den Kopf eingezogen und ist abgedackelt!
Warum? Weil er gedacht hat, ich hebe einen Stein auf, um ihn damit zu bewerfen. Das ist das traurige an der ganzen Situation. Denn so aggressiv dieser Hund auch war, so ist er vermutlich nicht von sich aus geworden. Das haben Menschen zu verantworten und sicherlich ist er mehr als einmal mit Steinen beworfen worden.
Wir drei waren jedenfalls bedient. Bedient von den Streunern, die hier ganz anders sind als in den gemütlichen Dörfern und bedient von Korinth, mit seinem Müll und der geladenen Grundstimmung.
Also ab zum Boot und zwischendurch Filous Rute untersuchen. Etwas geschwollen war sie an der Bissstelle, aber geblutet hat sie nicht. Der andere Hund hat allerdings sichtbar kräftig zugebissen.

Kurz vorm Boot, die nächste Überraschung. Drei Jugendliche haben sich auffällig unauffällig das Schiff angeschaut. Wir sind deshalb unauffällig vorbei geschlendert, um zu sehen, ob das nur Neugierde ist, oder etwas anderes dahinter steckt.
Es hat nicht lange gedauert, da war der erste auf dem Schiff. Mehr mussten wir nicht sehen, um zügig die Richtung zu ändern. Die drei hatten das mitbekommen und sind erschrocken wieder runter gesprungen. Gesagt haben wir nichts. Wir sind nur auf dem Steg stehen geblieben und haben sie an uns vorbei gehen lassen. Innerlich habe ich gekocht, aber was willst du in der Situation schon anderes machen. Die Jungs hatten die Köpfe jedenfalls fast auf dem Boden, als sie sich vorbei gemogelt haben.
Was für ein Scheißtag!

Der nächste Tag, der Donnerstag, sollte eigentlich ein ruhiger für uns werden, denn Sabrinas Flug ging am Freitag, sehr früh morgens. Durch Filous Seekrankheit mussten wir allerdings umplanen und es musste schnell gehen.
Ihn für die nächsten Etappen an Bord zu lassen, wäre eine schlimme Quälerei geworden. Denn der Golf von Korinth, durch den ich als nächstes muss, wird von Westwinden beherrscht, die nicht selten Sturmstärke erreichen. Auf ruhiges Segelwetter kann man hier nicht warten. Da sind 5 Beaufort gegenan fast schon Luxus. Also haben wir entschieden, dass Filou mit Sabrina nach Hause fliegen wird. Dieser Plan B stand von vornherein fest, sollte er nicht seefest sein. Wenn er sich überhaupt eines Tages ans Segeln gewöhnen kann, dann nur in ganz kleinen Schritten, mit viel Zeit. Hier im Golf wäre das nicht möglich.
Also umplanen, zumal der Schwell im Hafen, der ihn nun wieder seekrank macht, die Bestätigung ist.
Ich beschreibe euch diesen Tag nicht im einzelnen, das wäre zuviel. Aber während Sabrina telefoniert und das Internet durchforstet hat, bin ich kilometerweit durch die Stadt gelaufen, um einen Mietwagen zu organisieren. Abends um 19 Uhr hatte ich ihn und Sabrina ist es gelungen, einen Flug für für die beiden für den nächsten Tag nach Amsterdam zu bekommen. Bei einer Gesellschaft, die auf Hunde spezialisiert ist. Auch wenn der Flug unangenehm für ihn wird, so hat das Flugzeug wenigstens einen extra Raum, der klimatisiert ist und nicht so laut.
Während Sabrina am Abend ihre Sachen gepackt hat, war ich mit dem Zusammenbau von Filous Flugbox beschäftigt.

Am nächsten morgen, der Aufbruch.
Klappte alles völlig problemlos und Filou ist während der Autofahrt zum Flughafen ganz gut drauf gewesen. Übergeben musste er sich auch nicht.
Die Wartezeit am Flughafen haben wir vor dem Gebäude auf einer Wiese verbracht.
Als es dann soweit war, sind wir zusammen rein gegangen. Filou war plötzlich der Star. Durfte an der Leine umher laufen, wurde permanent gestreichelt und fotografiert und war plötzlich: Fluggast

Nach dem einchecken wurden wir zur Kontrolle für ungewöhnliche Gegenstände geschickt. Während Sabrina die Formalitäten erledigt hat, kam eine Zollbeamtin auf Filou und mich zu. Sie fragte, ob er fliegt und wohin. Dann schaute sie ihn genau an, streichelte ihn, klopfte mir auf die Schulter und meinte mit einer Träne im Auge zu mir: „Danke, dass ihr ihn mitnehmt.“
Ich war völlig perplex und hätte selbst fast geheult!
Wir haben uns dann noch kurz unterhalten und es stellte sich heraus, dass sie sich selbst um Streuner kümmert. Ihr war sofort klar, dass Filou auch mal einer war.

Danach ging alles ganz schnell. Filou musste in die Box, was ohne Probleme geklappt hat und ist zusammen mit Sabrina durch die Sicherheitskontrolle gegangen. Dort musste er nochmal kurz raus, damit die Box geröntgt werden konnte. Dann war er weg und wurde in Richtung Flugzeug gebracht. Auch Sabrina musste nun los und ich war wieder allein.
Während für Filou nun der schwere Teil begann, habe ich weiterhin am Flughafen gewartet. Ich wollte erst los fahren, wenn wirklich sicher war, dass beide im Flugzeug und unterwegs sind.
Sabrina konnte nach dem Bording sehen, wie Filou in seiner Box zum Flugzeug gebracht wurde und ich konnte kurze Zeit später, mit Blick auf die Startbahn sehen, wie die beiden abgehoben sind.

Ich stehe eigentlich total auf fliegen, aber bei diesem Start, der lehrbuchmäßig ablief, ist mir das Herz in die Hose gerutscht. Mir tat Filou Leid.

Danach ging es zurück zum Boot und nicht lange, nachdem ich dort wieder angekommen war, kam auch die erleichternde Nachricht aus Amsterdam: Flugzeug gelandet!
Die zweite Nachricht dann unangenehm: Eine halbe Stunde lang, starke Turbulenzen!
Die dritte Nachricht: Ich hab Filou wieder, es geht ihm gut, er freut sich total!

Da hab ich vor Freude feuchte Augen bekommen und war froh, das wir diese Entscheidung getroffen haben. Denn in Korinth hat Nomade am Anleger getanzt. Hier war plötzlich Sturm!
Aber Filou war in Sicherheit und es ging ihm gut. Mein Papa hat die beiden dann mit dem Auto nach Deutschland gebracht und mein Schwager ist mit Sabrina am nächsten Tag nach Belgien gefahren, um unser Auto am Flughafen Charleroi abzuholen. Von dort aus ist Sabrina ja nach Athen geflogen. Ein Flug mit Filou dorthin war aber nicht zu bekommen.

Und jetzt? Jetzt geht es ihm in Wesel gut. Mein Papa kümmert sich um ihn, während Sabrina auf der Arbeit ist und der Hund meiner Eltern (wir leben ja im gleichen Haus) hat Filou sofort als neues Familienmitglied akzeptiert.

Und in Griechenland? Hier ist die Kacke am dampfen! Nomade hatte sehr spät abends nochmals Besuch von drei Jugendlichen. Eine sehr angespannte Situation an Deck war das. Ansonsten wurde ich angepöbelt und um Geld „gefragt“. Da ja allerdings Sturm war, konnten wir nicht dort weg.

Vom ersten Einhandtörn mit Nomade berichte ich dann beim nächsten Mal.

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Aufruf zum Schwerwettertraining (Mein Beitrag zu Scheindiskussionen)

Beiträge zu Sinn und Unsinn von Segelscheinen ja funktionieren immer recht gut, daher hier einmal mein bescheidener Beitrag zu diesem Thema. Geschrieben nach einem kurzen, stürmischen Törn sitzend vor, und ich hoffe das letzte Mal in dieser Saison, dem Wärme spendenen Heizlüfter unter Deck. Mein Törn beginnt in Schausende in der Flensburger Förde. Hier gibt es  eine schmale Einfahrt über ein Flach. Weisse Wellenköpfe hetzen quer zur Einfahrt. Der sehr böige Wind drückt die Masten der Boote heulend zur Seite. Kein Wetter zum Auslaufen, wie mir die Hafenmeisterin probiert einzureden. Aber was soll ich hier den ganzen Tag in Schausende? Also gehe ich einmal ans Ende der Hafenmole und schaue mir das Elend an. Wind 6 plus knackige Böen. Sehr kabbelig, aber kein Vergleich zur offenen Ostsee. Zwei weitere Boote sind draussen und stampfen im 2. Reff. Zusammen mit dem heulenden Wind, sieht das erst einmal spannend aus. 

Noch vor 2 Jahren wäre ich nur sehr ungerne ausgelaufen, heute gehe ich da anders ran. Mein Kurs liegt ja mehr oder weniger vor dem Wind bis Flensburg. Sobald ich draussen bin, wird es also unproblematisch. Bleibt die schmale Ausfahrt fast quer zum Wind. Unter Maschine easy, aber was wenn sie ausfällt? Dieses Gedankenspiel mache ich mir bei jeder Ein- und Ausfahrt in Häfen. Einmal vor der Großenbroder Fähre hat es mir diese Praxis bereits einmal Stress und Schäden erspart. Es sind nur gut drei Kabel (welch schönes Wort) , die überwunden werden müssen. Ich rolle etwas Fock aus. Sollte eigentlich reichen um die nötigen ca. 75 Grad Höhe zu laufen. Sonst eben einfach bis zum nächsten Pfahl der die Einfahrt säumt und Leine drüber. Nicht der beste aller Pläne, es ist aber auch höchst unwahrscheinlich, das ich ihn brauchen werde. Dann folgt das Ablegen mit langer Vorleine auf Slip um das Boot hinten zwischen die Pfähle zu bekommen, das hat sich bei mir Einhand und mit Seitenwind bewährt. Klappt auch. So wie die Ausfahrt unter Diesel. Nur unter dem Stückchen Fock habe ich nach Kurswechsel auf Süd schnell 5,5kn auf der Logge. Es bläst ja doch ganz ordentlich. 
 

Was hat das Ganze nun mit Segelscheinen zu tun, kann man sich nach den vielen Zeilen berechtigterweise fragen? Meine einfache Antwort: Erfahrung ist durch keinen Schein zu ersetzen. Wäre ich früher nicht oder nur höchst gestresst ausgelaufen, rufe ich nun einfach Erfahrungswerte zur nüchternen Risikoabschätzung ab. Wind, Welle, die Lage der anderen Boote draußen, Ablegemanöver, Ausfahrt. Alles schon gehabt, auch bei noch mehr Wind und vor allem Welle. Alle Manöver sind im Kopf abruf- und visualisierbar. Ich habe nichts davon beim SBF oder SKS gelernt. Hätte ich aber gerne. Und so schaue ich auf die einzigen Boote die heute neben mir draußen sind. Vor Glücksburg mit Kapuzenmännchen. Vermutlich Schulungsschiffe des DHH, die tapfer im 2. Reff Wenden und Halsen fahren. Focks flattern im Wind, die Boote bocken in der Welle, krängen teils kräftig. Jeder der Teilnehmer muss ordentlich ran, kann aber später bei seinem ersten Starkwindtörn sagen: „Solche Verhältnisse hatte ich schon mal, nicht schön, aber im 2. Reff geht das.“ Das sind die wertvollen Lernmomente! Dann noch jeder einmal am Ruder, wenn bei Starkwind angelegt wird, da nimmt man dann auch echt was mit. Und alles unter 6 Bft. ist später nur noch halb so schlimm, bis einfach. „Das hatte ich schon viel härter, damals vor Glücksburg….“. Ich als mehr oder weniger Autodidakt musste mich da mühsam Windstärke um Windstärke herantasten. So eine Schwerwetterfahrt hätte mich doch sehr viel weitergebracht, als das dumpfe Lernen hunderter von Fragen. Schwerwetter sollte eigentlich Vorschrift sein, so wie die Autobahn- und Nachtfahrt beim PKW Führerschein. Das würde vielen, unangenehmen Aha-Momente von Neuseglern vorbeugen, die noch nicht wissen, das Segeln nur zu Hälfte Genuss und zur anderen harte Arbeit ist. 

Den Vorteil der Scheinebüffelei sehe ich eher darin, dass man sich einmal mit allen Aspekten der Seefahrt befassen muss und die nötigen Begriffe lernt. Um sich darauf aufbauend weiterbilden zu können. Sonst vergisst man das alles schnell, oder schreibt es als irrelevant ab. Bis, ja bis Rasmus es einmal nicht mehr gut mit einem meint. Denn dann ist keine Zeit mehr zum Nachlesen, dann muss das sitzen. Wenigstens im Kopf. Ein Freund von mir spricht immer noch von Seilen, Segel raffen, die Stange vom Groß etc. Gut, es sind nur Begrifflichkeiten, aber die Segelleistungen stehen doch direkt im Verhältnis zu den fehlenden Vokabeln. Da fehlt dann definitiv die Erfahrung um die auswendig gelernten Phrasen in korrekte Handlungen umzusetzen. Fazit: Ein Schwerwettertraining ist nicht unbedingt für Fortgeschrittene, sondern gerade und ganz besonders für Anfänger geeignet! Einmal die See von ihrer rauen Seite erlebt zu haben, gibt eine unglaubliche Sicherheit bzw. sagt einem, ob das mit dem Segeln überhaupt das Richtige für einen ist. Vorschlag: Einmal mit Rainer Tatenhorst von der Yachtschule Eichler bei viel Wind Helgoland und zurück. Das schafft was weg .-)

SV Laetitia – Markus Rempe GER

WAHNSINN, FUNKTIONIERT SOGAR IM DUNKELN

Habe mich in den letzten stürmischen Tagen bei 8 Bft und mit scheußlicher und hoher achterlicher Welle von der Pacific über die Ostsee steuern lassen… bei den Bedingungen hat der elektronische AP schon lange kapituliert.
Besten Dank!
Markus Rempe

Menschen am Meer: Maurizio und Michele, Kranführer.

Weil mein Schiff am Kiel undicht ist, bin ich anders als geplant nicht losgesegelt. 
Und werde ich auch die nächsten vier Wochen nicht segeln. 
Stattdessen werde ich Geschichten erzählen, die zu erzählen ich 
den Winter über keine Zeit fand. Geschichten aus den Häfen. 
In und um San Giorgio di Nogaro im Friaul.



Als ich klein war, waren meine Helden so ganz andere als heute. Vieles war groß, was mir heute klein erscheint. Die Straße, in der ich wackelnd Fahrradfahren lernte, war schier unendlich. 35 Jahre später stellte ich fest, dass sie nicht mal 35 Meter lang war. Ebenso riesig erschien mir der Bagger an der Baustelle, der heute nur jämmerlich klein ist und blau. Was habe ich ihn bewundert, den Mann im Führerhaus des Baggers. 

Zwischen damals und heute gleich geblieben ist, dass Staunen Voraussetzung für ein gutes Leben ist. Staunen lernte ich vorgestern wieder einmal bei Maurizio, dem Kranführer in der Marina San Giorgio.

Unsere erste Begegnung verlief, wie so oft bei meinen Begegnungen die interessant werden, knurrig. Im Herbst hievte Maurizio LEVJE aus dem Wasser. 9,40 Meter Länge. Keine vier Tonnen Gewicht. Kein großer Act, könnte man meinen. Aber tatsächlich muss man auch da aufpassen, wo man die Krangurte ansetzt. Sitzen sie falsch unter dem Schiff, zerdrücken sie den Kühlwasser-Einlauf, verbiegen die Motorwelle, zerquetschen das kleine Wasserrädchen der Logge. Also bat ich Maurizio, aufzupassen. Wegen der Gurte. Und dem Rädchen. Und entschuldigte mich bei Maurizio mit der Bemerkung, das daumennagelgroße Rädchen koste knapp 40 Euro, wenn es kaputtgeht. „Das ist etwa das, was ich am Tag verdiene,“ hörte ich Maurizio knurren, als der davon stapfte. Es gab mir zu denken.

Als LEVJE II nun aus dem Wasser kam – zum dritten Mal in diesem Winter – verkniff ich mir derlei. Maurizio und Michele brachten mein Schiff – siebeneinhalb Tonnen – ohne Schaden aus dem Wasser. Und wandten sich dann größeren Aufgaben zu. In der Halle wartete ein echter Brocken auf Maurizio. Eine Motoryacht von knapp 70 Tonnen. Knapp 30 Meter lang. Der Himmel weiß, wie sie sie vergangenen Herbst in die Halle hineingefummelt hatten. Die metergroßen Schiffschrauben des Monsters schwebten keine Handbreit über dem Hallenboden. Dafür passte sie auch nur Zentimeter unter die Betonträger des Hallendachs. Und auch das bloß, weil die Elektroniker den Mast mit Radar und Kommunikationsdomen abmontiert hatten.

Nun also dieser 70-Tonnen-Brocken. Dafür hat Maurizio sein kleineres Spielzeug aus der Garage geholt. Den 80 Tonnen-Kran. Er passt so eben unter das Hallendach. Und Zentimeter neben das blaue Wunderwerk im Winterschlaf.

Hustend steckt sich Maurizio eine Zigarette an. Und schaut die Bordwand hoch, ob die tonnenschweren Hebearme auch nicht an der Bordwand schrappen. Als ich ihn frage, warum er rauche, knurrt er bloß: „Zu nervös heute“. Der spirelige Werftchef Giuseppe, den alle in der Werft nur Peppo nennen, trägt auch nicht gerade zu Maurizios Ruhe bei. „Dai“, ruft er Maurizio im Vorbeigehen zu, „Mach endlich. In einer Stunde muss die im Wasser sein.“ Maurizio reißt sich aus seiner Betrachtung los. Michele schleppt noch zwei lange gepolsterte Holzbalken herbei, die sie unter die Gurte spannen. 

Maurizio hält den einen in seiner Position, ich sehe seine Tätowierung. Sehe seine Hände. Es sind die Hände eines Handwerkers. Hände, die einer Frau Sicherheit geben. Und Vertrauen. Worüber er wohl mit seiner Frau Abends redet? „Heute war einer da, der hat mir erzählte, ich solle aufpassen, damit ich sein rotes Rädchen unterm Boot nicht zerquetsche?“ 

Dann beginnt für die blaue Schönheit die Reise in diesen Sommer. Ob ich könnte, was Maurizio da jeden Tag macht? 350 Boote werden er und Michele in diesem Frühjahr aus dem Wasser heben. Dann zwei Monate Pause. Im Herbst werden sie dieselben 350 Boote wieder aus dem Wasser heben. Und Zentimetergenau in die lange Winterhalle rangieren. Und nicht nur hier in der Marina San Giorgio di Nogaro. Sondern überall an dieser Küste, an der es zwischen Venedig im Westen und Triest im Osten geschätzt um die 10.000 Liegeplätze gibt. 

Wieviele Menschen es noch vor 100 Jahren brauchte, um ein 70-Tonnen-Schiff ins Wasser zu bringen? Heute? Ein Klacks. Wenn auch ein nervenaufreibender, für die beiden, die noch benötigt werden, das tun. Es ist Zentimeterarbeit, die Motoryacht langsam ihre blaue Nase aus der Halle stecken zu lassen. Maurizio lässt das blaue Teil nicht eine Sekunde aus den Augen, während es langsam auf vier knirrschenden Reifen dahinrollt. Michele steht am obersten Deck des Schiffes. Und passt auf, dass oben und hinten nichts hängenbleibt, wenn 30 Meter Motoryacht aus dem Hallentor rollen. Alles läuft nur über die Fernsteuerung, den kleinen gelben Kasten, den Maurizio vor seinem Bauch trägt. Die Hände, die vorher noch die Planke an die Bordwand drückten, schieben jetzt kleine Hebelchen. Und bewegen damit 70 Tonnen lackiertes Glasharz und Stahl.

Dann ist das Teil draußen aus der Halle. Und wird erst mal abgestellt. Wie die parkenden Autos drumherum. Zwei Elektroniker klettern nach oben, um den umgelegten Mast mit Radar und Kommunikation wieder aufzustellen und zum Laufen zu bringen. Michele kriecht derweil unter das Teil, um fünf Stahlböcke genau unter dem Kiel wieder in die richtige Position zu bringen. Zu gerne würde ich Michele und Maurizio fragen, was in ihnen vorgeht, wenn sie unter 70 Tonnen herumkriechen, die lose in acht Stoffgurten baumeln. Was jetzt passiert, wenn sie eine der Eisenstützen in die falsche Position bringen. An einer Yacht ist Reparatur immer gleich teuer. An einem Schmuckstück wie diesem? Unbezahlbar.

„Ich mach’ das seit 1977″, erzählt Maurizio. „Damals fing ich in Bibione an, in der Werft. Ich hatte Techniker auf der Technikerschule gelernt. Und dann bin ich gleich in die Werft. Da bin ich dann geblieben. Am Kran.“

„Was seine Frau ihm heute Abend kocht?“ frage ich Maurizio. „Spezzatino con Patate al Forno“, grinst Maurizio und klatscht in die Hände, „Geschnetzteltes mit Ofenkartoffeln“. Und was bekommt sein Helfer Michele? Der zuckt nur mit den Schultern. Er weiß es nicht. Wieder grinst Maurizio: „Sorpresa della moglie“ – ‚Überraschung. Von der Ehefrau.‘ Wenn das kein Essen für Helden ist.

Vielleicht ist das die zweite Wahrheit: Wir sind nichts ohne einen Widerstand im Leben. Einen Widerstand, der uns etwas entgegensetzt, an dem wir uns spüren. Wir brauchen ihn, wie die Luft zum Atmen. Maurizio die 70 Tonnen. Ein Schreiner den Widerstand des Holzes. Ein Schmid den Widerstand des Eisens. Meine Lektorin den Widerstand der Worte. Ein Weltumsegler den Widerstand des Meeres. Ein US-Präsident den Widerstand der Welt.

Hoffen wir, dass die Sache mit dem Widerstand immer gut ausgeht. Bei Maurizio. Und auch beim US-Präsidenten.

Maurizio und Michele können Sie treffen. Ihnen bei ihrer täglichen Arbeit zusehen. Und darüber ins Staunen kommen. In der Marina San Giorgio di Nogaro südlich des gleichnamigen unscheinbaren Städtchens. Oder bei jedem anderen Kranführer im Hafen Ihres Vertrauens.

For this Article special thanks to:
Maurizio. Michele. CANTIERE MARINA SAN GIORGIO.
Peppo. Davide. E tutti gli altri.

Menschen am Meer: Maurizio und das blaue Ungetüm.

Weil mein Schiff am Kiel undicht ist, bin ich anders als geplant nicht losgesegelt. 
Und werde ich auch die nächsten vier Wochen nicht segeln. 
Stattdessen werde ich Geschichten erzählen, die zu erzählen ich 
den Winter über keine Zeit fand. Geschichten aus den Häfen. 
In und um San Giorgio di Nogaro im Friaul.



Als ich klein war, waren meine Helden so ganz andere als heute. Vieles war groß, was mir heute klein erscheint. Die Straße, in der ich wackelnd Fahrradfahren lernte, war schier unendlich. 35 Jahre später stellte ich fest, dass sie nicht mal 35 Meter lang war. Ebenso riesig erschien mir der Bagger an der Baustelle, der heute nur jämmerlich klein ist und blau. Was habe ich ihn bewundert, den Mann im Führerhaus des Baggers. 

Zwischen damals und heute gleich geblieben ist, dass Staunen Voraussetzung für ein gutes Leben ist. Staunen lernte ich vorgestern wieder einmal bei Maurizio, dem Kranführer in der Marina San Giorgio.

Unsere erste Begegnung verlief, wie so oft bei meinen Begegnungen die interessant werden, knurrig. Im Herbst hievte Maurizio LEVJE aus dem Wasser. 9,40 Meter Länge. Keine vier Tonnen Gewicht. Kein großer Act, könnte man meinen. Aber tatsächlich muss man auch da aufpassen, wo man die Krangurte ansetzt. Sitzen sie falsch unter dem Schiff, zerdrücken sie den Kühlwasser-Einlauf, verbiegen die Motorwelle, zerquetschen das kleine Wasserrädchen der Logge. Also bat ich Maurizio, aufzupassen. Wegen der Gurte. Und dem Rädchen. Und entschuldigte mich bei Maurizio mit der Bemerkung, das daumennagelgroße Rädchen koste knapp 40 Euro, wenn es kaputtgeht. „Das ist etwa das, was ich am Tag verdiene,“ hörte ich Maurizio knurren, als der davon stapfte. Es gab mir zu denken.

Als LEVJE II nun aus dem Wasser kam – zum dritten Mal in diesem Winter – verkniff ich mir derlei. Maurizio und Michele brachten mein Schiff – siebeneinhalb Tonnen – ohne Schaden aus dem Wasser. Und wandten sich dann größeren Aufgaben zu. In der Halle wartete ein echter Brocken auf Maurizio. Eine Motoryacht von knapp 70 Tonnen. Knapp 30 Meter lang. Der Himmel weiß, wie sie sie vergangenen Herbst in die Halle hineingefummelt hatten. Die metergroßen Schiffschrauben des Monsters schwebten keine Handbreit über dem Hallenboden. Dafür passte sie auch nur Zentimeter unter die Betonträger des Hallendachs. Und auch das bloß, weil die Elektroniker den Mast mit Radar und Kommunikationsdomen abmontiert hatten.

Nun also dieser 70-Tonnen-Brocken. Dafür hat Maurizio sein kleineres Spielzeug aus der Garage geholt. Den 80 Tonnen-Kran. Er passt so eben unter das Hallendach. Und Zentimeter neben das blaue Wunderwerk im Winterschlaf.

Hustend steckt sich Maurizio eine Zigarette an. Und schaut die Bordwand hoch, ob die tonnenschweren Hebearme auch nicht an der Bordwand schrappen. Als ich ihn frage, warum er rauche, knurrt er bloß: „Zu nervös heute“. Der spirelige Werftchef Giuseppe, den alle in der Werft nur Peppo nennen, trägt auch nicht gerade zu Maurizios Ruhe bei. „Dai“, ruft er Maurizio im Vorbeigehen zu, „Mach endlich. In einer Stunde muss die im Wasser sein.“ Maurizio reißt sich aus seiner Betrachtung los. Michele schleppt noch zwei lange gepolsterte Holzbalken herbei, die sie unter die Gurte spannen. 

Maurizio hält den einen in seiner Position, ich sehe seine Tätowierung. Sehe seine Hände. Es sind die Hände eines Handwerkers. Hände, die einer Frau Sicherheit geben. Und Vertrauen. Worüber er wohl mit seiner Frau Abends redet? „Heute war einer da, der hat mir erzählte, ich solle aufpassen, damit ich sein rotes Rädchen unterm Boot nicht zerquetsche?“ 

Dann beginnt für die blaue Schönheit die Reise in diesen Sommer. Ob ich könnte, was Maurizio da jeden Tag macht? 350 Boote werden er und Michele in diesem Frühjahr aus dem Wasser heben. Dann zwei Monate Pause. Im Herbst werden sie dieselben 350 Boote wieder aus dem Wasser heben. Und Zentimetergenau in die lange Winterhalle rangieren. Und nicht nur hier in der Marina San Giorgio di Nogaro. Sondern überall an dieser Küste, an der es zwischen Venedig im Westen und Triest im Osten geschätzt um die 10.000 Liegeplätze gibt. 

Wieviele Menschen es noch vor 100 Jahren brauchte, um ein 70-Tonnen-Schiff ins Wasser zu bringen? Heute? Ein Klacks. Wenn auch ein nervenaufreibender, für die beiden, die noch benötigt werden, das tun. Es ist Zentimeterarbeit, die Motoryacht langsam ihre blaue Nase aus der Halle stecken zu lassen. Maurizio lässt das blaue Teil nicht eine Sekunde aus den Augen, während es langsam auf vier knirrschenden Reifen dahinrollt. Michele steht am obersten Deck des Schiffes. Und passt auf, dass oben und hinten nichts hängenbleibt, wenn 30 Meter Motoryacht aus dem Hallentor rollen. Alles läuft nur über die Fernsteuerung, den kleinen gelben Kasten, den Maurizio vor seinem Bauch trägt. Die Hände, die vorher noch die Planke an die Bordwand drückten, schieben jetzt kleine Hebelchen. Und bewegen damit 70 Tonnen lackiertes Glasharz und Stahl.

Dann ist das Teil draußen aus der Halle. Und wird erst mal abgestellt. Wie die parkenden Autos drumherum. Zwei Elektroniker klettern nach oben, um den umgelegten Mast mit Radar und Kommunikation wieder aufzustellen und zum Laufen zu bringen. Michele kriecht derweil unter das Teil, um fünf Stahlböcke genau unter dem Kiel wieder in die richtige Position zu bringen. Zu gerne würde ich Michele und Maurizio fragen, was in ihnen vorgeht, wenn sie unter 70 Tonnen herumkriechen, die lose in acht Stoffgurten baumeln. Was jetzt passiert, wenn sie eine der Eisenstützen in die falsche Position bringen. An einer Yacht ist Reparatur immer gleich teuer. An einem Schmuckstück wie diesem? Unbezahlbar.

„Ich mach’ das seit 1977″, erzählt Maurizio. „Damals fing ich in Bibione an, in der Werft. Ich hatte Techniker auf der Technikerschule gelernt. Und dann bin ich gleich in die Werft. Da bin ich dann geblieben. Am Kran.“

„Was seine Frau ihm heute Abend kocht?“ frage ich Maurizio. „Spezzatino con Patate al Forno“, grinst Maurizio und klatscht in die Hände, „Geschnetzteltes mit Ofenkartoffeln“. Und was bekommt sein Helfer Michele? Der zuckt nur mit den Schultern. Er weiß es nicht. Wieder grinst Maurizio: „Sorpresa della moglie“ – ‚Überraschung. Von der Ehefrau.‘ Wenn das kein Essen für Helden ist.

Vielleicht ist das die zweite Wahrheit: Wir sind nichts ohne einen Widerstand im Leben. Einen Widerstand, der uns etwas entgegensetzt, an dem wir uns spüren. Wir brauchen ihn, wie die Luft zum Atmen. Maurizio die 70 Tonnen. Ein Schreiner den Widerstand des Holzes. Ein Schmid den Widerstand des Eisens. Meine Lektorin den Widerstand der Worte. Ein Weltumsegler den Widerstand des Meeres. Ein US-Präsident den Widerstand der Welt.

Hoffen wir, dass die Sache mit dem Widerstand immer gut ausgeht. Bei Maurizio. Und auch beim US-Präsidenten.

Maurizio und Michele können Sie treffen. Ihnen bei ihrer täglichen Arbeit zusehen. Und darüber ins Staunen kommen. In der Marina San Giorgio di Nogaro südlich des gleichnamigen unscheinbaren Städtchens. Oder bei jedem anderen Kranführer im Hafen Ihres Vertrauens.

For this Article special thanks to:
Maurizio. Michele. CANTIERE MARINA SAN GIORGIO.
Peppo. Davide. E tutti gli altri.

Vom Streuner zum Crewmitglied

Am 26. April war es soweit. Der Plan, Filou bei Yanna in Kapandriti mit einem Mietwagen abzuholen, ging allerdings nicht ganz auf, denn Yanna hat es sich nicht nehmen lassen, Filou mit dem Auto zu uns in die Zea Marina zu bringen.

Also saßen wir nach dem Frühstück aufgeregt im Cockpit und haben gewartet. Viel zu früh waren wir mit allem fertig und sind immer wieder hibbelig alles durchgegangen. Ist die Gangway auch nicht zu steil für ihn? Stehen Näpfe bereit und liegen seine Decken an den richtigen Stellen? Wie kommt er die steile Treppe in den Salon runter?
Eigentlich war alles schon lange vorbereitet und ich habe noch in Kilada eine Badeplattform, die Gangway und eine Aufstiegshilfe für die seitlichen Durchgänge an Nomade angefertigt, um verschiedene Optionen zu haben, ihn in jeder Situation an Bord zu bekommen. Trotzdem war die Anspannung jetzt riesig. Wird er sich überhaupt an Bord wohl fühlen? Wie verkraftet er die Trennung von Yanna, bei der er schließlich viele Wochen in Pflege war und wie findet Sabrina ihn? Fragen über Fragen…

Irgendwann kam dann der lang ersehnte Anruf von Yanna: „Wir sind da und laufen jetzt vom Parkplatz in eure Richtung.“
Ok, also los, laufen wir den beiden entgegen!
Nach einigen Metern haben wir sie gesehen. Yanna mit Filou an der Leine. Unglaublich schön, dieser Moment und der Kontrast zu den kalten Tagen im Januar in Kilada, als Filou noch als abgemagerter Streuner so gerade eben die Nächte überlebt hat und ich nicht wusste, was ich mit ihm machen soll.
Nun war er hier und ist aufgeregt an der Leine die Promenade bei warmem Wetter und Sonnenschein entlang gelaufen.
Ob er mich wieder erkannt hat weiß ich nicht. Er war noch sehr vorsichtig und durch die vielen Menschen und neuen Eindrücke abgelenkt.

Sabrina, Yanna, Filou und Nico an Bord.

Nach einer herzlichen Begrüßung sind wir alle vier zu Nomade gelaufen. Dort habe ich ihn über die Gangway an Bord getragen. Er war natürlich zunächst aufgeregt, hat sich dann aber schnell einen Platz im Cockpit gesucht und auch getrunken.
Etwa eine Stunde war Yanna noch bei uns an Bord, dann hieß es Abschied nehmen. Ist ihr nicht leicht gefallen, aber sie hat das sehr professionell gemacht, so dass Filou im Prinzip gar nichts davon mitbekommen hat. Er war zu dem Zeitpunkt mit Sabrina im Salon und ich bin noch ein Stück mit Yanna von Bord gegangen.

Dann waren wir plötzlich zu dritt und es hat nicht lange gedauert bis Filou ganz leise gefiept hat. Ihm war klar, dass sich gerade etwas geändert hat, aber er hat sich sofort mit ein paar Streicheleinheiten beruhigen lassen. Anschließend haben wir ihm das Schiff gezeigt und ihn auf seinen Schlafplatz gelockt. Er hat sein eigenes kleines Bett, genau zwischen den beiden Kojen in der Achterkabine. Nur etwa einen halben Meter tiefer als die Kojen.

Wir haben fest damit gerechnet, dass einige Dinge viel Zeit und Geduld brauchen, um sie ihm beizubringen. In erster Linie waren das die Gangway und die steile Treppe aus dem Cockpit in den Salon. Solche Hürden sind für einen Hund ungewöhnlich und brauchen in der Regel viel Zeit und Übung.
Filou ist bereits an diesem ersten Tag, nach wenigen Versuchen, die Gangway hoch aufs Schiff geklettert. Runter hat es noch nicht geklappt, weil der Schritt nach unten zu tief war. Das habe ich am nächsten Tag angepasst, indem ich ganz oben eine Stufe eingebaut habe. Dann ist er die Gangway auch abwärts gelaufen.
Am meisten hat uns beeindruckt, dass es ihm ebenfalls am ersten Tag gelungen ist, die Treppe in den Salon runter und hoch zu klettern. Elegant wie eine Katze meistert er diese Hürde. Das hätten wir so nicht erwartet.






Überhaupt hatten wir nicht erwartet, dass er sich so schnell und problemlos an die neuen Situationen gewöhnt. Während ich diese Zeilen tippe, schläft Filou in seinem Bett in der Achterkabine, während starker Wind das Rigg zum heulen bringt. Manchmal liegt er auch im Durchgang an Steuerbord, weil es dort schön kühl am Boden ist. An der Leine läuft er wirklich toll und anderen Hunden gegenüber verhält er sich, wie erwartet, vorbildlich.
Nach einem Spaziergang geht er am liebsten unter Deck. Da gefällt es ihm am besten. Tagsüber konnten wir deshalb auch lange Zeit auf dem Deck an der Genua arbeiten, während Filou tief geschlafen hat.

Die Genua hat es leider fast hinter sich. Sie ist nicht ausgesegelt, aber sie wurde während der langen Standzeit nicht von der Rollanlage genommen. Dadurch ist der UV-Schutz im Laufe der Zeit zerbröselt. Die Reste haben wir hier in der Marina sauber rausgetrennt, darunter kamen ein paar marode Stellen und drei Risse im Achterliek zum Vorschein. Diese Stellen konnten wir mit Segeltape reparieren. Die Rollanlage selbst brauchte auch eine Menge Aufmerksamkeit. Vieles war sehr schwergängig, die Reffleine nicht optimal verlegt. Das alles hat sich so aufsummiert, dass sie nur noch zur Hälfte ausgerollt werden konnte.
Jetzt, nachdem alles ordentlich eingestellt und geschmiert ist, kann man sie ohne Probleme ausrollen und wieder bergen.
Ansonsten hatten wir neben der Genau noch weitere Baustellen, die wir hier in den Griff bekommen haben und mittlerweile ist die Liste spürbar geschrumpft. Ob das so bleibt? Hoffen wirs.

Mit Filou haben wir hingegen überhaupt keine Probleme. Er hat innerhalb kürzester Zeit ein starkes Vertrauen zu uns entwickelt. Er ist so ein lieber Hund und wir sind unendlich froh, dass dieser komplizierte Plan „Vom Streuner zum Crewmitglied“ so gut aufgegangen ist.
Das wäre ohne die Hilfe von Stefan aus Porto Cheli, Nicole Jackwerth, Yanna aus Kapandriti, Dr. Annetta Michael und Natascha nicht möglich gewesen. Viele Zahnräder haben da so ineinander gegriffen, dass es am Ende gelungen ist, Filou aufzupäppeln, ärztlich zu versorgen, zu pflegen und ihm schließlich ein zu Hause zu geben.
Und weil wir immer mal wieder auf die Kosten angesprochen werden. Dazu kann ich sagen, dass sie trotz einiger Tierarztbehandlungen, der langen Pflege, nötiger Impfungen und Logistik, nicht höher waren, als die Kosten für einen Hund vom Züchter in Deutschland. Das ist natürlich individuell sehr verschieden und soll nicht heißen, dass für jeden Menschen ein Streuner der beste Hund sein kann.
Aber vielleicht animiert dieser Hinweis ja den ein oder anderen, zumindest mal über die Option „Streuner“ nachzudenken.
Filou ist jedenfalls der unkomplizierteste und dankbarste Hund, der mir bisher begegnet ist. Noch dazu ist er unheimlich gelassen und schlau.
Mittlerweile ist er auch wieder fast ganz gesund. Seine Augen sehen toll aus, ein paar Stellen an denen die Haut gelitten hatte sind verheilt und er ist nicht mehr so extrem abgemagert. Jetzt wiegt er 22kg und wir schätzen, dass er noch etwa 3kg zulegen muss, bis er sein Optimalgewicht hat.

Jedenfalls ist er bereits jetzt unser bester Freund!

Das Ende des Regenbogens

Am 23.04. haben wir Kilada, mit ein paar Tagen Verspätung, verlassen. Die beseitigten und neuen Baustellen hier aufzulisten erspare ich euch und uns an dieser Stelle, denn es waren nochmals einige!
Während dieser Baustellentage ist es uns trotzdem gelungen, wenigstens einen kleinen Landausflug zur prähistorischen Höhle auf der anderen Seite der Bucht zu machen. Ziemlich interessant und touristisch noch unentdeckt. Erschlossen ist die Höhle wirklich gut, mit einem kleinen Steg für Ausflugsboote und schönen Wegen. Nur weiß das bisher anscheinend kaum jemand. Wir waren die einzigen Menschen dort und in der gesamten Zeit, die Nomade in der Bucht von Kilada war, habe ich nicht ein einziges Boot dort anlegen sehen.

In der prähistorischen Höhle.

Nun aber zum ersten richtigen Törn mit Nomade an diesem Sonntag im April. Es war ein reiner Motortörn. Zum segeln hatten wir zu wenig Wind und das war fürs erste Mal auch gut so. Es gab auch unter Maschine genug zu testen und zu erfassen.
Unterwegs hatten wir bereits nach kurzer Zeit das große Glück, von zwei Delfinen begleitet zu werden und wenige Stunden nach dem Start in Kilada haben wir den Anker in der Bucht von Porto Cheli wieder fallen lassen.
Delfine, Sonne und nicht die geringsten Anzeichen von Seekrankheit, trotz etwas Rollerei durch Restdünung. Ein gelungener Start.

Vor Anker in Porto Cheli.

Am nächsten Morgen sind wir gleich weiter. Heute wollten wir 32 Seemeilen bis Poros schaffen.
Die ersten 15 Meilen gab es, wie angekündigt, nur Flaute. Ab der Passage zwischen den Inseln Hydra und Dokos setzte Nordostwind ein, der durch den Düseneffekt zwischen den beiden recht hohen Landmassen, mit etwa 5 Windstärken eine etwas kabbelige See verursachte. Nomade war davon völlig unbeeindruckt. Lediglich die Geschwindigkeit ging um etwa einen halben Knoten zurück bis wir durch waren.
Nach dieser Düse konnten wir Segel setzen, bzw. ich hab sie gesetzt, während Sabrina Nomade gesteuert hat. Vom Handling bin ich ziemlich angetan. Sowohl die Winschen, als auch das gesamte drum herum geht deutlich besser von der Hand, als ich das von Eos gewohnt war. Bei etwas Seegang war das immer ein anstrengender Akt, am Mast zu arbeiten oder auf dem Vordeck zu hantieren. Auf Nomade macht mir das richtig Spaß. Selbst auf dem Bugspriet an der Rollanlage zu basteln ist bei normalem Seegang kein Problem.
Probleme gab es allerdings mit den Segeln. Einige Holepunkte waren noch nicht optimal und das Besansegel ist ziemlich ausgelutscht. Die Genua ließ sich wegen einer Blockade, die ich auf See nicht beseitigen konnte, leider nur zur Hälfte ausrollen und stand entsprechend mies. Das Großsegel ist ok.
Trotz dieser Probleme und mittelmäßiger Fahrt im Schiff, tat es unheimlich gut Nomade zu segeln. Und es tat gut, bis auf das Steuern, allein mit dem Schiff umzugehen. Das wollte ich unbedingt ausprobieren und ich bin mir jetzt ziemlich sicher, dass Nomade mit Steuerunterstützung durch den Autopiloten auch unter Vollzeug gut Einhand zu segeln ist.
Während ich also die meiste Zeit außerhalb des Cockpits oder mit den Schoten beschäftigt war, hatte Sabrina ihre Freude am Steuerrad. Gefällt ihr viel besser, als die Pinnensteuerung. Nur Böen lassen sich nicht so gut in Höhe verwandeln, meint sie, eher etwas scherzhaft. Das ging mit der kleinen, leichten Eos besser. Bis Nomade sich mal bewegt hat, ist die Böe schon durchgezogen.
Irgendwann war dann der Punkt gekommen, an dem die Segel wieder runter mussten und der Volvo erneut seine Stärken zeigen durfte. Ein Kap mussten wir noch umrunden, bevor Poros angesteuert werden konnte und dieses Kap hat für ordentlich Wind und Seegang gesorgt. Knapp 6 Beaufort genau auf die Nase und entsprechender Seegang haben Nomade… überhaupt nicht beeindruckt! Man hatte das Gefühl, die See zu pflügen. Was mit Eos Schwerstarbeit bedeutet hätte, war mit diesem Stahlschiff und dem Volvo ein Leichtes. Ihr hättet das Grinsen in unseren Gesichtern sehen  müssen. Noch nie zuvor hat uns Gegenanbolzen unter solchen Bedingungen Spaß gemacht. Sabrina dazu: „Und sie knarzt nicht mal!“

Kurz nach dem Kap hat sie dann doch etwas geknarzt, bzw. ein paar Kleinigkeiten sind ins rutschen geraten, als eine unpassende, leichte Dünung von schräg achtern Nomade zum rollen gebracht hat. So etwas macht auf keinem Schiff Spaß, aber es war ja nur für kurze Zeit.
Die Durchfahrt nach Poros war dann ein Highlight. Es kommt einem vor, als fährt man in eine Flussmündung hinein. Das Gewässer dahinter hat eher den Charakter eines Sees, als den einer Bucht.
An der Pier, direkt vor der Promenade, haben wir dann mit Buganker und Heckleinen angelegt. Zum ersten Mal in unserem Leben und das auch noch mit einem neuen Boot. Ein Glanzstück war das nicht, aber es hat beim ersten Mal geklappt.
Der Ort ist selbst jetzt im Frühjahr touristisch bereits stark frequentiert. Die Pier war abends voll und belebt. Ein Eis haben wir uns nach dem Anleger auch mal gegönnt. Liegegebühr für Nomade: 7,39 € pro Nacht.

Einfahrt nach Poros.

Hier wären wir gerne länger geblieben, aber uns hat es stark nach Norden gezogen. Denn es hat ja nicht nur Nomade in Griechenland auf uns gewartet! Also haben wir am nächsten Morgen erneut die Leinen gelöst und sind aus dieser wunderschönen Bucht hinaus in den Saronischen Golf abgebogen. 29 Seemeilen unter Maschine lagen vor uns. Auf passenden Wind warten, hätten wir uns nicht erlauben können, denn so langsam wurde die Zeit knapp. Also haben wir mit Yanna, der netten Dame, die sich in den letzten Monaten so liebevoll um Filou gekümmert und alles organisiert  hat, abgemacht, ihn in Athen, bzw. der Marina Zea in Piräus an Bord zu nehmen.
Die Fahrt dorthin kann man unter „unspektakulär und wunderschön“ verbuchen. Ein schnurrender Volvo, wenig Verkehr auf See und so eine Gelassenheit, dass wir abwechselnd im Cockpit gesteuert und gedöst haben.

Athen taucht am Horizont auf.

Das Anlegemanöver in der Marina mit Mooringleinen und Heckleinen war wieder eine Premiere und kann unter Hafenkino verbucht werden. Nachdem wir uns per Funk angemeldet hatten, wurde Nomade von einem Mitarbeiter im Marinaboot abgeholt und zu ihrem Platz begleitet. Den Liegeplatz hat er uns frühzeitig gezeigt und am Steg stand ein weiterer Mitarbeiter bereit um die Mooringleine anzugeben. Leider war mein Bremsmanöver sowas von gnadenlos zu spät, dass ich gute 3 Plätze weiter erst zum stehen gekommen bin. Wie war das noch mit den 17 Tonnen Stahl? Da muss ich mich noch dran gewöhnen.
Nach dem verpatzten Aufstopper habe ich Nomade gedreht, was bei ungünstigem Seitenwind und wenig Platz eine gefühlte Ewigkeit gedauert hat. Der gemäßigte Langkiel hat hier zum ersten Mal einen ziemlichen Nachteil bei Seitenwind auf den Bug aufgezeigt. Er drückt ihn weg und das Heck bleibt durch viel Lateralfläche wie festgenagelt stehen.
Also, kurz allen Stolz beiseite geschoben und dem Mariniero im Boot „PLEASE PUSH THE BOW.“ zugerufen. Das hat er offenbar nicht zum ersten Mal gemacht und gut dosiert mit seinem Boot den Bug in die richtige Richtung gedrückt. Mit dem Behelfsbugstrahlruder war es nach der Wende auch kein Problem mehr, rückwärts in die Lücke zu manövrieren.
Sabrina nach dem Anleger: „Ich will ein Bugstrahlruder!“
Finde ich Klasse, will ich nämlich jetzt auch.
Die Marina ist übrigens wirklich top. Alles sehr gepflegt, unheimlich hilfsbereit und gut gelegen. Preis pro Nacht für Nomade: 54 €, ohne Strom, ohne Wasser, ohne Wifi. *Autsch*

Aber man muss das ja immer gesamtheitlich betrachten und sich ein wenig schön reden, dann ist das schon ok. Jedenfalls haben wir etwas Baumaterial für Nomade von der Marina geschenkt und kostenlos ans Boot geliefert bekommen. Mit dem Taxi in den nächsten Baumarkt zu fahren wäre wieder ein riesen Akt geworden und hätte auch nicht wenig Geld gekostet. Von daher.

Achso, die Überschrift dieses Beitrags muss auch noch kurz mit einem Bild aus Kilada erklärt werden. Sieht man ja nicht so oft, einen doppelten Regenbogen bei dem Anfang und Ende sichtbar sind. Damit dürfte die alte Legende vom Topf mit Gold am unsichtbaren Ende des Regenbogens wohl geklärt sein. Wobei, nachgeschaut haben wir nicht…

Wie wir die Genua repariert haben und wie Filou an Bord gekommen ist, erfahrt ihr im nächsten Beitrag.

SV Solvesta – Colin Davies SA

GREETINGS FROM SOUTH AFRICA

Hello Peter,
You’ve not heard from me since you sold me my Windpilot back in 2002!  I called it „Peter“ and you steered me and my yacht Solvesta round the world and we were both VERY grateful to you! Thanks again for making my circumnavigation possible.
warm regards
Colin Davies, Citrusdal SA

SV Maia – Zoltan Balaton HUN

NORTH WEST PASSAGE COMPLETED

Dear Peter,
Thank You so much for the windpilot! Afterall I could tell you that your windpilot works so much better than we expected after our previous bad experiences with other units. Yours was the only well working in our lifetime! It realy made our life easier. In a well known book I read that the time if wind pilots is gone. Well, I think this is the only dependable device. Last summer it helped us to make the second half of the North West Passage and sail around Alaska!

We frequently write articles to the hungarian Sailing magasine and in those articles we said good things about your windpilot. I think You don’t mind. Last time in the 2017/2 we made a test about a few things we used on board. I will send you this article here. It is hungarian but at least you can take a look.
Thank You so much!
Best wishes,
Zoltán Balaton from boat Maia HUN WEITERLESEN

SV Karl – Nike Steiger GER

DER SCHNEE VON ÜBERGESTERN

Glückwunsch den Damen und Herren von der YACHT
Nun sind Sie also aufgewacht!
Haben Nike Steiger die Tür und Herzen aufgemacht
ihr den roten Teppich zur deutschen Sprache ausgerollt
Damit man dieser attraktiven Skipper Biene
nun auch in unserem Ländle Achtung zollt
damit endlich auch der deutsche Segelmann versteht,
wie Nike Ausländern den Kopf und Sinn verdreht. WEITERLESEN

Ostern unter Segeln: Von Italien nach Slowenien. Von San Giorgio di Nogaro nach Portoroz.


Wo war ich gleich noch stehen geblieben? 

Ach ja. Im vorigen Post noch tief im Winter, als es mit 150 PS durch neblig kalte Lagunen ging. Doch jetzt, fünf Wochen später und in der Woche nach Ostern, ist alles anders in den Lagunen. Das Gras ist grün. Der Löwenzahn trägt schicke silberne Kugelhelme. Frachter ziehen durch üppige Wiesen.

Wieso Frachter?? 

Wir sind am Fluss Corno, zwischen Grado und Lignano, in der Nähe des Städtchens San Giorgio di Nogaro, wo die Lagunen von Grado und Marano enden. Und der Fluss, den ich in meinen Winterposts beschrieb, sich jetzt im Frühjahr milde durch Auwiesen, Weidengestrüpp und Schilfhalme hindurch an Stahlwerken, Glasfabriken, Flusshäfen vorbei schlängelt. Und an den Marinas von San Giorgio und Sant’Andrea vorbei, wo Levje den Winter über lag. Und als würden die Menschen es dem Löwenzahn gleichtun, zeigen sie allerhand Kunststücke.


Klettern Masten hinauf, weil Windmesser und Vorstag nicht wollen, wie „Mann“ will. Malträtieren jämmerlich Teakdecks mit Dampfstrahlern und Schrubbern. Oder stecken, wie ich auf Levje, Köpfe und Nase auf ihren Schiffen in Ecken, wo Köpfe und Nasen nun mal nicht hineingehören. Frei nach dem Motto: „Ich wollt‘ immer schon mal wissen, was unter dem Brett ist“. 
Es ist Frühjahr im Hafen. Der Mensch: Erwacht.


Aber immer bloß reparieren geht auch nicht. Und wer jetzt meint, in diesem Sommer endlich, endlich sein Boot in perfektem Zustand zu bringen, der kommt niemals aus dem Hafen raus. Wer zur Unzeit perfekt sein will, kommt nicht zum Segeln.

Also lasse ich irgendwann Brett wieder Brett sein, und Solaranlagen-Kabel Solaranlagen-Kabel und tuckere mit Levje einfach durch die Lagunen den Fluss hinunter. Was scherts, dass das eine oder andere noch nicht fertig oder nicht angeschlossen ist. Das Wetter ist schön. Die Segel neu. Das Unterwasserschiff glatt und schnell, wie selten. Leichter Wind aus Süd, eiskalt – aber was machts.

Den Corno hinunter geht die Fahrt, wo ich vor einer Woche noch neidisch mit dem Schraubenzieher in der Hand den Frachtern zwischen den Wiesen nachschaute. Die Wasserwüste der Lagunen glänzt, als hätte es fünf Monate Nebel und klamm und kalt nie gegeben, als wäre das Leben in den Lagunen ein immerwährender Sommer. Und weil sich der Wind am Nachmittag gar so nett entfaltet, lassen wir Grado einfach links liegen und die Mündung des Isonzo auch. Und segeln hinüber über den Golf von Triest nach Osten in vier Stunden. In ein ganz anderes Land, nach Slowenien, einfach für einen Samstag. In die Bucht von Portoroz.  

Aber auch in Portoroz, wo wir vor dem Hafen die Nacht ankern, ist alles scheinbar wie es immer war. Süddeutsche und österreichische Segelschüler drehen Kreise auf dem Wasser, fahren Q-Wenden und „Mann-über-Bord“-Manöver, als wäre nichts gewesen. Der Hügel neben der Marina ragt mit seinen Lebensbäumen in der Abenddämmerung wie eine Insel aus dem Meer. Das Spielcasino im ach so gern sich mondän gebenden Portoroz entzündet in der Abenddämmerung die Leuchtreklame mit dem flirrenden Roulette-Rad auf seinem Dach. Für einen kurzen Moment überlege ich, ob im Casino vielleicht noch der Glanz von „James-Bond“ und „Smoking“ wie in den Siebzigern zuhause sein könnten. Oder ob auch das leuchtende Casino im slowenischen Seebad Portoroz den Weg allen Irdischen ging und vom Glanz erhaben sich drehender Roulette-Räder nichts übrig blieb als eine Ansammlung dudelnder, klingelnder, wimmernder elektronischer Spielautomaten.

Ich nehme mir vor, beim nächsten Mal nachsehen zu gehen, bloß aus Neugier. Wie es so zugeht, im Casino von Portoroz unter dem glitzernden Roulette-Rad, das mir herüberleuchtete manche Gewitternacht, die ich auf LEVJE ankernd in der Bucht verbrachte.

Aber heute gehört der Abend dem Sonnenuntergang. Auf den hat man aus der Bucht von Portoroz einen ganz wunderbaren Blick, als hätte man einen Logenplatz wie die beiden keifenden Alten am Ende der Muppet-Show. Sonnenuntergänge über dem Meer sind ja nun wirklich Kitsch. Ganz sicher wird es, Frankreich hin, Trump her, auch in diesem Sommer wieder jede Menge davon geben. Aber der in der Bucht von Portoroz ist nun wirklich etwas Besonderes, es gibt ihn nur einmal auf der Welt. Nur an diesem Ankerplatz vor der Marina von Portoroz, den Sonnenuntergang zwischen den beiden Landzungen, die auch das geografische Ende zweier Länder markieren: An der Landzunge rechts endet das Euro-Land Slowenien. An der Landzunge links endet das Nicht-Euro-Land Kroatien.

Schöner und näher an der Wahrheit kann man doch in diesem Frühjahr nicht ankern.
Oder?

Lieber Couch-Segeln im Warmen
statt echtes Segeln im Kalten?

„Eine Empfehlung für alle Freunde von Italien, Segeln, Reisen, dem Meer…“
Ein AMAZON-Rezensent/in

„Ich lese das Buch und werde versetzt in eine Welt, 
wo das Leben eben nicht nur aus Hektik und Nachrichten besteht.“

Ein AMAZON-Rezensent/in

JETZT erschienen als PRINT oder als eBook ab € 9,99unter millemari.de/Ein-sommer-lang-sizilien.
sowie in jeder Buchhandlung oder bei AMAZON.

Ostern unter Segeln: Von Italien nach Slowenien. Von San Giorgio di Nogaro nach Portoroz.


Wo war ich gleich noch stehen geblieben? 

Ach ja. Im vorigen Post noch tief im Winter, als es mit 150 PS durch neblig kalte Lagunen ging. Doch jetzt, fünf Wochen später und in der Woche nach Ostern, ist alles anders in den Lagunen. Das Gras ist grün. Der Löwenzahn trägt schicke silberne Kugelhelme. Frachter ziehen durch üppige Wiesen.

Wieso Frachter?? 

Wir sind am Fluss Corno, zwischen Grado und Lignano, in der Nähe des Städtchens San Giorgio di Nogaro, wo die Lagunen von Grado und Marano enden. Und der Fluss, den ich in meinen Winterposts beschrieb, sich jetzt im Frühjahr milde durch Auwiesen, Weidengestrüpp und Schilfhalme hindurch an Stahlwerken, Glasfabriken, Flusshäfen vorbei schlängelt. Und an den Marinas von San Giorgio und Sant’Andrea vorbei, wo Levje den Winter über lag. Und als würden die Menschen es dem Löwenzahn gleichtun, zeigen sie allerhand Kunststücke.


Klettern Masten hinauf, weil Windmesser und Vorstag nicht wollen, wie „Mann“ will. Malträtieren jämmerlich Teakdecks mit Dampfstrahlern und Schrubbern. Oder stecken, wie ich auf Levje, Köpfe und Nase auf ihren Schiffen in Ecken, wo Köpfe und Nasen nun mal nicht hineingehören. Frei nach dem Motto: „Ich wollt‘ immer schon mal wissen, was unter dem Brett ist“. 
Es ist Frühjahr im Hafen. Der Mensch: Erwacht.


Aber immer bloß reparieren geht auch nicht. Und wer jetzt meint, in diesem Sommer endlich, endlich sein Boot in perfektem Zustand zu bringen, der kommt niemals aus dem Hafen raus. Wer zur Unzeit perfekt sein will, kommt nicht zum Segeln.

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Den Corno hinunter geht die Fahrt, wo ich vor einer Woche noch neidisch mit dem Schraubenzieher in der Hand den Frachtern zwischen den Wiesen nachschaute. Die Wasserwüste der Lagunen glänzt, als hätte es fünf Monate Nebel und klamm und kalt nie gegeben, als wäre das Leben in den Lagunen ein immerwährender Sommer. Und weil sich der Wind am Nachmittag gar so nett entfaltet, lassen wir Grado einfach links liegen und die Mündung des Isonzo auch. Und segeln hinüber über den Golf von Triest nach Osten in vier Stunden. In ein ganz anderes Land, nach Slowenien, einfach für einen Samstag. In die Bucht von Portoroz.  

Aber auch in Portoroz, wo wir vor dem Hafen die Nacht ankern, ist alles scheinbar wie es immer war. Süddeutsche und österreichische Segelschüler drehen Kreise auf dem Wasser, fahren Q-Wenden und „Mann-über-Bord“-Manöver, als wäre nichts gewesen. Der Hügel neben der Marina ragt mit seinen Lebensbäumen in der Abenddämmerung wie eine Insel aus dem Meer. Das Spielcasino im ach so gern sich mondän gebenden Portoroz entzündet in der Abenddämmerung die Leuchtreklame mit dem flirrenden Roulette-Rad auf seinem Dach. Für einen kurzen Moment überlege ich, ob im Casino vielleicht noch der Glanz von „James-Bond“ und „Smoking“ wie in den Siebzigern zuhause sein könnten. Oder ob auch das leuchtende Casino im slowenischen Seebad Portoroz den Weg allen Irdischen ging und vom Glanz erhaben sich drehender Roulette-Räder nichts übrig blieb als eine Ansammlung dudelnder, klingelnder, wimmernder elektronischer Spielautomaten.

Ich nehme mir vor, beim nächsten Mal nachsehen zu gehen, bloß aus Neugier. Wie es so zugeht, im Casino von Portoroz unter dem glitzernden Roulette-Rad, das mir herüberleuchtete manche Gewitternacht, die ich auf LEVJE ankernd in der Bucht verbrachte.

Aber heute gehört der Abend dem Sonnenuntergang. Auf den hat man aus der Bucht von Portoroz einen ganz wunderbaren Blick, als hätte man einen Logenplatz wie die beiden keifenden Alten am Ende der Muppet-Show. Sonnenuntergänge über dem Meer sind ja nun wirklich Kitsch. Ganz sicher wird es, Frankreich hin, Trump her, auch in diesem Sommer wieder jede Menge davon geben. Aber der in der Bucht von Portoroz ist nun wirklich etwas Besonderes, es gibt ihn nur einmal auf der Welt. Nur an diesem Ankerplatz vor der Marina von Portoroz, den Sonnenuntergang zwischen den beiden Landzungen, die auch das geografische Ende zweier Länder markieren: An der Landzunge rechts endet das Euro-Land Slowenien. An der Landzunge links endet das Nicht-Euro-Land Kroatien.

Schöner und näher an der Wahrheit kann man doch in diesem Frühjahr nicht ankern.
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