Kategorie: Atanga

Legal, illegal, scheißegal

Fr., 23.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1364, 12.404 sm von HH

Letzte Woche hat Panama für Yachties die Einreiseregeln geändert. Das ‚Yatista‘ Visum wurde abgeschafft. Gut für Neuankömmlinge, wir haben vor drei Monaten noch 200 USD dafür bezahlt.
Das Visum war ein Jahr gültig, musste jedoch alle drei Monate verlängert werden.

Ab sofort gibt es nur noch ein Touristen-Visum, von Anfang an sechs Monate gültig.
Das Pech will es, dass wir das ‚Yatista‘ Visum im Pass kleben haben. Gültig bis 29. Februar 2018. Das ist an sich schon Quatsch, da dieses Jahr der Februar 28 Tage hat. Das ist bei der Einreise niemandem aufgefallen.

Brav und deutsch wie wir sind, möchten wir unseren Aufenthalt legalisieren.
Mit dem Shopping-Bus düsen wir nach Colon. Eben noch in ein Taxi gesprungen und schon stehen wir vor dem Büro der Immigration. Wir sehen gut aus und befolgen den vorgeschriebenen Dress-Code: keine kurzen Hosen, dafür Hemdpflicht bei Männern, keine Flip-Flops und keine Spaghetti-Träger bei Frauen.

Die nette Zwei-Sterne-Offizierin, die sich sofort um uns kümmert, ist hilflos. „Wir haben neue Regeln.“ „Jupp, wissen wir, deswegen sind wir hier.“ Sie überlegt, läuft mit unseren Pässen von einem Kollegen zum anderen. Viel Palaver und viel Schulterzucken können wir erkennen. Die kollektive Ratlosigkeit ist förmlich greifbar.
Strahlend kommt sie wieder. Wir bräuchten gar nichts machen. Neben dem lästigen Visum, hätten wir ja noch den normalen Einreisestempel vom 29. November, also Ende Mai müssen wir raus.
Das Leben könnte so schön sein. Aber Achim (@@§%&§@) lässt nicht locker und zeigt auf den 29. Februar.
Die Kleine läuft wieder weg. Diesmal zur Vier-Sterne-Chefin.
Bedauernd kommt sie wieder. Alles falsch, was sie eben gesagt hat, wir müssen nach Panama City. Hier können sie uns nicht helfen. Alles betteln und flehen, nützt nichts.
Ab nach Panama City.

Eine ätzende Busfahrt von 2,5 Stunden später und einer weiteren Taxifahrt durch das Dauerstau gestresste Panama City, stehen wir vor der großen Immigrations-Behörde.
An einer Art Tresen ist man uns sofort behilflich. Der Ein-Stern-Mann läuft mit uns durch Gänge, klopft an Türen und fragt Kollegen auf dem Gang, um uns schließlich vor einer Tür zu parken: „Hier seid ihr richtig, aber der Beamte, der euch helfen kann, ist gerade zum Mittagessen.“

Wir warten. Aber nur kurz. Die Hinweis-Schilder an der Tür kommen uns spanisch vor. Wir übersetzen ‚Abholung‘ und wähnen uns falsch an diesem Ort.
Eigenmächtig verlassen wir unseren Warteplatz und versuchen am Eingang beim Pförtner unser Glück. Der hat keinen Plan, was wir wollen, hält aber eine süße Zwei-Sterne-Offizierin an.
Noch mehr Gänge, noch mehr Türen. Sie verschwindet hinter einer Tür. Wieder warten. „Nein, wir sind falsch hier“, kommt sie zurück. Gemeinsam geht es nun in das Erdgeschoß.

Ein Lichtblick in Form eines Drei-Sterne-Typs, der etwas englisch spricht. Er nimmt unsere Pässe, wir warten. Strahlend kommt er wieder, wir bräuchten gar nichts machen.
Achim kann es nicht lassen und zeigt wieder auf den 29. Februar. „Ach das“, die drei Sterne freuen sich, „das heißt doch 29.12.18“.
Heißt es nicht, was er als ‚eins‘ interpretiert, ist ein Trennstrich. Mann, kauf Dir eine Brille.
Aber jetzt gibt auch Achim auf.

Außer Spesen, nichts gewesen. Auf umgekehrten Weg geht es zur Marina zurück, außer dass der Nachmittags-Shopping-Bus natürlich weg ist. Zehn Stunden unterwegs für genau gar nichts.
Achim findet, wir haben alles menschenmögliche unternommen, um legal in Panama zu sein. Ich finde die ‚Idee‘ von dem drei-Sterne-Mann gut und bin für Urkundenfälschung.
Vor dem Trennstrich ist genug Platz, um eine ‚eins‘ davor zu malen.
Die Strafen für illegalen Aufenthalt betragen einhundert USD pro Monat, pro Person. Mit zwei kleinen Strichen wäre das aus der Welt. Die Crew diskutiert noch. ;-)

Unser Visum für Panama

Unser Visum für Panama

Raymarine

Mi., 21.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1362, 12.404 sm von HH

Willkommen in der schönen digitalen Welt. In der Welt von Raymarine.
Der Radar kommuniziert per WiFi mit dem Plotter und der Autopilot spricht mit dem Windmesser.
Alle Geräte kennen sich, jeder weiß vom anderen. Daten werden von einem Gerät zum anderen übermittelt. Durch die ‚Raynet-Kabel‘ werden alle Komponenten zu einem Netzwerk verbunden.
Das ist neu für uns. Unsere alten Geräte kannten sich nicht, jedes Teil war ’stand alone‘, außer das Radar und der Plotter.

Wir haben uns komplett für Raymarine entschieden.
Unser alter Plotter und das Radar war vorher schon Raymarine. Die Navigation war ‚B&G‘ und beim Autopiloten hatten wir ‚Simrad‘ – sozusagen die Mercedes S-Klasse im maritimen Bereich.
Raymarine ist so eine Art ‚VAG‘. Wie ein Passat, solide und weit verbreitet. Aber nicht so sexy. Trotzdem sind die meisten Nutzer von Raymarine zufrieden, außer denen, die eine Montags-Installation erwischt haben.

Wir sind nach dem Prinzip ’neu für alt‘ versichert, hätten somit die, teureren ‚Simrad‘-Geräte (heute gehören ‚B&G‘ und ‚Simrad‘ zusammen), wählen können.
Die unkomplizierte Vernetzung durch das ‚Raynet-Kabel‘ hat uns jedoch überzeugt. Natürlich kann man auch ‚Simrad‘ in ein Raymarine-Netz einspeisen, aber es bedarf sicher einiger Überredungskünste bis die miteinander sprechen.

Unsere alte ‚B&G‘ Navigation lief treu seit 29 Jahren auf Atanga. Unkaputtbar solche Teile. Noch mit analogen Anzeigen. Retro und etwas altodisch, aber zuverlässig. Ob die ‚B&G‘ Qualität heute noch die gleiche wäre, darf angezweifelt werden. Neue Miele-Waschmaschinen halten auch keine zwanzig Jahre mehr.
Außerdem verfügt Raymarine über ein weit verbreitetes Netz an Vertretungen.

Ohne Internet-Update wollen die Komponenten sich nicht erkennen. Das macht Achim morgens um 5:00 Uhr, wenn das Internet noch unbelastet ist. Tagsüber, wenn der halbe Hafen im Netz hängt, kann man das vergessen. Die Kartons sind abgearbeitet – alles klappt vom Feinsten.
Kein Gerät muss lange überzeugt werden, beim großen Netzwerk-Spiel mitzumachen.

In Kleinigkeiten enttäuscht Raymarine dann leider doch.
Die mitgelieferten Schrauben sind von so mieser Qualität, dass sie nach einmaliger Nutzung rund gedreht sind. Die Rahmen um die Anzeige-Einheiten, die diese Schrauben verdecken, sind billigster Plastik-Schrott.
Am meisten entsetzen Achim die Kabel für den Mast. Die Ummantelung ist so weich und unwertig, dass beim leichten Ziehen über die Kante die Ummantelung beschädigt wird.
Liebe Raymarine-Leute: das ist echt am falschen Platz gespart und schmälert den guten Eindruck ganz erheblich. Dann seid ihr maximal noch Dacia-Klasse.

Das alte B&G Gerät dient nur noch als Platzhalter, weil wir das Loch nicht brauchen

Das alte B&G Gerät dient nur noch als Platzhalter, weil wir das Loch nicht brauchen

Maloche im Mast

So., 18.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1359, 12.404 sm von HH

Seit zwei Tagen geht es nur: hoch – runter, hoch – runter.
Als erstes schafft Achim das Radar nach oben. Er hat Glück und alten Schraubenlöcher in der Halterung passen mit dem neuen Radar genau überein. Leider sind die neuen Schrauben zu lang. Hoch -runter.

Der Radar-Dom hängt ungefähr in acht Meter Höhe. Wir haben eine Abmachung für den Mast. Bis zur ersten Saling darf Achim ohne Sicherung klettern.
Eigentlich auch Quatsch. Ein Sturz aus sechs Metern dürfte einen unschönen Fleck auf dem Deck hinterlassen. Aber ich will ja nicht den Kindergarten-Cop spielen.
Alles über diese sechs Meter hinaus, soll er gesichert klettern.

Auch eine doofe Abmachung. Erfordert dies doch meine Anwesenheit. An seinem Klettergeschirr befestigt Achim ein Fall und ich sichere das Fall von unten.
Wenn er wieder runter will, klopft er gegen den Mast, damit ich die Sicherung löse.
Wenn er etwas will, klopft er auch. Eigentlich klopft er nur: „Ich brauch einen 6er Maulschlüssel. Mir fehlt ein Tüttelband.“ Den benötigten Kram lege ich in einen Eimer, den ich an einem zweiten Fall nach oben ziehe. Hoch – runter.

Neben dem Radar muss die neue Antenne nach oben und der neue Windmesser. Das Zeug wird am Mast-Top montiert. Hierfür sind neue Halterungen erforderlich. Rostige Verbindungen lösen und neue Löcher bohren – in 16 Meter Höhe. Dass ein Wind von 20 Knoten plus über den Hafen fegt, macht es nicht besser. Ich bin froh nur der Laufbursche am Boden zu sein.

Die letzten beiden Maststufen sind auf gleicher Höhe angenietet, damit man dort oben „stehen“ und arbeiten kann. Leider sind diese Stufen zu niedrig montiert.
Achim kann sich nicht von oben über die Mast-Spitze beugen, sondern muss alles über Kopf erledigen. Eine sowieso schon hässliche Arbeit wird unnötig erschwert (also merke: wer Maststufen an seinen Mast montiert, darauf achten, dass die letzten Stufen hoch genug angebracht werden).

Eine Bohrmaschine plus Verlängerungskabel muss nach oben. Pullt Männer!
„Achte drauf, was du machst,“ schallt es von oben. „Das Kabel vertörnt sich im Fall.“
Wir bebrüllen den gesamten Hafen. Der Wind reißt sofort Wortfetzen ab.

Ich weiß nicht, wie oft Achim die letzten Tage geklettert ist. In jedem Fall über die Muskelkatergrenze hinaus
Altes Antennenkabel raus, neues Stromkabel rein: hoch-runter. Ein Werkzeug vergessen, was der Assi nicht findet (nicht finden kann ;-) : hoch runter. Eine Schraube will sich nicht lösen: hoch-runter.
Man soll ja kein Mitleid mit seinem Chef haben, aber arme Sau, ich möchte nicht mit ihm tauschen.

"Ich brauch noch mal eben..."

„Ich brauch noch mal eben…“

Allein, allein

Mi., 14.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1355, 12.404 sm von HH

Rudi ist raus.
Achim’s einzig verfügbare Hilfe vor Ort hilft nicht mehr. Genau genommen hat er noch nicht einen Handschlag an Bord gerührt. Beim Kostenvoranschlag (hüstel, seinem heftigen Kostenvoranschlag) war er noch dabei und ist dann in der Versenkung verschwunden.
Seine Schätzung waren 250 Stunden Arbeit inklusive Deinstallation und Beschaffung der neuen Geräte. Er wollte der Chef sein und Achim sein Assi.

Wer sich nicht blicken lässt, ist Rudi. Zwei- dreimal hat Achim sich bei ihm einen Rat geholt, das war’s. Kein Angebot der Hilfe, kein Nachfragen. Wofür will der Mann sich denn bezahlen lassen, fragen wir uns.
Als letzte Woche das Paket kam, ist Achim zu ihm gegangen und hat ihn um einen angepassten Kostenvoranschlag gebeten. Schließlich hatte Achim bereits 150 Stunden abgeleistet. Würden sie jetzt den Aufbau gemeinsam machen, wären für Rudi nur noch 50 Stunden übrig sein, da könne es ja schlecht bei dem ursprünglichen Betrag bleiben.
Keine Reaktion. Vier Tage nicht. Stattdessen sitzt der Herr auf der Restaurant-Terrasse und schlürft Kaltgetränke. Wir haben der Versicherung geschrieben, dass Rudi nicht mehr zur Verfügung steht und wir nun alles in Eigenregie übernehmen.

Jetzt ist Achim der Chef, ich bin der Assi.
Gefährliches Parkett. „Ich habe noch eine ehrenvolle Aufgabe für Dich.“ Je ehrenvoller der Job, desto beknackter ist er. Meistens werde ich von einer Schiffs-Seite zur anderen gejagt. Dann darf ich an irgendwelchen Kabeln ziehen. „Voooorsichtig! Nicht wie ein Tier.“ Augenroll.

Oder ich muss als lebende Schraubzwinge etwas festhalten: „Richtig zupacken, du musst schon festhalten, nicht wie ein Mädchen.“ Es geht doch nichts über einen gepflegten Baustellen-Ton.
Ich wäre auch gerne Chef anstelle des Chefs.

Neben den ehrenvollen Aufgaben, bekomme ich dann noch die mit Verantwortung. Die sind auch schlimm, weil es dann für alle Zeiten jemanden gibt, der die Schuld hat.
Die toten Augen-Löcher der Navigation auf die neuen Geräte anpassen, ist so ein Job. Schablonen ausschneiden und so ausrichten, dass alle drei Geräte im gleichen Abstand zueinander und dann noch grade im Kasten sitzen. Schwarzen Edding kann man nicht erkennen, also ritze ich mit dem Zirkel die Umrandung in den Kunststoff. Das muss ja schief gehen.
Achim sägt mit der Lochsäge nach meinen Vorgaben die neuen Löcher – die Ungenauigkeiten darf ich dann mit dem Dremel ausgleichen.

 

Fusch-Beseitigung

Fusch-Beseitigung

Meine ersten selbst eingebauten Geräte - final gibt es dafür Note 2 vom Chef

Meine ersten selbst eingebauten Geräte – final gibt es dafür Note 2 vom Chef

 

„Du kannst mal eben die Kabel beschriften, damit ich den Schalter wieder richtig zusammen kriege.“ Auch so ein undankbarer Job. „Und zeichne einen Schaltplan.“
Huch? Wie meint er das denn? Ich gebe alles: Gelb gegenüber von ’schwarz 3′ und rot gegenüber von ’schwarz 4′, aber gleichzeitig rot in ’schwarz 3′. Für mich völlig logisch.
Läuft auch alles ganz gut, bis zum Wieder-Zusammenbau des Schalters. Achim macht alles so, wie mein ‚Schaltplan‘ es vorsieht. Dann kommt Mecker: „Kann es sein, dass Du was falsch beschriftet hast? Das Bugstrahlruder geht nur noch zu einer Seite.“
Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Stecke wichtig meine Nase in den Schalter und bete meinen Schaltkreis runter. Dann verweise ich auf das Beweisfotos. Peinlich, peinlich, Kabels-Jobs sind nicht mein Ding. Ein kleiner Zahlendreher beim Beschriften.

Ich halte es mit Werner: „Ein Glück, Morgen is‘ Berufsschule.“

Folgenschwere falsche Kabelbeschriftung

Folgenschwere falsche Kabelbeschriftung

 

BBQ in der Shelter Bay Marina

So., 11.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1352, 12.404 sm von HH

Das gesellschaftliche Highlight sind sonntags die Grillabende.
Die meisten Segler bleiben nur zehn Tage hier, somit haben wir fast jeden Sonntag neue Tischnachbarn.
Jeden Sonntag die gleiche Frage: „Wollt ihr auch durch den Kanal?“ „Nein, wir sind vom Blitz getroffen worden.“ Jeden Sonntag die gleiche Reaktion: „Oh, my godness.“
Und jeden Sonntag stoßen wir auf einen Menschenfreund, der Horror-Geschichten über Blitzopfer zu berichten weiß.

Ich mag es nicht mehr hören. Wir gehen trotzdem hin. Ist ja sonst nichts los hier.
Ich hatte sogar schon überlegt bei der täglichen Wasser-Gymnastik mitzumachen. Aber das ist mir dann doch zu ‚reha‘. Die Teilnehmer sind alle schon hundert.

Beim ‚pot luck‘ wird nichts abgesprochen, daher kann es passieren, dass es eine Woche sieben Nudelsalate gibt und am nächsten Wochenende gar keinen. Das stört aber nicht weiter, schmecken ja alle anders.
Zur Zeit sind fast nur Amerikaner hier. Mal ein Australier oder Kanadier dazwischen, aber kaum Europäer. Was die Amis zum BBQ mitbringen ist besser, als ihr schlecht-kochen-können-Ruf befürchten lässt. Die meisten geben sich außergewöhnlich viel Mühe. Es gibt knusprige Weißbrot-Ecken mit Birne und Ziegenkäse überbacken oder kleine Peperoni mit Parmesan. Oder feiste Muffins mit Bananen-Glasur. Mal eine Quiche oder auch Ofengemüse.
Natürlich gibt es dazwischen Schlitzohren, die eine Dose ‚baked beans‘ öffnen, erwärmen und das Ganze als Salat verkaufen. Selbstgemacht, versteht sich.

Überhaupt die Amerikaner. Die meisten sind nett und ganz normal. Ein bisschen pauschal betrachtet: wer aus Florida oder Kalifornien stammt, ist normal. Wir wurden sogar schon mal mit einem „Wir haben ihn nicht gewählt“, begrüßt. Dazwischen gibt es natürlich auch ein paar ‚Rednecks‘, die statt der Gastlandflagge, die Flagge der Konföderierten zeigen.

Und dann sind da noch die Glitter-Ami-Frauen. Alles an ihnen ist schrill: die Stimme, die schreiend pink mit Glitzer besetzten Handy-Taschen und die Klamotten. Die Haare ein wenig zu blond, der Rock ein wenig zu kurz. Ihr Jahr, als sie zur ‚Home-coming-Queen‘ gewählt wurden, liegt 40 Jahre zurück. Alle wissen es, alle sehen es, nur die Damen wollen es nicht wahr haben.
Als wandelnde Barbie-Puppen schrillen sie umher. Ihre Schiffe haben folgerichtig die passenden Namen: ‚Zucker-Bude‘ und ’süßer Triumphwagen‘.
Am Pool habe ich auch das erste Mal in Natura ein Gesicht nach einem schlechten Face-Lifting gesehen.

Ihre oberflächliche Freundlichkeit ist legender. Und Betsy ein lebendes Exemplar. Immer wenn Betsy auf eine runde Menschen trifft und ein neues Gesicht entdeckt, streckt sie ihrem Opfer die Hand entgegen: „Hi, I’m Betsy.“ Wen sie da begrüßt, ist ihr vollkommen egal. Sie schaut gar nicht hin. Am nächsten Abend hat man wieder ihre Hand vor der Nase.
Beim dritten Mal mache ich sie darauf aufmerksam. „Ach, ihr Deutschen, ihr seid immer so direkt.“
Der Beginn einer kurzen, wunderbaren, oberflächlichen Freundschaft.

Heute ist wieder Sonntag. BBQ-Tag. Ich freu mich schon auf eine Neues: „oh, my godness.“

BBQ in der Shelter Bay Marina

BBQ in der Shelter Bay Marina

***breaking news***

Do., 08.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1349, 12.404 sm von HH

FedEx hat geliefert.
Kaum hatte ich gestern geschrieben, dass bald geliefert werden soll, klopft es am Schiff.
Aber wohin jetzt mit dem ganzen Kram? Auf sechs riesige Kartons verteilt sich die Lieferung. Die passen gar nicht durch die Tür. Also auspacken.
Die Geräte-Kartons und Kabel stehen nun aufgereiht im Gang nach hinten. Wohin auch sonst? Dass man dort jetzt kaum gehen kann, verwundert wohl niemanden.

besser als dreimal Weihnachten

besser als dreimal Weihnachten

 

Der Skipper freut sich. Es scheint alles geliefert worden zu sein. Gut gemacht, Defender.

Ich freue mich auch, aber verhaltener. Ich weiß, was gleich passiert. Und richtig, nach der ersten Bestandsaufnahme dauert es keine zwei Stunden und wir sind im Durcheinander versunken. Sitzpolster zur Seite, Bodenbretter hoch und Werkzeugkästen aufgeklappt.
Nun ist auch im Salon ist kein Umdrehen mehr möglich.
Und das ist erst die erste Lieferung. Weitere 40 kg warten in Deutschland noch auf ihren Versand.  :shock:

Da freut sich aber einer

Da freut sich aber einer

90 Minuten später

90 Minuten später

FedEx Panama

Mi., 07.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1348, 12.404 sm von HH

Seit über einer Woche ist FedEx Panama jetzt überfällig. Das Tracking bekommt jeden Tag einen anderen Status. Kreativ sind sie ja bei FedEx: ‚Ware wartet auf Import Freigabe‘, ‚Zoll-Verspätung‘ und jetzt ‚Verschiffungs-Ausnahme‘.
Das ist sozusagen der Joker bei FedEx, der ‚Ben Gurion‘ unter den Ausreden. Der sticht alles.
In der FedEx Welt kann das von ‚Paket ist von Laster gefallen‘ bis zu ‚Lager ist abgebrannt‘ alles bedeuten.

Wir haben uns sagen lassen, dass FedEx in Panama City keine Lust hat, wegen eines Paketes hier raus zu fahren. Da wird schön gesammelt bis es sich lohnt.
Ich bin fest überzeugt, genau so ist das!

Wir haben beim Lieferanten nachgefragt, ob der nicht FedEx USA beauftragen könnte bei FedEx Panama nachzuforschen – prompt ändert sich der Status: ‚Lieferung Morgen‘.

Achim wird noch bekloppt durch die Warterei. Aber er nutzt die Zeit. Er schuftet jeden Tag sechs, sieben Stunden mit seinen Kabeln rum. „Schlimmer als arbeiten“, ist sein neuer Lieblings-Satz. Atanga hat bestimmt schon fünf Zentimeter weniger Tiefgang, weil er so viele Kabel-Leichen geborgen hat.

Alle Kabel, die ‚viel Strom durch den Blitz gesehen haben‘, sind raus. Alle nutzlosen Kabel sind gefunden und gezogen.

Allein den „Positions-Leuchten-Überwachung“ wieder in Ordnung zu bringen, dauert endlos.
Am Schaltkasten außen ist ein kleines Segelboot abgebildet. Wenn das Top-Licht eingeschaltet ist, leuchtet auf dem kleinen Schiffchen eine kleine Diode am Top des Schiffes. Total praktisch, man sieht sofort, auch bei gleißendem Sonnenlicht, ob und wenn ja, welche Lampe angeschaltet ist.
Diese Dioden in dem Schiffchen hat es durch den Blitz weg gebrannt. Dreizehn Kabel führen in den „Positions-Leuchten-Überwacher“. Mit nur drei verschiedenen Farben (liebe Elektro-Industrie – jeder Tuschkasten kann da mehr) und sind nicht beschriftet.
Jedes Kabel wird abgeklemmt, durchgemessen und ermittelt, wo es hinführt.

Im Grunde gilt das für jedes einzelne Kabel, was sich nun noch im Schaltkasten befindet.
Die sind jetzt organisiert und beschriftet. Was noch fehlt, ist eine Bündelung und Fixierung im Schaltkasten (Anm. der Red.: Auf diesen Satz hat Achim bestanden).

Die Arbeiten kommen langsam zum Ende, er ist bereit für das neue Zeug.
Für Morgen hat er sich schon mal nichts vorgenommen, da kommt ja die Lieferung. :lol:

Schaltkasten - jetzt aufgeräumt und mit beschrifteten Kabeln

Schaltkasten – jetzt aufgeräumt und mit beschrifteten Kabeln

Schaltkasten von außen mit Schiffchen

Schaltkasten von außen mit Schiffchen

 

P.S.: Es gibt auch was Positives: Das Wetter ist besser, deutlich gut, um genau zu sein. Die Sonne schein, kein Regen mehr und ein dauerhafter Passat-Wind fegt durchs Schiff. Wir liegen mit dem Hintern nach Osten, so dass 24 Stunden ein kräftiger Zug den ganzen Schimmel zum Schweigen zwingt.

Der Shelter Bay Marina Bus

Sa., 03.02.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1344, 12.404 sm von HH

Ich bin ja froh, dass es diesen Bus gibt, aber ein Quell der Freude ist er nicht. Langsam beginne ich ihn zu hassen.

Der Mini-Bus schafft 25 Personen und befördert neben Menschen auch Kakerlaken hin und her.
„Die laufen einem über die Füße“, aufgeregt warnt mich eine Amerikanerin gleich vor der ersten Fahrt. „Typisch Ami, immer übertreiben“, denke ich so bei mir. Ich sehe keine.
Vorsichtshalber stelle ich meinen Rucksack nicht auf die Erde.

In Woche 2 sehe ich dann beim Einsteigen das erste Mal eine huschen. Huch.
Noch wähne mich sicher, immer schön den Rucksack geschlossen halten und die Taschen auf dem Sitz.
In Woche drei scheint es Nachwuchs gegeben zu haben. Viele kleine Kakis sind nun unterwegs.
Die Taschen auf dem Sitz zu halten, ist ein Witz. Die kleinen Racker sind echte Pioniere. Krabbeln frech und munter über die Lehen, Sitze und an den Scheiben hoch.
Schuhe klatschen, verhaltenes Quicken hinter mir. Dann ein kräftiges ‚Pffffft‘. Im gut besetzten Bus sprüht eine verzweifelte Frau die Chemie-Keule aus der Dose auf die Tierchen.
Muss ja nun auch nicht sein, das giftige Zeug einzuatmen (warum hat sie überhaupt so eine Dose dabei, frage ich mich).
Wieder ein Schrei und erneutes Sprühen. Ich bitte darum mit dem Sprühen aufzuhören. Das Zeug stinkt wie Hölle und die Kakerlaken sind wahrscheinlich seit Jahren resistent dagegen.

In Woche vier ist wieder Ruhe im Bus. Vielleicht hat der Fahrer mal gründlich durch gewischt.  Ich glaube wieder dran, dass ich es schaffen kann, keines der Biester mit an Bord zu schleppen.

Abgesehen von den Kakerlaken ist die Tour unglaublich langweilig.
Zu 45 Minuten Fahrt kommt häufig noch das Doppelte an Wartezeit vor der Fähre dazu.
Ein echtes zwei-Minuten-Highlight bekommt man, wenn der Fahrer den Weg über die einspurigen Dreh-Brücken vor den Schleusen nimmt. Auf der Atlantikseite sind die auf Meeres-Niveau, auf der Gatun-Seite oberhalb der Schleusen, dann kann man mal einen Blick in die neuen, großen Schleusen erhaschen. Das war’s dann aber auch schon.
Oft sind diese Brücken gesperrt, weil grad das Schleusen-Tor geöffnet wird. Dann wartet man ebenfalls locker eine halbe Stunde.

Die neue Schleuse mit richtig großen Schiffen

Die neue Schleuse mit richtig großen Schiffen

Vormittags fährt der Bus um 7:45 Uhr. Mit Glück ist man eine Stunde später im Einkaufs-Komplex angekommen. Die meisten Läden haben dann noch geschlossen, außer dem Supermarkt.
Um 11:00 Uhr fährt der Bus zurück. Zwei Stunden Zeit für den Kauf von ein paar Lebensmitteln, hm, irgendwie zu lang und vorher bummeln, geht ebenfalls nicht, weil viele Läden erst um 10:00 Uhr öffnen. Und zum Bummeln laden die Plastik-Zeug-was-keiner-braucht-Läden auch nicht wirklich ein.

Also fahre ich meistens nachmittags. Der Bus startet um 13:00 Uhr. Wenn alles gut läuft, ist man noch vor 14:00 Uhr da und um 15:00 Uhr geht es bereits zurück.
Dauert es vor der Fähre mal wieder etwas länger, heißt es Gas geben. Plötzlich beträgt die Einkaufszeit nur noch 45 Minuten. Der Bus wartet nicht und der Fahrer muss deutsches Blut in den Adern haben, auf die Minute pünktlich wird abgelegt.

Profi-Einkäufer steuern direkt die Fleisch-Theke an. Hier verplempert man die meiste Zeit.
Erst mal eine Nummer ziehen. Auf den Bänken vor der Theke sitzen meisten drei, vier Kunden und warten. Der Schlachter hinterm Tresen hat die Ruhe weg, ist ja nicht sein Problem, wenn man den Bus verpasst.

In meiner Anfänger-Zeit habe ich nur eine Nummer gezogen.
Noch fünf Nummern vor mir, in der Zeit sollten doch Gemüse und Milchprodukte heranzuschaffen sein. Bloß die Nummer nicht aus den Augen verlieren. Den Einkaufswagen lasse ich beim Fleisch-Tresen und gehe immer mal wieder zurück.
Ewig leuchtet die 89, es geht nicht voran. Meine Kreise werden größer, ich arbeite schon mal die Non-Food Regale ab. Die 89 steht. Ich geh noch mal weg. Zwei Minuten später leuchtet die 95.
Nun stehe ich blöd da, mit meiner 94 in der Hand. Wie kann das sein? Der Trödel-Schlachter schafft doch keine vier Kunden in zwei Minuten.
Nach drei Wochen bin ich dahinter gekommen, wie viele potentielle Fleisch-Kunden es machen: Sie ziehen bei jedem Vorbeikommen an der Fleisch-Theke eine Nummer.
Sind sie gerade beim Mehl und ihre Nummer wird aufgerufen, egal, sie haben ja noch drei weitere Nummern in der Tasche. Mach ich jetzt auch so.

Die Axt im Schiff ersetzt den Tischler

Do., 01.Feb.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1342, 12.404 sm von HH

Achims Achilles-Sehne ist getroffen: Tischlerarbeiten.
Das liebt er nicht.

Die neuen Geräte (die ja bestimmt bald kommen) haben andere Maße als die alten Dinger.
Also passen die ursprünglichen Löcher in unserer hölzernen Navi-Ecke natürlich nicht mehr.
Größer sägen, kein Problem. Blöd, wenn die neuen Geräte erheblich kleiner sind. Das Loch muss zu, soll dabei aber optisch auch noch was hermachen.

In Panama City soll es Handwerker für alle Gewerke geben, erzählt man uns. Allerdings will ein Kühlschrankfritze allein für die Anfahrt 120 USD haben. Da wird ein Tischler nicht weniger nehmen. Dann muss der mindestens zweimal kommen und schon kostet eine neue Holzblende 400 USD. Irgendwo hört es ja auch mal auf.
Außerdem hat Achim nicht die Geduld auf einen Mañana-Handwerker zu warten, er möchte alles fertig haben, wenn die Geräte (die ja bestimmt bald kommen) geliefert werden.

Aber woher Holz nehmen, was optisch zur Navi-Ecke passt? Um uns herum ist Tropenwald, da wird sich doch wohl irgendwo ein Teak-Baum finden.
Es fügt sich einfacher. Das neue Ladegerät fällt ebenfalls größer als das alte aus. Damit es überhaupt an seinen angestammten Platz im Schrank verschraubt werden kann, muss in den Einlegeboden ein großes Loch geschnitten werden. Zufällig haben die Einlegeböden im besagten Schrank ein perfektes Teak-Funier. Zwar schon etwas schrabbelig und mit Bohrloch, aber es passt farblich perfekt zur Navi-Ecke.
Aber hallo, Glück muss die Sau haben.

Das untere Loch muss kleiner werden

Das untere Loch muss kleiner werden

Jetzt braucht der Tischler-Meister nur noch ( :lol: ) ein passendes Stück aus dem Einlegeboden heraus, nun, nennen wir es operieren.
Abends muss ich ihm den Mund mit Seife auswaschen, da er zu viele schmutzige Wörter benutzt.
Trotz Schablone will das Puzzle-Stück nicht richtig passen: „Mein Teil ist perfekt gesägt. Es liegt am Loch. Das Loch hat Schuld.“
In der Tat ist das Loch vorne etwas größer als hinten, da die Loch-Wand schräg ausgesägt wurde.

jetzt nur noch das Loch für das neue Gerät (was ja sicher bald kommt) hinein sägen

jetzt nur noch das Loch für das neue Gerät (was ja sicher bald kommt) hinein sägen

Und nun mit Loch für das neue Gerät

Und nun mit Loch für das neue Gerät

 

Final kann sich das Ergebnis aber sehen lassen. Wird das neue Gerät eingepasst, dann ist nicht mehr viel vom neuen Puzzle-Teil zu sehen.

Und Morgen sind die Löcher für die Navigation im Cockpit dran. Hart-Kunststoff diesmal. Die Lochsägen an Bord passen grad eben auf den Millimeter genau. :-)

Die toten Augen von London müssen größer

Die toten Augen von London müssen größer

Kabel, Kabel, Kabel

Mi., 31.01.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1341, 12.404 sm von HH

Nach hinten hin sind alle Kabel grau.
Diesmal liegen sie hinter unserer Wand-Vertäfelung im Schlafzimmer versteckt. Dicht an dicht in ein Rohr gestopft. Da kann man ziehen wie ein Berserker, das gewünschte Kabel zuckt nicht mal.

Raus soll das Kabel, was zum Kurzwellen-Tuner führt. Der ist ganz hinten im Schiff in der Backs-Kiste montiert und sein Plastikgehäuse durch den Blitz zersplittert. Im Inneren des Tuners hat es mehrere Schalt-Elemente gesprengt.

Wenn Achim am Tuner-Kabel zieht, bringt das richtige Kabel die Nachbarn ebenfalls zum Wackeln. Einmal stramm gezogen, muss ich in dem kleinen Loch das verdächtige Kabel wieder lockern. Achim zieht erneut, der Gegner ist erkannt. Jetzt „nur“ noch das Kabel aus dem Rohr zerren.
Nebenbei wird die Hälfte der Kabel als überflüssig identifiziert. Das schafft Platz.

Das war mal unser Schlafzimmer

Das war mal unser Schlafzimmer

Die Demontage schreitet allgemein gut voran. Aber alle Projekte dauern. Allein den Radar-Dom vom Mast zu holen ist ein Mehr-Stunden-Projekt. Das Teil wird riesengroß, wenn es mal so vor einem liegt. Unhandlich und rutschig.

Das Schiff verfällt zwischenzeitlich in schweres Chaos. Umdrehen, bewegen, gar leben und sich wohl fühlen ist ein Kampf gegen Windmühlen.

Mein Tanzbereich

Pantry

Pantry

 

Sein Tanzbereich. :lol:

ehemaliger Navi-Tisch

ehemaliger Navi-Tisch

 

Dazwischen befindet sich eine, mehr oder weniger, bewohnbare Grauzone.
Überall steht etwas herum. Kaputte Teile müssen wir aufbewahren. Sie gehören faktisch der Versicherung und die entscheidet, was damit passieren soll.

Die Versicherung hat bereits letzte Woche ihr ‚okay‘ zur Bestellung der Ersatzteile gegeben.
Ein 60 Kilo Paket ist auf dem Weg. Der größte Teil kommt aus den USA von einem großen Marine-Ausstatter (Defender). Lieferzeit fünf Tage, heißt es bei der Bezahlung.
Ich lache mich schlapp, während Achim optimistisch zweimal täglich das Tracking verfolgt.
Am Montag lache ich nicht mehr, unser Zeug hat bereits den Status ‚imported in Panama‘: Lieferung erfolgt planmäßig am Mittwoch.
Heute Morgen wird mein belastetes Lieferung-nach-Panama Weltbild wieder gerade gerückt: ‚Auslieferung verspätet‘. Ohne Angabe von Gründen und ohne Angabe, wie lange die Verspätung sich zieht.

Weggesprengte Schalt-Elemente - oben rechts
Radar-Dom abgelassen an Deck

Unser Kühlschrank ist da

Fr., 26.01.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1336, 12.255 sm von HH

So habe ich mir das nicht vorgestellt.
Ich hatte ‚plug and play‘ erwartet.

Dass das halbe Schiff zerlegt werden muss, war nicht zu erwarten.
Fast alle Kabel, die unter der Decke entlang Richtung Kühlschrank führen, sind rot.
Es gibt so viele schöne Mädchenfarben: Mauve, Fuchsia, Koralle. Warum nutzt die Kabelindustrie das nicht? Das beraubt die Menschheit um so schöne Sätze wie „Ich verlege heute die lavendelfarbenen Kabel“.

Welches der roten Kabel mag das richtige sein?
„Zieh doch einfach am Kühlschrank-Ende und ich beobachte, welches Kabel wackelt“, versuche ich zu helfen.
Ein tötender Männerblick: „Alle Kabel sind mit einer Plastikspirale zusammen gebündelt, damit man ja nicht an einem Kabel ziehen kann. Und damit das auch wirklich nicht funktioniert, ist zusätzlich alle vierzig Zentimeter das Bündel mit Isolierband umwickelt.“
Ich höre auf mit klugen Tipps.

Damit Achim das richtige Kabel finden kann , muss die Decke in der Pantry runter.
Damit die Decke runter kommt, muss der Haltegriff neben dem Niedergang ab.
Damit der Haltegriff abgeschraubt werden kann, muss eine weitere Holzleiste weg. Die ist geschraubt und geleimt und gerade in Santa Marta frisch von mir lackiert.
Damit er das Isolierband vom Bündel puhlen kann, muss ein weiteres Deckenelement im Salon runter.

Viele, viele böse F-Wörter später hat Achim das richtige Kabel gefunden.

Wohnlichkeit jetzt auch in der Pantry

Wohnlichkeit jetzt auch in der Pantry

Na, wo ist den das rote Kabel?

Na, wo ist den das rote Kabel?

Die Küchen-Decke, mein ewiger Feind bei der Fett-Spritzer-Suche, liegt offen neben mir. Jetzt kommt Schwager Jürgen mit seinen tollen Ratschlägen ins Spiel: Ich kann den Feind putzen, ohne mir über Kopf die Arme zu verrenken.
Es ist eben nichts so schlecht, dass es nicht für irgendetwas gut wäre.

Achim prökelt derweil weiter. Er versucht das richtige Kabel aus der Spiralen-Umklammerung zu ziehen. Keine Chance. Ohne die Spirale zu entfernen, wird das nichts.

Schlappe 24 Stunden später läuft der Kühlschrank und die Deckenplatten sind wieder an ihren Platz. Nebenbei wurden noch ein paar Kabel von ‚Lüfter Küche‘ und ‚Lüfter Deckshaus‘ entfernt. Keiner von uns hat je diese Lüfter zu Gesicht bekommen.
Also, es geht voran. :-) Jetzt mit kaltem Bier zum Feierabend.

Klima Katastrophe Panama

Do., 25.01.2018, Panama/Shelter Bay, Tag 1335, 12.255 sm von HH

Es regnet jeden Tag. Und wenn es nicht regnet, ist der Himmel grau bewölkt. Wind? Fehlanzeige.
Luftfeuchtigkeit 85%. Im Schiff für Durchzug sorgen? Tageweise ein Ding der Unmöglichkeit. Die Luken sind zu, weil es so schüttet. Unter Deck wächst eine Tropfsteinhöhle. Besser gesagt ein Schimmelloch. Ein shithole.

So sieht ein am Kleiderhaken vergessener Gürtel nach drei Wochen aus.

Das war mal ein Gürtel

Das war mal ein Gürtel

 

Leder ist am schlimmsten betroffen. Ein Portemonnaie, drei Tage unbenutzt auf dem Navi-Tisch liegend, bekommt einen weißen Überzug. Lederschuhe und Gürtel haben wir eingeschweißt. Das ist das einzige, was hilft.

Holz mag Schimmel auch sehr gerne.
Hinter der Tür kann man zusehen, wie der Schimmel wächst. Alle schlecht belüfteten Ecken sind betroffen: Hinter Türen, unter dem Salontisch und im Bad natürlich.
Bin ich hinten fertig mit wischen, kann ich vorne wieder anfangen. Merkwürdigerweise bildet sich in den Schränken kaum Schimmel. Einlegeböden und Seitenwände sind aus Sperrholz, da geht er nicht ran. Schimmel ist ein echter Echtholz-Liebhaber.

Schimmel mag Echtholz

Schimmel mag Echtholz

 

Schimmel hinter der Tür - Dauer der Bildung ungefähr 14 Tage

Schimmel hinter der Tür – Dauer der Bildung ungefähr 14 Tage

Ich wische mit Brennspiritus, statt mit Essigwasser, wie meistens empfohlen. Ich komme mit dem beißendem Geruch von Essig nicht so gut klar. Außerdem bilde ich mir ein, dass ich so weniger Feuchtigkeit auf die betroffenen Stellen bringe.
Eine Testreihe mit einem Paar Schuhen hat ergeben, es ist egal, womit man wischt, es hilft sowieso nicht.
Bereits getragene Sachen, wie Jacken und Base-Caps, gehen gar nicht. Alles, was eine schweißig-salzige oder angegrabbelte Oberfläche hat, muss gewaschen werden.

Vorsichtig frage ich auf anderen Schiffen nach: „Wir? Nein! Wir doch nicht. Wir haben keinen Schimmel!“ Lügner.
Zwei Schiffe weiter bekomme ich eine ehrliche Antwort: „Wir müssen hier weg, alles beginnt sich weiß zu pudern.“ Gott, sei dank, wir sind nicht allein.

Die Trockenzeit sollte längst begonnen haben, hier in Panama.
Auf den San Blas Inseln hat sich das Wetter nach dem anfänglichen Dauerregen ja schon versöhnlich gezeigt. Jetzt gehen wir einen Schritt rückwärts.
Neuankömmlinge berichten von viel Regen auf den Inseln.

Durch den bedeckten Himmel ist es allerdings nicht mehr so brutal heiß, wie in Kolumbien. Nachts geht es runter auf 25 Grad. Es werden Laken zum Zudecken benötigt.
Ich wusste schon, warum wir nur 10 Tage Aufenthalt hier geplant haben. :mrgreen: