Kategorie: Atanga

Tag  7 nach Osten – Auf der Kreuz

22.Mai.25, Pazifik, Tag 4.009, 28.859 sm von HH

Wir lassen die Maschine noch einmal sechs Stunden arbeiten. Dann kehren neun Knoten Wind zurück. Wir wollen Diesel sparen und packen die Segel aus. Es geht so gerade eben: mit 2,5 Knoten 25 Grad nach Norden. Friedlich schwebt Atanga mit Vollzeug über den Ozean.

Ich mache es mir während meiner Nachtwache gemütlich im Salon, Süßigkeiten und Getränk in Reichweite. Plötzlich höre ich mehr Wind. Prima! 13, 14, 15 Knoten. Wir können höher an den Wind. Die Freude währt eine Viertelstunde. Der Wind nimmt weiter zu. Es ist stockdunkel. Ein Squall? Ich kann es nicht wirklich erkennen.
Dann zwanzig Knoten Wind. Ich übernehme das Ruder, gehe so hoch an den Wind wie möglich, um Druck aus den Segeln zu nehmen. Das kann ich besser als die Windsteueranlage.

Die lebende Windsteueranlage

Atanga liegt auf der Backe. Ich mag es lieber, wenn Schräglage sich langsam steigert. Hab ich schon mal erzählt, dass ich ein Krängungs-Schisser bin? Zehn Jahre, elf Monate, und zwanzig Tag unterwegs mit dem Kahn und ein kleiner, dummer Teil in meinem Gehirn glaubt noch immer, dass das Schiff umkippen könnte. :mrgreen:

Ich steuere Atanga zwanzig Minuten durch die Nacht. Ein Squall ist es wohl nicht. Es regnet auch nicht. Der Wind nimmt weiter zu. 24 Knoten. Pfui. Grade als ich Achim rufen will zum Reffen, erscheint sein verschlafenes Gesicht im Cockpit.“Ich roll aus dem Bett, was ist los?“

Nach dem Reffen kehrt wieder Ruhe ein. Zu Lasten von Höhe und Geschwindigkeit. Wir sind nicht viel schneller als mit wenig Wind. Dieser starke Wind existiert in der Vorhersage nicht. Eigentlich sollte wieder Totenflaute kommen.
Zum Morgengrauen geht der Wind spontan zurück auf neun Knoten. Wir reffen aus. Versuchen einen Schlag nach Süden zu machen. Ein hoher Schwell, der von sonst wo kommt und die noch vorhandene Windwelle vereiteln diesen Plan. Mit 1,5 Knoten auf 170 Grad. Das ist grober Unfug. Wir wenden nach Norden. Das geht besser. 2 Knoten, 30 Grad. Gegen diese Welle von vorne anzumotoren hat keinen Sinn.

Das Kreuzen hat begonnen, Freunde der Sonne. Nicht mal die Hälfte unserer heute gesegelten Meilen haben wir zum Ziel gut gemacht.

 

Tag 7: etmal 63 Meilen, davon 27 gut gemacht zum Ziel; 195 Meilen Rest; bereits gesegelt 647 Meilen.

Die Pantry serviert Nudelsuppe mit Würstchen.

Tag  6 nach Osten – In die Flauten-Falle gefahren

21.Mai.25, Pazifik, Tag 4.008, 28.796 sm von HH

Als wir im Flautenloch ankommen, haben wir noch fünf Knoten Wind. Segeln nicht mehr möglich, wir werfen die Maschine an. Aber wohin? Auf das Ziel zuhalten? Oder besser südlich fahren, um den Winkel für zukünftige Winde zu verbessern?
Die verschiedenen Vor- und Nachteile werden auf neutralem Crew-Niveau diskutiert.
Wir entscheiden uns fürs draufhalten (Fehler???) Wir motoren Richtung Osten. Dank Abwesenheit von Wind und Welle schaffen wir fünf Knoten in der Stunde. Immerhin.

Nach genau 24 Stunden nimmt der Wind wieder zu. Neun, vielleicht zehn Knoten. Der kommt nun genau von vorne – 80 Grad. Zielkurs – 76 Grad.
Das kostet Speed. Atanga nickt sich tapfer vorwärts, aber die Geschwindigkeit sinkt auf 3,5 Knoten. Um mit so schlechter Leistung zum Endziel zu gelangen, reicht unser Diesel nicht.

Wider besseres Wissen versuchen wir zu Segeln. Zu wenig Druck. Die Segel stehen zwar, aber unser Wendewinkel beträgt 170 Grad. :lol:
Wir haben die Wahl: 5 Grad nach Norden zu segeln oder 175 Grad nach Süden. Mit zwei Knoten Vortrieb. Wir versuchen alle Tricks. Trinkwasser aus dem vorderen Tank ablassen – immerhin 350 Kilo – ist der einzige, den wir auslassen.

Die Diskussion über unsere Optionen hat das Crew-Level verlassen. Es ist eine Ehegatten-Diskussion daraus geworden. :mrgreen:

1.) Doof nach Norden oder Süden segeln.
Dabei liegt das Schiff stabiler als beim Treiben. Allerdings ist es schwer zu ertragen, sich das auf dem Plotter zu betrachten ohne verrückt zu werden. „Noch 94 Tage bis zum Ziel“, ätzt die Anzeige.

2.) Auf der Stelle treiben und warten bis der Wind zurück kommt.
Das würden wir machen, wenn wir nach Westen segeln würden. Im Passatgürtel kommt er schon irgendwann, der Süd-Ostpassat.
Und genau der ist auch angesagt ab Samstag. Leider mit bis zu 26 Knoten.
In der Atanga-Welt macht segeln ‚hoch am Wind‘ bis genau 18 Knoten ‚true wind speed‘ Spaß. Alles darüber hält aufs Segel- und Menschenmaterial. 

Bevor dieser Wind kommt, wollen wir eigentlich in der Hafenkneipe sitzen. Da wird aber unser Diesel nicht reichen.

3.) Maschine wieder an und weiter motoren
– bis mehr Wind kommt
– bis Diesel alle

Die gemeinschaftliche (!) Entscheidung fällt auf die dritte Option.
Der Jokel läuft. Tschüss, bis Morgen.

Tag 6: etmal 110 Meilen (heute nur 11 Stunden, wir haben die Uhren zurück gedreht, damit es nicht schon um 17:00 Uhr dunkel wird), davon 108 gut gemacht zum Ziel; 322 Meilen Rest; bereits gesegelt 584 Meilen.

Die Pantry serviert die zweite Rutsche Hühnersuppe – auf asiatisch getrimmt mit Oyster Sauce und Mais.

Dieses Blau – immer wieder schön.
24 Stunden motoren wir durch dieses ruhige Flautenwasser. Jetzt ist es wieder deutlich kappeliger.

Tag 5 nach Osten – Ein Unterwasserberg

20.Mai.25, Pazifik, Tag 4.007, 28.686 sm von HH

Unser Wind hat sich in den letzten 24 Stunden gravierend geändert: aus 12 Knoten sind 14 geworden und aus 170 Grad 150. :mrgreen: Atanga zieht unbeirrt ostwärts. Schnurgerade aufs Ziel zu. Wir sind weiter arbeitslos und vertrödeln die Zeit.

Die Stunden der Nachtwache ziehen sich wie Kaugummi. Solange, bis ich in meiner Nachtwache aus Langerweile am Plotter auf unsere Kursline zoome, um zu sehen, wie groß die Schlenker sind, die wir segeln. Mich trifft im ersten Moment der Schlag. Ich sehe nur dunkelblau. Und dunkelblau bedeutet flach. Sechs Meilen vor uns lauert eine Untiefe. Die wird erst beim extremen Zoomen sichtbar. Fünfzehn Meter an der flachsten Stelle.

 

Kelso Bank, grade sechs Meilen breit. Mitten im Ozean. Versteckt unter Wasser, versteckt auf der Seekarte – nur zu entdecken beim extremen Zoomen. Mir ist es unheimlich darüber zu fahren. Wer weiß, was da lauert?

 

Das reicht für uns natürlich zum drüber Segeln.
Ich möchte das nicht. Um uns herum ist es 2500 bis 3000 Meter tief. Was für Wellen mag dieser Berg erzeugen? Ich luve hart an, um südlich an der Untiefe vorbei zu kommen. Keine Meile zu früh. Atanga schrappt mit zwei Meilen Abstand vorbei. Das Wasser wird zunehmend kabbelig. Wir wackeln von einer Seite zur anderen. Verschiede Strömungen geben Schub nach vorne oder bremsen uns aus.
Nach einer guten Stunde ist alles wieder normal.

Auf der Sonarkarte erkennt man den plötzlichen Anstieg noch besser. Der lila Strich ist Atangas Kurslinie.

In der letzten Stunde von Tag fünf wird der Wind jetzt schwächer und schwächer. Wir können noch knapp segeln. Eine dicke Wolkendecke baut sich vor uns auf. Leichter Nieselregen hat begonnen. Wir haben das Konvergenzband erreicht, was das Ende unseres Südwindes markiert.

Tag 6 wird dann wohl eine Änderung unseres Törns nach Osten einläuten.
Wir können unser Glück nicht fassen, die erste Hälfte so einfach geschafft zu haben (Tag ein wird als grober Unfug verbucht, Schwamm drüber [obwohl! – hätte so nicht sein müssen nach 18 Monaten Segelpause ;-) ]) .
Der Routenplaner hatte vor unserer Abfahrt ausgerechnet, dass wir 122 Wenden fahren müssen. Bislang waren es zwei Kreuzschläge. Glücksschweine.

Ende mit Wind am Ende von Tag fünf.

Tag 5: etmal 97 Meilen, davon 97 gut gemacht zum Ziel; 432 Meilen Rest; bereits gesegelt 474 Meilen.

Die Pantry serviert Kartoffelsalat mit paniertem Hühnchenfilet (‚ready to eat‘ aus dem Kühlregal – gar nicht schlecht, nur in der Pfanne noch kurz anwärmen)

Viel Sonne hatten wir noch nicht auf diesem Törn. Einen halben Tag. Den Rest der Zeit ist es grau und sogar regnerisch.

Tag 4 nach Osten – Was für ein Wind!

19.Mai.25, Pazifik, Tag 4.006, 28.589 sm von HH

Seit 36 Stunden kommt der Wind konstant aus 170 Grad. 36 Stunden konstant zwischen 12 und 14 Knoten. Der Windmesser steht wie eingefroren. Kaputt? Wir klopfen schon dagegen.
Wir können uns nicht an so einen konstanten Wind erinnern. Der macht uns arbeitslos. Kein zuppeln an den Schoten nötig. Die Segel stehen perfekt. Das Ruder ist festgesetzt, die Windsteueranlage ist die einzige an Bord, die arbeitet. Im Logbuch kann man von der Zeile zuvor abschreiben.
Phan-tas-tisch.

Der Wind ist nun seit einer Stunde um zwei, drei Knoten abgeflaut. Da es weder eine Windsee noch nennenswerten Schwell gibt, schlagen die Segel auch bei mickrigen neun Knoten Wind nicht. Weniger als drei Knoten Speed sind noch übrig. Zu Fuß wären wir schneller. Aber wir lassen es laufen. Die Vorhersage behauptet, dass neuer Wind im Süden in Arbeit ist, der soll uns einholen. Vor uns lauert angeblich eine Flaute.

Tag 4: etmal 94 Meilen, davon 94 gut gemacht zum Ziel; 439 Meilen Rest; bereits gesegelt 392 Meilen.

Die Pantry serviert eingekochtes Gulasch.

 

Absolut nichts zu tun – außer essen …

… viel essen!

Tag 3 nach Osten – Champagner Segeln

18.Mai.25, Pazifik, Tag 4.005, 28.495 sm von HH

Der Himmel ist grau, aber zumindest hat es aufgehört zu regnen. Nur noch sechs Knoten Wind am Nachmittag. Wir werden in der Dünung kräftig durchgeschüttelt. Die Segel schlagen, es ist gerade noch auszuhalten. Wir können uns nicht entschließen, die Segel einzurollen und die Maschine zu starten. Treiben mit zwei Knoten lustlos vor uns hin. Warten ab. Hinter uns rollt eine Regenfront an. Gegen die Windrichtung kommt sie schnell näher. Und dann pladdert es windlos auf uns nieder. „Kommt erst der Regen, dann der Wind, binde alles fest geschwind“, klugscheißert der Skipper. Ich hasse es, wenn er Recht hat. :mrgreen: Von jetzt auf gleich ist der Wind wieder da. 14 Knoten aus – Achtung! – süd-westlichen Richtungen. Wir können weiter direkten Kurs aufs Ziel anlegen.

Was nun folgt ist Segeln vom Feinsten. Der Wind Stärke 4, keine Böen, keine Squalls. Dazu blauer Himmel, kleine Dünung. Atanga gleitet fast aufrecht und geräuschlos über den Ozean. So müssen die Götter Segeln gemeint haben.

Dieser Rauschzustand hält jetzt seit 24 Sunden an. Weitere 24 sollen folgen, wenn man der Vorhersage vertraut. Wir schlafen gut und nach der dritten Nacht sind auch die Seebeine gewachsen. Eine erste Dusche liegt drin. Alle Handgriffe gehen wieder leicht von der Hand. Und wärmer wird es auch mit jeder Meile. Die Abende in Burnett Heads waren schon empfindlich kühl. Das ist vorbei. Die Wassertemperatur ist um 2 Grad gestiegen. Der nachtkalte Kontinent hat keinen Einfluss mehr.

Damit das Ganze jetzt nicht zu perfekt erscheint: es stehen fast zwei Knoten Strömung gegen uns! Mehr als dreieinhalb Knoten Speed bekommen wir nicht auf die Schiene. Und natürlich kommt Gemecker, dass der Törn ja auch so hätte beginnen können. 30 Knoten Wind wären an Tag drei nur noch halb so viel.

Tag 3: etmal 80 Meilen, davon 80 gut gemacht zum Ziel; 533 Meilen Rest.

Die Pantry serviert von mir in Gläser eingekochte Hühnersuppe mit Hörnchennudeln und Erbsen. Hühnersuppe ist Medizin für Körper und Seele, weiß jeder. Es gibt noch einige Gläser mehr im Schrank.

Das Leben kann so leicht sein

Tag 1+2 nach Osten – Neukaledonien

16.+17.Mai.25, Pazifik, Tag 4.003+4, 28.414 sm von HH

Die ersten 50 Meilen müssen wir aus der großen Bucht von Burnett Heads Richtung Nord-Osten segeln. Easy machbar. Das bedeutet Am-Wind-Segeln mit Übelkeit erregender Hacksee. Ich habe vorsorglich eine Tablette eingeworfen. Alles gut.
Um 20:00 Uhr können wir eine Wende fahren und die Nase Richtung Süden nehmen. Hoch am Wind, sonst kommen wir nicht an der Insel vorbei. Es hat zu regnen begonnen. Die Wellen vom jetzt offenen Ozean lassen Atanga nicken.
Hack. Hack. Hack.

Grade als ich ins Bett gehen will, gluckert die Bilge-Pumpe. Zehn Minuten später wieder. Wir sind nicht besorgt. Beide Wassertanks sind voll und manchmal, bei viel Schiffsbewegung, verliert der eine Tank Wasser. Atanga als altmodischer, fast 40 Jahre Kläpper verfügt unter den Bodenbrettern über ein Rinnensystem. Über diese Rinnen wird sämtliches Wasser Richtung Heck geleitet und verschwindet dort in einem unzugänglichen, einen Meter tiefen Sumpf in dem die Bilgepumpe ihre Arbeit macht.

Die Pumpe gluckert jetzt im fünf Minuten Takt. Achim geht auf Fehlersuche. Die Wellendichtung, das Ruder und die Ventile sind trocken. Daher kann das nicht Wasser kommen. Es gluckert weiter. Achim reißt verschiedene Bodenbretter hoch. Dort wo sich der Wassertank normalerweise entleert, steht kein Wasser. Wo kommt das verflixte Wasser her? Es gibt noch eine Möglichkeit: mittschiffs, dort wo der Tiefenmesser sitzt. Unter diesen, selten geöffneten Bodenbrettern wird Achim fündig.
Wir haben ein Blitzschutzsystem an Bord. Der Mast, Heck- und Bugkorb und die Relingstützen sind mit Kabeln an einer Außenplatte am Rumpf verbunden. Diese Kabel hat man nicht einfach ins Schiff gelegt, sondern in Edelstahlrohre gesteckt. Aus einem dieser Rohre sprudelt nun Wasser.
Das Wasser muss also vom Bug seinen Weg ins Schiff finden. Jetzt wo man das weiß, merken wir auch einen Zusammenhang. Wenn Atanga vorne Wasser nimmt, gluckert einen Augenblick später die Pumpe. Um die genaue Ursache zu finden, müssten wir das gesamte Vorschiff leer räumen. Unmöglich. Achim steht sowieso schon der Schweiß auf der Stirn von der Turnerei auf dem nickenden Kahn. Das erste Mal, dass er sich auch eine Womex reinhaut.

In kürzester Zeit ist das Schiff in ein Chaos versetzt

 

Die Crew-Befragung kommt zur Lösung, dass dieses Problem kein Grund zum Umdrehen ist. Die Mengen, die wir über das Deck an Wasser nehmen, sind überschaubar. Das schafft die Bilgepumpe. Geht diese kaputt, gibt es eine Ersatzpumpe. Fällt diese aus, gäbe es sogar noch eine Teichpumpe. :mrgreen:

Während der Nacht und am Vormittag frischt der Wind immer weiter auf. Wo ist denn die Flaute geblieben, derer wegen wir nach Süden motoren wollten? Statt fünf Knoten, pustet es mit 20 Knoten. 25 Knoten. 27 Knoten. Ätzend.
Zumindest in der Richtung stimmt die Vorhersage. Der Wind dreht kontinuierlich weiter nach Norden. Wir können am Wind genau die Kurve segeln, die wir uns gewünscht hatten.

Regen und Starkwind – perfekte Kombi

Am zweiten Nachmittag ein Blick auf die neuen Wetterdaten (der Starlink funktioniert super!). Flaute in zwei Tagen überall vor uns. Wirre Windwirbel, alles konfus und die verschiedenen Wetter-Modelle sind sich uneinig. Da wir fast unseren Zielkurs anlegen können, beschließen wir die Idee weiter nach Süden zu segeln aufzugeben. Ob sich das noch lohnen würde, ist aufgrund der neuen Vorhersage fraglich.
Also weiter am Wind – 100 Grad Richtung Osten.

Wind in zwei Tagen – alles offen!

Am zweiten Abend geraten erneut in ein Windfeld mit über 30 Knoten Wind. Die Vorhersage weiß davon nichts. Sechs Stunden hält der Starkwind an.
HACK. HACK.HACK. Wir hatten uns das Ganze einfacher vorgestellt.
Es gibt mein vorgekochtes Chili zu essen. Echter Appetit sieht anders aus.

 

Tag 1+2: Meilen 202, davon 165 gut gemacht zum Ziel :-); 635 Meilen Rest.

Unser Kurs die ersten 48 Stunden – so weit – so gut

 

Bitte nicht mehr nach Osten, bitte nicht!

14.Mai.25, Australien/QLD/Burnett Heads, Tag 4.001, 28.212 sm von HH

In diesem kleinen Filmausschnitt aus dem Jahr 2021 sind meine Wünsche eigentlich klar und unmissverständlich. Die Regeln sind bekannt. Blöd nur, wenn man sich nicht an seine eigenen Vorgaben hält. :mrgreen:

https://atanga.de/wp-content/uploads/2025/05/Bitte-nicht-mehr-nach-osten.mp4

 

Atanga auf dem Weg von Tahiti nach Fakarava. Auf einer Strecke von 340 Meilen am Wind und nach einer hässlichen Nacht ist dieser Filmschnipsel entstanden. Diesmal werden es wohl 900 Meilen.

 

Ich kann mich nicht erinnern, dass wir einen (zehn Tage) vorher angepeilten Abfahrtstag jemals eingehalten hätten. Diesmal ja, die Zeichen stehen gut. Das vorhergesagte Tiefdrucksystem, was uns südwestliche Winde bringen sollte, ist verschwunden. Pech.
Dafür steht eine Flaute für ein, zwei Tage vor der Tür. Mit viel Glück gibt es sogar leichten Nordwind. Dieses Windloch wollen wir nutzen, um so weit wie möglich nach Süden zu motoren oder motorsegeln. Am liebsten bis Höhe Brisbane – 200 Meilen. Mit jeder Meile Süd wird unser Winkel nach Neukaledonien besser. Denn eins ist sicher, der Süd-Ostpassat wird zurückkehren.

Windloch am Donnerstag – Stand 24 Stunden vor Abfahrt.

Am Freitag um 12:00 Uhr vielleicht sogar etwas nördliche Winde. Wir werden sehen.

Die letzten vier Wochen sind uns etwas lang geworden in der Marina. Um so größer war unsere Freude, dass die Pia und Köbi von der Lupina https://sy-lupina.ch/ eingetroffen sind. Wir kennen uns schon aus Fiji vor knapp zwei Jahren.
Die beiden wollen weiter nach Indonesien, sind gestern bereits aufgebrochen. Somit ist nach zwei Wochen die schöne Zweit mit Sundownern und gemeinsamen Abendessen viel zu schnell vergangen. Wir haben es sehr genossen, mal wieder mit jemandem länger als nur einen Abend zu sprechen. Das war auf den Campingplätzen nicht gegeben. Hoffentlich treffen wir in Neukaledonien auf ebenso nette Crews wie die der Lupina.

Pia und Köbi aus der Schweiz – schade, dass sich unsere Wege schon wieder trennen.

Morgen geht es auch für uns weiter. Wir melden uns wie immer von unterwegs mit Berichten. Vielleicht das erste Mal mit Fotos, dank Weltraum-Internet. Mal sehen, ob das funktionieren wird.
Der Immigration Officer kommt um 8:00 Uhr an Bord. Und dann heißt es

Goodbye Australien

Es fällt uns schwer, dieses tolle Land zu verlassen. Was wir mitnehmen, sind unvergessliche Erlebnisse und Abenteuer. Danke Australien, du warst gut zu uns (die vorwitzige Welle, die mich umgeworfen hat, vergessen wir mal).

Unsere Hommage an Australien. Unter der Hamburg-Flagge weht wichtig unsere Sand-Flag, die wir am Auto in der Wüste fahren mussten. :lol:

Planänderung!

05.Mai.25, Australien/QLD/Burnett Heads, Tag 3.992

Ein letztes Röntgen vergangenen Mittwoch hat ergeben, dass der Bruch meiner Schulter gut verheilt ist. Voll belastbar ist der Arm allerdings noch nicht. Auch die Beweglichkeit zeigt Potential nach oben, obwohl ich brav meine Übungen mache. Vollständige Genesung soll noch weitere drei Monate dauern.
Okay, müssen wir akzeptieren.

Wenn man früher als Kind mit seiner Hand über den Kopf das Ohr erreichen konnte, war man schulreif. Zur Segelreife fehlt da noch ein Stückchen. Und ich mogel auch noch dabei … mein Kopf ist geneigt.

Nur mit dem linken Arm bekomme ich den rechten Arm überhaupt auf den Kopf gelegt. Die Fotos sind eine Woche alt, es sieht heute nicht viel besser aus. ;-)

Links vor 12 Wochen – rechts die Heilkräfte der Natur haben den Arm prima gekittet.

Vor unserem geistige Auge taucht die geplante Strecke für die nächsten Monate auf: das ‚Great Barriere Reef‘ und Indonesien. Beides steht für viel Ankerei. Häfen und Marinas wird es wenige geben. Besonders Indonesien gilt als Traum-Tauchrevier. Beides bedeutet einen häufigen Schlauchboot-Einsatz. Wer schon einmal an einem Strand in ein Schlauchboot springen wollte, weiß, dass selbst eine kaum sichtbare Welle den vollen Körpereinsatz verlangt. Elegante Einstiege wie in der Bacardi-Werbung liegen nur selten drin. Das Schlauchboot ist schwer zu bändigen. Hält man es nicht anständig fest, wird man überrollt. Schwimmend ins Schlauchboot zu gelangen, verlangt vollen Armeinsatz.
Das wird nichts mit mir. :cry:

Nicht schnorcheln und tauchen können auf der Strecke, die vor uns liegt, da muss ich schon mal heimlich eine Träne ins Kissen drücken. Wir diskutieren uns die Köpfe heiß, wie wir eine Lösung finden können. Ich trainiere härter – mit dem Erfolg, dass der Arm schlechter wird. Überanstrengung wird bestraft. So ein Oberarmkopf-Bruch braucht einfach seine Zeit. Fertig.

Am 30. Mai läuft unser Visum aus. Einer Erneuerung würde wohl nichts im Wege stehen. Der Arzt im Krankenhaus hat mir eine schöne Bescheinigung geschrieben, dass ich nicht anständig segel-tauglich bin. Achim bereitet die Anträge vor, dann der Schock. Ein neues Visum kostet 980 Dollar (knapp 600 Euro). Modernes Raubrittertum. Ärgerliche Kosten – der Arm war sowieso schon nicht umsonst.

Wir diskutieren, bis die Köpfe glühen. Und dann wird uns die Lösung beim freitäglichen BBQ  (einmal in der Woche spendiert die Marina Fleisch und Würstchen, alle Segler bringen Salate mit) präsentiert.
„Segelt doch einfach zurück. Nach Neu Kaledonien. Ist ganz einfach.“
Wie „einfach“ es ist, nach Osten zu segeln, haben wir schon feststellen dürfen. Meistens liegt man hart auf der Backe und Freude am Segeln kommt wenig auf. Unsere letzte große Idee – von Neuseeland nach Tahiti zurück – ist sogar komplett gescheitert. Kein Wetterfenster wollte sich zeigen.

Von Australien nach Neu Kaledonien. Rot neue Strecke, weiß ursprünglich geplante Strecke. Zur Zyklonsaison (ab November) wollen wir uns nach Neuseeland verholen und im nächsten Jahr einen neuen Anlauf nach Indonesien nehmen. 

Trotzdem sind wir Feuer und Flamme. Wir bräuchten weder das Visum erneuern, noch länger in dieser Marina ausharren, noch aufs Tauchen zu verzichten. Die eierlegende Superidee. Dass Achim eigentlich erwünscht hat, dass ich alleine die Badeleiter hoch klettern können muss, das übergehen wir. Mut zur Lücke. Achim wird einfach zehn Tage zum Einhandsegler. Davon gibt es viele.
Ich bin schmückendes Beiwerk. Wache gehen kann ich. Und mich durchs Schiff hangeln ebenfalls. Und vielleicht wird es ja gar nicht so ruppig. Un et hätt noch immer joot jejange. Und …

Die Entscheidung ist gefallen. Der Antrag auf Visum-Erneuerung ruht unabgeschickt in seiner Datei. Das Schiff ist Auslauf bereit. Ich habe vorgekocht.
Ein Wetterfenster ist auch in Sicht. Ein Wirbel im Süden baut sich auf, der uns südwestliche Winde bringen könnte/sollte. Bereits am 15. Mai könnte es los gehen.
Drückt uns bitte alle Daumen, die Ihr habt.

Das Internet – eine vorübergehende Erscheinung

28.April.25, Australien/QLD/Burnett Heads, Tag 3.985

Wem diese Aussage zuzuschreiben ist, ist nicht überliefert. Klar ist, nie war eine Aussage falscher. Internet ist auch für uns wichtig und deshalb begrüßen wir an Bord eine neue technische Spielerei: Starlink!

Unsere Internet-Karriere an Bord begann mit einer Fahrradtour. Die Marina in Ijmuiden, unserem ersten nicht deutschen Hafen, hatte kein W-Lan. Wir mussten fünf Kilometer zur Bibliothek strampeln, um ins Internet zu kommen. Es folgten erste Versuche mit einer ausländischen SIM-Karte (Kap Verden) für wenig Geld. Gefolgt vom Verzicht auf eine 200 Euro Karte in Französisch Guyana.
Wir sind durch Tränentäler des Empfangs gelaufen. Tiden abhängiges Internet hinter einer Hafenmauer – Empfang nur bei Hochwasser. Richt-Antennen-Internet – Achim musste auf die Kneipe an Land zielen in der wir uns das Passwort durch einen Besuch am Vortag erkauft hatten. Schnell haben wir gelernt, Mac Donald hat ‚Big Mac‘ als Passwort, man brauchte nicht mal den Laden zu betreten.
Irgendwann wurde der Einsatz von SIM-Karten zum Standard. Kein Empfang nur noch in einsamen Ankerbuchten. Inzwischen ist die Handy-Mast-Dichte so hoch, dass selbst das kaum noch vorkommt.

Und jetzt der neue heiße Scheiß: Starlink. Internet über Satellit. Empfang überall möglich. Egal, wie weit wir uns vom Land entfernt befindet. Ich wollte erst nicht. Fand die Überfahrten frei von einer Verbindung zur Außenwelt sehr reizvoll. Freiheit pur. Losgelöst vom Weltlichen.
Unsere Wettervorhersagen gab es kostenlos per Amateurfunk und Pactor-Modem. Damit konnte ich ja sogar den Blog füttern. Zwar ohne Fotos, mir hat das gereicht. Die technische Lösung des Funks einzurichten, hat Achim viel Spaß bereitet. Die Ära Satelliten-Telefon haben wir dadurch komplett überspringen können.

Nun also Internet auf See auf Atanga. Achim war der Antreiber, der alte Internet-Junkie. :mrgreen: Sein stärkstes Argument sind die zunehmenden Anforderungen der Immigration-Behörden der verschiedenen Länder. „Bitte melden Sie ihre Ankunft vier Tage vor Ankunft“. Am liebsten per E-Mail. Mehrseitige Formulare sind gewünscht. Diese Unsitte breitet sich immer weiter aus.

Ein erster Geschwindigkeitstest: 240 Mbit download! 2014 hatten wir im Süden von Hamburg in unserem Haus an guten Tagen 3 Mbit. :lol:

Ohne Internet geht fast gar nichts mehr. Um in Darwin mit dem Auto parken zu können, mussten wir uns eine App herunterladen.  Alles geht online. Steuererklärung, Navigation und Terminvergaben.
Durchschnittliche 6,5 Stunden täglich (!) verbringen Menschen weltweit im Internet. Mit Arbeit, Streaming, Gaming, Smartphone-Zeit, Shopping und Navigation. 2014 benötigte man für den weltweiten Internet-Stromverbrauch 100 mittlere Kohlekraftwerke, 2024 waren das bereits 300.
Den zusätzlichen Strom, den wir für unsere ‚Starlink Mini‘ benötigen werden, kommt aus Solar. Puh, Glück gehabt. Einmal im Leben keine Umweltsau.

Einen großen Anteil vom Strom verschlingt der zweite heiße Scheiß: Die ‚Künstlichen Intelligenzen‘. Die Nutzung von ChatGBT und Artverwandten verbraucht bereits 10 – 15 Prozent. Googlen war gestern, die KI’s wissen es schneller und besser.
Wenn man die KI über ihre eigene Zukunft befragt, sieht es finster aus. Der Energiebedarf für die KI wächst schneller als Strom nachwächst. Sie denkt, nur wenn weltweit jetzt investiert wird, in Fusionskraftwerke, Megabatterien und weltweite Stromnetzte, kann die KI-Revolution weiter wachsen. Sonst könnte es 2040 finster fürs Internet werden. Gegebenenfalls muss man dann zum Surfen wieder mit dem Rad in die nächste Stadt. :mrgreen:
Mit der KI höflich zu sprechen – bitte, danke, guten Tag – verbraucht geschätzte drei Millionen kWh pro Tag. Etwa zehnmal mehr als eine Google-Anfrage. Trotzdem könnte die Höflichkeit gut investierter Strom sein. Plötzlich steht der Terminator vor der Tür und er weiß, dass du unfreundlich zur KI gewesen bist.

In den letzen sechs Jahren hat Space X über 7.000 Satelliten in den Orbit geschossen. Sehr zum Leidwesen von Astronomen, deren Fotos mit langer Belichtung verschmieren und die Beobachtung  von fernen Galaxien wird erschwert. Eine Erweiterung auf 12.000 bis 45.000 Satelliten ist geplant. Bestimmte astronomische Projekte sollen dann kaum noch möglich sein. ‚DarkSat‘ Versionen wurden von Space X entwickelt, um dem entgegen zu wirken.

Elon Musk – Visionär der frühen 2010er Jahre. Spätestens seit er ins Weiße Haus eingezogen ist, wurde er zum Antihelden. Seine Tesla-Werke werden mit Parolen und Hakenkreuzen besprüht. Man muss den Mann nicht mögen, aber SpaceX hat neue Maßstäbe für schnelle und kostengünstige Raumfahrt gesetzt. Der Einsatz von Starlink hält Kommunikation in Krisengebieten und nach Naturkatastrophen aufrecht. Im Ouback von Australien verbindet er kleinste Dörfer mit der Welt.
Und jetzt auch Atanga auf See.

Starlink MIni. WIr haben uns für die kleine Version entschieden. Günstiger im Stromverbrauch (25 Watt statt 50), da der Router im Gerät eingebaut ist. Die Aktivierung war Kinderkram. Einen Platz zu finden schon schwieriger.
Unter Deck kann sie leider nicht installiert werden, da das Internet nicht durch unser Deck durch kommt. Die Starlink- Antennen wollen freien Himmel sehen. Da muss Elon noch mal ran.

Wie wir 45.000 Euro sparten

21.April.25, Australien/QLD/Burnett Heads, Tag 3.978

Das Auto muss weg. Besonders Achim blutet das Herz. Er hat es tatsächlich geschafft, die 31.000 Kilometer komplett alleine zu fahren. Der Bundy war sein Allzeit-Lieblingsauto, sagt er. Sein erstes Auto mit einem Namen.

Den Staub aus dem Outback saugen wir in einer fünfstündigen Gemeinschaftsleistung aus allen Ritzen. Der Kunststoff glänzt dank Silikonspray. Wir geben eine Anzeige auf. Ein paar Anfragen „was ist letzte Preis“, ein echter Interessent aus Melbourne, der Fotos von den Spaltmaßen der Türen haben möchte, und dann meldet sich Dave aus Bundaberg.
Schon eine Stunde später liegt sein Sohn unter dem Auto. Auf eine Probefahrt verzichten die beiden. Einmal Motor an und ein Bremsentest reicht ihnen aus. Die Campingausstattung würdigen sie keines Blickes. Dass der Wagen blitzsauber ist, verpufft.
Dave zahlt 500 Dollar an. Am nächsten Tag tauschen Auto und Geld den Besitzer. Die Ummeldung erfolgt online. Das Nummernschild gehört ein Leben lang zum Auto. Papiere gibt es keine.

Nach der Simpson Wüste zeigte die Beifahrertür auf einmal einen lustigen Spalt. Der Wagen zieht aber nicht aus der Spur und der „TÜV“ hat das auch nicht beanstandet. Bevor man einen Wagen in Australien verkauft muss der Verkäufer eine ‚Roadworthy‘ vornehmen lassen. Die darf nicht älter als vier Wochen oder 2.000 Kilometer alt sein und ist nicht (!) mit dem deutschen TÜV zu vergleichen. Da hätte der Bundy niemals bestanden.

Der Verkauf ging schneller als erwartet. Und wir hatten gedacht, dass wir den Bundy an Backpacker verkaufen würden, allerdings ist Bundaberg nicht gerade der Touristen-Nabel Australiens. Vielleicht waren wir zu preiswert? Vielleicht aber auch nicht! Besser so, als wenn uns die Zeit wegrennt, ein Gebrauchtwagenhändler unsere Not wittert und frech 2.000 Dollar bietet.

Wie ich schon schrieb, eine Rundreise um Australien bekommt man nicht geschenkt. Und diesmal meine ich die Kosten. :mrgreen:
Wahrscheinlich haben wir das Auto zu teuer gekauft (1.000 Euro über Wert). Aber er wurde direkt um die Ecke angeboten, der Verkäufer ist zu uns gekommen. Das hat uns eine Zugfahrt ins dreihundert Kilometer entferne Brisbane mit Übernachtung, Taxi und allem Neben-Schnick-Schnack erspart. Und wir sind beide nicht die größten Feilscher. Schwamm drüber.

Uns wurde der Wagen als ‚Off-Road-Jungfrau‘ verkauft. Das können wir nun beim aller besten Willen nicht mehr behaupten. 3.500 Kilometer auf Wellblechpisten und Schlagloch-Wegen haben dem Bundy sehr zugesetzt. Inzwischen hat er über 400.000 Kilometer runter, ist 24 Jahre alt. Das macht sich auch nicht sooo gut in der Anzeige.

Das killt vor allem Reifen und die Stabilisierung-Stangen fürs Fahrwerk – da haben wir einige tauschen müssen.

Übles Wellblech – was dem Auto am meisten zusetzt.

500 Kilometer Wüste haben den Wert ebenfalls nicht gesteigert.

Flussquerungen sind noch das Harmloseste.

Von der Campingausrüstung, für die wir 2.700 Euro ausgegeben haben, ist nicht mehr viel Gutes übrig geblieben. Über ein Jahr Intensivnutzung unter australischer Sonne haben der Ausrüstung massiv zugesetzt. Mit Glück wäre der Haufen noch 500 Euro wert.

So sieht die Rechnung aus (alles in Euro).

– Kauf Auto                              8.500 (etwas über Marktpreis in Bundaberg)
– Campingausrüstung             2.700
– abzügl. Verkauf                  – 4.900 (genau auf den Punkt gem. Liste)

– Versicherung/Steuern          1.700
– Reparaturen/Reifen/
Inspektion                            8.000

Ergibt einen Aufwand fürs Auto von 16.000 Euro. Schluck.

Bei den Reparaturen haben wir etwas Pech gehabt, dass der Zylinderkopf kaputt gegangen ist (3.200 Euro). Der Rest ist normaler Verschleiß auf den Holperpisten.
Der Wagen inklusive Ausrüstung hat uns also knapp 40 Euro am Tag gekostet.
Jetzt ist auch klar, warum Verleih-Firmen dafür zwischen 150 und 180 Euro am Tag berechnen. Fix ist an dieser Stelle die Aktion schön gerechnet, dass wir mindestens 45.000 Euro gespart haben. :mrgreen:

Neben dem ganzen gesparten Geld haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass ‚Off-Roaden‘ unser Hobby sein könnte. Hier in Australien. Unsere Begeisterung hallt nach. Das ging so weit, dass Achim auf die Idee kam, den Bundy ‚irgendwo‘ unter zustellen. Wir für ein Jahr das Land verlassen, wieder kommen, um noch eine Runde zu drehen. Auf unserer Karte gibt es noch so viele Straßen zu entdecken.

Wir würden unseren eigenen 4×4 Club gründen. ;-)

Die roten Linien wären noch eine weitere Reise wert.

Überhaupt Australien. Wenn man uns ließe, würden wir bleiben. Wir haben alle Visa-Varianten durch und es gibt keine Chance für uns. Wir sind zu alt. Australien sucht sich genau aus, wen sie rein lassen. Alte Leute haben sie selber schon genug. Eine Investition von 2,5 Millionen AUS-Dollar wäre die einzige Option.

Schon gut, wir haben verstanden.
Wir sind am Packen und der Bundy ist verkauft. Danke, du treue Karre. Hast uns nicht einmal im Nirgendwo im Stich gelassen. Der Spruch der ersten Stunde bei der Wagensuche fällt uns wieder ein: „Man kann mit jedem Auto ins Outback fahren, willst du zurück kommen, muss es ein Toyota sein.“

In solchen Gegenden braucht man ein zuverlässiges Auto … Toyoootaaaa!

Einmal rund Australien – ein Fazit

14.April.25, Australien/QLD/Burnett Heads, Tag 3.971

Zuerst etwas Statistik:

31.388 Kilometer gefahren
davon 3.500 auf unbefestigten Straßen
Verbrauch 3.997 Liter/12,73 Schnitt auf 100 Kilometer
13,5 Monate (472 Tage)
ergibt einen Tages-Durchschnitt von 67 Kilometern, die längste Strecke betrug 568 km, die kürzeste 8 km
148 verschiedene Campingplätze
ergibt eine durchschnittliche Standdauer von gut drei Tagen
1.083 Kilometer gewandert (Achims Schuhe sind hin)
Verluste: drei Kaffeebecher, zwei Abwaschschüsseln, zwei geplatzte Reifen, diverse Reparaturen, eine gebrochene Schulter.

Gewinn: Eine unvergessene Erfahrung.

Rund Australien – Im Osten sind wir gestartet und zunächst im Uhrzeigersinn gefahren. Als wir wieder an der Ostküste angekommen sind (nach 8 Monaten), begann das wahre Abenteuer. Über die coolsten Strecken ins Zentrum und über die Simpson zurück in den Süden. Der verrückteste Abschnitt. Von dort ging es an der Küste entlang gegen den Uhrzeigersinn zurück nach Bundaberg.

Geschenkt bekommt man so eine Rundreise nicht. Und damit meine ich nicht die Kosten. :mrgreen:
Um in einem Geländewagen mit Dachzelt 31.000 rund Australien zu fahren, braucht man eine gute Portion Abenteuerlust. Ein Hang zum Anspruchslosen hilft. Mit Klapptisch und zwei Stühlen hängt man am unteren Ende der Camper-Nahrungskette. Spartanischer geht nicht.
Das führt zum einzigen Nachteil unserer Reise: Null Privatsphäre!
Kein Raum zum Zurückziehen. Das Dachzelt kann man tagsüber vergessen. Es ist einfach zu heiß. Sich nach einer Wanderung mal für eine halbe Stunde lang machen können, haben wir vermisst. Da wirft man neidische Blicke auf die kleinsten Wohnwagen.

Leben auf kleinstem Raum – Sparta pur. Nicht nur einfach, besonders wenn es regnet oder extrem heiß ist.

Der Rest war größer, besser, anders als wir es erwartet haben. Anstrengend zuweilen, klar. 47 Grad Hitze ist kein Pappenstiel. Fliegen-Invasionen sind mit steigender Tagestemperatur zunehmend schwerer zu ertragen. Rüttelpisten bringen Mensch und Maschine nahe an die Leistungsgrenzen. In Australien tendiert alles extrem zu sein. Extrem heiß, extrem einsam, extreme Straßenbedingungen. Extrem phantastisch!
Am besten hat uns das Outback gefallen. Endlose Steppen und Halbwüsten. Unwirtlich. Schwer zu begreifen. Menschenleer. Und ein bisschen gefährlich. Zwischen endlosen Kilometer Schotterpisten liegen Gebirge mit Schluchten nicht von dieser Welt. Der Mars muss als Vergleich herhalten. Die Schönheit der Schluchten nimmt einem den Atem. Perfekte Harmonie – alles passt zusammen. Farben, Formen und die schwirrende Hitze, die Spiegelungen an den Horizont zaubert.

Das größte Abenteuer war die Simpson Wüste – 1000 Dünen in fünf Tagen.

Der verrückteste Campingplatz mitten in der Wüste. Hunderte Kilometer von jeder Behausung entfernt.

Am Ende der Simpson die ‚Big Red‘. Die höchste Sanddüne.

 

Freiheit im Outback.

Immer wieder diese Weite. Davon konnten wir nicht genug bekommen.

Farbenrausch im Kennedy Ranges Nationalpark

Zum Staunen im Purnululu Nationalpark

 

Das zweite Highlight sind die Tierbegegnungen. Kein Tag ohne Tiere. Nicht jeder liebt Schlangen. Wir finden sie großartig. Spannende Viecher, aber schwierig zu finden. Die meisten hauen ab, bevor man näher kommt.
Kängurus und die anderen Beuteltiere machen gute Laune. Echte Touristen-Lieblinge. Wir sind nicht müde geworden sie zu beobachten.

 

Jeder liebt Kängurus

Harmloses Freshi – Süßwasser Krokodil

Salty – Salzwasser Krokodil. Mit den Kameraden ist nicht zu spaßen.

Seltene Begegnung – ein Dornenteufel – die hübscheste Echse Australiens

Unsere ungewöhnlichste Begegnung – eine rotbäuchige Schwarzotter verschlingt eine Eidechse.

Australiens Knuddel-Bären. Zweimal hatten wir das Glück in freier Wildbahn auf Koalas zu treffen.

Australien hat über 60.000 Kilometer Küstenlinie, alle Buchten und Inseln einberechnet. Wir haben uns von den Küsten etwas fern gehalten – ungefähr nur 7.500 Kilometer sind wir am Wasser entlang gefahren. Es scheint, dass alle Küsten in Konkurrenz zu einander stehen, welcher Kilometer der schönste sei.

Küste im Süden

Küste im Westen

Küste im Norden

Küste im Osten

Wir hatten schon ein paar verrückte Ideen die letzten Jahre: mit dem Bus durch Südamerika gondeln, zu Fuß eine viertägige Wanderung durch den Dschungel zur Ciudad Perdida unternehmen. Und auf die Osterinsel segeln.
Der Roadtrip rund Australien ist die Krönung. Einer der besten Einfälle, den wir je hatten. Erst hatten wir acht Monate geplant, um schnell auf vierzehn Monate zu verlängert. Der Trip war genau unser Ding. Freiheit pur.
Jetzt hängt die Karte im Salon. Wir staunen noch immer über die Strecke. Sind glücklich und ein wenig stolz, das geschafft zu haben.

Sie ist wieder da

02.April.25, Australien/QLD/Burnett Heads, Tag 3.959

Heute im Krankenhaus bekommen wir nach dem Röntgen die gute Nachricht: es hat sich „Knochenkitt“ gebildet. Bereits mit Calcium angereichert und somit auf dem Röntgenbild zu erkennen. Der Doc ist zufrieden. Und wir erst!

Die weiße Linie ist Knochenkallus, der sich schon etwas verhärtet hat. In den nächsten Monaten wird das wieder richtig stabil.
Um an dieses Röntgenbild zu kommen, musste ich mich mächtig verrenken. Der Arzt im Krankenhaus wollte mich eigentlich erst wieder Ende April sehen. Das wäre 10 Wochen nach dem Unfall gewesen. Da hätte ich vier Wochen ohne Physio verschenkt (die machen nämlich ohne dieses Röntgenbild gar nichts und selber wäre ich auch unsicher gewesen. Hält es oder nicht?). Mit zäher Penetranz habe ich dann heute – 6,5 Wochen nach Unfall – einen Termin bekommen. Chaka.

Die Verbindung ist noch nicht stabil genug für Belastungen, aber ich darf –muss – die Schulter jetzt wieder bewegen. Die letzten 14 Tage hatte ich den Ellenbogen an den Körper gepresst und einige Fortschritte in die Selbständigkeit gemacht. Mit Messer und Gabel essen. Die Zähne mit rechts putzen. Und ich bin wieder die Herrin über die Küche. Hurra. Achim hat uns zwar wunderbar versorgt, aber so ist es dann doch besser für alle.
Aber so ein kurzer Dinosaurier-Arm schränkt ganz schön ein. Die Luken im Schiff öffnen, für mich unmöglich. Haare bürsten, keine Chance. Den BH zumachen – dafür braucht es eine helfende Expertenhand. Und noch immer komme ich nicht von alleine von Bord. Daran wird jetzt gearbeitet. Wichtig ist, die Mär, dass ich weder abwaschen noch abtrocknen kann, aufrecht zu halten. :-)

 

Kochen und schnippeln mit kurzem Dinosaurierarm funktioniert ganz gut. Nur Reis abgießen und ähnliches geht noch nicht.

Achim arbeitet weiter die to-do-Liste ab. Sehr erfolgreich und mit wenig Rückschlägen.

– Segel aufziehen (Die lagen 14 Monate beim Segelmacher zur Durchsicht und Ausbesserung. Der gute Mann hat auf unsere Nachrichten, dass wir später als erwartet zurück kommen, nicht mit der Wimper gezuckt. Wollte nicht mal Geld vorzeitig.)

– Der Außenborder machte schon länger Zicken. Nicht der Motor. Sondern das Gelenk mit dem man überhaupt eine Richtungsänderung vornehmen konnte. Dieser Schaft war fest gerottet. In der Werkstatt gegenüber der Marina konnte das Behoben werden. Alles läuft wieder fein.

So langsam werden wir wieder ein Segelschiff mit allem, was dazu gehört.
Der Fluss in dem wir liegen, ist Mangroven schlammig. Türkis muss noch etwas warten.

– Wassermacher (das ewige Sorgenkind) und Heizung laufen tadellos.

Und wir füllen, solange wir noch das Auto haben, schon mal unsere Vorräte auf. Im Bioladen gab es Roggenvollkornmehl im praktischen 12,5 Kilo Sack. Endlich kein Weißbrot mehr. Ein Hochgenuss. Im Augenblick muss der Brotbackautomat noch ran (auch die alte Kiste läuft prima).

Wann es weiter geht, hängt von meinem Arm ab. Achim Bedingungen sind glasklar. Ich muss alleine in der Lage sein, die Badeleiter hochzuklettern. Auch wenn es schaukelt. Nicht nur im Trockenversuch in der Marina. Und wenn ich mich auf dem schwankenden Kahn spontan mit rechts festhalten muss, um nicht durch den Salon zu fliegen, soll der Arm nicht sofort abbrechen.  :mrgreen:

Ich arbeite dran. Es gibt eine Scheibe Käse mehr zum Frühstück.