Monat: Juli 2018

Sherlock & Watson in Quito

Di.,17.Jul.18, Ecuador/Quito, Tag 1508, 13.337 sm von HH

Wir liegen auf der Lauer am Tatort des Kamera-Diebstahls. Immer, wenn wir an unserem Hostal vorbei kommen, beziehen wir unseren Beobachtungsposten am ‚Plaza Santo Domingo‘.
Jetzt wo wir genau hinsehen, fallen uns haarsträubende Dinge auf: Unscheinbare Männer mittleren Alters, meistens mit Rucksack und unauffällig gut und sauber gekleidet, schleichen um die Platz.
Einen Kerl mit Schirmmütze beobachten wir, wie er hinter einer Säule verschwindet als Polizei mit Motorrädern auf den Platz auftaucht. Kaum ist die Polizei verschwunden, kommt er hinter seiner Säule vor. Schirmmütze und die andern ‚Unauffälligen‘ kennen sich, geben sich Zeichen und wechseln ständig die Plätze auf der Platz. Unser Dieb lässt sich nicht blicken. An seiner Hose hätten wir ihn erkannt.

Wir genießen das schöne Wetter in dieser tollen Stadt. Bummeln durch die Straßen und stellen fest, auch andere Plätze sind verdächtig. Am ‚Plaza Major‘ setzt sich ein Opa neben uns auf die Parkbank. Zunächst liest er in seiner Zeitung. Die Unschuld und Freundlichkeit in Person fängt er ein Gespräch mit uns an. Wir quatschen einen Augenblick mit ihm, schlendern dann weiter. Wir kaufen uns eine Schale Obst mit der wir uns auf eine Treppe setzen. Erhöht sitzend haben wir den gesamten Platz im Blick.

Da fällt mir der Opa wieder ins Auge. Mal liest er seine Zeitung im Stehen, mal hält er sie zusammengefaltet auf dem Rücken. Er steht hier und guckt dort, dann wieder rückt er nahe an Gruppen heran.

Achim glaubt, er ist allein und einsam. :roll: Ich glaube das nicht. Geht es noch verdächtiger? Wohl kaum! Bei frischer Tat als Langfinger kann ich ihn nicht beobachten, irgendwann verschwindet er aus unserem Blickfeld.
Wir haben inzwischen auch keine Zeit mehr für ihn, gilt es doch nun den kleinen Gauner wieder zu finden, der uns die Mango verkauft hat. In der Mitte der Früchte hat der Schuft zum Obst-Volumen aufplustern einen fetten Mango-Kern versteckt. Dieses Quito…

Neben unserer Detektiv-Tätigkeit besuchen wir noch die Basilika. Der Prunkbau ist noch keine hundert Jahre alt. Sie ist die größte neugotische Kirche Amerikas. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Wasserspeier, die ausschließlich heimische Tiere, wie Gürteltier, Leguan und Tölpel darstellen.

Wasserspeier der besonderen Art

Wasserspeier der besonderen Art

Für uns ist sie interessant, weil man an einem der Türme außen hoch klettern kann und eine sagenhafte Übersicht über Quito haben soll.

Im linken Turm der Basilika darf man über eine Außentreppe klettern

Im linken Turm der Basilika darf man über eine Außentreppe klettern

Den Turm geht es außen hoch - Van Helsing lässt grüssen

Den Turm geht es außen hoch – Van Helsing lässt grüßen

Von den Haupttürmen führt unter dem Kirchendach eine schmale Stiege zum Turm mit der Treppe. Am Ende geht es eine steile Treppe hoch und wir stehen auf dem Kirchendach.

Schmale Stiege unter dem dach der Basilika

Schmale Stiege unter dem dach der Basilika

Von hier an geht es nur noch außerhalb des Turmes über zwei freischwebende Leitern weiter. Enge Metallstiegen durch deren Stufen man bis zum Kirchendach schauen kann.
Nicht Jedermanns Sache, aber wenn man nicht drüber nachdenkt, was passieren kann und nicht nach unten schaut, dann geht’s. :lol:

Wenn man nicht drüber nachdenkt, ist es gar nicht so schlimm

Wenn man nicht drüber nachdenkt, ist es gar nicht so schlimm

Die Aussicht ist die Kletterei in jedem Fall wert. Wobei runter schwieriger ist als hoch.

Unterhalb des Daches zwischen den beiden Türmen geht es rüber

Unterhalb des Daches zwischen den beiden Türmen geht es rüber

Treppe geschafft
Quito

Am Kap de Peniche. Der Leuchtturm von Cabo Corveiro.

Mitte Mai bin ich in Sizilien aufgebrochen, um einhand 
für mein neues Buchprojekt um die Westküste Europas zu segeln. 
Seit Anfang Juli bin ich in Portugal unterwegs. Und heute in Peniche, 
einer Hafenstadt nördlich von Lissabon. 

In Peniche stand ich vor der Wahl: Sollte ich nach links abbiegen? Aufs Meer hinaus? Und weiterziehen?Oder nach rechts? Und bleiben? Und meine Tage in Peniche verlängern?

Es waren die Menschen, die ich in Peniche traf und die den Ausschlag gaben. Carlos, der sanfte Hafenmeister mit den traurigen Augen, der hilfreich war, womit immer ich ankam, ob es das durchgebrannte Birnchen in Levjes Kompass war oder der gelegentlich qualmende Motor. Carlos, der mich begrüßte mit den Worten: „Thomas. Was für ein schöner Name. So schön, dass mein Sohn auch diesen Namen trägt.“ Oder meine Bootsnachbarn, Françoise und Max. Max ist 80 und seine Frau 75. Doch davon merkt man nichts. Die beiden sind so jugendlich und neugierig auf ihrer 35 Fuß Yacht unterwegs, als gäbe es kein Alter und ab 75 keine Beschwerden. Nur Francoise ist traurig. Nach zwei Jahrzehnten kehrt ihr Schiff zum ersten Mal wieder zurück in seinen Heimathafen nach Frankreich, nach Capbreton an der Atlantikküste. 20 Jahre bereisten sie darauf das Mittelmeer vom einen Ende zum anderen. Waren im Libanon und Syrien in der hintersten Türkei. Kennen Zypern. Haben die Friedhöfe des I. Weltkriegs auf den Dardanellen gesehen wie das Schwarze Meer und die Küsten Portugals. Noch drei Wochen später sollte ich jeden Morgen von Françoise und Max ein eMail erhalten, eine Art morgendliches Bulletin in drei Zeilen, wo sie, die vor mir abgefahren waren, gerade steckten. Ob in den Nebeln vor Galizien oder den Regenschauern und Kreuzseen Asturiens.

Und dann war da noch Gilles auf seiner Alcor. Gilles sieht aus, als wäre er Mitte 40, dabei ist er Mitte 60. Doch das hat nicht nur mit seinem hageren Äußeren zu tun. Es ist, als wäre er im Leben der jüngste Sohn seiner Mutter gewesen, das Nesthäkchen der Familie, und wäre es für immer geblieben. Der Kleinste und der, bei dessen Anblick der Mutter das Herz immer ein klein wenig mehr aufging. Das Leben war für ihn vor allem eines: Federleicht, aller irdischen Schwere entrückt. Genau so hatte das Leben ihn auf seiner Alcor nach Peniche verschlagen. Ein geplatzter Kühlwasserschlauch, der mit nachfolgendem Kolbenfresser Gilles Motor draußen vor dem Hafen von Peniche ein hartes Ende setzte. „Alles komplett verrottet und verrostet“, sagte Gilles, als würde er über den Sonnenschein am Strand erzählen. Gilles, der 65 ist, wird nun für einige Monate nach Frankreich zurückkehren, nach Lyon, woher er stammt, um etwas Geld für einen neuen Motor zu verdienen. Schließlich will er jetzt, dem drei Frauen im Leben nicht reichten und der darum vier Töchter in die Welt setzte, nach Senegal an die Küste Westafrikas. „Mein Großvater war da in der französischen Armee und ist dort auch bestattet. Ich möchte da nach seinen Spuren suchen. Daran denke ich seit Jahren.“ Tagsüber sehe ich Gilles nie. Doch er ist da, er sitzt auf seiner Alcor und schreibt an seinem Roman. „Es wird ein Buch über das Paradies“, überrascht mich Gilles eines Abends bei einem Glas Bier. „Es ist die Geschichte 

eines Mannes, der die Welt bereist. Und mit jeder Begegnung, mit jeder Erfahrung, die er macht, klüger wird und klüger. Es geht so lange, bis er am Ende gelernt hat, was zu lernen war. Und wird, wie ein Kind.“ Ich konnte nicht anders, als ihn zu fragen, ob denn auch das Inferno in seinem Buch vorkäme, denn das Paradies sei nichts ohne das Inferno. Doch Gilles ließ sich nicht beirren. Das Paradies war sein Gegenstand. Und das Schreiben seine Profession. Sein dritter Roman sollte es jetzt werden, einen Verleger hätte er auch schon, und als ich nach den ersten beiden fragte, antwortete er ohne Reue. Sie wären ihm nicht gut genug gewesen. Als sie vollendet waren, habe er sie leichten Herzens in den Mülleimer gegeben. 

Es ist ein buntes Völkchen, das sich im Hafen von Peniche trifft. An französischen Seglern schätze ich immer wieder, dass ein Boot weniger das schmückende Acessoire ihres Erfolgs im Leben, sondern Werkzeug ist, ein Leben zu leben, wie sie es es sich vorstellen. Mag das Schiff auch noch so schlicht sein und betagt wie Gilles Boot: Das einfache „Ich lebe, wie ich will. Also bin ich.“ strotzt diesen Seglern aus jeder Pore, sie gehen unbeirrt auf ihren einfachen Schiffen auf lange Fahrt, wo einem sonst in Häfen nur allzu oft jenes „Ich kann Dinge kaufen. Also bin ich.“ begegnet.

Und noch eines fesselt mich an Peniche. Auf einer Wanderung entlang der Ufer von Peniche entdecke ich, dass die Stadt nicht nur eine Insel war, sondern immer noch eine ist. Ganz im Westen, wo die letzten Häuser von Peniche längst hinter mir liegen und auch das Land beim Leuchtturm am Cabo Corveirho wie abgeschnitten endet, ist Peniche nur noch Felseneinsamkeit. Die Klippen fallen senkrecht hinunter wie die Cliffs of Moher im Westen Irlands, zu denen ich unbedingt noch einmal reisen will. Wo mich sonst die Höhenangst plagt, stelle mich an die Felskante und schaue hinunter, wo sich unter mir nicht bloß Wellen brechen, sondern mächtig anrollende Gebilde, die irgendwo aus den Weiten des Atlantik heranrauschen, vollgesogen mit Kraft und Wucht und all dem, was dort draußen an unbändiger Wildheit ist.

Ich schaue hinüber zum „Nau de Corvos“, dem „Schiff der Krähen“ genannten Felsen, hinter dem die Sardinenfischer von Peniche hinausziehen aufs Meer, als hätten sie sich zu einem kurzen Ausflug um dieselbe Stunde an diesem späten Nachmittag verabredet. Wie viele Schiffe wohl am Krähenschiff zerschellt sind und dort unten liegen? Es müssen einige sein. Denn mit dem Bau des Leuchtturms begann man früh, noch zu Zeiten vor Napoleon, lange vor der Dampfschiffahrt. Doch das ist sicher nicht die ganze Wahrheit. Oft ist unser Hirn zu klein, uns vorzustellen, wieviel Vergangenheit manche Dinge und Orte besitzen. Ich bin mir sicher, dass auf den Klippen der einstigen Insel Peniche, die an dieser Stelle mehrere Kilometer weit in die Unwirtlichkeit des Atlantik hineinragt, schon viele Feuer brannten. Neolithische Spuren finden sich am Cabo Corveiro ebenso wie an den anderen Kaps an der portugiesischen Westküste. Was Menschen hierher in die Unwirtlichkeit zog, bleibt ihr Geheimnis. Doch ich vertraue spätestens auf die Römer, die dem Schiffsverkehr im Binnenland und auf dem Meer ungeheures Augenmerk schenkten und die die ersten waren, die – uns ähnlich – konsequent technisch alles und jedes machten, was eben notwendig und machbar war.

Ein paar Schritte nördlich des Leuchtturms geben die merkwürdigen Felsformationen Rätsel auf. Mannshohe Stücke verwitterten grauen Gesteins voller Rundungen und Kurven, die verworren daliegen wie die Teile eines Puzzles. Als warteten sie, endlich wieder zu einem Bild zusammengesetzt zu werden. Als wäre ein unverständliches und längst vergessenes Ornament in die Felsen gehauen, das jene uralte Geschichte überliefert, wie diese Welt entstand. Doch ich kann dies Ornament der Erdgeschichte nicht lesen, verstehe nur, wie alt dies alles ist und sehe das riesige Muster, in dem die beiden Reisenden, die mitten darin sitzen, sich verlieren wie wir in der Welt.

Noch ein Blick aufs Krähenschiff. Und hinüber zu den Inseln der Berlengas, von dem eben das letzte Ausflugsboot zurückkehrt. In den Hafen von Peniche. Ich glaub, ich bleibe noch.

SV Jaba – Basil Panakis UK

SINGLE HAND ATLANTIC CIRCLE ON A SMALL CONTEST 25

Hello Peter 
I just completed my solo trip to the Caribbean and back. The Wind Pilot gave me no problems whatsoever. Behaved impeccably.
Kind regards
Basil
J A B A enjoy the video taken in Mindelo

SV Jaba – Basil Panakis UK

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Jäger und Gejagte. Bei den Sardinenfischern von Peniche. In der Sardinen-Bar in Berlin.

Seit Mitte Mai folge ich nun einhand segelnd für mein neues Buch den Küsten und Inseln West-Europas. Von Sizilien zu den Balearen. 
Über Südspanien durch die Straße von Gibraltar nach Portugal. 
In Peniche treibe ich mich am Hafen bei den Sardinenfischern herum.

Als ich ein Kind war, war ich ein heikler Esser. Es gab wohl eine Phase im Alter von vier oder fünf Jahren, wo ich mich erinnere, dass meine Mutter weinend vor mir saß, weil ich mal wieder nichts essen wollte. Kinder sind so. Ich weiß nicht mehr, was die Ursache war. Doch war mir Essen gleichgültig. Ich weiß noch, wie diese Phase endete. Eines Tages fand sie heraus, dass ich Camembert über alles liebte. Und gebackene Forellen. Und: Sardinen aus der Büchse, auf einem Teller mit etwas Zwiebel und Essig zerdrückt. Ab da: War ich wieder in der Welt.

Vielleicht ist das so. Wozu wir ein Leben lang neigen, entwickeln wir sehr früh. Noch bevor wir beginnen, in der Schule zu lernen, wissen wir schon, was wir wollen. Vergessen es vielleicht kurzzeitig, doch verlernen tun wir es nie mehr. Gegrillte Sardinen jedenfalls begleiteten mich auf meiner Reise quer durch die Ägäis. Und auch jetzt in Portugal fröne ich jeden Abend, den ich nicht auf Levje koche, im Restaurant über einem Teller mit Fisch.

Peniche im Juli. Der Fischereihafen liegt abgesondert vom übrigen Hafen. Doch schon von weitem erkennt man das Gebäude ganz leicht: Ein riesiger Möwenschwarm kreist immer darüber, schreiend, kreischend. Kommt man näher, nimmt das Geschrei zu. Und der Fischgeruch auch. Doch richtig intensiv wird alles, sobald ich im umzäunten Geviert des Fischereihafens an der Pier stehe, dann, wenn die Sardinenfischer ihren Fang anlanden. Einem Schwarm Fliegen gleich, schlagen die Möwen zum Greifen nah über den Männern, die gebeugt über den Bottichen stehen, in denen sie ihren Fang in Eiswasser konservierten. Und während die Männer ihre Beute aus dem Eiswasser in Kisten verteilen und ein Gabelstapler die Kisten in die Auktionshallen bringt, verwandeln sich die Möwen in nackte Gier.

Ein Fischer, der ein Stück wertlosen Beifangs achtlos auf die Pier wirft. Zwei Möwen, die sich mit sieben anderen ekstatisch darauf stürzen. Den Fisch erreichen, ihn packen an beiden

Enden und zerren und zu zerreißen suchen mit aller Kraft und Gier, deren ihre wütenden Organismen fähig sind. Eine jede der anderen erbitterter Feind. Eine jede kennt nur noch den Kampf. Und sich selbst. Bis es der einen gelingt, den Fisch in sich zu würgen, ihn zu schlingen. Und die anderen sich augenblicklich und kreischend neuer Beute zuwenden.

Was die Männer da aus dem Meer holen, ist zu groß für die Büchse. Und als „Ölsardine“ ungeeignet. Anders als in Deutschland werden in Spanien und Portugal Sardinen wie in Griechenland eher frisch auf dem Grill geschätzt, mit grobem Meersalz und etwas Kräutern auf den Holzkohlengrill gelegt. Das passt zu ihrem kräftigen Geschmack am besten.

Sardinenfischerei. Sie ist alt. Und nahm vor allem seit der Industrialisierung enorm zu. Noch 1964, dem Jahr, in dem meine Mutter für mich die erste Sardinendose öfnete,  holten portugiesische Fischer fast 160.000 Tonnen Sardinen aus dem Meer – das war Landesrekord. Dosensardinen ernährten ganz Europa. Heute sind es keine 15.000 Tonnen im Jahr mehr. 200 Kilo Sardinen darf so ein roter Trawler jetzt an einem Tag noch nach Haus bringen zum Schutz der Bestände – nicht mehr als die 10 Körbe voll, erzählt Carlos, der Hafenmeister mit den traurigen Augen. Sie führen jetzt am Tag nur noch wenige Stunden hinaus, die Fischer. Und kämen am Abend bald wieder zurück. Die Sardinen stehen praktisch vor dem Hafen im Wasser. Oder nur wenige Stunden entfernt vor der Küste. Man erkennt die Sardinenfischer an dem mitgeschleppten Beiboot, in dem oft schon auf dem Anmarsch die Männer sitzen, die mit seiner Hilfe den unter der Wasseroberfläche stehenden Schwarm vom Fischkutter aus mit einem Netz einkreisen, das der Fischkutter dann an Bord hievt und sofort wieder in den Hafen zurückkehrt.

Manchmal konnte ich, während ich die Küste an windstillen Tagen hinauf motorte, träge Möwen beobachten, wie sie über dem offenen Meer kreisten. Kurz niedergingen. Und schon mit einer Sardine im Schnabel wieder in die Luft verschwanden. Schlaraffenland, so scheint es.

Doch nicht für die Männer. Die sind allesamt zähe, sehnige Kerle, wie sie in ihren Wat-Hosen vor mir stehen und mit bloßen Händen den Fang mit einem Handnetz aus dem Eis-Bottich heben. Kurz sortieren. Und in die weiße Kiste für den Gabelstapler zur Auktionshalle füllen. Sie haben mehr mit Bergsteigern gemein, und ich wundere mich nicht zum ersten Mal, warum ich eigentlich in den vielen Häfen, in denen ich war, noch nie einen korpulenten Fischer getroffen habe. Selbst die Älteren in Peniche, die, die nicht mehr hinausfahren, selbst die erkennt man, wenn sie durch den Ort schlurfen, an ihren dürren, sehnigen Gestalten. Ob es das Leben auf dem Meer macht? Oder doch eher ihre Ernährung? Ich weiß es nicht. Wie wohl eine Statistik ausfiele, die typische Krankheiten nach Berufsgruppen darstellte? Fischer versus Vertriebsleiter? Was käme dabei heraus? Die einen mehr Rheuma? Die anderen mehr Herzinfarkte?
Ist der Mensch mehr, was er isst? Oder ist er mehr das, was er sein Leben lang tut?

Aber auch die Sardine neigt in ihrem Leben, wenn man sie lässt, ebensowenig wie ihre Jäger zum dick werden. Einzelgängertum ist ihr fremd. Sie lebt im Schwarm. Sie ist gern mit anderen zusammen. Vom ersten Moment an, indem ein Mutterleib seine 50.000 Eier irgendwo in Küstennähe ablegt. Bis zur Büchse. Dabei hat sie die Geringschätzung, mit der wir sie als „Ölsardine“ bezeichnen, einfach nicht verdient. Dafür ist ihr Leben zu komplex, von dem wir viel zu wenig wissen. Nachts im Schwarm auftauchen. Tagsüber eher in mittleren Tiefen leben. Als 50.000 Eier in ein-Millimeter-Größe den Mutterfisch verlassen. Nach wenigen Tagen als vier Millimeter große Larve entschlüpfen. Geschlechtsreif sein nicht irgendwann gleich nach der Fischwerdung, sondern nach satten zwei Jahren. Lebensalter, wenn man sie in Ruhe lässt, wie der Dackel meiner Oma: 15 Jahre.

Geschlechtsreif nicht irgendwann gleich nach der Fischwerdung, sondern nach satten zwei Jahren. Das ist lang. Und es ist der Grund dafür, dass eine EU-nahe Kommission vor einiger Zeit empfahl, den Sardinenfang an der Atlantikküste ganz einzustellen, und zwar für nicht weniger als für 15 Jahre – genau die Zeit, die die Sardinenschwärme bräuchten, um sich wieder richtig zu erholen. Nun waren plötzlich die Jäger zu Gejagten geworden. Ein Sturmlauf der portugiesischen Fischer setzte ein. 15 Jahre Pause? Das überlebt keine Branche. Sie wüssten doch mittlerweile selber sehr gut, wie die ökologische Uhr des Ozeans ticke. Und anders noch als in den wilden 60er Jahren würden sie ja nun nicht mehr ganzjährig rausfahren, sondern im Winter zwei Monate Ruhe geben. Und auch die leidigen Fangquoten einhalten.

Wir sollten also, wenn wir die nächste Dose mit Sardinen öffnen, ein wenig respektvoller mit Bruder und Schwester Sardine umgehen, die darin liegen. Was die Portugiesen übrigens längst tun, indem sie ihre Sardinendosen grafisch zu kleinen Kunstwerken aufpeppen – siehe dazu auch die Fotos meines Posts vor wenigen Tagen: Hier klicken – die man zwischen Portimao und Porto prominent in jedem Supermarkt bekommt. Und die es auch in Berlin in der „Sardinen.Bar“ in die mediale Spitze der Gastronomie gebracht haben. Dort kann man dinieren, aber halt anders: Eben portugiesische Sardinen, die mit hervorragendem Weißwein, doch standesgemäß in der Dose so serviert werden:

Winter 2017 in Berlin: Da bekam ich portugiesische Sardinen vorgesetzt in Berlin. In der Sardinen-Bar. Und nur in der Dose…

Vielleicht. Vielleicht war die Büchse mit Sardinen, mit der meine Mutter mich 1964 köderte, eine, auf der „Product of Portugal“ stand? Die Chancen wären nicht schlecht gewesen, dass sie aus Peniche stammte. Alles hängt schließlich irgendwie mit allem zusammen.

Quito ist wunderschön

Mo.,16.Jul.18, Ecuador/Quito, Tag 1507, 13.337 sm von HH

Quito ist die erste Stadt, die 1978 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Nach den etwas sterilen, unbewohnten Eindrücken von Cartagena und Panama City hoffen wir, dass Quito mehr punktet.
Und ja, Quito ist wunderschön. Häuser und Kirchen sind toll renoviert ohne tot zu wirken, Architektur aus fünf Jahrhunderten steht bunt gemixt beieinander und zwischen Touristen aus der ganzen Welt, spielt sich noch das echte Leben ab. Straßenhändler neben kleinen Restaurants, zwischen Shops und den typischen Ramschläden Südamerikas. Die Bevölkerung besteht überwiegend aus Mestizen (Ein Mix aus Europäern und Indios), Trachten spielen im modernen keine große Rolle,
In den Häusern gibt es keine überteuerten Designer-Läden, sondern Tischlereien und Ferreterias mitten im Kulturerbe.

Kein Schikimiki in der Altstadt

Kein Schikimiki in der Altstadt

Quito ist wunderschön
wirklich wunderschön

Ruhige Zonen und echtes Leben

Ruhige Zonen und echtes Leben

 

Wir lassen uns von Carlos die bei einer Free Walking Tour zeigen. Obwohl er heute nur drei Kunden hat, behält er über drei Stunden seine gute Laune und führt uns kurzweilig durch Quito.

Als die streng gläubigen Spanier 1534 Quito gründeten, war ihre wichtigste Mission, den Katholizismus zu verbreiten. Bereits nach zwei Jahren legten die Franziskaner den Grundstein für die erste Kirche Quitos. Und der Baueifer hielt vierhundert Jahre an. Das weithin sichtbare Prunkstück Quitos, die Basilika, wurde erst vor knapp hundert Jahren erbaut. Über siebzig Kirchen zählt Quito heute.

Iglesia San Francisco - erste Kirche Quitos gegründet 1536

Iglesia San Francisco – erste Kirche Quitos gegründet 1536

 

Um den Inka und anderen Kulturen den Übertritt zum neuen Glauben zu erleichtern, griff man tief in die Trickkiste. Ein Gemälde vom Abendmahl soll in einer Kirche hängen, bei dem Jesus und seine Jünger, gegrilltes Meerschweinchen essen. Dem Leibgericht der Inka.

Wir haben das Gemälde leider nicht gesehen, da die sowieso schon reiche Kirche Eintritt von bis zu fünf USD pro Gotteshaus verlangt. Verbunden mit einem Fotografierverbot. Ins Stadtmuseum kommen wir günstiger und werden sogar ausdrücklich aufgefordert, dass wir gerne Fotos machen dürften.

In der ‚Iglesia La Compañia‘ sollen 54 Kilo Gold, von den Inka gestohlenes Gold, verarbeitet worden sein, berichtet uns Carlos. Auch hier verzichten wir auf eine Innenansicht: „54 Kilo ist nicht viel“, zerstört Achim die Illusion von einer unfassbaren Menge, „das sind ja nicht mal drei Milchtüten“. Es geht doch nichts über einen Naturwissenschaftler.  :mrgreen:

La Ronda, eine der ältesten Straßen Quitos

La Ronda, eine der ältesten Straßen Quitos

Major Plaza - Tummelplatz für Touristen und Einheimische

Viele der alten Bauwerke sind bereits viermal neu aufgebaut worden, da Quito regelmäßig von Erdbeben erschüttert wird. Heute baut man erdbebensicher, eine Metro wird gebaut und 2,3 Millionen Qiuteños wohnen in dieser schönen Stadt.

Abends kommt es tatsächlich erneut zu einem Treffen mit Achims Ex-Kollegen Martin nebst ‚La Familia‘. Zufällig treffen sich unsere Wege in Quito erneut. Wir verbringen einen lustigen Abend in einer netten Pinte. Danke für den netten Abend und liebe Grüße.

 

Istvan Kopar – ein Planungs Fehler

STEERING IN FORTH GEAR

A planning oversight

Istvan Kopar – ein Planungs Fehler

STEERING IN FORTH GEAR

A planning oversight

Istvan Kopar steering problems

PLEASE FORWARD TO ISTVAN

Istvan Kopar

Istvan Kopar steering problems

PLEASE FORWARD TO ISTVAN

Zehn Minuten in Quito und schon beklaut

So.,15.Jul.18, Ecuador/Quito, Tag 1506, 13.337 sm von HH

Das ging schnell! Aber hallo, bitte keine Zeit verlieren. Nach vier Stunden Busfahrt aus Riobamba erreichen wir Quito, weitere zwanzig Minuten Stadtbus, noch hundert Meter zu Fuß bis zum Hostel und eben das Gepäck aufs Zimmer bringen. Direkt vor unserer Tür liegt die ‚Plaza Santo Domingo‘. Erstmal umschauen, Orientierung gewinnen, wo wir sind, einen Blick auf die Stadtkarte werfen.

Dazu nehmen wir auf Stufen unterhalb eines Denkmals Platz. Mein geliebter Fotoapparat steckt, wie immer, in meiner vorderen Hosentasche. Bei Menschen-Gewühl sichere ich ihn an der Gürtelschlaufe, da kann nichts passieren.
Als wir uns hinsetzen, drückt der Apparat mich, so dass ich ihn vor mich auf die Stufen lege. Neben meinen Rucksack, der eine Stufe tiefer zwischen meinen Füßen steht.

Achim und ich klönen, schauen uns um und überlegen, wohin wir als erstes gehen sollen. Da fliegt plötzlich eine leere Cola-Plastik-Flasche in meinen Rücken. Ich drehe mich um. Hm, was soll’s, nichts zu sehen. Wird wohl der Wind gewesen sein. „Du merkst schon, dass es windstill ist“, klugscheißt mein Unterbewusstsein. Ich ignoriere das.

Ich wende mich wieder Achim zu. Die Flasche klappert erneut, kullert an uns vorbei, die paar Stufen runter und bleibt vor uns liegen. Ich werde noch immer nicht stutzig. „Wie blöd bist du eigentlich?“, nörgelt mein Unterbewusstsein.

Nun geht ein Typ neben mir die Stufen runter und hebt die Flasche auf. Mein Unterbewusstsein brüllt mich an: „Hallo, aufwachen, warum sammelt ein Kerl vom Typ ‚was-schert-mich-die-Umwelt‘ jetzt diese Flasche auf?“ Ich ignoriere noch immer die Stimme in mir. Der Typ kommt zurück und geht eng an mir vorbei. Zu eng. „Ey, wie ich das hasse, wenn die so nah vorbei gehen“, sag ich noch zu Achim. Und dann klingelt es. Zu spät. Noch hektisch alles durchwühlen, aufstehen, Hosentaschen abtasten, Rucksack-Inhalt auf die Stufen kippen. Mein Fotoapparat ist weg. Der Typ auch.

Achim und ich spielen die Szene wieder und wieder durch. Wir kommen nicht drauf, wie sich das Arschgesicht unbemerkt hat nähern können, und sich neben mir bücken könnte, um die Kamera vor meinen Füssen aufzuheben. Auch Achim hatte eine Stimme in seinem Kopf, die ihn warnen wollte, dass die Cola-Flaschen-Nummer nicht sauber ist. Er hat’s genauso ignoriert.

Und es ist ja nicht so, dass wir nicht gewarnt wurden. Der Reiseführer erwähnt auf jeder zweiten Seite über Quito, dass Taschendiebe und Trickbetrüger in der Stadt unterwegs seien.
Die Crew der Brakeaway hat uns in Bahia noch ihre Geschichte auf den Weg mitgegeben, dass sie im Bus von einem kleinen Mädchen um ihr Portemonnaie erleichtert wurden. In Baño trafen wir ein Pärchen, die von einem nächtlichen Überfall erzählten.

Ich bin geschockt. Noch nie in meinem Leben bin ich bestohlen worden. Und ich bin traurig: meine schöne Kamera. Jetzt muss Achim unterwegs Fotos machen. Der ist häufig zu bequem dazu und fotografiert längst nicht das, was ich gerne möchte. Das Drama bekommt immer größere Ausmaße.
Quito ist zunächst mal doof. Lustlos laufen wir durch die Straßen und überlegen immer wieder, wie der Kerl das gemacht haben könnte. Ohne Lösung.

Der Tatort am nächsten Morgen

Der Tatort am nächsten Morgen

Als wir dann am Abend im Hotelzimmer sind, zeigt Quito, dass es noch eine Schippe drauf legen kann. Direkt unter unserem Zimmer geht ein Presslufthammer los. Ja, spinnen die hier? Am Sonntagabend um 21:00 Uhr fangen die Arbeiter an den Fußweg auf zu stemmen.
Nach einer halben Stunde Lärm klopft es an unserer Tür. Die Chefin vom Hostal entschuldigt sich für einen Lärm, den sie nicht zu verantworten hat. Sie klärt uns auf, dass etwas mit der Wasserleitung nicht in Ordnung sei und überreicht uns zwei Paar Ohrstöpsel. Wie lieb ist das denn?
Wir sind nicht im Ritz abgestiegen, sondern nächtigen in einem 21,00 USD-pro-Nacht-Hostal. Ich bin spontan bereit mich mit Quito zu versöhnen.

Presslufthammer unter dem Hotelzimmer

Presslufthammer unter dem Hotelzimmer

Um 23:00 Uhr war Bernhard dann auch fertig mit hämmern. :-)

 

 

SV Squatina – Joergen Holmbo DK

NACH 20 JAHREN HAT DER WINDPILOT SICH DAS BEIN GEBROCHEN

Wann immer ich eine BOWMAN 46 CC sehe, frage ich mich, warum solche Schätze nur noch Hand verlesen vorhanden sind, denn die Linien sind Wohltat und Honig zugleich für Augen und Seele. Leider kann man in derartige Schiffe keine Ikea Möbel oder Einbauküchen montieren, weil Schönheit aussen, drinnen ihre Konsequenzen hat.

Joergen hatte mich von Horta auf den Azoren angerufen, er wollte nach vielen Jahren der Bequemlichkeit unter Windpilot, keinen Meter mehr selber am Ruder stehen. Aber sein Windpilot war krank, hatte sich das Bein gebrochen. Es sollte schnell gehen – GANZ SCHNELL. Das haben mit Hilfe portugiesischer Flugmaschinen fast über Nacht geschafft. Rudermontage ging flott, der Anker wurde zeitgleich an Deck geholt … und Joergen ist zwischenzeitlich in der Heimat eingetroffen … aber die Fotos von seinem schönen Schiff brennen mir immer noch in den Augen.