Monat: Juni 2017

SV Bella Marie – Hans-Peter Scheller US

VON PEENEMÜNDE NACH TEXAS VIA HANNOVER UND ISTANBUL

Wie bitte? Nein, kein Sprechdurchfall – sondern gelebtes Leben! Und dass das Leben Achterbahn fahren kann, ist mir selbst im Blut, weshalb ich mich manchmal anzuschnallen pflege, um nicht aus den Lebens Kurven zu fliegen. Ist es mein Schicksal, dass ich dabei so häufig auf Menschen treffe, die es noch doller treiben? Jedenfalls spitze ich meine Ohren, stelle Fragen bis zum Dach und höre zu – manchmal allerdings bleibt mir dabei der Mund offen stehen. Zum Beispiel gestern in Hannover:

Es begann vor etlichen Jahren. Hans-Peter Scheller, seit 53 Jahren wohnhaft in Hawaii mit Liegeplatz in Pearl Harbour, obschon in 4. Ehe glücklich, lebenslang der immer gleichen Werft verfallen, hatte mir damals folgende Mail geschrieben:

Hello Peter,
I bought a Marieholm 26 in Denmark, with your vane bracket already installed, but no vane unfortunately. My idea was originally to install a Cape Horn vane, I already have, but have second thoughts, because of logistics involved.

I live in Hawaii, and will fly to Denmark, to take possession of the boat. Then sail the boat on her own keel home, to Hawaii.

Since I would have to carry the Cape Horn with me, it might be simpler to go with your Windpilot. Can you ship one without mounting bracket to Denmark, for US yacht „Can Do!“ in transit? Tax free? Cost of vane, plus shipping?

Thank you for your reply!
Peter

Der Deal wurde abgewickelt, die SV CAN DO wurde mit Windpilot nach Hawaii gesegelt. Soweit so gut. Dass es ein da Capo geben würde, wer hätte das für möglich gehalten? Ich jedenfalls nicht. Aber ich hatte mich getäuscht und wurde über gerascht.

Hans-Peter, heute 80 Jahre alt, hatte kürzlich die SV BELLA MARIE – eine Marieholm 32 – in Peenemünde erworben. Sein Plan: diesmal soll die Reise kreuz und quer durch Europa über Rhein und Donau bis ins Schwarze Meer nach Gibraltar gehen. Dann links abgebogen über die Kanaren in die Karibik, um dann in der neuen Heimat Texas am Ende die Leinen festzubinden, wo Peter´s Frau sehnsüchtig auf ihren Seemann wartet.

ALSO HANNOVER
Vor wenigen Tagen also bekomme ich eine Mail aus Magdeburg mit dem Vorschlag, uns in Hannover Yachthafen zu treffen. Häääh? Der Hafen voller Motorquatzen, war schon von weither an der US Flagge zu erkennen, es hatte sich immerhin sofort bis zum Kneipenwirt herum gesprochen, dass eine amerikanische Yacht im Hafen lag. An Bord Hans-Peter und sein finnischer Freund Dani Hedberg, der ihn auf seiner Reise begleitet.

Hannover 12 Grad im Regen – Dani hatte gerade in seine Heimat telefoniert und erfahren, dass in Helsinki zeitgleich 27 Grad und strahlendes Sommerwetter herrschte. Verdrehte Welt! Wir sassen unter Deck, der Regen schlug horizontal durchs Schiebeluk. 80 Jahre sind in wenigen Stunden kaum zu schaffen. Darum hier die Eckpunkte des atemberaubenden Lebens von Hans-Peter, dessen familiäre Wurzeln in Ostpreussen lagen, der in Bad Aibling seine ersten 18 Lebens Jahre verbrachte, schnell Freundschaft mit in Germany stationierten US GIs geschlossen hatte, ein US Visum erhielt und sich nach Westen verabschiedete, um in US Army Uniform nach Berlin zurückzukehren wo er am CHECKPOINT CHARLIE viele Jahre Dienst geschoben hat, bis zu Kennedy´s Besuch und Zeiten dann die Tapeten ausgewechselt wurden. Als Military guy hat Hans-Peter die ganz Welt gesehen, sich dann in Hawaii gesettled, weil er meinte, dass das Leben dort very nice und convenient sei, jedenfalls abseits der Welt und doch mitten drin, zudem mit Schönwetter Garantie, perfekter Insel Lage und interessantem Panorama.

HABEN SIE SCHON MAL VON IHREM SCHIFF EINE MAIL BEKOMMEN?
In Hannover jedenfalls hat uns beide die folgende Mail erwischt, geschrieben vom eigenen Schiff, das offenbar sogar schlau genug und sogar in der Lage ist, eine Tastatur zu bedienen:

Hello! all land lubbers, and Ahoy! from the sea!
Let me introduce myself, my name is Marie. The name Marie, because I was born in Sweden, as a Marieholm 32e, at the famous boat yard Marieholm Bruk. I am 32 feet long, 9 feet wide and require a depth of water of about 4 feet 6″, depending on the load. Normally I displace about 6 tons of water, again, depending on the load. Oh yes, my age, I was born in 1978. All my previous owners where very good to me, and kept me in superb condition and so beautiful, that my present owner added something to my name, Bella. Now I am known as Bella Marie, I am very happy with that addition. What lady would not? My new owner is certified as crazy, or is an idiot, as his wife refers to him. Maybe they are all right, as he wants to take me all the way to Texas, which is in America! I am very happy about my new future home, and the voyage how to get there! The Danube, and Black Sea! The Mediterranean and the Atlantic Ocean! I cannot believe my luck. So I promised my new owner, I will take good care of him, and deliver him and crew, safely to that place called Texas, by next Christmas. The best part is, that we are already on the way! All the way into Poland, and should be in Germany in a day or two. The voyage so far, was nothing but fantastic. Thanks to my new owner’s wife, that she let im go, to live his dream. Thank you, Miss Betty, I promise to take excellent care of your husband, and his crew Dani from Finland.-
Bella Marie

Und so wünsche ich Hans-Peter und seinem Freund Dani unbeschwertes Motoren immer an der Kanal Wand entlang, später gegen reissende Rhein Strömungen bergauf und an Ende dann mit Rückenwind – als Donau verkleidet – Richtung Istanbul zu verholen – und erst danach zu prüfen, ob seine Bella Marie auch tatsächlich segeln kann. Die Hoffnung treibt uns alle.

Herzlich von Peter zu Peter

SV Swantje – Rainer Waesch GER

ROUND BRITTAIN – WIR PACKEN ES AN

Moin Peter, nur mal schnell loswerden: mit Windpilot unterwegs zu sein, ist immer wieder eine Wucht. Nix zu tun, bis der Hafen um die Ecke kommt. Gruss aus Tayport Rainer WEITERLESEN

Maritimer Ausflugstip: Friedrichstadt per Dinghy

Der einzige Nachteil an der Möglichkeit sich demnächst auf den Weg Rund England machen zu können? Die Zeit bis dahin ist echt stressig. Im Moment komme ich kaum vom Schreibtisch weg. Und da sind die Reisevorbereitungen noch nicht einmal eingerechnet. So gab es dann selbst über Himmelfahrt nur einen Tag Wochenende. Ein wirklicher Wochenendtrip mit Nonsuch lohnt sich da nicht mehr so wirklich und die Alster hab ich in der Situation auch schon x-Mal rauf und runter gesegelt.

Aber auf maritimes Feeling verzichten wenn nur ein Tag zur Verfügung steht? Auf keinen Fall! Zum Glück fiel mir eine kleine Idee ein: Auf meinen Reisen durch die Nordsee in den letzten Jahren gefiel es mir auf der Eider doch so gut. Und speziell das kleine Holländerstädtchen Friedrichstadt mit seinen kleinen Grachten war ein echtes Kleinod. Also schnell mal die Zeit im Kopf überschlagen und Dinghy und Motor eingepackt. Ein kleiner Ausflug mit dem Schlauchboot durch die Friedrichstädter Grachten soll es sein. Die Stadt ist nur etwa 1,5 Std. von Hamburg entfernt und sogar unproblematisch mit der Bahn zu erreichen.

Im kleinen Wassersportclub erinnerte man sich sogar noch an mich und Nonsuch, und ich durfte mein Dinghy an den Stegen aufbauen und später waschen. Und ein wenig Strom für den Torqeedo blieb sogar auch noch hängen. Eine kleine Spende in die Vereinskasse verstand sich da von selbst. Und sollte euch dieser Ausflugstip zusagen gilt das Angebot beim MCW Friedrichstadt gegen eine kleine Spende an den kleinen Verein euren Trip zu beginnen auch für euch.

Nach dem kurzen Pump-Workout ging es also los, und offenbar war ich nicht der einzige mit dieser Idee. Das schöne Wetter hat noch andere aus dem Haus gelockt und viele andere kleine Schlauch- Ruder- und Tretboote waren hier unterwegs. Klar, letztere kann man hier sogar mieten wenn man kein eigenes Boot hat.  Interessant fand ich übrigens, dass die Torqeedo Elektromotoren unter den motorisierten Booten hier fast einen Marktanteil von 50% haben. In den ruhigen Grachten scheint sich der leise Elektromotor schon durchgesetzt zu haben. ;-)

Der Begriff des Holländerstädtchens ist übrigens nicht mal eine falsche Beschreibung denn die Stadt wurde im 16 Jhd. von holländischen Religionsflüchtlingen gegründet die auch ihre Wasserbaukunst mitbrachten. Und so sieht es in den Grachten hier tatsächlich aus wie in Amsterdam oder irgendwo am Ijsselmeer. kleine Zugbrücken, enge Kanäle mit gepflegten Gärten und eigenen Stegen davor, prachtvolle Bürgerhäuser und alte Bäume die bis ins Wasser hängen. Stundenlang kann man hier umhertuckern und immer wieder etwas neues entdecken. Und der Idyllefaktor bleibt dabei auch nicht auf der Strecke. Sogar einige der Restaurants in der Stadt haben sich auf die Bootstouristen eingerichtet und so kann man hier teilweise direkt vor der Terasse festmachen oder wird sogar gleich direkt auf dem Steg bedient. Das haben wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen. Besonders zum empfehlen übrigens ist das Restaurant „Holländische Stube“ direkt an der Mittelgracht am alten Marktplatz.

Am Ende des Tages steht dann das Gefühl wirklich etwas Besonderes erlebt zu haben, und das obwohl wir Hamburg keine 7 Std. verlassen haben… Lasst euch einfach mal von den Bildern inspierieren und vielleicht habt ihr ja auch Lust auf eine kleine Alltagsflucht per Dinghy oder in Friedrichsstadt gemietetem Tretboot. Eine Genehmigung oder ähnliches braucht ihr nicht. Nur das Tempolimit von 5km/h in der Stadt ist zu beachten. Die Fahrtzeit beträgt etwa 1,5 von der Hamburger Innenstadt und euer Dinghy einsetzen und versorgen könnt ich beim MCW , Halbmond, 2480 Friedrichstadt. Für alle Norddeutschen unter euch kann ich diesen Ausflug nur empfehlen. ;-)

Levje. Ein Abschied. Von einem kreuzbraven Schiff.

Weil mein Schiff am Kiel undicht ist, bin ich anders als geplant nicht losgesegelt. 
Und werde ich auch die nächsten vier Wochen nicht segeln. 
Stattdessen werde ich Geschichten erzählen, die zu erzählen ich 
den Winter über keine Zeit fand. Geschichten aus den Häfen. 
In und um San Giorgio di Nogaro im Friaul.

Es ist heiß am Pfingstsamstag in San Giorgio di Nogaro. Ein Boot ins Wasser zu lassen ist kein Pappenstiel, auch nicht für Maurizio, der sein Leben lang nichts anderes tut als tonnenschwere Boote zu Wasser zu lassen. Jeden Tag. Tagein – tagaus. Jeden Tag zwischen fünf und sechs Schiffe. Aber nicht bloß deswegen ist Maurizio mein Held – ich schrieb über ihn und das blaue Ungetüm weiter unten.

Am heutigen Tag ist meine LEVJE dran. Ein halbes Jahr stand sie jetzt im Hafen. Trotzte den Winterstürmen. Den Minusgraden. Und regenschwerem Scirocco. Als es wärmer wurde, bekam sie ihr Unterwasserschiff runter, sogar zwei Schichten Glas. Und jetzt: Ist sie hübscher, als sie je vorher war. Es ist zwei, als Maurizio seinen 140-Tonnen-Kran um die Ecke rollt, um mein 3,5-Tonnen leichtes Schiff abzuholen. Um es schwebend wie ein Luftschiff, vorbei an Werkshallen und anderen am Land stehenden Yachten langsam auf riesigen Rädern Richtung Flußhafen am Oberlauf des Corno zu rollen. LEVJE geht nun ins Wasser. Und in andere Hände über, denn ich habe sie verkauft.


Von alledem weiß Maurizio, der Kranführer, natürlich herzlich wenig. Sein Job ist es, Schiffe zu kranen. Von Februar bis Juli krant Maurizio Schiffe ins Wasser. Ich habe nachgerechnet: Es müssten so um die 500 sein. Jeden Tag zwischen fünf, sechs? Das Ganze fünf Monate mal 20 Arbeitstage lang. Und dreißig Jahre. Mit Tonnen jonglieren. Tag für Tag.

Eine Sache beginnen, wie das mit dem Anfang ist, darüber wissen wir recht gut Bescheid. „… und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, hat uns Hermann Hesse eingebläut. Aber wie ist das mit dem Abschied? Welchen Stellenwert hat er in unserem Leben? Mir fällt der Abschied von etwas Liebgewonnenem echt schwer. Überhaupt fällt mir etwas weggeben, aus meinem Leben eliminieren sehr schwer. Dabei bin ich doch ein typischer Westeuropäer. Nenne 100.000 Dinge mein Eigen, so hat das jedenfalls Frank Trentmann ausgerechnet, und er sagt uns auch, dass es vor 500 Jahren nur 5 Sachen waren, die ein durchschnittlicher Mensch besaß. Bei 100.000 Sachen sollte es doch leichtfallen, etwas wegzugeben?

Aber nichts da. LEVJE, die wir „Liebchen“ nannten, ist in meinem Leben etwas Besonderes. Nicht bloß ein Ding. Sondern etwas, das mich in einen neuen Lebensabschnitt trug, als ein großer Abschnitt endete. Ich verdanke meinen Schiff Schritte in ein neues Leben.

Ich gebe zu: Ich bin traurig. Irgendwo auf diesen Seiten schrieb ich einmal, ein Gefährt würde zum Gefährten, wenn man damit neue Schritte ins Leben macht. Sein Leben ändert. Etwas neues unternimmt. Vielleicht steckt dahinter ja das Kalkül der Nachkriegs-Geneneration, die wir nun einmal  sind. Der Glaube, dass sich mit „etwas besitzen“, ein Fahrzeug „HABEN“, schon die rechte Unabhängigkeit sich im Leben einstellen wird. Das erste Fahrrad, mit dem ich Fahrrad fahren lernte. Das dritte Fahrrad, mit dem ich meinen Radius in die Welt vergrößerte: Meist träumend.

Und jetzt? 

Maurizio, der so alt ist wie ich?
Vielleicht war er zu Pfingsten mit seiner kleinen Tochter an seinem Lieblingsstrand von Bibione – da, wo es einsam ist. Und der Strand nicht touristisch überlaufen ist. Vielleicht hat er ein Picknick gemacht. Bis Juli wird er wird er weiter Schiffe ins Wasser kranen. Große. Und Kleine. Jeden Tag zwischen sechs und zehn.

LEVJE? 
Sie wird mit Susanne und Wolfgang diesen Sommer wohl an den Häfen der Nordadria unterwegs sein. Irgendwo zwischen Triest und Venedig. LEVJE I hat hat einiges gesehen in der Welt: Hooksiel/D. Ijsselmeer/NL. Dann Izola/SLO. Von dort durch die Ägäis nach Antalya/TR. Kreta/GR. Sizilien/I. Sie hat viel gesehen. 
Leb wohl, mein Liebchen. Gib auf Dich acht.

Ich?
Werde mich in den nächsten Tagen auf den Weg machen. Auf LEVJE II. Gen Süden. 
Zu gern würde ich diesen Post enden lassen wie Rollo Gebhard jedes seiner sieben Bücher: „Und dann ziehe ich weiter. Unter weißen Segeln neuen Abenteuern entgegen.“

Levje. Ein Abschied. Von einem kreuzbraven Schiff.

Weil mein Schiff am Kiel undicht ist, bin ich anders als geplant nicht losgesegelt. 
Und werde ich auch die nächsten vier Wochen nicht segeln. 
Stattdessen werde ich Geschichten erzählen, die zu erzählen ich 
den Winter über keine Zeit fand. Geschichten aus den Häfen. 
In und um San Giorgio di Nogaro im Friaul.

Es ist heiß am Pfingstsamstag in San Giorgio di Nogaro. Ein Boot ins Wasser zu lassen ist kein Pappenstiel, auch nicht für Maurizio, der sein Leben lang nichts anderes tut als tonnenschwere Boote zu Wasser zu lassen. Jeden Tag. Tagein – tagaus. Jeden Tag zwischen fünf und sechs Schiffe. Aber nicht bloß deswegen ist Maurizio mein Held – ich schrieb über ihn und das blaue Ungetüm weiter unten.

Am heutigen Tag ist meine LEVJE dran. Ein halbes Jahr stand sie jetzt im Hafen. Trotzte den Winterstürmen. Den Minusgraden. Und regenschwerem Scirocco. Als es wärmer wurde, bekam sie ihr Unterwasserschiff runter, sogar zwei Schichten Glas. Und jetzt: Ist sie hübscher, als sie je vorher war. Es ist zwei, als Maurizio seinen 140-Tonnen-Kran um die Ecke rollt, um mein 3,5-Tonnen leichtes Schiff abzuholen. Um es schwebend wie ein Luftschiff, vorbei an Werkshallen und anderen am Land stehenden Yachten langsam auf riesigen Rädern Richtung Flußhafen am Oberlauf des Corno zu rollen. LEVJE geht nun ins Wasser. Und in andere Hände über, denn ich habe sie verkauft.


Von alledem weiß Maurizio, der Kranführer, natürlich herzlich wenig. Sein Job ist es, Schiffe zu kranen. Von Februar bis Juli krant Maurizio Schiffe ins Wasser. Ich habe nachgerechnet: Es müssten so um die 500 sein. Jeden Tag zwischen fünf, sechs? Das Ganze fünf Monate mal 20 Arbeitstage lang. Und dreißig Jahre. Mit Tonnen jonglieren. Tag für Tag.

Eine Sache beginnen, wie das mit dem Anfang ist, darüber wissen wir recht gut Bescheid. „… und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, hat uns Hermann Hesse eingebläut. Aber wie ist das mit dem Abschied? Welchen Stellenwert hat er in unserem Leben? Mir fällt der Abschied von etwas Liebgewonnenem echt schwer. Überhaupt fällt mir etwas weggeben, aus meinem Leben eliminieren sehr schwer. Dabei bin ich doch ein typischer Westeuropäer. Nenne 100.000 Dinge mein Eigen, so hat das jedenfalls Frank Trentmann ausgerechnet, und er sagt uns auch, dass es vor 500 Jahren nur 5 Sachen waren, die ein durchschnittlicher Mensch besaß. Bei 100.000 Sachen sollte es doch leichtfallen, etwas wegzugeben?

Aber nichts da. LEVJE, die wir „Liebchen“ nannten, ist in meinem Leben etwas Besonderes. Nicht bloß ein Ding. Sondern etwas, das mich in einen neuen Lebensabschnitt trug, als ein großer Abschnitt endete. Ich verdanke meinen Schiff Schritte in ein neues Leben.

Ich gebe zu: Ich bin traurig. Irgendwo auf diesen Seiten schrieb ich einmal, ein Gefährt würde zum Gefährten, wenn man damit neue Schritte ins Leben macht. Sein Leben ändert. Etwas neues unternimmt. Vielleicht steckt dahinter ja das Kalkül der Nachkriegs-Geneneration, die wir nun einmal  sind. Der Glaube, dass sich mit „etwas besitzen“, ein Fahrzeug „HABEN“, schon die rechte Unabhängigkeit sich im Leben einstellen wird. Das erste Fahrrad, mit dem ich Fahrrad fahren lernte. Das dritte Fahrrad, mit dem ich meinen Radius in die Welt vergrößerte: Meist träumend.

Und jetzt? 

Maurizio, der so alt ist wie ich?
Vielleicht war er zu Pfingsten mit seiner kleinen Tochter an seinem Lieblingsstrand von Bibione – da, wo es einsam ist. Und der Strand nicht touristisch überlaufen ist. Vielleicht hat er ein Picknick gemacht. Bis Juli wird er wird er weiter Schiffe ins Wasser kranen. Große. Und Kleine. Jeden Tag zwischen sechs und zehn.

LEVJE? 
Sie wird mit Susanne und Wolfgang diesen Sommer wohl an den Häfen der Nordadria unterwegs sein. Irgendwo zwischen Triest und Venedig. LEVJE I hat hat einiges gesehen in der Welt: Hooksiel/D. Ijsselmeer/NL. Dann Izola/SLO. Von dort durch die Ägäis nach Antalya/TR. Kreta/GR. Sizilien/I. Sie hat viel gesehen. 
Leb wohl, mein Liebchen. Gib auf Dich acht.

Ich?
Werde mich in den nächsten Tagen auf den Weg machen. Auf LEVJE II. Gen Süden. 
Zu gern würde ich diesen Post enden lassen wie Rollo Gebhard jedes seiner sieben Bücher: „Und dann ziehe ich weiter. Unter weißen Segeln neuen Abenteuern entgegen.“

Aller Anfang ist schwer und leicht zugleich

Diesmal nix mit segeln! Ist mir auch ganz recht so, denn Nomade und das Wetter bereiten mir mal wieder Kopfschmerzen. Darüber dann vielleicht im nächsten Beitrag mehr.
Es geht also diesmal um Filou und was in den letzten Wochen so in Wesel und Umgebung passiert ist.

Es gibt viele Gute und einige schlechte Nachrichten. Fangen wir mit den Guten an: Filou hat sich unglaublich schnell eingelebt und an seine neue Umgebung angepasst. Wir waren wieder einmal überrascht, wie schnell er lernt.
Da Sabrina ja bereits zwei Tage nach der Ankunft in Wesel wieder arbeiten musste, blieb auch nicht viel Zeit. Er musste also bereits kurz nach der anstrengenden Reise eine ganze Weile allein in unserer Wohnung bleiben. Das kannte er zwar bereits von Yanna, die ihn in Griechenland für uns eine Zeit lang gepflegt hat, aber hier war er jetzt ganz allein. Keine anderen Hunde mehr um ihn herum, was er schließlich von klein auf gewohnt war.
Natürlich war er nicht die vollen 8 Stunden allein, während Sabrina auf der Arbeit war, denn mein Vater geht seitdem jeden Mittag eine große Runde mit ihm und schaut nach dem Rechten. Das hilft uns jetzt, wo ich nicht da bin, sehr.
Ansonsten trägt Filous Rhythmus dazu bei, dass es überhaupt keine Schwierigkeiten gibt. Er ist schließlich Grieche! Nach dem Frühstück und der großen Runde mit Sabrina, verschläft er fast den ganzen Tag und wird erst abends wieder richtig munter. Das zeigen die Aufnahmen der Kamera, mit der Sabrina ihn in den ersten Tagen überwacht hat, um auf eventuelle Probleme reagieren zu können.
Sein Schlafrhythmus ist uns ja bereits in Athen im Bordalltag aufgefallen. Dort ist er immer am frühen Vormittag in sein Bett in der Achterkabine gekrabbelt und hat Siesta gemacht. Fast den ganzen Tag.

Filou zu Besuch auf Camino.

Mit dem Hund meiner Eltern versteht er sich prima. Sorge hatten wir da zunächst auch nicht wegen Filou, der kommt geprägt durch seine Sozialisation auf der Strasse sowieso mit jedem Hund aus, wir wussten allerdings nicht, wie Benno reagiert, wenn ein anderer Hund in sein Revier eindringt. Aber auch das verlief völlig unspektakulär. Benno hat sich über Filou gefreut wie ein kleines Kind, das etwas zum Geburstag bekommt. Man musste am Anfang eher aufpassen, dass er Filou nicht mit spielen überfordert, denn Benno ist ein ziemlich aufgeweckter Lagotto Romagnolo.

Und draussen? Da gab es für Filou viel zu entdecken. Saftiges, kühles Gras kannte er bisher so noch nicht. Dichter Wald war auch völlig neu für ihn und der Umgang mit den vielen Hunden an der Leine war ebenfalls etwas kaum bekanntes. Er war schließlich Streuner. Ein Freigeist und Mitglied in einem großen Rudel. Aber auch solche Begegnungen verliefen harmonisch.
Immer wieder waren Leute von seiner entspannten Art angetan und ich musste an einen wunderbaren Hund denken, den wir vor einiger Zeit in Royan kennengelernt haben.



Die Eingewöhnung in den Alltag war also unglaublich leicht. Auch der erste Besuch bei unserer Tierärztin war unspektakulär. Nur Filous Gesundheitszustand hat uns noch Kopfzerbrechen bereitet. Denn trotz bestem Futter wollte er nicht zunehmen. Im Gegenteil, er hat wieder Gewicht verloren und musste sich so manches mal übergeben.
Wir hatten uns ja bereits gefragt, warum er in der Zeit bei Yanna, trotz guter Versorgung, kaum zugenommen hat. Aber sein gesamter Verdauungsapparat hat sich von der Zeit als Streuner einfach noch nicht vollständig erholt. Er bekommt nun Medikamente und Sabrina hat Kiloweise Möhrensuppe für ihn gekocht, um unterstützend seinen Magen und Darm wieder in Ordnung zu bringen. Gestern dann der erste Erfolg, nachdem er eine Woche lang sehr gut gefressen und sich nicht mehr übergeben hat. Filou hat 100 Gramm in einer Woche zugelegt. Leergewicht nun: 21,4kg


Darauf steht Filou total.

Erst jetzt im Nachhinein merkt man, wie knapp das für ihn im Winter in Kilada ausgegangen ist. Ich möchte nicht wissen, was er sich da so manches mal aus den Mülltonnen raus geholt und in den Magen gestopft hat, um irgendwie den Hunger zu lindern und über die kalten Winternächte zu kommen.
Denn bereits Yanna und die Tierärztin in Kapandriti haben ja seit Ende Januar viel an seinem Gesundheitszustand gearbeitet, aber erst jetzt, im Juni sehen wir so langsam das Licht am Ende des Tunnels. Nun hoffen wir, dass er kontinuierlich zulegt und kräftiger wird, denn eine weitere Baustelle muss noch angegangen werden.
Sabrina war vor ein paar Tagen mit ihm bei einer Zahnärztin für Tiere, denn bei genauem hinsehen ist ihr aufgefallen, dass im Oberkiefer ein Zahn abgebrochen, sowie am Fangzahn im Unterkiefer großflächig der Zahnschmelz abgesplittert ist. Vermutlich hat er da mal beim Müll durchstöbern auf etwas extrem hartes gebissen.
Der Zahn im Oberkiefer ist leider nicht mehr zu retten, denn die Bruchstelle sitzt zu tief, um das mit einer Krone sicher wieder aufzubauen. Würde man den Zahn nicht ziehen, bekäme er dort früher oder später Zahnschmerzen. Also muss dieser Zahn leider entfernt werden. Es wird ihn zumindest nicht behindern.
Der Fangzahn kann zum Glück wieder repariert werden. Dort trägt Sabrina in den nächsten 4 Wochen zweimal täglich ein spezielles Gel auf, um den Schmelz zu stabilisieren und danach wird dort, so wie man es auch beim Menschen macht, mit einer Schicht aus Kunststoff verblendet.
Da man die OP an den beiden Zähnen allerdings nur unter Vollnarkose machen kann, werden wir noch einige Zeit warten müssen. Denn die Zahnärztin hält einen solchen Eingriff in seinem jetzigen Zustand für viel zu riskant. Er muss erst wieder richtig kräftig sein.

Hier sieht man den abgesplitterten Zahnschmelz und den abgebrochenen Zahn im Oberkiefer.

Dann gibt es noch etwas interessantes zu Filous geschätztem Alter zu berichten. Laut seinem Pass ist er jetzt etwa 13 Monate alt. So hat ihn die Ärztin in Kapandriti geschätzt. Auch unsere Ärztin hat ihn auf ebendieses Alter anhand der Entwicklung seiner Zähne geschätzt. Sie meinte sogar, eher etwas jünger.
Alles Paletti, sollte man nun meinen, aber weit gefehlt. Denn ich kenne jemanden, der hat ihn bereits 2016 im Januar schon in Kilada gesehen. Wäre Filou jetzt 13 Monate alt, dann würde das absolut nicht zusammen passen. Im Januar wirkte er auch auf mich sichtbar älter als ein Hund von etwa 7 Monaten.
Wir können uns das nur so erklären, dass er bedingt durch das schlechte Futter aus den Mülltonnen, eine so langsame Entwicklung durch gemacht hat, dass sein Gebiss dem eines Hundes im Alter von etwa 13 Monaten entspricht, er aber bereits älter ist. Der wahrscheinlichste Geburtszeitraum für ihn müsste daher der Sommer 2015 sein.
Und deshalb haben wir uns nun darauf geeinigt, dass Filous Geburtstag der 1. August 2015 ist und an dem Tag gefeiert wird.

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SV Shalom – Christoph Vougessis GER

HALBZEIT – BERGFEST – HOFFEN AUF DAS AZORENHOCH

Moin, heute ist der 17.te tag auf see und damit halbzeit. 1560sm habe ich nun zurück gelegt und ich hoffe, dass die zweite hälfte zu den azoren so läuft wie die erste. Bisher war ich mit ca 31Grad nord immer recht weit südlich. Das wird sich nun ändern, weil die azoren ja weiter nördlich liegen. Ich hoffe daher auf ein stabiles azorenhoch. Ansonsten gibt es nicht viel zu berichten. Mein ebook ist durch die feuchtigkeit kaputt gegangen, weshalb lesen die nächsten wochen wohl ausfällt. Der windpilot macht alles super mit, weshalb ich meist entspannt irgendwo an deck sitze und durch den tag träume. Viele grüsse! Christoph tracking

Schönes Land trifft schönes Meer

Nachdem vor einigen Tagen Nomade startklar für die Überfahrt nach Italien war, jedoch kein gutes Segelwetter in Sicht, habe ich mir einen Roller ausgeliehen. Bei „Ainos Bicycle Store“ bin ich gelandet und konnte für 20€ einen 150er Roller für einen Tag bekommen. Toller kleiner Laden, sehr netter Besitzer und ein gut gewarteter Roller. Ich war 9 Uhr morgens dort. Wann ich den Roller am nächsten Tag wieder zurück bringen soll, wollte ich wissen. „Egal, wann es dir passt. Ich bin morgen sowieso erst wieder nachmittags da. Wirf den Schlüssel einfach dort in den Briefkasten.“
Typisch griechisch entspannt. Das gefiel mir gleich und so bin ich los, mit etwas Proviant und meinem Reiseführer von 1994 im Rucksack, den ich tags zuvor überflogen hatte.
Das erste mal seit über 10 Jahren kam so etwas wie Motorradfeeling bei mir auf und ich war froh, einen 150er statt der kleinen 50er Roller bekommen zu haben, die man hier sonst für 20€ haben kann. Also ging es nach einem schnellen Einkauf bei Lidl (wenn man schon mal ein Fahrzeug hat) die bergige Straße ins Landesinnere hinauf. Ich wollte unbedingt auf den Ainos, den höchsten Berg der Insel.

Mit dem Roller unterwegs.

Die Straße in Richtung Sami, einem Ort auf der Ostseite der Insel, ist gut ausgebaut. Irgendwann biege ich rechts ab und der Asphalt wird schlechter. Die Strasse ist sehr schmal und führt in Serpentinen immer weiter hinauf ins Gebirge. Erst 500 Höhenmeter, dann 1000 und es wird deutlich kühler. So kühl, das ich trotz Pullover und meiner Offshore Segeljacke fröstel. Ich wünsche mir Handschuhe.

An manchen Stellen der Strecke versperren Kies und Felsbrocken der letzten Erdrutsche Teile der Straße, aber man kommt noch gut daran vorbei. Im Gegensatz zu den Palmen an der Küste stehen hier Pinien und Tannen dicht an dicht. Überall Moos und einzigartige Vegetation. Sogar eine kleine Herde seltener Wildpferde soll es hier noch geben. Ein krasser Gegensatz zur warmen, trockenen, mit Palmen bewachsenen Küstenregion.
Auf den letzten Höhenmetern vor dem Gipfel muss sich der Roller etwas quälen. Man spürt deutlich den Leistungsverlust durch den geringeren Sauerstoffgehalt in der Höhe und hier oben ist es nun richtig kalt. Dann noch ein, zwei Kurven und ich bin angekommen, auf dem Gipfel. 1.628 Meter über dem Meer und das spürt man hier so deutlich wie auf keinem anderen Berg, den ich zuvor besucht habe. Ich stelle den Roller ab und gehe ein Stück auf dem Wanderweg. An einigen Stellen neben diesem Weg geht es fast senkrecht hinunter und mehr als eineinhalb Höhenkilometer unter einem, das Meer. Ein atemberaubender Anblick und mit einem Foto nur schwer festzuhalten!

Die Abfahrt zurück zur Verbindungsstrasse nach Sami lag schnell hinter mir. Es wurde wieder wärmer und nach wenigen Kilometern war ich an meinem nächsten Ziel. Die Tropfsteinhöhle von Drogarati. Eine etwa 150 Millionen Jahre alte Höhle, gespickt mit Stalaktiten und Stalagmiten und von beeindruckender Akustik. Früher wurden hier oft Konzerte gegeben. Heute bin ich völlig allein in dieser großen Höhle. Kein anderer Besucher ist hier. Und das Ende Mai. Die Insel wird zwar von Touristen besucht, allerdings nicht von Massen eingenommen. Ich habe auf meinen Streifzügen nicht eine einzige Bettenburg gesehen.

Und so geht es nach dem Rundgang durch die Drogarati Höhle weiter nach Sami, dem hübschen Küstenort an der Ostseite, mit seinem kleinen Hafen. Hier liegen deutlich mehr Segelyachten als in Argostoli. Ich mache ein paar Fotos und fahre zügig weiter. Der nächste Höhlenbesuch steht auf dem Programm. Die Tropfsteinhöhle von Melissani ist völlig anders als die in Drogarati. Die Höhle ist zum Großteil mit kristallklarem Wasser gefüllt, das Dach bei einem der Erdbeben eingestürzt. So fällt in den ersten Teil Tageslicht ein und illuminiert das Wasser türkis.
Man wird mit einem kleinen Ruderboot durch die Höhle gefahren und ich habe das große Glück, von einem Pärchen aus den Niederlanden begleitet zu werden. Die beiden sind Musiker und geben in der Höhle spontan ein beeindruckendes Minikonzert, vor einer Kulisse, in der vor fast Dreitausend Jahren dem Hirtengott Pan gehuldigt wurde.
Unser Skipper lässt sich kurz darauf nicht lumpen und stimmt gleich noch ein griechisches Volkslied an. Gänsehautfeeling!
Wir wären alle Drei am liebsten im Boot sitzen geblieben und die Runde gleich noch einmal gefahren.

Der unterirdische Bootsanleger in Melissani

Kristallklares, 15m tiefes Wasser in Melissani

Nach dieser Tour in einem der Holzboote, die noch dieselben sind wie in meinem alten Reiseführer, fahre ich weiter an der Küste nach Norden entlang. Vorbei an unzähligen kleinen Stränden, an denen entweder niemand ist, oder ein Pärchen einen ganzen Strand für sich hat. In dem kleinen Küstenort Ajia Evphimia biege ich wieder nach Westen ab, denn der Tag neigt sich bereits dem Abend zu. Ich komme vorbei an beeindruckenden Küstenabschnitten und durch beschauliche Dörfer. So wenig Leerstand, wie hier auf Kefalonia, habe ich bisher in Griechenland noch nicht gesehen. Vieles ist hier noch intakt. Wirtschaft und Tourismus scheinen gut zu funktionieren. Einiges erinnert mich an das Kreta von vor fast 2 Jahrzehnten. Die Menschen sind hilfbereit und entspannt. Keine Streitereien unter den Fischern im Hafen, wie ich es in letzter Zeit oft in anderen Orten mitbekommen habe und kein Palaver. Selbst die (wenigen) Streuner sind hier wieder so entspannt wie in Kilada und im Laden meines Rollervermieters wurde ein ganz winziger von ihnen mit der Flasche gefüttert.

Am Abend bin ich wieder zurück bei Nomade und stelle den Roller nebens Boot. Am nächsten Tag, gegen Mittag, tanke ich die „Maschine“ voll, stelle sie vor den Laden und werfe den Schlüssel zusammen mit einer Kleinigkeit in den Briefkasten. Ich schicke Nico (ja, mein Vermieter hat den gleichen Vornamen wie ich) eine SMS, dass der Roller wieder zurück ist und schlendere gemütlich durch Argostoli in Richtung Brücke.
An einem der Obstläden decke ich mich für knapp 3 Euro mit Früchten für mehrere Tage ein und beobachte danach noch eine Weile die Caretta Caretta Meeresschildkröten an der flachen Brücke zur anderen Seite der Bucht.

Fussgängerbrücke nach Argostoli

Ja, Kefalonia hat es mir angetan und ich denke mir so manches mal, wenn ich als einziger dort stehe und bis zu 8 !!! dieser faszinierenden Schildkröten ihre Runden drehen und das saftige Seegras der Bucht abweiden: „Gut, dass diese Insel noch nicht überrannt wurde.“
Kefalonia tut dieser sanfte Tourismus gut. Das Preisniveau ist inseluntypisch niedrig, vieles noch intakt und mein Reiseführer von 1994 hat ebenfalls noch gestimmt. Die Fotos darin hätten auch von heute sein können. Nur die Palmen in Argostoli sind heute etwas größer als damals.

Dabei habe ich hier nur an der Oberfläche gekratzt. Man könnte wochen- oder monatelang diese Insel im Ionischen Meer erkunden. Könnte die Schildkrötenstrände im Süden besuchen, von denen kaum jemand Notitz nimmt (fast alle fahren deshalb nach Zakynthos), die alten Zeus Tempel und uralte Klöster besuchen oder sich einfach an einen der unzähligen einsamen Strände legen.

Nur allein wird das auf Dauer doch etwas einsam.

Kefalonia, für mich der bisher schönste Ort in Griechenland, den ich entdeckt habe. Und ich hoffe sehr, eines Tages mal zusammen mit Sabrina hier zu sein.

Wie es Sabrina und Filou in Deutschland ergeht, davon erzähle ich euch demnächst. Während ich an diesem Beitrag schreibe, sind die beiden gerade beim Hundezahnarzt.

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Schönes Wetter in Argostoli

Eigentlich kann ich mich hier überhaupt nicht beschweren. Ich liege in einem gut geschützten Hafen auf Kefalonia. Jeden Tag scheint die Sonne und ich laufe meist nur mit einer Badehose bekleidet herum. Daneben kostet der Liegeplatz für Nomade keinen Cent, ich habe hier meine Ruhe und die Insel ist für mich der schönste Fleck, den ich bisher in Griechenland entdeckt habe.

Man könnte also meinen das alles in bester Ordnung ist. Aber leider komme ich nicht hier weg seit Nomade startklar ist und so langsam nervt das. Denn ich bin ja nicht zum Urlaub machen hier. Ich will weiter nach Westen. Aber genau von dort kommt der Wind. Genau aus der Richtung in die ich segeln möchte.
Jetzt könnte man ja einwerfen: Na dann halt kreuzen!
Ja, darüber denke ich auch jedes mal nach, wenn ich die neuesten Gribfiles lade. Aber es sind 250 Seemeilen bis zum nächsten sinnvollen Hafen. Theoretisch ginge auch noch einer mit 190, aber davon hat mir ein Italiener, der sich gut auskennt, abgeraten. Die Einfahrt ist nur 2,50m tief und versandet ständig.
Ansonsten gibt es an der Stiefelspitze Italiens nix. Entweder segelt man direkt nach Reggio Calabria oder macht einen kurzen Stopp in Taormina oder einem Hafen an der Ostseite von Sizilien. Denn Reggio Calabria liegt bereits weit nördlich in der Strasse von Messina und da muss einiges zusammen passen, damit man sich dort nicht gegen Strom und Wind die Zähne ausbeißt.
Kreuzen würde die Fahrt auf etwa 3 Tage und Nächte ausdehnen. Für so eine lange Zeit ist das Gebiet für einen Einhandtörn allerdings zu stark befahren. An etwas Schlaf wäre im Prinzip nur in der ersten Nacht ohne viel Risiko zu denken, danach ist man schon wieder dicht an den Schifffahrtsrouten, oder kreuzt direkt in diese hinein. Es gibt Fähren, Kreuzfahrtschiffe, Frachtverkehr und eine unbekannte Anzahl überbesetzter Boote die von Süden kommen. Denn alle Schiffe die nicht von Frontex an der Überfahrt von Libyen nach Italien gehindert werden, zählt kaum einer. Aber es gibt sie und man kann sich nicht darauf verlassen, das die Steuermänner die Kollisionsverhütungsregeln kennen. Diese Schiffe werden ja nicht von Seeleuten gesteuert, sondern meistens von Menschen die sich die Überfahrt nicht leisten können. Die halten dann als Hilfsskipper ihren Kopf hin. Die Schlepper sitzen an Land und zählen zufrieden die Scheinchen, während die Flüchtlinge draußen auf maroden Schiffen um ihr Leben bangen.
Eine Kollision ist natürlich trotzdem unwahrscheinlich. Das schwierige wäre die Konfrontation mit einem Flüchtlingsboot in Notlage. Was macht man dann? Klar, Mayday funken und helfen. Aber wie? Mit einer winzigen Rettungsinsel und einem Schlauchboot? Auf so eine Konfrontation kann man sich nicht einmal gedanklich vorbereiten, denke ich. Das ist immer eine Katastrophe für alle Beteiligten, egal wie viele Schiffe dort helfen.

Alles nicht so einfach, auch wenn das Ionische Meer meistens ein sehr ruhiges ist.

Man könnte natürlich auch auf direktem Kurs gegen den Wind motoren um die Zeit auf See zu verringern, komme was wolle! Bei 250 Seemeilen allerdings irgendwie auch nicht wirklich prickelnd. Da würden einige Liter Diesel verfeuert werden.
Bei Flaute würde ich das vielleicht noch in Erwägung ziehen, wenn sonst nichts anderes in Sicht ist.

Oder mit halbem Wind hoch nach Korfu segeln. Da war ich heute morgen aus Frust kurz davor!
Aber was will ich in Korfu? Das wäre ein riesiger Umweg.

Wobei genau das zwei Yachten aus Frankreich so machen. In kleinen Etappen nach Korfu, dort rüber nach Italien und wieder nach Südwesten.
Ich habe trotzdem noch die Hoffnung, das irgendwann etwas anderes als Westwind einsetzt. Ostwind zum Beispiel, oder Nordost, oder Südost, oder Nordwind, oder Südwind, von mir aus sogar Flaute. Fast alles ist hier willkommen, solange es kein Sturm oder Westwind ist!
Dann könnte ich die Franzosen kurz vor Messina vielleicht noch abfangen, aber die Wartezeit drückt schon ein wenig aufs Gemüt. Zumal ich der einzige hier bin. Fast alle anderen Boote sind hier abgestellt und werden, wenn überhaupt, nur mal am Wochenende kurz besucht.
Andere Fahrtensegler sind hier auch keine. Die beiden Yachten unter französischer Flagge waren die einzigen, die ebenfalls ins westliche Mittelmeer wollen.
Wenigstens bin ich nicht zum rumsitzen verdammt, denn es gibt noch genug am Schiff zu tun. Und so schleife und lackiere ich hier und da und träume von einem Segeltörn übers Ionische Meer.

Nur heute nicht! Heute werde ich ein Buch lesen, von dem ich bisher noch nichts wusste. Es ist ein Geschenk von Sabrina und ich durfte es heute morgen auspacken.

Es erzählt die Geschichte eines Mannes, der mit einer alten Ketsch irgendwie nicht vorwärts kommt und am Ende trotzdem bis nach Australien segelt.
Das Schiff heißt Tagedieb und der Honigbär auf dem Foto wird Taugenichts genannt. Klingt sehr interessant und passend.

Danke Sabrina! Darüber habe mich wirklich sehr gefreut. :-)

Im nächsten Beitrag erzähle ich euch dann etwas mehr von meiner Trauminsel, Kefalonia.