Monat: Juni 2017

Welpenalarm

Eigentlich dachte ich, ich bin hier in Argostoli mit allem fertig. Immer wieder stellen wir auf unseren Reisen allerdings rückwirkend fest, dass wir nie zu lange an einem Ort waren, auch wenn man es in der Gegenwart manchmal anders wahrnimmt.

Vorgestern Abend war es schön ruhig. Im Gegensatz zu den Tagen davor endlich mal kein Schwell und kein Wind mehr. Ich wollte früh ins Bett, um nicht zu sehr aus dem Rhythmus zu kommen. Ich halte mich quasi auf Standby, falls doch mal irgendwann Wetter, Nomades Zustand und alles andere zusammen passen sollten.
Kurz nachdem ich in die Koje gekrabbelt war, hörte ich es. Erst ganz leise, dann immer lauter werdend. Ein Herz zerreißendes Winseln. Eindeutig ein Hund und gar nicht weit weg von hier. Dabei waren auf dieser Seite der Brücke bisher noch nie Streuner, seit ich hier bin.
Eine Weile habe ich mir das Gewinsel angehört.
Man könnte natürlich auch das Fenster schließen. So warm war es an diesem Abend nicht. Dann noch ein wenig Musik und schon ist die Welt wieder heil…

Also habe ich mich wieder aus der Koje gerollt, die Taschenlampe geschnappt und den Hafen abgesucht. Sehr weit musste ich nicht laufen und das Geräusch kam näher. Im Lichtschein der Lampe dann ein Schreck: Drei Hundewelpen!
Noch ganz klein und völlig verängstigt. Dem ersten Drang, sofort näher ran zu gehen, hat der Verstand einen Riegel vorgeschoben. Sofortiger Rückzug und zwar schnell. Denn es könnte ja sein, dass die Mutter auf Nahrungssuche und nur etwas spät dran ist. Dann sollten sie besser dort bleiben wo sie sind. Wirklich daran geglaubt habe ich zwar nicht, denn keine Hundemutter wird auf dieser Seite Futter suchen, wenn es das in Argostoli mit weit höherer Chance zu finden gibt.
Der abgelegene Platz, mit dem Auto wunderbar erreichbar, kurz nach Einbruch der Dunkelheit, passt eher zu folgendem Szenario: Ausgesetzt.

Trotzdem wollte ich nicht voreilig sein und bin deshalb lange wach geblieben. Hab sie winseln lassen und immer mal wieder von weitem geschaut wo sie sind. Weit weg sind sie nicht gelaufen und irgendwann lagen sie zusammengekuschelt auf der Pier und sind eingeschlafen. Da war es bereits 2 Uhr Nachts.
Mein Wecker hat dann um 6 Uhr geklingelt und der Entschluss etwas zu unternehmen stand bereits fest, sollten sie noch da sein.
Sie waren noch da und bereits wach. Haben ängstlich die Gegend um den Platz an der Pier erkundet. Als sie mich gesehen haben, fingen sie sofort an zu winseln und kamen auf mich zu gerannt. Locken musste ich sie nicht. Sie kamen freiwillig mit zu Nomade. Gezittert haben sie, obwohl es warm war.
Als erstes gab es Wasser und anschließend eine gute Portion kleingedrücktes Nassfutter. Zum Glück hatte ich noch eine Dose von Filou an Bord.
Nach dem Frühstück wurden sie etwas ruhiger. Aber sie haben trotzdem weiter ihre Mutter gesucht und gejankt. Die kleinen Würmchen standen völlig unter Schock.

Dass ich sie nicht behalten konnte war klar und auch nicht der Plan. Ich hatte die Hoffnung, sie in einer Auffangstation unterzubringen. Die Adresse hat mir Sabrina besorgt. Kurz nach 8 Uhr habe ich dort angerufen und einen Treffpunkt an der Brücke abgemacht. Dann sind wir langsam in die Richtung gelaufen. War gar nicht so leicht, denn für die Drei war ich offenbar bereits Ersatzmutter, an der man möglichst dicht dran bleiben muss.
Dann haben wir gewartet und ich hab sie mit beiden Händen so gut es ging abwechselnd festgehalten und gekrault.
Besonders der Kleinste von Ihnen hat das dringend gebraucht. Das Zittern und Winseln war sofort weg, wenn ich ihn gehalten habe. Keine Minute später hat er tief geschlafen. Auch die anderen beiden wurden schnell ruhig und entspannt.

Es hat dann doch etwas länger gedauert und ich wurde unruhig. Ob wir uns am Telefon vielleicht missverstanden haben, was den Ort angeht? Also habe ich einem Griechen mein Handy in die Hand gedrückt und darum gebeten, in der Auffangstation auf griechisch zu erklären, wo ich mich befinde.
Das war auch gut so, denn es gab tatsächlich ein Verständigungsproblem.
Wenige Minuten später hat die nette Dame mich gefunden. Wir haben die Welpen ins Auto gesetzt und ich war wieder allein. Am liebsten hätte ich alle behalten.

Kurz bevor sie abgeholt wurden.

Geschichte zu Ende?

Natürlich nicht!

Jetzt sind die Drei in der ARK, einer Auffangstation in Argostoli. Hunde und Katzen haben hier ein vorübergehendes zu Hause und werden von ehrenamtlichen Pflegerinnen betreut.
Damit erklärt sich dann auch die heile Welt der wenigen Streuner in Argostoli. Es gibt sie nicht! Denn es sind nur so wenige auf den Straßen, weil fast alle hier sind!
Hunde und Katzen, für die diese Arche nicht Endstation, sondern nur temporärer Aufenthaltsort auf dem Weg in ein vernünftiges Hunde- oder Katzenleben sein sollte. Das ist jedenfalls das erklärte Ziel.

Heute bin ich selbst in der ARK gewesen. Habe mir ein Taxi bestellt und gleich die 25kg Trockenfutter von Filou mitgenommen, die noch an Bord waren.

Was ich dort erlebt habe, hat mich schwer beeindruckt und als ich nach einer halben Stunde den Fußmarsch zurück zum Boot angetreten bin, hatte ich feuchte Augen.
In dieser Arche leben über 300 Hunde jeden Alters, sowie etwa 40 Katzen. Das Grundstück hat die Regierung zur Verfügung gestellt, alles andere wird von Helfern, den Pflegerinnen und über Spenden gestemmt.
Die Pflegerinnen, das sind Marina (aus Brasilien) und Joyce (aus den Niederlanden).
Ja, mehr sind da nicht! Diese beiden Frauen übernehmen den Großteil der Arbeit in der Arche. Ehrenamtlich! Zwei Frauen, die sich um mehrere hundert Hunde kümmern, die Gehege reinigen, sie füttern, mit ihnen spielen und sie pflegen.
Ich war beeindruckt, wie toll sie die Tiere versorgen und wie liebevoll die beiden so gut es geht, jedem Tier gerecht werden.

Nachdem ich mir alles angeschaut habe, ging es dorthin wo die ganz Kleinen untergebracht sind. Da waren sie, „meine“ drei Findelkinder und ich glaube, sie haben mich sogar wieder erkannt. Einmal noch habe ich sie auf den Arm genommen, dann kamen sie zurück in ihr kleines Gehege. Und dort warten sie nun. Warten auf jemanden, der sie wieder raus holt aus der Arche.
Ich denke, es dürfte klar sein, dass Sabrina und ich im Moment nicht noch einem Streuner ein Zuhause geben können.

Wie viele Leser haben wir? Schwer zu sagen, wie viele es wirklich sind. Zahlen sollten jetzt aber auch keine Rolle spielen, denn es geht nun darum, diesen drei Welpen eine richtig gute Zukunft zu geben.
Was meint ihr? Finden sich unter euch drei Menschen oder Familien, die in der Lage sind, einem Hund ein zu Hause zu geben? Für immer?

Falls jetzt der Einwand kommen sollte: „Aber der Aufwand und die Kosten…“

Ich kann euch beruhigen, so wild wird das nicht. Wir haben finanziell keine Hilfe für Filou angenommen und alles selbst gestemmt. Lange Unterbringung, Tierarztkosten, Reisekosten usw. und es hat uns nicht ruiniert.
Das würde bei den drei Kleinen ohnehin anders aussehen. Es kümmert sich ja bereits jemand um sie.

Ansonsten:
Transavia fliegt z.B. jeden Freitag von Amsterdam nach Argostoli. Hinflug, Rückflug und ein Ticket für den Hund kosten zusammen etwa 350€. Günstige Hotels findet man hier genug für ein paar Tage. Es gibt auch andere Möglichkeiten. Man muss nicht zwingend hier her fliegen. Aber man muss natürlich wollen!

Ich erwarte nicht viel von euch. Nur eine Kleinigkeit, diesmal: Teilt diesen Beitrag bitte bei Facebook und sprecht mit Menschen darüber, von denen ihr glaubt, sie wären die Richtigen für einen solchen Hund.
Und dann meldet euch bei uns, falls ihr ernsthaft glaubt, einem der Welpen eine richtig gute Zukunft geben zu können. Oder einem der anderen Tiere dort.

Und hier sind sie nochmal, übrigens alle drei Jungs:

Der mit dem kurzen Fell, als er noch bei mir am Boot war.

Der kleine mit dem längeren Fell.

Der Weiße, bei Joyce auf dem Arm.

Und falls ihr einfach keinen Hund aufnehmen könnt, aber trotzdem helfen wollt: Jede Spende hilft der ARK und wenn sie auch noch so klein ist. Schaut einfach mal auf der Website vorbei und macht euch selbst ein Bild, wer alles hinter dem Projekt steht:

ARK (Animal Rescue Kefalonia)

Und noch eine Möglichkeit zu helfen gibt es, die fast dringender ist als alles andere. Es werden ehrenamtliche Pfleger und Helfer gebraucht, damit nicht alles an Marina und Joyce hängen bleibt.

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SV Anna Nin – Michel Kraft GER

WINDPILOT ZUM PREIS EINES SCHIFFES

Merkwürdiger Vergleich – oder muss ich meine Preispolitik durch´s Sieb rühren und überdenken? Liegt mir irgendwie quer, dabei habe ich doch meine Preise im Verlauf von 16 Jahren eigentlich nur marginal angehoben!

SCHIFF ZUM PREIS EINER WINDPILOT
Anders herum allerdings hört sich der Satz schon logischer an. Gestern ist diese Situation Realität geworden. Arne Kraft aus Rieseby hat seinem Sohn Michel ( 25 ) zum bestandenen Studium ein Schiff geschenkt, damit der junge Mann sich auf See seine Hörner absegeln möge, in natürlicher Umgebung in Ruhe wachsen könne und kollateral dem Vater für ein paar Monate weniger an den Nerven säge. WEITERLESEN

SV Brancaleone – Roberto Ritossa ITA

THREE CHEERS FOR HARRY SCHANK – HORTA

Hello Peter, I have just completed my fourth transatlantic with the Windpilot, which has worked as beautifully as the first day I used it. Just a few minutes after having arrived in Horta, Harry Schank came onboard and asked if everything was ok with the windpilot, he took a look at it and very kindly suggested to change/trim a couple of bolts/bushings. I gave him the headpiece of the pilot and he fixed it, then also the pendulum blade, everything was fixed very very quickly ( and it is Sunday…).
Harry did the same with two other boats with Windpilots moored next to
mine, who were all very happy, Harry is a very nice and pleasant guy.
May I congratulate Harry for the perfect job he is doing, and yourself
for having had the idea of a Service center here, even if the windpilots do not seem to need much of a service.
Best regards,
Roberto, WEITERLESEN

SV Shalom – Christoph Vougessis GER

KAPITÄN MIT SEHNSUCHT NACH DER WARMEN DUSCHE

Moin,heute ist tag 23 auf see und 2074sm liegen hinter mir. 950sm sind es noch bis zu den azoren. Obwohl es hier keinen passat wind gibt,bin ich “lediglich” 3 Tage hinter meinem zeitplan,da ich 100sm pro tag anvisiere. Gerade stecke ich in einer flaute,weshalb ich nun wohl einen weiteren tag verlieren werde. Denn Flautenmotoren gibt es bei mir nicht, weil ich für meinen Aussenborder nur 9 l Benzin im Handgepäck habe. Gerade kam wieder ein pottwal vorbei und zog ca. 10m träge am boot vorbei. Diesmal habe ich ihn sogar auf video. Wie auch letztes mal haben sich meine pilotfische dem wal angeschlossen. Nun bin ich also wieder alleine. Die blasfontäne hat einen schönen grossen regenbogen in die luft gezaubert. Ansonsten gibt es nicht viel mehr zu berichten,ausser das die auswahl des proviants immer beschaulicher wird. Wird daher mal zeit,dass die azoren am horizont auftauchen. Viele grüsse vom Nordatlantik! Christoph tracking

Mit dem Boot zur Biennale. Oder: Was um Himmels willen hat Kunst mit Segeln zu tun?

Venedig im schönsten Sommer. Das Wasser vor dem Riva degli Sciavoni kocht und brodelt von vorbeischießenden Wassertaxis, Lastkähnen und auch von dem majestätisch die Palazzi überragenden Kreuzfahrtschiff, das langsam hinausgleitet Richtung Meer. Gleich daneben ist es still im BIENNALE-Park. Ein paar Kinder spielen. Ein paar Wartende vor den Kassenhäuschen. Wasserpflanzen legen ein abstraktes Zeichen auf die schillernde Oberfläche des Canale, der den Park hinauf ins Stadtviertel Castelo zerschneidet. 

Mit dem Boot nach Venedig? 
Um die BIENNALE zu sehen? Lohnt sich das? Macht Kunst Spaß? 
Und hat Kunst was mit Segeln zu tun? 
Mal sehen. Eins nach dem anderen.

Die BIENNALE: Man muss sie sich als eine Art Nationen-Olympiade vorstellen. Nationen entsenden die Besten. Künstler statt Sportler. Die meisten Nationen haben einen eigenen Pavillion im Park. Deutschland hat einen. Die Schweiz und Uruguay auch. Wer keinen hat – wie Chinesen, Koreaner, Mexikaner, Kuwaitis, Singapur: Der stellt eben anderswo aus. Meist im Arsenale. Aber darüber schreibe ich morgen. 

Also: Erstmal warmlaufen. Es beginnt verstörend. Gleich hinter dem Eingang ist der russische Pavillion. Nicht gerade das Land, das – dank des verkniffen intrigierenden und Strippen ziehenden Mannes an der Staatsspitze – die Sympathien hat. Ich hole tief Luft, und gehe hinein.

Die BIENNALE ist politisch – jedenfalls in dem, was der russische Pavillion mit Grisha Bruskin zeigt. Der Marsch der Werktätigkeiten, handhohe Gipsfigürchen in einem abgedunkelten Raum, dient jetzt dazu, das russische Staatssymbol, den Doppeladler, über Zahnräder am Laufen zu halten.


Das ist auf nüchternen Magen schon mal ziemlich herbe in der Aussage. Aber doch stimmt hoffnungsfroh, dass das offizielle Russland derlei künstlerische Inhalte in den internationalen Raum sendet.

Bleischwer wie ein Film von Margarethe von Trotta kommt auch der deutsche Beitrag daher. Der Pavillion ist abgeschottet, von Stahlzäunen gesichert. Schilder warnen vor scharfen Hunden. Das Gebäude ist abgeriegelt. Leute in prolligen ADIDAS-Trainingshosen bewachen den Eingang. Der bleibt erstmal zu, selbst eineinhalb Stunden nach Eröffnung der BIENNALE. Zur Kunst? Erstmal hinten anstellen! Da ist dann die Schlange der Wartenden um das abweisende Gebäude schon 150 Meter lang – immerhin hat die Jury Anne Imhofs Performance als besten BIENNALE-Beitrag ausgezeichnet. Nur 150 Menschen werden für die mehrstündige (!) Performance zugelassen, raunt eine der wartenden Damen. Ist Kunst, wenn es Menschen ausschließt? 
Weil ich weder Lust auf scharfe Hunde noch lange Schlangen habe, sause ich weiter, und kucke mir den deutschen Beitrag im Internet an. Ich besitze nun mal die Geduld einer Ameise. Und habe für Arroganz so gar kein Verständnis.

Also eins weiter. Im japanischen Pavillion schweben Holzmodelle im Raum:


Wie nett. Das Modell eines schwebenden japanischen Schreins, der sich wie im Wasser eines Teichs nach unten spiegelt. Und wie ein Raumschiff schwerelos trotz?/weil? 800jähriger Tradition den Raum durchquert. Reflection Model (Ship of Theseus) nennt Takahiro Iwasaki seine Plastik, der „Beipackzettel“ an der Wand spricht von den Katastrophen vergangener Jahre, denen der abgebildete und sich in sich spiegelnde Itsukushima-Schrein standgehalten hat. Aber auch ohne Beipackzettel ist der schwebende Schrein etwas Besonderes.


Auch bei der nachfolgenden Intsallation muss ich genau hinsehen, um was es sich da handelt. Na klar, Bücher. Sie stehen herum wie Hochhäuser einer Metropole, aus der Baukräne herauswachsen. Aus Büchern wächst was? Immer her damit! Dinge, die aus Büchern erwachsen – wo doch Smartphone, Twitter, Facebook & Co. längst den armen Dingern den Rang streitig machen.


Weiter! Im britischen Pavillion steht der geneigte Betrachter in einem braungrauen Säulenwald. Und sieht daneben zwei pittoreske rote Säulen, doppelt mannshoch, die rumstehen, als wären sie Betrachter der Szenerie. Zwei Säulen wie zwei Menschen, rot, vor einem Säulenwald, die eine, eckige, maskuline Gestalt etwas starr und mit strengem Kartonhut bekrönt. Das hat doch was. Und die andere, feminine, sich grazil und schamhaft windend.

Das Runde, das Eckige. Interessant wirds, wenn man der „männlichen“ und „weiblichen“ Figur auf die Pelle rückt. Und sie unter die Lupe nimmt. Da sieht man, dass Männlein & Weiblein aus allereinfachsten Alltagsmaterialien hergestellt sind. Kunst? Kommt von Können. Und in den Dingen – Schläuchen, Dachlatten – etwas anderes sehen zu können, als das, was alle sehen.

Einfache Schlauchreste, rot gestrichen, für die Dame…

… und kantig-ungehobelte Dachlatten für den Herrn.

Auch das ist die BIENNALE: Ein Vexierbild der Wirklichkeit. Wo Dinge, die anscheinend im Leben eine feste Bedeutung haben wie „ein Schlauch“, „eine Holzlatte“, auch etwas ganz anderes sein können. Und so stolpere ich nach Phyllida Barlow mit wachsender Begeisterung durch das Museum der Phantasie, das sich da auf der BIENNALE präsentiert. 

Im Brasilianischen Pavillion ein Bild vom Leben, das sich mir tief einprägt.


Die Fußbodenfläche des Pavillions ausgelegt mit Stahlrosten. Und darin eingeklemmt, eingedroschen einfache weiße Kiesel. Eingesperrt sein. Eingeklemmt sein. Ein Lebensgefühl?

Und immer, wenn ich denke, naja, diesen Pavillion einer kleinen Nation, den muss ich jetzt nicht besuchen, erlebe ich eine Überraschung. Im rumänischen Pavillion das anrührende Video der 90jährigen Geta Bratescu, die mit dickem Filzstift und einfachen Linien – ja was eigentlich? – Sehenswertes erschafft. Es macht großen Spaß, ihr zuzusehen – eine ihrer Grafiken dauert nicht länger als eine Minute, besteht aus nicht mehr als vier, fünf Linien. Und doch ist das meiste in diesem Video angefüllt mit dem Nachdenken der Künstlerin. Ihrem zögernd über einem weißen Blatt verharrenden dicken Filzstift. Den sie mit der Kraft ihrer 90 Jahre ins Papier drückt. Ihr Zögern. Ihr Überlegen. Ihr „Done“, wenn sie nach einer Minute einfach – fertig ist mit einem Blatt

So entdecke ich gerade abseits der „gehypten“ Pavillions Überraschendes, Unerwartetes, Anrührendes. Dinge, die Bilder im Kopf entstehen lassen, die mich bewegen, was Menschen leisten.

Zwei scheinbar welke Hände. Ein zu großer Stift. Ein weißes Blatt Papier: Ein unscheinbares Video im Eingangsbereich des rumänischen Pavillions über die konzeptionelle Arbeit der 90jährigen Geta Bratescu.

Es ist Nachmittag, als ich den BIENNALE-Park verlasse. Und am Riva degli Sciavoni entlang Richtung Arsenale schlendere, von dem ich noch nicht weiß, dass mich dort eigentlich noch Phantastischeres erwarten wird. Kunst in einem 800 Jahre alten Militärgelände? Aber darüber werde ich im nächsten Post erzählen. Noch schnell dies, für die speziellen Freunde von Nashorn-Ohren unter uns:


Es ist gegen acht, als ich wieder in der Marina von Sant’Elena zurück bin. Voller Bilder. Doch das schönste liegt vor mir: Der Vollmond, der eben im Hafen über LEVJE am Himmel erscheint:


Und da sind wir dann bei der in der Überschrift gestellten Frage: 
Ja. Besuchenswert, sehenswert ist die BIENNALE allemal. Anregend. Das Gehirn durchpustend. 

Und: Vielleicht ist Kunst ja wirklich näher am Segeln dran, als wir denken. Vielleicht ist es nichts anderes. Vielleicht hat es seinen Wurzeln in ein und demselben Winkel unseres Gehirns, unserer Seele. Vielleicht die Welt nicht nur zu sehen, wie ein Kieselstein eingeklemmt in ein gusseisernes Raster. Sondern das Raster, die Enge, die Gleichförmigkeit immer wieder zu durchbrechen. Und wenigstens für einen Moment: Die Welt mit anderen Augen zu sehen.

Im nächsten Post mehr.

Wie komm ich mit dem Boot 
zur BIENNALE? 
Die Hardfacts:

Marinas für die Anreise mit dem Boot 
und in Laufweite zur BIENNALE:

Empfohlen: 
Marina Sant’Elena 
Gleich neben dem BIENNALE-Park. Zu Fuß zehn Minuten. 
Liegepreise: Für 37 Fuß ca. 75 €. 
Nicht billig. Gepflegt. Ruhig. 
tel. +39 041 520 26 75

Ebenfalls gut: 
DIPORTO VELICO VENEZIANO gleich nördlich.
Liegepreise: Für 37 Fuß ca. 52 €. 
Günstig. In Laufweite. Nicht ganz so gepflegt.
tel. +39 041 523 19 27

Ebenfalls möglich, 
doch mit happigen Kosten für Vaporetto zu Zweit verbunden 
(Einzelfahrt ca. 7 €/Tagesticket 20 €/Zweitagesticket 30€ pro Person) 
sind die übrigen Marinas in Venedig:

• MARINA DI LIO GRANDE, ca. 700 Meter von der Vaporetto-Station bei Punta Sabbioni. 
37 Fuß: 42 €
• IZOLA SAN GIORGIO, 1 Vaporetto-Station von San Marco entfernt. 
Spektakulär. Im Zentrum. Klein. Teuer.
• MARINA VENTO DI VENEZIA

Eintrittspreis BIENNALE für zwei Tage Giardini/Arsenale: 25€. 
Was gemessen an sonstigen Museumspreisen in Venedig geschenkt ist.

Mit dem Boot zur Biennale. Oder: Was um Himmels willen hat Kunst mit Segeln zu tun?

Venedig im schönsten Sommer. Das Wasser vor dem Riva degli Sciavoni kocht und brodelt von vorbeischießenden Wassertaxis, Lastkähnen und auch von dem majestätisch die Palazzi überragenden Kreuzfahrtschiff, das langsam hinausgleitet Richtung Meer. Gleich daneben ist es still im Biennale-Park. Ein paar Kinder spielen. Ein paar Wartende vor den Kassenhäuschen. Wasserpflanzen legen ein abstraktes Ornament auf die schillernde Oberfläche des Canale, der den Park zerschneidet. 

Mit dem Boot nach Venedig? 
Um die Biennale zu sehen? Lohnt sich das? Macht Kunst Spaß? 
Und hat Kunst was mit Segeln zu tun? 
Mal sehen. Eins nach dem anderen.

Die Biennale: Man muss sie sich als eine Art Nationen-Olympiade vorstellen. Nationen entsenden die Besten. Künstler statt Sportler. Die meisten Nationen haben einen eigenen Pavillion im Park. Deutschland hat einen. Die Schweiz und Uruguay auch. Wer keinen hat – wie Chinesen, Koreaner, Mexikaner, Kuwaitis, Singapur: Der stellt eben anderswo aus. Meist im Arsenale. Aber darüber schreibe ich morgen. 

Also: Erstmal warmlaufen. Es beginnt verstörend. Gleich hinter dem Eingang ist der russische Pavillion. Nicht gerade das Land, das – dank des verkniffen intrigierenden und Strippen ziehenden Mannes an der Staatsspitze – unsere Sympathien hat. Ich hole tief Luft, und gehe hinein.

Die Biennale ist politisch – jedenfalls in dem, was der russische Pavillion mit Grisha Bruskin zeigt. Der Marsch der Werktätigkeiten, handhohe Gipsfigürchen in einem abgedunkelten Raum, dient jetzt dazu, das russische Staatssymbol, den Doppeladler, über Zahnräder am Laufen zu halten.


Das ist auf nüchternen Magen schon mal ziemlich herbe in der Aussage. Aber doch stimmt hoffnungsfroh, dass das offizielle Russland derlei künstlerische Inhalte in den internationalen Raum sendet.

Bleiern und schwer wie ein Film von Margarethe von Trotta kommt auch der deutsche Beitrag daher. Der Pavillion ist abgeschottet, von Stahlzäunen gesichert. Schilder warnen vor scharfen Hunden. Das Gebäude ist abgeriegelt. Leute in prolligen ADIDAS-Trainingshosen bewachen den Eingang. Der bleibt erstmal zu, selbst eineinhalb Stunden nach Eröffnung der Biennale. Zur Kunst? Erstmal hinten anstellen! Da ist dann die Schlange der Wartenden um das abweisende Gebäude schon 150 Meter lang – immerhin hat die Jury Anne Imhofs Performance als besten BIENNALE-Beitrag ausgezeichnet. Nur 150 Menschen werden für die mehrstündige (!) Performance zugelassen, raunt eine der wartenden Damen. Weil ich weder Lust auf scharfe Hunde noch lange Schlangen habe, sause ich weiter, und kucke mir den deutschen Beitrag im Internet an. Ich besitze nun mal die Geduld einer Ameise. Und habe für Arroganz so gar kein Verständnis.

Also eins weiter. Der japanische Pavillion zeigt im Raum schwebende Holzmodelle:


Wie nett. Das Modell eines schwebenden japanischen Schreins, der sich nach unten spiegelt. Und wie ein Raumschiff schwerelos trotz?/weil? 800jähriger Tradition den Raum durchquerend. Reflection Model (Ship of Theseus) nennt Takahiro Iwasaki sein Werk, der „Beipackzettel“ an der Wand spricht von den Katastrophen vergangener Jahre, denen der abgebildete und sich in sich spiegelnde Itsukushima-Schrein standgehalten hat. Aber auch ohne Beipackzettel ist der schwebende Schrein etwas Besonderes.


Auch bei der nachfolgenden Intsallation muss ich genau hinsehen, um was es sich da handelt. Na klar, Bücher. Sie stehen herum wie Hochhäuser einer Metropole, aus der Baukräne herauswachsen. Aus Büchern wächst was? Immer her damit! Dinge, die aus Büchern erwachsen – wo doch Smartphone, Twitter, Facebook & Co. längst den armen Dingern den Rang streitig machen.


Weiter! Im britischen Pavillion steht der geneigte Betrachter in einem Säulenwald. Und sieht daneben  zwei pittoreske rote Säulen, doppelt mannshoch. Zwei Säulen wie zwei Menschen, rot, vor einem Säulenwald, die eine, eckige, maskuline Gestalt etwas starr und mit strengem Kartonhut bekrönt. Das hat doch was. Und die andere, feminine, sich grazil windend.

Das Runde, das Eckige. Interessant wirds, wenn man der „männlichen“ und „weiblichen“ Figur auf die Pelle rückt. Und sie unter die Lupe nimmt. Da sieht man, dass Männlein & Weiblein aus allereinfachsten Alltagsmaterialien hergestellt sind. Kunst? Kommt von Können. Und in den Dingen – Schläuchen, Dachlatten – etwas anderes sehen zu können, als was alle sehen.

Einfache Schlauchreste, rot gestrichen, für die Dame…

… und kantig-ungehobelte Dachlatten für den Herrn.

Und so stolpere ich nach Phyllida Barlow mit wachsender Begeisterung durch das Museum der Phantasie, das sich da auf der BIENNALE präsentiert. Im Brasilianischen Pavillion ein Bild vom Leben, das sich mir tief einprägt.


Eingesperrt sein. Eingeklemmt sein. Ein Lebensgefühl?

Und immer, wenn ich denke, naja, diesen Pavillion einer kleinen Nation, den muss ich jetzt nicht besuchen, erlebe ich die größten Überraschungen. Im rumänischen Pavillion das anrührende Video der 90jährigen Geta Bratescu, die mit dickem Filzstift und einfachen Linien – je was eigentlich? – Sehenswertes erschafft. So entdecke ich gerade abseits der „gehypten“ Pavillions Überraschendes, Unerwartetes, Anrührendes. Dinge, die Bilder im Kopf entstehen lassen, die mich bewegen, was Menschen leisten.

Zwei scheinbar welke Hände. Ein zu großer Stift. Ein weißes Blatt Papier: Ein unscheinbares Video im Eingangsbereich des rumänischen Pavillions über die konzeptionelle Arbeit der 90jährigen Geta Bratescu.

Es ist Nachmittag, als ich den BIENNALE-Park verlasse. Und am Riva degli Sciavoni entlang Richtung Arsenale schlendere, von dem ich noch nicht weiß, dass mich dort eigentlich noch Phantastischeres erwarten wird. Kunst in einem 800 Jahre alten Militärgelände? Aber darüber werde ich im nächsten Post erzählen. Noch schnell dies, für die speziellen Freunde von Nashorn-Ohren unter uns:


Es ist gegen acht, als ich wieder in der Marina von Sant’Elena zurück bin. Voller Bilder. Aber das schönste liegt vor mir: Der Vollmond, der eben im Hafen über LEVJE am Himmel erscheint:


Und da sind wir dann bei der in der Überschrift gestellten Frage: 
Ja. Besuchenswert, sehenswert ist die BIENNALE allemal. Anregend. Das Gehirn durchpustend. 

Und: Vielleicht ist Kunst ja wirklich näher am Segeln dran, als wir denken. Vielleicht ist es nichts anderes. Vielleicht hat es seinen Wurzeln in ein und demselben Winkel unseres Gehirns, unserer Seele. Vielleicht die Welt nicht nur zu sehen, wie ein Kieselstein eingeklemmt in ein gusseisernes Raster. Sondern das Raster, die Enge, die Gleichförmigkeit immer wieder zu durchbrechen. Und wenigstens für einen Moment: Die Welt mit anderen Augen zu sehen.

Im nächsten Post mehr.

Wie komm ich mit dem Boot 
zur BIENNALE?

Marinas für die Anreise mit dem Boot 
und in Laufweite zur BIENNALE:

Empfohlen: 
Marina Sant’Elena 
Gleich neben dem BIENNALE-Park. Zu Fuß zehn Minuten. 
Liegepreise: Für 37 Fuß ca. 75 €. 
Nicht billig. Gepflegt. Ruhig. 
tel. +39 041 520 26 75

Ebenfalls gut: 
DIPORTO VELICO VENEZIANO gleich nördlich.
Liegepreise: Für 37 Fuß ca. 52 €. 
Günstig. In Laufweite. Nicht ganz so gepflegt.
tel. +39 041 523 19 27

Ebenfalls möglich, 
doch mit Kosten für Vaporetto verbunden 
(Einzelfahrt ca. 7 €/Tagesticket 20 €/Zweitagesticket 30€)) 
sind die übrigen Marinas in Venedig:
• MARINA DI LIO GRANDE, ca. 700 Meter von der Vaporetto-Station bei Punta Sabbioni. 
37 Fuß: 42 €
• IZOLA SAN GIORGIO, 1 Vaporetto-Station von San Marco entfernt. 
Spektakulär. Im Zentrum. Klein. Teuer.
• MARINA VENTO DI VENEZIA

Eintrittspreis BIENNALE für zwei Tage Giardini/Arsenale: 25€.

SV Distant Shores – Paul Shard CA

DIE BAHAMAS IN 21 MINUTEN

Österreichische Fahrtensegler

ES GIBT MEHR ALS MAN VERMUTEN WÜRDE

Belinda und David Sturm sind mit ihrer SV Admetus, einer SADLER 32 bis nach Fiji gesegelt. Dort entschlossen sie sich im Jahre 2015 zum Verkauf ihrer Yacht, die HIER zum Verkauf angeboten und verkauft worden ist. Nach ihrer Rückkehr haben sie ihre Website ergänzt. Die Website ihrer Reise ist heute noch aktiv und beinhaltet interessante Berichte und wundervolle Fotos.

Hier die Liste nahezu sämtlicher Österreichischer Blauwasser Segler.

System Wechsel Aries – Windpilot

EINE SACHE VON MINUTEN

Im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte wurden in UK eine Unzahl von Schiffen mit der Pacific ausgeruestet, auf denen vormals Aries Systeme verwendet worden sind. Die Unterschiede sind eklatant, denn die Zeit ist weitergegangen, jedenfalls bei Windpilot. WEITERLESEN

Venedig. Unter Gewittern.


Es war Katrin, meine Frau, die sagte: „Fahr endlich los. Und schreib‘. Du bist schon zu lang im Hafen.“ Vielleicht spürte sie einfach nur meine Unzufriedenheit. Vielleicht kennt sie mich besser als ich mich. Was immer es ist: Sie hatte recht.

Mit Häfen ist es wie im Leben überhaupt: Es gibt tausend gute Gründe, sie nicht zu verlassen. Nicht das zu tun, was man eigentlich für sich als das Richtige erkannte. Nicht loszusegeln. Hinaus aufs Meer nicht. Und nicht ins Abenteuer des Lebens. Scheinbar gute Gründe, sich mit Nebensächlichem aufzuhalten. Statt das Eine, das wirklich Wichtige zu machen. Da wär noch ein Lämpchen anzubringen. Hier wär noch ein Teil zu besorgen. Dort noch ein schadhaftes Scharnier auszutauschen. Gar mancher vergisst darüber, dass er ja eigentlich lossegeln wollte, aufbrechen wollte ins Leben oder hinaus aufs Meer. 

Und manchmal spielt auch einfach das Wetter nicht mit.


Es war ein Wetter, das Unwetter gebiert. Und Wolkenbrüche speit. Tornados über der Lombardei, die Häuser zerstörten. Der Scirocco, der südliche Wind, schickte erst Schwälle saunaheiß-feuchter Luft aus dem Süden über den Hafen von San Giorgio di Nogaro. Um im nächsten Moment auf West zu drehen. Und kalte Luft heranzutragen. Und gleich darauf wieder Schwaden des heißen Saunabrodems aus dem Süden.

Am Nachmittag entlud sich der Himmel in heftigen Gewittern. Blitze, die nahe am Hafen krachend über dem Fluss einschlugen. Eine Yacht, die in den Regenfahnen langsam den Fluss hinauf irrte. Kein Wetter, in dem man einen Hafen grundlos verlässt. Ich schrubbte im Gewitterregen das Deck. Und war nach einer Minute triefnass. Für den folgenden Tag war Bora angekündigt, erst milde mit 4-5 bft. Ab 23 Uhr über Venedig mit 7 bft. Ich wollte den Wind aus Nordost nutzen, um mich nach Südwesten, nach Venedig blasen zu lassen.


Dann los. Am nächsten Morgen kam ich halb zehn aus dem Hafen – geplante Ankunftszeit in Venedig mit dem Wind neun Stunden später. 50 Seemeilen. Knapp 90 Kilometer. Kurz vor dem Unwetter. Kaum hatte ich den Fluss hinter mir, war draußen erstmal – gar nichts. Keine Wind. Keine Bora. Flaues Gefusel aus Südost. Und die Schönheit des Meeres, wenn man nach langer Zeit zum ersten Mal aus der Enge des Hafens wieder draußen ist, die Weite spürt. Und Platz zum Atmen hat.

Aber dann war sie da, die Bora. Erst 15 Knoten. Dann 20 Knoten. Dann 23 Knoten. Keine milden 3-4 bft. Ein Spaß, die Genua auszurollen und sich vor dem Wind auf der schaukelnden, wiegenden LEVJE II nach Südwesten treiben zu lassen. LEVJEs siebeneinhalb Tonnen geigten sanft durch die Wellen, als wäre ich auf einem dickbauchig-gusseisernen Wok durch die Wellen unterwegs. 

Ein neues Schiff ist wie eine neue Beziehung, die man eingeht. Erst ist man richtig verknallt. Dann ist man endlich glücklich zusammen. Und dann wirds ernst – es beginnt das „sich zusammenraufen“. Vielleicht entsteht irgendwann auch Liebe daraus, dies langdauernde, zusammenschweißende „Wir-durch-Dick-und-Dünn“-Gefühl.


Venedig erreichte ich eineinhalb Stunden schneller als geplant. Der Wind blies in die Einfahrt hinein, das Bacino vor San Marco ein schlimmes Gebrodel von hin- und her schießenden, preschenden Wassertaxis, Autofähren, Vaporetti und dem Nordost, der an die Tankpier schlug. LEVJE, mein gußeiserner Wok, flog so wild hin und her, dass mein Anleger misslang und LEVJE gegen die Dalben geworfen wurde und mein Kopf einen Post formulierte: „Tanken für ganze Kerle.“

Und wieder irrte der Wetterbericht. Es ging nicht 23 Uhr los, sondern 19 Uhr. Kaum in Marina Sant’Elena festgemacht, beschleunigte die Bora auf 28, dann über 30 Knoten. Michele, der Marinaio, hatte mich sicherheitshalber nicht mehr in die Box bugsiert, sondern gleich an der Pier vertäut, auf die nun die Bora drückte. Fünf große Fender auf eineinhalb Meter Bordwand, drei Springs  – das musste reichen.

Der Wind legte weiter zu, im Süden ballten sich die Gebirge einer zweiten Gewitterfront und die untergehende Sonne tauchte die Häuser des Lido für einen Moment in tiefes Rot. Und während über LEVJE die Möwen reglos im Starkwind in der Luft standen; während Blitze aus dem Kraftwerk über dem Lido zuckten; während die Italienische Flagge auf der Pier gestreckt knatterte und der Regen prasselte: Kam plötzlich der Vollmond hinter dem Gewitter hervor: Als wäre alles nichts. Und aller Schrecken der Welt nichts, was man irgend ernst nehmen müsste.

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Venedig. Unter Gewittern.


Es war Katrin, meine Frau, die sagte: „Fahr endlich los. Und schreib‘. Du bist schon zu lang im Hafen.“ Vielleicht spürte sie einfach nur meine Unzufriedenheit. Vielleicht kennt sie mich besser als ich mich. Was immer es ist: Sie hatte recht.

Mit Häfen ist es wie im Leben überhaupt: Es gibt tausend gute Gründe, sie nicht zu verlassen. Nicht das zu tun, was man eigentlich für sich als das Richtige erkannte. Nicht loszusegeln. Hinaus aufs Meer nicht. Und nicht ins Abenteuer des Lebens. Scheinbar gute Gründe, sich mit Nebensächlichem aufzuhalten. Statt das eine, Wichtige zu machen. Da wär noch ein Lämpchen anzubringen. Hier wär noch ein Teil zu besorgen. Dort noch ein schadhaftes Scharnier auszutauschen. Gar mancher vergisst darüber, dass er ja eigentlich lossegeln wollte, ins Leben oder hinaus aufs Meer. 

Und manchmal spielt auch einfach das Wetter nicht mit.


Es war ein Wetter, das Unwetter gebiert. Und Wolkenbrüche speit. Tornados über der Lombardei, die Häuser zerstörten. Der Scirocco, der südliche Wind, schickte erst Schwälle saunaheiß-feuchter Luft aus dem Süden über den Hafen. Um im nächsten Moment auf West zu drehen. Und kalte Luft heranzutragen. Um gleich darauf wieder Schwaden des heißen Saunabrodems aus dem Süden.

Am Nachmittag entlud sich der Himmel in heftigen Gewittern. Blitze, die nahe am Hafen krachend über dem Fluss einschlugen. Eine Yacht, die in Regenschauern langsam den Fluss hinauf irrte. Kein Wetter, in dem man einen Hafen grundlos verlässt. Ich schrubbte im Gewitterregen das Deck. Und war nach einer Minute triefnass. Für den folgenden Tag war Bora angekündigt, erst milde mit 4-5 bft. Ab 23 Uhr über Venedig mit 7 bft. Ich wollte den Wind aus Nordost nutzen, um mich davon nach Südwesten, nach Venedig blasen zu lassen.


Dann los. Am nächsten Morgen kam ich halb zehn aus dem Hafen – geplante Ankunftszeit in Venedig mit dem Wind neun Stunden später. 50 Seemeilen. Knapp 90 Kilometer. Kurz vor dem Unwetter. Kaum hatte ich den Fluss hinter mir, war draußen erstmal – gar nichts. Keine Wind. Keine Bora. Flaues Gefusel aus Südost. Und die Schönheit des Meeres, wenn man nach langer Zeit zum ersten Mal wieder draußen ist.

Aber dann war sie da, die Bora. Erst 15 Knoten. Dann 20 Knoten. Dann 23 Knoten. Keine milden 3-4 bft. Ein Spaß, die Genua auszurollen und sich vor dem Wind auf der schaukelnden, wiegenden LEVJE II nach Südwesten treiben zu lassen. Levje’s siebeneinhalb Tonnen geigten mit siebeneinhalb Tonnen sanft durch die Wellen, als wäre ich auf einem dickwandigem gusseisernen Wok  durch die Wellen unterwegs. 

Ein neues Schiff ist wie eine neue Beziehung, die man eingeht. Erst ist man richtig verknallt. Dann ist man endlich glücklich zusammen. Und dann beginnt das „sich zusammenraufen“. Vielleicht entsteht auch Liebe daraus, dies langdauernde, zusammenschweißende „Durch-Dick-und-Dünn“-Gefühl.


Venedig erreichte ich eineinhalb Stunden schneller als geplant. Der Wind blies in die Einfahrt hinein, das Bacino vor San Marco von hin- und her schießenden, preschenden Wassertaxis, Autofähren, Vaporetti und dem Nordost ein schlimmes Gebrodel. An der Tankstelle am Lido flog LEVJE so wild hin und her, dass mein Anleger misslang und LEVJE gegen die Dalben geworfen wurde und mein Kopf einen Post formulierte: „Tanken für ganze Kerle.“

Und wieder irrte der Wetterbericht. Es ging nicht 23 Uhr los, sondern 19 Uhr. Kaum im Hafen von Sant’Elena festgemacht, beschleunigte die Bora auf 28, dann über 30 Knoten. Michele, der Marinaio, hatte mich sicherheitshalber nicht mehr in die Box bugsiert, sondern gleich an der Pier vertäut, auf die nun die Bora drückte. Fünf große Fender auf eineinhalb Meter Bordwand – das musste reichen.

Der Wind legte weiter zu, im Süden ballten sich die Gebirge einer zweiten Gewitterfront und die untergehende Sonne tauchte die Häuser des Lido für einen Moment in tiefes Rot. Und während über LEVJE die Möwen reglos im Starkwind in der Luft standen; während Blitze aus dem Kraftwerk über dem Lido zuckten; während die Italienische Flagge auf der Pier gestreckt knatterte und der Regen prasselte: Kam plötzlich der Vollmond hinter dem Gewitter hervor: Als wäre alles nichts. Und aller Schrecken nichts, was man irgend ernst nehmen müsste.

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SV Faith – Ursula + Alexander Münchinger GER

UNTERWEGS MIT EINEM SEGELNDEN BACKSTEIN

Um bloß keinen falschen Eindruck zu erwecken: diese Bezeichnung kommt aus der Feder der Eigner, was auf eine bemerkenswerte Fähigkeit zur Selbstkritik schliessen lässt – oder Sarkasmus? – wo wir doch ansonsten alle wissen, dass die eigene Frau ebenso wie das geliebte Schiff zumindest heilig – also generell immer die oder das Schönste ist – was unsere Augen je gesehen haben! Wer gegen diese eiserne Regeln verstösst, muss tapfer sein und Sturm erprobt, wenn er mit dem Bumerang fertig werden will.

Ich berichte hier im Stakkato von einem Schriftwechsel mit bemerkenswert klugen Menschen, die mir im Verlauf weniger Mails enorm viel näher gekommen sind. Achtung, dies ist keine Schleimspur, hingegen eher ein Kompliment und Anerkennung für die Art und Weise, wie hier ein Seglerpaar, dass bereits durch dick und dünn gezwungen worden sind, mit Schicksalsschlägen umzugehen in der Lage ist. Zum Beispiel dem Totalausfall des eisernen Gustafs, der infolge von Karies und Bewegungs Starre nicht mehr zu gebrauchen war.

Es begann an einem Tag im April

Sehr geehrter Herr Förthmann.
Herr Heinrich von WindGear hat uns geraten, dass wir uns an Sie wenden und Ihnen unser Problem schildern. Er meinte, Sie könnten uns evtl. weiterhelfen.
Zusätzlich bat er uns, Sie herzlich von ihm zu grüßen was wir hiermit tun wollen.
Zitat: „Grüßen Sie bitte Peter Förthmann herzlich von mir, wenn Sie ihn kontaktieren.“
Meine Frau und ich (Alex & Ursula) sind mit unserer 10m, 10t schweren Stahlyacht auf Langfahrt. Wir haben eine Aries Selbststeueranlage der 3. Generation, die unseren Plattgatter zu unserer vollsten Zufriedenheit gesteuert hat. Nach 6 Monaten Marina Aufenthalt in Portimao haben wir nun feststellen müssen, dass der Ruderschaft trotz Schmierung vor dem Werftaufenthalt, fest sitzt. Offenbar haben Spannungen Haarrisse hervorgerufen, die einen Bruch verursacht haben. Da wir mit der Anlage sehr zufrieden waren und vor allem auch wissen, dass diese mit unserem segelnden Backstein funktioniert, war der erste Gedanke natürlich, das defekte Bauteil zu ersetzten. Dieses Teil wird leider nicht mehr als Ersatz angeboten. Daraufhin haben wir uns in die aktuellen Systeme eingelesen, mit dem Gedanken eine neue Anlage zu erwerben. Leider wurde uns schnell klar, dass wir dies Budgettechnisch nicht realisieren können.

Darum unsere Anfrage, ob Sie vielleicht wissen, wo ein solches Ersatzteil zu besorgen wäre, bzw. ob Sie evtl. eine gebrauchte Aries Anlage vorrätig haben
oder als 3. Alternative eine gebrauchte und bezahlbare Windpilot Anlage?
Eine gebrauchte Aries Ersatzanlage wäre für uns interessant, da wir bereits wissen, dass dieses System mit unserem Boot funktioniert und da die Befestigungteile bereits vorhanden sind. Wir sind auch bereit, eine andere Anlage zu montieren, falls nötig, da eines ganz klar ist für uns – Langfahrt ohne Selbststeueranlage ist keine Option.

Ich bedanke mich bereits im Voraus recht herzlich für Ihre Bemühungen (und Ihre Zeit unsere ganze Leidensgeschichte und Fragen zu lesen).
Mit freundlichen Grüßen
Alexander & Ursula

Meine Antwort: Guten Morgen nach Portugal,
Oster Samstags Morgen … nichts ahnend ein kurzer Blick durch die tägliche Email Flut … da faellt Ihre Mail sofort ins Auge, weil hier ein Dauerthema adressiert wird, das mich seit Jahrzehnten begleitet. Bevor ich hier nun dezidiert auf die Situation eingehe, gebe ich Ihnen ein paar Links zur Thematik Windsteuersysteme und dem Markt … nach deren Lesen Sie ein wenig schlauer geworden sein werden … wie ich zumindest optimistisch hoffe.

Der böse böse Markt

Insider – Gedanken

Aries Vane Gear

Ich habe im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte insbesondere in UK eine Unzahl von Schiffen mit meiner Pacific ausgeruestet, auf denen vormals Aries Systeme verwendet worden sind. Die Unterschiede sind erheblich, denn die Zeit ist weitergegangen, jedenfalls bei Windpilot. Mein dezidierter Rat: wenn Sie eine Weltreise unternehmen wollen, bitte keine Kompromisse, auch wenn dies aus Gruenden des Budgets zunaechst der einzige Weg zu sein scheint. Auf längere Sicht wird Ihnen jeder Kompromiss in die Situation bringen, dass Sie sich selbst an der Pinne wiederfinden werden = keine wünschenswerte Option!

Hallo Herr Förthmann,
vielen Dank für Ihre ausführliche und schnelle Antwort, vor allem in Anbetracht der Feiertage. Wir wissen das sehr zu schätzen. Mit großem Interesse haben wir Ihre verlinkten Artikel gelesen. Wir mögen Ihre Art zu schreiben sehr. Es ist schön zu sehen, dass Sie diverse negative Lebenserfahrungen nach wie vor mit einer guten Brise
(schwarzen) Humors sehen können.

Wir haben hier in Portimao bei einem ausgiebigem Spaziergang über unseren Boatyard herausgefunden, dass sich hier Boote mit 4 Hydrovane, 3 Aries (inkl. unserer), 2 Sailomat, 2 Windpilot befinden. Interessanterweise ist die Hydrovane, bei den Booten hier vor Ort, ausschließlich heckseitiger Zierschmuck. Auf Nachfrage teilten uns die Eigner mit, dass sie die Anlagen entweder gar nicht benutzen, sondern nur mit dem elektrischen Autopiloten steuern oder, dass es versucht wurde, man nicht zurecht kam und es seither nicht mehr probiert hat. Das fand ich äußerst interessant, vor allem, wenn man den Anschaffungspreis der Anlage in Betracht zieht. Die dazugehörigen Boote spielen natürlich ebenfalls im oberen Preisbereich mit. Sollten diese Statements auf die breite Masse ebenfalls zutreffen kann man dem Unternehmen Hydrovane nur herzlich zu ihrem Marketing gratulieren.

Wie Sie schön geschrieben haben, reihen wir uns in die Gruppe der Segler ein, die eine Windpilot Anlage am liebsten neu, mit lebenslanger Garantie und weltweiter Ersatzteilversorgung und selbstverständlich umsonst haben wollen 😉 da sind wir mal ganz ehrlich. Man muss ja Wünsche haben im Leben, also neben den sonstigen, wie z.B. Millionenvermögen auf dem Konto, eiserner Gesundheit, stählerner Potenz und wenn wir gerade dabei sind, hätte wir noch gern einen Flugzeugträger… Spaß beiseite. Wir benötigen Ersatz, da sind wir uns einig. Die nochmalige und ausführlichere Studie Ihrer Website hat eine interessante Erkenntnis zu Tage gefördert, die wir bislang wohl schlicht überlesen haben – den Aries Adapter für die Pacific Anlage. Das kommt uns natürlich sehr entgegen. Das löst das Problem des Umbaus der kompletten Befestigung am Schiff. Auch wir bilden hier keine Ausnahme zu den auf Ihrer Seite beschriebenen Aries Besitzern: Bohren verursacht Schmerzen an den Zähnen wie am Heck eines Schiffes.

Lange Rede kurzer Sinn: wir sind interessiert, eine Pacific bei Ihnen zu erstehen.

Herzliche und sonnige Grüße
Alex & Ursula

Nach kurzer Sendepause kam der Startschuss und die Pacific wurde am gleichenTage an UPS übergeben, 48 Std später an Bord angeliefert. Der Aries Adapter wurde vor Ort selbst hergestellt, das Ergebnis wurde heute früh übermittelt. Morgen soll das Schiff wieder zu Wasser gehen und ich wünsche den beiden Eigner, dass sie nunmehr mit Rückenwind und Sonne von früh bis spät, dorthin segeln, wo mehr Sonne zu Hause ist, als auf der bisherigen Reise vom Rhein bis nach Portugal.

Beste Grüße aus der kalten Heimat
Peter Foerthmann WEITERLESEN