Monat: Februar 2017

Medizin an Bord oder "Wie nähe ich eine Schweinshaxe?"

Es ist ein grauer Samstagmorgen imn der Klinik „Großer Sand“ in Hamburg Harburg. Dieses Krankenhaus ist spezialisiert auf die Belange der Seefahrt und so wird hier auch der 2-tägige Kurs „Medizin an Bord“ gegeben in dem ich dieses Wochenende verbringen werde. Auf meiner Schärenreise hatte ich mir ein paar Wunden an Füßen und Händen zugezogen und auch mit einer kleinen Lebensmittelvergiftung gekämpft. Das war zwar alles mit Bordmitteln und meinen vorhandenen Kenntnissen zu beheben, im Hinterkopf blieb jedoch immer die Idee, das alles einmal richtig zu lernen. Gerade auf den längeren Reisen, die hoffentlich noch anstehen werden, und auf von mir geskipperten Charterreisen hätte ich gerne ein paar Kenntnisse mehr, um mir und meiner Crew helfen zu können. Ob mir dieser Kurs der Kreuzer Abteilung das Fachwissen in zwei Tagen vermitteln kann wird sich zeigen; der redselige und unterhaltsame Dozent Thomas Krieg sagt in seiner Einführung selbst, das er uns nun 8 Semester Medizin in 2 Tagen vermitteln muss. Andererseits ist der Kurs Pflicht für jeden Kapitän und für viele Teilnehmer an großen Regatten. Schaden kann es also wohl nicht.

Empfangen werden wir im Seminarraum von einer angehenden, jungen Ärztin, die als Helferin fungiert und, etwas erbost über ihre verlorenes Wochenende, an einem Kalbsherz herumschneidet. Dazu liegen dann noch jede Menge Schweinshaxen herum und uns wird angekündigt, das jeder auch noch jeden im Laufe des Seminares pieksen wird. Dazu liegen vor jedem Teilnehmer ein Teller mit medizinischem Kram, Blutdruckmanschetten, Spritzen, Kanülen und Atropin Ampullen. Zusammen mit der frühen Uhrzeit macht das ganze Szenario leicht flau im Magen, zumal am Kalbsherzen erst einmal die Folgen eines Herzinfarkts (verursacht durch den Elektoschock der Tötungsmaschnine) demonstriert werden. Einen schönen guten Morgen, Graf Dracula.

Nach dem ersten Schrecken wird es aber zunächst sehr theoretisch. Und jeder stellt sich vor. Es gibt Regattasegler und Paare, die auf Weltreise wollen. Und viele Ostseefahrer, so wie mich. Die Vorstellungsrunde verbindet; so wie das gegenseitige Blutdruck und Blutzuckermessen. Nach dem kurzen Frühstück (für mich kein Mett :-) ) ist der Zuckerspiegel bei vielen enorm und messbar gestiegen. Steilvorlage in das Thema Unterzuckerung und Gegenmaßnahmen. Unser Dozent ist Lehrbeauftragter im Rettungsdienst, Kapitän und Ingenieur. Und er kann reden. Wie ein Wasserfall. Hat aber auch viel zu sagen, und der Wortschwall ist unterhaltsam, lustig und lässt einen wach bleiben. Am nächsten Tag wird mir das dann bei zwei weiteren Dozenten bewusst, die einen eher trocken Stil haben,  der an meinen Augenlidern zerrt.

Im Eiltempo geht es quer durch den menschlichen Körper. Wunden, Brüche, Schockarten kombiniert mit blutigen Bildern von offenen Brüchen, oder dem Abriss eines Skalps nach einer Patenthalse (Dozent Tommy zeigt stolz auf seine Kamera, die er für solche Fälle immer dabei hat) . „Kein Problem: Klammern und einen abgeschnittenen Finger eines Gummihandschuh als Drainage legen.“ Hmmm. Ob ich das morgen abend dann wohl auch so kann? Irgendwann ist dann Mittagspause und Zeit die Informationen geistig zu sortieren und einzuordnen. Was will ich eigentlich? Operationen an Bord oder schon das Legen einer Infusion bei 6 Windstärken sind Illusion. Im Prinzip reden wir also von erster Hilfe an Bord und dem Wissen darüber einen Patienten, auch über die hier übliche Zeit von 7 Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes, am Leben zu erhalten. Einhand ist das Meiste sowieso unmöglich. Auf Chartertörn oder Weltumsegelung muss man sich aber schon darauf einstellen größere Wunden, Brüche, Vergiftungen oder gar Herzinfarkte deutlich länger zu versorgen, als es zuhause üblich wäre. Der Kurs macht so doch absolut Sinn; man muss eben seine Grenzen kennen und erkennen.

Nachmittags steht dann auch viel Praxis im Vordergrund. Wir kümmern uns in Viererteams um die Erstversorung einen Verletzen. Puls, Blutdruck, Verletzungen erkennen, Grob- und Feinmotorik prüfen. Dazu dann die praktischen Arbeit mit einem Defibrillator… und das immer und immer wieder. Das übt, und gibt mir im Ernstfall deutlich mehr Sicherheit und Selbstvertrauen. Danach folgt das Nähen und Klammern der Eisbeine. Interessant, bei Seegang wäre das Setzen einer Naht aber beinahe unmöglich. Toll ist dafür das Klammern, einfach und effektiv. So ein Gerät würde ich auf die nächste Reise mitnehmen. Und auch der Wundverschluss mit Sekundenkleber ist verblüffend effizient und hätte bei mir Vorrang vor einer Naht. Der Sekundenkleber ist zur Blasenbehandlung an den Fingern beim Basspielenen sowieso häufiger bei mir im Einsatz. Der erste Tag ist um. Ich habe viel gelernt und auch geübt. Schön.

Am zweiten Tag erscheinen mit der Chefärztin und einem Anästhesisten zwei neue Dozenten. Sie haben sich viel vorgenommen, verstricken sich aber etwas in Bildern und zuviel Theorie. Wie gesagt, ich will ja nicht operieren, sondern nur notversorgen. Dafür gehen dann die Infos über Aufbau von Wirbeln und Gehirnhäuten etc. deutlich zu weit. Gut zu wissen, aber in der Praxis für mich egal. Der Kursleiter spürt dann auch die einsetzende Unaufmerksamkeit und drängt wieder zu mehr Praxis. Es folgt dann das Anlegen von Infusionen und der Einsatz von Atropin, Adrenalin etc. aus Ampullen. Gefolgt von starken Schmerzmitteln, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Natürlich nur in der Theorie :-) Viel Zeit geht dann für die Info drauf, wie man sich eine entsprechende Bordapotheke zusammenstellen kann, was dort hineingehört und welche zoll- und strafrechtlichen Folgen damit international einhergehen. Schon interessant, für mich aber zur Zeit irrelevant. Die Uhr tickt und ich wünsche mir mehr Praxis in der „einfachen“ Wundversorgung. Das ist dann doch der häufigste Fall an Bord, denke ich. Platzwunde, Schnittwunde und co. Fällt aus Zeitmangel aber nun leider aus. Schade. Ist aber letztendlich überall nachzulesen. Und gehört vielleicht auch eher in den Bereich erste Hilfe, als zu „Medizin an Bord“. Geschenkt. Geübt werden dann auch noch Herzdruckmassage, Atemspende, Schienen von Brüchen mit Bauschaum und der Einsatz einer Bone Injection Gun als alternative Lösung zum Legen einer Infusion. Alles sehr praxis- und bordnah. Toll. Zum Ende gibt es dann noch ein Zertifikat und man wird mit schwirrendem Kopf ins Leben entlassen. Ich habe mir dann nachträglich noch Literatur besorgt und weiss nun definitiv eine Menge mehr als vorher. Ob ich das auch praktisch umsetzen kann wir die Zukunft zeigen…oder doch eher hoffentlich nicht :-)

Segeln im Winter (5): Venedig. Carnevale. Die Masken.



Ob denn der Carnevale in Venedig genauso fröhlich ist wie der Rheinländische? Er kann so sein. Wo die Menschen aus der Stadt sich auf der Straße zum Feiern treffen wie in Castello oder Sant’Elena, ist es laut und wird auf den Straßen getanzt. Die Regel ist das in Venedig dennoch nicht.

Aber ich bin nicht vor wenigen Tagen auf LEVJE neun Stunden über die neblige Adria motort, um zu schunkeln. Nein. Ich bin da wegen der Masken. 

Und welcher Teufel mich da geritten hat, weiß ich nicht. Schließlich bin ich erstens Faschingshasser, weil ich zweitens denke, dass unser Leben tagtäglich genug Kostümierung, Verstellung, Verkleidung enthält. Welchen Sinn macht es, sich zu verkleiden, wenn man eh das ganze Jahr sich mit allerlei Attributen behängt, wie man denn so eigentlich wahrgenommen werden möchte. 

Doch ich täuschte mich, wenn ich dachte, Verkleiden wäre spießig und bar jeden Reizes. Natürlich gibt es hier in den Straßen auch die Darth Vaders, die Prinzessin Lejas und Teile aus der Sesamstraße. Auch schleichen manche Zeitgenossen immer noch als Scheich ganz in weiß gewandet auf die Piazza San Marco. Aber sollten sie da auf einen Preis spekuliert haben: Sind sie hoffnungslos abgeschlagen.

Denn was hier an Masken und Verkleidung und Schminke aufgefahren wird, ist es echtes „So-noch-nie-gesehen“.

Ob das einfach nur die geniale Rokoko-Replica mit perfekter Attitüde des alternden venezianischen Conte ist oder…

… einfach nur funkelnd die Gesandtschaft aus Konstantinopel imitiert: Es ist perfekt.

Die Kostüme, die Maskierten bewegen sich einfach durch die Menge. Nicht Laufsteg. Nicht Umzug. Man geht einfach nach San Marco – und dort und drumherum sind sie. Die schönsten Kostüme. Ich stehe einfach. Und staune. Vielleicht war das so, im Venedig des 14. Jahrhunderts, wenn …

… plötzlich jemand hier ankam, der aussah, als käme er von einem anderen Stern und wäre das Fünfte Element. 

Und gerade hier wird es spannend, wenn es weg vom historisch Exakten in den Bereich geht, der zwischen „Historisch“ und „Phantastisch“ liegt.

Die Masken. Ich gebe gern zu, dass viele von ihnen mir nahegehen. Das Unbewegliche. Das Starre. Ich erinnere mich an die silberne Maske des römischen Reiteroffiziers, die man auf dem Gelände von Kalkriese fand. Eine aus silber getriebene Maske, vollkommen ohne Regung. Wir sind darauf angewiesen, zu kommunizieren und während der Kommunikation stets unser Gegenüber einschätzen zu können…

Und was, wenn dies wegfällt? Wenn wir keine Regung mehr ablesen können an einem Gesicht? Dann sind wir auf uns allein gestellt. So wie nachts allein in einem verlassenen Park.

Wer sich hinter den Masken verbirgt? Das ist schwer zu sagen. Es sind nicht nur Italiener, im Gegenteil. Belausche ich die Masken, wenn sie sich unterhalten, sind Engländer, Franzosen, auch Deutsche darunter. Ich vermute, Menschen mit Passion. Menschen, die sich einzig und allein auf dieses Event vorbereiten, ein Jahr lang.

Aber so ganz durchschaut man das Spiel nicht. Sind es Menschen, die einfach nur ihrer Passion folgen und einmal im Jahr wie die Zugvögel zu diesem Event nach Venedig ziehen? Sind es Menschen, ausgestattet von professionellen Kostümbildnern? Venedig ist in diesen Dingen allen anderen Städten, was lautlose Selbstvermarktung angeht, turmhoch überlegen. Wo sonst gibt es eine Stadt, die sich eine mehrere Mann starke Abteilung hält, die jedem Hollywood-Filmemacher kostenlos beratend zur Seite steht, damit auch der nächste und übernächste Blockbuster irgendeinen Take in einer tollen Location Venedigs enthält? Die wiederum den Jo’s und John’s und Cho’s und Pam’s klar macht: Dass man genau hierhin muss, an diesen Punkt der Welt, eine Woche.

Ohne weiteres ist der Cleverness der Stadt zuzutrauen, dass sie die Kostüme besorgt und Statisten ausstattet. Und so für wenig Geld dafür sorgt, dass Handys und Selfies mit den Kostümen wiederum kostenlos auf die Handys der Jo’s und John’s und Cho’s und Pam’s in aller Welt kommen.

Aber das macht nichts. Perfektion begeistert. Und die Masken sind perfekt. So perfekt, dass ich mich eben erschrak, als ich um elf über den nächtlichen Markusplatz ging und auf vier in dunkle Umhänge gewandete Gestalten stieß. Sie schlichen unter den Säulen des Dogenpalastes entlang. Eine kleine, offensichtlich alte Frau am Arm eines anderen, langsam hinkend. Zwei andere hinterher. Alle unter schwarzen Umhängen. Die Gesichter unter undurchdringlichen weißen Masken verborgen.

Was würde ich tun, wenn ich sie nicht um elf Uhr Nachts in San Marco träfe, sondern eine halbe Stunde später im einsamen Bienale-Park, der so leer ist, als wäre nicht Rosenmontag, sondern 17. Januar? Wohin mein Weg mich gleich führen wird, denn ich will nach Sant’Elenea, zum Hafen im Osten. Würde ich dann – wie jetzt auch – routiniert auf die Knie gehen, um ein Foto der vier langsam schreitenden Gestalten zu schießen?

Ich bedankte mich bei den Vieren mit einem höflichen „Grazie“. Ihre Antwort war gekonnt: Vier weiße Masken, die lautlos wie ein Ballett aus ihren schwarzen Umhängen heraus im Gleichtakt nickten. Und mit ihren Stöcken weiter Richtung Campanile klapperten.

Perfekt. Wie gesagt.
Oder war das vielleicht gar kein Spiel?












Segeln im Winter (5): Venedig. Carnevale. Die Masken.



Ob denn der Carnevale in Venedig genauso fröhlich ist wie der Rheinländische? Er kann so sein. Wo die Menschen aus der Stadt sich auf der Straße zum Feiern treffen wie in Castello oder Sant’Elena, ist es laut und wird auf den Straßen getanzt. Die Regel ist das in Venedig dennoch nicht.

Aber ich bin nicht vor wenigen Tagen auf LEVJE neun Stunden über die neblige Adria motort, um zu schunkeln. Nein. Ich bin da wegen der Masken. 

Und welcher Teufel mich da geritten hat, weiß ich nicht. Schließlich bin ich erstens Faschingshasser, weil ich zweitens denke, dass unser Leben tagtäglich genug Kostümierung, Verstellung, Verkleidung enthält. Welchen Sinn macht es, sich zu verkleiden, wenn man eh das ganze Jahr sich mit allerlei Attributen behängt, wie man denn so eigentlich wahrgenommen werden möchte. 

Doch ich täuschte mich, wenn ich dachte, Verkleiden wäre spießig und bar jeden Reizes. Natürlich gibt es hier in den Straßen auch die Darth Vaders, die Prinzessin Lejas und Teile aus der Sesamstraße. Auch schleichen manche Zeitgenossen immer noch als Scheich ganz in weiß gewandet auf die Piazza San Marco. Aber sollten sie da auf einen Preis spekuliert haben: Sind sie hoffnungslos abgeschlagen.

Denn was hier an Masken und Verkleidung und Schminke aufgefahren wird, ist es echtes „So-noch-nie-gesehen“.

Ob das einfach nur die geniale Rokoko-Replica mit perfekter Attitüde des alternden venezianischen Conte ist oder…

… einfach nur funkelnd die Gesandtschaft aus Konstantinopel imitiert: Es ist perfekt.

Die Kostüme, die Maskierten bewegen sich einfach durch die Menge. Nicht Laufsteg. Nicht Umzug. Man geht einfach nach San Marco – und dort und drumherum sind sie. Die schönsten Kostüme. Ich stehe einfach. Und staune. Vielleicht war das so, im Venedig des 14. Jahrhunderts, wenn …

… plötzlich jemand hier ankam, der aussah, als käme er von einem anderen Stern und wäre das Fünfte Element. 

Und gerade hier wird es spannend, wenn es weg vom historisch Exakten in den Bereich geht, der zwischen „Historisch“ und „Phantastisch“ liegt.

Die Masken. Ich gebe gern zu, dass viele von ihnen mir nahegehen. Das Unbewegliche. Das Starre. Ich erinnere mich an die silberne Maske des römischen Reiteroffiziers, die man auf dem Gelände von Kalkriese fand. Eine aus silber getriebene Maske, vollkommen ohne Regung. Wir sind darauf angewiesen, zu kommunizieren und während der Kommunikation stets unser Gegenüber einschätzen zu können…

Und was, wenn dies wegfällt? Wenn wir keine Regung mehr ablesen können an einem Gesicht? Dann sind wir auf uns allein gestellt. So wie nachts allein in einem verlassenen Park.

Wer sich hinter den Masken verbirgt? Das ist schwer zu sagen. Es sind nicht nur Italiener, im Gegenteil. Belausche ich die Masken, wenn sie sich unterhalten, sind Engländer, Franzosen, auch Deutsche darunter. Ich vermute, Menschen mit Passion. Menschen, die sich einzig und allein auf dieses Event vorbereiten, ein Jahr lang.

Aber so ganz durchschaut man das Spiel nicht. Sind es Menschen, die einfach nur ihrer Passion folgen und einmal im Jahr wie die Zugvögel zu diesem Event nach Venedig ziehen? Sind es Menschen, ausgestattet von professionellen Kostümbildnern? Venedig ist in diesen Dingen allen anderen Städten, was lautlose Selbstvermarktung angeht, turmhoch überlegen. Wo sonst gibt es eine Stadt, die sich eine mehrere Mann starke Abteilung hält, die jedem Hollywood-Filmemacher kostenlos beratend zur Seite steht, damit auch der nächste und übernächste Blockbuster irgendeinen Take in einer tollen Location Venedigs enthält? Die wiederum den Jo’s und John’s und Cho’s und Pam’s klar macht: Dass man genau hierhin muss, an diesen Punkt der Welt, eine Woche.

Ohne weiteres ist der Cleverness der Stadt zuzutrauen, dass sie die Kostüme besorgt und Statisten ausstattet. Und so für wenig Geld dafür sorgt, dass Handys und Selfies mit den Kostümen wiederum kostenlos auf die Handys der Jo’s und John’s und Cho’s und Pam’s in aller Welt kommen.

Aber das macht nichts. Perfektion begeistert. Und die Masken sind perfekt. So perfekt, dass ich mich eben erschrak, als ich um elf über den nächtlichen Markusplatz ging und auf vier in dunkle Umhänge gewandete Gestalten stieß. Sie schlichen unter den Säulen des Dogenpalastes entlang. Eine kleine, offensichtlich alte Frau am Arm eines anderen, langsam hinkend. Zwei andere hinterher. Alle unter schwarzen Umhängen. Die Gesichter unter undurchdringlichen weißen Masken verborgen.

Was würde ich tun, wenn ich sie nicht um elf Uhr Nachts in San Marco träfe, sondern eine halbe Stunde später im einsamen Bienale-Park, der so leer ist, als wäre nicht Rosenmontag, sondern 17. Januar? Wohin mein Weg mich gleich führen wird, denn ich will nach Sant’Elenea, zum Hafen im Osten. Würde ich dann – wie jetzt auch – routiniert auf die Knie gehen, um ein Foto der vier langsam schreitenden Gestalten zu schießen?

Ich bedankte mich bei den Vieren mit einem höflichen „Grazie“. Ihre Antwort war gekonnt: Vier weiße Masken, die lautlos wie ein Ballett aus ihren schwarzen Umhängen heraus im Gleichtakt nickten. Und mit ihren Stöcken weiter Richtung Campanile klapperten.

Perfekt. Wie gesagt.
Oder war das vielleicht gar kein Spiel?












Every Single Week – Track 11 – My Everything – Song und Musiker

Making of „My Everything“

Wie entsteht eigentlich ein Song? Woher nimmst du die Ideen? Warum dauert eine Albumproduktion so lange? Das sind die klassischen Fragen an mich als Songwriter und Produzenten. In der Videoserie „Every Single Week“  stelle ich daher jede Woche eine neue Single aus meinem auf der Ostsee entstandenen Album „Zeitmillionär“ vor. Und gebe damit einen Einblick tief hinter die Kulissen des Songwritings und dem „Making of“ einer Musikproduktion. Übrigens, jede Single und auch das ganze Album bekommst du hier:

Album CD – Amazon
Amazon Download
iTunes Download
Spotify

 Making of – Das Video

Hier im Blog möchte ich aber auch einzelne Musiker kurz vorstellen, ohne die die Produktion des Albums nicht möglich gewesen wäre. Und kurz erzählen wie sich unsere jeweiligen Wege gekreuzt haben.

Merih Aktoprak

Meine Frau Merih habe ich vor 16 Jahren kennengelernt, als ich auf der Suche nach einer Keyboarderin für meine Band „The Hamburg Soul Foundation“ mit der Grand-Prix Sängerin Corinna May war. Irgendwer empfahl mir eine junge, türkische Keyboarderin, die gerade frisch vom Studium aus Los Angeles zurückgekehrt war. Das klang natürlich interessant und so wuchsen wir gleichermassen musikalisch wie persönlich zusammen und waren schon bald ein Paar. Zusammen gingen wir dann auf Tour und hatten einige weitere Bands zusammen. Inzwischen geht jeder zwar musikalisch seinen eigenen Weg (für Lena Meyer-Landruth bin ich zu alt, Merih macht dort aber eine sehr gute Figur), aber wir sind, vielleicht auch deswegen immer noch sehr glücklich verheiratet. 

Zusammen auf der Bühne bei unserer Hochzeit

Merih war natürlich sofort meine erste Wahl für die Tasteninstrumente und ich bin sehr glücklich sie auf meinem Album mit dabei zu haben.

One for my Baby – Merih beim Martini Club

In den nächsten Wochen produziert sie nun ihr eigenes, türkischsprachiges Album. Ich darf auch einige Tracks am Kontrabass dazu beitragen und bis schon sehr gespannt auf das Ergebnis. Mehr Infos dazu demnächst hier auf facebook.

Bir varmis bir yokmus – Ein Song von Merih

Ralf Hartmann

Ralf Hartmann hatte ich irgendwann einmal in den 70ern als Frontmann der Band „Franny and the Fireballs“ in meinem Heimatort Reinbek gesehen. Die Band und ihre Show hatte mich damals sehr beeindruckt und mich meine Fühler weiter in Richtung Rock’n’Roll ausstrecken lassen. Jahrzehnte später standen wir dann bei der Band „Kati und die Schulmänner“ gemeinsam auf der Bühne, wie man in diesem Video sehen kann.

Mit Ralf zusammen bei „Kati und die Schulmänner“

Franny and the Fireballs – früher

Franny and the Fireballs – heute

Aber neben dem Rock’n’Roll ist Ralf auch im Jazz, Swing und altem Schlager unterwegs und einige kennen ihn daher auch noch als Gitarrist von Olli Dietrich.

 

mit Olli Dietrich

Für „My Everything“ brauchte ich einen Jazzgitarristen und ein passendes Gitarrenintro und dachte daher sofort an Ralf. Und das war eine sehr gute Wahl, wenn ich mir den fertigen Song so anhöre.

Und hier der offizielle Eintrag bei Wikipedia

My Everything

Vocals Dara McNamara 
Guitar Ralf Hartmann
Drums Oliver Steinwede 
Piano Merih Aktoprak
Upright Bass Claus Aktoprak 
Flügelhorn Nicolas Boysen

Aufgenommen, gemischt und editiert von Jurik Maretzki

My Everything
(M: Claus Aktoprak T: Claus Aktoprak V: Dolce Vita Songs)

I’m all alone and thinking of you, dear
Got nothing to do, cause I’m on my own here
My mind is filled with memories of you
And all the times, when I felt so blue

I am all smiles, just when I remember
Our day we met, t’was late in september
Now I’m so glad, I made you my wife
Cause you’re the love of my life

My everything, I’ll love you forever
I wear our ring, my greatest treasure
Your happiness is top of my list
Cause when my girl’s happy, there’s nothing I miss

Once in a while, please let us remember
That special day, so late in September
Your trembling hand
Found its way in mine
As we had found love’s devine

SV Lisa – Nikolaus von der Lancken GER

FOEHR KARIBIK UND ZURÜCK – SABBATJAHR IN VOLLEN ZÜGEN


Unter tausenden Blogs, die Geschichten mit oder mit ohne Prosa erzählen, gibt es HIGHLIGHTS, die Lebensfreude statt mit Worten, mit wundervollen Bildern und Videos vermitteln. Nikolaus´ Blog hat über mein Auge mein Herz getroffen, weil er Stimmungen ungewöhnlich treffsicher wiedergibt, Verzauberung und Suchtpotential in sich birgt! MEIN GLÜCKWUNSCH HIERMIT SCHRIFTLICH,
Peter Foerthmann WEITERLESEN

SV Miss U – Alfred Moser AT

HILFE – KLABAUTERMANN AN BORD


Hallo Herr Foerthmann,
Beiliegend einige Fotos der Pacific „in action“ während meiner kürzlich erfolgreich beendeten Solo-Atlantiküberquerung. Ich kann nur lobende Worte über die Windpilot finden, sie hat sicherlich mehr als 99 % der insgesamt 2900 sm-Passage souverän gesteuert. Einziger winziger Wermutstropfen war, dass die Windfahne trotz Arretierung ständig nach unten gefallen ist und ich sie nur mit reichlich Klebeband in der für eine ordentliche Steuerung erforderlichen Position halten konnte. 
Danke also für diesen wunderbaren und für mich unverzichtbaren Törnbegleiter!
Beste Grüße
Alfred Moser/SY „MissU“

Lieber Alfred Moser,
Danke für die Blumen, den Wermutstropfen können wir flott wegwischen. Hatte ich zuallererst gedacht, dass ich selbst hier als Übeltäter beim Zusammenbau Ihrer Windpilot Anlage, den Feststeller falsch herum montiert hatte – immerhin bin ich ja nun auch schon manchmal ein bischen tütelig ( wie wir hier im Norden sagen ) … habe dann aber den FBI Agenten in mir eingeschaltet und entdeckt, dass wir alles richtig gemacht haben .. und der Verursacher sich bei Ihnen an Bord versteckt, denn: auf den Beweissicherungsfotos nach der Montage war der Feststeller RICHTIG montiert… also muss der Ku Klux Klan alias der Klabautermann Ihnen hier in den Schuh geschossen haben! ALSO: Feststeller rausdrehen und von der richtigen Seite wieder einschrauben … F-E-R-T-I-G
Beste Grüsse aus Hamburg
Peter Foerthmann WEITERLESEN

Neue Vortragstermine: HAMBURG und BREMEN

Bevor die neue Saison bald wieder so richtig los geht werde ich noch mal an zwei Terminen über die Ostsee, Fahrtensegeln als Mittzwanziger und „Im Zweifel für den Segelsommer“ erzählen. Würde mich freuen ein paar von euch dort begrüßen zu dürfen!

Am Dienstag 28.02.17, 19:30
Beim Blankeser Segel Club e.V., Mühlenberger Weg 1, 22587 Hamburg
Der Vortrag ist öffentlich, wer interessiert ist schaut einfach vorbei!

Am Freitag, 10.03.17, 19:30
Bei der Segelmacherei BEILKEN SAILS, Richard-Dunkel-Str. 120, 28199 Bremen
Nähere Infos unter Im Zweifel für den Segelsommer @ Beilken , Um Anmeldung unter [email protected] wird gebeten.

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Segeln im Winter (4): Die Kormorane. Die Nordadria. Und der Nebel.


Heute Früh bin ich aufgebrochen, aus dem Hafen von San Giorgio di Nogaro, einer kleinen Marina am Flusslauf des schilfigen Corno, der sich träge mit den Gezeiten zwischen Industrieanlagen und Flusshäfen hindurchschlängelt. Den Wecker hatte ich mir auf sechs gestellt, ich wollte pünktlich mit Sonnenaufgang und dem einsetzenden Ebbstrom hinaus. Erst eineinhalb Stunden den Fluss hinunter. Dann sechs Stunden übers Meer nach Venedig.

Aber weil ich aufgeregt war, aus Sorge, ich könnte die einsetzende Ebbe verpassen, war ich schon um Viertel vor sechs wach. Kochte mir einen Tee, taperte durchs Boot, um dies und das und jenes vor dem Auslaufen noch zu kontrollieren.


Als das Dunkel langsam in Grau überging, kamen wie jeden Morgen die Kormorane. Sie kommen zu Hunderten, sie kreisen in langen 8ern über dem Fluss und dem Hafen von San Giorgio. Sie kommen, um zu Hunderten zu Frühstücken. Ihr Kreisen über dem Hafenbecken ist ein gewaltiges Rauschen, und wenn sie sich dann niederlassen auf dem Wasser, um jeder innerhalb von fünf Minuten seine 3-7 Fische aus dem gischtenden, brodelnden Wasser heraufzutauchen, dann ist es der Anblick der reinen, nackten Gier. Die Kormorane, die ich jeden Morgen in San Giorgio beobachte – das ist eine andere Geschichte, ich werde sie erzählen.

Abzulegen im Dämmer kostet Überwindung. Ablegen kostet meist Überwindung, fast immer frage ich mich, warum ich das bloß tue. Allein im Februar im Boot über die Adria: Nein, das wird kein herrlicher Segeltag heute. Nein, die Sonne wird nicht rauskommen. Nein, es wird nicht mehr als 5 Grad haben. Ja, es wird neblig bleiben den ganzen Tag. Ja, morgen Abend wird es über Venedig mit 7 bft. aus Nordost wehen, wenn das Sturmtief aus Deutschland als Bora kostümiert über die Nordadria fegt. Ja, es wird am Wochenende über Venedig regnen. Keine schönen Aussichten also. Das Deck ist klitschnass, die Festmacher auch, ich bringe LEVJE langsam aus der Box, hole die nassen Festmacher rein. Ich fahre, weil ich weiß, dass ich mein Zuhause verlassen muss, gelegentlich, weil ich wieder etwas finden werde auf dem Meer, wonach ich nicht suchte. Und was mir doch Erfüllung schenkt.

Noch auf der Fahrt über den nebligen Fluss überlege ich. Ob ich nicht lieber doch umkehren soll? Ich bin der einzige, der bei dem Nebel draussen ist. Aber ich überliste mich, jedenfalls die Zweifel an meinem Tun. Ich sage mir: „Geh zumindest raus aufs Meer. Und schau nach. Vielleicht ists draußen ja nicht so neblig. Nur mal die Nase rausstecken.“ Die Nase rausstecken: Das hat sich noch immer gelohnt. Man könne, so empfahl es einem schon Charles Darwin, der als junger Mann um die Welt fuhr, gewiss sein, dass man keinen derartigen Schwierigkeiten begegnen wird, wie sie sich noch zu Anfang einer Reise vor einem Auftürmen. Also raus!

Und draußen? Natürlich ist es da wieder einmal herrlich. Unendliche Weite. Alles ist einfach nur weit, weit, selbst die drei Unterwäschen plus Fleece plus Schwerwetterhose: Sie engen nicht mehr. Rundherum einfach nur Weite. Und ein wohliges Gefühl im Bauch.

Schaue ich nach rechts, dann müsste ich dort eigentlich Land sehen. Aber da ist nur das Graublau des Meeres. Und der Nebel. Und nichts sonst.

Ich sitze an meinem Schreibtisch im Niedergang, so wie man ihn oben sieht. Die Beine im Warmen auf der Treppe, während LEVJE durch den Nebel motort. Ich sehe vor mir durch die Scheibe im Nebel. Der Computer vor mir. Das Radarbild in der Mitte, ein Finger, der sich hineintastet in den Nebel, mir zeigt und auf das deutet, was sich darin verbirgt. Eine Schar Kormorane, die auf dem Wasser sitzt. Eine verlassene Muschelfarm. Muschelbojen, von Winter-Südstürmen längst auseinander gerisssen und vertrieben. Ein Fischer. Sogar ein Baumstamm oder eine dünne Tonne, die eine Einfahrt markiert. Ich ahne das Land nur, wenn ich auf das Radarbild sehe. Ich gebe zu: echter Luxus, den mir meine LEVJE II da bietet: Das Land als gelber Streifen auf dem Radarschirm, ein zerfaserter gelber Streifen in der Weite des Schwarz auf meinem Radarschirm ist alles, was von Wichtigkeiten und Sorgen und Nöten übrig blieb.





Als wäre das noch nicht alles, blinzelt nun für einen kurzen Moment doch die Sonne durch den Nebel. Und zeigt vor mir, sieben Stunden vergingen wie im Flug, den als Schachbrett bemalten Leuchtturm auf dem Punta Lido. Noch eine Dreiviertelstunde. Und ich bin in Venedig.

Segeln im Winter (4): Die Kormorane. Die Nordadria. Und der Nebel.


Heute Früh bin ich aufgebrochen. Seit ein paar Tagen bin ich im Hafen von San Giorgio di Nogaro, einer kleinen Marina am Flusslauf des schilfigen Corno, der sich träge mit den Gezeiten zwischen Industrieanlagen und Flusshäfen hindurchschlängelt. Den Wecker hatte ich mir auf sechs gestellt, ich wollte pünktlich mit Sonnenaufgang und der einsetzenden Ebbe hinaus. Erst eineinhalb Stunden den Fluss hinunter. Dann sechs Stunden übers Meer nach Venedig.

Aber weil ich aufgeregt war, aus Sorge, ich könnte die einsetzende Ebbe verpassen, war ich schon um Viertel vor sechs wach. Kochte mir einen Tee, taperte durchs Boot, um dies und das und jenes vor dem Auslaufen noch zu kontrollieren.

Als das Dunkel langsam in Grau überging, kamen wie jeden Morgen die Kormorane. Sie kommen zu Hunderten, sie kreisen in langen 8ern über dem Fluss und dem Hafen von San Giorgio. Sie kommen zu Hunderten, um zu Frühstücken. Ihr Kreisen über dem Hafenbecken ist ein gewaltiges Rauschen, und wenn sie sich dann niederlassen auf dem Wasser, um jeder seine 3-7 Fische aus dem gischtenden, brodelnden Wasser heraufzutauchen, dann ist es der Anblick der reinen, nackten Gier. Die Kormorane, die ich jeden Morgen in San Giorgio beobachte – das ist eine andere Geschichte, ich werde sie erzählen.

Abzulegen im Dämmer kostet Überwindung. Das kostet es sowieso, meistens frage ich mich, warum ich das bloß tue. Allein im Februar im Boot über die Adria. Nein, es wird kein herrlicher Segeltag. Nein, die Sonne wird heute nicht rauskommen. Nein, es wird nicht mehr als 5 Grad haben. Ja, es wird neblig bleiben den ganzen Tag. Ja, morgen Abend wird es über Venedig mit 7 bft. aus Nordost wehen, wenn das Sturmtief aus Deutschland als Bora kostümiert über die Nordadria fegen wird. Ja, es wird am Wochenende über Venedig regnen. Keinen schönen Aussichten also. Das Deck ist klitschnass, die Festmacher auch, ich bringe LEVJE langsam aus der Box, hole die nassen Festmacher rein. Ich fahre, weil ich weiß, dass ich mein Zuhause verlassen muss, gelegentlich, weil ich wieder etwas finden werde auf dem Meer, wonach ich nicht suchte. Und was mir doch Erfüllung schenkt.

Noch auf der Fahrt über den nebligen Fluss überlege ich. Ob ich nicht lieber doch umkehren soll? Ich bin der einzige, der bei dem Nebel draussen ist. Aber ich überliste mich, jedenfalls die Zweifel an meinem Tun. Ich sage mir: „Geh zumindest raus aufs Meer. Und schau nach. Vielleicht ists draußen ja nicht so neblig. Nur mal die Nase rausstecken.“ Die Nase rausstecken: Das hat sich noch immer gelohnt. Man könne, so empfahl es einem schon Charles Darwin, der als junger Mann um die Welt fuhr, gewiss sein, dass man keinen derartigen Schwierigkeiten begegnen wird, wie sie sich noch zu Anfang einer Reise vor einem Auftürmen. Also raus!

Und draußen? Natürlich ist es da wieder einmal herrlich. Unendliche Weite. Alles ist einfach nur weit, weit, selbst die drei Unterwäschen plus Fleece plus Schwerwetterhose: Sie engen nicht mehr. Rundherum einfach nur Weite. Und ein wohliges Gefühl im Bauch.

Schaue ich nach rechts, dann müsste ich dort eigentlich Land sehen. Aber da ist nur das Graublau des Meeres. Und der Nebel. Und nichts sonst.

Ich sitze an meinem Schreibtisch im Niedergang, so wie man ihn oben sieht. Die Beine im Warmen auf der Treppe, während LEVJE durch den Nebel motort. Ich sehe vor mir durch die Scheibe im Nebel. Der Computer vor mir. Das Radarbild in der Mitte, ein Finger, der sich hineintastet in den Nebel, mir zeigt und auf das deutet, was sich darin verbirgt. Eine Schar Kormorane, die auf dem Wasser sitzt. Eine verlassene Muschelfarm. Muschelbojen, von Winter-Südstürmen längst auseinander gerisssen und vertrieben. Ein Fischer. Sogar ein Baumstamm oder eine dünne Tonne, die eine Einfahrt markiert. Ich ahne das Land nur, wenn ich auf das Radarbild sehe. Ich gebe zu: echter Luxus, den mir meine LEVJE II da bietet: Das Land als gelber Streifen auf dem Radarschirm, ein zerfaserter gelber Streifen in der Weite des Schwarz auf meinem Radarschirm ist alles, was von Wichtigkeiten und Sorgen und Nöten übrig blieb.



Als wäre das noch nicht alles, blinzelt nun für einen kurzen Moment doch die Sonne durch den Nebel. Und zeigt vor mir, sieben Stunden vergingen wie im Flug, den als Schachbrett bemalten Leuchtturm auf dem Punta Lido. Noch eine Dreiviertelstunde. Und ich bin in Venedig.

Vögelgeschichten

Nein, ich muss euch leider enttäuschen. Es bleibt in dieser Geschichte anständig. Geradezu langweilig, denn heute will ich quasi eine private Tierdoku erzählen. Ich bin zwar nicht plötzlich Ornithologe geworden, doch das Segeln findet ja immer nah am Puls der Natur statt.. Man ist den ganzen Tag an der frischen Luft, Wind und Wetter ausgesetzt, man beobachtet den Himmel viel aufmerksamer als in der Stadt und so mancher hat das Fernglas sofort minutenlang im Anschlag wenn sich nur einmal kurz die Flosse eines Schweinswals gezeigt hat. Und da spielen natürlich auch die Seevögel ihre Rollen. Jeder seine ganz eigene und trotzdem gehören sie für mich alle zum Segeln dazu.
Der erste Vogel mag allerdings gleich überraschen, denn es ist die Graugrans. Zwar kein klassischer Seevogel und doch hat mich ihr Geschnatter überhaupt erst zu dieser Geschichte inspiriert. Vor einigen Tagen nämlich stand ich mit dem Morgenkaffee am Fenster und hörte das erste Mal in diesem Jahr die gefiederten Kollegen auf ihrem Heimweg in den Norden. Und das heißt traditionell: Der Frühling kommt, die Segelsaison geht los. Obwohl ich in meinen Teenagerjahren so gar nix mit Natur am Hut hatte, hat es sich nämlich so ergeben, dass ich die Segelsaison zufälligerweise immer genau dann beendet habe, wenn die Gänse Richtung Süden gezogen sind. Zwar ungeplant, aber offenbar stimmt meine persönliche Komfortzone sich in unserem Breiten freiwillig draußen zu bewegen ziemlich genau mit der der Gänse überein und so kam es, dass immer wenn ich die letzte Nacht im Jahr an Bord auf dem Weg ins Winterlager, meistens so Ende Oktober  an der Gieselauschleuse im NOK, verbracht habe, die schnatternden Gänse mich dort an unserem gemeinsamen Rastplatz schon erwartet haben. Die Gänse sind für mich untrennbar mit dem Liegeplatz dort verbunden. Mal wieder so ein Moment, der mir zeigt wie zeitlos das Segeln ist. Segelsaison nach Kalender ist schön und gut, aber die besten Zeichen, ob man sich Ende Oktober oder Anfang März schon wohl auf dem Wasser fühlen könnte, sind immer noch die natürlichen. In diesem Fall die Gänse.
Wenn die Vögel dann wieder Richtung Norden ziehen, so etwa um diese Jahreszeit, kriegt dann auch der kleine Max meist schon Hummeln im Hintern. Die ersten zweistelligen Temperaturen rücken in Reichweite, es kann wieder losgehen.

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Ein echter Klassiker sind natürlich die Möwen. Ich bin an der Küste aufgewachsen, aber für Studium und Arbeit zog es mich dann nach Hamburg. Und schon dort verstummt das Geschrei der Möwen ganz schnell wenn man sich nur wenige hundert Meter von Alster und Elbe entfernt. Umso mehr freut es mich dann wenn ich am Wochenende zum Boot fahre und die Möwen schreien wieder um mich herum. Dann weiß ich, es ist Wochenende, ich hab Zeit und hier gehör ich hin.
Den Blauwasserseglern geht es genau andersrum. Zu den ersten Zeichen einer nahenden Küste gehörten schon immer die Möwen und so sind sie oft der erste Bote eines sicheren Hafens und einer heißen Dusche.
Selbst wenn die Möwen einem manchmal das Eis oder die Pommes am Hafen klauen, alles in allem ein absoluter Wohlfühlvogel.

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Auf See zu sein schafft ja bekanntlich immer neue Perspektiven, und so erging es mir auch bereits mehrfach mit kleinen Spatzen und anderen Seevögeln. Zum Beispiel war ich vor einigen Jahren zwischen Helgoland und Cuxhaven unterwegs. Etwa 35sm nichts als Wasser. So manchem kleinem Piepmatz geht da die Puste aus. Und so ging es auch diesem hier. Völlig entkräftet landete er im Cockpit, nahm ein paar Schlucke vom angebotenen Wasser und machte es sich für einige Stunden im Schwalbennest gemütlich. Als Cuxhaven schließlich in Sicht kam, flog er dann Richtung Land davon als wäre nie etwas gewesen. Für viele Segler kein unbekanntes Erlebnis und doch finde ich es jedes Mal wieder besonders. An Land sind Singvögel meist unglaublich scheu wenn man sich ihnen auf einige Meter nähert, doch auf dem Meer halten wie durch irgendeine Naturkraft alle Lebewesen unausgesprochen zusammen und jede Scheu geht flöten wenn es denn nötig ist um nicht übermüdet ins Wasser zu plumpsen.

Last but not least möchte ich euch noch vom Austernfischer erzählen. Und zwar von einem, der zunächst nicht unbedingt zusammenhalten wollte. Als Wattvogel hört man sein schrilles Gekreische vorwiegend an der Nordsee, dort wo ich herkomme. Und so steht dieser Vogel für mich immer für Heimat, und Meer. Auf meinen Reisen an der deutschen Nordseeküste entlang hatte ich am Watt stehend und Richtung Horizont durch die Matschwüsten schauend mehr als einmal das Vergnügen, dass die Szenerien von einigen Austernfischern begleitet wurde und ich sofort wusste: „Hier gehör ich hin!“
Allerdings können diese Gesellen auch durchaus aggressiv werden. Auf der Hallig Oland im nordfrisieschen Wattenmeer hatte ich letztes Jahr das Glück, im winzigen Watthafen komplett allein zu sein. Allein mit einem Austernfischer, den die Inselbewohner schon lange davor „Zorro“ getauft hatten. Und der Hafen war zu klein für uns beide. (An dieser Stelle müsst ihr euch im Hintergrund „Spiel mir das Lied vom Tod vorstellen“) Damit ich ungestört im Cockpit sitzen konnte mussten erstmal einige Fronten geklärt werden, denn Zorro versuchte pausenlos Sturzkampfangriffe auf mich und nur der Baum und die Dirk über mir verhinderten wohl ernsthafte Verletzungen. Eine kleine Schale mit Brotkrümeln,in einem ruhigen Moment auf den Kai gestellt, machten mir Zorro und seine Familie am Ende dann doch noch zum Freund, und ich konnte meiner Austernfischernliebe weiter treu bleiben.

 

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So, ich hoffe, dass euch dieser kleine ungewohnte Einblick gefallen hat. Ich werd jetzt fürs Wochenende Pinsel und Farbe kaufen gehen. Ich muss dringend in die Halle zu Nonsuch, die Gänse rufen schon, es geht endlich bald wieder los! ;-)

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