Sind Traditionsschiffe sicher?

Stegfunk.de-Meinung

Jetzt also ein totes 12-jähriges Mädchen auf dem Klipper „Risico“. Zuvor ein toter Rentner auf der „Wilhelmina“. 2016 drei tote Familienväter auf der „Amicitia“. Der Untersuchungsbericht dazu, auch von der Deutsche Bundesstelle für Schiffsunfalluntersuchung BSU und des niederländischen Onderzoeksraad voor Veiligheid, (Deutsche Version) konkludieren, dass es keine strukturellen Anweisungen zur Wartung der Schiffe gibt. Man habe das nie aufgeschrieben, vielmehr gingen Wartungsempfehlungen von „Mund zu Mund“. So sei der Wartungszustand der Flotte durchaus heterogen.

Auch die Überwachungsstellen, die den sicheren Betrieb der Schiffe gewährleisten sollen, gehen gar zu lax mit iherer Aufgabe um. Zuständig ist die Inspectie voor Leefomgeving en Transport, ILT. Die kann das aber gar nicht. Also benennt sie Stellen, die es können sollen. Die aber stehen miteinander im Wettbewerb. Allzu kritisches Hinschauen spricht sich in der Flotte rund und verhindert Folgeaufträge. So konnte auf der „Amicitia“ der Mast in aller Ruhe so vergammeln, dass er schließlich brach und drei Menschen tötete. Warum der Baum der „Risico“ nun brach, ist noch unklar. Auf der „Wilhelmina“ war es ein falscher Spleiß auf einer neuen Dyneemaleine, die zum Unglück führte. Alles tragisch, sicher, aber auch alles Unglücke mit tödlichem Ausgang.

In diesem Zusammenhang ist es geradezu zynisch, dass der Vorsitzende der Branchenvereinigung BBZ Paul van Ommen sofort zu berichten weiß, dass es sich womöglich um einen „Freak Accident“, also einen einmaligen, ungewöhnlichen Unfall handeln könnte. Und dass die „Sicherheit bei allen Skippern immer an erster Stelle“ stünde. Nun, offensichtlich ist dem nicht so. Offensichtlich ist es der Flotte nicht gelungen, aus dem Unglück der „Amicitia“ und der im Untersuchungsbericht sehr deutlich benannten Schwachstellen, Lehren zu ziehen. Anders ist es nicht zu erklären, dass es immer wieder zu Unglücken kommt.

Dabei ist die Annahme, dass strukturelle Probleme bei Betrieb und Wartung der Schiffe die Ursache für die Unglücke sind, noch die günstigere Annahme für die Flotte. Diese ließen sich mit Selbstdisziplin und echtem Willen abstellen. Die andere Schlussfolgerung müsste lauten: Es ist nicht möglich, das Segeln auf Plattbodenschiffen mit Gaffelriggs sicher durchzuführen. Das müsste das Ende der Flotte bedeuten.

Womöglich funktioniert das Erlösmodell der Flotte nicht mehr. Da hat sicher auch Corona seinen Beitrag geleistet. So ist es fraglich, ob sich mit Schulklassen, die sehr auf die Kosten der Klassenfahrt achten und vermehrt auch andere Ziele abseits des Wassers ansteuern, was zu einer geringeren Auslastung der Flotte führt, bei steigenden Zinsen für den Schiffskauf, teurerem Material für Wartung und Pflege und steigenden Liegeplatzpreisen und Kraftstoffpreisen ein Schiff überhaupt rentabel betreiben lässt. Ein Blick auf den Pflegezustand einiger Vertreter der Flotte, lässt da erhebliche Zweifel aufkommen.

Was also tun? Die BBZ muss endlich nicht nur Sicherheitskommissionen gründen (was haben die seit 2016 zu Stande gebracht?), sondern verbindliche Gütesiegel kreieren, an deren Erhalt strenge Sicherheitsvorschriften geknüpft sind. Jährliche Inspektion von stehendem und laufendem Gut durch eine unabhängige Stelle. Die Kosten dafür müssen festgelegt sein, dürfen nicht im Wettbewerb entstehen. Jährliche Kontrolle von Masten und Bäumen. Sicherheitsausrüstung an Bord, Ausbildungsstand der Besatzung und dicke des Rumpfes. Auch die Maschinenanlage muss den Anforderungen entsprechen. Die Einhaltung gewisser Regeln unter Segeln, wie etwa keine Menschen an Deck bei einer Halse, Mitarbeit bei Segelmanövern nur nach vorheriger Einweisung und ein besserer Ausbildungsstandard für Maaten, sollte unangekündigt und auch auf See jederzeit überprüft werden.

So könnte man das Vertrauen in die Flotte und in die an sich ja wunderschöne Zeit an Bord eines Plattbodenschiffes wiederherstellen. Dazu muss Herr van Ommen aber den Worten endlich Taten folgen lassen.

 

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