Haparanda – Rund Ostsee

Nach dem das Tief durchgezogen ist, konnte es endlich weitergehen. Ich wollte versuchen, von hier aus direkt bis nach Haparanda durchzufahren. Haparanda. Kein Name an der Ostsee klingt größer, kein Ort verkörpert den Begriff Traumziel mehr. Und doch soll es doch eigentlich nur ein kleiner Hafen am Scheitel des bottnischen Meerbusens sein, nahe der schwedisch/finnischen Grenze. Grund genug, sich das Ganze mal selbst anzuschauen.

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Der Beginn des langen Schlages war absolut super. Die Reste des Sturmtiefs, hinterliessen einen frischen Südwestwind. Perfekt für eine lange Reise nach Norden. Irgendwie war auch abzusehen, dass der Wind später wohl nachlassen würde, leider passierte das dann doch schneller als gedacht. Als ich dann irgendwann in der Nacht – die logischerweise wieder mal eigentlich gar keine war –  selbst unter Gennaker nur noch knapp 1kn machte, musste die Maschine wieder ran. Darauf hatte ich jetzt nicht so ganz spekuliert, denn wirklich viel Sprit war nach meinem Ausflug ins Nirgendwo nicht mehr übrig. Ich hielt erstmal auf Raahe an der finnischen Küste zu, um im Zweifel später noch einen Tankstop einlegen zu können. Doch daraus wurde nix. In der Nacht kam nämlich mal wieder Nebel auf, nimmt das denn nie ein Ende? Die Aussicht bei weniger als 50m Sicht 2 Stunden lang ein Schärenfahrwasser mit der Berufssschifffahrt zu teilen behagte mir gar nicht, und so blieb ich einfach draussen und nutzte den langsam wieder aufkommenden Westwind um meinem Ziel langsam entgegen zu schleichen. Los ist hier oben ja eh wirklich nichts. Yachten oder kleine Motorboote habe ich die gesamten 180sm zwischen Kummelskäret und Haparanda kein einziges gesehen, und 2 Frachter liefen mir innerhalb von knapp 2 Tagen mal über den Weg. Man merkt, dass man sich sozusagen am Ende der Welt befindet. Die Umstände meiner Ankunft verstärkten den Effekt dann nur noch: Ich tauchte in die Norrbottenschären vor Haparanda kurz nach dem nordischen Sonnenuntergang ein. Das Abendrot, welches eigentlich gleich in ein Morgenrot übergeht, die Wolken, und diese einsamen Inseln um mich herum liessen die Ankunft etwas ganz Besonderes werden. Aufgeregt auf Haparanda war ich, und froh es trotz widriger Umstände bis hier her geschafft zu haben. Irgendwann tauchte dann dann der kleine Hafen vor mir auf. Für den Mythos Haparanda hatte ich jetzt allerdings keine Zeit. Nach 43h auf See und 180 Seemeilen wollte ich erstmal gründlich ausschlafen. Fühle mich wieder wie ein Rumtreiber: Komme erst weit nach Sonnenaufgang ins Bett! ;-)

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Der nächste Tag war dann aufregend. Was ist dran am Mythos Haparanda? Was macht diesen Ort so besonders? Es gibt wohl auch keinen Ort ins der Ostsee der so sehr polarisiert. “Was soll ich da? Gibt spannendere Orte” oder “Das ist doch bloss Gipfelstürmerei dort hin zu fahren” habe ich zuvor auch vernommen. Nun zugegeben, der Hafen ist klein und im vergleich zu anderen nicht besonders spannend an sich, und doch umgibt ihn eine ganz besondere Aura. Zuerst mal ist da dieses typisch locker schwedische: “Diesel? Klingel mal bei dem alten Herren da vorne, der bedient die Tankstelle” – oder auch das offenstehende Klubhaus des örtlichen Segelvereins, in dem ohne Kontrolle das Hafengeld in einen Briefkasten eingezahlt wird. Alle eintreffenden Gäste freuen sich ganz besonders hier zu sein, und der Blick über die Ostsee ist einfach weiter und tiefer als anderswo. Und dann ist da ja noch das Herzstück des Hafens…

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Der Aufenthaltsraum des Klubhauses. Eine Art Tempel für die Ostseesegler. Über und über ist er mit den Wimpeln unzähliger Segelvereine, und kleinen Stories an den Wänden verziert, und sogar die Bänke sind fast wie in einer Kirche angerichtet. Übertrieben, mag der eine jetzt vielleicht denken, aber dies ist tatsächlich ein kleines Heiligtum. Wer nun einen antiken Tempel mit griechischen Säulen erwartet ist vielleicht enttäuscht.  Wer sowieso denkt, dass das alles überflüssiges Getue sei, dem sei der Ort eh nicht ans Herz gelegt, aber für jeden Entdecker ist das hier ein kleines Eldorado. Man darf an dieser Stelle vielleicht auch nicht vergessen, dass auch Tourensegeln ein Sport ist, und das Erreichen dieses äußersten Punktes ist auch eine sportliche Leistung. Und so kommt es dann auch, dass man seine Spuren im Klubhaus – vergleichbar mit der Gravur auf einem Wanderpokal – hinterlassen möchte. Auch ich lasse die Stander meiner beiden Segelvereine dort, und freue mich sehr, es bis hier her geschafft zu haben.  Haparanda ist, was man daraus macht. Und jeder echte Segler in dem dieser kleine Entdeckerfunke glüht, wird dem Ort etwas ganz Besonderes abfinden können.

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Den Tag verbringe ich dann noch mit ein wenig Wartung am Boot und einer Radtour nach Haparanda City. Der Muskelkater von insgesamt 40km Fahrt mit dem kleinen Klapprad wollte auch 2 Tage später noch nicht aufhören. Dafür konnte ich meine Zeit in Schweden mit einem stilechten Mahl in der nördlichsten schwedischen Botschaft der Welt beginnen. Das wars allerdings schon mit Highlights im Ort, und so mache ich mich recht schnell wieder auf den Weg zurück zum Hafen.

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Dort lasse ich den Tag mit einer Dose Bier auf der Hafenmauer ausklingen und halte einen Moment inne. Es ist nebenbei auch noch ungefähr Bergfest meiner Reise  und so bekommt das Erreichen dieses Punktes noch eine zusätzliche besondere Komponente. Ganz Nebenbei ist meine Fahrt mit dem Erreichen des Scheitels des Bottnischen Meerbusens auch zur Rund-Ostsee Fahrt geworden. Ganz konkret geplant hatte ich das von Anfang an zwar nicht, aber es wäre gelogen zu sagen, dass man sich bei meinem Zeitrahmen nicht irgendwann darauf einschießt diesen Ort als sportlichen Anreiz zu erreichen. Die Freude darüber ist nun umso größer.  Ich denke nach, schaue auf die im Kielwasser liegende Hälfte des Bottnischen Meerbusens und die Erlebnisse der letzten Monate zurück, und freue mich auf den Rückweg.

Haparanda. Rund Ostsee. Prost.

Der Beginn des Nonstopschlages nach Haparanda hätte nicht schöner sein können.
Den Nebel hätte ich mir allerdings gern gespart...
Interessante Wolken.
Einsam ist es hier oben....
Die Ankunft in den Schären vor Haparanda gerät regelrecht magisch.
Das Ende der Ostsee, der Welt, oder doch der Eingang zu Mittelerde?
Dann taucht der Hafen auf: Haparanda.
Großer Name, kleiner Hafen.
Alles ist irgendwie typisch schwedisch semiprofessionell und dadurch umso sympathischer.
Das Wetter tut sein übrigens.
Haparanda.
Das Klubhaus des Bootklubs Bothnia.
Ausflug nach Haparanda City. Mit dem Fahrrad über die finnische Grenze.
Die Torne Alv, der Grenzfluss.
Stilechtes erstes Mahl in Schweden.
Haparanda. Nicht nur Ende der Ostsee, auch nördlichster Ikea der Welt.
Haparanda.
Ganz schön weit von zuhause...
Illegale Einwanderer?!?!
Die Eisenbahn fährt zwischen den Ländern.
Ansonsten ist die Stadt unspannend...
...Selbst Ansichtskarten gibts keine. Und Glückwünsche zur silbernen Hochzeit sind ja auch irgendwie unpassend..
Haparanda Main Station
Dann lieber Abendstimmung in Haparanda.
Der Klubraum. Heiligtum der Ostseesegler.
Auch ich hinterlasse den Stander der SVC Cuxhaven
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Am Abend.
Nonsuch in Haparanda.
Der Horizont kennt hier nur eine Richtung. Und ist weiter als anderswo...