Der Crinan Canal

Statt durch den Sound of Jura geht es nun also erst einmal durch den Crinan Canal. Dieser ist zwar nur etwa 16km lang, führt aber einmal quer durch die Kintyre Halbinsel nach Osten und wurde gebuddelt um kleineren Schiffen den ungemütlichen Weg ums das Mull of Kintyre zu ersparen. Heute wird er als „Britains most beautiful shortcut“ beworben. Klingt doch genau nach dem was ich jetzt brauche! Schon bei meiner Ankunft am Westende des Kanals hat mir die Beschaulichkeit des Kanals so gut gefallen. Ein Eindruck der sich während der Überfahrt bestätigen sollte.

Irgendwann kommt mein Helfer Tom dann angetrottet und wir machen uns auf den Weg durch die 15 Schleusen. Und weil alles per Hand bedient wird, geht es hier noch entspannter zu als in den anderen Kanälen. Hier kann man sich wirklich entspannen. Tor aufstemmen, Schiff rein, Tor wieder zu, Fluttore auf, abwarten, bergseitiges Tor wieder auf. Man kann sich sicherlich zwei, drei Tage für den Kanal Zeit nehmen, aber Tom und ich sind ein so gutes Team, dass die Passage heute wie am Schnürchen verläuft. Schon nach 6 Stunden sind wir auf der anderen Seite angekommen. Die dortige Ortschaft Ardrishaig bietet aber irgendwie nicht so viel. Und auch hier scheint der örtliche Baumarkt keine Fassadenfarbe zu führen. Der Firth of Fyne, der große Meeresarm der sich an den Kanal anschließt und in den Firth of Clyde mündet, sieht da irgendwie doch einladender aus. Es ist gerade mal kurz nach 4 und das Wetter ist mit etwas gutem Willen fast als frühlingshaft zu bezeichnen. Trotz der inkludierten Nacht im Schleusenhafen mache ich mich weiter auf den Weg. Vielleicht schaffe ich es ja noch in die alte Whiskyhauptstadt Campbeltown…

Das Segeln an diesem Nachmittag ist eine echte Wohltat und Entschädigung für gestern. Hier ist man vor dem Atlantikschwell geschützt, die Landscahft ist fast ebenso schön und das Wetter hat sich gebessert. Von den meisten Seglern auf meiner Route wird das Gebiet östlich von Kintyre meistens ausgelassen. Schon jetzt steht für mich fest, dass das ein großer Fehler zu sein scheint.  Hier lässt es sich echt aushalten. Da es endlich mal wieder ohne Klippen, Gegenwind und Strom vorwärts geht segele ich aber wie im Rausch und lasse viele einladend aussehende Ortschaften liegen. An der fast schon mystisch anmutenden Insel Arran geht es in der Dämmerung ebenso vorbei. Es ist bereits stockdunkel, als ich in der kleinen Stadt Campbeltown am Südende von Kintyre, etwa 35 SM südlich von Ardrishaig anlege. Wieder mal freut mich die freundliche Begrüßung der Fischkutter in der Fahrrinne die sich nicht über die Anwesenheit des kleinen nervendenen Segelbootes beschweren, sondern fröhlich winken und wir einen „pleasant stay“ einen schönen Aufenthalt in ihrem Ort wünschen.

Ich bin froh hier angekommen zu sein. Zwar habe ich heute auch viele schöne Plätze links und rechts liegen lassen müssen, aber nach dem kleinen Rückschlag gestern bin ich nun fast wieder im Zeitplan. Ich könnte es noch schaffen rechtzeitig in Belfast zu sein und in der Hauptstadt Nordirlands das nächste Tief abzuwettern bevor dieses eintrifft.

Vorher erkunde ich nach einer zufriedenen und geruhsamen Nacht den Ort. Campbeltown war in früheren Zeiten eine Haupstadt der Whiskys und hatte ganze 34 Destillerien. Die Stadt galt sogar als eigenständige Herkunftsbezeichnung für Whisky. Heute gibt es immer noch drei Destillerien hier. Der Whisky von hier wird besonders traditionell hergestellt und die Führung war so herzlich wie noch nie in den letzten Wochen. Als bisher einzige Destillerie wird die Gerste hier sogar noch selbst gemalzt. Normalerweise ist dieser Schritt selbst bei den altehrwürdigen Brennereien schon lange ausgelagert… Der Hafen ist dazu mit allem nötigen ausgestattet, die Stadt hat genau die richtige Größe als Törnziel, kurzum: hier gefällt es mir ich schlendere einen ganzen Tag durch umher. Rundum zufrieden damit, dem Wetter mit den letzten beiden Tagen nicht nur ein Schnippchen geschlagen zu haben, sondern auch zwei echt sehenswerte Ecken entdeckt zu haben.