Kategorie: News & Blogs

Ein ruhiger Freitagabend im Hafen…

Geschichten die das Seglerleben so schreibt:

Ein warmer Freitagabend im Sommer am Hafen. Eigentlich wollte ich nur auf noch ein Bier mit einem Kumpel kurz an Bord gehen. Nur ist mir Nachmittags aber das erste mal seit 3 Jahren das Spinnakerfall ausgerauscht. Statt entspannt mit einer Dose kühlen Getränks stehen wir also nun kopfkratzend mit in die Hüften gestemmten Armen vor dem Mast.

Also sich fix bei Stephan gegenüber einen Bootsmannsstuhl ausgeliehen. “Komm, zu dritt gehts einfacher!” meinte er noch, und schon gehts für mich in die zweite Etage. So hab ich mir den Freitag Abend irgendwie nicht vorgestellt. Meine Höhenangst hält sich zwar in Grenzen, aber irgendwie ist diese Mastkletterei doch nicht die Lieblingsbeschäftigung eines Skippers. Die “Boah bist du schwer geworden” Rufe der Kollegen unten an der Kurbel machen das Ganze auch nicht angenehmer. Oben angekommen das Fall wieder runtergeholt und zurück in die 1. Etage – Herrenmode. Dachte ich mir so.

IMG_1867

Aber unten angekommen kratzt sich Stephan nun so verdächtig am Kopf. “Also da ist noch so eine Flaggleine bei mir unter der Saling…”. Also das Ganze noch mal von Vorne. Nur, dass der zweite Mast schon gute 15m hat. Wenigstens hat sich mit Sven noch der nächste Stegnachbar zur Hilfe angeboten. Wenigstens quengeln die Kurbelmatrosen da unten also nicht mehr so laut. Kann man oben eh nicht hören. ;-)

IMG_1871

Unten angekommen schaut Sven dann nur so verdächtig in seinen eigenen Masttopp. Was tut man nicht alles für Kameraden: Ich frage nur noch scherzhaft, was bei ihm denn so zu machen wäre. Also gleich das Ganze noch mal von vorn. Obwohl es schon 22:00 ist. Hat aber auch Vorteile, denn auf Svens 20m Kloppermast erlebe ich so noch einen zweiten Sonnenuntergang. Mittlerweile hab ich als Kletterhörnchen auch die Aufmerksamkeit des halben Hafens plus Touristen an der Promenade. Und ich bin wieder komplett im Training.

IMG_1877

Bevor jetzt noch weitere Clubkameraden mit diesem gefährlich verschämten Nackenkratzen und fragendem Blick ankommen, ziehen wir uns aber ins Cockpit zurück und genießen den Sundowner. 3 Masten in einer halben Stunde reichen fürs Erste. Ich wollte schließlich Segler und nicht Bergsteiger werden. Es bleibt die Erkenntnis, dass es einen “schnellen ruhigen Sundowner an Bord” irgendwie nicht gibt. Irgendwas an Bord ist immer. Und trotzdem machen diese kleinen Stories und die Kameradschaft das Seglerleben erst zu dem was es ist.

Heute in Griechenland (4): Warum ein Unternehmer sagt: "Everybody inGreece Pays like Hell."

Vor Wochen bin ich auf LEVJE von der Türkei über Marmaris, Rhodos nach Kreta gesegelt. Überrascht von den Ereignissen in Griechenland am Sonntag bin ich aus Deutschland gestern zurückgekehrt zu meinem Schiff LEVJE im Hafen von Agios Nikolaos, um von hier zu berichten.

                                                                             Weiterlesen bei: Heute in Griechenland, Teil 1. Hier.

Das ist Mikhalis Farsaris. Er ist Vorstand von DAEAN und damit zweierlei: Herr über fast alle Strände von Agios Nikolaos sowie der zugehörigen MARINA AGIOS NIKOLAOS mit 260 Liegeplätzen. Zwar gehören Ufer und Marina dem griechischen Staat, aber in Agios Nikolaos wurden – wie in anderen Gemeinden an der Küste auch – die Nutzungsrechte an eine private Gesellschaft übertragen, in diesem Fall DAEAN. Mikhalis Farsaris ist lange im Geschäft. Nebenbei betreibt er auch ein kleines Hotel.

MARE PIU: Wie läuft es bei Ihnen, drei Tage nach dem „Nein“?

MIKHALIS FARSARIS: Eigentlich läuft dieses Jahr für uns ganz gut. Wir haben bislang keine Einbrüche bei den Besuchern an den Stränden hier in Agios Nikolaos. Da gibts zwar immer mal die eine oder andere Verschiebung von Strand zu Strand. Mal läufts am einen besser. Mal am anderen. Aber in Summe sind wir im Umsatz auf Vorjahres-Niveau. 
In der Liegeplatz-Vermietung hier in der Marina Agios Nikolaos sieht es ähnlich aus: Etwa 40% sind Einheimische, etwa 60% auswärtige Langfahrtsegler. Wir haben etwa 160 Liegeplatz für Schiffe über 10 Meter Länge. Die Festbuchungen der Langfahrtsegler, der „Live-Aboards“, die ihren Winter hier verbringen werden, sehen fürs Winterhalbjahr gut aus. Richtig vielversprechend sind die Reservierungen fürs Winter-Halbjahr, da haben wir mehr Anmeldungen als üblich.

MARE PIU: Wie geht das denn? Glaubt man der Presse in Deutschland, dann ist Griechenland in wenigen Tagen zahlungsunfähig, die Banken schließen und nichts geht mehr?

MIKHALIS FARSARIS: Die internationale Presse hat sicher auch einen großen Anteil an der chaotischen Situation, die hier herrscht. Vergangene Woche erschien in der FINANCIAL TIMES ein Bericht, nach dem griechische Spar-Guthaben ab einer Höhe von 8.000 Euro für außerordentliche Abgaben an den Staat herangezogen werden sollen – ein Alptraum. Selbst in Zypern wurden beim Crash vor einigen Jahren nur Konten ab einer Höhe von 100.000 Euro belastet. Die mussten einfach über Nacht die Hälfte ihrer Guthaben an den Staat abgeben.

MARE PIU: Das verstehe ich nicht. Die Stimmung hier in Agios Nikolaos ist doch gut. Augenscheinlich ist doch alles wie immer?

MIKHALIS FARSARIS: Ist es ja auch. Eigentlich leben wir seit fünf Jahren mit dem Gefühl, dass der Bankrott unserer Banken und unseres Staates jederzeit möglich ist. Bereits 2010 war der griechische Staat de facto Pleite. Alle wussten das. Aber vor allem die Verantwortlichen in der EU wollten dies nicht wahrhaben und ließen nicht zu, dass der damalige Präsident Papandreu damals den aus heutiger Sicht klügeren Weg eines griechischen Staatsbankrotts einschlug. Stattdessen: viele Hilfsgelder, für die wir dankbar waren. Und die Troika.

MARE PIU: Und wieso sind die Menschen in Agios Nikolaos angesichts dessen, was bevorsteht, dann so ruhig?

MIKHALIS FARSARIS: Im Wissen um das, was kommen kann, haben die meisten Zuhause Reserven an Bargeld aufgebaut. „Pocket Money“. In Euro. Soweit es ging, wurden Spar-Guthaben aus den Banken heraus „ins Kopfkissen“ verlagert. Deshalb wird auch im Fall einer Bankenpleite alles weitergehen. Solange jemand, der ein Brot kauft, bar bezahlen, wird es nicht so übel. Schlimm wird es für die, die keine Reserven aufgebaut und keine Angehörigen haben.

MARE PIU: Schlägt denn die Begrenzung der täglichen Abhebung auf maximal 60 Euro nicht heute schon richtig durch?

MIKHALIS FARSARIS: Eigentlich nicht. Man geht halt täglich an den Bankautomaten und holt sich 60 Euro. Das macht 1.800 Euro im Monat: Das ist in Griechenland eine ganze Menge Geld… und es reicht in jedem Fall zum Leben. Richtig Probleme bekommen Menschen, die keine Bankkarte haben: Pensionäre, Menschen ohne Absicherung. Diese Personen dürfen pro Woche einmal 120  Euro am Schalter persönlich abheben. Auch das ergibt 480 Euro monatlich. Problem ist aber, dass sich jeden Tag bei den Banken etwas ändert und die Situation dort auch nicht einfach ist.

MARE PIU: Die Banken haben aber doch offiziell geschlossen?

MIKHALIS FARSARIS: Das ist richtig. Offiziell sind die Mitarbeiter der Banken im Urlaub. Aber die arbeiten weiter, denn hinter den zugezogenen Vorhängen sind Millionen von Transaktionen und Überweisungen täglich durchzuführen. Es ist viel mehr als sonst.

MARE PIU: Mehr Überweisungen kurz vor dem wirtschaftlichem Kollaps?

MIKHALIS FARSARIS: Das ist das Problem – und jedes Unternehmen, jeder Grieche und jede Griechin hat es: Keiner will wegen des über uns schwebenden Cuts viele Euros auf dem Konto haben. Also zahlt jeder seine Rechnungen sofort. „Everybody pays like hell.“ Ich habe zum Beispiel heute Vormittag meine Unternehmens-Steuern für 2014 an den griechischen Staat in Höhe von 73.367 Euro in einem Rutsch überwiesen. Normalerweise können wir das in sieben Raten machen, aber ich habe es aus den genannten Gründen vorgezogen, das gleich und sofort zu tun. Nur nichts auf dem Konto liegen lassen. Und unsere Pacht für die Strände an den griechischen Staat habe ich ebenfalls gleich überwiesen. Jeder versucht, jeden sofort zu bezahlen, und was Überweisungen angeht, so schnell wie möglich anzuweisen. Der Staat profitiert davon, in diesen Tagen macht er nur eins: Geld einsammeln.

Das alles funktioniert aber nur innerhalb Griechenlands. Überweisungen auf Auslandskonten sind nicht möglich. Und das macht es für uns Unternehmen sehr, sehr schwer, denn Griechenland ist Import-, nicht Export-Nation wie Deutschland. Wir müssen importieren. Und was wir einführen, das müssen wir auch bezahlen. Aber das derzeitige Chaos bei den Banken mit täglich wechselnden Vorschriften macht es nicht leichter.

MARE PIU: Was denken Sie als Unternehmer, was wirklich insgesamt schief ging?

MIKHALIS FARSARIS: Niemals hätten wir die Schulden so anwachsen lassen dürfen, wie das jetzt passiert ist. Ich wiederhole mich: Die beste Lösung wäre gewesen, Griechenland 2010 in die Insolvenz gehen zu lassen, als Griechenland tatsächlich insolvent war. Damals wäre nur Griechenland betroffen gewesen. Aber durch die Aufkäufe der maroden griechischen Bonds durch die EZB hängt nun auch jeder Europäer mit drin. Damals wären nur die griechischen Banken pleite gegangen, heute hängt Europa mit drin. Letztlich hat die Politik, haben EZB und IWF aus dem griechischen Drama ein europäisches gemacht. Und unsere Schulden wuchsen ins Untragbare. Das andere: Die von außen verordneten Ausgaben-Kürzungen trafen viele Griechen hart, sehr hart. Griechenland musste eine Menge vom IWF verordneter Cuts auf sich nehmen. Das hat der Wirtschaft nicht gut getan. Was wir gebraucht hätten, sind Reformen, die Geld in die Wirtschaft bringen und nicht abziehen.

MARE PIU: Aber was ging denn generell schief? Der europäische Grundgedanke „Wir geben Geld gegen die Einführung verbindlicher Standards“: warum hat die Umsetzung hier in Griechenland nicht funktioniert? Warum konnte kein funktionierendes Steuersystem aufgebaut werden? Warum bleiben die Reichen unbesteuert bis heute?

MIKHALIS FARSARIS: So traurig das klingt: Letztlich war jeder Regierung der politische Preis dafür zu hoch – den wollte keine griechische Regierung bezahlen. Wir sind damit tatsächlich gescheitert, unser Land grundlegend zu reformieren. Das andere: Irgendwann erschöpften sich Troika und IWF im Einfordern von Maßnahmen statt echter Reformen. Die Angst in den Geberländern begann, zu überwiegen.

MARE PIU: Können Sie ein Beispiel geben?

MIKHALIS FARSARIS: Zuletzt verlangte der IWF die Besteuerung der Tourismus-Unternehmen hier auf Kreta mit einem Schlag von 6,5% auf 23% zu erhöhen. Dies ist keine Reform, dies ist eine harte Maßnahme, die die wirtschaftliche Initiative auf der Insel im Zweifel eher abwürgt statt forciert. Das kann nicht gut gehen. Maßnahmen wie diese machten die Menschen richtig wütend.

MARE PIU: Und was lief am vergangenen Sonntag beim Referendum verkehrt? Wie kam es dazu, dass hier in Agios Nikolaos und in Heraklion tatsächlich mehr Menschen als im nationalen Durchschnitt mit „Nein“ stimmten?

MIKHALIS FARSARIS: Auch dies ist vielschichtig. Da war einerseits die berechtigte Wut der Menschen hier über die Ausgabenkürzungen, deren Folgen jeder zu spüren bekam. Das Zweite: Unsere Regierung ließ uns unfairer Weise nicht über die GRIECHISCHEN Reformvorschläge abstimmen; sondern über die der Geberländer, die zudem vom Tisch waren. 
Das Dritte: Unsere Regierung erklärte uns: „Yes“: das wäre nichts anderes als „to live as Europe’s slave“. Ein „Nein“ wäre gleichbedeutend mit „Wir verhandeln in Würde. Und kommen innerhalb 48 Stunden mit Europa zu einer Einigung.“ Das haben die Leute geglaubt. 
Den letzten, fatalen Ausschlag gaben dann aber die Stimmen europäischer Politiker, die den Griechen im Falle eines „Nein“ mit einem Ausscheiden aus Euro und Europa drohten. Das löste bei den meisten genau den gegenteiligen Effekt aus: Trotz. Und Ablehnung. Eben ein griechisches „Nein“. Die letzte Woche: das war hier in Griechenland wie nach 1945, es war Bürgerkrieg. Wer „Ja“ sagte, war fast Verräter.

MARE PIU: Und was wird jetzt passieren? Wie wird es weitergehen?

MIKHALIS FARSARIS: Da habe ich zwei Optionen im Kopf. Die erste ist schlimm. Die zweite ist bestenfalls ungewiss. 
Die erste: Es gibt langfristig keine Einigung. Wir fliegen aus dem Euro. Griechenland wird Venezuela: trotz vieler Assets (Griechenland ist ja nicht arm) bleiben die Regale der Supermärkte leer. Wir bekommen einen „Commandante“ als Regierungschef.
Die zweite: Wir bekommen parallele Währungen. Es ist unklar, wie das mit den Transaktionen auf internationaler Ebene dann laufen soll. Und es weiß keiner, wohin das führen wird. Aber letztlich, ob so oder so: Wir werden überleben, ob mit, ob ohne Euro. Es wird weitergehen.

                           Wer mehr über die MARINA AGIOS NIKOLAOS auf Kreta erfahren möchte, wo ich                        mit LEVJE derzeit liege: Hier klicken.
       
                           Jeden Post aus der Serie HEUTE IN GRIECHENLAND lesen: Nach unten scrollen.
_________________________________________________________________________________

Vom Autor von MARE PIU: 


Ein Mann verliert seinen Job.
Aber statt zu resignieren, begibt er sich einfach auf sein kleines Segelboot.
Und reist in fünf Monaten: Von München nach Antalya.
Mehr erfahren: Hier.


_________________________________________________________________________________

Wenn Sie keinen Post von Mare Piu versäumen und jeden neuen Artikel bei Erscheinen erhalten wollen: 

                             1. Einfach E-Mail-Adresse oben rechts bei „News & neue Artikel… eintragen“. 
                             2. Bestätigungsmail von FEEDBURNER abwarten.

                             3. Den Link im FEEDBURNER-Mail einfach anklicken. Fertig.

Ich freue mich, wenn Sie unten auf „Tolle Geschichte…“ klicken. Dann weiß ich, ob Ihnen diese Geschichte gefallen hat.

Heute in Griechenland (4): Warum ein Unternehmer sagt: "Everybody inGreece Pays like Hell."

Vor Wochen bin ich auf LEVJE von der Türkei über Marmaris, Rhodos nach Kreta gesegelt. Überrascht von den Ereignissen in Griechenland am Sonntag bin ich aus Deutschland gestern zurückgekehrt zu meinem Schiff LEVJE im Hafen von Agios Nikolaos, um von hier zu berichten.

 

Das ist Mikhalis Farsaris. Er ist Vorstand von DAEAN und damit zweierlei: Herr über fast alle Strände von Agios Nikolaos sowie der zugehörigen MARINA AGIOS NIKOLAOS mit 260 Liegeplätzen. Zwar gehören Ufer und Marina dem griechischen Staat, aber in Agios Nikolaos wurden – wie in anderen Gemeinden an der Küste auch – die Nutzungsrechte an eine private Gesellschaft übertragen, in diesem Fall DAEAN. Mikhalis Farsaris ist lange im Geschäft. Nebenbei betreibt er auch ein kleines Hotel.

MARE PIU: Wie läuft es bei Ihnen, drei Tage nach dem „Nein“?

MIKHALIS FARSARIS: Eigentlich läuft dieses Jahr für uns ganz gut. Wir haben bislang keine Einbrüche bei den Besuchern an den Stränden hier in Agios Nikolaos. Da gibts zwar immer mal die eine oder andere Verschiebung von Strand zu Strand. Mal läufts am einen besser. Mal am anderen. Aber in Summe sind wir im Umsatz auf Vorjahres-Niveau.
In der Liegeplatz-Vermietung hier in der Marina Agios Nikolaos sieht es ähnlich aus: Etwa 40% sind Einheimische, etwa 60% auswärtige Langfahrtsegler. Wir haben etwa 160 Liegeplatz für Schiffe über 10 Meter Länge. Die Festbuchungen der Langfahrtsegler, der „Live-Aboards“, die ihren Winter hier verbringen werden, sehen fürs Winterhalbjahr gut aus. Richtig vielversprechend sind die Reservierungen fürs Winter-Halbjahr, da haben wir mehr Anmeldungen als üblich.

MARE PIU: Wie geht das denn? Glaubt man der Presse in Deutschland, dann ist Griechenland in wenigen Tagen zahlungsunfähig, die Banken schließen und nichts geht mehr?

MIKHALIS FARSARIS: Die internationale Presse hat sicher auch einen großen Anteil an der chaotischen Situation, die hier herrscht. Vergangene Woche erschien in der FINANCIAL TIMES ein Bericht, nach dem griechische Spar-Guthaben ab einer Höhe von 8.000 Euro für außerordentliche Abgaben an den Staat herangezogen werden sollen – ein Alptraum. Selbst in Zypern wurden beim Crash vor einigen Jahren nur Konten ab einer Höhe von 100.000 Euro belastet. Die mussten einfach über Nacht die Hälfte ihrer Guthaben an den Staat abgeben.

MARE PIU: Das verstehe ich nicht. Die Stimmung hier in Agios Nikolaos ist doch gut. Augenscheinlich ist doch alles wie immer?

MIKHALIS FARSARIS: Ist es ja auch. Eigentlich leben wir seit fünf Jahren mit dem Gefühl, dass der Bankrott unserer Banken und unseres Staates jederzeit möglich ist. Bereits 2010 war der griechische Staat de facto Pleite. Alle wussten das. Aber vor allem die Verantwortlichen in der EU wollten dies nicht wahrhaben und ließen nicht zu, dass der damalige Präsident Papandreu damals den aus heutiger Sicht klügeren Weg eines griechischen Staatsbankrotts einschlug. Stattdessen: viele Hilfsgelder, für die wir dankbar waren. Und die Troika.

MARE PIU: Und wieso sind die Menschen in Agios Nikolaos angesichts dessen, was bevorsteht, dann so ruhig?

MIKHALIS FARSARIS: Im Wissen um das, was kommen kann, haben die meisten Zuhause Reserven an Bargeld aufgebaut. „Pocket Money“. In Euro. Soweit es ging, wurden Spar-Guthaben aus den Banken heraus „ins Kopfkissen“ verlagert. Deshalb wird auch im Fall einer Bankenpleite alles weitergehen. Solange jemand, der ein Brot kauft bar bezahlen, wird es nicht so übel. Schlimm wird es für die, die keine Reserven aufgebaut und keine Angehörigen haben.

 

MARE PIU: Schlägt denn die Begrenzung der täglichen Abhebung auf maximal 60 Euro nicht heute schon richtig durch?

MIKHALIS FARSARIS: Eigentlich nicht. Man geht halt täglich an den Bankautomaten und holt sich 60 Euro. Das macht 1.800 Euro im Monat: Das ist in Griechenland eine ganze Menge Geld… und es reicht in jedem Fall zum Leben. Richtig Probleme bekommen Menschen, die keine Bankkarte haben: Pensionäre, Menschen ohne Absicherung. Diese Personen dürfen pro Woche einmal 120  Euro am Schalter persönlich abheben. Auch das ergibt 480 Euro monatlich. Problem ist aber, dass sich jeden Tag bei den Banken etwas ändert und die Situation dort auch nicht einfach ist.

MARE PIU: Die Banken haben aber doch offiziell geschlossen?

MIKHALIS FARSARIS: Das ist richtig. Offiziell sind die Mitarbeiter der Banken im Urlaub. Aber die arbeiten weiter, denn hinter den zugezogenen Vorhängen sind Millionen von Transaktionen und Überweisungen täglich durchzuführen. Es ist viel mehr als sonst.

MARE PIU: Mehr Überweisungen kurz vor dem wirtschaftlichem Kollaps?

MIKHALIS FARSARIS: Das ist das Problem – und jedes Unternehmen, jeder Grieche und jede Griechin hat es: Keiner will wegen des über uns schwebenden Cuts viele Euros auf dem Konto haben. Also zahlt jeder seine Rechnungen sofort. „Everybody pays like hell.“ Ich habe zum Beispiel heute Vormittag meine Steuern für 2014 an den griechischen Staat in Höhe von 73.367 Euro in einem Rutsch überwiesen. Normalerweise können wir das in sieben Raten machen, aber ich habe es aus den genannten Gründen vorgezogen, das gleich und sofort zu tun. Nur nichts auf dem Konto liegen lassen. Und unsere Pacht für die Strände an den griechischen Staat habe ich ebenfalls gleich überwiesen. Jeder versucht, jeden sofort zu bezahlen, und was Überweisungen angeht, so schnell wie möglich anzuweisen. Der Staat profitiert davon, in diesen Tagen macht er nur eins: Geld einsammeln.

Das alles funktioniert aber nur innerhalb Griechenlands. Überweisungen auf Auslandskonten sind nicht möglich. Und das macht es für uns Unternehmen sehr, sehr schwer, denn Griechenland ist Import-, nicht Export-Nation wie Deutschland. Wir müssen importieren. Und was wir einführen, das müssen wir auch bezahlen. Aber das derzeitige Chaos bei den Banken mit täglich wechselnden Vorschriften macht es nicht leichter.

MARE PIU: Was denken Sie als Unternehmer, was wirklich insgesamt schief ging?

MIKHALIS FARSARIS: Niemals hätten wir die Schulden so anwachsen lassen dürfen, wie das jetzt passiert ist. Ich wiederhole mich: Die beste Lösung wäre gewesen, Griechenland 2010 in die Insolvenz gehen zu lassen, als Griechenland tatsächlich insolvent war. Damals wäre nur Griechenland betroffen gewesen. Aber durch die Aufkäufe der maroden griechischen Bonds durch die EZB hängt nun auch jeder Europäer mit drin. Damals wären nur die griechischen Banken pleite gegangen, heute hängt Europa mit drin. Letztlich hat die Politik, haben EZB und IWF aus dem griechischen Drama ein europäisches gemacht. Und unsere Schulden wuchsen ins Untragbare. Das andere: Die von außen verordneten Ausgaben-Kürzungen trafen viele Griechen hart, sehr hart. Griechenland musste eine Menge vom IWF verordneter Cuts auf sich nehmen. Das hat der Wirtschaft nicht gut getan. Was wir gebraucht hätten, sind Reformen, die Geld in die Wirtschaft bringen und nicht abziehen.

MARE PIU: Aber was ging denn generell schief? Der europäische Grundgedanke „Wir geben Geld gegen die Einführung verbindlicher Standards“: warum hat die Umsetzung hier in Griechenland nicht funktioniert? Warum konnte kein funktionierendes Steuersystem aufgebaut werden? Warum bleiben die Reichen unbesteuert bis heute?

MIKHALIS FARSARIS: So traurig das klingt: Letztlich war jeder Regierung der politische Preis dafür zu hoch – den wollte keine griechische Regierung bezahlen. Wir sind damit tatsächlich gescheitert, unser Land grundlegend zu reformieren. Das andere: Irgendwann erschöpften sich Troika und IWF im Einfordern von Maßnahmen statt echter Reformen. Die Angst in den Geberländern begann, zu überwiegen.

MARE PIU: Können Sie ein Beispiel geben?

MIKHALIS FARSARIS: Zuletzt verlangte der IWF die Besteuerung der Tourismus-Unternehmen hier auf Kreta mit einem Schlag von 6,5% auf 23% zu erhöhen. Dies ist keine Reform, dies ist eine harte Maßnahme, die die wirtschaftliche Initiative auf der Insel im Zweifel eher abwürgt statt forciert. Das kann nicht gut gehen. Maßnahmen wie diese machten die Menschen richtig wütend.

MARE PIU: Und was ging am vergangenen Sonntag beim Referendum schief? Wie kam es dazu, dass hier in Agios Nikolaos und in Heraklion tatsächlich mehr Menschen als im nationalen Durchschnitt mit „Nein“ stimmten?

MIKHALIS FARSARIS: Auch dies ist vielschichtig. Da war einerseits die berechtigte Wut der Menschen hier über die Ausgabenkürzungen, deren Folgen jeder zu spüren bekam. Das Zweite: Unsere Regierung ließ uns unfairer Weise nicht über die GRIECHISCHEN Reformvorschläge abstimmen; sondern über die der Geberländer, die zudem vom Tisch waren.
Das Dritte: Unsere Regierung erklärte uns: „Yes“: das wäre nichts anderes als „to kiss Europe’s arse“. Ein „Nein“ wäre gleichbedeutend mit „Wir verhandeln in Würde. Und kommen innerhalb 48 Stunden mit Europa zu einer Einigung.“ Das haben die Leute geglaubt.
Den letzten, fatalen Ausschlag gaben dann aber die Stimmen europäischer Politiker, die den Griechen im Falle eines „Nein“ mit einem Ausscheiden aus Euro und Europa drohten. Das löste bei den meisten genau den gegenteiligen Effekt aus: Trotz. Und Ablehnung. Eben ein griechisches „Nein“. Die letzte Woche: das war hier in Griechenland wie nach 1945, es war Bürgerkrieg. Wer „Ja“ sagte, war fast Verräter.

MARE PIU: Und was wird jetzt passieren? Wie wird es weitergehen?

MIKHALIS FARSARIS: Da habe ich zwei Optionen im Kopf. Die erste ist schlimm. Die zweite ist bestenfalls ungewiss.
Die erste: Es gibt langfristig keine Einigung. Wir fliegen aus dem Euro. Griechenland wird Venezuela: trotz vieler Assets (Griechenland ist ja nicht arm) bleiben die Regale der Supermärkte leer. Wir bekommen einen „Commandante“ als Regierungschef.
Die zweite: Wir bekommen parallele Währungen. Es ist unklar, wie das mit den Transaktionen auf internationaler Ebene dann laufen soll. Und es weiß keiner, wohin das führen wird. Aber letztlich, ob so oder so: Wir werden überleben, ob mit, ob ohne Euro. Es wird weitergehen.

Invasion der Kapuzenmännchen – Was braucht man wirklich an Bord?


Jedes Mal, wenn neben mir ein Schiff voll eingepackter Menschen mit Leuchtkapuzen anlegen will, ist höchste Alarmstufe angesagt. Es folgen meist Geschrei, Planlosigkeit und akute Gefahr für die Nachbarlieger. Bei einem Schiff mit einem Skipper im Pulli oder anderer „ziviler“ Kleidung besteht diese Sorge eher nie. Das Können der Crew scheint somit umgekehrt proportional zur Klassifikation der Kleidung zu stehen. Schwerwetter Offshore wird offenbar noch vor dem SBF angeschafft, ab einigen 1000 Seemeilen Erfahrung hat man dann wohl keine Lust mehr sich so dick zu verpacken und sucht nach etwas Gemütlicherem. Ohnehin war es mir stets ein Rätsel, warum in den Katalogen der meisten Ausrüster immer die Kleidung den Anfang macht. Und ganz hinten finden sich dann erst Farben, Lacke und Epoxy. Bei meinem alten Boot lese ich daher immer von hinten nach vorne und das Budget reicht dann grad mal für ein paar der hinteren Seiten und nie für die Vorderen. Was braucht man aber wirklich auf der Ostsee? Ich habe einfach mal die Sachen rausgesucht, die ich auch wirklich getragen habe und die irgendwie unter den Begriff Funktionskleidung fallen.


 
T-Shirts, Unterwäsche etc. lasse ich in der Auflistung weg. Gerade Anfängern möchte ich hiermit eine Übersicht über die wirklich wichtigen und praxiserprobten Kleidungstücke geben. Die alten Hasen haben eh schon ihre eigene Sammlung an Segelklamotten.

Kopfbedeckung: Ich hasse Kapuzen und deren beengendes Gefühl und Sichtfeld. Lieber habe ich eine nasse Mütze auf dem Kopf. Und so gibt es bei mir eine dicke Mütze und eine dünne Mütze (gut bei Wind, aber moderaten Temperaturen). Unter einer Baseballcap wird mir stets zu warm und sie neigt zum Wegfliegen. Bei Hitze und Sonne hat sich für mich übrigens ein Tuch bewährt (Bandana),  welches ich auf den Kopf knote und ständig mit Wasser tränke, um den Kopf zu kühlen.

Sonnenbrille: Ich benutze nur noch polarisierte, auch wenn sie dann teurer sind. Die Sonnenreflexionen auf dem Wasser gehen enorm auf die Augen, und ich möchte einfach nicht mehr ohne eine gute Sonnenbrille sein. Abends spürt man den Unterschied. Und möglichst rundum abschließen soll sie,  um Luftzug von den Augen abzuhalten. 

Schal: Als Glücksbringer und gegen einen steifen Nacken immer am Mann. 

Feste wasserdichte Jacke: Meine gab es sehr billig (€20.-) im Baumarkt. Sie ist warm, wasser- und winddicht und hat viele Taschen.  Irgendwann habe ich sie lieber angezogen als eine bei ebay erworbene spezielle Segeljacke (mit Kapuze).

Kapuzenpulli mit Futter: Allrounder auf See. Hält warm und den Wind ab. Mit der Kombination aus Pulli und erwähnter Jacke ist mir immer warm gewesen. Aber oft auch schnell zu warm.

Leichte wind- und regendichte Jacke: Mir fehlte bisher an Bord immer noch eine leichte, gemütliche Jacke. Die mal eben schnell übers T-Shirt gezogen, oder bei leichtem Regen über den Kapuzenpulli, warm und trocken hält. Ich warte dann gewöhnlich immer zulange und am Ende sind dann alle Klamotten nass. Umso mehr habe ich mich gefreut so eine Jacke  zum Testen von xyz zur Verfügung gestellt zu bekommen. Doch davon gleich mehr.

Handschuhe: Ein Paar mit Fingern gegen die Kälte, und eines ohne Finger zum Arbeiten. Beide sind ein Muss an Bord.

Segelhose: Mein Lieblingskleidungsstück. Die dicke Hose mit Trägern. Bei Wärme auch gerne nur mit T-Shirt. Wenn ich sie nicht anhabe, fühle ich mich wie ein Ritter ohne Rüstung. Verwundbar und unseemännisch. Sie ist warm, schützt die Nieren, ist an den Knien extra geschützt, wasserdicht und kann mit angezogenen Schuhen ausgezogen werden. Einziges Manko, keine Taschen für die Hände. Unter der Hose trage ich dann je nach Temperatur entweder nur Unterhose, lange Unterhose oder Jogginghose.

Schuhe: Schwierig!! Auch hier suche ich noch nach einer Kombination aus wasserdicht und leicht. Zurzeit habe ich entweder Turnschuhe oder Gummistiefel an, doch nichts für mittendrin.

Ende der Liste, das war‘s! Mehr brauchte ich von Mai bis Oktober auf der Ostsee  nicht. 

Und jetzt komme ich also nun wie versprochen zum Test der folgenden Jacke von Marinepool:


 
http://www.12seemeilen.de/marinepool-seaford-softshell-jacke-herren-schwarz.html
Ich erhielt sie zum Testen vom Ausrüster
http://www.12seemeilen.de/
wobei es der Firma sehr wichtig war einen möglichst objektiven Test zu erhalten, der sowohl positive als auch negative Punkte berücksichtigt. Das gefällt mir gut und so fange ich einmal mit meiner Anforderungsliste an diese leichte Jacke an.

Gemütlich, leicht und optisch ansprechend…sonst ziehe ich sie eh nicht an 
Winddicht, aber atmungsaktiv 
Abschließende Bündchen an den Ärmeln gegen den Wind
Anschmiegsamer Kragen
Wasserdicht bei leichtem (auch länger anhaltendem) Regen
Außentaschen für die Hände und eine Innentasche
Einsetzbar an warmen wie an kalten Tagen, also einen größeren Temperaturbereich abdeckend ohne Schwitzen oder Frieren

Jetzt wollen wir doch einmal sehen inwieweit die zu testende Jacke nun meinen Wünschen gerecht wird, und ob sie sogar eventuell einen Platz an Bord findet.

 Gut sieht sie aus. Farbwahl und Schnitt passen sehr gut. Die gesamte Verarbeitung wirkt extrem hochwertig; von den Nähten bis hin zu den Reißverschlüssen mit Zippverlängerungen. Dazu kommen viele Details wie der robuste Aufhänger, das Logo und der Marinepoolschriftzug. Mit der Jacke kann man sich in jedem Hafen sehen lassen, aber sie ist auch gut privat zu tragen, da sie nicht zu segelspezifisch aussieht. Innen ist sie mit einem sehr weichen Material gefüttert. Meine Anforderungen zu Punkt 1 sind damit zu 100% erfüllt. Das weckt mein Interesse auf mehr.

 Also raus in den Wind. Ich trage nur ein T-Shirt unter der Jacke und draußen weht es recht kräftig. Schnell noch die mit Klettband verstellbaren  Bündchen verschlossen, schon bin ich winddicht eingepackt. Von unten dringt noch etwas Luft  ein, aber auch hier (und oben am sehr angenehmen und individuell einstellbaren Kragen) finde ich die Möglichkeit mich mit praktischen Gummis  schnell komplett zu isolieren. Die interessanten Reißverschlüsse mit Gummierung lassen ebenfalls keinen Zug hindurch. Sehr gut! Auch beim weiteren Schreiben dieses Beitrages unter Deck komme ich, nach wie vor komplett isoliert, nicht ins Schwitzen. Punkte 2,3 und 4 sind damit ebenfalls sehr gut erfüllt. 


 
Für den weiteren Test habe ich jetzt erst einmal die passenden Bedingungen abgewartet. Diese bestanden im Laufe einer typischen norddeutschen Sommerwoche aus Regen, viel Wind, Sonne und Abkühlung bei einem Nachttörn. Einfaches Fazit: alle Bedingungen wurden perfekt gemeistert. Das Wasser perlt nur so von der Jacke ab; durch die gummierten Reißverschlüsse dringt auch bei längerem Regen nichts ein. Bei Kombination von Wind und Sonne bleibt man geschützt ohne ins Schwitzen zu kommen und auch nach dem Anlegemanöver schwitzt man nicht übermäßig. Und wenn dann ist es nicht Jacke geschuldet JSie hält auch nachts ausreichend warm, allerdings muss man dann je nach Bedarf noch etwas über dem T-Shirt anziehen. Ich habe es ja lieber etwas kühler, daher bin ich rundum zufrieden. Dazu habe ich zwei Außentaschen für meine Hände, ein für mich übrigens sehr wichtiger Punkt. 


 
Kurzum, selten habe ich mich in so kurzer Zeit an ein Kleidungsstück gewöhnt (mal abgesehen von meiner Segelhose) und die Jacke hat sofort ihren Platz an Bord gefunden. So fehlt mir dann in der Tat nur die geschützte Innentasche für Portemonnaie und/oder Handy. Andererseits bieten die Außentaschen dafür aber auch genug Platz. Die Jacke kommt mit einer Kapuze und diese ist sogar für mich OK, da sie mit insgesamt 3 Gummis extrem vielseitig verstellbar ist. Wer weiß, vielleicht gewöhne ich mich ja doch noch daran, diese meiner Mütze vorzuziehen?

So, nun bleibt als einzig echter Kritikpunkt für mich der doch recht hohe Preis von €199.-. Andererseits merkt man der Jacke den Preis auch in sämtlichen Details an. Optik, Material, Verarbeitung sind wirklich hochwertig und man kann sich auch mal in exklusiverer Umgebung sehen lassen. Und es fühlt sich auch gut an, mal etwas Hochwertiges zu tragen. Meiner Frau gefällt es sowieso. Der Punkt leichte Jacke ist somit endgültig von meiner Wunschliste abgehakt, jetzt bleibt nur noch die lästige Schuhfrage zu lösen…für alle Hinweise bin ich dankbar!

Heute in Griechenland (3): Warum Despina kein Geld von mir annimmt.

„Medikamente, Lebensmittel, Gas und Öl – vielen Griechen fehlt es schon jetzt am Nötigsten. Über eine humanitäre Katastrophe will kaum ein Spitzenpolitiker reden, doch intern und bei Hilfsorganisationen werden schon Szenarien durchgespielt“, schreibt SPIEGEL ONLINE heute abend auf seiner Titelseite. Zeilen wie diese legen den Schluß nahe, dass ein Land am Abgrund steht. Ich bin hier, um nachzusehen.

Heraklion, mit fast 175.000 Einwohnern immerhin viertgrößte Stadt Griechenlands: Lange Schlangen finde ich – aber nicht vor Banken und Geldautomaten, an denen ich vorbeischlendere. Sondern vor der Kasse des archäologischen Freigeländes von Knossos, wo Mittags alle Parkplätze belegt sind. Die Schlange ist mehr als 50 Meter lang. Ich höre: Ungarisch, Italienisch, Griechisch, Französisch, Englisch, Portugiesisch, Tschechisch, Russisch. In der Warteschlange vor Minotaurus‘ Palast scheint Europa wunderbar zu funktionieren.

Nachmittags im CARREFOUR-Supermarkt: Es ist nicht viel los – ist ja auch Nachmittag. Fehlen – siehe oben – tut in den Regalen eigentlich nichts. Niemand verdächtigt mich der Hamsterei, als ich – ganz Segler beim Aufbruch – einen Berg Mineralwasser zur Kasse schiebe, getoppt von einem Hügel Tomatenkonserven und Sardinendosen. Nein, in Hamsterstimmung aus Furcht vor dem Zusammenbruch ist hier auf Kreta auch kaum jemand. Ein griechisches Pärchen am prall gefüllten Käseregal, das sich irgendwie fürs Abendessen nicht entscheiden kann. 

Keine Krise? Alles nur Medien-Fake? Es fällt mir jedenfalls schwer, hier auf Kreta Krisenstimmung zu entdecken. Die zwei Wirte, mit denen ich sprach, sind zufrieden mit dem Geschäft in diesem Sommer bisher. Der Autoverleiher von SIXT auch. Der grinst, als ich ihn auf die westlichen Medien anspreche. Ja, das würde er auch lesen. Und sich wundern. 
Kann es sein, dass ein Land, das nur Tage vor dem großen Kollaps steht, so entspannt ist? Griechen, die in Kaffees ihren Frappé schlürfen? Ältere Dämchen, die gemächlichen Schrittes ihr Hündchen Gassi führen? Es passt alles nicht ins Bild des Landes, dessen Banken nur noch einen Hauch von der Insolvenz entfernt sind.


Fast schon denke ich, im falschen Land zu sein, so wie der Mann, der nach Brasilien wollte und dafür extra Spanisch paukte, nur um festzustellen: dass man das überall in Südamerika, nur in Brasilien nicht gebrauchen kann. Irrtum, denke ich also. Bis ich ins Museum von Heraklion gehe. 
An der Kasse des Museums will ich meinen Rucksack abgeben, aber man weist mich ein paar Schritte weiter, um das Museum herum, am Caffee vorbei. Und dort sitzt: Despina, Mitte 40, im Freien vor einem Blechregal mit zwei Koffern. Freundlich nimmt sie meinen Rucksack, ich frage, ob der bei ihr auch sicher sei, schließlich sei mein Computer drin, „ohne“ sei ich wertlos. Despina, offensichtlich halbseitig gelähmt, lächelt und sagt in gebrochenem Englisch, ich solle mir keine Sorgen machen, der Rucksack sei sicher bei ihr. Mühevoll malt sie eine „Sechs“ auf einen kleinen gelben Zettel, den solle ich nur ja wieder mitbringen. Und weil mir Despina das sagt, drum gebe ich den gelben Zettel mit der Sechs die Stunden, die ich im Museum verbringe, nicht mehr aus der Hand. 
Als ich zu Despina zurückkehre, sitzt sie immer noch im Freien vor dem Blechregal, in dem einsam mein schwarzer Rucksack liegt. Artig zeige ich meine „Sechs“, Despina händigt mir meinen Rucksack aus, ohne etwas dafür zu verlangen. Also greife ich in meine Tasche, will ihre Mühe vergelten. Aber Despina lehnt energisch ab. Nein nein, das ginge nicht. Nein, wirklich nicht.
Fast schon will ich gehen, da greife ich zu einer kleinen List, damit sie, die es sicher brauchen kann, doch noch etwas von mir annimmt: Ich gehe zurück und bitte sie, doch das Wenige anzunehmen und einem Menschen zu geben, den sie kenne und der gerade in Not sei. Wieder schüttelt Despina ihr Haupt: Das ginge nicht. Das dürfe sie nicht. Und lehnt entschlossen ab.

Belassen wir es bei dieser Geschichte von der aufrechten Despina. 

PS:
Ins Museum ging ich eigentlich nur wegen des Stier-Reliefs auf dem Foto oben. Es erschien vergangenes Wochenende in der SÜDDEUTSCHEN mit dem Hinweis, der Tourismus auf Kreta sei stark zurückgegangen seit Ausbruch der Krise. 
Das Stier-Relief fand ich im Museum. Als ich hinkam, war es umlagert von etwa 30 Chinesen. Die nächste Reisegruppe dahinter wartete bereits…

Wer keinen Post von Mare Piu versäumen und  jeden neuen Artikel gleich bei       

                             Erscheinen erhalten will: 

                             1. Einfach E-Mail-Adresse oben rechts bei „News & neue Artikel… eintragen“. 
                             2. Bestätigungsmail von FEEDBURNER abwarten.

                             3. Den Link im FEEDBURNER-Mail einfach anklicken. Fertig.

Ich freue mich, wenn Sie unten auf „Tolle Geschichte..“ klicken. Dann weiß ich, ob Ihnen diese Geschichte gefallen hat.

Der Motor läuft!

Wir bekommen gerade die ersten Emails, was denn nun eigentlich mit dem Motor ist und ob er wieder läuft. In der Tat habe ich gestern vergessen, den Link zum Blogeintrag bei YACHT-online anzuhängen. Darin berichte ich über die Reparatur. Es…

Heute in Griechenland (2): Ankommen. Und Aufwachen.

Vor Wochen bin ich auf LEVJE von der Türkei über Marmaris, Rhodos nach Kreta gesegelt. Überrascht von den Ereignissen in Griechenland am Sonntag bin ich aus Deutschland gestern zurückgekehrt zu meinem Schiff LEVJE im Hafen von Agios Nikolaos, um von hier zu berichten.

                                                                             Weiterlesen bei: Heute in Griechenland, Teil 1. Hier.

Auf den ersten Blick ist alles wie immer. Anders als erwartet ist die Maschine von München nach Heraklion fast ausgebucht, im Flugzeug Lachen und Ausgelassenheit. Für die Menschen im Flieger: Endlich Ferien.

Auch in Heraklion ist bei der Ankunft alles wie immer. Der Flughafen am Meer: er brummt und summt in der Dunkelheit. Alle eineinhalb Minuten ein Triebswerkdonnern und Aufheulen von Start und Landung,  während draußen hundert Meter entfernt ein Frachter träge vorbeizieht, ein Ferienflieger löst den anderen ab, ein hektisches Kommen und Gehen zwischen Duty Free, rumpelnden Gepäckbändern, bepackten Menschen. Alles wie immer. Auch beim Autoverleiher. Von Heraklion nach Agios Nikolaos sind es eineinhalb Stunden, es ist fast halb zehn abends, als ich hier bin, also führt kein Weg um einen Mietwagen herum. Sie sind freundlich dort, und weil ich Leonidas, den Autoverleiher in Agios Nikolaos kenne, der alles für mich schon hier hinterlegt hat, läuft alles glatt. Zwei Männer nebenan, die sich mit kumpelhaften „Oixi“ begrüßen. Supermärkte hell erleuchtet.

Von Heraklion rolle ich die Landstraße entlang. Vor meiner letzten Fahrt warnte mich Leonidas, der Autoverleiher: die Strecke sei mit Kameras gespickt, also brav mit 90 durch die Landschaft, und tatsächlich: alle paar Kilometer warnt mich ein Schild, dass jetzt gleich geblitzt wird. Also rumpelt mein klitzekleiner Kleinwagen friedlich durch die Nacht, je weiter ich durchs Dunkel von Heraklion nach Osten rolle, umso einsamer wird es, bis ich nur noch allein auf der gut ausgebauten Bundesstraße bin. Gelegentlich in den Bergen ein keuchender Lastwagen.



Es ist spät, als ich in Agios Nikolaos ankomme. Noch einen griechischen Salat essen im TO PAREAKI, in TRIPADVISOR’s Agios Nikolaos-Tipps im Ranking weit oben. Aber fast leer. Es ist schon spät, ein paar englische Urlauber ziehen vorbei, das TO PAREAKI liegt an der Hafenpromenade auf dem Weg zu großen Hotels, trotzdem ist für eine Juli Nacht wenig los. Ein englisches Pärchen, Teenager, „erstes Mal Reisen“. Zwei ältere Engländer. Eine deutsche Familie. Alles. Nur in einer danebenliegenden Bar im Musikgedröhn fröhliches Lärmen von Hotelgästen. 
Die Marina liegt verlassen und still. Kinder auf Skateboards. Ein paar Jugendliche die auf einem Holzsteg diskutieren.

Am Morgen wache ich auf von den Fallböen, die von den Bergen im Nordwesten herunterdreschen.  Alles wie immer. LEVJE neigt sich leicht zur Seite, ein Schwingen, ein Brummen von den Stagen, ein Heulen der Wanten von den Nachbarliegern. 
Ich werde mich jetzt aufmachen. Und während die EU-Spitzen heute ausschließlich über Griechenland reden und die Krise und darüber, wie ein Ausweg gefunden werden kann, werde ich heute herumstreifen. Und versuchen, mit den Menschen zu sprechen.

Heute Abend mehr.

Wer keinen Post von Mare Piu versäumen und  jeden neuen Artikel gleich bei       

                             Erscheinen erhalten will: 

                             1. Einfach E-Mail-Adresse oben rechts bei „News & neue Artikel… eintragen“. 
                             2. Bestätigungsmail von FEEDBURNER abwarten.

                             3. Den Link im FEEDBURNER-Mail einfach anklicken. Fertig.

Ich freue mich, wenn Sie unten auf „Tolle Geschichte..“ klicken. Dann weiß ich, ob Ihnen diese Geschichte gefallen hat.

Heute in Griechenland (2): Ankommen. Und Aufwachen.

Vor Wochen bin ich auf LEVJE von der Türkei über Marmaris, Rhodos nach Kreta gesegelt. Überrascht von den Ereignissen in Griechenland am Sonntag bin ich aus Deutschland gestern zurückgekehrt zu meinem Schiff LEVJE im Hafen von Agios Nikolaos, um von hier zu berichten.

                                                                             Weiterlesen bei: Heute in Griechenland, Teil 1. Hier.

Auf den ersten Blick ist alles wie immer. Anders als erwartet ist die Maschine von München nach Heraklion fast ausgebucht, im Flugzeug Lachen und Ausgelassenheit. Für die Menschen im Flieger: Endlich Ferien.

Auch in Heraklion ist bei der Ankunft alles wie immer. Der Flughafen am Meer: er brummt und summt in der Dunkelheit. Alle eineinhalb Minuten ein Triebswerkdonnern und Aufheulen von Start und Landung,  während draußen hundert Meter entfernt ein Frachter träge vorbeizieht, ein Ferienflieger löst den anderen ab, ein hektisches Kommen und Gehen zwischen Duty Free, rumpelnden Gepäckbändern, bepackten Menschen. Alles wie immer. Auch beim Autoverleiher. Von Heraklion nach Agios Nikolaos sind es eineinhalb Stunden, es ist fast halb zehn abends, als ich hier bin, also führt kein Weg um einen Mietwagen herum. Sie sind freundlich dort, und weil ich Leonidas, den Autoverleiher in Agios Nikolaos kenne, der alles für mich schon hier hinterlegt hat, läuft alles glatt. Zwei Männer nebenan, die sich mit kumpelhaften „Oixi“ begrüßen. Supermärkte hell erleuchtet.

Von Heraklion rolle ich die Landstraße entlang. Vor meiner letzten Fahrt warnte mich Leonidas, der Autoverleiher: die Strecke sei mit Kameras gespickt, also brav mit 90 durch die Landschaft, und tatsächlich: alle paar Kilometer warnt mich ein Schild, dass jetzt gleich geblitzt wird. Also rumpelt mein klitzekleiner Kleinwagen friedlich durch die Nacht, je weiter ich durchs Dunkel von Heraklion nach Osten rolle, umso einsamer wird es, bis ich nur noch allein auf der gut ausgebauten Bundesstraße bin. Gelegentlich in den Bergen ein keuchender Lastwagen.



Es ist spät, als ich in Agios Nikolaos ankomme. Noch einen griechischen Salat essen im TO PAREAKI, in TRIPADVISOR’s Agios Nikolaos-Tipps im Ranking weit oben. Aber fast leer. Es ist schon spät, ein paar englische Urlauber ziehen vorbei, das TO PAREAKI liegt an der Hafenpromenade auf dem Weg zu großen Hotels, trotzdem ist für eine Juli Nacht wenig los. Ein englisches Pärchen, Teenager, „erstes Mal Reisen“. Zwei ältere Engländer. Eine deutsche Familie. Alles. Nur in einer danebenliegenden Bar im Musikgedröhn fröhliches Lärmen von Hotelgästen. 
Die Marina liegt verlassen und still. Kinder auf Skateboards. Ein paar Jugendliche die auf einem Holzsteg diskutieren.

Am Morgen wache ich auf von den Fallböen, die von den Bergen im Nordwesten herunterdreschen.  Alles wie immer. LEVJE neigt sich leicht zur Seite, ein Schwingen, ein Brummen von den Stagen, ein Heulen der Wanten von den Nachbarliegern. 
Ich werde mich jetzt aufmachen. Und während die EU-Spitzen heute ausschließlich über Griechenland reden und die Krise und darüber, wie ein Ausweg gefunden werden kann, werde ich heute herumstreifen. Und versuchen, mit den Menschen zu sprechen.

Heute Abend mehr.

Wer keinen Post von Mare Piu versäumen und  jeden neuen Artikel gleich bei       

                             Erscheinen erhalten will: 

                             1. Einfach E-Mail-Adresse oben rechts bei „News & neue Artikel… eintragen“. 
                             2. Bestätigungsmail von FEEDBURNER abwarten.

                             3. Den Link im FEEDBURNER-Mail einfach anklicken. Fertig.

Ich freue mich, wenn Sie unten auf „Tolle Geschichte..“ klicken. Dann weiß ich, ob Ihnen diese Geschichte gefallen hat.

Amerika total!

Die USA waren ein erklärtes Ziel unserer Reise. Johannes hat einen großen Teil seiner ersten Reise hier verbracht, Freunde gefunden und die Ostküste lieben gelernt. Die Original-“Maverick” wurde in Amerika verkauft. Johnnes könnte sich sogar vorstellen hier zu leben! Das…

Heute in Griechenland, Teil 1: Was Aristoteles Onassis sagen würde.

 

Unterdessen hatte ich Kreta erreicht. Die grüne Ostseite, der Palmenstrand bei Vai waren die ersten Dinge, die ich von der grünen Insel sah.

 

Seit etwa 10 Tagen liegt LEVJE in Agios Nikolaos, einem Ferienort an der Nordseite der Insel. Durch die Straßen der Stadt flanierten Menschen, die Agios Nikolaos aufgesucht haben, um hier Urlaub zu machen. Ältere, Jüngere, Eltern mit Kindern, die meisten von Ihnen mit einem bunten Plastik-Armbändchen ums Handgelenk, das sie ausweist als Bewohner eines der „All-inclusive“-Hotels, die es in und um Agios Nikolaos zuhauf gibt. Vor zehn Tagen: da war die Welt noch in Ordnung, augenscheinlich. Die Restaurants um den kleinen Kratersee, der mitten im Ort wie ein tiefblaues Auge liegt, waren gut besucht, wenn auch vielleicht etwas weniger als in den Jahren zuvor. Am Strand neben der Marina wurde ein Beach-Volley-Ball-Turnier ausgetragen bei Lounge-Musik, Laissez-fair 2015.
 


 
Gestern hat – wie überall in Griechenland  – auch in Agios Nikolaos eine merkwürdige Abstimmung stattgefunden: Dem Wortlaut nach darüber, ob die Bevölkerung ein Angebot aus dem Ausland annehmen sollte, das gar nicht mehr auf dem Tisch war: Weiteres Geld gegen Reformen: Ja oder Nein. Nai oder Oichi.
 
Eigentlich ging es um viel mehr und doch zugleich um nichts: Das viel mehr, um das es ging, ist: Wollen 10 Millionen Griechen weiter einen sehr schmerzhaften Weg innerhalb einer wirtschaftlichen Gemeinschaft gehen, mit all den Verpflichtungen und, ja: „Verbindlichkeiten“, die zum Leben in einer Gemeinschaft gehören? 
Oder wollen 10 Millionen Griechen lieber einen mindestens ebenso schmerzhaften, aber etwas eigenständigen Weg gehen?
Fühlen sich 10 Millionen Griechen von einer Regierung, die diese „Hopp oder Topp“-Situation herbeigeführt hat, gut vertreten?
Fühlen sich 10 Millionen Griechen von einem Europa, dessen Grundlage im Vertrag von Maastricht dieses „Wir geben Geld gegen Reformen und die Einführung internationaler Standards“ formuliert, gut begleitet? 
 
MARE PIU hat sich bisher unpolitisch und überparteilich verstanden. Was aber in den nächsten Tagen in Griechenland geschieht, kann einen Wendepunkt in Europa darstellen, eine Grenze, an der ein Zeitabschnitt, den man historisch „Epoche“ nennt, sichtbar für alle ein Ende nimmt. Ein Zeitpunkt, an dem alle Beteiligten ein “ So geht es jedenfalls nicht weiter“ einsehen. Die Bevölkerung Griechenlands, dass sie etwas etwas anderes möchte als international anerkannte, aber erdrückende Standards. Die Bevölkerung Europas, dass es mit der großen, anerkannten Idee von Europa so nicht weitergeht, wenn sie sich nur darin erschöpft, Geld in Kreisläufe zu pumpen, in denen es einfach – versickert. 
 
Kein Geld zur Verfügung zu haben, ist schlimm. Viel Geld zur Verfügung zu haben, kann noch weit schlimmer sein. Wer die letzten Jahre mit offenen Augen durch die griechische Inselwelt segelte, Häfen ansteuerte auf dem Peloponnes, auf Rhodos oder auch auf kleinen Inseln, der konnte oft kopfschüttelnd sehen, dass „unbegrenzt Geld haben“ überhaupt kein Allheilmittel ist, um eine Wirtschaft, ein Land in Gang zu bringen. Bauruinen überall. Rohbauten zuhauf. Marina-Großprojekte, die brandneu fertiggestellt einfach verrotten. „Wer glaubt, man könne mit Geld alles erreichen, der hat nie welches besessen“, diktierte Aristoteles Onassis, Grieche von Geld, vor nicht einmal 40 Jahren in die Feder eines griechischen Journalisten.
 
Was bedeutet die Situation in Griechenland und für die Griechen? Was bedeutet es, wenn man täglich nur 60 Euro aus dem Geldautomaten ziehen kann? Wie sieht es aus in Griechenland?
 
In einem meiner früheren Posts schrieb ich über die Angst und das alte Rezept meines Freundes David, als wir zu zweit die einsamen Bergkämme der Toskana entlang wanderten: „Wenn’s vor dem Zelt raschelt: einfach nachsehen gehen.“ 
 

Ich habe mich heute auf den Weg gemacht nach Kreta, aus Sorge um mein Boot, um LEVJE. Aber auch, wie es den Menschen, die ich in Agios Nikolaos kennengelernt habe, ergeht. Um Nachsehen zu gehen. Ich weiß nicht, was mich erwartet. 
 
Aus aktuellem Anlaß werde ich täglich hier auf MARE PIU über das schreiben, was ich sehe, was ich in Begegnungen mit den Menschen auf Kreta erleben werde.
 
Heute in Griechenland.

Heute in Griechenland, Teil 1: Was Aristoteles Onassis sagen würde.

Unterdessen hatte ich Kreta erreicht. Die grüne Ostseite, der Palmenstrand bei Vai waren die ersten Dinge, die ich von der grünen Insel sah.

Seit etwa 10 Tagen liegt LEVJE in Agios Nikolaos, einem Ferienort an der Nordseite der Insel. Durch die Straßen der Stadt flanierten Menschen, die Agios Nikolaos aufgesucht haben, um hier Urlaub zu machen. Ältere, Jüngere, Eltern mit Kindern, die meisten von Ihnen mit einem bunten Plastik-Armbändchen ums Handgelenk, ein Eis in der Hand, Gäste der „All-inclusive“-Hotels, die es in und um Agios Nikolaos zuhauf gibt. Vor zehn Tagen: da war die Welt noch in Ordnung, augenscheinlich. Die Restaurants um den kleinen Kratersee, der mitten im Ort wie ein tiefblaues Auge liegt, waren gut besucht, wenn auch vielleicht etwas weniger als in den Jahren zuvor. Am Strand neben der Marina wurde ein Beach-Volley-Ball-Turnier ausgetragen bei Lounge-Musik. Laissez-fair 2015.



Gestern hat – wie überall in Griechenland  – auch in Agios Nikolaos eine merkwürdige Abstimmung stattgefunden: Dem Wortlaut nach darüber, ob die Bevölkerung ein Angebot aus dem Ausland annehmen sollte, das gar nicht mehr auf dem Tisch war: Weiteres Geld gegen Reformen: Ja oder Nein. Nai oder Oixi.

Eigentlich ging es um viel mehr und doch zugleich um nichts: Das viel mehr, um das es ging, ist: Wollen 10 Millionen Griechen weiter einen sehr schmerzhaften Weg innerhalb einer wirtschaftlichen Gemeinschaft gehen, mit all den Verpflichtungen und, ja: „Verbindlichkeiten“, die zum Leben in einer Gemeinschaft gehören? 
Oder wollen 10 Millionen Griechen lieber einen mindestens ebenso schmerzhaften, aber etwas eigenständigeren Weg gehen?
Fühlen sich 10 Millionen Griechen von einer Regierung, die diese „Hopp oder Topp“-Situation herbeigeführt hat, gut vertreten?
Fühlen sich 10 Millionen Griechen in einem Europa, dessen Grundlage im Vertrag von Maastricht dieses „Wir geben Geld gegen Reformen und die Einführung internationaler Standards“ formuliert, gut aufgehoben? 

MARE PIU hat sich bisher unpolitisch und überparteilich verstanden. Was aber in den nächsten Tagen in Griechenland geschieht, könnte ein Wendepunkt in Europa sein, eine Grenze, an der ein Zeitabschnitt, den man historisch „Epoche“ nennt, sichtbar für alle ein Ende nimmt. Ein Zeitpunkt, an dem alle Beteiligten ein “ So geht es jedenfalls nicht weiter“ einsehen; die Bevölkerung Griechenlands, dass sie etwas etwas anderes möchte als international anerkannte, aber erdrückende Standards; die Bevölkerung Europas, dass es mit der großen, anerkannten Idee von Europa so nicht weitergeht, wenn sie sich nur darin erschöpft, Geld in Kreisläufe zu pumpen, in denen es nirgendwo Nutzen stiftet und einfach – versickert.

Kein Geld zur Verfügung zu haben, ist schlimm. Viel Geld zur Verfügung zu haben, kann noch weit schlimmer sein. Wer die letzten Jahre mit offenen Augen durch die griechische Inselwelt segelte, Häfen ansteuerte auf dem Peloponnes, auf Rhodos oder auch auf kleinen Inseln, der konnte oft kopfschüttelnd sehen, dass „unbegrenzt Geld haben“ überhaupt kein Allheilmittel ist, um eine Wirtschaft, ein Land in Gang zu bringen. Bauruinen an vielen Orten. Verfallende Rohbauten zuhauf. Marina-Großprojekte und Kai-Mauern, die brandneu fertiggestellt einfach verrotten. „Wer glaubt, man könne mit Geld alles erreichen, der hat nie welches besessen“, diktierte Aristoteles Onassis, Grieche von Geld, vor nicht einmal 40 Jahren in die Feder eines griechischen Journalisten.

Was bedeutet die Situation in Griechenland und für die Griechen? Was bedeutet es, wenn die tägliche Summe aus dem Geldautomaten hart rationiert ist, wenn man vielleicht – gar nichts mehr ziehen kann, obwohl doch auf dem eigenen Konto etwas ist? Wie sieht es aus in Griechenland?

In einem meiner früheren Posts schrieb ich über die Angst und das alte Rezept meines Freundes David, als wir zu zweit die einsamen Bergkämme der Toskana entlang wanderten: „Wenn’s vor dem Zelt raschelt: einfach raus, Und nachsehen gehen.“ 

                                                                       Weiterlesen bei: Reden wir mal über: Die Angst. Hier.

Ich habe mich heute auf den Weg gemacht nach Kreta. Der Anlaß ist natürlich Sorge um mein Boot, um LEVJE. Aber auch, wie es den Menschen, die ich in Agios Nikolaos kennen- und schätzen gelernt habe, ergeht. Ich fahre hin, um Nachsehen zu gehen. Ich weiß nicht, was mich erwartet. 

Aus aktuellem Anlaß werde ich täglich hier auf MARE PIU über das schreiben, was ich sehe, was ich in Begegnungen mit den Menschen auf Kreta erleben werde.

Heute in Griechenland.

                             Wer keinen Post von Mare Piu versäumen und  jeden neuen Artikel gleich bei       

                             Erscheinen erhalten will: 

                             1. Einfach E-Mail-Adresse oben rechts bei „News & neue Artikel… eintragen“. 
                             2. Bestätigungsmail von FEEDBURNER abwarten.

                             3. Den Link im FEEDBURNER-Mail einfach anklicken. Fertig.

Ich freue mich, wenn Sie unten auf „Tolle Geschichte..“ klicken. Dann weiß ich, ob Ihnen diese Geschichte gefallen hat.

Faszination Nachttörn

Draußen heult mal wieder der Wind. Und ich warte darauf, dass das Jaulen in den Wanten endlich nachlässt um einmal mehr nach Sönderborg zu segeln. Doch das wird voraussichtlich erst spät gegen Abend geschehen. Daher beschäftige mich mit der Korrektur meiner Seekarten und klebe ausgeschnittene bunte Bildchen in die Karten. Eine Beschäftigung auf Vorschulniveau, aber doch irgendwie sehr beruhigend. Insgeheim freue ich mich auf den Törn in der Nacht. Seit ich segel, bin ich gerne nach Anbruch der Dunkelheit draußen. Meistens lässt der Wind am Abend ja nach und das Segeln wird sehr viel angenehmer. Das Gluckern des Wassers am Rumpf, das lautlose Dahingleiten in der Dunkelheit, das beruhigende Licht der Positionslaternen, die Leuchttürme am Horizont und das stete Blinken der Tonnen. Dazu stehen am Himmel meistens Mond, Sterne und der Rest vom Abendrot. Und es sind kaum Schiffe unterwegs, so dass man herrlich relaxen kann. Dazu klingt dann die passende Musik aus den Cockpitlautsprechern und heißer Kaffee steht auf dem Kocher.  

Die Faszination eines Nachttörns sollte man unbedingt einmal selber erleben. Es gibt dabei eigentlich nur zwei Schwierigkeiten. Die eine sind unbeleuchtete Tonnen, die andere die Einfahrt in den dunklen Hafen. Grundsätzlich sollte man seinen Kurs so wählen, dass einem keine unbeleuchtete Tonne in den Weg kommt, aber ich setze meine Wegpunkte auch immer ein paar Kabellängen neben beleuchtete Tonnen. Gerade wenn viele Tonnen und Feuer blinken, kann man manchmal ein Blinken als sehr viel weiter weg interpretieren, obwohl die (im Dunkeln sonst unsichtbare) Tonne direkt vor einem ist. Grundsätzlich läuft bei mir immer die Navionics App auf dem Tablet, so dass ich sehr genau meinen Standort kenn. Das macht auch das Einlaufen in den dunklen Hafen sehr viel leichter. Wenn man dazu noch einen starken Handscheinwerfer an Bord hat, ist auch das Einlaufen und Finden eines freien Platzes kein Problem. Man sollte nur alles sehr langsam und sorgfältig machen. 

Ich finde es einfach großartig nachts in einen dunklen Hafen zu gleiten und festzumachen, die Lichter zu löschen, noch etwas in aller Ruhe im Cockpit zu sitzen und dann in die gemütliche Koje zu kriechen. Unbezahlbar. Wenn ich nachts alleine unterwegs bin, trage ich übrigens IMMER eine Schwimmweste, picke mich ein wenn ich aus Vorschiff muss und habe immer eine wasserdichte Blitzlampe sowie ein schwimmfähiges Handfunkgerät am Mann. 

Tobe dich also ruhig weiter aus, Rasmus. Doch heute Abend wenn dir die Puste ausgegangen ist, fahre ich hinaus.