30.7. – 02.08.25, Neukaledonien/ Baie du Prony; Baie du Carenage , Tag 4.078-81, 29.230 sm von HH
Wir verlassen den äußersten Rand der Lagune und kehren zur Mutterinsel zurück. Erneut in die große Prony Bucht. Diesmal fahren wir tief in das verschlungene Gewirr dreier Flussmündungen ein. Stärker könnte der Kontrast zur Trauminsel Pines nicht sein. Wir ankern jetzt inmitten der Mangroven in undurchsichtigem Wasser.

Flussmündungen in der Bucht von Prony – foto credit Rocket Guide New Caledonia.

Atanga im Flussgewirr.

Tief mäandern sich mehrere Flüsse und Bäche in die Bucht hinein.
Zwei weitere Boote liegen in der Bucht, eins ist unbewohnt auf dem anderen wohnt ein junges Kanak-Pärchen.
Das glattgezogene Wasser der Flüsse ist ideal für das Kajak. Tief können wir in Nebenarme und Buchten gelangen. Die Wälder sehen von der Wasserseite undurchdringlich aus, aber ein weit verzweigtes Netz an Mountainbike-Strecken zieht sich durch die Berge. Wir können an verschiedenen Stellen aussteigen und auf guten Wegen die verwinkelten Buchten durchstreifen.

Wunderbar geschützter Ankerplatz. Meisten herrscht Flaute.

Hier war es einfach an Land zu kommen.

Überraschend dann schon wieder ein Selfie mit Boot. 

Eine heiße Quelle. Es gibt mehrere in der Bucht. Diese ist als Touristen-Super-Spot gekennzeichnet und über Schotterpisten mit dem Auto zu erreichen. Alles ist vermodert und wenig einladend.
Auffällig ist der Mangel von Vögeln und Insekten. Nicht eine Ameise trippelt auf dem Waldboden, selten huscht eine Eidechse ins Laub. Wir können im Schatten am Mangrovensaum sitzen und werden nicht gestochen. Was ist hier los? In Nouméa wurden wir von Mücken und Sandflies (Nonos oder ähnlichen Quälgeistern) noch gefressen.
Die Bucht von Prony ist giftig. Der Erdmantel, der normalerweise in 50 bis 100 Kilometer Tiefe beginnt, ist hier an die Oberfläche getragen worden. Das rote Gestein ist voll mit Schwermetallen, wie Nickel, Chrom und Kobalt. Dafür fehlt Kalium und Phosphor. Gewächse konnten sich an diese toxischen Bedingungen erfolgreich anpassen. Viele der hier wachsenden Pflanzen sind auf metallische Böden spezialisiert. Insekten waren da weniger erfolgreich. Sie glänzen durch Abwesenheit. Keine Insekten ==> keine Vögel, keine Echsen.

Ausgerechnet hier finden wir Kannenpflanzen, die Insekten fangen, um sich mit Nährstoffen zu versorgen, was ihnen mit dem schlechten Boden nicht gelingt.
Als ob es nicht sowieso schon zu wenig Insekten hier gibt.
Die Kanak haben hier nie gesiedelt. Sie haben die schlechte Struktur des Bodens erkannt. Yams wuchsen hier nicht. Die Bucht galt mit bösen Geistern bewohnt. Vielleicht gab es hier mehr Krankheiten oder die Frauen waren weniger fruchtbar.
Wir treffen auf Gilles. Er wohnt seit 1992 hier im Wald. Seit zwölf Jahren dauerhaft. Hat sich ein kleines Paradies aufgebaut, trinkt das Flusswasser und erfreut sich bester Gesundheit. Die Schwermetalle sind nicht wasserlöslich. Somit alles bestens.

Gilles hat unser Kajak von seinem Vorgarten aus gesehen und kommt in gewagtem Outfit, um sich uns als unser Touristen-Guide vorzustellen. Er hat viel zu erzählen über die Bucht. Auf der Insel geboren.

Bereits seit 1992 wohn Gilles hier mitten im Wald. Ein Wohnhaus, dazu ein extra Gebäude als Dusche und ein kleiner Solarpark. Alles tippitoppi in Schuss. Ein netter Kerl, der uns bereitwillig sein Grundstück zeigt.

Wenn man genau hinschaut, sieht man unser Kajak quer im Fluss verankert. Ganz im Hintergrund hat Gilles sein Haus- versteckt im Wald.

Süßwasser – trotz Schwermetalle trinkbar.
Vor 150 Jahren wurden die Berge entwaldet. Das nur 60 Kilometer entferne Nouméa war hungrig nach Holz. Der Wald hat sich wieder erholt, aber der Bucht wird durch Nickel-Abbau übel zugesetzt. 25 Prozent der weltweiten Nickelvorräte sollen hier noch unter der Erde liegen. Im Tagebau wird das Metall gefördert. Im Wesentlichen für die Edelstahl-Produktion und Lithium-Batterien.
Der humusarme Boden ist von Haus aus einer starken Erosion ausgesetzt. Der Nickelabbau sorgt für zusätzlichen Stress. Immer wieder kommt es zu Erdrutschen, die Laichgebiete verschütten. Beim Nickelabbau kommt Schwefelsäure zum Einsatz. Mehrere Säureleck-Unfälle hinterließen Umweltschäden. Kanak-Gruppen und Umweltverbände fordern strengere Kontrollen. Mit lauem Erfolg.

Überall wird etwas gegen die Erosion unternommen. Bäume gesetzt und für Bewässerung gesorgt.
Wir haben Gilles nicht gefragt, vermuten aber, dass er daran beteiligt ist. Er sprach von seinem riesigen Garten, den er betreut.

Übelste Schäden an der Straße über die man die Prony-Bucht erreichen kann.

Auf der Ostseite der Prony-Bucht liegt ein Teil der Nickel verarbeitenden Industrie. Es sieht giftig aus von Weitem. Aber wir wollen ja alle Edelstahl und Batterien haben.

Erosion. Menschengemacht und natürlichen Ursprungs. Der rote Boden hält keinen Humus.
Der Kontrast zwischen den grünen Hängen und der roten Erde ist schön anzusehen. Aber der Boden stammt direkt aus der Färber-Hölle. Beim Aussteigen aus dem Kajak versinke ich bis zur Wade im weichen, roten Schlamm. Nicht nur, dass er klebt wie frisch gespuckter Haferschleim, Fußnägel und Hornhaut dürften für Wochen orange verfärbt bleiben. Unsere Crocs geben die Farbe sicher nie wieder her. Erste Spuren sind trotz Schuhtüten im Cockpit zu finden. Die spontanen Verfärbungen sind der Wahnsinn.
Da fällt uns unser Anker ein. Er dürfte dick im roten Schlamm stecken. Wenn das Zeug aufs Schiff gerät.
Wir möchten kein orangenes Deck. Ein vorsichtiger Test hat ergeben, dass das Flexiteek abweisend zu sein scheint. Trotzdem arbeiten wir gerade einen Plan aus, wie wir das Problem lösen, wenn wir Morgen diese spannend-giftige Bucht verlassen.

Matschige Landung. Hier war die Croc-Welt noch in Ordnung,

Bei Niedrigwasser kann man gut erkennen wie viel Sediment in die Bucht gespült wird. Stellenweise soll die Schicht einen Meter dick sein.