Kategorie: News & Blogs

Die Merkwürdigkeiten des Handyzeitalters

Letztens bei der Ausfahrt aus der Schlei. Seit Tagen herrscht Starkwind aus Ost und auch heute bläst der Wind wieder mit Stärke 6. Aus Ost, also genau gegenan, wenn man die Schlei verlasssen will. Schon im letzten Jahr hatte ich hier sehr unschöne Erfahrungen gemacht, da meine Schraube bewachsen war und kaum noch Schub brachte. Nur das, zum Glück schon bei der Ausfahrt gesetzte, Großsegel gab mir die Chance mich freizukreuzen. Dieses Jahr also auf ein Neues, die Schraube hatte ich nun aber bereits vor Anker kontrolliert. Dafür erscheint mir die Welle dieses Jahr höher. Mühsamst kämpfe ich mich um 0545h mit meinen 10 PS an Maasholm vorbei Richtung Schleimünde. 

In der Nacht beruhigt sich die Ostsee meist etwas; daher der frühe Aufbruch. Rund um die Einfahrt schlagen große Brecher gegen die Mauern, und auch in der Einfahrt brechen sich Wellen. Aber es sind keine Grundseen, denn dann würde ich sofort umdrehen. Stattdessen geht zunächst das Großsegel im zweiten Reff nach oben. Mit dem Traveller sorge ich dafür das es nicht killt, aber auch noch nicht viel Druck aufbaut. Sehr langsam gleite ich nebem dem Leuchtturm vorbei durch die Enge. Zusätzlich zu den brechenden Kronen gibt es hier aber auch „stehende“ Wellen. Beim Wildwasserfahren nennt man diese, glaube ich, Walzen. Und in so einer Walze kommt „La Mer“ zum Stillstand. Ich erhöhe die Drehzahl weiter. Kein Erfolg. Direkt neben dem Leuchtturm Schleimünde stehe ich mit rappelndem Diesel auf der Stelle. Kein Grund zur Panik. 

Ich falle nun etwas ab und bekomme Druck auf das Groß. Bloß noch nicht zuviel. Denn jetzt zuviel Krängung wäre in der schmalen Einfahrt mit den nur wenigen Metern Platz nach Steuer- und Backbord fatal. Es kommt auf das genaue Zusammenspiel von Pinne und Großschot an und siehe da: Langsam geht es wieder vorwärts und ich bekomme etwas Fahrt in das Boot. Aber mit der Krängung steigt nun auch das Risiko für meinen alten Diesel, der ja nicht gerne schräg steht. Ein paar Meter noch, dann rolle ich die Fock etwas heraus, hole sie dicht, falle weiter ab, setze den Pinnenpiloten und stoppe den Diesel. Dafür muss ich in meinem Boot übrigens unter Deck. Das muss nun wirklich alles sehr schnell gehen, denn nun heißt es freikreuzen dicht an der Brandungszone, während enorme Wellen mit dem Boot spielen. Es könnte gerade so passen, aber ich habe im zweiten Reff bei diesem Seegang eine enorme Abdrift. Das Herz schlägt bis zum Hals. Jetzt mit so wenig Fahrt gegen die Brecher wenden zu müssen, könnte auch daneben gehen. Wie so oft bin ich ja alleine unterwegs. Ich kämpfe um jeden Meter Höhe und schaffe es dann endlich die Einfahrt nach Olpenitz an Steuerbord zu lassen. Das war wieder mal knapp! 

In diesem Moment klingelt mein Handy. Meine Frau. „Guten Morgen, Schatz!“, schreie ich gegen den Wind. „Wie gehts dir?“ „Ich bin grad aufgewacht und liege noch im Bett“ Und so weiter…ein ganz normales Morgengespräch eben. Wenn ich nur nicht eben gerade dieses wilde Abenteuer bestanden hätte. „Und wie geht‘s die so?“ „Ja, ich kämpfe gerade etwas mit Rasmus, aber ist grad alles gut. Ein wenig windig…ich muss jetzt auch aufhören!“ „OK, pass auf dich auf“. Ich schmeisse das Handy an seinen Platz unter der Sprayhood, während der Bug tief in eine Welle stampft und ich von oben bis unten geduscht werde. Und denke an den langen harten Ritt nach Kiel, der mir nun noch bevorsteht. Und irgendwie finde ich es schräg, das man mal eben so von Bett zu Boot telefoniert. Während der eine warm unter der Decke liegt und der andere um Boot und (ich übertreibe mal) Leben kämpft. Und während ich stolpernd und fluchend meine vollkommen durchnässten Sachen unter dem wild schaukelnden Deck wechsel, komme ich darüber aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Und habe irgendwie Sehnsucht nach dem warmen Bett.    

ADAC Marina-Portal erweitert seinen Service

Mitglieder-Bewertungen ergänzen ab sofort die Hafenbeschreibungen im ADAC Marina-Portal.

Screenshot Certosa

Ab sofort können auf dem Marina-Portal über 2600 Marinas und Sportboothäfen online bewertet werden. Was Skipper und Crews auf Törns über mehrere Wochen erleben, ist eine wichtige Ergänzung zu den regelmäßigen Berichten der geschulten ADAC Marina-Inspekteure und der Steuerradklassifikation.

Fünf Kriterien können die Skipper auf dem Marina-Portal bewerten: Hafenmeister/-büro Check-In/Check-Out, Serviceangebot für die Crew, Serviceangebot für das Schiff, Preis-Leistungs-Verhältnis und persönlicher Gesamteindruck. Zu jedem Kriterium können ein bis fünf Sterne vergeben werden. Aus den einzelnen Kriterien wird dann die persönliche Gesamtbewertung errechnet. Dabei werden alle Punkte gleich gewertet. Die Nutzer haben zusätzlich die Möglichkeit, ihre Bewertung zu kommentieren. Mit diesem neuen Angebot erweitert der ADAC seinen Service und bindet seine Mitglieder aktiv ein.

BewertungDer digitale Marinaführer wartet zudem mit 2600 Hafenbeschreibungen auf. ADAC Inspekteure haben bereits über 1400 Häfen besichtigt und klassifiziert. Zudem bietet er einen Revierführer, der kurz und prägnant alles Wissenswertes rund um die Planung eines sicheren Törns auflistet. Dazu gehören nautische Besonderheiten, Einreise-, Sicherheits- und Zulassungsregelungen und Informationen zu Sportbootführerscheinen in 20 europäischen Ländern. Ergänzt wird das Angebot durch elektronische Seekarten und einen Ratgeber, zum Beispiel mit Tipps zur Bootscharter, dem Gebrauchtbootkauf oder zum Bootstransport.

Die Perle

Seit ich denken kann ist Sylt meine Lieblingsinsel. Weite Strände, Dünen, blühende Heide und Meeresrauschen. Schöner kann es eigentlich nicht werden. Oder doch? In den kommenden Tagen würde ich eines Besseren belehrt werden und eine Insel entdecken, die von ihren Insulanern ganz unbescheiden als die Perle der Nordsee genannt wird.

p1080067

Drei Häfen habe ich auf Sylt besucht. Mittlerweile bin ich in Hörnum und plane die Insel zu verlassen. Auf zu neuen Ufern. Um den Nervenkitzel etwas zu erhöhen geht es heute das erste Mal mit Nonsuch durch ein Wattfahrwasser. Das heißt, ich folge einem Fahrwasser, auf dessen Grund bei Niedrigwasser Touristen von Föhr nach Amrum wandern und die Möwen hin kacken. Es geht also mitten zwischen den Inseln hindurch. Bei mittlerem Hochwasser sollen dort allerdings etwa 1,80m Wasser stehen. Doch wie breit wird das Fahrwasser sein? Sind die Pricken gut sichtbar und ausreichend? Meine Planungsmaschine läuft auf Hochtouren. Am Ende sollte allerdings alles ganz entspannt werden.

Auch heute hält die bullerige Mordsee sich zurück und feinstes Sommerwetter mit einer leichten Backstagsbrise begleiten mich auf dem Weg zum Anfang der Prickengasse. Wider Erwarten lassen sich die junge, dünnen Birkenstangen gut am Horizont ausmachen. Eigentlich sogar zu viele davon, denn die Reihenfolge erschließt sich nicht sofort. Navigatorische Luxusprobleme. Und außerdem ist der Anfang eines Prickenweges immer mit einer Doppelpricke bezeichnet. Und wie beim Bindfaden ergibt sich der Rest wie von selbst wenn man den Anfang gefunden hat.
Für den Anfang taste ich mich mit dem Motor ran und fahre die Pricken sauber aus. Immer schön mit etwa 10m Abstand gleiten die Stangen an mir vorbei. Langsam werde ich entspannter und das Ganze beginnt mir Spaß zu machen. Die flachste Stelle passiere ich lehrbuchmäßig noch mit auflaufendem Wasser und schon bald bin ich wieder in einem der tiefen Priele die sich zwischen den nordfriesischen Inseln wie Adern hindurchwinden und das Echolot sinkt deutlich. Könnt man echt häufiger mal machen…

p1080182
Viel zu schnell ist das kleine Abenteuer schon nach wenigen Meilen vorbei und der Hafen von Amrum taucht vor mir auf. Schon weitem sieht er so schön einzigartig aus wie die meisten Nordseehäfen, doch ahne ich noch nicht wie gut es mir hier gefallen wird….
Offiziell heißt die ganze Veranstaltung hier „Seezeichenhafen“. Die eine Hälfte bilden die Stege des Amrumer Yachtclubs und die andere wird vom Wasser- und Schifffahrtsamt mit seinem Tonnenleger, der von hier fast die gesamten nordfrisieschen Inseln mit Tonnen versorgt, dem Rettungskreuzer, einem Fischkutter und einem Ausflugsdampfer eingenommen. Dieses bisschen „echte“ Schifffahrt im Hafen sorgt für diese authentische maritime Stimmung in Häfen die ich so gern mag. Und stören tut das ganze auch nicht. Im Gegenteil: Nachdem ich mich hier eingelebt habe und nachmittags faul in der Pflicht liege, warte ich schon fast auf den Feierabend und damit die Ankunft des Tonnenlegers damit wieder etwas Leben im Hafen ist… Echt interessant übrigens immer wieder wie riesig die großen Tonnen sind wenn sie an Land liegen. Auf See hat man ja  von den Größenverhältnissen her manchmal das Gefühl man sucht einen bunten Kindereimer vom Strand…
Auch abgesehen vom Flair gefällt mir der Hafen. Sämtlicher denkbarer Service, Internet, Restaurant, alles da. Man liegt komfortabel an der Betonpier, deren gesamte Nordseite den Gästen vorbehalten ist, und so wird es hier nur im Hochsommer mal so voll, dass man mal ins Päckchen müsste. Am Betonsteg bleibt auch bei Niedrigwasser ein kleines bisschen Wasser stehen, der Rest des Bootes versinkt wie üblich im weichen Schlick. Mit Hochwasser ist der Hafen locker für Boote mit bis zu 2,40m Tiefgang geeignet. Der Kreuzer direkt nebenan hat schließlich auch 2,20m Tiefgang. Und wen ich immer noch nicht vom Trockenfallen in den Häfen überzeugen konnte, den soll noch eine weitere Story Mut machen mal einen Trip auf die nordfriesischen Inseln zu wagen: Hier in Amrum ist nämlich ein schön modernes Boot beheimatet. Eine Hanse 350 mit T-Kiel, tiefem Spatenruder und Saildrive. Und die versinkt ohne Probleme 2 mal im Tag, den ganzen Sommer lang im Dreck. Also gebt euch einen Ruck, es lohnt sich!?

p1090190

Nach einem entspannten Abend an Bord begleitet vom wunderbaren Geschrei der Wattvögel mache ich mich auf zur Inselerkundung. Als ich zurück am Hafen bin, werde ich mich komplett in Amrum verliebt haben. Und das obwohl ein Werbespruch auf Sylt „Schlafen könnt ihr auf Amrum“ lautet.

Schon auf der Seekarte erkennt man den riesigen Strand Amrums. Doch von der Promenade in Wittdün aus sieht das Ganze eher aus als stünde man mitten in der Wüste. Die Wanderer am Ufer kann man nur mit dem Fernglas überhaupt erkennen. So einen Strand habe ich selbst als Nordseekind noch nie gesehen. Und so muss eine kleine Pause am Strand auch sein. Einfach nur im Sand sitzen, die Füße im kühlen San vergraben und dem Meeresrauschen lauschen. Kann es etwas entspannteres Geben?

So kann man es auch sehen....

So kann man es auch sehen….

Bevor ich allerdings zum Faultier werde mache ich lieber noch etwas Aktivurlaub und besteige den Leuchtturm der Insel. Am besten kann man sich einen Überblick über die Insel natürlich von oben verschaffen. Also gehts im Schweiße meines Angesichts rauf auf den Leuchtturm. Der ist nämlich mit 64m immerhin der größte an der Schleswig-Holsteinischen Westküste. Belohnt wird man für die Anstrengungen der über 200 Stufen mit einem grandiosen Ausblick über das gesamte nordfrisiesische Wattenmeer. Von Keitum auf Sylt, bis zum Festland, nach Hooge, Pellworm und Eiderstedt reicht der Blick bei guter Sicht. Schön schaut die ganze Insel von oben aus. Lange Zeit lasse ich den Blick von hier oben schweifen. Gibt ja auch unendlich viel zu entdecken. „Hier würden mich selbst ein paar Hafentage nicht stören, andere zahlen schließlich viel Geld um hier Urlaub zu machen“ geht mir noch so durch den Kopf, während ich die Wendeltreppen unter Mitnahme eines schönen Drehwurms wieder herabsteige und die Insel weiter erkunde. Leider wird meine Geduld dann bald auch auf die Probe gestellt…

Einhand über die Adria: Von Italien nach Kroatien. Palagruza.

Sechs Segelstunden von Italien und von den kroatischen Inseln entfernt: Palagruza taucht am Horizont auf.

Gibt es das wirklich? Gibt es unter den Inseln des Mittelmeeres eine, die vollkommen unbesiedelt ist und fernab liegt? Nein, nicht einfach nur ein unbesiedeltes, unbehaustes Eiland, das man allenthalben achtlos passiert wie in Kroatien oder Griechenland oder der Türkei? Sondern eine Insel, irgendwie weit weit weg von allem? Wo man vollkommen unerreichbar ist? Eine Insel, irgendwie aus Raum und Zeit und Handynetz gefallen?

Zwar kenne ich die Küsten Nordafrikas und ihre Inseln nicht. Die einzige Insel im Mittelmeer, die mir dazu einfällt und die das alles in sich birgt, die am Ende der Welt liegt, ist Palagruza.

Palagruza kennt jeder Segler dem Namen nach, der im Mittelmeer unterwegs war. Dort gewesen ist kaum einer. Wer im langen Winter vom nächsten Segelsommer träumt, wer in klirrend kalten Januarnächten daheim im Hafenhandbuch schmökert oder sehnsuchtsvoll den Finger über die Seekarte an der Wand gleiten lässt, kennt Palagruza.

Palagruza, nicht mal Stecknadelkopf groß, ein Pünktchen in der Seekarte:
Auf halbem Weg von der italienischen Gargano-Halbinsel zur kroatischen Insel Vis.

Palagruza: Die Insel dort liegt, wo eigentlich gar nichts anderes mehr sein dürfte als nur noch Wasser. Sie liegt mitten in der Adria, wo sie nicht sein dürfte. Ein langer Felsklotz mit nichts anderem drum rum. Das rückt Palagruza in die Liga der wirklich einsamen Inseln. Wie Tristan da Cunha zwischen Afrika und Brasilien mitten im Atlantik. Wie St. Helena. Wie die Amsterdam-Inseln auf halbem Weg zwischen Kapstadt/Südafrika und Hobart/Australien. Eine Insel inmitten von Nichts und Nirgendwo. So eine ist Palagruza.

Meine Reise beginnt an diesem Tag im September morgens um halb fünf in Vieste, dem Hafen ganz im Osten Italiens außen am Sporn des Gargano. In der Dunkelheit tuckert LEVJE aus dem kleinen Hafen. Noch im Hafenbecken, das  etwas tückisch ist, weil nach Süden und Osten um die Leuchtturm-Insel zu voll unmarkierter, unbetonnter Flachs und Untiefen, setze ich im Dunkel das Groß, was sich als richtig erweist. Denn kaum dass wir die Mole erreichen, setzt netter Westwind ein, wo sonst eher Nordwest oder Nordost blasen. Nun also Wind aus West. Ein seltenes Glück. Halber Wind, der uns in der Morgendämmerung schnell nach Norden und von Italien weg schiebt. Zum Glück. Denn über dem Gargano steht, wie seit Tagen schon, die große Gewitterzelle. Und sorgt keine zwei Stunden später dafür, dass Vieste hinter uns in einer dichten Regenwand verschwindet.

Der Westwind setzt kraftvoll ein und kommt anfangs mordswichtig daher. Keine eineinhalb Stunden später ists auch schon wieder vorbei mit dem Spektakel. Noch ein Häuchlein von drei Knoten ist übrig, was im Dunkel 22 Knoten war. Flaute. Also Motor an. Und losgeöttelt mit 4,7 Knoten Richtung Norden, Richtung Insel Vis.

Kurz nach Mittag taucht dann Palagruza am Horizont auf. Genau genommen besteht Palagruza aus vier Inseln: Vela Palagruza, das „große Palagruza“. Mala Palagruza, das „Kleine Palagruza“ und zwei, drei kleinere Inselchen. Klippen. Überspülte Riffe.

Vela Palagruza, die Hauptinsel, erstreckt sich über fast eineinhalb Kilometer, kaum 300 Meter breit. Eine breite Felsbank, die wie ein Riegel von Ost nach West daliegt und die Weiterfahrt nach Norden zu den kroatischen Inseln einfach versperrt. Ein Leuchtturm steht an der Westspitze der Insel auf einem Felskegel in fast 100 Meter Höhe. Den Leuchtturm erbauten um 1875 die damaligen Herren der Insel, die Österreicher, bevor die Insel 50 Jahre später an Yugoslawien kam. Man kann ihn auf zweierlei Arten erreichen, nämlich zu Fuß vom Kiesstrand die steile Treppe hinauf. Oder noch auf eine andere, spannende Art: Während ich mit LEVJE die Felsbank entlang motore, langsam, langsam, denn die Seekarte ist alles andere als genau und vor der Insel liegen gemeine Untiefen, entdecke ich unterhalb des Leuchtturms zwei Stahldrähte, die einfach parallel in ein Meter Abstand vom Grund des Meeres zum Fuß des Leuchtturms auf 100 Meter steil emporsteigen. Ein einfacher Stahlkorb, der daran hängt –  das Ganze ist eine einfache Seilbahn vom Meeresspiegel aus, die den Leuchtturmwärter gewagt, doch weniger schweißtreibend als die lange steile Treppe nach oben an seinen Arbeitsplatz bringt.

Die Landungsstelle. Ein kleines Kiessträndchen, das ebenfalls steil ansteigt. Keine Menschenseele. Nur ein paar Boote. Drei Bojen, die in der Dünung schaukeln. Der Strand des Papstes. Wer weiß denn schon, was Papst Alexander III. am 9. März des Jahres 1177 bewog, genau hier seine Flotte päpstlicher Galeeren Halt machen zu lassen. Trinkwasser? Gabs hier nicht. Verrichtung der Notdurft? Geht vom Galeerenheck besser. Romantik? War noch nicht mal erfunden, ebensowenig wie Burn-out. Er unterbrach hier seine Reise. Genau im Jahr seines Triumphes über den Deutschen Friedrich Barbarossa, der keine zwei Monate später im Norden unterliegen sollte.

Palagruza, 2016: Oben Im Leuchtturm kann man sich einmieten, lese ich im Internet: Ein Zimmer, ein Bad. Mindestens vier Ferienwohnungsvermittler bieten Palagruza an: „Wegen der Entfernung zur Zivilistation ist keine Verpflegung möglich… Auf Palagruza wird Ihnen eine besondere Möglichkeit geboten: Seien Sie für zwei Wochen Robinson, erholen Sie sich von der Zivilisation, geniessen Sie die Einsamkeit, finden Sie zu Ihrem neuen Selbst.“ Ob wir dem wirklich begegnen möchten? Das Ganze ist jedenfalls für die letzte Septemberwoche schon für 490 Euro zu haben. Danach: Ist Palagruza für fünf Monate nicht mehr zu buchen. Obwohl mit einem Klima wie Kreta ausgestattet, ist es wohl die Überfahrt, die in den harten Wintermonaten nicht mehr zu garantieren ist. Wer dort ist, kommt nicht mehr weg. Palagruza ist irgendwie ungezähmt.

Mala Palagruza, das „kleine Palagruza“

Vorsichtig motore ich wieder zurück, nach Osten. Ich versuche, die Durchfahrt zwischen Vela Palagruza und Mala Palagruza zu nehmen. Die Seekarte verzeichnet hier zahlreiche Klippen und Steine, nach zehn Minuten Herantasten breche ich den Versuch, dort hindurchzukommen, ab. Nicht, weil es unmöglich wäre. Sondern weil mir zum Navigieren in diesem Gebiet ein zweiter Mann fehlt, der vom Bugkorb aus einen sicheren Weg durch die Untiefen weist. Hier auf Grund zu laufen, mit meinem Schiff Bruch zu bauen, wäre fatal. Handy-Abdeckung ist hier draußen längst keine mehr, obwohl oben auf der Insel ein Mast aufragt. Im Falle eines Missgeschicks wäre ich ganz allein auf mich gestellt. Ich bin hier in echter Einsamkeit. So scheint es jedenfalls.

Manchmal schreibt das Meer Inszenierungen, die kein Buch, kein Oscar-gekrönter Film, keine Bühne zustandebringen könnte. Beschert Momente von unglaublicher Kraft und Schönheit. Keine hundert Meter weiter entdecke ich zwischen den Felsen ein winziges Schlauchboot. Ein Mann sitzt darin, nur einer, mit großem Strohhut. Der Himmel weiß, wie er sein kleines graues Schlauchboot vertäut, verankert hat am Grund in 10, 20 Meter Tiefe. In der Einsamkeit der Klippen sitzt der Mann mit dem Strohhut auf seinem Schlauchboot und hält eine Angel seelenruhig in der Hand. Sein Gefährt kippt und wippt in den Wellen. Er sieht nicht einmal zu mir herüber, unbeirrt blickt er in dem kleinen wackligen Gefährt auf die Wasseroberfläche, dorthin, wo seine Schnur in die Tiefe führt. Der Fischerkönig am See. Unwillkürlich denke ich an dieses Bild aus dem Parzival Wolframs von Eschenbach, in dem der unerfahrene rote Ritter zum ersten Mal dem einsamen Fischerkönig auf dem See begegnet, ihn aus der Ferne beobachtet. Der Fischerkönig in seinem Boot, allein draußen.

„Einen er im Schiffe sach,
den het an im alsolch gewant,
als ob im dienden elliu lant.“

[Einen sah er auf dem Schiff,
der war gekleidet
als wären ihm alle Länder Untertan]

Anfortas, der wissende, Anfortas, der verwundete Alte, der den Jungen auf die Probe stellen wird. Und der Junge, der versagt, weil er vergisst, die eine Frage zu stellen:

„Herre, wie wiret iuch?“
[Herr, was ist Euch geschehen?]

Langsam gleitet LEVJE weiter nach Osten, Richtung Landspitze, vorbei an überspülten Klippen und Felsen. Vorsichtig halte ich Abstand, folge der 30-Meter-Tiefenlinie, die hier keine 100 Meter von den Felsen der Insel läuft. Als ich mich nach einer Weile umdrehe, ist das Schlauchboot mit dem Mann unter dem Strohhut verschwunden. So wie die Burg Montsalvaesche, als Parzival sie am Morgen verlässt.

An der Ostspitze dann etwas, was aussieht, wie eine geschützte Ankerbucht. Soll ich? Eine Nacht auf der einsamen Insel? Ankern zwischen steil aufragenden Felsnadeln? Nein. Wer weiß, wie das Wetter wird. Und zudem: Ich habe mich nicht ordentlich abgemeldet daheim. Wenn ich mich heute Abend nicht melde, dann heißt das Schindluder treiben mit den Gefühlen derer, denen ich meine Ankunft auf der kroatischen Insel Vis für heute Nacht angekündigt habe.

Nein. Ich lege Ruder Kurs Nord, Richtung des 60 Seemeilen entfernten Vis. Das ich heute irgendwann um Mitternacht erreichen werde. Der Fischerkönig, der wird mich weiter begleiten.

Wenn Ihnen dieser Post gefiel:
Bitte unten Ihr Häkchen bei „Tolle Geschichte“ setzen.
Sie unterstützen diesen Blog, wenn Sie sich oben rechts mit eMail eintragen. 
Dann bekommen Sie jeden neuen Post bei Erscheinen.
Gerne auch über FEEDLY oder BLOGLOVIN
Dank!

Mare Più: heißt „mehr Meer“. 
Und wenn Sie mehr Geschichten 
über die Menschen am Meer lesen wollen:


Wie es ist, auf einem kleinen Segelboot
• Italien
• Griechenland
• Türkei
zu bereisen. Und in fünf Monaten: Von München nach Antalya zu reisen.

Jetzt lesen. Als eBook. Als Print. Hier bestellen.

Auch als Film:  



Im Download. Als DVD. Hier.

Sonntag, 16. Oktober 2016 20.15 Live im Kino
im Rahmen der Allgäuer Filmkunstwochen
im Filmhaus Huber, Bad Wörishofen.

Das sagt die Presse über Buch und Film:

„… ein Sehnsuchtsbuch par excellence.
Und ein echtes sinnliches Erlebnis.“
MÄRKISCHE ZEITUNG im Oktober 2015

„… eröffnet dem Weltenbummler ganz wunderbare Traumziele, auf die man 
bei üblicher Herangehensweise schwerlich gekommen wäre.“
YACHT im Mai 2015 

„Die Besonderheit des einstündigen Streifens ist seine Ruhe. 
Eine Ruhe, die der Film mit poetisch angehauchter Sprache und sinnlichen Bildern von Szene zu Szene eingehender vermittelt.“
SEGELREPORTER im Dezember 2015

„… ein schönes, ein gelungenes Werk, animierend und inspirierend.“
LITERATURBOOT im Juli 2015

„Absolut empfehlenswert!
Für Reisebegeisterte ist ‚Einmal München-Antalya, bitte!‘ definitiv zu empfehlen.“


RATGEBER.REISE. im Juni 2015


Einhand über die Adria: Von Italien nach Kroatien. Um Palagruza.

Sechs Segelstunden von Italien und von den kroatischen Inseln entfernt: Palagruza taucht am Horizont auf.

Gibt es unter den Inseln des Mittelmeeres eine, die vollkommen unbesiedelt ist und fernab liegt? Nein, nicht einfach nur ein unbesiedeltes, unbehaustes Eiland, das man allenthalben achtlos passiert wie in Kroatien oder Griechenland oder der Türkei? Sondern eine Insel, irgendwie weit weg von allem? Wo man vollkommen unerreichbar sein kann? Eine Insel, irgendwie aus Raum und Zeit und Handynetz gefallen?

Zwar kenne ich die Küsten Nordafrikas und ihre Inseln nicht. Die einzige Insel im Mittelmeer, die das alles in sich birgt, die am Ende der Welt liegt, heißt Palagruza.

Palagruza kennt jeder Segler dem Namen nach, der im Mittelmeer unterwegs war. Wer im langen Winter vom nächsten Segelsommer träumt, wer in klirrend kalten Januarnächten daheim im Hafenhandbuch schmökert oder sehnsuchtsvoll den Finger über die Seekarte an der Wand streifen lässt, der kennt Palagruza.

Palagruza, nicht mal Stecknadelkopf groß, ein Pünktchen in der Seekarte:
Auf halbem Weg von der italienischen Gargano-Halbinsel zur kroatischen Insel Vis.

Palagruza kennt man, weil die Insel da liegt, wo eigentlich gar nichts anderes mehr sein dürfte als nur noch Wasser. Es liegt mitten in der Adria. Nichts anderes drum rum. Das rückt Palagruza in die Liga der wirklich einsamen Inseln. Wie Tristan da Cunha zwischen Afrika und Brasilien mitten im Atlantik. Wie St. Helena. Wie die Amsterdam-Inseln auf halbem Weg zwischen Kapstadt/Südafrika und Hobart/Australien. Eine Insel inmitten von Nichts und Nirgendwo. So eine ist Palagruza.

Meine Reise begann an diesem Tag im September morgens um halb fünf in Vieste, dem Hafen ganz rechts außen am Sporn des Gargano. In der Dunkelheit tuckert LEVJE aus dem kleinen Hafen. Noch im Hafen von Vieste, der etwas tückisch ist, weil nach Süden und Osten zu voll unmarkierter, unbetonnter Flachs und Untiefen, setze ich im Dunkel das Groß, was eine kluge Entscheidung ist. Denn kaum dass wir die Mole erreichen, setzt netter Westwind ein, wo meist eher Nordwest oder Nordost blasen. Nun also Wind aus West. Ein seltenes Glück. Halber Wind, der uns in der Morgendämmerung schnell nach Norden und von Italien weg schiebt. Zum Glück. Denn über dem Gargano steht, wie seit Tagen schon, die große Gewitterzelle. Und sorgt keine zwei Stunden später dafür, dass Vieste hinter uns in einer dichten Regenwand verschwindet.

Der Westwind setzte kraftvoll ein und kommt anfangs mords gewichtig daher. Keine eineinhalb Stunden später ists auch schon wieder vorbei mit dem Spektakel. Noch ein Häuchlein von drei Knoten ist übrig, was im Dunkel 22 Knoten war. Flaute. Also Motor an. Und losgeöttelt mit 4,7 Knoten Richtung Norden, Richtung Vis.

Kurz nach Mittag taucht dann Palagruza am Horizont auf. Genau genommen besteht Palagruza aus vier Inseln: Vela Palagruza, das „große Palagruza“. Mala Palagruza, das „Kleine Palagruza“ und zwei, drei kleinere Inselchen. Klippen. Überspülte Riffe.

Vela Palagruza, die Hauptinsel, erstreckt sich über fast eineinhalb Kilometer, kaum 300 Meter breit. Eine breite Felsbank, die wie ein Riegel von Ost nach West daliegt und die Weiterfahrt nach Norden zu den kroatischen Inseln einfach versperrt. Ein Leuchtturm liegt an der Westspitze der Insel auf einem Felskegel in fast 100 Meter Höhe. Den Leuchtturm erbauten um 1875 die damaligen Herren der Insel, die Österreicher, bevor die Insel 50 Jahre später an Yugoslawien kam. Man kann ihn auf zweierlei Arten erreichen, nämlich zu Fuß vom Kiesstrand die steile Treppe hinauf. Oder noch auf eine andere, spannende Art: Während ich mit LEVJE die Felsbank entlang motore, langsam, langsam, denn die Seekarte ist alles andere als genau und vor der Insel liegen gemeine Untiefen, entdecke ich unterhalb des Leuchtturms zwei Stahldrähte, die einfach parallel in ein Meter Abstand vom Grund des Meeres zum Fuß des Leuchtturms auf 100 Meter steil emporsteigen. Ein einfacher Stahlkorb, der daran hängt –  das Ganze ist eine einfache Seilbahn vom Meeresspiegel aus, die den Leuchtturmwärter gewagt, doch weniger schweißtreibend als die lange steile Treppe nach oben an seinen Arbeitsplatz bringt.

Die Landungsstelle. Ein kleines Kiessträndchen, das ebenfalls steil ansteigt. Keine Menschenseele. Nur ein paar Boote. Drei Bojen, die in der Dünung schaukeln. Der Strand des Papstes. Wer weiß denn schon, was Papst Alexander III. am 9. März des Jahres 1177 bewog, genau hier seine Flotte päpstlicher Galeeren Halt machen zu lassen. Trinkwasser? Gabs hier nicht. Verrichtung der Notdurft? Geht vom Galeerenheck besser. Romantik? War noch nicht mal erfunden, ebensowenig wie Burnout. Er unterbrach hier seine Reise. Genau im Jahr seines Triumphes über den Deutschen Friedrich Barbarossa, der keine zwei Monate später im Norden unterliegen sollte.

Palagruza, 2016: Oben Im Leuchtturm kann man sich einmieten, lese ich im Internet: Ein Zimmer, ein Bad. Mindestens vier Ferienwohnungsvermittler bieten Palagruza an: „Wegen der Entfernung zur Zivilistation ist keine Verpflegung möglich… Auf Palagruza wird Ihnen eine besondere Möglichkeit geboten: Seien Sie für zwei Wochen Robinson, erholen Sie sich von der Zivilisation, geniessen Sie die Einsamkeit, finden Sie zu Ihrem neuen Selbst.“ Ob wir dem wirklich begegnen möchten? Das Ganze ist jedenfalls für die letzte Septemberwoche schon für 490 Euro zu haben. Danach: Ist Palagruza für fünf Monate nicht mehr zu buchen. Obwohl mit einem Klima wie Kreta ausgestattet, ist es wohl die Überfahrt, die in den harten Wintermonaten nicht mehr zu garantieren ist. Palagruza: Ist irgendwie ungezähmt.

Mala Palagruza, das „kleine Palagruza“

Vorsichtig motore ich wieder zurück, nach Osten. Ich versuche, die Durchfahrt zwischen Vela Palagruza und Mala Palagruza zu nehmen. Die Seekarte verzeichnet hier zahlreiche Klippen und Steine, nach zehn Minuten Herantasten breche ich den Versuch, dort hindurchzukommen, ab. Nicht, weil es unmöglich wäre. Sondern weil mir zum Navigieren in diesem Gebiet ein zweiter Mann fehlt, der vom Bugkorb aus einen sicheren Weg durch die Untiefen weist. Hier auf Grund zu laufen, mit meinem Schiff Bruch zu bauen, wäre echt fatal. Handy-Abdeckung ist hier draußen längst keine mehr, obwohl oben auf der Insel ein Mast aufragt. Im Falle eines Missgeschicks wäre ich ganz allein auf mich gestellt. Ich bin hier in echter Einsamkeit.

So scheint es jedenfalls. Keine hundert Meter weiter entdecke ich zwischen den Felsen ein winziges Schlauchboot. Ein Mann sitzt darin, mit großem Strohhut, der Himmel weiß, wie er sein kleines graues Schlauchboot vertäut, verankert hat am Grund in 10, 20 Meter Tiefe. In der Einsamkeit der Klippen sitzt der Mann mit dem Strohhut auf seinem Schlauchboot und hält eine Angel seelenruhig in der Hand. Sein Gefährt kippt und wippt in den Wellen. Er sieht nicht einmal zu mir herüber, unbeirrt blickt er in dem kleinen wackligen Gefährt auf die Wasseroberfläche, dorthin, wo seine Schnur in die Tiefe führt. Der Fischerkönig am See. Unwillkürlich denke ich an dieses Bild aus dem Parzival Wolframs von Eschenbach, in dem der unerfahrene rote Ritter zum ersten Mal dem einsamen Fischerkönig auf dem See begegnet, ihn aus der Ferne beobachtet. Der Fischerkönig in seinem Boot, allein draußen.

„Einen er im Schiffe sach,
den het an im alsolch gewant,
als ob im dienden elliu lant.“

[Einen sah er auf dem Schiff,
der war gekleidet
als wären ihm alle Länder Untertan]

Anfortas, der wissende, Anfortas, der verwundete Alte, der den Jungen auf die Probe stellen wird. Und der Junge, der versagt, weil er vergisst, die eine Frage zu stellen:

„Herre, wie wiret iuch?“
[Herr, was ist Euch geschehen?]

Langsam gleitet LEVJE weiter nach Osten, Richtung Landspitze, vorbei an überspülten Klippen und Felsen. Vorsichtig halte ich Abstand, folge der 30-Meter-Tiefenlinie, die hier keine 100 Meter von den Felsen der Insel läuft. Als ich mich nach einer Weile umdrehe, ist das Schlauchboot mit dem Mann unter dem Strohhut verschwunden. So wie die Burg Montsalvaesche, als Parzival sie am Morgen verlässt.

An der Ostspitze dann etwas, was aussieht, wie eine geschützte Ankerbucht. Soll ich? Eine Nacht auf der einsamen Insel? Ankern zwischen den den steil aufragenden Felsnadeln? Nein. Wer weiß, wie das Wetter wird. Und zudem: Ich habe mich nicht ordentlich abgemeldet daheim. Wenn ich mich heute Abend nicht melde, dann heißt das Schindluder treiben mit den Gefühlen derer, denen ich meine Ankunft auf der kroatischen Insel Vis für heute Nacht angekündigt habe.

Nein. Ich lege Ruder Kurs Nord, Richtung der 60 Seemeilen entfernten Insel Vis. Das ich heute irgendwann kurz vor Mitternacht erreichen werde.

Wenn Ihnen dieser Post gefiel:
Bitte unten Ihr Häkchen bei „Tolle Geschichte“ setzen.
Sie unterstützen diesen Blog, wenn Sie sich oben rechts mit eMail eintragen. 
Dann bekommen Sie jeden neuen Post bei Erscheinen.
Gerne auch über FEEDLY oder BLOGLOVIN
Dank!

Mare Più: heißt „mehr Meer“. 
Und wenn Sie mehr Geschichten 
über die Menschen am Meer lesen wollen:


Wie es ist, auf einem kleinen Segelboot
• Italien
• Griechenland
• Türkei
zu bereisen. Und in fünf Monaten: Von München nach Antalya zu reisen.

Jetzt lesen. Als eBook. Als Print. Hier bestellen.

Auch als Film:  



Im Download. Als DVD. Hier.

Sonntag, 16. Oktober 2016 20.15 Live im Kino
im Rahmen der Allgäuer Filmkunstwochen
im Filmhaus Huber, Bad Wörishofen.

Das sagt die Presse über Buch und Film:

„… ein Sehnsuchtsbuch par excellence.
Und ein echtes sinnliches Erlebnis.“
MÄRKISCHE ZEITUNG im Oktober 2015

„… eröffnet dem Weltenbummler ganz wunderbare Traumziele, auf die man 
bei üblicher Herangehensweise schwerlich gekommen wäre.“
YACHT im Mai 2015 

„Die Besonderheit des einstündigen Streifens ist seine Ruhe. 
Eine Ruhe, die der Film mit poetisch angehauchter Sprache und sinnlichen Bildern von Szene zu Szene eingehender vermittelt.“
SEGELREPORTER im Dezember 2015

„… ein schönes, ein gelungenes Werk, animierend und inspirierend.“
LITERATURBOOT im Juli 2015

„Absolut empfehlenswert!
Für Reisebegeisterte ist ‚Einmal München-Antalya, bitte!‘ definitiv zu empfehlen.“


RATGEBER.REISE. im Juni 2015


Interboot legt guten Start hin: 34000 Besucher am ersten Wochenende

Friedrichshafen – „Leinen los“, hieß es am ersten Interboot- Wochenende. Die internationale Wassersport-Ausstellung befindet sich in gutem Fahrwasser: 34 000 Besucher ließen sich bei 471 Ausstellern von Motorbooten, Segelbooten sowie jeder Menge Zubehör und Funsport-Produkten inspirieren. Noch bis Sonntag, 25. September, zeigt die Bootsmesse am Bodensee Neuheiten und Produkte aus der Wassersportbranche und lädt bei zahlreichen Event- und Mitmach- Aktionen zum Erlebnis im und auf dem Wasser ein.

ADAC Messestand Interboot Friedrichshafen

Die ADAC Sportschifffahrt präsentiert ihr Leistungsportfolio in der Halle A1 am Stand 22.

„Wassersport macht Spaß – davon haben sich am ersten Interboot-Wochenende zahlreiche Besucher überzeugt. Wie wichtig das Thema Wassersport und das Testen von Booten ist, hat auch der gute Besuch des Interboot-Hafens gezeigt“, erklärt Messechef Klaus Wellmann. In den acht Messehallen wurden Boote inspiziert, Fachgespräche geführt und Bekleidung und Zubehör eingekauft. „Gerade am Sonntag war wetterbedingt großer Andrang in den Messe-Hallen. Ein besonderer Besucher-Magnet ist unsere neue stehende Welle in Halle B2“, berichtet Projektleiter Dirk Kreidenweiß. Rund 130 Boote liegen direkt am Ufer des Bodensees zum Testen bereit. Am ersten Wochenende boten die Regatten und Sportveranstaltungen darunter die Liquid Quarter Mile, die Interboot Trophy und die Oldtimer Regatta an der Friedrichshafener Uferpromenade Sporterlebnisse zum Mitfiebern.

Die Interboot ist noch bis Sonntag, 25. September 2016 täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, der Interboot-Hafen täglich bis 19 Uhr. Der ADAC präsentiert auch in diesem Jahr sein Leistungsportfolio, z.B. die bootstouristischen Informationen (BTI), sein Yachtcharter Vergleichs- und Buchungsportal und das ADAC Marina-Portal in der Halle A1 am Stand 221. Die Halle B1 ist am Donnerstag zum Sunset Shopping bis 21 Uhr geöffnet. Die Tageskarte kostet regulär 12 Euro, ADAC Mitglieder zahlen gegen Vorlage der Mitgliedskarte 10 Euro. Die Familienkarte ist für 28 Euro erhältlich. Kinder zwischen sechs und 14 Jahre bezahlen 5 Euro. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.interboot.de und www.facebook.de/interboot.

ADAC Yachtcharter: jetzt mit Schiffstypensuche

Bei der Suche nach der passenden Charteryacht wird in den meisten Fällen zunächst das Revier gewählt, bevor das Augenmerk auf die Yacht gerichtet wird. Bei manchen Suchanfragen ist jedoch auch ein ganz bestimmter Schiffstyp gefragt, z.B. wenn ein entsprechender Schiffskauf geplant ist und das Modell zuvor im Rahmen eines Chartertörns auf Stimmigkeit zu den Bedürfnissen des neunen Eigners getestet werden soll. Für diese Klientel wartet das ADAC Yachtcharter Vergleichs- und Buchungsportal nun mit einem neuen Feature auf: mit der Schiffstypen-Suche bekommt der Charterkunde alle Schiffe des gewünschten Modells gelistet und kann so schnell sehen, wo eine Probefahrt der begehrten Yacht möglich ist.

Schiffstypensuche Yachtcharter

Bei der Suchanfrage einfach „Weltweit“ und Wunschtermin eingeben, in der Trefferliste kann dann nach Hersteller und Typ gefiltert werden.

Neben der Schiffstypen-Suche kann das Suchergebnis auch beispielsweise nach dem Revier, der Kojen- beziehungsweise Kabinenzahl oder auch nach dem Preis verfeinert werden.

Mit der ADAC Plattform können weltweit die Angebote von mehr als 10 000 Haus-, Segel- und Motorbooten an mehr als 400 Standorten verschiedener Charterflotten verglichen und gebucht werden. Die Belegungen sind tagesaktuell dargestellt, der Kunde sieht also sofort die tatsächlich verfügbaren Schiffe. Bereits heute sind mehr als 12 000 Kundenbewertungen abrufbar und geben dem Charterkunden so noch mehr Sicherheit bei der Auswahl der richtigen Flottenbetreibers.

ADAC Mitglieder erhalten bei der Buchung über die ADAC Yachtcharter-Suche einen Dauerrabatt von fünf Prozent auf den Online-Listenpreis. Außerdem profitieren ADAC Skipper ständig von Frühbucher- und Last-Minute-Rabatten sowie Sonderangeboten. Im Online-Portal des ADAC ist unter www.adac.de/yachtcharter alles Wissenswerte eingestellt.

Einhand durch die Adria: Die gar nicht so einfache Südadria.

Eine Blitz in einer Gewitterwolke über der nächtlichen Kathedrale von Trani. Ein eindrucksvolles Schauspiel. Aber wenn die Gewitterwolke Tag um Tag an derselben Stelle steht und Mann und Schiff für Tage im Hafen hält, nicht mehr so lustig.

Schon häufiger war ich in der Südadria unterwegs. Wenn man sie von Norden überqueren würde, schrieb Rod Heikel einmal in einem seiner Hafenhandbücher, könne man eine Kaffeetasse auf dem Salontisch abstellen. Sie würde – so sagt er sinngemäß – nicht umfallen. Tatsächlich ist es von Nordwesten kommend ein angenehmer Kurs. Der im Sommer vorherrschende Maestrale schiebt einen aus Nordwest die Küste hinunter nach Südost. Die Strömung hilft mit: Sie setzt in der Adria auf der Ostseite die griechische, albanische, kroatische Küste hinauf nach Norden, um in gleicher Richtung, nämlich an Venedig vorbei die italienische Ostküste wieder hinunterzuströmen. Glücklich also, wer auf dem Weg nach Süden ist. Aber meistens unerfreulich, wenn man in den Norden der Adria unterwegs ist.

Meistens merkt man von dieser Strömung gar nichts. Gelegentlich aber schon. Ich war zeitig am Morgen in Monopoli aufgebrochen (ja, den Ort gibts tatsächlich. Aber leider hat er versäumt, sich frühzeitig irgendwelche Namensrechte zu sichern. Also ist Monopoli – ein nettes Städtchen. Und gänzlich ohne Schloßallee [G]), ein Maestrale wehte von dort, wo ich hin wollte, ich beschloß, weil Wind und Wetter schön waren, aufzukreuzen nach Norden, denn mit LEVJE’s 19-PS-Motörchen, dem braven YANMAR 2GM20, ist schlecht anzuötteln gegen Wind und Strom. 

Bis zur ersten Wende alles wie gehabt. Die Segel zogen, der Wind wehte, der Wendewinkel war normal. Aber als ich nach einer Viertelstunde auf dem iPAD meinen Kurs nachverfolgte, stellte ich plötzlich fest, dass ich genau wieder dorthin zurücklief, wo ich herkam. Wendewinkel 150 Grad statt der üblichen 100.

Ich hatte das Segel im Verdacht. Beäugte ganz kritisch mein Großsegel. Aber das zuckte nur unschuldig dreinblickend mit den Schultern. Die Genau stand ganz brav. Und hatte auch keine Ahnung, was los war.

Meine Gedanken schlugen einen anderen Weg ein. Vielleicht habe ich ja verlernt, zu segeln?Vielleicht klebt unter LEVJE ja gerade ein Riesenkalmar? Und sorgt mit träge wehenden Tentakeln genau unter mir dafür, dass wir statt Zickzack immer nur hin- und her fahren. Einen Moment lang überlegte ich wirklich, ob ich so blöde sein sollte, und jetzt auf dem Bauch liegend unter LEVJE nachsehen sollte. Nein.Ich verwarf den Gedanken, schielte aber weiter trotzdem mißtrauisch ins Wasser. Hab ich bei Homer was überlesen? Scylla und Carybdis und …? Noch irgendwo ein Riesenstrudel?

Ich kam nicht drauf. Es wurde nur nach jeder Wende übler. Glück hatte ich, weil irgendwann der Wind einschlief. Und die Stunde von LEVJE’s Motörchen schlug. Ich ließ die Segel stehen. Wir öttelten fröhlich dahin, der Geschwindigkeitsmesser im iPAD zeigte … Moment mal: Ich fahre stramme 2.200 Umdrehungen, und wir machen nur 3,7 Knoten?? Wieder schoss mir der Gedanke vom Riesenkalmar durch den Kopf. Ich geh jetzt wirklich nachsehen. Nein, Blödsinn.

Bis mein Blick auf meine gute alte Logge fiel. Eigentlich beachte ich meine richtige Logge, die gute alte Dame, sie so gut wie nie. Weil das IPAD dank GPS die echte Geschwindigkeit über Grund angibt, ist das iPAD die Nummer eins. Die Logge im Schiffsbauch misst ja nur die Fahrt durchs Wasser (also mit welcher Geschwindigkeit das Badewasser unter LEVJE entlangpritschelt). Aber eben nicht: wie schnell wir über Grund sind. Aber diesmal war der Blick auf beide Instrumente interessant:

Das iPAD pendelte wzischen 3,7 und 4,0.
Die Logge zeigte 5,5 Knoten – als fast 2 Knoten mehr.

Schnell gin ich auf Gegenkurs. Jetzt war es fast umgekehrt: Auf Südkurs zeigte das iPAD 5,9 Knoten (!). Die Logge aber nur mehr 4,5 Knoten.

Des ersten Rätsels Lösung: Die besagte Strömung. Sie setzte auf dem offenen Meer an diesem Tag an der Küste zwischen Monopoli und Bari mit fast zwei Knoten (!) nach Südosten. Und sorgte durch die Abdrift für einen niederschmetternden Wendewinkel. Und mein auf der Stelle treten.

Liebevoll betrachtete ich meine beiden Segel. Und murmelte leise ein „Tschuldigung.“

Sie steht einfach tagelang über dem Land: Kaum am Morgen aus dem Hafen raus, bleibt auch die Gewitterzelle einfach hinter uns liegen.

Das Vorwärtskommen nach Norden gestaltete sich weiter schwierig. Neben mancherlei Scherzen wie „gegen den Strom“ hielt mich in Trani drei Tage schlechtes Wetter fest. Starker Nordost. Gewitter, Platzregen. „Mare brutto“, sagte Cinzia, der kleine Feger, die in Trani einen Yachtservice betreibt und sich um alles kümmert, was ein Segler braucht. Von Fotopapier bis Waschsalon, von Leihwagen bis Gasflasche füllen. Nur am Wetter: Da konnte Cinzia nichts ändern. 

Aber solange man dann auch vernünftig ist und brav im Hafen bleibt: Irgendwann ist Schluß mit der Warterei. Und Cinzia hin, Wetterbericht her: Irgendwann treibt es einen aus dem Hafen. Vergangener Donnerstag also. Ein bisschen Wetterbesserung in Sicht. Jedenfalls kein Dauerplatzregen mehr über Trani. Und wenig Wind.

Morgens um halb sieben aus dem Hafen. Statt wie vorhergesagt Windstille erfreuliche 5 bft auf nüchternen Magen aus West. LEVJE spurtete los, Kurs Ostspitze Gargano. Halber Wind. Aber so schnell er gekommen war, so schnell war er auch wieder weg. Plötzlich fand ich mich mit schlagenden Segeln in einem Wellenschwippschwapp wieder, Wellen, als würde Poseidon gerade ein neues Strickmuster für seine Wellen ausprobieren. Zwei links, eine rechts, und dann drei von überall.

Des zweiten Rätsels Lösung: Keine Viertelstunde im Schwippschwapp setzte ein vehementer Nordost ein. 5-6 bft. mit steiler Welle von vorn. Ich reffte, was zu reffen war – und setzte mich selber an die Pinne. Und lernte mein Schiff von einer ganz neuen Seite kennen: Was für ein kraftvoller Renner sie bei 5-6 bft. sein kann. Aus meiner Sorge, die Wellenberge könnten überhand nehmen, wurde purer Spaß, ich steuerte Stunde um Stunde, bis der im Weg liegende Felsrücken des Gargano nicht mehr zu übersehen war. Und ich wenden musste.

Aber da war dann etwas anderes nicht mehr zu übersehen, weil es sich in meinem Rücken, im Südosten zusammengebraut hatte.

Eine heftige Regenfront zu meiner Rechten. Sie wurde schwärzer. Und schwärzer.

Sie wurde solange schwärzer, bis sogar das Meer sein faszinierendes Türkis aufgab, das für die Gewässer rund um den Gargano so typisch ist, und zu einem rußig-schmutzigen Grün wurde. Rabenschwärze über meinen kleinen Schiff und mir. Und dann pladderte es los, wie es nur am Meer pladdern kann.

Ich freue mich ja immer über Regen unter Segeln im Mittelmeer. Alles ist warm. Und wenn es schwerer Platzregen ist, dann ist der Regen so stark, dass er die ewig hackigen Seen wie auf dem Foto einfach im Nu platt drischt. Schluss mit Kreuzseen. Schluss mit Schwippschwapp. Ich kroch unter LEVJE’s Bimini in den Niedergang, ließ den Motor laufen. Und schaute dem heftigen Regen aus dem Trockenen zu, durch den mein Schiff unter Autopilot lief, zu.

Nach zehn Minuten war alles vorüber. Fast. Das Wetter stand grau an Backbord, vor uns die Sonne, Nur etwas links von uns, da wo die Wolken am Schwärzesten waren, ragte vom Himmel ein dünner Schlauch herunter, ganz nach unten. Und wirbelte dort wie ein Staubsauger das Wasser auf:

Etwas oberhalb der Bildmitte erkennbar: Ein feiner dünner Schlauch. Eine Windhose. Und rechts darunter genau auf der Kimm aufgewirbelte Wassermassen, die der sich drehende Rüssel in die Luft wirbelt. 



Eine Windhose – eine „Tromba d’Aria“. Dies Jahr ist mein Jahr der Jahr der Windhosen. Schon vier, fünf Mal bekam ich welche zu Gesicht. Und gut ist eigentlich nur, dass sich die Teile – dies ist jedenfalls meine Beobachtung, ob es stimmt, weiß ich nicht:
a) relativ langsam bewegen und sie
 b) sich halbwegs mit der Zugbahn des Unwetters bewegen. Und nicht unberechenbar hin und her springen. 

Wenige hundert Meter hinter dem ersten bildete sich noch ein zweiter Sog, nur erkennbar an der aufgewirbelten Wasseroberfläche, aber beide fielen nach wenigen Minuten in sich zusammen.

Der Rest des Tages bis zur Ostspitze des Gargano, bis nach Vieste? Sommersegeln unter makellos blauem Himmel.

War da irgendwas?

Und was sind die Learnings aus diesen Geschichten?

1. Strom ist meist zu vernachlässigen. Es gibt Gegenden, da kann er eine Rolle spielen.

2. Die Südadria ist – ähnlich wie Kroatien oder oder die nordöstliche Adria – ein gewitterreiches Revier.

3. In Gegegnden, in denen schmale Landmassen große Meeresteile trennen – Italiens Stiefelspitze, Stiefelabsatz, Gargano – ist mit besonderen Wetterphänomenen zu rechnen wie Gewitter, schnell sich ändernde Winde, intensivere Wellen-Entwicklungen.

_________________________________________________________________________________

Was man braucht, um sich richtig im Gewitter zu verhalten:

mein Buch über Gewitter – geschrieben von 40 Seglern: 

40 Segler berichten ihre Erfahrungen.

In 8 Revieren.

Auf 272 Seiten.

Mit über 100 Fotos.

Mit mehr als 100 Learnings über richtiges Verhalten im Gewitter.

Live-Interview im hessischen Rundfunk ansehen?

 Hier den Mitschnitt sehen.

Weiterlesen über Gewitter hier auf MARE PIU: 

Ist es gefährlich, im Gewitter zu segeln? Hier.

     Mehr erfahren? Bestellen und als eBook lesen: Hier!

_________________________________________________________________________________

Wenn Ihnen dieser Post gefiel:
Bitte unten Ihr Häkchen bei „Tolle Geschichte“ setzen.
Sie unterstützen diesen Blog, wenn Sie sich oben rechts mit eMail eintragen. 
Dann bekommen Sie jeden neuen Post bei Erscheinen.
Gerne auch über FEEDLY oder BLOGLOVIN
Dank!

Einhand durch die Adria, Teil 1: Die gar nicht so einfache Südadria.

Eine Blitz in einer Gewitterwolke über der nächtlichen Kathedrale von Trani. Ein eindrucksvolles Schauspiel. Aber wenn die Gewitterwolke Tag um Tag an derselben Stelle steht und Mann und Schiff für Tage im Hafen hält, nicht mehr so lustig.

Schon häufiger war ich in der Südadria unterwegs. Wenn man sie von Norden überqueren würde, schrieb Rod Heikel einmal in einem seiner Hafenhandbücher, könne man eine Kaffeetasse auf dem Salontisch abstellen. Sie würde – so sagt er sinngemäß – nicht umfallen. Tatsächlich ist es von Nordwesten kommend ein angenehmer Kurs. Der im Sommer vorherrschende Maestrale schiebt einen aus Nordwest die Küste hinunter nach Südost. Die Strömung hilft mit: Sie setzt in der Adria auf der Ostseite die griechische, albanische, kroatische Küste hinauf nach Norden, um in gleicher Richtung, nämlich an Venedig vorbei die italienische Ostküste wieder hinunterzuströmen. Glücklich also, wer auf dem Weg nach Süden ist. Aber meistens unerfreulich, wenn man in den Norden der Adria unterwegs ist.

Meistens merkt man von dieser Strömung gar nichts. Gelegentlich aber schon. Ich war zeitig am Morgen in Monopoli aufgebrochen (ja, den Ort gibts tatsächlich. Aber leider hat er versäumt, sich frühzeitig irgendwelche Namensrechte zu sichern. Also ist Monopoli – ein nettes Städtchen. Und gänzlich ohne Schloßallee [G]), ein Maestrale wehte von dort, wo ich hin wollte, ich beschloß, weil Wind und Wetter schön waren, aufzukreuzen nach Norden, denn mit LEVJE’s 19-PS-Motörchen, dem braven YANMAR 2GM20, ist schlecht anzuötteln gegen Wind und Strom. 

Bis zur ersten Wende alles wie gehabt. Die Segel zogen, der Wind wehte, der Wendewinkel war normal. Aber als ich nach einer Viertelstunde auf dem iPAD meinen Kurs nachverfolgte, stellte ich plötzlich fest, dass ich genau wieder dorthin zurücklief, wo ich herkam. Wendewinkel 150 Grad statt der üblichen 100.

Ich hatte das Segel im Verdacht. Beäugte ganz kritisch mein Großsegel. Aber das zuckte nur unschuldig dreinblickend mit den Schultern. Die Genau stand ganz brav. Und hatte auch keine Ahnung, was los war.

Meine Gedanken schlugen einen anderen Weg ein. Vielleicht habe ich ja verlernt, zu segeln?Vielleicht klebt unter LEVJE ja gerade ein Riesenkalmar? Und sorgt mit träge wehenden Tentakeln genau unter mir dafür, dass wir statt Zickzack immer nur hin- und her fahren. Einen Moment lang überlegte ich wirklich, ob ich so blöde sein sollte, und jetzt auf dem Bauch liegend unter LEVJE nachsehen sollte. Nein.Ich verwarf den Gedanken, schielte aber weiter trotzdem mißtrauisch ins Wasser. Hab ich bei Homer was überlesen? Scylla und Carybdis und …? Ein Riesenstrudel.

Ich kam nicht drauf. Es wurde nur nach jeder Wende übler. Glück hatte ich, weil irgendwann der Wind einschlief. Und die Stunde von LEVJE’s Motörchen schlug. Ich ließ die Segel stehen. Wir öttelten fröhlich dahin, der Geschwindigkeitsmesser im iPAD zeigte … Moment mal: Ich fahre stramme 2.200 Umdrehungen, und wir machen nur 3,7 Knoten?? Wieder schoss mir der Gedanke vom Riesenkalmar durch den Kopf. Ich geh jetzt wirklich nachsehen. Nein, Blödsinn.

Bis mein Blick auf meine gute alte Logge fiel. Eigentlich beachte ich meine richtige Logge, die gute alte Dame, sie so gut wie nie. Weil das IPAD dank GPS die echte Geschwindigkeit über Grund angibt, ist das iPAD die Nummer eins. Die Logge im Schiffsbauch misst ja nur die Fahrt durchs Wasser (also mit welcher Geschwindigkeit das Badewasser unter LEVJE entlangpritschelt). Aber eben nicht: wie schnell wir über Grund sind. Aber diesmal war der Blick auf beide Instrumente interessant:

Das iPAD pendelte wzischen 3,7 und 4,0.
Die Logge zeigte 5,5 Knoten – als fast 2 Knoten mehr.

Schnell gin ich auf Gegenkurs. Jetzt war es fast umgekehrt: Auf Südkurs zeigte das iPAD 5,9 Knoten (!). Die Logge aber nur mehr 4,5 Knoten.

Des ersten Rätsels Lösung: Die besagte Strömung. Sie setzte auf dem offenen Meer an diesem Tag an der Küste zwischen Monopoli und Bari mit fast zwei Knoten (!) nach Südosten. Und sorgte durch die Abdrift für einen niederschmetternden Wendewinkel. Und mein auf der Stelle treten.

Liebevoll betrachtete ich meine beiden Segel. Und murmelte leise ein „Tschuldigung.“

Sie steht einfach tagelang über dem Land: Kaum am Morgen aus dem Hafen raus, bleibt auch die Gewitterzelle einfach hinter uns liegen.

Das Vorwärtskommen nach Norden gestaltete sich weiter schwierig. Neben mancherlei Scherzen wie „gegen den Strom“ hielt mich in Trani drei Tage schlechtes Wetter fest. Starker Nordost. Gewitter, Platzregen. „Mare brutto“, sagte Cinzia, der kleine Feger, die in Trani einen Yachtservice betreibt und sich um alles kümmert, was ein Segler braucht. Von Fotopapier bis Waschsalon, von Leihwagen bis Gasflasche füllen. Nur am Wetter: Da konnte Cinzia nichts ändern. 

Aber solange man dann auch vernünftig ist und brav im Hafen bleibt: Irgendwann ist Schluß mit der Warterei. Und Cinzia hin, Wetterbericht her: Irgendwann treibt es einen aus dem Hafen. Vergangener Donnerstag also. Ein bisschen Wetterbesserung in Sicht. Jedenfalls kein Dauerplatzregen mehr über Trani. Und wenig Wind.

Morgens um halb sieben aus dem Hafen. Statt wie vorhergesagt Windstille erfreuliche 5 bft auf nüchternen Magen aus West. LEVJE spurtete los, Kurs Ostspitze Gargano. Halber Wind. Aber so schnell er gekommen war, so schnell war er auch wieder weg. Plötzlich fand ich mich mit schlagenden Segeln in einem Wellenschwippschwapp wieder, Wellen, als würde Poseidon gerade ein neues Strickmuster für seine Wellen ausprobieren. Zwei links, eine rechts, und dann drei von überall.

Des zweiten Rätsels Lösung: Keine Viertelstunde im Schwippschwapp setzte ein vehementer Nordost ein. 5-6 bft. mit steiler Welle von vorn. Ich reffte, was zu reffen war – und setzte mich selber an die Pinne. Und lernte mein Schiff von einer ganz neuen Seite kennen: Was für ein kraftvoller Renner sie bei 5-6 bft. sein kann. Aus meiner Sorge, die Wellenberge könnten überhand nehmen, wurde purer Spaß, ich steuerte Stunde um Stunde, bis der im Weg liegende Felsrücken des Gargano nicht mehr zu übersehen war. Und ich wenden musste.

Aber da war dann etwas anderes nicht mehr zu übersehen, weil es sich in meinem Rücken, im Südosten zusammengebraut hatte.

Eine heftige Regenfront zu meiner Rechten. Sie wurde schwärzer. Und schwärzer.

Sie wurde solange schwärzer, bis sogar das Meer sein faszinierendes Türkis aufgab, das für die Gewässer rund um den Gargano so typisch ist, und zu einem rußig-schmutzigen Grün wurde. Rabenschwärze über meinen kleinen Schiff und mir. Und dann pladderte es los, wie es nur am Meer pladdern kann.

Ich freue mich ja immer über Regen unter Segeln im Mittelmeer. Alles ist warm. Und wenn es schwerer Platzregen ist, dann ist der Regen so stark, dass er die ewig hackigen Seen wie auf dem Foto einfach im Nu platt drischt. Schluss mit Kreuzseen. Schluss mit Schwippschwapp. Ich kroch unter LEVJE’s Bimini in den Niedergang, ließ den Motor laufen. Und schaute dem heftigen Regen aus dem Trockenen zu, durch den mein Schiff unter Autopilot lief, zu.

Nach zehn Minuten war alles vorüber. Fast. Das Wetter stand grau an Backbord, vor uns die Sonne, Nur etwas links von uns, da wo die Wolken am Schwärzesten waren, ragte vom Himmel ein dünner Schlauch herunter, ganz nach unten. Und wirbelte dort wie ein Staubsauger das Wasser auf:

Etwas oberhalb der Bildmitte erkennbar: Ein feiner dünner Schlauch. Eine Windhose. Und rechts darunter genau auf der Kimm aufgewirbelte Wassermassen, die der sich drehende Rüssel in die Luft wirbelt. 


 






Eine Windhose – eine „Tromba d’Aria“. Dies Jahr ist mein Jahr der Jahr der Windhosen. Schon vier, fünf Mal bekam ich welche zu Gesicht. Und gut ist eigentlich nur, dass sich die Teile – dies ist jedenfalls meine Beobachtung, ob es stimmt, weiß ich nicht:
a) relativ langsam bewegen und sie
 b) sich halbwegs mit der Zugbahn des Unwetters bewegen. Und nicht unberechenbar hin und her springen. 

Wenige hundert Meter hinter dem ersten bildete sich noch ein zweiter Sog, nur erkennbar an der aufgewirbelten Wasseroberfläche, aber beide fielen nach wenigen Minuten in sich zusammen.

Der Rest des Tages bis zur Ostspitze des Gargano, bis nach Vieste? Sommersegeln unter makellos blauem Himmel.

War da irgendwas?

Wenn Ihnen dieser Post gefiel:
Bitte unten Ihr Häkchen bei „Tolle Geschichte“ setzen.
Sie unterstützen diesen Blog, wenn Sie sich oben rechts mit eMail eintragen. 
Dann bekommen Sie jeden neuen Post bei Erscheinen.
Gerne auch über FEEDLY oder BLOGLOVIN
Dank!

Bootssport mit allen Sinnen auf der hanseboot erleben

Wenn vom 29. Oktober bis 6. November 2016 die hanseboot ihr Tore öffnet, dann finden Profi, Freizeitskipper oder Einsteiger alles was ihr Herz begehrt. Neun Tage lang zeigen rund 550 Aussteller in den Messehallen im Zentrum der Hansestadt und im In-Water hanseboot Hafen im Sandtorhafen zahlreiche Boote, internationale Premieren, einen umfangreichen Ausrüstungsbereich und ein vielseitiges Rahmenprogramm.

hanseboot Hamburg

Exklusiver Rabatt für ADAC Mitglieder auf der 57. Internationalen Bootsmesse Hamburg.

NEU in 2016:

hanseboot After Work: – Fr. 17–20 Uhr nur 7 € für 2 Personen!

Schlendern Sie doch einfach ganz gemütlich nach der Arbeit mit Ihren Kollegen oder Freunden über die Messe und genießen Sie exklusive Vorträge und Events.

hanseboot – der neue Heimathafen der BOATFIT: Die bekannte Refit-Messe aus Bremen wird dieses Jahr erstmals in die hanseboot integriert und gibt damit dem Trendthema Refit einen größeren und noch bedeutenderen Rahmen – perfekt für Bastler, Bootsinhaber und Einsteiger.
Funsport ganz groß: Ob Wakeboard-Winch, Seabobs, Jollensegeln oder Stand-up-Paddling – das Wasserbecken der hanseboot arena lädt Funsport-Begeisterte zum Mitmachen ein. Und in der Hall of Fame können Sie die neuesten Produkte für 2017 aus den Bereichen Kite- und Windsurfen entdecken.

Die ADAC Sportschifffahrt auf der hanseboot

Mit 2 Millionen aktiven Wassersportlern ist der ADAC der größte Dienstleister rund um die Sportschifffahrt. Ob die Bootstouristischen Informationen im TourSet-Format, der Marinaführer online oder Informationen zu Gebrauchtbootkauf, Sicherheit an Bord oder Führerscheinfragen: Auf der hanseboot am Messestand der ADAC Sportschifffahrt in der Halle B3 EG können sich Mitglieder und Interessierte umfangreich beraten lassen. Außerdem erfahren sie hier alles rund um den Internationalen Bootsschein, die ADAC Wassersportversicherungen sowie die Vorteile bei der Yachtcharter oder in den Stützpunktmarinas.

Exklusiver Rabatt für ADAC Mitglieder

Gegen Vorlage Ihrer ADAC Clubkarte zahlen Sie vor Ort für das Tagesticket mit Comebackfunktion* nur 11 statt 13 Euro. Oder sichern Sie sich unter hanseboot.de/ticket Ihr vergünstigtes Ticket vorab online – einfach Gutscheincode „HB1616“ angeben und nur 10 statt 12 Euro zahlen.

* 1x zahlen, 2x kommen: berechtigt zum Wiedereintritt an einem beliebigen weiteren Nachmittag (Sa. und So. ab 15 Uhr, Mo. – Fr. ab 17 Uhr).

TEASER – Mit Wind und Sonne um die Welt – Teil 2

Ganz flau ist mir oftmals im Bauch, wenn ich ein neues Filmprojekt oder Teile davon zum ersten Mal zeige. Ich frage mich dann immer, wie er wohl ankommen wird? Ob er bei den Zuschauern das auslöst, was mir so beim schneiden und der ganzen Postproduktion vorschwebt, oder ob ich vielleicht daneben lange. Ist die eine Szene zu hektisch, die andere zu ruhig? Passt der Übergang, passt der Ton, oder sollte ich hier und da noch ein wenig nachfeilen?
Aber wenn er erst online ist, dann geht’s wieder. Und jetzt ist er online, der Teaser. Nur ein kleiner Vorgeschmack auf den Film, der erst noch entstehen wird. Oder besser gesagt, der hoffentlich entstehen wird. Denn ohne euch, ohne Menschen, die ihn sehen wollen, ist so ein Film kaum zu realisieren. Deshalb brauche ich jetzt eure Hilfe.

Wenn euch der Teaser gefällt, dann teilt ihn mit euren Freunden. Link: https://vimeo.com/181467679
Egal ob bei Facebook, per Whatsapp oder handschriftlich auf einem Zettel. Auch in Foren oder zum Beispiel bei Twitter könnt ihr ihn gerne verlinken.
Damit helft ihr, den Film einem breiteren Publikum bekannt zu machen und Zuschauer zu erreichen, die noch gar nicht wissen, dass es dieses Projekt überhaupt gibt.

24 Stunden auf dem Meer. Einhand über den Golf von Tarent.

Nebel, der am Morgen nach meinem langen Schlag vom Festland herüberweht. Apulien, wie man es nicht kennt.

Ich erlebe mehr auf dem Meer, als ich schreiben kann. Hier draußen ist nie ein Tag wie der andere. Langeweile war mir zwar von je her fremd, ich kannte sie nie. Aber das Meer, es überrascht jeden Tag, als würde ich durch eine fremdartige, andere Welt reisen. Kein Tag ist wie der andere. Kein Schlag ist wie der vorige. Und weil das so ist, möchte erzählen von meiner Reise über den Golf von Tarent nach Nordosten, um den Absatz des italienischen Stiefels herum.

110 Seemeilen. 24 Stunden. Von Le Castella/Crotone nach Castro/Lecce.

Als Pino mir am Vortag den reparierten Bugkorb bringt, fängt die Arbeit an. Burgkorb wieder einbauen. Seereling dranschrauben. Deck klarieren. Werkzeug aufräumen. Halb elf Uhr Abends bin ich fertig, ist der letzte Schraubenschlüssel wieder an seinen Platz geraümt. Noch eine schnelle Dusche unter dem Schlauch auf der Mole von Le Castella westlich von Crotone. Ein Bier. Ab ins Bett.

Am Morgen bin ich mit einem Satz aus dem Bett, checke den Wetterbericht, sehe, dass ich draußen noch etwa sechs Stunden fünf Windstärken vorfinde. Und dann eine Woche lang – kein Wind mehr. Flaute. Also beschließe ich, auszulaufen. Und die Gunst des Windes zu nutzen, dass er mich vielleicht zumindest ein Stück meines Weges über den Golf von Tarent, das Stück zwischen Sohle und Absatz des Stiefels trägt.

Und er pustet kräftig los, kaum dass ich um Capo Rizzuto herum und aus dem Windschatten bin. Da sind sie, die 5 bft., ich reffe, beigedreht, während ein Frachter vor der Küste hinter uns vorbeiläuft. So schön, so kräftig der Wind auch ist: Statt nach Nordosten, zum Stiefelabsatz hin zieht er uns jetzt nach Osten, raus aufs offene Meer. Und nicht hinüber, zum Stiefelabsatz.

Dann also: Hinaus.

1. 
Samstag. Badezeit. Im Nirgendwo.

Es ist Samstag Abend. Ich bin weit draußen auf dem Meer.  Etwa 100 Kilometer südlich des Stiefelabsatzes. Und 30 Kilometer östlich des Punktes, wo die Sohle des Stiefels anfängt. Es ist 19.30, Ende August. Die Sonne ging eben unter. Vor einer Stunde ist der Wind eingeschlafen. Und mit ihm haben sich die hackigen Wellen Schlafen gelegt, nur hin und wieder platscht noch Schwell an LEVJE’s Heck, lässt sie energisch stampfen, wie ein kleines Frauenzimmer, dem was nicht in den Kram passt. 
Ich stelle LEVJEs Motor ab. Einen Moment will ich die Stille hören. Will nicht mehr mit LEVJEs beruhigendem Bullern durch die Wellen ziehen. Sondern mich einen Agenblick in den Elementen fühlen. Ganz allein. Verloren in der anderen Welt, rings um mich herum, die so viel größer und weiter ist als unsere kleine Welt.

Es kostet Überwindung, den Motor abzustellen. Und nur noch die Stille zu hören draußen, weit weit entfernt vom Land.
Was, wenn er nicht mehr anspringt? 
Wenn sich die Stille plötzlich nicht mehr abstellen lässt darurch, dass sich der Motor in der Dunkelheit bullernd anstellen lässt? Es herrscht Flaute, für die nächsten Tage… 
Ich verwerfe den Gedanken. Zu groß ist die Verlockung, die Stille zu hören. Und jetzt an dieser Stelle ins Meer zu hüpfen.

Die Stille. Ich stelle LEVJEs Motor ab. einen Moment gleitet sie noch weiter, einfach weiter, als hätte Gottes großer Finger sie angestupst, ihr Schwung verliehen. Sie gleitet, wird langsamer. Dann: 100, 200 Meter weiter bleibt sie einfach liegen. Schaukelt leicht in der Dünung. Kein Wind. Nur ein bisschen Dünung. Die Stille – hier draußen ist sie, weit weit entfernt von allem. Ich kann sie hören. 

Wenn nur das Großsegel in der Dünung nicht so erbrämlich flappen und schlagen würde.

Wenn nur die Wellen LEVJE’s Heck nicht so zum Stampfen brächten.

Die Stille. Sie erinnert mich an manchen Spaziergang im frühen Winter, wenn der erste Schnee fällt. Oft ging ich in den Wald, nur um die Stille zu hören. Das feine Rieseln, das leiste Zischeln, wenn feuchter Schnee auf Fichtenzweige und Waldboden fällt. Und der feuchte Schnee alle anderen Geräusche wegdämmt.

Hier draußen auf dem Meer ist das ähnlich. Kein Geräusch. Eine Stille, die sich wohlig auf die Ohren legt. Nur mein Großsegel klappert elend. Aber das Geräusch kann man ausblenden. Und sich ganz auf die Stille konzentrieren.

Es kostet etwas Überwindung, hier ins Meer zu steigen. Unter mir sind etwa 1.739 Meter Wassersäule. Wer weiß, was unter mir alles herumschwimmt, jetzt wo die Sonne schon untergegangen ist. Als ich LEVJEs Leiter hinuntersteige, bin ich überrascht, wie warm das Meer hier ist. Eigentlich hatte ich erwartet, der Nordost, der seit frei Tagen hart wehte, hätte alles umgekrempelt, Tiefenwasser hochgespült und Oberflächenwasser nach unten, das unterste zu oberst gekehrt. Aber nichts da. Das Meer fühlt sich einfach nur warm an wie Badewasser an.

Die ersten Schwimmzüge. Weit schwimme ich nicht weg von LEVJE. Ein Windhauch hier draußen  könnte sie von mir wegtreiben, wer weiß, wie ich dann wieder zurückkäme, zur Leiter, aufs Schiff. Die Geschichte von den vier Yachties, die weit draußen ins Meer sprangen, ohne die Badeleiter herunterzuklappen. Wie endete sie?

Nein. Hier endet mein Mut. Ich bin nicht so verrückt, mein Glück zu versuchen. Schwell, der plötzlich auf LEVJE’s Heck zuläuft, wieder ein Stampfen, mit dem sie sich gegen die großen Wellen wehrt. Schnell zur Leiter.

Plötzlich lässt sich meine Funke hören. Italienisch, irgendein Boot-zu-Hafen-Gespräch auf Kanal 16. Ein Funkspruch, aus dem 100 Kilometer entfernten Santa Maria di Leuca. Wenn ich so weit draußen bin, lasse ich das Funkgerät mitlaufen. Wer weiß, ob man es nicht schnell braucht, es muss zur Hand sein sein, wenn ein Frachter partout auf einen zuhält, würde ich versuchen, ihn anzurufen. So schnell wie das Funkgerät zu quäken beginnt, ist es auch wieder still. 

Während ich mich dusche und abtrockne, lausche ich weiter auf die Stille. Ich bin glücklich. Jetzt, Hier. Genau an diesem Ort. Und ich versuche zu ergründen, warum. Welcher Winkel meiner Seele mir genau hier an dieser Stelle einen Dopamin-Ausstoß beschert. 100 Kilometer entfernt vom Stiefelabsatz. Und 30 Kilometer vom nächsten Land.

Und während ich mich freue, über die Stille, während ich noch meinen Gedanken nachhänge, ein Brummen in meiner Welt. Über den Wassern. Weit im Norden. Wie das einsame Brummen eines Flugzeuges am Herbsthimmel. Irgendwo hinter dem Klappern meines Riggs, irgendwo verborgen in der Weite, im Dunst, in der Stille ein friedliches Brummen. Ein Frachter. Seine weißen Decksaufnauten kommen eben über die Kimm, er ist sich er zwischen fünf und zehn Meilen entfernt und kriecht langsam in meine Richtung.

Erstaunlich. Nun bin ich doch wirklich in der anderen Welt – ist man denn nirgends mehr allein? Natürlich: Die Wegstrecke südlich des Golfes von Tarent ist viel befahren. Hier zieht allerhand vorbei, was von West nach Ost und Ost nach West will.

Trotzdem. Alles gut, soweit draußen. Das Leben ist schön an Orten, wo man es niemals für möglich gehalten hätte.

2.
Leben. Im Dunkel.

Natürlich sprang der Motor nicht auf Anhieb an. Neuerdings hat er die Eigenart, wenn er warm gefahren ist, zwei, drei, vier Drucke auf den Anlasserknopf zu benötigen. Weil sich bei den ersten Knopfdrücken einfach – nichts tut. Es dauert bis zum Dritten, bis der Anlasser die Kolbe kurz bewegt. Und der Motor anspringt.

Aber die Geschichte erzähle ich jetzt nicht, welche Gefühle einen beschleichen, wenn soweit draußen bei Windstille der Motor sich nicht mehr meldet, nicht anspringt. Als hätte man es geahnt.

Nein. Lieber erzähle ich jetzt eine Geschichte von langen Nachtwachen. Wenn es dunkel ist, stockdunkel, weil selbst der Mond sich nicht blicken lässt, dann ist es wirklich so, dass das Boot einfach nur ins Zappenduster hineingleitet. Ein bisschen Rotgrüner Schimmer, vom Buglicht im Bugkorb voraus. Das war es. Zu sehen ist da nichts mehr. Kein unbeleuchtetes Bojenfeld vor einem. Kein treibender Gegenstand. LEVJE strebt durch die Dunkelheit auf einem Kurs, auf dem der Autopilot sie hält. Ich bin nur Beobachter, kontrolliere hin und wieder das Geschehen, ob alles seine Richtigkeit hat. Sonst: Lausche ich den Geräuschen des Dunkels auf dem Meer. Der Schwell, der von irgendwoher heran rollt und mein Schiff unruhig werden lässt wie eine Pferd, das durchgehen will. 

Ein Fußball treibt bleich vorbei, ganz nah, in der Dunkelheit. Sicher hat ein Kind ihn am Strand verloren, der Wind treibt ihn nun seit drei Tagen immer weiter nach Süden, auf eine lange Reise.

Ob ich anhalten, ihn holen soll? Ich verwerfe den Gedanken. Irgendwo tief in LEVJE’s Backskiste liegen schon zwei Fußbälle, die ich gerettet habe. In Griechenland. Der Türkei. Nein, nicht noch einer. Lassen wir den Ball unbehelligt seine Reise tun.

Leichte Wellen, von irgendwoher, die Schaumkronen hinterlassen, wenn LEVJE durch sie hindurchgeht. Und immer, immer war es, als würde neben mir, dort, wo die Bugwelle seitlich wegstrebt, irgendetwas achmatzend atmen. Wie oft hörte ich das, neben mir. Es war, wie das Atmen eines Delphins. Ein kurzes den Rücken durch die Oberfläche drücken. Ein kurzes Öffnen des Atemlochs. Ein Luftholen. Ein wieder-weg-sein. Gesehen habe ich nie etwas. Die Einbildung, von einem Lebewesen begleitet zu werden: Sie gehört zu den langen Nachtwachen dazu.

Nur diesmal war es anders. Das vertraute Atemholen im Dunkel: Es war wieder da. Links neben dem Boot, in der sich brechenden Bugwelle, seitlich vom Boot. Vorne. Dann wieder seitlich. Ein weißer Schemen irgendwo in den bewegten Wellen. Ich fass‘ es nicht: Ein Delphin, der mit uns schwimmt, kurz nach Mitternacht, als hätte er nichts anderes zu tun, als sich mir mitten in diesem mondlosen Dunkel zu zeigen.

Er schwimmt seitlich. Er schwimmt vorne. Deutlich sehe ich den weißen Schatten, der mal neben, mal vor uns schwimmt. ‚Delphin‘ ist das Wort für reine Freude. Für „ich-gebe-den-Anstoß-für Kontaktaufnahme“. Und als wäre alles nicht genug, als ahnte der Delphin die Zweifel, die ich an meier Sinneswahrnehmung habe und seiner realen Existenz habe: Schraubt er sich vor LEVJE’s Bug hoch in die Dunkelheit, keine fünf Meter voraus. Ich sehe den weißen Schatten, der in die Luft springt, grün vom Buglicht beleuchtet. Ein mannshoher weißer Schatten, der vor uns aus dem Wasser steigt, irgendwie mit einem Lächeln, irgendwo in der Weite des Meeres. Und mit einem kontrollierten Platsch wieder zurück in die Wellen fällt.

Und fort ist. Wie gekommen ist.

3.
Nacht. Und Wachen.
Es ist weit nach Mitternacht. Ich werde langsam müde, auch wenn mich die Nacht und was ich in ihr sehe, unglaublich fesselt. Zeit, ein wenig zu schlafen.

Aber wenn ich „Schlafen“ schreibe, dann ist das etwas anderes als der normale Schlaf. Ich bin auf einem viel befahrenen Track unterwegs. Den Stiefelabsatz passieren, runden in beiden Richtungen Frachter, Fähren, Kreuzfahrtschiffe. Und sie sind schnell unterwegs, schneller als ich. Die meisten zischen – so wie die Containerfrachter, auf denen ich mit unterwegs war – mit 20, 22 Knoten durch die Wellen. Wenn ich zum ersten Mal ihr Licht irgendwo am Horizont entdecke, dauert es meist keine 20 Minuten, bis sie mich erreicht haben.

Also funktioniert Schlafen auf diesen langen Überfahrten anders. Ein letzter gründlicher Blick rundum, ob ich unter den Sternen auch wirklich kein Licht am Horizont übersehen habe. Einmal noch auf LEVJE‘s Bullern gehört. Konzentriert zugehört, ob der Motor gleichmäßig läuft, keine Geräusche  da sind, die ich nicht kenne. Ein Blick nach hinten, wo das Hecklicht die Auspuffgase beleuchtet, die aus dem Wasser aufsteigen. Ob nicht plötzlicher weißer Qualm dabei ist, der anzeigt, dass der Motor in den nächsten Minuten ernsthaften Schaden nehmen wird.

Aber alles ist normal und beruhigend. Wie der Sternhimmel über mir. Ich steige hinunter in LEVJE’s Salon. Die Motorabdeckung ist wie eine Fußheizung, wohlige Wärme durchströmt mich von unten. Dann lege ich mich auf die Saloncouch, wie ich bin, mit Schwimmweste, steuerbords. Und mache die Augen zu. Beim Einschlafen nehme ich mir vor, in zehn Minuten wieder wach zu sein. 

Das klappt. Denn so gemütlich ist das alles nicht. Eine Welle, die seitlich ans Boot platscht. Ein Rumpler, ein Schlingern. Irgendetwas, was mich weckt, ist immer da. Ich schlage die Augen auf. „Steh auf. Schau nach.“ Wie ein Roboter stehe ich ohne Zögern auf. Steige nach oben ins Cockpit. Die Sterne sind alle noch da. Rundum alles ok. Einen Moment bleibe ich oben, vertiefe mich in den Anblick. Dann gehe ich wieder nach unten.

Das geht so fünf, sechs, sieben mal. Fünf Minuten, eine Viertelstunde leichter Schlaf, der kostbar ist. Ich habe das auf langen Autofahrten durch die Nacht gelernt. Wenn Dich die Müdigkeit packt: Nicht fackeln. Rechts raus. Kurz Augen zu. Zwanzig Minuten Schlaf selbst in unbequemer Position machen Dich wieder fit für drei, vier Stunden. Danach? 

Irgendwann auf meinen Wachgängen entdecke ich weit vorne ein Licht. Und eins hinter mir am Horizont. Ich bleibe eine Weile an Deck, beobachte beide Lichter. Ob sie sich bewegen? Wohin sie sich bewegen? Erst wenn ich sicher bin, dass sie irgendwie auswandern, nicht auf der Stelle stehen, gehe ich wieder nach unten. Und hole mir noch ein kleines Portiönchen Schlaf. 

Ich muss wachsam sein, denn wir kommen dem Morgen und dem Land näher. Beides bedeutet, dass nun auch Fischer unterwegs sein werden, die auf das Auslegen ihrer Netze konzentriert sind und nicht auf das, was sonst noch so unerwartet herumkreucht um sie herum. Also wieder: Raus. Nachsehen. Und tatsächlich werden die Lichter voraus mehr. Sie sind meist unbewegt und klein, irgendwo voraus im Golf von Tarent. Und während ich sie beobachte, während ich ihnen zusehe, zischt vor mir über den kleinen Lichtern im Norden eine Sternschnuppe über den Himmel, von Ost nach West. Eine große, die für einen Moment Funkenstieben und eine Spur von Gasen am Firmament hinterlässt, ein unglaubliches Schauspiel.

Ganz schnell überlege ich, was ich mir wünschen könnte. Ich denke an meine Frau, dass ich glücklich bin mit ihr und sie mir Halt gibt. Dass ich glücklich bin an dem Ort, an dem ich jetzt gerade bin. Nein. Nach vielen, vielen Wünschen, die ich im Lauf meines Lebens den Sternschnuppen nachsandte: Ich habe keine Wünsche für mich.

4.
Ankunft.
Noch bevor es zu Dämmern beginnt, blinkt plötzlich ein Leuchtfeuer vor mir am Horizont. Es ist das Leuchtfeuer von Santa Maria di Leuca, das vom Felsen herunter weit in die Nacht einen weißen Finger sendet. Ich habe nun wieder Kontakt zum Festland, eine Verbindung ist hergestellt. Es dauert aber noch drei Stunden, bis ich in der Dämmerung tatsächlich die Klippen von Santa Maria di Leuca vor mir habe. Noch etwa eine halbe Stunde bis zum Hafen. 

Aber: Soll ich da jetzt wirklich rein? Zu schön ist doch das alles um mich herum. Das rosige Licht, das die Sonne aussendet, lange, lange bevor sie sich zeigt. Ein paar Fischer, Ruhelose wie ich, die die Vorstellung des Morgens und die Idee, dass ein Fisch beißen könnte, noch in der Dunkelheit hinaus trieb aufs Meer. Wir sind immer noch Steinzeitmenschen, Jäger, Sammler. Unser Tun, unser Wollen ist geprägt von Jahrhunderttausenden, wir sind Steinzeitmenschen, auch in der Enge des Büros.

Nein: Ich bleibe noch draußen, Müdigkeit hin oder her. Kurs also auf die große Bucht von Castro, zweieinhalb Stunden im Norden. Dort kann ich geschützt ankern und sein. Und das Wasser ist herrlich türkis da.

Nein: Weiter nach Norden. Und während ich die Stelle passiere, wo vor den Klippen das italienische U-Boot am Meeresgrund liegt, das die Briten dort im II. Weltkrieg versenkten und irgendwo dort vorne mit Mann und Maus am steinigen Grund liegt, während ich zum Leuchtturm hinaufschaue und den Anglern ausweiche, die jetzt am Sonntag Morgen ihre Linien ziehen, kreuz und quer vor der Küste, kommt Wind auf. Wind von den Klippen herunter. Wind aus dem Golf von Tarent. Ich hole die Genua und schalte LEVJE’s Motor ab. Stille. Ein Gurgeln am Bug. Ein leises Murmeln am Heck. Stille. Eine Wohltat.

Im Osten des Steifelabsatzes, in Apulien Anfang September.

Und als ob das Leben für jede Entscheidung, die Anstrengung hier draußen bedeutet, auch gleich eine Belohnung mit sich brächte: Etwas, das man im Leben nie mehr vergessen wird ob seiner Schönheit, bringt der Wind Wolken mit sich. Er treibt sie aus dem Golf von Tarent über die Enge des Absatzes hinüber. Sie werden zu Nebel. fallen herunter von den kahlen Hängen, als wäre ich hier nicht im südlichsten Süditalien, sondern weit weit irgendwo im herbstlichen England, das ich so liebe. Ein unglaubliches Schauspiel des Nebels im zarten Morgenlicht, eine Landschaft, Orte, Paläste, nur leicht verhüllt. Palladio’s Villen in einer Herbstlandschaft – statt im Norden dort, wo man sie nie vermutet hätte.

Nein. Ich erlebe mehr auf dem Meer, als ich schreiben kann.

  

Wenn Ihnen dieser Post gefiel:
Bitte unten Ihr Häkchen bei „Tolle Geschichte“ setzen.
Sie unterstützen diesen Blog, wenn Sie sich oben rechts mit eMail eintragen. 
Dann bekommen Sie jeden neuen Post bei Erscheinen.
Gerne auch über FEEDLY oder BLOGLOVIN
Dank!

Mare Più: heißt „mehr Meer“. 
Und wenn Sie mehr Geschichten 
über die Menschen am Meer lesen wollen:


Wie es ist, auf einem kleinen Segelboot
• Italien
• Griechenland
• Türkei
zu bereisen. Und in fünf Monaten: Von München nach Antalya zu reisen.

Jetzt lesen. Als eBook. Als Print. Hier bestellen.

Auch als Film:  



Im Download. Als DVD. Hier.

Demnächst auch in den CINEPLEX-Kinos 
in Aichach und Germering bei München.

Das sagt die Presse über Buch und Film:

„… ein Sehnsuchtsbuch par excellence.
Und ein echtes sinnliches Erlebnis.“
MÄRKISCHE ZEITUNG im Oktober 2015

„… eröffnet dem Weltenbummler ganz wunderbare Traumziele, auf die man 
bei üblicher Herangehensweise schwerlich gekommen wäre.“
YACHT im Mai 2015 

„Die Besonderheit des einstündigen Streifens ist seine Ruhe. 
Eine Ruhe, die der Film mit poetisch angehauchter Sprache und sinnlichen Bildern von Szene zu Szene eingehender vermittelt.“
SEGELREPORTER im Dezember 2015

„… ein schönes, ein gelungenes Werk, animierend und inspirierend.“
LITERATURBOOT im Juli 2015

„Absolut empfehlenswert!
Für Reisebegeisterte ist ‚Einmal München-Antalya, bitte!‘ definitiv zu empfehlen.“


RATGEBER.REISE. im Juni 2015