Kategorie: News & Blogs

Golden Globe Race – Update

SAME PROCEDURE AS EVERY DAY?

GGR # 3

SV Goyave – Daniel Jouve FRA

30.000 SM SINGLEHAND AROUND THE WORLD – TODAY

Dear Peter,
You haven’t heard from me since a long time, have you?
But, today I just cross a key milestone along my journey: 30,000 miles of singlehanded sailing around the globe and I wanted to share this event with you. 30,000 miles of which probably 29,950 have been steered by « Peter » my WindPilot Pacific.

FANTASTIC is the word which comes to my mind when I realize the massive work « he » has been doing during these past 11 years.
Winds from 4 to 45 knots from any directions, crossed swells up to 6m, Peter doesn’t mind, keeping Goyave (my Ovni 36) on track with a terrific precision.

Who said that wind vanes don’t perform well downwind? Surely not WindPilot!

How much care did I give to this outstanding crew member? Nearly nothing! Of course, replacing the steering lines and the blocks a few times as well as the  teltale so efficient by light winds, but NOTHING ELSE in 30,000 miles. That’s incredible!

I have a little tradition, but please keep it for you ok? After each substantial passage, I make a toast of my favorite single malt with him.

All this to say how much thankful I am to you and my best companion.
Thank you some much for this brilliant creation, Peter.
Your most rewarded customer.

Daniel & Goyave 14.06.2018 from Belitung, Indonesia

Musikalische Videobotschaft für die Glüxpiraten

 Video
Meine musikalische Videobotschaft für Babs und Eric von den https://gluexpiraten.de/
Mit Bordmitteln komponiert, produziert & gefilmt. Man verzeihe mir die Textunsicherheit. Gleichzeitig Filmen, Spielen, Singen und Segeln überstieg etwas meine Multitaskingfähigkeiten für diesen nagelneuen Song.

Bergauf gehts

Bevor es am 8. Juni weiter geht, treffe ich mich am Abend vorher mit Dietmar, an Bord seiner Segelyacht O.ELA zu einem Sundowner. Man ist das lange her, dass ich einem anderen Einhandsegler begegnet bin.
Dietmar ankert am anderen Ende dieses Baggersees und so fahre ich etwa eineinhalb Kilometer mit dem Schlauchboot zu ihm rüber.
Er ist vor einigen Wochen in Neuss gestartet und kommt jetzt die Donau runter. Mit O.ELA will er bis nach Griechenland segeln. Und so tauschen wir Erfahrungen aus und plaudern übers Leben. Ein richtig cooler Abend war das.
Als ich zurück zu Nomade fahre, ist es bereits dunkel. Ich packe nur noch schnell den Außenborder und das Schlauchboot weg und falle schließlich in die Koje.

Die Fahrt am nächsten Tag verläuft unspektakulär, ja fast schon langweilig. Am Nachmittag biege ich in einen breiten, aber flachen Altarm ein und nehme mir viel Zeit fürs loten.
Nachdem der Ankerplatz erkundet und der Haken eingefahren war, habe ich mich auf die Nacht vorbereitet und bin früh schlafen gegangen. Heftige Gewitter waren angekündigt und es hat nicht lange gedauert, da war ich wieder hellwach. Um mich herum ein regelrechtes Feuerwerk. Ich kann mich an kein heftigeres Gewitter vor Anker erinnern, als an jenes in dieser Nacht. Drehende Sturmböen, die dafür gesorgt haben, dass der Anker ausgebrochen ist und Regen, als hätte jemand dort oben Tore geöffnet.

Während der Fahrt am folgenden Tag, wäre ich nach etwa 2 Stunden am Steuer am liebsten wieder schlafen gegangen, so müde war ich durch die nervige Nacht.
Aber wenigstens war die geplante Strecke an dem Tag nicht so lang.
Gegen 10 Uhr war ich in Komarno, in der Slowakei und habe dort an der allerersten (für mich benutzbaren) Tankstelle seit dem Schwarzen Meer festgemacht. Ein Anruf und wenige Minuten später war der Besitzer da und hat mir den Tank gefüllt. Endlich keinen Diesel mehr schleppen!
Kurz nach dem Boxenstopp habe ich den Anker an einem der letzten guten Plätze in der Slowakei fallen gelassen. Auf der Innenseite einer Kurve, mit gutem Abstand zum Fahrwasser. Im laufe dieser Reise sind mir diese Plätze mit die liebsten geworden. Das Boot liegt mit ein wenig Justage an Ankerkette und Leinen wie angenagelt im Strom, egal aus welcher Richtung der Wind kommt.
Und während ich so da liege, baut am Ufer neben mir ein Angler sein Gerät auf und holt kurze Zeit, nachdem die Ruten ausgeworfen sind, einen Recurvebogen und einen kleinen Cube als Ziel raus. Da war ich überrascht und fast neidisch. Sabrina und ich gehen ebenfalls unheimlich gerne Bogenschießen, kommen aber viel zu selten dazu, weil es nicht viele Parcours in unserer Umgebung gibt und öffentliche Flächen durch Überregulierung kaum noch legal begehbar und erst recht nicht benutzbar sind.
Ich habe jedenfalls mit Genuss durchs Fernglas zugeschaut. Der Typ war wirklich gut. Kein Pfeil ging daneben.

Ok, nächster Tag!

10. Juni, 80 Kilometer, Geschwindigkeit wegen starkem Gegenstrom oft nur noch 5 Ka Em Ha! Achso, ne Schleuse war auch noch mit dabei, inkl. Wartezeit, aber danach ging es im Oberwasser auch wieder zügig vorwärts. Oberhalb der Schleusen steht das Wasser ja quasi, weil es aufgestaut ist.
Leinen waren dann, nicht weit vor Bratislava, an einem schwimmenden Restaurant auf der Ungarischen Seite der Donau fest und hier wurde Nomade zu meiner Überraschung regelrecht gefeiert. Für mich ist es halt ziemlich normal, zu sagen, dass ich aus Istanbul komme, wenn ich gefragt werde: „Woher?“ Aber so langsam werden die Reaktionen doch immer ausgefallener, auf diese Antwort.
Immer mehr Leute wurden dazu geholt, Fotos gemacht und ich musste einige Hände schütteln.
Die Begeisterung lag sicherlich auch daran, dass hier eine Segelschule ihren Liegeplatz hat. Die erste, die ich in der Donau sehe.
Wenn ich so daran zurück denke, wie ich selbst vor wenigen Jahren meinen ersten Schein gemacht habe und mir vorstelle, dass da ein Einhandsegler von so weit her vorbei gekommen wäre, ich wäre mit Sicherheit genauso aus dem Häuschen gewesen.
Eine Ketsch war jedenfalls noch nie hier, meinte der Segellehrer…

Ich hätte am liebsten noch länger mit den Leuten dort gequatscht, aber ich musste nochmal los. Meine Euros gingen mir nach dem Boxenstopp in Komarno so langsam aus, also bin ich am Abend mit dem Faltrad nochmal 19 Kilometer geradelt, um den Vorrat an Scheinen wieder aufzufüllen.

Schlafen!

Weiter bergauf!

36 Kilometer, noch langsamer als gestern! Zermürbend!

Leinen fest in einem Behördenhafen in Österreich. Ich bin den Leuten vor Ort ziemlich dankbar dafür, dass ich dort festmachen durfte, denn eigentlich hätte ich ohne Erlaubnis nicht mal dort reinfahren dürfen. Man hätte ein Bußgeld verhängen können, hat man aber nicht.
Nicht unerwähnt sei allerdings, dass ich mit 3 verschiedenen Institutionen telefonieren und diskutieren musste, um die Erlaubnis zum übernachten zu bekommen.

12. Juni

52 Kilometer, 13 Stunden, nochmals langsamer als am Vortag. Laut Schifffahrtsbehörde ist das heutige Teilstück in den Donauauen das schwierigste und weist das stärkste Gefälle im gesamten Fluss auf. Und das merkt man auch. Negativrekord: 0,6kn Fahrt über Grund auf der Innenseite einer Kurve, bei 6,8kn durchs Wasser!
Anker fallen lassen um 22 Uhr unerlaubterweise in einem schmalen Altarm. Warum ist schnell erklärt:
Alle kleinen Häfen in und um Wien sind für Nomade entweder zu flach, die Stege zu filigran, die Marina nicht erreichbar, bzw. voll.
An der Schleuse Freudenau habe ich darum gebeten, für ein paar Stunden Schlaf im Wartebereich festmachen zu dürfen. Antwort: „Nein!“
Das war kurz vorm dunkel werden, bei Regen und Gewitter.
Nach mittlerweile mehr als 350 verschiedenen Schleusen im Laufe der Zeit, bei denen ich an einigen (gerade spät Abends) ein paar Stunden oder sogar Tage bleiben durfte, war diese Absage hier in Freudenau eine Premiere. Ist mir noch nie zuvor passiert und ich hatte absolut (gerade in der Situation) nicht damit gerechnet.

Also weiter, jeden Ponton und jede Kaimauer abgesucht, so lange ich noch etwas sehen konnte. Aber überall Verbotsschilder. Verbotsschilder für alle, Verbotsschilder für Kleinfahrzeuge. Nomade ist nun mal ein Kleinfahrzeug, auch wenn sie mit knapp 15m Länge über alles und 20 Tonnen Gewicht, gar nicht so klein ist. Aber sie ist halt zu klein für die Plätze der Großen und zu groß für die meisten Yachthäfen. Das war mir natürlich vorher klar, aber das in Wien wirklich jede noch so kleine Kaimauer mit Verbotsschildern zugepflastert ist, war enttäuschend.
Also blieb nichts anderes, als dieser (ebenfalls illegale) Abstecher in den unsicheren Altarm. Hier hat mich wenigstens im Dunkeln keiner gesehen.
Entsprechend früh bin ich weiter, wieder auf der Suche nach einem Liegeplatz. Mir ging es nach den anstrengenden Tagen gar nicht mehr darum, vorwärts zu kommen, ich wollte einfach nur mal irgendwo in Ruhe bleiben. Und so habe ich am13. Juni eben alle Möglichkeiten auskundschaftet, mit dem Ergebnis, dass ich am Telefon überwiegend niemanden erreicht habe.
In einem Yachthafen, der tief genug war, mit stabilen Stegen und der theoretisch Platz geboten hätte, habe ich jemanden erreicht. „Theoretisch Platz“ hieß in der Praxis: Man hätte ein Boot am langen Steg ein Stück vorziehen müssen, dann hätte es gepasst. Antwort am Telefon: „Nein, da ist ihr Boot zu groß für. Da liegen ja schon zwei Mitglieder… bla, bla, bla… versuchen sie es doch mal dort…“

„Dort“ habe ich es dann versucht und der Platz war wirklich vielversprechend. Ein Anleger der Stadt und der Werft. Unterhalb der Überschrift stand auf einem Schild geschrieben: „Da bleibt man gerne liegen.“

Also hab ich die Leinen fest gemacht, gerne meine Papiere geschnappt und bin ins erstbeste Büro getigert, welches ich finden konnte. „Nein, hier sind sie verkehrt, sie müssen dort fragen.“
Nächstes Büro: „Nein, hier sind sie verkehrt, sie müssen dort fragen.“
Richtiges Büro: „Ja, bei mir sind sie richtig.“
Richtiges Büro: „Sie liegen wo? Ja, prinzipiell können sie da schon bleiben, aber ich bin nicht befugt, das zu entscheiden. Da müssen sie…“

Während mir die wirklich hilfsbereite Dame alle wichtigen Kontaktdaten des Entscheidungsträgers aus dem Computer rausgesucht und aufgeschrieben hat, kam ein anderer (wichtiger) Entscheidungsträger zufällig ins Büro und hat mir eine Absage zum Festmachen erteilt. Wortwörtliche Begründug: „Da haben mal welche Müll abgeladen und … nein, also … nein. Da bleiben? Nein, das geht überhaupt nicht.“

Dabei dachte ich, ab hier wird alles einfacher…

Jetzt liege ich an der Schleuse Greifenstein. Die haben es mir offiziell (wobei, so sicher bin ich mir da nicht) erlaubt.

Seit heute morgen ist Hochwasser. Die Pegel steigen kräftig. Ist mir aber ehrlich gesagt egal. Ich brauche sowieso ne kurze Pause.

Achso, Bilder! Ja, hab ich jede Menge gemacht, aber zum bearbeiten und hier reinbasteln fehlt mir gerade echt die Lust. Habt ihr hoffentlich Verständnis für. Mache ich vielleicht mal nachträglich…

Segeln um Ibiza.

Auf meiner ersten Etappe für mein neues Buchprojekt 
bin ich auf Levje nach Menorca und Mallorca nun auf der westlichsten Balearen-Insel Ibiza angekommen. Mit einigen Vorurteilen über diese Insel.

„Ibiza? Geh da bloß nicht hin,“ hörte ich auf Mallorca von Einheimischen öfter mal. „Auf Ibiza ist alles noch viel schlimmer als bei uns. Die Menorquiner waren am schlauesten, was den Tourismus angeht. Und die Leute auf Ibiza noch gnadenloser als wir.“

Wer ein bisschen herumkommt in der Welt, der stellt schnell fest, dass der alte Karl Kraus schon recht hatte, was Nachbarschaft angeht. Er sagte einmal sinngemäß: „Der Balkan? Fängt an der Ostwand meines Schlafzimmers an.“ Wobei diese Denke in jedem von uns wohnt, dass alles Übel dieser Welt grundsätzlich erst ab dem Nachbargrundstück anfängt. Als ich mich beruflich öfter in Balkanländern herumtrieb, war ich erstaunt, wie jede der dortigen Völkerschaften nach Kräften ihre Vorurteile über die Nachbarn pflegte. „Die Ungarn? Alles nur Autodiebe“, verrieten mir meine polnischen Gesprächspartner. Während die Ungarn über die Polen nur müde lächelten: „Machen Sie Urlaub in Polen! Ihr Auto ist schon da.“ Die Rumänen wiederum verwiesen energisch darauf, dass sie niemals in Bulgarien Urlaub machen würden – man würde Ihnen dort die Autos klauen. Während die Bulgaren auf dem Weg durchs Nachbarland Rumänien es tunlichst vermieden, dort  anzuhalten: „Die Rumänen schrauben Dir die Reifen während der Fahrt ab.“

Vielleicht ist das ja auch so mit Bewohnern der Baleareninseln. „Ibiza? Unmöglich!“ Das scheint der Grundkonsens zu sein. Auch ich bin eher kleinlaut, wenn ich entfernteren Bekannten mitteile, wo ich gerade stecke. Entsprechend ist auch meine Brille eingestellt, als ich mich der Insel auf Levje nähere. „Die Hänge? Sind ja alle verbaut! Da ist Mallorca aber ganz anders!“, pinselt mein Hirn in die Luft. Doch meine Widerstände schmelzen, als ich die Nordküste entlangsegle. 

Die eine um die andere Felsformation, die mich aus den Schuhen haut. Eine Bucht hübscher als die andere. So dass ich gleich am zweiten Tag entgegen aller Vorsätze in der Cala Blanca ankernd bleibe, über die der Segelautor Martin Muth in seinem lesenswerten 2018er Balearen-Törnführer schreibt: Sie sei irgendwie selbst im Hochsommer unterschätzt und verlassen. Dabei hat sie wunderbaren Sandgrund, in dem der Anker prima hält.

Da bleib ich. Gewitterwolke oben drüber hin oder her. Und siehe da: Die Bucht ist noch wunderschöner als Martin Muth schreibt. Mit Grotten und Höhlen rechts am Ufer. Und Ufergrundstücken und Traumgärten, dass zum 300sten Mal in mir der Gedanke schwillt: „Mit so einem Garten würdest Du endlich seßhaft werden. Und niemals mehr auf Reisen gehen.“ 

Ibiza hat, je nachdem, wo man ankommt, viele Gesichter. Die Felsformationen an der Nordküste, die Gärten und die nette Bucht, in der ich nur zu gern geblieben wäre, sie alle sind die gegensätzlichen Gesichter einer Insel. 

Denn es gibt eben auch jenes Sant Antoni de Portmany, wo es nicht so wichtig ist, ob man die Nacht im richtigen Hotel verbringt. Sondern viel wichtiger, in welchem Club. Möglichkeiten gibts da zwischen Sant Antoni und Ibiza Stadt viele – sie springen einen gleich am Busbahnhof von Sant Antoni  und auf dem Weg von dort nach Ibiza Stadt an: Großflächige Plakate mit kryptischen Messages, deren Gesichter, Namen und Botschaften nur die feierlaunigen jüngeren Kryptographie-Eingeweihten entziffern können. Der Rest der Menschheit? Steht erstmal stumm vor den übergroßen Plakatwänden mit den Tempelhieroglyphen wie der hier:



Doch Vorsicht. Tynie Tempah weiß, was Sache ist – auf YOUTUBE hat er für einen einzigen Song schon mal 169 Millionen Aufrufe (169.000.000) eingeheimst, bevor er Ibiza diesen Sommer jeden Mittwoch mit seinem Besuch beehrt.  

Und überhaupt: Ibiza? War da nicht was? War hier in Sant Antoni nicht das legendäre CAFE DEL MAR daheim, dessen chillige Sounds ich nur in den CD-Player (gabs damals noch) schieben musste: Und schon tagträumte ich mich weit weit weg in ein Leben, in dem es nur noch Segeln, Weite, Meer und Reisen gab. Das Cafe gibt es immer noch, und auch wenn dort beim Sonnenuntergang noch genauso lauthals applaudiert wird, weil es angeblich wie vor 20 Jahren der schönste Ort für Sonnenuntergänge sei, so ist es längst in andere Hände übergegangen.

Ibiza Stadt selbst ist dann wieder anders. Die Altstadt eine pittoreske karibische Piratensiedlung auf einem Hügel. Es waren meerreisende karthagische Phönizier aus dem gegenüberliegenden Nordafrika, die auf der ländlich geprägten Eingeborenen-Insel zunächst einen Handelsposten errichteten. Ein Ort, der vor 2.500 Jahren nichts anderes war als ein weiterer der der unzähligen Handelsposten auf einer entlegenen Insel. Den die neuen Herren zielstrebig erst zur Selbstversorger-Station und dann zum Produktionszentrum umbauten. Manchmal scheint es mir, als wären die Phönizier und deren westliche Abkömmlinge, die Karthager, die Start-Up-Unternehmer der Antike. Etwas erschaffen, wo nichts ist, statt zu erobern. 

Ich gebe zu: Ich könnte hier bleiben, in Ibiza. Allen teueren Hafengebühren im Juli und August zum Trotz (37ft: bis 200€) und auch manch anderen Auswüchsen des Massentourismus. Denn unter dieser Oberfläche ist dieses Ibiza einfach nur eine phantastisch schöne Insel.


Von Mallorca nach Ibiza. Oder: Ein ganz normaler Tag auf dem Meer.

Auf meiner ersten Etappe für mein neues Buchprojekt 
um die europäische Westküste herum erreichte ich von Sizilien kommend 
nach 5 Tagen Segeln die Balearen. 
Nach Menorca und Mallorca bin ich am Samstag Früh Richtung Ibiza aufgebrochen.

Manchmal schlafe ich abends ein mit dem Gefühl, an einem Tag auf dem Meer soviel erlebt zu haben wie an 30 anderen Tagen nicht. Nach all den Jahren des Segelns weiß ich immer noch nicht, warum ich in dieser rauen Umwelt und mit der anstrengenden Erfahrung des Alleinsegelns so viel Glück empfinde. 

Es gibt viele Wege, die 45sm (80 Km) von Mallorca nach Ibiza zurückzulegen. Mit dem Flugzeug. Mit der Fähre. Auf einem Kreuzfahrtschiff. Da lassen wir andere für uns machen. Geben die Verantwortung an andere ab. Machen lassen spart eigene Mühsal. Auf dem eigenen Boot übernimmt man die Verantwortung selber. Das ist nicht für jeden geeignet. Und anstrengend ist es auch. Und manchmal voll der Mühen. Aber irgendwie erlebe ich dabei viel. So wie gestern.

Bis ein Blister so schön anzusehen ist, brauchts manchmal. Vor allem, wenn man jeden Anfängerfehler der Welt beim Setzen und Bergen macht.

Weil mein Freund Sven die Regel aufgestellt hat, man müsse den Tag bei Sonnenaufgang farbenfroh mit einem riesigen Vorsegel beginnen, habe ich versucht, seiner Regel gestern zu folgen.  Doch wenn ich ehrlich bin, dann bin ich als Einhandsegler kein Freund davon. Spi und Gennaker und Blister sind gut für mehrköpfige Crews. Als Einmann-Segler sind sie mir zu kompliziert zu setzen. Und – wenn es einmal schnell gehen muss – noch komplizierter zu bergen. Ich brauche in solchen Situationen sieben Hände, wo ich doch nur zwei habe. 

Doch habe ich in der Segellast dieses große gelbe Vorsegel liegen. Es kitzelte mich nach dem Ablegen aus meiner Ankerbucht in Mallorca und der Vorhersage „10 Knoten Wind“, das gelbe Segel. Also ließ ich Levje unter Autopilot aus dem Hafen lauf; legte 20 Minuten Leinen und das große gelbe Segel aus. Und zog es hoch.

Es stand schön. Es grüßte den Tag farbenfroh. Es zog mächtig. 7 Knoten Speed bei 13 Knoten Wind. Aber dann schaute ich den Mast hinauf und entdeckte, dass sich da oben das Fall, an dem die Spitze des gelben Segels hing, um das Fall des eingerollten Vorsegels gewickelt hatte. 

Das mit der „Verantwortung für alles“ ist, wenn es ernst wird, eine blöde Sache. Ich dachte hin. Ich dachte her. Überlegte, ob der starke Zug des gelben Segels nicht Schaden anrichten könnte? Es lief ja doch alles so schön. So gut. Nein, ich lasse das erstmal so stehen, bis der Wind nachlässt.

Nach zehn Minuten war ich weichgekocht. Das ging so nicht. Das war nicht gut. Also begann ich, das  das gelbe Teil zu bergen. Das ging fast gut. Nur fast. Denn plötzlich hatte ich eine Sanduhr drin. Ich konnte es nicht mehr einrollen. Es blähte sich und schlug wie wild. Ich ließ das große gelbe Teil also in voller Fahrt im geöffneten Zustand aufs Vordeck fallen. Warf mich mit all meinen 90 Kilo ausgestreckt drauf, um das im Wind schlagende Tuch zu bändigen. Und zurrte es mühsam der Länge nach am Seezaun fest. Doch ich hatte die langen Schoten einen Moment außer Acht gelassen, die wir im Wasser hinter uns herzogen. Natürlich hatte sich die eine in den Propeller unter Levjes Bauch gewickelt. Der ließ sich nicht mehr drehen. Wir waren ohne Motor.

Da half jetzt nur eins: Ich musste auf dem offenen Meer mein Schiff verlassen. Unter das Schiff tauchen. Und die grüne Schot wieder vom Propeller kriegen. Ich schalt mich alles, was mein Vokabular an Eigenschimpfnamen hergab. Doch es half nichts. Ich versuchte Levje durch Bergen des Großsegels – so gut es ging – zum Stehen zu bringen. Mit festgelegtem Ruder machte sie schwache Fahrt seitwärts. Falls der Wind sie doch beschleunigte, während ich tauchend unter ihrem 4 Meter breiten Bauch zugang war, band ich meinen längsten Festmacher an einen Fender. Und warf beides über Bord. Dann Badehose an. Messer ans Handgelenk gewickelt. Rein in die Wellem.

Levjes Heck stampfte und matschte heftig auf nieder in den Wellen. Luft holen. Runter unter das schlagende Heck. Aber alles halb so wild. Schon beim ersten Tauchgang sah ich, dass sich die Leine drei Windungen ordentlich um die Welle gelegt und sie blockiert hatte. Nach dem dritten Mal tauchen schaffte ich es, sie loszubekommen. Schnell aus dem Wasser. Rauf aufs sichere Deck. Als Erfahrung bleibt, wie sehr man unter dem stampfenden Heck sich in einer Welt bewegt, die keinen Fixpunkt mehr hat. In der sich alles unter Wasser dreht. Ich ließ das große gelbe Tuch aufgetucht auf der Seereling. Und beobachtete eine überholende Fahrtenyacht. Mit großem Blister. Und ebenfalls mit einer Sanduhr drin. Ich war also nicht der einzige Idiot an diesem Tag.

Fünf Stunden später. Der Wind war nun tatsächlich auf 10 Knoten gefallen. Am Himmel zeigten sich Wolken, die ich noch nie gesehen hatte. Rätselhafte Dinger, Wolken wie gezackte Wellenkämme. Sie sahen irgendwie ungut aus, ich nahm mir vor, sie bei Gelegenheit nachzuschlagen und ließ sie vorerst über mich drüberziehen. Dann wurde der Wind schwächer. Ich schielte erneut zu dem verdreht auf meiner Seereling hängenden 60 Quadratmeter großen gelben Teil. Wenn ich es auf dem Vordeck entdrehen könnte. Wenn es gelänge, die fünf Leinen wie bei einem Fallschirm einigermaßen in Ordnung zu halten.

Mut ist, wenn man seine Ängste überwindet. Ich brauchte zwanzig Minuten, bis ich das Teil einigermaßen klariert hatte. Dann schnell zum Mast. Und hoch damit hinter der Genua, die es wie eine Wand vor dem erneuten Verdrehen schützte. Und da stand es nun. Und meine siebeneinhalb Tonnen schwere Levje spurtete los, dass es eine Freude war. Ich war stolz, meine Probleme gelöst zu haben. 

Und als wäre dies alles noch nicht Geschenk genug, tauchten in diesem Moment drei Delphine auf, als wollten sie mir sagen: „Du hast Dich zwar anfangs wie ein Anfänger benommen, aber das Ruder rumgerissen. Wir habens genau gesehen!“

Und so schwammen die drei vor Levjes Bug. Schielten hoch, wenn ich runtergrinste. Und tauchten nach rechts, wenn ich links die Kamera hinhielt. Sie sind wie Spielkinder.  Jedenfalls die beiden kleineren.

Der dritte war viel größer und der Vorderkörper weiß. Ich bin nicht sicher, ob er seiner Größe nach überhaupt ein Delphin war? Oder vielleicht etwas größeres. Wenn ich wieder Netz habe, werde ich nachsehen, ob es Grindwale auch im Mittelmeer und um Ibiza gibt. Der Große zeigte jedenfalls ganz anderes Verhalten als die possierlichen beiden kleineren Delphine, war jedenfalls scheu. Und hielt sich abseits, während die beiden kleineren mit den weißen Bäuchen munter vor Levjes dahinrauschendem Bug spielten.

Mein Abenteuer mit dem gelben Vorsegel hatte mich über eine Stunde gekostet. Es war 18 Uhr, als ich mit leichter Brise die Ibiza vorgelagerte Tagomago erreichte und an der Westseite auf sandigem Grund meinen Anker fallen ließ. Und während ich noch am Ankern war und im Wasser nach meinem Anker schnorchelte, um zu sehen, ob er sich auch gut eingegraben hatte, überzog sich der Himmel. Das Strahlen wich einem fahlen Braun am Himmel. Staubfahnen jagten vor der Sonne dahin, ein

merkwürdiges Schauspiel am Himmel. Noch merkwürdiger, als wenige Minuten später nur wenige Regentropfen fielen. Es dauerte nicht lang. Doch jeder der Regentropfen enthielt mindestens ein rotes Sandkorn – Staub aus den Wüsten des nahen Nordafrika, den der Wind übers Meer hierher getragen hatte. Er erinnerte mich daran, wie nahe ich Nordafrika im westlichen Mittelmeer bereits gekommen war. Und der mein Schiff am darauffolgenden Morgen nach drei nächtlichen Gewittern mit viel Blitz und wenig Getröpfel aussehen ließ: Als hätte jemand heimlich des Nachts alle Fenster, alle Schoten die Segel, die Decks heimlich mit einem roten Sand-Wasser-Gemisch bemalt.

Nein. Ich erlebe auf dem Meer an einem Tag mehr als irgendwo sonst.

Baja – Budapest – Baggersee

Nomade in Budapest.

Ungarn bedeutet für mich eine Art Wendepunkt. Zwar geht es immer noch weiter die Donau hinauf und das auch noch lange, aber Ungarn ist im Schengen-Raum, was die weitere Reise für mich wesentlich erleichtert. Nachdem ich über die Grenze bin, habe ich in Mohacs einklariert. Ein letztes Mal, in einem riesigen Gebäude, alles perfekt organisiert. Grenzpolizei, Zoll, Wasserschutzpolizei, Amtsarzt und Katastrophenschutz (kein Scherz) musste ich besuchen und Stempel sammeln. Trotzdem war nach knapp einer Stunde alles erledigt.
Ab hier genieße ich nun echte Reisefreiheit. Lediglich mein Geld habe ich noch einmal umgetauscht und mit dem Ungarischen Forint jetzt die 6. Währung seit Beginn der Fahrt in der Brieftasche.

Danach bin ich eine kurze Etappe bis Baja gefahren. Hier gab es das erste Treffen mit einem Leser und Zuschauer. Balazs, der nur wenige Kilometer von Baja entfernt wohnt, stand bereits am Steg und hat die Leinen von Nomade angenommen. Danach sind wir zusammen in ein Cafe gegangen und ich wurde dort von einer kleinen Runde erwartet. Ein außergewöhnlich schöner Tag war das für mich. Das man hier unten, kurz hinter der Serbischen Grenze, das anschaut und liest, was ich hier zu erzählen habe, hätte ich nie gedacht! Und so ist der Tag ausgefüllt mit Plauderei, einer Fahrradtour mit Jozsef, der mir die Stadt zeigt und bei Besorgungen hilft.
Am Abend kommen dann nochmal Daniela und Gunter an Bord. Die beiden wollen nächstes Jahr von Ungarn aus bis zum Schwarzen Meer rudern. Und so sitzen wir bis zum späten Abend zusammen und unterhalten uns über die Donau.



Am nächsten Morgen bin ich weiter und habe 3 Tage bis Budapest gebraucht. Eine Nacht lag ich vor Anker neben dem Fahrwasser, die zweite Nacht habe ich in einem Industriehafen längsseits an einem Frachter aus den Niederlanden verbracht. Es ist das erste Schiff aus den Niederlanden, das mir auf der Donau begegnet.
Als ich mit dem Captain ins Gespräch gekommen bin, hat sich nach einer Weile herausgestellt, dass ich ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit vor sehr vielen Jahren bereits gesehen habe, ohne es bewusst zu wissen.
Anfang der 90er ist er nämlich hauptsächlich im Wesel-Datteln-Kanal gefahren. Dort habe ich meine Kindheit verbracht. Wir haben damals direkt neben dem Kanal gewohnt und ich war fast jeden Tag am Wasser, habe oft hinter der letzten Brücke vor der Schleuse Friedrichsfeld geangelt und manchmal den Binnenschiffen, die vorbei kamen, gewunken und davon geträumt, eines Tages auch mal mit einem Schiff unterwegs zu sein.
Der Captain der OTHELLO, der mich an diesem Tag längsseits gehen lässt, kam öfters dort vorbei und wenn er mal wegen Hochwasser vor der Schleuse festhing, dann hat er sein Brot beim gleichen Bäcker geholt, bei dem wir auch unsere Brötchen bekommen haben. Ernstings in Spellen.

Die Welt ist manchmal wirklich eine Erbse!


Budapest ist allerdings alles andere als eine Erbse. Ich bin eigentlich kein Großstadtfan, aber die größte Stadt an der Donau fasziniert mich! Viel kann ich leider nicht über Budapest erzählen, weil die Zeit dort einfach zu kurz war. Neben vielen Einkäufen (unter anderem 230 Liter Diesel mit dem Handwagen von der Tankstelle geholt) habe ich auch einige Zeit mit Jochen verquatscht. Jochen kommt die Donau mit seiner Motoryacht runter gefahren. Er ist der erste Fahrtenskipper, dem ich im Fluss begegne. Was er über die Donau oberhalb von hier weiß, ist für mich sehr wertvoll, umgedreht ist es genauso. Und so gehen wir Buch und Karte durch und tauschen Infos aus.
Budapest finde ich für eine Großsstadt mit etwa 1,7 Millionen Einwohnern erstaunlich leise und gemütlich.
Bevor ich mir jetzt aber etwas über die Stadt aus der Nase ziehe, zeige ich euch lieber ein paar (wenige) Fotos.



Nach Budapest bin ich in einem Rutsch durchs Donauknie gefahren und liege seit gestern Nachmittag in einem Baggersee vor Anker.
Hier in diesem See merke ich, wie die Luft so langsam raus ist. Heute morgen lief der Volvo bereits, dann habe ich kurzerhand beschlossen, einen Tag hier zu bleiben. Motor wieder aus! Zum einen schiebe ich seit einiger Zeit ein paar Basteleien vor mir her, zum anderen bin ich etwas müde.
Des Echolot funktioniert seit gestern nicht mehr. Konnte es leider nicht reparieren. Aber immerhin habe ich jetzt endlich die Fernbedienung aus einfachsten Dingen gebastelt, die ich mir vor ein paar Tagen ausgedacht hatte. Damit kann ich Nomade nun auch außerhalb des Cockpits steuern und endlich mal im Stehen fahren. Mein Rücken rebelliert nämlich mittlerweile von der vielen Rumsitzerei.
Dafür musste ich hart in den Autopiloten eingreifen, aber das Ding taugt im Auto-Mode sowieso nicht mehr viel.

Gleich fahre ich kurz mit dem Schlauchboot rüber zu Dietmar, dem ersten Einhandsegler, dem ich seit Canakkale (im letzten Jahr) begegnet bin. Aber das ist ne Geschichte, die erzähle ich euch beim nächsten mal…

Mallorcas wilder Norden. Oder: Einschlafen auf dem Boot in den Bergen.

Auf meiner ersten Etappe für mein neues Buchprojekt 
um die europäische Westküste herum erreichte ich von Sizilien kommend 
nach 5 Tagen Segeln die Balearen. 
Was ich von Landurlauben gut zu kennen meinte, entpuppte sich vom Meer wahrhaft als: 
Die vergessenen Inseln.

Eine der schwierigsten Dinge, die man im Leben unternehmen kann, ist: Sein Verhalten zu ändern. Nicht die großen Dinge im Leben, nein. Die kleinen Dinge im Alltag sind die schwierigsten: Das Handy im Restaurant ausgeschaltet lassen. Zwei Kilo abnehmen. Seiner Partnerin voll und ganz zuhören, sie anzusehen, wenn sie erzählt. Voll und ganz in diesem Augenblick und nirgendwo anders zu sein.

Die kleinen Verhaltensänderungen: Sie stellen uns immer wieder vor unerhörte Herausforderungen. Ich segle nun viele Jahre. Doch immer wieder ist es für mich eine der größten Herausforderungen als Einhandsegler, im Hafen die Leinen loszuwerfen und abzulegen. Beispiel gestern: In Pollenca sind die Vorhersagen für die nächsten beiden Tage eher schlecht.
Im Norden: Regen. Gewitter. Schwachwindig.
Im Süden: Wind aus südwestlichen Richtungen – also aus der Richtung und auf dem langen Weg, auf dem ich eigentlich um Mallorca herum nach Westen gehen will.

Ich überlege hin. Ich überlege her. Wenn ich losfahre, dann geht nur die kürzere Nordroute. Regen? Gewitter? Lieber doch noch einen Tag im Hafen bleiben? Lieber die Sicherheit des Hafens? Wer weiß, was mich draussen erwartet.

Doch irgendetwas in mir ist in all den Jahren klüger geworden. Es weiß, dass mich draußen zwar die Ungewissheit erwartet. Es weiß, dass mich draußen auch Schönheit erwartet, während die träge Sicherheit des Hafens trügerisch ist. Aufbrechen ist eine Kunst – und Kunst erfordert Anstrengung und Mut. Ich atme tief durch. Und werfe gegen halb zwei die Leinen los. Um auf dem kürzesten Weg in den Westen Mallorcas zu gelangen, nach Sóller und Andratx. Entlang an den Bergen der Sierra de Tramuntana, Mallorcas wildem Norden. 

Draussen ist natürlich alles anders. Statt Schwachwind erstmal 5bft. von vorn. Statt Regen in der Nacht Regen am Nachmittag. Blöde Wellen. Später Wind aus allen Richtungen. Doch dies alles wiegt nicht viel. Denn was ich sehe und dort draußen finde, wo kaum ein anderer an diesem Regen- und Gewittertag unterwegs ist, ist dies:Segeln an menschenleeren Klippen und Steilküsten entlang. Mallorcas abweisende Nordküste ist – gemessen vom Kap Formentor bis zur westlichsten Insel Dragonera – gerade 45sm lang. Sie ist der kürzeste Weg, um die Insel zu passieren. Doch auch der für den Segler unfreundlichste. In dem 75 Kilometer langen Abschnitt findet man kaum Buchten, keine Schlupfwinkel, in denen man sich vor dem gefürchteten Nord verstecken könnte. Und bis auf einen Hafen, eben Sóller, keine Ausweichmöglichkeit, wenn das Wetter mal rau wird. Während Levje an den Felswänden entlanggleitet, während ein Schauer niederprasselt, dass sich das Bimini über mir vor Regenwasser ausbeult, denke ich: Wieviele Wracks wohl dort unten an den auf 50, 60 Meter Tiefe vor den Klippen an den steil abfallenden Wänden liegen mögen. Wieviel unentdecktes es dort unten zu entdecken gäbe: Wracks griechischer Händler auf dem Weg nach Westen – so wie jenes vor den Klippen der Halbinsel Uluburun, das ich in den Vergessenen Inseln beschrieb. Wracks römischer Frachter und französischer Frachter, alle zerschellt, weil sie lieber den kurzen Weg statt des langen nahmen. Und weil sie gescheitert sind, uns wie eine Zeitmaschine ihre Gegenwart dort unten auf dem Meeresgrund in kleinsten Artefakten überlieferten.

Eigentlich war mein Tagesziel ja Sóller. Doch ich bin so fasziniert von der Felslandschaft und dem was ich da sehe, dass mich irgendwann die Häuser einer kleinen Bucht zwischen den Klippen faszinieren. Ich beschließe, Gewitter hin oder her, die Stadt Stadt sein zu lassen, und die kleine Bucht anzusteuern, in der irgendwo in den Bergen schon zwei Segler liegen. Als ich in die enge Bucht einlaufe, platzen natürlich genau in diesem Moment die Wolken und der nächste Schauer geht nieder. Das ist gut so – denn der Regen drischt die Wellen platt, auch wenn ich den Grund nicht erkennen kann. Ich steuere im Regen Levje um die Ankerlieger herum, lasse den Anker fallen und fahre ihn fest ein. Er hält auf Anhieb.

Als die Regenwolken aufreissen, erkenne ich Details. Ich liege mit Levje unter Mallorcas höchstem Berg, dem Puig Major, der über Levjes Mast von 0 auf über 1.440 Meter aufragt. In der kleinen Cala Tuent gibt es ein paar Häuser. Alles sieht friedlich aus. Ich beschließe die Nacht hier zu bleiben.

Und während ich von der Bucht hinausschaue aufs offene Meer, wo sich nördlich der Bucht die Gewitterwolken ballen und trotzdem ein Segler gemächlich auf dem regenglatten Meer nach Westen strebt, denke ich mir. Ich werds nie lernen. Es wird mich jedes Mal wieder Mühe kosten. Mich Anstrengung kosten, die Leinen loszuwerfen. Und aufzubrechen. Doch ich weiß jedesmal, dass es sich fast immer lohnt, die Anstrengung auf mich zu nehmen. Und nur selten lohnt, aus Angst vor dem Ungewissen eine Aufgabe, eine Ziel, ein Vorhaben nicht anzugehen. 

Folge 15 – Von Nynäshamn nach Birka (Mälaren)

 
 

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Von Mallorca nach Menorca. Um Menorca herum. Oder: Wieso ist hier England?

Auf meiner ersten Etappe für mein neues Buchprojekt um die europäische Westküste herum erreichte ich von Sizilien kommend nach 5 Tagen Segeln die Balearen. Was ich von etlichen Landurlauben gut zu kennen meinte, entpuppte sich vom Meer wahrhaft als: Die vergessenen Inseln.

Sanfte Hügel. Sattes Grün. Ruinen: Hallo, wo bin ich hier?

Ein Fan des englischen Südens bin ich, seit ich als 16jähriger zum ersten Mal auf die Insel kam und das große Glück hatte, bei einer Gastfamilie in der Nähe Readings zu landen. Ich weiß nicht, warum ich mit 16 energisch genau dorthin gewollt hatte, doch es war der richtige Ort. Neben den vier eigenen Kindern war das Haus voll mit ebenso vielen Jugendlichen aus anderen Ländern. Die Familie gab sich alle Mühe, den jugendlichen Gästen dieses England nahezubringen. Ich mochte den Klang der Sprache. Ich, Kind meiner bayrischen Landschaft, die grantiger Übellaunigkeit so viel näher ist als Verbindlichkeit, war fasziniert von der Federleichtigkeit, wie fremde Menschen sich mit einfachsten Worten einander näherten („What a lovely evening!“) und Beziehungen knüpften. Ich liebte die Parks mit den sanften Hügeln und den Ruinen darin, so wie auf dem Foto.
Vielleicht sind es jene Jahre, um die 16 herum, in denen wir unsere Vorbilder suchen. Und unwiderruflich Beschlüsse fassen, wie wir einst leben wollen. Unumstößlich.


Vier Jahrzehnte später. Ende Mai 2018. Wieder einmal schaue ich in sanfte Hügel und eine Parklandschaft mit Ruinen darin. Die Landschaft, so denke ich es jedenfalls, könnte englischer nicht sein. Doch es ist Menorca, die östlichste der Balearen-Insel, und ich frage mich, wieso sich ausgerechnet hier ein Gefühl einstellt, als wäre ich im Süden Englands.Das hat zum einen mit verblüffenden Dingen zu tun. Aus irgendeinem Grund sind die Häuser streng gekalkt, wie es an vielen Orten im Mittelmeer der Fall ist. Zum Beispiel in Griechenland. Doch anders als dort hat man sich andere Vorbilder gesucht. Statt des tiefen griechischen Blau sind Fenster und Türen des kleinen Orts Fornells, der unserem Ankerplatz gegenüberliegt, petrolfarben bemalt. Fans britischer Oldtimer würden auch sagen, es handle es um die Farbe BRITISH RACING GREEN. Die Strenge dieser Farbgestaltung ist verblüffend. Und wer in der Nebensaison durch die Straßen des kleinen Ortes Fornells streift, der findet tatsächlich fast keine anderen Farben, als wäre er irgendwo im Südwesten Englands oder Irlands auf der Dingle-Halbinsel unterwegs. 

Warum suchte man sich diese Vorbilder fürs Dasein im 21. Jahrhundert? Gibt es in Fornells eine strenge Gemeindesatzung, die sich beim Thema Ortsgestaltung ausschließlich an britischen Vorbildern orientiert? Wer hat einst beschlossen, dass alles grün sein muss? Und selbst die Türbeschläge aus Messing und die Türdrücker nach britischem Vorbild sein müssen? Wieso war es die eigentlich kurze und mehr als 200 Jahre zurückliegende Zeit, in der die Briten hier waren, die genau jene Vorbilder lieferte, für die sich die Insel in vielem entschied? 




Lese ich in David Abulafias immer wieder empfehlenswerter Mittelmeer-Monografie nach, dann währte die britische Präsenz keine 100 Jahre. Sie war alles andere als kontinuierlich und nicht unbedingt unter einem guten Stern. Es war die blutigen Kriege des 17. und 18. Jahrhunderts ausgerechnet am anderen Ende der Welt, mit Frankreich um die Kolonien in Amerika, die britische Begehrlichkeiten auf die Insel weckten. Von hier aus, so dachte man es sich, könne man leicht die südfranzösische Flottenbasis Toulon kontrollieren.

Falsch gedacht. Kaum ein paar Jahrzehnte da, eroberte die französische Flotte die Insel. Alles in allem, waren die Briten also kaum ein Jahrhundert da. Und gut benommen haben sie sich auch nicht immer. Vor allem der altkatholische menorquinische Adel mochte sie nicht recht leiden, die Herren aus dem Norden. Erst recht nicht, als die begannen, in menorquinischen Nonnenklöstern auf Brautschau zu gehen – was nicht weiter schlimm gewesen wäre, wenn nicht manche der dort zu ihrem vermeintlichen Besten untergebrachten Töchter nur zu gerne dem irdischen Begehren lieber folgte als der himmlischen Liebe. Es gab Ärger, nicht nur deswegen. Auch weil die Insel trotz aller Gouverneurs-Anstrengungen nicht genug hergab, um Bevölkerung und Besatzung gleichermaßen zu ernähren. Die Briten fanden irgendwie nicht den rechten Umgang mit der störrischen Bevölkerung. Menorca blieb strategische Kopfgeburt und keine Herzensangelegenheit. Kaum war Napoleon da, waren die Briten dann auch schon wieder weg. Was blieb, ist Messing und British Racing Green.

Nein. Mit Geschichte kann man manches erklären. Aber nicht, warum und wo sich ein Ort, eine Insel seine Vorbilder sucht. Und sich für dies oder das entscheidet. Vielleicht ist es so: Die Menschen auf Menorca haben sich eine gewisse Eigensinnigkeit bewahrt. Ganz im Westen der großen Nachbarinsel Mallorca stolperte ich zum ersten Mal auf den Namen Menorca. „Die auf Menorca haben das soviel richtiger gemacht als wir“, sagte mir eine Rezeptionistin eines der großen Sportboothäfen. „Wir haben hier auf Mallorca im Sommer mittlerweile von allem zuviel. Zuviele Autos. Zuviele Leihwägen. Zu viele Boote. Zu viele Besucher. Die in Menorca haben das so viel besser gemacht.“

Ihre Bemerkung beschäftigte mich. War das wirklich richtig, dass sich die keine 70 Kilometer nebeneinander liegenden Inseln so unterschiedlich entwickelt hatten? Ich grub weiter nach. Während der spanischen Bürgerkriegs war Menorca republikanisch geblieben. Mallorca öffnete sich den Faschisten – die deutschen Bomber nutzten die Insel Mallorca wie einen Flugzeugträger, um von hier aus Barcelona und südspanische Eisenbahnknoten zu bombardieren. Mallorca war in den 30iger Jahren schon eine touristische deutsche Hochburg, wie Alex Sepasgosarian in seinem sehr lesenswerten MALLORCA UNTERM HAKENKREUZ schreibt, wo Menorca eben Menorca blieb. Und sich, wie man Neudeutsch sagen würde, erst lange nach Mallorca dem Tourismus öffnete. Dabei steht die Insel an Schönheit der großen Nachbarinsel in nichts nach.

Und wir? Vielleicht ist sie nie endgültig vorbei, die Suche nach den Vorbildern, wie wir denn nun leben wollen. Und leben sollen. Für Inseln nicht. Und für uns selbst nicht. Spannend bleibt doch immer, was aus dem Mix herauskommt – zwischen dem, was unsere Geschichte ist. Und dem, was wir uns selber an weiteren Zutaten auswählen. So wie nördlich des Ortes Cala Fornells, wo der große Geschützturm steht, den die Franzosen gegen die Briten errichteten. Oder war es umgekehrt? Jedenfalls holt mich die darunter errichtete Zeile mit Ferienwohnungen zurück in die Gegenwart.  

Doch nicht ganz. Den grünen Fensterläden und Türen sei Dank. 

Von Mallorca nach Menorca. Um Menorca herum. Von Monsterwellen und wundersamen Inseln.

Mitte Mai bin ich für mein nächstes Buchprojekt von Sizilien aus Richtung Westen aufgebrochen. Unter dem Titel AN EUROPAS KÜSTEN werde ich in den kommenden 6-7 Monaten von dem berichten, was mir in diesem Sommer auf meinem fast 4.000 Kilometer langen Weg um die Süd- und Westküste Europas alles begegnet. 
Heute: Unterwegs auf Levje zwischen Mallorca und der westlichen Nachbarinsel Menorca.

Von Mallorca nach Menorca ist es eigentlich nicht weit. 35 Seemeilen – knappe 7 Stunden braucht man von Cala Ratjada oder Port de Pollenca im äußersten Osten Mallorcas. Aber die Strecke kann es in sich haben. Die Wetterberichte kündigten 16 Knoten aus Süd an. Doch dann sind es 26 Knoten – eine rasche Fahrt mit halbem Wind, doch richtig spannend werden erst die letzten Minuten. Menorcas nördlichster Hafen Ciutadella liegt am Ende einer Handtuch-schmalen Cala, die nach Süden weist. Steht dort der Südwind mit 6 bft. auf die unscheinbare Öffnung, dann brechen die Wellen in der Einfahrt. Wie so oft zischen die üblichen Gedanken durchs Hirn an einem Ort, den man zum ersten Mal bereist:
„Ist die Einfahrt auch tief genug? Oder setzen wir in dem auflandigen Seegang irgendwo auf? Und schlagen quer?“ 
„Was mach ich, wenn hier der Motor ausfällt? Und die brechenden Seen mich auf den Felsen schieben?“ 
Doch die schmale Einfahrt ist über zehn Meter tief. Der Motor ist brav diesmal. Einmal tief durchatmen. Wir rauschen mit dem nächsten Wellenberg in den schmalen Schlund zwischen den übermannshohen Felsen hinein. Und 100 Meter weiter drinnen sieht alles so aus wie am Tag danach, als die Fotos der unscheinbaren Einfahrt oben und unten entstanden: Als wäre nichts gewesen.


Und wieso muss man um Himmels willen nach Menorca, wenn man doch Mallorca kaum kennt? Als ich die Insel vor sechs Wochen für meine Marina-Reportage in der aktuellen YACHT zum ersten Mal erlebte, hat mich Menorca noch weit mehr beeindruckt als die an sich schon faszinierende Hauptinsel mit ihren versteckten Winkeln. Menorca hat sich, obwohl es vor 200 Jahren nur kurze Zeit britisch war, merkwürdigerweise mehr Britisches bewahrt als jede andere Insel, die ich kenne. Petrolfarbene Türen und Fenster. Englische Schiebefenster. Allenthalben hübsche britische Messingbeschläge an den Häusern Ciutadellas. Britisches scheinen auch die Menschen übernommen zu haben, die Abends auf die in spanischen Nationalfarben lackierten TIB-Busse warten, wo sie sich, als hätten sie diszipliniertes „queuing“ in einer südenglischen Kleinstadt gelernt, ordentlich oben auf der Plaza von Ciutadellas in einer ordentlichen Schlange zum Bus anstellen.

Bei der Ankunft im Hafen der ungewohnte Anblick von Schwimmstegen. Mit Schlengeln? Ohne Grundleinen? Als wäre ich in einem Revier mit großem Tidenhub gelandet? Ein Vorgeschmack auf die Bretagne? Tatsächlich kann es der scheinbarfriedliche Hafen von Ciutadella, obwohl er nicht in einem Tidenrevier liegt, schnell in einen Hafen mit Tsunami-Welle verwandeln. Schon in meinem früheren Nordadria-Hafen Izola erzählte man sich Geschichten, wie urplötzlich dort der Wasserspiegel erst um eineinhalb Meter fiel, um nur Minuten später um mehr als zweieinhalb Meter anzusteigen. An Seemannsgarn dachte ich damals nicht. Ich erklärte mir die Sache her durch ein Seebeben, denn die karstige Küste des Friaul war in den Siebzigern Schauplatz eines Erdbebens, das wir am selbem Tag bis in unser Wohnzimmer im Süden Münchens spürten. 

Doch in Ciutadella ist es kein Erdbeben, was für abnorme Wellenhöhen sorgt. Die Rissaga ist ein bekanntes, jährlich mehrmals auftretendes Phänomen, das durch Schwankungen des Luftdrucks (sic!) die Wellenhöhen kurzfristig stark fallen oder steigen lässt und meist jetzt im Juni innerhalb weniger Sekunden zu großen Schäden führen kann. Vor allem in dem schmalen Hafenfjord von Ciutadella treten diese auch als „Meteo-Tsunamis“ bezeichneten Wellen mehrmals jährlich auf. Meist sind sie eher unauffällig und kaum wahrnehmbar. Gelegentlich schon: Am 21. Juni 1984 und am 15. Juni 2006 sorgten sie im Hafen von Ciutadella für Überflutung und massive Zerstörung an Booten, Bars und umliegenden Restaurants. 
Einschlägige Wetterseiten im Internet veröffentlichen täglich Rissaga-Warnungen. Für den heutigen Sonntag, den 3. Juni kündigt die spanische Wetterseite Aemet.es Rissaga-Wellenhöhen von 1 Meter an. (Danke an Einhandseglerin Susanne Radlach für ihren Hinweis!!)

Von den vielen Inseln, die ich in den vergangenen Jahren besuchte, ist Menorca tatsächlich eine der merkwürdigsten. Wer sich die Insel auf Google-Maps von oben betrachtet, könnte schnell das Interesse an ihr verlieren. Sie scheint bretteben. Ist sie aber nicht. Sie gleicht, nachdem wir sie jetzt einmal umsegelten, einem im Meer treibenden umgestülpten Topf, dessen Seitenwände überall zwischen sieben und dreißig Metern steil aus dem Wasser aufragen. Menorca zeigt sich dem Seereisenden so ganz anders als vom Inselinneren betrachtet. Und selbst die vielen Menorca-Wanderer, die wir mit ihren schweren Rucksäcken in der Ferne auf den Klippen sehen, ahnen wohl nicht, wie regelmäßig die Erdgeschichte die Insel an ihrem Rand formte: Rundum senkrecht aufragende Klippen. Davor steil abfallend immer 30 Meter Wassertiefe. Dahinter sanft schwingende Hügel, als wäre dies Irland. Oder als wäre die Insel eine Schwester des südafrikanischen Tafelbergs, die es halt noch nicht höher geschafft hat.


Und weil es der Merkwürdigkeiten nicht genug sind: Menorca ist auch die Insel der Grotten. Der Spalten und Höhlen. Der Schlünde und Grüfte in den Steilwänden. Ahnungslos wie mancher Wanderer ist vielleicht auch mancher Hausbesitzer, der sich sein Haus mit phantastischem Meerblick an der Steilküste errichtete. Und dessen Haus sich dann doch über Spalten im scheinbar kompakten Fels erhebt. Ich nehme mir im Vorbeifahren fest vor, mal in einem dieser Häuser zu übernachten – und sei es nur, um in den Frühlingsstürmen zu spüren, wie die an der Steilküste brechenden Wellen das Haus samt Bett und Schlafzimmer-Wand zum Beben bringen.


So viele Grotten gibt es, so viele Höhlen in den Steilwänden, dass meine Gedanken während der Reise um die Insel entlang an den Felswänden wieder und wieder abschweifen zu Odysseus. Zur Grotte der Kalypso. In einem früheren Post schrieb ich einmal, dass die Odyssee voll sei mit Nachrichten über nautische, geografische und meteorologische Phänomene an konkreten Orten auf dem Meer. Es sind mündliche Nachrichten, wie die Steuerleute sie sich erzählten, als die Welt die schriftliche Aufzeichnungen nur selten nutzte, weil Schrift den Priestern und anderen Gesetzgebern vorbehalten war und Segeln mit schwieligen Händen und weniger mit Internet zu tun hatte. Beobachtungen aus der Zeit der frühen Steuerleute, die sie einfach nur in phantastische Geschichten von schönen Frauen und Seeungeheuern wickelten, um ihr Wissen von Orten weiterzugeben. 
Ob er also wohl war, jener Mann mit Namen Odysseus? Dafür spräche, dass die Menschen der frühen Kulturen Menorcas, die sogenannte talaiotische Kultur, bis zum Jahr 1.000 vor Christus auf der Insel in Höhlen lebte, bevor sie sich für den Hausbau entschied. War Kalypso also Menorquinerin? Und Circe, ihre Schwester auch? Lebten sie hier irgendwo? Waren sie es oder etwas anderes, das sie auf der Insel vorfanden, was die Männer des Odysseus zu kopflos und hilflos grunzenden Wesen werden ließ? So dass er nicht anders konnte als zu fabulieren, die Frauen hätten seine Männer in Schweine verwandelt?

Wie so oft wissen wir nicht, was sich unter der Oberfläche solcher Geschichten verbirgt. Belassen wir es für heute bei diesen Fragen, denn es wird Nacht über Menorca und der Cala Fornells, die gleich hinter dem Leuchtturm am Nordende Menorcas, hinter dem Cap de Cavalleria liegt. 

Nach so vielen Inseln, die ich besuchte, schlafe ich ein mit dem Gedanken, auf diesen Inseln, den Balearen, die wir doch besonders zu kennen meinen, etwas ganz Besonderes im Vergessenen entdeckt zu haben.