Kategorie: News & Blogs

Winter

Etwas spät, ich weiß. Verspätet, wie vieles in diesem Jahr, aber wir müssen unbedingt noch kurz über den Winter reden, bevor wir uns dem Frühling zuwenden.
Denn eins fehlt noch und ich weiß, dass einige darauf warten. Es geht um die Heizungsanlage, an Bord der Morgenstern und die Frage, wie das ganze System denn nun den ersten Winter überstanden hat.
Über die Bilanz reden wir weiter unten in diesem Artikel, widmen wir uns zunächst dem Grundsätzlichen und da kann ich mich ziemlich kurz fassen, denn:

Der Cubic-Mini Kaminofen hat alle unsere Erwartungen erfüllt, oder übertroffen. Schwachstellen haben wir keine gefunden und was die Wohlfühlatmosphäre angeht, so gibt es aus unserer Sicht nichts schöneres, als mit selbst gesammeltem Holz ein Schiff zu beheizen.
Damit das Sammeln, bzw. sägen zügig von statten geht, haben wir uns zwischenzeitlich noch eine zweite Säge zugelegt. Die Handsäge, mit der wir anfangs gearbeitet haben, funktioniert zwar erstklassig, aber wenn man irgendwo die Gelegenheit bekommt, eine größere Menge Brennholz zu verwerten, dann ist so eine japanische Handsäge selbst in der großen Ausführung, wie wir sie haben, zu mühselig.
Also musste eine Kettensäge her. Wenn schon CO² neutral heizen, dann richtig, haben wir uns gedacht, also ist es eine Akkusäge von Stihl geworden.


Wahnsinn, was sich da in den letzten Jahren an der Technik zum positiven geändert hat. Ich wusste zwar vorab, dass die Elektrosäge, für die wir uns entschieden haben, einer Säge mit Verbrennungsmotor in nichts nachsteht, aber trotzdem ist man irgendwie skeptisch, vor allem, wenn man die schmale Kette und das schlanke Profil zum ersten Mal sieht und ein Leben lang mit ner Knatterkiste gesägt hat.
Das Gerät macht aber so viel Spaß, dass ich ab sofort keine Verbrennersäge mehr haben will. Das Gefühl, den Akku mit Solarstrom an Bord geladen zu haben und in gewisser Weise völlig unabhängig zu sein, hat was.
Leider hat das Ganze auch seinen Preis, denn zur Zeit sind Akkusägen noch deutlich teurer als gleich starke Verbrenner. Das ist dann aber auch schon der einzige Nachteil.

Ganz ohne fossile Brennstoffe kommen wir trotz Kaminofen und Akkusäge aber auch nicht aus, denn im letzten Dezember haben wir die neue Dieselheizung zum ersten Mal in Betrieb genommen. Wir versuchen zwar, soviel wie möglich mit Holz zu heizen, trotzdem gibt es immer mal wieder Szenarien, bei denen man um die Dieselheizung nicht herum kommt.
Wir sind mit beiden Systemen rundum zufrieden und haben endlich ein warmes und trockenes Schiff, ohne auf Landstrom angewiesen zu sein.

Was den Brennstoffverbrauch angeht, so haben wir über den gesamten Winter alles verheizte Material permanent notiert. Eigentlich sträube ich mich immer gegen Buchführung und alles was in diese Richtung geht, aber in dem Fall war es für die Törnplanung wichtig, sollte es eines Tages für eine Weile in den Norden gehen. Dann müssen wir wissen, bei welcher Witterung wir wie viel Brennstoff benötigen.
Also wurde alles Holz vor dem verheizen gewogen, der Dieseltank immer mit kleinen Kanistern aufgefüllt und alle vollen Tage mit Übernachtung an Bord aufgeschrieben. Waren wir nur tagsüber an Bord, wurden nur halbe Tage aufgeschrieben.

Wir haben vom 1. Oktober 2019 bis 31. März 2020 insgesamt 57 Tage (und Nächte) an Bord verbracht und in dieser Zeit insgesamt 121kg Brennholz, sowie 34l Diesel verbraucht.
Die Übernachtungen verteilen sich einigermaßen gleichmäßig über die 6 Monate, der Winter am Niederrhein selbst entspricht einem durchschnittlichen, wenn man berücksichtigt, dass wir einige eher kalte Phasen mit erwischt haben.
Im Durchschnitt haben wir an einem Tag also 2,1kg Brennholz und 0,6l Diesel verbraucht, um das Schiff mollig warm zu halten.
Wir finden, das ist ziemlich wenig für ein Schiff dieser Größe.
Warum das so wenig ist, liegt an zwei Dingen. Zum einen ist vor allem der Kaminofen, mit dem wir am meisten heizen, ziemlich effizient. Er erreicht mit Sekundärluftverbrennung einen Wirkungsgrad von ca. 80%, wenn er optimal betrieben wird.
Auf der anderen Seite ist Morgenstern schon werftseitig sehr gut isoliert und wir haben darüber hinaus viele Bereiche weiter verbessert..
Die zusätzlichen Winterscheiben für alle Fenster und der Umbau der Achterkajüte mit 60mm PU/Styrodur Sandwich haben eine spürbare und messbare Verbesserung gebracht.
Trotzdem gibt es nach wie vor Bereiche, die man optimieren kann. Da geht also noch was, in Sachen Brennstoffverbrauch.

Das Boot vom Mars

© Christian Brecheis

Folkeboot for ever

FAST 80 JAHRE ALT – JUNG – UND KEIN ENDE IN SICHT

Folkeboot for ever

Rettung aus dem Niemandsland

Sebastian Kummer

© Sebastian Kummer

Pacific Montage an Maxi 33

IN 90 MINUTEN IST DER JOB GEMACHT

Rückwärts im Hafen eingeparkt – das Schiffsheck dicht am Steg angebunden – damit der Monteur bei der Arbeit nicht ins Wasser fliegt – eine Valium vielleicht, falls die Angst vor dem Bohren den Mann übermannt – sodann mutig den Bohrer angesetzt – gebohrt, bis das GFK am Heck zerfetzt – mit ein wenig Sika den Flansch sodann montiert, ausgerichtet, den Schreck verdaut – hier und dort ein paar Blöcke in Position verschraubt – damit das Ganze schön das Rad verdrehen kann – sodann hin- und her-bewegt … siehe da: im Hafen dreht´s. Was auf See passiert, ist eine andere Sache, die sich der Kontrolle des Skippers alsbald entzieht, weil seine Augendeckel dann zugefallen sind …

Eva liebt die Stille

© Eva Lütkenhaus

Was macht eigentlich mein Bootshändler?

Boot und Fun Inwater in Werder © Messe Berlin

Der Goldene Käfig

So.,17.Mai.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2177, 20.254 sm von HH

Die Nachrichten häufen sich in unseren Info-Boxen, dass viele Länder in Europa im Frühsommer ihre Grenzen wieder öffnen wollen. Hoffnungsvoll blicken auch wir auf Informationen über Länder, die auf unserem weiteren Weg liegen. Hier herrscht allerdings Schweigen. Neuseeland philosophiert über eine ‚Bubble‘ mit Australien und den pazifischen Inselstaaten. Alles nicht spruchreif, alles (noch) ohne Konzept und Lösungen. Für Segler ist da kein Platz, eine Einreise wird weiterhin verweigert.

Auch unser Gastgeber, Französisch Polynesien, eiert um Lösungsansätze herum. In Tahiti gibt es noch einen letzten Corona-Infizierten, der inzwischen das Krankenhaus verlassen konnte. Neue Fälle sind seit etlichen Tagen nicht mehr aufgetreten. Dementsprechend wurden fast alle Einschränkungen für die Bevölkerung aufgehoben. Und nun? Natürlich möchte das Land ’sauber‘ bleiben. Aber da sind die 1500 bis 1700 Beamte, die hier im Sommer aus Frankreich erwartet werden. Für Lehrer, Gendarmen und sonstige Angestellte läuft der zweijähriger Arbeitsvertrag aus – neue Leute aus Übersee rücken an. Es erscheint nahezu unmöglich dabei sicherzustellen, dass keine Neuinfizierten darunter sind. Außerdem warten tausend Polynesier in Frankreich auf eine Rückkehr in ihre Heimat.
Man möchte die Grenzen für den Tourismus öffnen, das Haushaltsdefizit wird bereits mit einer Milliarde USD beziffert. Die polynesische Regierung hat genug mit ihren eigenen Problemen zu tun, da werden wir Segler schon mal vergessen. Noch immer ist das Reisen von Atoll zu Atoll verboten. Nur die kleinen Inseln im ‚eigenen‘ Atoll dürfen besucht werden. Für uns bedeutet es, alle Inseln im Gambier stehen uns frei, in die Tuamotus oder auf die Marquesas zu segeln, ist nicht erlaubt. In Anbetracht der geplanten Anreisewelle von Franzosen sieht es fragwürdig aus, ob diese Art des Segeln wieder erlaubt werden kann. Gefangen im Goldenen Käfig.

Wir haben nichts auszustehen. Absolut gar nichts. Seit wir uns wieder frei bewegen dürfen, nutzen wir das reichlich. Jeden zweiten Tag gehen wir auf eine Wanderung, sind zwischen zwei und fünf Stunden unterwegs, nehmen häufig ein Picknick mit. Es könnte schlechter laufen. Das Wetter ist auf unserer Seite. Sonnig, nicht zu heiß, wenig Wind, manchmal ein Schauer, damit der üppig grüne Überfluss an Land nicht zum Erliegen kommt.

Trauminsel Mangareva – hinter dem Horizont liegt die Freiheit

Gefangen im Goldenen Käfig mit seinem Südsee-Charme. Bevorzugt vom Schicksal und doch gefangen. Die Gespräche unter uns Seglern drehen sich Im Kreis: wohin können wir? – wie lange wird es noch dauern? – was habt ihr für Pläne? Jeder weiß etwas anderes, jede Crew verfolgt ihr eigenes Konzept. Die Unruhe wächst. Wo werden wir in drei Monaten sein? Wo in einem Jahr? Ungewissheit nagt an einigen Segler-Nerven.
Wenn wir auf der schönen Insel unterwegs sind, geht es uns super gut. Wir schreiten Grundstücke mit Meerblick ab und malen uns ein Leben ‚für immer‘ auf Mangareva aus. Ich hätte einen Garten mit Gemüse und bunten Blumen und Achim würde abends gespeerte Fische nach Hause bringen. Sozial-Romantik vom Feinsten. Abends hält dieser Traum nicht immer an – wir sind hin und her gerissen. Bedeutet dieses Virus das Ende unserer Reise? Wer lässt uns auf dem weiten Weg nach Deutschland noch rein? Ohne Antikörper, ohne Impfung, ohne Impfausweis? Diese Gespräche zeigen uns, dass wir gefangen sind. Der Käfig mag zwar golden sein, aber er bleibt ein Käfig. Und nicht alle Räume sind aus Edelmetall. Die Pantry mit der etwas eintönigen Versorgungs-Lage dürfte aus Weißblech sein und der Weinkeller besteht eindeutig aus rostigem Eisen. ;-)

 

Der Claim ist abgestochen – Achim mit unserem vermeintlich neuen Grundstück ;-)

Ganz Silent über den Ozean

Silent 64

34 Tage dauerte die Überfahrt des Solarkatamarans Silent 64 © Ufuk Türkes

Cannes wird kommen

© Kerstin Zillmer

Elektra trotzt Corona

Elektra

Schweißarbeiten am Rumpf der Elektra © Uli Lücke

Die ganze Wahrheit

Di., 12.Mai.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2172, 20.254 sm von HH

Wein haben wir ja schon seit Wochen nicht mehr. Der letzte Schnaps von den Kanaren hat zu Unrecht die letzten fünf Jahre unter den Bodenbrettern gelegen. Ich weiß nicht, wer ihn mal als untrinkbar bezeichnet hat. Das war ein Irrtum. Das war ein lecker Likörchen mit 30 Umdrehungen, der durch die vielen Jahre wahrscheinlich gewonnen hat. Der ist nun leider Geschichte. Die letzte Buddel Rum ebenfalls. Es gibt noch eine Flasche Metternich, gehütet und beschützt für unseren 20. Hochzeitstag im Juni (hoffentlich ist der edle Tropfen nicht schon längst verdorben – aber das ist eine andere Geschichte).
Ansonsten sind wir abgebrannt, pleite, trocken gelegt!

Vor Ort kann man Bier kaufen (harte Sachen stehen weiterhin unter behördlichem Lockdown-Verschluss). Allerdings treiben einem die Bierpreise die Tränen in die Augen. Eine Halbliter-Dose kostet 3,60 USD. Das schmerzt. Zumal ich Bier jetzt nicht soooo toll finde. Beim Kochen soll Wein in den Koch – kein Bier. Wein kann man ebenfalls vor Ort kaufen. Der billigste Fusel hat 10% Alkohol – ein echtes Gütezeichen :lol: – und kostet 15 USD. Wir haben ihn probiert. Nun ja, er ist sein Geld nicht wert!

Und jetzt kommt Tola (Name von der Red. geändert) ins Spiel. Tola habe ich schon vor dem Lockdown im Shop kennengelernt. Er fragte mich, woher ich komme. Als er Deutschland hört, streckt er mir seine Ghetto-Faust entgegen und strahlt mich in bestem Hochdeutsch an: „Moin, Moin.“ Tola ist mal in Deutschland gewesen, in Berlin, Mönchengladbach und Mölln – mit einer Tanztruppe, wenn ich es richtig verstehe. Er folgt eine Unterhaltung über die ‚german Bundesliga‘, wobei ich nur an den richtige Stellen nicken muss, den Rest macht Tola. Klappt gut, er kann ein paar Brocken Englisch und ich packe meine Brocken Französisch dazu. Ein sympathischer Kerl, ungefähr in meinem Alter, der in Gambier nur zu Besuch ist, eigentlich aus den Tuamotu stammt und nun nicht nach Hause zurück kann.

Zu der Zeit als der Alkohol-Verkauf komplett verboten war, treffe ich Tola wieder. „Kein Bier“, mault er mich an und guckt unglücklich. Ich nicke zustimmend und zucke mit den Schultern. „Das kann noch dauern“, deutet Tola an und tippt auf seine nicht vorhandene Armbaduhr. „Willst du was zum Rauchen?“, fragt er mich unvermittelt. „Nein, ich rauche schon dreizehn Jahre lang nicht.“ Ich komme vom Dorf und verstehe nicht gleich, was er meint und gebe ihm tatsächlich diese selten dämliche Antwort. Er guckt mich entsprechend ungläubig an, fängt mit den Hüften an zu wiegen, rollt mit den Augen und singt: „Bob Marley … lala lalala … „. Oh! Ohh, ohhhhh, jetzt verstehe ich. Ich schüttel trotzdem den Kopf: „Nein, danke.“

Ein paar Tage später treffe ich erneut auf Tola als ich grade aus dem Laden zum Dinghy gehen will. „Pssst! Pfff.“ Tola steht an einer Hauswand in eine Nische gedrückt. „Pffffft.“ Er pfeift total auffällig unauffällig durch seine Zähne und deutet mir mit dem Kopf zu ihm zu kommen. „Moin, Moin“, sagt er. Dann schaut er sich konspirativ um. Niemand zu sehen. Er nimmt meine Hand und drückt mir ein Stück Küchenpapier in die Hand. „Bob Marley“, lacht er und fängt wieder mit den Hüften an zu wackeln. Schnell lasse ich das kleine Päckchen in der Hosentasche verschwinden. Er grinst.

Jetzt sitzen wir also auf dem Schiff. Der halbe ‚Stein des Anstoßes‘ liegt vor uns. Rauchen oder nicht rauchen, das ist die Frage? Die im Internet verbreitete Floskel ‚ich frage für einen Freund‘, kann ich mir wohl schenken. :mrgreen:

Das Corpus delicti