Boote bauen, um Wurzeln zu schlagen
Jeder ist eingeladen, Isefjord-Boote zu bauen © Kystliv Holbaek
Continue reading Boote bauen, um Wurzeln zu schlagen at float Magazin.
Jeder ist eingeladen, Isefjord-Boote zu bauen © Kystliv Holbaek
Continue reading Boote bauen, um Wurzeln zu schlagen at float Magazin.
Michael Jost (l.) und Michael Köhler © Montage float
Continue reading VW-Chefstratege steigt bei Silent Yachts ein at float Magazin.
Di.,23. Mrz. 2021, Franz.Polynesien/Bora Bora/Piti Aau, Tag 2487, 21.377 sm von HH
Knapp zwei Wochen schwimmen wir bereits in der Lagune und können uns nicht satt sehen. Diesem Rausch an Türkis kann man sich kaum entziehen. Die Tage ziehen wie ein blaues Band an uns vorbei.
Große Sandflächen sind ja meistens etwas fischarm, anders als die übervölkerten Riffe. Aber regelmäßig ziehen Rochen unter Atanga oder unseren Kajaks durch und wühlen im Sand nach Fütter. Eine Gruppe Adlerrochen fliegt stationär an der Südspitze der Lagune ihre Runden. Und einem Millionen-Heer an kleinen Schwarmfischen dient die Lagune als Kindergartenplatz. Manchmal wird Atanga für die Kleinen zum schützenden Riff und sie umkreisen uns in großen Schwärmen. Gefräßige Hornhechte und Makrelen stöbern ihre Beute trotzdem auf. Wir hören es sofort, wenn die Jäger die Kleinen entdeckt haben. Im Fressrausch klatschen die Makrelen mit ihrem Schwanz an unsere Bordwand. Zeitweise brodelt das Wasser regelrecht. Die Hornhechte sind da besonnener. Sie picken sich mit langem Schnabel ihre, vom Schwarm abgesprengten, Opfer aus dem Wasser. Hunderte Hornhechte lungern an unserer Badeleiter. Als ich vorsichtig zu ihnen ins Wasser gleite, ist ihnen das allerdings nicht geheuer. Recht schnell suchen sie das Weite. Und wir haben unserem Schwarm für zwei Stunden das Leben gerettet.
Eine Formation Adlerrochen unter dem Kajak
Hornhechte umlagern Atanga auf Beutesuche
Wir sind umzingelt
In Deutschland ist Frühlingsanfang. Das freut mich, wenigstens ein Jahreszeiten-Hoffnungsschimmer am ewigen Lockdown-Horizont. Wir sprechen viel über die Lage in Deutschland, saugen uns Infos rein, so gut wie unser tägliches Daten-Volumen es zulässt. Zunehmend sind wir fassungsloser, ob der Einfallslosigkeit der Maßnahmen, der lähmenden Bürokratie und schlechten Organisation.
Bei uns ist Herbstanfang. Das freut mich auch. Die letzten Wochen ist es ganz schön heiß bei uns geworden. Das Meer hat seinen Wärme-Höhepunkt erreicht. Dauerhaft 28 bis 29 Grad. In der Lagune blühen die Algen und Atanga ist mit einem dicken Rasen bewachsen. Keine Pocken, nur weicher Bewuchs. Zwei Tauchflaschen-Füllungen verbraucht die Rasur. Zwei Tage später ist bereits ein neuer Flaum gewachsen. Unter Deck herrschen dauerhaft 31 bis 34 Grad. Die Tage in der Lagune waren windarm, was das Leben an Bord zum Kochen bringt. Besonders beim Kochen. Der Schweiß fließt in Strömen. Ich tippe auf vierzig Grad. Das einzige Thermometer an Bord, was nicht an die Wand geschraubt ist, binde ich mir vor die Stirn. Aha!, Kinderbad-Temperatur ist überschritten!
In the heat of the night
Über den Töpfen stehen 40 Grad zur Diskussion
Das bringt mich zum Drohnen-Info-Update. Unserem Gimbal ist es auch schlicht weg zu heiß. Achim hat die Idee, Atanga-Air vor dem Start eine Abkühlung im Kühlschrank zu verordnen. Und siehe da, seitdem funktioniert der Gimbal wieder prima. Auch die Landung auf meiner Hand bringt uns weniger erhöhten Blutdruck. Üben übt – alte Weisheit.
Wenn sogar der Mast noch einen Schatten aufs Wasser wirft
Wir teilen uns das Mooringfeld mit vier bis sechs anderen Booten. Ein Luxus-Zustand. Wir finden neue Segel-Freunde, leider nur für ein paar Tage, dann müssen Yvonne und Helmut nach Tahiti zurück. Das Hotel an der Südspitze vom Motu hat als eines der wenigen auf Bora Bora noch geöffnet. Ein bescheidener Gästeandrang herrscht nur am Wochenende. Wahrscheinlich Polynesier und Franzosen aus Tahiti. Die Grenzen sind nach wie vor geschlossen. Mit einer Öffnung ist nicht vor Mai zu rechnen.
Der Rest der Insel ist für uns tabu. Hinter dem Hotel stehen die Häuser der Einheimischen. Mit Schildern weist man uns darauf hin, dass die Grundstücke privat sind. Wir paddeln also vorbei und gehen nur dort an Land, wo niemand wohnt.
An der Südspitze der Lagune neben dem Hotelstrand
Haus auf dem Motu am Außenriff
Lagunenleben
Seit heute ist das Wetter gekippt. Die Flauten-Tage sind vorbei. Ein strammer Passat aus Ost peitscht die Lagune auf. Wir sind inzwischen auch arm an frischen Vorräten – eine letzte Gurke liegt im Kühlschrank. Es ist Zeit, die Lagune loszulassen.
10
REFERENCE TO THE MOST BEAUTIFUL POCKET CRUISER
Hi Peter, two years have passed since we were in contact last… how time flies and how the world has changed in the most unpredictable way.
How are you and family? How is your company surviving in these strange times?
Adriana and I are good. We live in the Italian country side and have relative freedom and safety as we have land around our house, hence quite some space. Our Dana is a little abandoned as we are unable to travel out of our ‚region‘, Umbria. Last winter we had put her on land in a yard with plans to work on her but we weren’t allowed to come to the yard in the end. We only had her cleaned, fresh antifouling, anodes and back in the water. The piece you had sent us to adjust the windpilot with a line was not installed to my regret but it did not stop us from a fabulous sail to Sardegnia again last summer… We sailed for 6 weeks with one day in a port, the rest at anchor and in perfect safety. It was wonderful and am just putting together another video.
The encl. video got over 80K views so it should have given you some marketing.
Take care
Adri / Wouter
Schadcode einer Cyberattacke machte der IT-Infrastruktur von Beneteau zu schaffen © Markus Spiske
Continue reading Cyberangriff auf Beneteau hat Folgen at float Magazin.
Rosie hat ihr Handwerk beim Refit-Projekt Tally Ho erlernt © Leo Sampson
Fr.,19. Mrz. 2021, Franz.Polynesien/Bora Bora/Piti Aau, Tag 2483, 21.377 sm von HH
Da liegen wir in der schönsten Lagune der Welt und natürlich sollen Fotos von oben her. Aber unsere Drohne, Atanga-Air, macht weiterhin Zicken! Oder liegt es an uns? Oder sind gar die Mächte gegen uns?
Versuch No.1: Die Bedingungen sind wie aus dem Lehrbuch. Atanga liegt ruhig im Wasser, schwoit nicht, kaum Wind. Der Flughafen ist diesmal weit genug entfernt. Wir haben Starterlaubnis. Wir wagen unseren ersten Flug direkt vom Deck aus. Dafür wählen wir das seitliche Solarpanel. Das ragt über die Reling hinaus und scheint die perfekte Startbahn zu sein. Zur Sicherheit kommt eine Anti-Rutsch-Matte aufs Panel, das etwas zur See-Seite durchhängt. Nicht dass ein Dinghy vorbei kommt, eine Welle erzeugt und upps-hoppala.
Der Start vom Panel klappt perfekt. Atanga Air liefert erste sensationelle Fotos.
Als scharfe Kante zeigt sich die Grenze zwischen vier Meter Wassertiefe und einem Meter
Eine fast surreale Landschaft
Startbahn für Atanga-Air
Dann kommt der entscheidende Teil. Die Landung. Die Drohne wehrt sich mit allen Sensoren, die ihr zur Verfügung stehen. Sie will nicht auf dem Panel landen. Einen knappen Meter davor bleibt sie stehen. Achim lässt sie seitwärts und rückwärts fliegen, so nah wie es geht und greift mit langem Arm beherzt zu. Puh, das war knapp, aber geschafft!
Versuch No 2: Wir sehen ein, so geht das nicht. Ich muss lernen die Drohne auf dem Vorschiff zu fangen. Dort ist mehr Platz trotz Vorsegeln und Wanten, die die Sensoren irritieren. Dazu geht es zum Üben an Land. Erster Landfall erfolgt am weitläufigen Strand auf dem Motu – auf der windlosen Seite. Wir kramen alle Teile aus dem wasserdichten Sack hervor, bauen alles zusammen und werden von Mücken förmlich gefressen. Schnell raffen wir alles zusammen und bloß weg!
Versuch No 3: Wir düsen mit dem Dinghy zur Wind zugewandten Seite der Insel. Hier ist es mückenfrei, wie wir wissen. Wir bauen erneut alle Teile zusammen und los geht’s. Eine Akku-Ladung verbrauchen wir nur zum Landen. Dazu strecke ich meine Handfläche aus, so weit wie möglich vom Körper weg und Achim steuert seitwärts darauf zu. Klappt mehrfach ohne Probleme. Sehr gut!
Versuch No 4: Am nächsten Tag wollen wir es noch einmal an Land ausprobieren. Diesmal mit ausgeschalteten Landesensoren und im Sportmodus. Diverse Internet-Tipps deuten an, dass dies die optimale Lösung sei. Erneut fahren wir zur Windseite der Insel.
Unsere Dinghy-Sitzbank dient als Startfläche und liegt außerhalb der Wellenzone im trockenen Sand. Atanga-Air steht zum Start bereit, Achim tüttelt noch mit der Fernbedienung als er plötzlich ‚Achtung‘ brüllt. Ich merke es zeitgleich und greife mir beherzt die Drohne. Nicht eine Sekunde zu früh. Eine einzige vorlaute Welle überflutet das Sitzbrett. Atanga Air bekommt nur zwei Spritzer ab. Das war Glück!
Zwei Minuten später ist dieser Sicherheitsabstand nicht mehr ausreichend
Versuch No. 5: Wir trocknen das Sitzbrett und legen es noch ein gutes Stück weiter vom Wasser entfernt in den Sand. Nein, nein, hier geht es auch nicht. Tausend Ameisen wohnen an der Abbruchkante zum Wald. Bloß weg!
Versuch No 6: Wir fahren zu Atanga zurück. Ich kann ja fangen, habe ich gestern bewiesen. Mehr Übung an Land brauche ich nicht, entscheiden wir. Also los. Der Start erfolgt wieder vom Solarpanel. Die Drohne fliegt und Achim grummelt hinter seiner Steuereinheit: „Ich kann gar nicht sehen, wohin ich fliege. Es stimmt etwas nicht mit dem Gimbal. Ich lande. Bist du bereit?“ Bin ich und Atanga-Air landet souverän auf meiner Hand. Brust raus!
Die menschliche Landebahn
Ich mache es dem Piloten leicht
Der Gimbal ist die kardanische Aufhängung der Linse. Eine raffinierte Technik, die für ruhige Filmaufnahmen sorgt und mit der man die Linse hoch und runter, links und rechts bewegen kann. Jetzt zeigt die Linse traurig nach unten.
Wieder befragen wir das Internet. Ein gern beschriebener Fehler. Man soll gegen den unnormalen Widerstand die Linse bewegen, in die Mechanik pusten und daran wackeln. Und beten. Denn entweder funktioniert es nach dieser Behandlung wieder oder die Drohne muss zur Reparatur eingeschickt werden. Hätten wir nicht schon ein paar schöne Aufnahmen, der Spaß an Atanga-Air wäre jetzt spontan vorbei.
Atanga erscheint losgelöst im glasklaren Wasser
Versuch No 7, 8 und 9: Achim hat gewackelt und gepustet und die Linse neu kalibriert. Der Gimbal lässt sich wieder bewegen. Wir starten. Achim knipst und filmt. Es scheint alles gut. Es folgt die Landung. Eine klitzekleine Fehlbewegung meines Ringfingers. Zack, schmerzhaft bekomme ich zu spüren, dass eine Drohne kein Kinderspielzeug ist. Einer der Rotoren streift meine Fingerkuppe einen Millimeter. Das zwickt ganz ordentlich. Das Internet weiß für solche Fälle auch guten Rat: Nimm Sekundenkleber mit zum Drohne-Fliegen, um die Wunden kleben zu können, die die Rotoren in Finger hacken können. Bei der Sichtung der Filme zeigt sich, dass der Gimbal noch immer eine Macke hat. Die Aufnahmen zittern unangenehm. Aber die Fotos sind eine Sensation!
Versuch No 10 und 11: Noch mehr Gewackel am Gimbal. Noch mehr Gepuste in die Mechanik und auch ein paar Gebete helfen. Atanga Air liefert wieder fast perfekte Filme. Nur wenn man genau hinsieht, erkennt man vielleicht noch ein paar Vibrationen. Wir sind aber happy, dass tatsächlich eine Selbstheilung erfolgt ist. Wir hatten es nicht zu hoffen gewagt. Die Landung ist mittlerweile auch schon Routine. Selbstsicher stehe ich vorne am Bug. Atanga-Air kommt und landet. Normalerweise stellt sich sofort nach der Landung der Motor von alleine ab. Heute nicht! Das Biest steht auf meiner flachen Hand und rotiert weiter. Ich spüre den Wind im Gesicht von den vier Propellern. Vorsichtig greife ich zu. Das Biest zieht. Man mag es nicht glauben, mit was für einer Kraft so eine Drohne zieht, um weg zu kommen. Ich halte dagegen. „Mach den Motor aus!“, rufe ich Achim zu. „Mach aus, mach aus!“ „Geht nicht“, kommt zurück. „Ich weiß nicht warum. Du musst die Drohne um neunzig Grad zur Seite kippen!“ Gesagt, getan. Spontan ist Ruhe. Puh, ich hatte mich schon kurz und klein geschreddert an Deck liegen sehen.
Woher der Fehler nun wieder kommt? Wir werden das Internet befragen.
Fazit: Im Augenblick glauben wir nicht, sollten wir die Drohne verlieren – was jetzt nicht so unwahrscheinlich erscheint und Statistiken geben uns Recht – dass wir uns wieder eine Drohne kaufen würden.
4
Lisa moderiert den Kanal des Seglernetzwerks von Isla Mujeres © Ken Flannagan
Krefeld/Dormagen, 18. 3. 2021 – Der Rhein wird kontinuierlich mit Mikroplastik aus industriellen Produktionsprozessen verschmutzt. Rund um Industriegebiete steigt die Verschmutzung mit Mikroplastik deutlich an. Das ist das Ergebnis der neuen Studie “Nicht sauber, sondern Rhein”
Für die Studie haben Greenpeace-Umweltschützer:innen im vergangenen Herbst zunächst vom Aktionsschiff Beluga II aus zwischen Duisburg und Koblenz 44 Wasserproben genommen. Anschließend wurden von Schlauchbooten weitere 206 Proben bei Krefeld und Dormagen gezogen. Erstmals fanden diese Messungen durchgängig über 24 Stunden statt. So ließen sich die möglichen Ursachen der Verschmutzung weiter eingrenzen. Die Proben wurden in Greenpeace-Laboren, auch direkt an Bord der Beluga II ausgewertet. In jeder Probe finden sich Plastikpartikel mit einem Durchmesser von weniger als fünf Millimetern. “Im Rhein wird offenbar Mikroplastik verklappt. Die Umweltbehörde in Nordrhein-Westfalen muss jetzt ermitteln, wer den Fluss verschmutzt”, fordert Daniela Herrmann, Umweltwissenschaftlerin von Greenpeace.
Konzentration an Mikroplastik im Rhein bei Industriegebieten besonders hoch
Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag bei Dormagen und Krefeld. Stromabwärts des Industrieparks Dormagen liegt die Konzentration an primären Mikroplastikpartikeln bei durchschnittlich 1284 Partikeln pro 1000 Kubikmeter Flusswasser und damit ungefähr um ein Drittel höher als die durchschnittlich gemessene Konzentration stromaufwärts des Industriegebiets Chempark Dormagen. Neben industriellen Produktionsprozessen könnten die Mikroplastikpartikel auch aus Filtersystemen von Wasseraufbereitungsanlagen stammen.
Mit dem Aktionsschiff Beluga II untersucht Greenpeace die Verschmutzung mit Mikroplastik im Rhein zwischen Duisburg und Koblenz. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nehmen Wasserproben und Sedimentproben, sieben Mikroplastik aus und analysieren dieses auf die chemische Zusammensetzung in einem Labor auf dem Schiff. © Oliver Tjaden / Greenpeace
Mikroplastik ist schädlich für die Gesundheit von Tieren und Menschen. An den Kunststoffpartikeln können Chemikalien anhaften, die dann von Wasserorganismen, wie Plankton, Muscheln oder kleinen Fischen bei der Nahrungssuche zusammen mit dem Mikroplastik aufgenommen werden können. In früheren Studien hat Greenpeace gezeigt, dass sich Plastikpartikel inzwischen in Austern und Miesmuscheln sowie im Verdauungstrakt von Heringen finden lassen. Deshalb fordert Herrmann: “Beim Einsatz von primären Mikroplastik muss sichergestellt sein, dass die Partikel während der Produktion, des Transports, der Verwendung und der Entsorgung zu keinem Zeitpunkt in die Umwelt gelangen”.
Das Seenot-Handy Garmin inReach ist auch mit der Smartwatch Quatix kompatibel © Charterbar Yachting
Vorwort
Der folgende Artikel liegt bereits seit einem Vierteljahr mehr oder weniger fertig auf dem Desktop. Die Veröffentlichung wurde verhindert durch ein kleines Stück kalten Stahls. Abgelöst hatte sich dieser etwa drei Millimeter große Splitter von einer kleinen HSS Bohrkrone. Er versteckte sich in einem Häufchen Holzstaub, wurde von mir selbst beim saubermachen aufgewirbelt und fand seinen Weg (Murphys Gesetz folgend) in mein rechtes Auge.
Ich selbst habe ihn beim spülen und reiben in die Hornhaut gedrückt, so tief, dass er sie perforiert hat. Wie beim Unfall mit dem linken Auge vor fast 2 Jahren, war ich wieder allein an Bord.
Mit Hängen und Würgen bin ich noch nach Hause gefahren, erst da habe ich selbst das Ausmaß im Spiegel gesehen.
Dann ab in die Uniklinik nach Düsseldorf, anschließend 3 Tage blind. Danach eine lange, schmerzhafte Phase der Rehabilitation.
Mittlerweile kann ich wieder etwas länger auf Monitore schauen, der Alltag hat mich endlich wieder. Die Narbe verändert sich noch und wirft mich manchmal für ein, zwei Tage aus der Bahn. Sehen kann man sie nicht, aber sie ist da.
Was man sehen kann, ist eine Tätowierung aus Eisenoxid in Form eines kleinen roten Rings im unteren Bereich der Pupille. Sie wird bleiben, für immer.
Wie sich das Auge langfristig entwickelt, lässt sich schwer prognostizieren. Das hat mir eine Weile ziemliche Angst gemacht. So langsam komme ich damit aber klar.
Mein erstes Tattoo.
Ein paar Projekte aus 2020 haben wir hier also noch textuell abzuarbeiten, bevor wir uns ganz dem neuen Jahr und seinen Herausforderungen hingeben.
Heute geht es um ein System an Bord der Morgenstern, welches ich auf den letzten Einhandtörns so manches mal verflucht und nicht weniger oft vergöttert habe und mir sind unterwegs immer mal wieder Crews begegnet, die haben diesem Ding sogar ernsthaft einen Namen gegeben. Ich denke das verdeutlicht, welchen Stellenwert der Autopilot an Bord einer Fahrtenyacht hat.
Beim Einhandsegeln ist diese*r künstliche Rudergänger*inn sogar fast überlebenswichtig. Kein Mensch kann schließlich rund um die Uhr das Schiff steuern und auch bei einer 2er Crew sieht es ohne Autopilot nach einer Weile sehr düster aus.
Einhand unterwegs im Mittelmeer. Der Autopilot steuert das Schiff, Nico steuert die Drohne.
Als wir Morgenstern vor mittlerweile 4 Jahren übernommen haben, da war bereits ein Autopilot an Bord. Zwar uralt und sehr einfach in der Funktion, aber besser als nichts. Er hat mir auf den langen Etappen so manches Mal den Rücken freigehalten. Während dieser künstliche Steuermann das Schiff auf Kurs gehalten hat, konnte ich mich um die Segel kümmern, Brot backen, Pipi machen oder, wie einst Guido Dwersteg auf seinen legendären Fahrten, genüsslich in der Nase bohren.
Eine herrliche Zeit war das, wie der Autopilot und ich gemeinsam durch den Golf von Korinth in West-Ost-Richtung gesegelt sind. Mit einem leisen Brummen hat er hin und wieder das Steuerrad gedreht und die Welt war in Ordnung.
Manchmal allerdings, da sind diesem Elektrofreak die Leiterbahnen durchgegangen. Vor allem in Nord-Süd-Richtung war er kaum zu gebrauchen. Mehr als einmal hat er mich nach stundenlangem Geradeaus mit einem 360° Kreis plötzlich aus der heilen Welt geholt. Gott, was habe ich manchmal geflucht und ihn angebrüllt! Vor allem im Schwarzen Meer haben wir uns oft gestritten. Es war ja auch sonst niemand da, dem man die Schuld am verhunzten Kurs hätte geben können.
Warum Manfred das getan hat, weiß ich bis heute nicht. Vielleicht war es auch nur eine Annomalie im Erdmagnetfeld.
Jedenfalls kann man unsere Beziehung durchaus eine Hassliebe nennen. Ich bin froh, dass es ihn heute nicht mehr gibt, aber ich möchte die Zeit mit ihm auch nicht missen.
Wir hatten Höhen und Tiefen auf den knapp 3.000 Seemeilen von Kilada bis Rees und so Scheiße unsere Beziehung manchmal auch war, am Ende haben wir das Schiff gemeinsam nach Hause gebracht! Verdammt nochmal!
Manchmal vermisse ich Manfred.
Aber es ist eben Aus und vorbei. Dieser Autopilot namens Manfred war einfach in die Jahre gekommen. Der Lack war ab und es hatte keinen Sinn mehr an ihm herumzumachen. Und so haben Sabrina und ich entschieden, dass Manfred gehen muss.
Wir haben uns aber nicht sofort etwas neues angelacht, sondern einige Jahre verstreichen lassen und lange gesucht.
Am Ende lief es darauf hinaus, dass immerhin ein Teil von Manfred seinen Dienst im neuen System weiterhin tun wird, denn den Antriebsmotor, bzw. den Aktor werden wir behalten.
Und jetzt höre ich mal mit dem blöden Gequatsche auf, und werde mal ein wenig ernster!
Auf EOS hatten wir seinerzeit einen ST4000+ Pinnenpiloten verbaut und dadurch die Gelegenheit, dieses System etwas näher kennenzulernen. Um es kurz zu machen, ich halte die Steuereinheit des ST4000+ für einen der wenigen wirklich guten und robusten Autopiloten. Wohl gemerkt: Nur die Steuereinheit und den Fluxgate-Kompass.
Die Aktoren des ST4000 sind nicht viel besser als die Aktoren der meisten anderen modernen Autopilot-Systeme für Yachten. Billigste Motoren, Plastikzahnräder und Kupplungen die häufig nicht einmal die erste Saison auf Langfahrt überleben, aber für die man nicht selten ein Sümmchen auf den Tisch legt, als hätte das System ein Ingenieursbüro als Einzelstück für eine Rekordfahrt entwickelt.
Wenn man nicht selber entwickeln möchte und einen wirklich robusten Autopiloten braucht, dann kann ich nur den Tipp weitergeben, den ich seinerzeit von einem Bekannten bekommen habe, der viele Jahre beruflich zur See gefahren ist und mit seiner eigenen Segelyacht insgesamt 6 mal den Atlantik überquert hat:
„Der Plastikkram aus der Yachtindustrie ist Schrott! Hol dir einen Autopiloten aus der Berufsfischerei und du hast für immer Ruhe!“
Diese Möglichkeit, oder auch ein „Pelagic-Autopilot“ wäre der Weg gewesen, den ich mit hoher Wahrscheinlichkeit eingeschlagen hätte, wäre da nicht der wirklich gute Aktor von „Manfred“ noch an Bord gewesen. Die Idee war, den guten Aktor noch ein wenig besser zu machen, den schmalen Antriebsriemen (der auf 3.000 Seemeilen zwei mal gerissen ist) durch einen wesentlich stärkeren zu ersetzen, die Lagerkräfte zu reduzieren, das Drehmoment zu erhöhen und auf ein Riemenrad zu übertragen, welches perfekt an das Steuerrad von Morgenstern adaptiert ist.
Befeuert werden sollte das System schließlich von einem ST4000+, von denen es allerdings kaum noch welche auf dem Gebrauchtmarkt gibt. Wer so einen im Boot hat, gibt ihn in aller Regel nicht mehr her.
Am Ende hat es einige Monate gedauert bis ich den originalen Fluxgate Kompass bekommen habe und fast ein Jahr, bis ich ein einigermaßen bezahlbares Angebot für den ST4000+ entdeckt habe.
Mit Einfuhrsteuer und Verzollung bei den Jungs und Mädels auf meinem Lieblingsflughafen ist er am Ende zwar kaum günstiger gewesen als ein aktuelles Neugerät, aber darum geht es nicht.
Wir haben einen!
Wobei, stimmt so nicht ganz.
Der ST4000+ war zuvor auf einer Segelyacht im Pazifik im Einsatz, genauer gesagt, an der Küste in Kalifornien. Sherry, die Besitzerin der Yacht, hatte den Autopiloten schließlich zum Verkauf angeboten und so kam er letztendlich zu uns.
Also, wir haben eine Autopilotin und die hat nun den Namen „Sherry“ bekommen. Denn Sherry war unser großes Glück.
Sherry gefällt mir auch irgendwie besser als Manfred. Nicht, dass ich den Namen Manfred unschön finde, ganz im Gegenteil. Ich kenne sogar einen Dackel der Manfred heißt und den mag ich sehr.
Aber Sherry hat was, wie ich finde.
Sabrina ist zwar jetzt manchmal etwas eifersüchtig, wenn ich feststelle, dass Sherry den Kurs besser halten kann als sie, aber da kann ich ja nix dafür.
Jedenfalls bin ich echt verknallt in unsere neue Autopilotin. Und damit sie das Boot auch wirklich gut steuern kann, habe ich für sie den schönsten Ring geschmiedet, den man sich vorstellen kann.
Denn ohne Antriebsring kann die beste Pilotin nichts bewirken. Irgendwie muss die Kraft des Aktors schließlich aufs Steuerrad übertragen werden.
Bisher passierte das über einen schlecht montierten Aluring von der Stange. So ein Universal-Gussteil welches für Eineneurofuffzich vom Band geflogen ist, das zwar einigermaßen funktioniert hat, aber mehr auch nicht.
An dem neuen Rad habe ich wirklich lange mit dem Hirn dran gewerkelt. Ich hatte eine ganze Weile absolut keine Idee, wie man ein so großes Rad zufriedenstellend anfertigen kann. Am Ende war ich kurz davor, es aus Carbon zu laminieren. Mit dieser Herstellungstechnik kann ich gut umgehen und das Ergebnis wäre wahrscheinlich auch gut geworden. Nur der Aufwand wäre immens gewesen, wenn ich den Ring in Negativbauweise hätte herstellen wollen.
Also bin ich irgendwann auf eine Idee gekommen, die ein Verfahren mit einbezog, welches ich bis dato noch nie verwendet hatte: Die heißeste Blechbearbeitung der Welt, das Laserschneiden!
Denn für meine CNC Fräse wäre das Projekt zum einen etwas zu groß gewesen und zum anderen hätte ich die feinen Details auch nicht so einfach umsetzen können.
Also fing ich irgendwann im November 2020 an zu zeichnen und hatte schließlich eine Idee, wie man ein 332mm großes Riemenrad aus Edelstahl anfertigen könnte.
Ein wenig Bauchweh hatte ich schon, als ich die CAD Files letztendlich an ein Unternehmen in Niedersachsen gesendet habe. Wird das wirklich funktionieren? Passen alle Teile zusammen, habe ich wirklich richtig gerechnet und mich auch nicht verzeichnet?
Fragen über Fragen und nach etwa 2 Wochen Wartezeit hatte ich zumindest bei einer Thematik Klarheit: Sieht richtig gut aus, das Material!
Aber passt es auch und lässt es sich so biegen und verschweißen wie ich es erdacht hatte?
Nach 2 Tagen war alles klar. Absolut rund, absolut plan, absolut schön.
Wenn ich das Sherry zeige…
Bevor das neue Riemenrad aber ans Steuerrad montiert werden konnte, wollte ich dieses zuerst einmal einem Refit unterziehen. Da ich es sowieso auf der Werkbank hatte, bot sich das einfach an. Der hintere Messingring und das alte Alurad kamen ein für alle mal weg. Das Holz wurde geschliffen und die Messingteile aufwändig poliert. Das war Sabrinas Projekt und ich finde man sieht auf den Bildern weiter unten, dass sie da wirklich Herzblut reingesteckt hat.
Die Lackierung war meine Aufgabe und die originalen Messingschrauben haben wir gemeinsam überarbeitet. Um die Schrauben auch im inneren des Kreuzschlitzkopfes polieren zu können, habe ich eine provisorische Minisandstrahlkammer gebastelt und jede Schraube mit feinem Granulat gestrahlt. Sabrina hat dann wieder poliert, anschließend wurde nochmal mit Wasserstrahl ganz fein gestrahlt.
Der Wellenflansch aus Aluminium hat ebenfalls viel Zeit in Anspruch genommen. Man hätte ihn zwar so lassen können und einfach nochmal mit einem Quast Schwarze Farbe drüberpinseln können, wie es einst der Hersteller gemacht hat, um die ganzen Gussspuren zu übertünchen, aber mal ganz ehrlich, das ist doch Scheiße!
Das sind so Punkte, da reg ich mich manchmal echt auf. So ein Schiff hat seinerzeit soviel gekostet wie ein Einfamilienhaus und dann wird der zentrale Flansch des Steuerrades, auf den man ständig glotzt, so wie er aus der groben Gussform geflogen ist ein bissel bepinselt und ins Cockpit geklatscht. Ne, ne, ne…
Also ab mit dem Flansch auf die Drehmaschine, anschließend von Hand nachgearbeitet, gebeizt, gespült und schließlich eloxiert. Das Eloxieren war das aufwändigste an der ganzen Aktion. Garnicht mal der Vorgang selbst, aber ich habe schon einen halben Tag vertrödelt, bis ich in der Werkstatt alle Chemikalien, die Eloxalfarben und die Anleitung beisammen hatte und mit den Vorversuchen durch war. Ich hatte einfach einige Jahre kein Aluminium mehr eloxiert. Umso zufriedener bin ich mit dem Ergebnis. Zwar war das eigentliche Farbziel ein ganz tiefes Ultramarinblau, aber mit einem Hauch ins Lila gefällt es Sabrina sogar noch besser.
Steuern lässt sich das Schiff mit dem neuen (alten) Rad auch besser. Der Antriebsring gibt dem Rad deutlich mehr Stabilität als der dünne Messingring. Es ist nicht mehr so labberig wie vorher und gut anfühlen tut es sich auch.
Irgendwann im Sommer werde ich dann auch Sherry und den Aktor endgültig ins Schiff einbauen. Aktuell fehlt nur noch der Ruderlagengeber. Mit dem wird Sherry dann noch ein klein wenig genauer Kurs halten können.
Fertig montiertes Steuerrad!