Kategorie: News & Blogs

SV Malu – Gabriel Jäger GER

MIT REINKE 10m ÜBER SÜDENGLAND BIS NACH BREST
Hallo Herr Förthmann, der Törn mit der Malu lief hervorragend, auch dank Ihres Windpiloten. Wir haben viel erkundet, dabei gar nicht so grosse Sprünge gemacht, und haben das Boot dann in Brest an Land gestellt.

Wir hoffen, dass es in 2024 weiter geht mit der Reise. Wir werden berichten.

Viele der Eindrücke sind nicht in Bilder zu fassen, sondern sind zum Begreifen an das Erleben gekoppelt.

Die Bretagne haben wir weitgehend ausgelassen: Es wehte beständig aus Nordost, sodass wir westwärts die englische Küste gesegelt sind und dann von den Scilly Islands via L’Ouessant nach Brest.

Ausserdem sind ist die Strömung an der englischen Küste weniger wild, und es war zu der Zeit Vollmond. Naja, wir wollten uns nun mal rantasten an die ganzen „Raz Blanche“-Gewässer.

Viele Grüsse und stehen Sie den Winter gut durch, im Norden.
Gabriel Jäger

SV Jambalaya – Luca Maier GER

SCHUTZENGEL BEI DER ARBEIT
Nein, weder Wilfried Krusekopf noch meine Wenigkeit, leiden unter Langeweile. Wir schneiden keine Rosen, oder bügeln träge Hemden oder Unterhosen, sondern reihen jeden Tag gutgelaunt an den nächsten, wie wir es seit Jahrzehnten halten: wir tun genau das, was wir am besten können: Tage als Perlenkette, erfüllt mit unseren Herzensangelegenheiten, die zu unserem Lebensmittelpunkt geworden, wie Sonne Mond und Sterne – gerne. Wir arbeiten, segeln und schreiben für Segler, die unsere Hilfe nachfragen, bzw. sogar kaufen, womit wir unseren Lebensunterhalt verdienen, ganz ohne rot zu werden. Wir sind mit uns im Reinen und Arbeit unser Vergnügen. Und dann passiert manchmal unverhofft, was sich vor kurzem abgespielt:

Dies ist eine kleine Geschichte, wie zwei Männern sich Flügel angeschraubt, um als Schutzengel verkleidet, einer jungen Seglerin ein wenig Unterstützung zu gewähren, sie vor Unheil zu bewahren um ihre ersten Erfahrungen auf See ins Positive zu wenden, indem wir sie virtuell ein wenig schubsen und begleiten.

Luca Sophie Maier besuchte mich am 11.09.2023 in der Werkstatt, um eine Crossbar zu erwerben. Eine gebrauchte Pacific Light hatte sie bereits. Die SV Jambalaya – eine Bianca 27 – desgleichen. Ein Schiff, das in meinem Herzen eine Tür aufmacht.

Bianca 27

Luca gedachte nach ihrem Studienabschluss ein Sabbatjahr einzuschieben, darum ging es von Berlin nach Hamburg mit aller Macht. In Wedel wurde die Palme auf´s Schiff gebracht, dann noch kurz die Crossbar abgeholt. Die Zeit drängte, man wollte weg, gen Süden. Gran Canaria das erste Etappenziel. Zwei junge Damen mit Mumm und Power, denn die Eignerin hatte eine Freundin mit an Bord. Start in Wedel: 12.09.2023 bei ablaufender Tide, so war das gedacht und so wurde es dann gemacht.

Vier Wochen später ist die Jambalaya in Muxia eingelaufen, hier der Reiseverlauf im Stakkato:

Es liegt mir in den Genen, Seglern mit Hinweisen und Ratschlägen für ihre Zeit auf See zu unterstützen, und Luca Sophie war offen für jeden Rat. Zunächst nur schnelle Hinweise über die Usancen mit einer Tide auf der Elbe, deren Zeiten und Regeln zwar aufgeschrieben, deren tatsächliche Fahrpläne allerdings ein wenig retardieren, was man wissen sollte, wenn man nicht rückwärts fahren wollte. Stichwort: Hochwasser als Zustand sagt wenig über die Fliessrichtung der Elbe, die sich nur zeitverzögert bequemt, den Segler zu unterstützen oder eben extra nicht. Der Unterschied kann schon eklatant geraten, weil man – falsch gerechnet – nur mühsam über Grund, oder aber mit Schussfahrt von 10 kn unterwegs. Manch ein Segler hat in der Grimmershörner Bucht bei Cuxendorf vor Anker auf den Tidenwechsel warten müssen, weil er mit der Strömung zu schnell das Loch zum Hafen verpasste, weil er die Fahrwasserseite zu spät gewechselt und dann das „Aussteigen“ vergessen hat. Solche Ratschläge kosten: nix.

Warten auf ein Wetterfenster kann auf Vlieland langweilig werden, jedenfalls im Herbst, da hilft dann ein schneller Hinweis auf die Staande Mastroute, um ein wenig Sightseeing in A´dam mit sicheren Tagen im Landschutz zu unternehmen, gleichwohl trotzdem Meilen gut zu machen, um sodann bei Ijmuiden wieder auf der Nordsee mitzuspielen. So vergingen die Tage. Dieppe, Dunkerque, Fécamp, Cherbourg, die Jambalaya ist flott vorangekommen. In Cherbourg allerdings habe ich die Damen auf Wilfried verwiesen, der ihnen die Feinheiten seines Hausrevier in Wort und Schrift vor Augen geführt, um sicherzustellen, dass eine kleine Bianca ohne Kratzer oder Dellen in Rumpf und Seele die Bretagne auf dem Weg nach Süden passieren kann. Eine kleine Rundfahrt um Alderney herum, dann wurde Kurs auf Roscoff abgesetzt. Die Luft war günstig, denn sie ist stehengeblieben, die Biscaya hatte sich zum Schlafen flach gelegt. Das war die grosse Chance, mit Hilfe einiger Reserve Kanister bis nach Spanien zu gelangen, der Motor noch neu, hat keine Zicken gemacht.

Es sollte rasant weitergehen, nun allerdings unter weissen Flügeln.

Am 12.10.2023 schreibt Wilfried diese Mail:

Moin Peter,
Jambalaya: Das hat nun nichts mehr mit Mut und Eiern zu tun, sondern ist purer Leichtsinn, heute Morgen bei 25 Kn Südwind  mit 2 Kn Fahrt auf Südkurs an Muxia und Camarinias (sehr gute Schutzhäfen selbst bei echtem Sturm aus SW) vorbeizusegeln (vermutlich eher motoren) und in 6-7 Stunden in der ersten Front eines neuen Tiefs 30 Knoten auf die Nase zu bekommen, möglicherweise und wahrscheinlich bevor das Cabo Fisterra passiert ist. Im Fischerhafen von Fisterra gibt es einen neuen Steg mit Platz für 4 Yachten, der auch bei Starkwind aus S oder SW Schutz bietet, aber da muss man erstmal hinkommen. Ich habe Sorge, dass sie das nicht schafft.
Falls Du eine Möglichkeit siehst, Luca davon zu überzeugen, dass sie schnellstmöglich abfallen sollte mit Ziel Muxia, dann mach das. Ich glaube auf Dich hört sie eher als auf mich.
Besorgter Morgengruß aus Kerhouet
Wilfried

Klar habe ich auf der Stelle reagiert:

Guten Morgen auf See, besorgte Gruesse aus Hamburg und der Bretagne, in wenigen Stunden werden Sie in eine unschoene Front geraten, die fuer eine Bianca 27 alles andere als ein Vergnuegen sein koennte. Sie sollten dringend Kurs aendern und sich in Sicherheit bringen und nach Muxia ablaufen. Das zumindest waere ein Rat zweier angegrauter Maenner.
Good Luck
Wilfried Krusekopf
Peter Foerthmann

Kurze Zeit später die Entwarnung von der Jambalaya

Vielen Dank! 
Habe schon gerefft und gedreht! 
LG und vielen Dank, Luca 

Wenig später am gleichen Tage dann Wilfried:
Buenas … nach Hamburg und Muxia,
Mein Spionageteam hat soeben das Beweisfoto übermittelt, dass Luca tatsächlich in die Bucht von Muxia eingelaufen ist.
Gut so, denn heute Nacht zieht eine böse Front von SW durch. Am Samstag wäre – so wie es aussieht – der nächste Schlag bis Fisterra oder Muros möglich, bevor am Sonntagabend erneut Starkwind aus SW einsetzen wird.
Der Fischerhafen Fisterra hat einen kleinen Steg für etwa 4 Yachten am Nordrand des Hafens, läuft allerdings etwas Schwell rein. Besser ist Muros. Ideal in jeder Hinsicht: Schutz, Platz, Einkaufen, netter Hafenmeister Pedro, sein Assistent ist Süd-Deutscher. Luca, grüß Pedro mal von GWENAVEL. Vielleicht erinnert er sich auch besser an meine Frau Thérèse als an mich.
Mit besten Seglergrüssen aus der Bretagne
Wilfried
Zwischen den harten Winden ist die Jambalaya bis nach Figueira da Foz vorgerückt, wo die Damen die harten Fronten abgesessen haben. Heute nun sind sie dort ausgelaufen, um weiter nach Süden zu kommen.

Und nun legen wir uns gemeinsam auf die Mauer auf die Lauer und hoffen auf eine störungsfreie Weiterfahrt der Damen …

Daumendrücken kostet nix.
Wilfried Krusekopf
Peter Foerthmann
07.11.2023

Transat Jacques Vabre Ocean Fifty: Trimarane zerlegen sich – drei Ausfälle an einem Tag

Die Ocean Fifty Klasse scheint nur bei den großen Offshore-Regatten mitmachen zu dürfen, weil sie spektakuläre Schlagzeilen und Rettungsaktionen liefert. Das ist nun wieder einmal geglückt. Weiterlesen →

Transat Jacques Vabre IMOCA Start: Malizia auf Platz 13 – Zwei Penalties verhängt

Das IMOCA-Feld hat sich mit neuntägiger Verspätung auf den Weg in die Karibik gemacht. Boris Herrmann gelang ein mittelmäßiger Start. Die Favoriten beeindrucken. Weiterlesen →

Imocas endlich im Rennen

Nach über einer Woche Startverschiebung sind die Imocas im Rennen des Transat Jacques Vabre © Ricardo Pinto/Team Malizia

Imocas endlich im Rennen

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Nur die Harten fahr’n mit Quarken

Kleines Boot ganz groß: Die Quarken 27 Cabin kommt verwegen daher, ist aber verblüffend kompakt © Wildberg

Nur die Harten fahr’n mit Quarken

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Speedentwicklung der IMOCA: Leistungssprung um fast 50 Prozent

Am Dienstag startet die erste wichtige Regatta der neuen IMOCA-Generation, die für die nächste Vendée Globe gebaut wurde. Schon jetzt ist klar, wie überlegen sie ihren Vorgängern sind. Weiterlesen →

Transat Jacques IMOCA-Start live

Am Dienstag geht der NDR mit seiner Berichterstattung über den Start zur Trnsat Jacques Vabre von 09:00 – 10:05 Uhr auf Sendung. Wie schlagen sich Boris Herrmann und Will Harris? Es steht ihnen eine harte Kreuz bevor. Zum Start der Übertragung werden 22 Knoten aus West erwartet. Weiterlesen →

Transat Jacques Vabre Start: Class40 ist unterwegs- IMOCA ab Dienstag 9:30 Uhr

Classe40 und Ocean Fifty sind in Lorient auf dem Weg, um die Transat Jacques Vabre fortzusetzen. Die IMOCA-Flotte startet am Dienstag in Le Havre. Warum sich Boris Herrmann über den neuen Kurs freut. Weiterlesen →

Frischer Wind in Berlin

Messe Berlin Segeln

Windy City: Im Herbst ist Berlin auch Segler-Metropole © Montage float

Frischer Wind in Berlin

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Kroatien im November. Von Zadar nach Triest (3). Im Sturm.

Philipp, 28, Hörer unseres Segelmythen-Podcasts SEGELN IST MEER! schrieb: Wie ist Segeln im Winterhalbjahr im Unterschied zum Sommer? In den vorigen Posts gab ich erste Einblick in die bestimmenden Faktoren Helligkeit/Dunkelheit sowie Herbstwetter. Ich beschrieb meinen Allerheiligen ud Allerseelen auf See, doch der 3. Tag sollte alles toppen, was ich bisher auf See erlebt hatte…


Die meisten Menschen, die seit April an meinen Mittelmeer- und Kroatien-Wetter-Webinaren teilgenommen haben, kommen mit einer Frage im Kopf. „Was ist der beste Wetterbericht? Welches Wettermodell liefert mir den treffendsten Vorhersagen?“ Die Frage ist nicht falsch. Sie ist nur nicht zielführend. Sie ist eine Scheinfrage und führt zu Schein-Antworten, wie so vieles, worüber wir im Augenblick diskutieren. Sie ist nicht falsch, sie bringt nur niemanden weiter.

Ich beantworte diese Frage stets so: „Es kommt nicht auf den Wetterbericht an. Es kommt viel mehr auf dich an. Weißt du genau, was du zu tun hast, WENN es so kommt, wie der Wetterbericht sagt?“ Ich frage mich seit Donnerstag, ob ich das denn jederzeit weiß? Diese Frage klingt bis heute nach.

Der kroatische Wetterbericht las sich nicht schlecht für diesen ersten November-Donnerstag und nicht anders als WINDY oder PREDICTWIND, das sechs verschiedene Wettermodelle gegenüberstellt. Selbst wenn ich das pessimistischste Modell zugrunde legen würde (wie üblich für Kroatien das britische Wettermodell UKMO ;-)), gäbe es  
– Donnerstag Vormittag Südwest 20-24 Knoten, also beherrschbar. 
– Ab Mittag drehend auf Süd 24-26 Knoten. 
– Erst lange nach Einbruch der Dunkelheit Süd 33-40 Knoten. Aber um diese Uhrzeit wäre ich ja längst im Hafen. Das Wetterfenster würde mir locker reichen, ich würde spätestens Mittag irgendwo im Hafen sein. Ich sah den Wetterbericht. Ich sah nicht, dass die Wellen an diesem Tag so stark sein würden, dass sie am Nachmittag in Piran, wo ich hin wollte, meterdicke Felsblöcke aus dem Wellenbrecher an Land kugeln würden, als wären es Murmeln.

Pirans Riva, die Südpromenade am Spätnachmittag des 2. November. Auf ganzer Länge würde Gestein aus dem Meer Richtung Restaurants gewaschen. Etwa 2 Stunden vor der Aufnahme war ich im dicksten Sauwetter etwa eine Seemeile daran vorbeigesegelt. 

Um 7 Uhr morgens startete ich nach einer unruhigen Nacht in einer Bucht vor den Brioni-Inseln den Motor, holte den Anker nach oben, und setzte Vollzeug. In der Bucht war es ruhig, genau wie die PREDICT-Wind das angegeben hatten. Um 7.10 Uhr stellte ich den Motor ab, wir glitten unter Vollzeug nordwärts aus dem Schutz des Fazanski-Kanals nach Norden Richtung Rovinj.

Um 9.50 Uhr hatte ich Südost 6+, also deutlich mehr und etwa das, was die Modelle für den Nachmittag prognostiziert hatten. Ich tat, was man halt tun muss. Reffen. Was sonst. Also jeweils 1. Reff in Großsegel und in Genua. Das passt so für Levje’s Segeltragezahl, die eher klein ist.

Eineinhalb Stunden später, gegen 11.50 Uhr wurde der Wind sehr böig, die Wellen steilten auf und warfen Levje nun regelmäßig aus der Bahn, wenn sie von achtern unter uns durchgingen. Eine gerade Kurslinie zu halten, war nun nicht mehr möglich. Um eine Patenthalse zu vermeiden, drehte ich kurz bei und nahm das Großsegel weg. Also weiter nur unter der gerefften Genua. Passt schon.

Gegen 12.30, irgendwo zwischen Rovinj und Umag, notierte ich im Logbuch: „Südost konstant 30-35 Knoten.“ Ich fuhr platt vor dem Wind. Seit zwei Stunden standen ich nun selber am Steuer und kurbelte wie ein Wilder, damit Levje nicht ausbrach, sobald eine Welle unter uns durchging. Und ich versuchte, exakt die 30 Meter Tiefenlinie zu halten, weil ich beobachten konnte, wie die Wellen in Richtung Ufer deutlich schneller brachen als draußen auf See. Die 30-Meter-Linie, das war mein Garant. Ich war in Irland schon einmal bei eine Südwest-Starkwind in den Kilometer breiten Mündungstrichter des River Suir eingelaufen und hatte erlebt, dass selbst das nicht reicht. Eine von achtern durchgehende Welle war auf über 30 Meter Wassertiefe unter uns durch und hatte uns trotz Segel und Motor so herumgeschleudert, dass mein Topf mit Suppe vom kardanisch aufgehängten Herd quer durch den Salon noch vorne ins Vorschiff knallte. Brechende Seen: Sie sind die eigentliche Gefahr bei diesem Wetter.

Novigrad kam in Sicht. Ich dachte kurz darüber nach, ob ich den Hafen anlaufen sollte. Er wäre geschützt, wenn ich einmal drin wäre. Aber ich verwarf den Gedanken. Der Wind weht mittlerweile aus Süd und damit auflandig auf die nach Nordnordwest laufende Küste. Die Hafeneinfahrt war 10 Meter tief. Aber der Blick seitwärts auf die brechenden Wellen sagte mir, das lieber bleiben zu lassen. Eine einzige brechende See in der Einfahrt, die ich durch meine Kurbelei am Ruderrad nicht mehr würde aussteuern können, würde uns einfach wegwaschen, wenn es dumm liefe. Also weiter.

Weiter am Ruderrad stehen. Weiter kurbeln. Weiter versuchen, die Wellen von achtern auszusteuern, weil ich genau nach Nordnordwesten musste. Hinauf, wo zwei Stunden entfernt Kap Savudria lag und die Küste nach Osten Richtung Triest zurückspringen würde. Wäre ich erst um Piran herum, wäre alles vorbei. Dachte ich jedenfalls.

Um 13.15 Uhr bewegt sich der Wind fast konstant zwischen 30 und 40 Knoten. Das Meer legte sich in schaumige Streifen, die anzeigen, dass ich jetzt in Windstärke 7 unterwegs war. Ich hatte jetzt das 2. Reff in der Genua – also würde ich jetzt das dritte Reff einbinden müssen. Aber so, wie ich das immer machte, würde das nicht funktionieren bei der Windstärke. „Bau jetzt bloß keinen Scheiß!“ Denn wenn ich einfach loswürfe, würden sich im Nu die Schoten vertörnen. Das Segel würde ungeheuer Schlagen und könnte allein durch die unkontrollierte Bewegung einreissen. „Ten Seconds for ten Minutes“, das habe ich aus meinen Gesprächen mit den Bergrettern gelernt. Ich dachte nach, wie ich reffen könnte, ohne mein Vorsegel zu beschädigen. Ich ging von meinem vorlichen Kurs etwa 30 Grad in den Wind. Hielt hinaus, weg vom Land auf die offenen See. Fierte die Genuaschot so viel, dass gerade noch Spannung im Segel war und das Boot Kurs hielt. Und rollte dabei vorsichtig per Reffleine die Genua Stück für Stück ein. Es klappte.

Um 14 Uhr kam Kap Savudrija voraus ins Sicht. Der Wind überschritt nun regelmäßig die 40-Knoten-Grenze. Nein, ich war alles andere als cool. Ich fragte mich seit zwei Stunden, wie ich es bei den Wellen schaffen sollte, soweit nach Norden zu kommen. Es ging nicht anders, die Häfen im Osten waren mir versperrt. Ich war längst darüber hinaus, das Gefühl zu haben, ich könnte irgendwas beeinflussen, hätte irgendetwas unter Kontrolle. Alles was ich tun konnte, war selber am Steuer zu stehen und wie ein Blöder am Rad zu kurbeln, wenn uns wieder irgendweine blöde Welle von achtern wie ein Spielzeug aus dem Kurs warf.

Um Savudrija musst ich jetzt rum. Aber es war, als würden die Wellen spüren, dass es flacher wurde. Sie brachen jetzt häufiger. Eine detonnierte mit einem lauten Knall genau in unserem Heck und wusch 5 Eimer Seewasser von hinten ins Cockpit. Ich hatte noch keine Zeit gehabt für meine Schwerwetterhose, macht nichts, jetzt ist halt die Hose nass, aber hej, es ist doch klasse! Der Jugo ist doch warm.

Wie man gegen die Angst vorgeht? Sarkasmus hilft, genau wie dieser. Selbstgespräche helfen. Ich bin ja allein an Bord, also kann ich nur mit mir reden. Und das ist bei Angst keinesfalls die schlechteste Methode. Um gegen meine Angst vorzugehen, und weiter voll konzentriert am Rad zu bleiben, packte ich aus, was ich an Mitteln und Methoden wusste. Alles, was ich bisher getan hatte, meine Bücher mit Bergrettern und Seenotrettern, meine Übersetzung des Buches STURMTAKTIK, alles hatte irgendwie kleinste Spuren in mir hinterlassen, die mir jetzt weiterhalfen. 

Ich erzähle nun nicht mehr, dass ich mir eine Stunde Zeit ließ, um in weitem Abstand Kap Savudrija zu runden. Dass ich versuchte, auf der dreißig Meter-Linie zu bleiben, um nicht in die brechenden Seen vor dem Kap zu geraten. Ich erzähle nicht, dass dort, wo ich gedacht hatte, ich wäre da endlich rum um die Ecke der Starkregen einsetzte, gerade so, um mir alle Sicht zu nehmen.

Um 15.20 Uhr erreichte ich den Hafen von Izola, meinem langjährigen Heimathafen mit meiner früheren Levje. Ich wusste, auch dort würde der Süd hart wehen. Aber er käme von den Hügeln herunter und aus dem Hafen heraus statt auflandig darauf zu. 

Wäre ich, wenn ich all das gewusst hätte, nicht losgesegelt? Ich weiß es nicht. Wir Menschen sind dazu verdammt, zu lernen. „Research? Ist immer Me-Search“. Ich habe so viel neues gelernt für mich in dieser Situation. Dinge wie 
„Warum es leichter ist bei 7 Beaufort zu steuern als bei 6 Beaufort, aber weitaus tückischer.“ 
Wie ich anders reffe. 
Wie ich beidrehe, um richtig beizuliegen. 
Ich habe gelernt, welche Mittel es gegen die eigene Angst gibt. Wie ich, der ich kein mutiger Mensch bin, weiter funktioniere, wenn es darauf ankommt. 
Ich habe gelernt, was ich nicht mehr lernen musste: Dass Levje, mein Schiff weit besser ist als sein Skipper.

Um alle diese Erfahrungen drehen sich meine kommenden Online-Seminare: WETTER IN KROATIEN am 9. November und in mein STARKWIND-Webinar am 30. November.

Im nächsten Post: Izola. Bei Sturm ist der Hafen ein sicherer Ort?

Der schönste Tag auf der Tally Ho

Der Mast wird gestellt (probeweiser) © Leo Sampson

Der schönste Tag auf der Tally Ho

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