Kategorie: Blogs

Ein unfreundlicher Besuch

08.08.25, Neukaledonien/Île Quen, Port Koube, Tag 4.087, 29.243 sm von HH

Wir sind gerade mit dem Frühstück fertig, da hören wir ein Motorengeräusch. Mit schneller Fahrt nähert sich ein Schlauchboot. Ein Blaulicht geht an. „Bonjour“, ruft Achim. Sein Gruß wird erwidert und die Frage gestellt, ob wir Französisch sprechen. Ein paar lockere Sprüche von Achim über unsere schlechten Sprachkenntnisse ignoriert die Besatzung. „Wir sind vom Zoll und wollen an Bord.“
Das ist erlaubt. Fast überall auf der Welt hat der Zoll das Recht auf solche Maßnahmen. Man stelle sich aber vor, wenn vier Männer das Hotelzimmer stürmen, in dem man drei Wochen Urlaub macht (danke, Inga für diesen Vergleich). Ein Eindringen in die Privatsphäre ist immer unangenehm.

Mit eisigen Mienen und wortkarg entern die vier Herren unser Boot. Einer behält seine Sturmhaube auf. Vermummt bleibt er an der Badeleiter stehen. Die anderen drei drängen ins Cockpit. Zwei führen die Unterhaltung mit uns, einer bleibt stumm.

Sie wollen wissen, wie lange wir schon in Neukaledonien sind. Ob und wo wir einklariert hätten. Und ob wir nur zu zweit an Bord seien. Achim berichtet, dass in Nouméa ein Mann von der Biosicherheit an Bord war, dass die Marina die Zoll-Formalitäten für uns übernommen hätte und dass wir selber zur Immigration gegangen seien, um einzuklarieren. „Nein, eine schriftliche Bestätigung vom Zoll haben wir nicht von der Marina erhalten.“

Die Unterhaltung zieht sich, da das Englisch der Zöllner nicht so fließend ist. Da entdeckt einer der Herren Achims Leathermen im Gürtelhalfter. Unser Cockpit wird zur Messerverbotszone: „Bitte das Taschenmesser rausnehmen und abgeben.“ Wir bekommen runde Augen. Die vier Männer sind mit schusssicherer Weste und Pistolen ausgerüstet. Was könnte Achim da wohl für einen Angriff starten?

„Wir gehen jetzt nach unten“, verkündet der Wortführer. Ich mache Anstalten vorweg zu gehen, werde aber in meinen Sitz zurück genötigt. Die beiden steigen laut rufend den Niedergang herunter: „Hallo, Zoll Neukaledonien. Hallo, Zoll Neukaledonien. Ist jemand da?“

Sehr albern. Wir können uns ein Grinsen kaum verkneifen. Ich erwarte jeden Moment ein „gesichert, alles sauber“ zu hören. Wir bekommen mit, dass ein paar Schapps geöffnet werden. Die beiden gehen nach hinten, werfen einen Blick ins Bad und Vorschiff. „Wir möchten die Pässe sehen und die Einklarierungspapiere“, schallt es von unten. Achim geht runter und holt die gewünschten Unterlagen. Leider passiert ihm ein kleines Missgeschick. Er zieht aus Versehen seinen zweiten Pass hervor, mit dem er nicht einklariert hat.

Als alle wieder im Cockpit sitzen, fällt beim Vergleich der Unterlagen auf, dass Achim den falschen Pass erwischt hat. Er will nach unten gehen, um den richtigen Pass zu holen. Alleine darf er nicht, einer der Zöllner begleitet ihn.
Als Achim aufsteht, gibt er den Blick auf die Nautilusse frei, die wir gestern gefunden haben. Die ganze Zeit habe ich sie wegen der Grauzonen-Problematik schon im Hinterkopf. Die beiden Exemplare liegen unschuldig auf der Sitzbank und sind bislang unentdeckt geblieben. Der stumme Mann Nummer drei wird jetzt auf sie aufmerksam und nimmt sie in Gewahrsam.

Zunächst ist aber noch der doppelte Pass Stein des Anstoßes. Warum, wieso, weshalb wir den haben, wird gefragt. Achim erklärt, dass wir vielleicht durchs Rote Meer zurück nach Europa wollen und wenn wir zuerst in einem arabischen Land waren und dann nach Israel möchten, könnte es Probleme bei der Einreise geben.

Eine lebhafte Diskussion auf Französisch entbrannt. Sogar Sturmhaube quetscht sich jetzt noch ins Cockpit. Wir verstehen, dass einer der Männer die Problematik zu kennen scheint und dass er versucht, seinen Kollegen die Sachlage zu erklären.
Sturmhaube schüttelt den Kopf. Er weiß nichts davon. Achim sagt, dass es in Deutschland legal sei, zwei Pässe zu besitzen. Sturmhaube lässt das nicht gelten: „Wir sind hier in Frankreich. Hier gibt es so etwas nicht. ***  Mich interessieren die Regeln in Deutschland nicht.“
Achim hält dagegen, dass wir ja nun aber mal Deutsche seien. Er habe diesen zweiten Pass zu Recht. Harsch gebietet Sturmhaube, der sich als der Chef der Viergruppe entpuppt, Achim ruhig zu sein. Er wird den Vorfall prüfen lassen. Sich an seine Vorgesetzten wenden.
Da fallen ihm die zwei Nautilusse wieder ein. Dass wir die an Bord haben, sei auch illegal. Wo wir sie herhaben? Ob wir noch mehr haben? Oder andere verbotene Substanzen? Waffen? Drogen? Schildkröten?

Als ich ansetzte, um zu erklären, was wir mit den Nautilussen vorhaben und dass ich gelesen habe, alte Schalen dürfte man behalten, wird Sturmhaube ungehalten. „Hier wird nicht diskutiert. Basta!“

Er gibt seinen drei Männern Anweisungen, noch einmal das Schiff zu durchsuchen. Achim muss mit nach unten. Er muss die Arme heben und wird auf Waffen abgetastet (direkt neben der Magnetleiste mit den Fleischermessern; Anmerkung der Redaktion).
Vermeintlich wird jetzt gründlicher gesucht. Das ist auf einem Boot eine fast unlösbare Aufgabe. Somit öffnen sie noch einmal die gleichen Schränke. Wieder ohne auf verdächtige Gegenstände zu stoßen. Solange, bis einer auf unsere Mehrvorräte stößt. Umgefüllt in 5-Liter Wasserflaschen sieht das nun wirklich nach Drogen aus. Achim erzählt ihm, dass es sich nur um Mehl handeln würde. Auf eine Krimi typische Geschmacksprobe verzichtet der Mann vom Zoll.

Ich muss derweil bei Sturmhaube im Cockpit bleiben. Eine Leibesvisitation hält er für entbehrlich. :mrgreen: Er ignoriert mich komplett. Dafür blättert er intensiv in unseren Pässen. Vergleicht Achims Pässe akribisch. Sogar die eingeprägten Sterne auf den Außenseiten der Pässe tastet er ab.
Gedanken sind frei und meine formulieren immer häufiger das Wort ‚Spinner‘.
Dann telefoniert er zweimal. Er spricht nicht mit Mutti, so viel bekomme ich mit. Jemand erhält die Nummern der Pässe. Er macht Fotos. Viel Palaver, viel Aufregung seitens Sturmhaube.

Ich höre wie unten die Klappe vom Motorraum auf unsere Bodenbretter knallt. Das Öffnen der zweiten Motorraumklappe verhindert Achim gerade noch. Baut man vorher nicht die Leiter vom Niedergang ab, verbiegt man alle Scharniere. Das erscheint den Herren dann doch zu viel Mühe, auf das Öffnen wird verzichtet.

Endlich scheinen die drei mit ihrer Durchsuchung zufrieden. Alle nehmen wieder im Cockpit Platz. Sturmhaube steigt wortlos auf das Schlauchboot über, um dort weiter zu telefonieren.
Der vorherige Wortführer belehrt uns, dass sie die skandalöse Passangelegenheit an die Behörden in Nouméa weiterleiten. Das regt uns nicht auf, denn bei der Einreise wurden wir nicht nach dem Besitz von weiteren Pässen gefragt. Es gibt Länder wie Neuseeland, die dies abfragen und dort haben wir stets alle Pässe angegeben.

Der Besitz von Nautilussen sei verboten, belehrt uns der Wortführer weiter. Achim gibt die einzig richtige Antwort auf diesen Umstand: „Das haben wir nicht gewusst.“ Das wird mit einem wohlwollenden Nicken quittiert. Ich verzichte auf weitere Erläuterungen zur Causa Nautilus.  Zur großen Freude vom Skipper. ;-)

„Wir beschlagnahmen die Nautilusse. Sie kommen in die Asservatenkammer. Oder sie werden als abschreckendes Beispiel in den öffentlichen Büros beim Zoll ausgestellt.“
„Man könnte sie auch ins Meer zurückwerfen. Dann würden sie an den Strand gespült und blieben dort, wo sie hin gehören“, findet Achim.
„Nein, das ist nicht möglich“, entgegnet der Zollmann. Aber sie sehen davon ab uns eine Strafe zu verhängen. Und das, obwohl der Besitz von einem Nautilus – jetzt wird es unglaubwürdig – gleichzusetzten sei mit Waffen oder Drogen.
Wir rollen innerlich mit den Augen.

Es werden handschriftlich und langatmig zwei Protokolle aufgesetzt. Einer über die Kontrolle an sich und eins über die Nautilus-Schalen. Noch zweimal wird betont, dass auf eine Strafe verzichtet wird. Viel Lob von unserer Seite bekommen die Herren für ihre Großzügigkeit nicht. Unser Dank wird ihnen ewig nachschleichen müssen.

Der unfreundlichste Besuch vom Zoll, den wir bislang erlebt haben, findet nach 90 Minuten ein Ende.

 

Da dampfen sie ab. Sturmhaube und seine drei Freunde.
Leider ohne Blaulicht, aber sinnlos mit zwei Perlboot-Schalen im Gepäck.

*** Eine unrichtige Aussage, wie uns später das Internet bestätigen soll. Frankreich hat mehr oder weniger das gleiche Passrecht wie Deutschland. Sturmhaube ist also nicht nur unfreundlich, sondern auch unwissend.

Der Nautilus Strand

07.08.25, Neukaledonien/Île Quen, Port Koube; Tag 4.086; 29.243 sm von HH

Unsere Abfahrt aus den Mangroven-Flüssen verschiebt sich. Ein Tiefdruckwirbel in der Tasman-Sea erreicht Neukaledonien. Die vorhergesagten 39er Böen bleiben in der Front aus, dafür bringt uns die Rückseite kräftigen Wind mit viel Regen. Wir bleiben auf dem Schiff. Nach drei Tagen Home-Office ist das Schlimmste vorbei, wir wollen weiter. Als wir Anker aufgehen, bleibt die befürchtete Schlacht mit dem roten Schlamm aus. Kette und Anker sind blitzsauber. Das mag verstehen, wer will. Unser Cruising-Guide hält wilde Beschreibungen darüber parat.

Typisches Tief im Winter in der Tasmansee. Riesig groß wird der halbe Westpazifik mit viel Wind erfreut. Und auf der Rückseite hinterlässt er ein Chaos an Winddrehern. Plus Regen. foto credit: windy

Die Leinen für die Ankerentlastung sind stark verfärbt. Schlamm ist also unterwegs in der Mangrovenbucht.

 

Der kräftige Westwind hält an, wir brauchen eine Bucht mit Schutz. Nur dreizehn Meilen weiter finden wir das Richtige für uns. Die Einfahrt zwischen den Riffen ist schmal, aber auf die Franzosen ist Verlass. Die Navionics-Karten sind exakt.

 

Neukaledonien erscheint uns relativ arm an Riffen,  aber eng an Riffen vorbei zu fahren, fördert den Blutdruck.

Wir haben die große Bucht für uns alleine. Mit dem Kajak geht es an Land. Der Strand ist rot-braun. An den Rändern wachsen Mangroven. Bei Ebbe bietet das herrliche Matsch-Wanderungen.

Nicht klassisch schön, aber ein interessanter Strand.

Glücklicher Kapitän :-)

Der Matsch saugt so sehr, dass ich kurzfristig dachte, ich käme nicht wieder raus. :-)

 

Noch Osten offene Bucht. Nach langer Zeit finden wir wieder Müll am Strand.
Neuseeland und Australien sind, dank glücklicher Strömungen, fast Müll frei.

 

Die echten Schätzchen der Bucht finden wir am Ufersaum. Schon halb vom Sand vergraben: Perlboote. Oder auch Nautilus-Schalen. Erst eine – wir zählen uns schon zu den Glückspilzen – dann schauen wir genauer hin. Am Ende entdecken wir mehr als zwei Dutzend Stück. Alle sind stark verwittert. Die braunen Streifen ausgebleicht. Und alle haben Beschädigungen.

 

Fundstücke.
Die Färbungen sind nur so deutlich zu erkennen, weil wir die Schalen angefeuchtet haben.

 

Nautilusse oder Nautili sind erstaunliche Tiere. Sie leben tagsüber in 300 bis 500 Meter Tiefe. Nachts steigen sie bis auf 50 Meter auf und suchen hier nach Futter. Aas, Krebse und kleine Fische.
Als Kopffüßler sind sie mit Tintenfischen verwandt. Nur die Tentakeln und Augen schauen aus der Öffnung der Schale. Der gesamte Körper – eher ein Verdauungssack – steckt in der letzten Kammer Richtung Öffnung der Schale.
Bei Gefahr kann diese Kammer mit einem Horndeckel verschlossen werden. Die anderen Kammern der Schale sind mit Luft oder Wasser gefüllt und dienen dem Perlboot zur Steuerung. Ähnlich wie ein U-Boot mit Ballasttanks: Wasser rein – sinken; Wasser raus, Gas rein – steigen.

Die Schale wächst spiralförmig mit. Jede neue Kammer ist 1,25-mal größer als die vorherige. Eine perfekte logarithmische Spirale entsteht. Wenn der Nautilus zu groß für seine Wohnkammer wird, verlängert er das Ende seiner Schale. Sobald der Anbau fertig ist, zieht er um. Hinter sich fängt er an, eine Kalkwand zu errichten, die ihn von der alten Kammer trennt. Ist diese Wand fertig, wird sie zur Auftriebskammer umfunktioniert. Bis zu dreißig Mal passiert dieses Bauwunder im Leben der Nautilusse.
Fressfeinde wie Haie und Barrakudas knacken die Schalen kaputt. Kraken können den Nautilus ohne Beschädigung seiner Hülle fressen. Um ihren Bewohner beraubt, schwimmen diese Schalen auf und landen am Strand.

 

Die einzelnen Kammern. In der Mitte gut zu sehen die Tarierungs-Röhre, der Siphunkel.

Der Siphunkel zieht sich durch alle Kammern.

Querschnitt einer Nautilus-Schale.
Mit Chat-GPT erstellt – Grafik credit.

Wir suchen die zwei besten Schalen raus und nehmen sie mit an Bord. Besonders selten scheinen Perlboot-Schalen ja nicht zu sein in Neukaledonien.  Ich bin skeptisch, ob wir die Schalen behalten dürfen. Eine Recherche im Internet gibt eine halbe Entwarnung. Das Thema ist eine Grauzone.
Perlboote stehen unter Artenschutz. Das Fangen und Töten ist verboten. Frische Schalen sind ebenfalls geschützt, weil sie als Teil des Tieres gelten. Alt, verwittert und angespült wird der Besitz meistens toleriert.

Hmm, „Grauzone und meistens“, das klingt nicht vertrauenserweckend. Außerdem sind die Schalen sehr groß. Wohin damit? Und sie sind schon arg kaputt. Lohnt sich das Aufbewahren oder stauben sie nur voll?

Auf einigen Pazifikinseln glaubte man, dass die Schalen einem Ohr gleichen mit dem die Götter die Gebete der Seefahrer hören. Ein Kapitän, der ein Perlboot mitführte, sollte immer Glück auf See haben. Dieser Mythos spricht für „behalten“. Ein bisschen Aberglaube kann ja nicht schaden.

Wir legen die beiden Schalen ins Cockpit auf die Bank für ein paar Fotos am nächsten Tag. Und dann wollen wir entscheiden: behalten oder Seebestattung.
Dieser Fehler soll uns am nächsten Morgen noch in Schwierigkeiten bringen. :mrgreen:

Giftig schöne Prony-Bucht

30.7. – 02.08.25, Neukaledonien/ Baie du Prony; Baie du Carenage , Tag 4.078-81, 29.230 sm von HH

Wir verlassen den äußersten Rand der Lagune und kehren zur Mutterinsel zurück. Erneut in die große Prony Bucht. Diesmal fahren wir tief in das verschlungene Gewirr dreier Flussmündungen ein.  Stärker könnte der Kontrast zur Trauminsel Pines nicht sein. Wir ankern jetzt inmitten der Mangroven in undurchsichtigem Wasser.

Flussmündungen in der Bucht von Prony – foto credit Rocket Guide New Caledonia.

Atanga im Flussgewirr.

Tief mäandern sich mehrere Flüsse und Bäche in die Bucht hinein.

Zwei weitere Boote liegen in der Bucht, eins ist unbewohnt auf dem anderen wohnt ein junges Kanak-Pärchen.
Das glattgezogene Wasser der Flüsse ist ideal für das Kajak. Tief können wir in Nebenarme und Buchten gelangen. Die Wälder sehen von der Wasserseite undurchdringlich aus, aber ein weit verzweigtes Netz an Mountainbike-Strecken zieht sich durch die Berge. Wir können an verschiedenen Stellen aussteigen und auf guten Wegen die verwinkelten Buchten durchstreifen.

Wunderbar geschützter Ankerplatz. Meisten herrscht Flaute.

Hier war es einfach an Land zu kommen.

 

Überraschend dann schon wieder ein Selfie mit Boot. ;-)

Eine heiße Quelle. Es gibt mehrere in der Bucht. Diese ist als Touristen-Super-Spot gekennzeichnet und über Schotterpisten mit dem Auto zu erreichen. Alles ist vermodert und wenig einladend.

Auffällig ist der Mangel von Vögeln und Insekten. Nicht eine Ameise trippelt auf dem Waldboden, selten huscht eine Eidechse ins Laub. Wir können im Schatten am Mangrovensaum sitzen und werden nicht gestochen. Was ist hier los? In Nouméa wurden wir von Mücken und Sandflies (Nonos oder ähnlichen Quälgeistern) noch gefressen.

Die Bucht von Prony ist giftig. Der Erdmantel, der normalerweise in 50 bis 100 Kilometer Tiefe beginnt, ist hier an die Oberfläche getragen worden. Das rote Gestein ist voll mit Schwermetallen, wie Nickel, Chrom und Kobalt. Dafür fehlt Kalium und Phosphor. Gewächse konnten sich an diese toxischen Bedingungen erfolgreich anpassen. Viele der hier wachsenden Pflanzen sind auf metallische Böden spezialisiert. Insekten waren da weniger erfolgreich. Sie glänzen durch Abwesenheit. Keine Insekten ==> keine Vögel, keine Echsen.

Ausgerechnet hier finden wir Kannenpflanzen, die Insekten fangen, um sich mit Nährstoffen zu versorgen, was ihnen mit dem schlechten Boden nicht gelingt.
Als ob es nicht sowieso schon zu wenig Insekten hier gibt.

Die Kanak haben hier nie gesiedelt. Sie haben die schlechte Struktur des Bodens erkannt. Yams wuchsen hier nicht. Die Bucht galt mit bösen Geistern bewohnt. Vielleicht gab es hier mehr Krankheiten oder die Frauen waren weniger fruchtbar.
Wir treffen auf Gilles. Er wohnt seit 1992 hier im Wald. Seit zwölf Jahren dauerhaft. Hat sich ein kleines Paradies aufgebaut, trinkt das Flusswasser und erfreut sich bester Gesundheit. Die Schwermetalle sind nicht wasserlöslich. Somit alles bestens.

Gilles hat unser Kajak von seinem Vorgarten aus gesehen und kommt in gewagtem Outfit, um sich uns als unser Touristen-Guide vorzustellen. Er hat viel zu erzählen über die Bucht. Auf der Insel geboren.

Bereits seit 1992 wohn Gilles hier mitten im Wald. Ein Wohnhaus, dazu ein extra Gebäude als Dusche und ein kleiner Solarpark. Alles tippitoppi in Schuss. Ein netter Kerl, der uns bereitwillig sein Grundstück zeigt.

Wenn man genau hinschaut, sieht man unser Kajak quer im Fluss verankert. Ganz im Hintergrund hat Gilles sein Haus- versteckt im Wald.

Süßwasser – trotz Schwermetalle trinkbar.

Vor 150 Jahren wurden die Berge entwaldet. Das nur 60 Kilometer entferne Nouméa war hungrig nach Holz. Der Wald hat sich wieder erholt, aber der Bucht wird durch Nickel-Abbau übel zugesetzt. 25 Prozent der weltweiten Nickelvorräte sollen hier noch unter der Erde liegen. Im Tagebau wird das Metall gefördert. Im Wesentlichen für die Edelstahl-Produktion und Lithium-Batterien.

Der humusarme Boden ist von Haus aus einer starken Erosion ausgesetzt. Der Nickelabbau sorgt für zusätzlichen Stress. Immer wieder kommt es zu Erdrutschen, die Laichgebiete verschütten. Beim Nickelabbau kommt Schwefelsäure zum Einsatz. Mehrere Säureleck-Unfälle hinterließen Umweltschäden. Kanak-Gruppen und Umweltverbände fordern strengere Kontrollen. Mit lauem Erfolg.

Überall wird etwas gegen die Erosion unternommen. Bäume gesetzt und für Bewässerung gesorgt.
Wir haben Gilles nicht gefragt, vermuten aber, dass er daran beteiligt ist. Er sprach von seinem riesigen Garten, den er betreut.

Übelste Schäden an der Straße über die man die Prony-Bucht erreichen kann.

Auf der Ostseite der Prony-Bucht liegt ein Teil der Nickel verarbeitenden Industrie. Es sieht giftig aus von Weitem. Aber wir wollen ja alle Edelstahl und Batterien haben.

Erosion. Menschengemacht und natürlichen Ursprungs. Der rote Boden hält keinen Humus.

Der Kontrast zwischen den grünen Hängen und der roten Erde ist schön anzusehen. Aber der Boden stammt direkt aus der Färber-Hölle. Beim Aussteigen aus dem Kajak versinke ich bis zur Wade im weichen, roten Schlamm. Nicht nur, dass er klebt wie frisch gespuckter Haferschleim, Fußnägel und Hornhaut dürften für Wochen orange verfärbt bleiben. Unsere Crocs geben die Farbe sicher nie wieder her. Erste Spuren sind trotz Schuhtüten im Cockpit zu finden. Die spontanen Verfärbungen sind der Wahnsinn.

Da fällt uns unser Anker ein. Er dürfte dick im roten Schlamm stecken. Wenn das Zeug aufs Schiff gerät. :shock: Wir möchten kein orangenes Deck. Ein vorsichtiger Test hat ergeben, dass das Flexiteek abweisend zu sein scheint. Trotzdem arbeiten wir gerade einen Plan aus, wie wir das Problem lösen, wenn wir Morgen diese spannend-giftige Bucht verlassen.

Matschige Landung. Hier war die Croc-Welt noch in Ordnung,

Bei Niedrigwasser kann man gut erkennen wie viel Sediment in die Bucht gespült wird. Stellenweise soll die Schicht einen Meter dick sein.

Südseeträume

DA WOLLEN WIR ALLE HIN – WIRKLICH WIRKLICH

Südseeträume

Eine Gipfelwanderung unter untreuen Gefährten

– 26. Juli 2025, Neukaledonien/Île des Pins; Baie de Kuto , Tag 4.073-4, 29.184 sm von HH

Direkt vor unserer Nase liegt der höchste Berg der Insel, der Pic N’Ga. Da wollen wir hin. Wir binden das Dinghy fest und stoßen schnell auf die kleine Hündin von neulich. Sie scheint versöhnt, dass wir sie stehen lassen haben und läuft wieder eifrig vor uns her. Da wir offensichtlich den Vormittag gemeinsam verbringen werden, geben wir ihr den Namen ‚Jacky‘.

Der Pic N’Ga von Bord aus gesehen.

Nach einem Kilometer erreichen wir den eigentlichen Wanderweg zum Berg. Jacky kennt sich aus. Sie läuft vorweg und kennt Abkürzungen, um schwierige Passagen zu umgehen. Der Weg ist steil. Jacky hechelt, wir hecheln. Aber sie wartet brav im Schatten, wenn wir eine Verschnaufpause machen.
Die Belohnung für die Kraxelei ist ein traumhafter Ausblick auf die Küste. Phantastisch.

Der Weg fängt harmlos an mit einer Dschungeltour.

 

Dann wird der Bewuchs spärlicher – Jacky immer dabei.

 

Kurz vor dem Gipfel war die Welt noch in Ordnung.

 

Atanga rechts – nur zwei Schiffe liegen aktuell in der Bucht

 

Die Gelegenheit hat man seltener als man denkt – Selfie mit Boot im Hintergrund.

 

Der Blick nach Osten ist ebenso schön.

Wir machen eine kleine Rast am Gipfelkreuz und überlegen, wie wir Jacky etwas von unserem Wasser abgeben könnten. Ohne recht eine vernünftige Lösung zu finden.

Nummer zwei am Gipfel – Jacky war die Erste.

Viel Geröll liegt auf dem Weg – ein etwas rutschiger Abstieg. An dieser Stelle verlässt Jacky uns.

Grade haben wir das Kreuz wieder verlassen, da hören wir Stimmen. Eine Familie kommt uns entgegen geschnauft. Kurzer Gruß, wir lassen sie passieren und gehen weiter. Jacky nicht. Jacky hat andere Pläne. Ohne einen Blick, einen Gruß dreht sie sich um und läuft hinter der Familie hinterher.  Treulose Tomate!
„Ich bin euch gar nichts schuldig“, wedelt der Schwanz zum Abschied. „Wer hat mich vor zwei Tagen einfach stehen lassen?“ Recht hat sie, ich rufe sie trotzdem noch einige Mal. Sie kommt nicht, ist ja klar, sie heißt ja wahrscheinlich gar nicht Jacky. Ohne Hund kommen wir zurück ins Dorf.

Am nächsten und letzten Tag unserer Woche auf der île des Pins laufen wir noch eine Runde um die Halbinsel an der östlichen Flanke unserer Bucht. Zuerst schauen wir, ob Jacky zu finden ist. Wo genau sie wohnt, wissen wir nicht. Keine Jacky. :cry:
Noch dreimal schauen wir am Dinghy-Dock vorbei. Sie ist bestimmt mit der Crew vom Katamaran unterwegs, versichern wir uns. Der schlaue Hund kennt alle Wege ganz genau.

Diese Halbinsel macht auch von unten Spaß.

 

Sie hat rundherum kleine Strände

 

Pandanuss-Bäume und Araukarien wechseln sich ab.

 

Panda Nüsse – Fußball groß – werden von den Kanak viel und gerne gegessen

 

Korallenkalk-Verkarstung – ein ehemaliges Riff wird jetzt unterspült.

 

Nach einer Woche sagen wir Au revoir zur île des Pines. Gerne hätten wir noch einmal Jacky gesehen.

 

Eine schmale Mondsichel kündigt eine neue Mondphase an. Eine tolle Zeit liegt hinter uns.

 

Île des Pins – ein Inseltraum

– 24. Juli 2025, Neukaledonien/Île des Pins; Baie de Kuto , Tag 4.070-2, 29.184 sm von HH

Die Lagune von Neukaledonien ist wirklich riesig. Bis zum nächsten Ziel sind es über vierzig Meilen. Ein Frühstart im Morgengrauen liegt an. Leider bleibt der versprochene Westwind aus, mit dem wir prima nach Süd-Osten hätten segeln können. Der Motor rattert.
Von Juli bis September kommen die Buckelwale aus der Antarktis in die Lagune. Wir sind unsicher, ob sie schon angekommen sind. Dann der Beweis. Dicht neben Atanga taucht ein kleines Tier auf. Leider holt der Wal nur zweimal Luft, dann taucht er wieder ab.
Hurra, das gibt Hoffnung auf weitere Sichtungen.

Eine halbe Stunde vor Ankunft auf der île des Pins kommt dann der Westwind. Plus dichtem Nieselregen. Die Ankerbucht verschwindet im Nebel. Wir schnappen uns eine der Mooring-Bojen und tütteln uns fest. Der Wind nimmt zu, ein unangenehmer Schwell läuft in die Bucht. Wir liegen auflandig, aber die Moorings machen einen sehr gut gewarteten Eindruck. Vertrauen ist alles im Leben.

Schietwetter – schiettige Laune … ;-)

Der nächste Tag bleibt grau und regnerisch. Wir legen einen Haushalts-Pflege-Tag ein und bleiben an Bord. Am zweiten Tag dreht der Wind auf Osten. Das Wasser ist wie im Ententeich. Die Sonne scheint. Und plötzlich verwandelt sich die Bucht in einen Swimmingpool. Türkis, soweit das Auge reicht. Das reicht bis zum schneeweißen Strand mit feinstem Sandkisten-Sand. Makellos im Halbkreis gearbeitet. Gesäumt von Palmen und den ulkigen Araukarien.  Der perfekte Südsee-Kitsch. Man gerät zwangsläufig in einen Foto-Rausch, denn unsere Bucht ist nur durch eine schmale Landzunge von einem zweiten Pool getrennt. Am Horizont sind kleine Inseln mit Sandstränden getupft. Schildkröten paddeln im Türkis. Perfekt!

Makelloser und muschelloser Sand in unserer Bucht. Meist auch noch menschenleer.

 

Kalkinselchen in der Bucht gegenüber.

 

Verlockend – leider nur 22,5 Grad.

 

Die perfekte Idylle

 

 

Nicht nur das Meer ist großartig. Auf der Landzunge die die Buchten trennt, wächst eine verwunschene Allee.

Nur ungefähr 2.000 Menschen wohnen auf der île des Pins. Davon liegen drei Duzend Wohnhäuser an der Dorfstraße direkt hinter dem Strand, außerdem ein kleiner Laden und ein Hotel. Das ist menschenleer. Wir wollen uns in der Rezeption nach einem Motorroller erkundigen und finden niemanden vor. Es ist unheimlich in einem leeren Hotel. Shining lässt grüßen: „Hier ist Johnny!“
Zwei Tage später treffen wir zwei junge Frauen aus Nouméa. Sie sind die einzigen Gäste im Hotel und bestätigen unsere Vermutung, es sei tatsächlich ein wenig gruselig.

Neben dem Hotel liegt ein Erholungs-Zentrum für Angehörige des französischen Militärs. Es riecht nach frisch gemähtem Rasen. Aber ebenfalls kein Mensch zu sehen.

Ein individuelles Hotel. Alles ist gut in Schuß, nur die Gäste fehlen. Erst Corona, dann letztes Jahr die Unruhen. Es braucht sicherlich noch eine Zeit, bis der Tourismus wieder Fahrt aufnimmt.
Ob das Hotel das überleben wird?

 

Das Hotel-Restaurant steht ebenfalls leer. Hochgekippte Stühle laden nicht zum Essen ein. Dabei liegt es direkt am Strand mit Blick auf das eigene Schiff.

 

Ein bis drei Nachbarn haben wir während unseres Aufenthalts. Nichts los zur Zeit auf der Insel. Vielleicht liegt es an der Wassertemperatur.

 

Am nächsten Tag wollen wir nach Vao. Dem einzigen richtigen Ort auf der Insel. Mittwochs ist Markt und ich hoffe auf ein paar Gurken und ein Baguette. Gleich neben dem Dinghie-Dock adoptiert uns eine kleine Hündin. Wir fragen sie, ob sie mit nach Vao möchte – immerhin sieben Kilometer – und sie läuft nickend und freudestrahlend vor uns her.
Schon nach ein paar hundert Metern hält ein Auto. Wir können wegen der recht weiten Strecke nicht widerstehen und steigen ein. Wir meinen, dass der Hund uns grummelig nachschaut.

Der Markt in Vao ist der kleinste, auf dem wir je gewesen sind. Zwei ältere Damen verkaufen Chayote und Papaya. Weder das eine, noch das andere möchten wir haben beziehungsweise schleppen.
Vao selber ist total niedlich. Wahrscheinlich zu 100 % von Kanak bewohnt. Man soll auf der île des Pins kein Land kaufen oder mieten können. Acht verschiedene Stämme teilen sich die kleine Insel, grad mal 18 mal 14 Kilometer groß.
Es ist so typisch Südsee. Nichts erinnert mehr an das französische Nouméa. Folglich bekommen wir auch kein Baguette.
Den Rückweg laufen wir zur Hälfte zu Fuß und dann hält erneut ein Auto und bringt uns nach Kuto zurück.

Typisch Südsee: wenig Verkehr und eine dominante Kirche. Alles geht geruhsam zu.

 

Statue für den heiligen Mauritius, die zum Gedenken an die Anladung der ersten Missionare errichtet wurde. Eingerahmt von heidnischen Totem. Ein schöner Mix.

 

Besser kann man einen Platz für ein Denkmal nicht wählen.

 

Vao ist schmuck – überall gibt es die auffälligen Zäune aus verwitterten Stämmen.

 

 

Unseren Hund sehen wir wieder am nächsten Tag. Er läuft jetzt mit anderen Seglern. Wir werden ignoriert. Gemeinsam sind sie auf den Weg zum alten Gefängnis von dem wir gerade zurück kehren.
Zwischen 1864 und 1922 betrieb Frankreich ein Netz von mindestens zwanzig Straflagern in Neukaledonien. Auf die île des Pins wurden politische Gefangene eingesperrt. Die Gebäude sind weitestgehend überwuchert und dem Verfall überlassen.

Die Vorderseite ist noch halbwegs intakt – die Wand der Rückseite wölbt sich schon gefährlich nach außen.

 

Einstürzende Altbauten – die Hände über dem Kopf :lol:

 

Der alte Wasserturm ist noch in Betrieb. Versorgt das Dörfchen in der Baie Kuto mit Wasser. Gebaut 1874/1875.

 

Dieses auffällige Haus gehörte einst dem Gefängnisarzt. Es steht neben dem Dinghy-Dock und gehört heute der Gendarmerie.

 

SV Kick em Jenny – Anja + Bernd Becker GER

DAS ABENTEUER BEGINNT, WENN MAN SICH WÜNSCHT, DASS ES AUFHÖREN SOLLTE

Bernd Becker

Die wundersamen Araukarien

21.Juli 2025, Neukaledonien/Île des Pins; Baie de Kuto , Tag 4.069, 29.184 sm von HH

„Wenn du die Bäume nicht mehr siehst, bist du zu weit draußen.“ Dieser Warnung soll früher den Kanak mitgegeben worden sein. Auf Ausflügen mit ihren Auslegerbooten in die riesige Lagune. Mit ‚die Bäume‘ sind die auffälligen ‚Pins‘ gemeint, die überall in Neukaledonien herum stehen.  James Cook hat sie als erster Europäer entdeckt und fälschlicher Weise für Kiefern gehalten. Die falsche Bezeichnung ‚Pins‘ ist in den Sprachgebrauch übergegangen. Dabei handelt es sich nicht um Kiefern, sondern um eine Araukarien Art, die nur in Neukaledonien heimisch ist. Die ‚Araukaria columnaris‘.

Mit üblichen dreißig Metern – selten sogar bis sechzig Meter – sind die Araukarien tatsächlich schon gut von weitem zu sehen.
Ein seltsamer Baum. Rank und senkrecht reckt er sich in die Höhe. Die Äste sind horizontal ausgerichtet und bilden eine symmetrische Krone. Fast wie Säulen oder Pfeiler.

Gute Landmarken – auch bei Nieselregen und tief hängenden Wolken.

Egal, wo die Säulen-Araukarie außerhalb Neukaledoniens gepflanzt wird, zeigen die Bäume eine auffällige Neigung. Immer Richtung Äquator. Auf der Nordhalbkugel neigen sie sich nach Süden. Auf der Südhalbkugel entsprechend nach Norden. Es sind immerhin Neigungen von 8 bis 10 Grad, während die Araukarien in Neukaledonien wie ein Pfahl senkrecht in den Himmel zeigen.
Das ist umso erstaunlicher als Neukaledonien sich auf 22 Grad Süd befindet. Somit gäbe auch hier allen Grund für die, den scheinbar Äquator liebenden Bäume, in Schieflagen zu stehen. Fehlanzeige.
Der Grund für diese in der Baumwelt einmalige Regelwidrigkeit ist nicht geklärt. Licht- und Schwerkraftwahrnehmung. Geotropische oder heliotrope Reaktionen auf Sonnenverläufe, die genetisch programmiert sein sollen. Das klingt nach ‚in-echt-haben-wir-keinen-blassen-Schimmer‘.

 

Blick auf die schöne Bucht Katu auf der Ile des Pins – wie überall säumen Araukarien die Küstenlinie.

 

Keine Schönheit – erinnert eher an eine Flaschenbürste. In der Masse sind sie imposant.

Kurze Zweige sind dicht mit Schuppenblättern besetzt. Was sich wie raue Katzenzungenanfühlt sind also keine Nadeln.

Für Nachschub wird gesorgt. Nur über Saat möglich. Stecklings-Vermehrung funktioniert nicht.
Ein echter Dinosaurier unter den Pflanzen – geschätzte 150 Millionen Jahre alt sollen diese Araukarien sein.

 

Für die Kanak ist die Säulen-Araukarie kein Nutzbaum im klassischen Sinne. Für die Schnitzerei ihrer Pfeiler oder Totems, die man überall in Neukaledonien als schmückende Elemente sehen kann, ist die Araukarie nicht geeignet. Sie ist zu weich und harzhaltig.
In vielen Stämmen der Kanak symbolisiert der aufrechte Wuchs ‚den rechten Weg‘ und die Würde des Clans. Oft steht eine einzelne Araukarie vor der Hütte des Stammes-Chefs und ist tabu. Wer sie beschädigt, begeht eine schwere Respektlosigkeit. In manchen Regionen dürfen nur bestimmte Stammes-Linien Araukarien pflanzen. Für die Kanak sind diese Bäume häufig spiritueller Richtungsgeber  –  die Achse zwischen Himmel und Erde.
Oder eben auch Wegweiser, wenn man zu weit in die Lagune hinaus gefahren ist.

Allgegenwärtige Totems

Meistens aus einem Baumstamm geschnitzt.

Auch in Nouméa im Park und an den Promenaden zu finden – hier tanzende Wale.

SV Leilani II – Rolf-Dieter Schulz

WINDPILOT STEUERT – EGAL WAS DER SKIPPER GERADE MACHT
Hallo Marzena, hallo Peter, heute war ein denkwürdiger Tag. Ich wollte von Bønnerup nach Hals bei einem guten 5er Wind. Alles kein Problem, allerdings stand so eine unangenehme Hackwelle, dass ich nach ca. 30 Jahren wieder einmal so richtig seekrank wurde. Aber richtig! Ohne Windpilot hätte ich das nicht überlebt. 
Vielleicht habt ihr ja mein Dankesgebet erhalten. 
Beste Grüße Rolf 
PS: im Herbst bin ich in HH. Wenn ihr Lust habt komme ich auf einen Kaffee vorbei..

Leichtgewichte

SCHICKSALSFRAGE

Leichtgewichte

Die Lagune von Neukaledonien

15.-19.Juli 2025, Neukaledonien/Baie de Prony/Îls Casy, Tag 4.063/-67, 29.142 sm von HH

Neukaledonien hat die größte Lagune der Welt. 24.000 Quadratkilometer. Das ist so groß wie Mecklenburg-Vorpommern. Da man sich nichts darunter vorstellen kann: das entspricht der Fläche von 200 Millionen Familienpizzen. Pizzakruste von Paris bis Istanbul. Ziemlich groß also. :mrgreen:
Diese Fläche ist Herberge von 1.600 Kilometer Riff. Nummer zwei in der Welt nach dem großen Barriere-Riff in Australien.

Das wollen wir uns genauer ansehen und verlassen die Marina. Weit fahren wir nicht. Um zu testen, ob alles gut funktioniert, werfen wir den Anker in einer beliebten Bucht gleich um die Ecke von Nouméa. Heute ist keiner da, wir liegen alleine und verbringen bei totaler Flaute eine ruhige Nacht am Anker. Unser erstes Ankermanöver nach ein-dreiviertel Jahren. Ein sehr schönes Gefühl in einer geschützten Bucht sanft zu wiegen.

Am nächsten Morgen hält die Flaute an. Wir beschließen, das auszunutzen und motoren 30 Meilen Richtung Süd-Osten. So einfach gegen die vorherrschende Windrichtung Strecke zu machen, das kommt nicht so häufig vor.
Die Fahrt ist abwechslungsreich vor imposanter Kulisse.

Inselchen vor der beeindruckenden Kulisse der Hauptinsel.

Hier macht das Umherschippern Spaß.

In der großen ‚Baie de Prony‘ schnappen wir uns eine Mooring vor der kleinen Insel ‚Casy‘. Was für ein idyllischer Platz. Wieder sind wir ganz alleine. Dazu kommt, dass sowohl Casy als auch die Westseite der Bucht unbewohnt sind. Nur unser Ankerlicht scheint in tiefschwarzer Nacht.

Bequem kommen wir mit unserem aufblasbaren Kajak — unserem ‚Waka‘, polynesisch für Kanu — an Land. Es gibt einen Wanderweg einmal um die Insel herum. Der ist stellenweise etwas überwuchert und durch Erosion weggespült, aber noch zu finden.
Die ‚Île Casy‘ hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Zuerst war sie 1850-1860 Marinestützpunkt. Dann wurde sie von den Angestellten des Straflagers, was sich auf dem Festland befand, bewirtschaftet. Etwas Gemüseanbau und eine komplette Entwaldung fanden bis 1900 statt. Gefolgt von Probe-Grabungen, die nach Nickel suchten. Diese Buddelei hat hässliche Wunden in die Insel gerissen. Der Rest ist wieder komplett bewaldet.

Der Steg im Hintergrund ist halb morsch. Aber es gibt genug Strand zum bequemen Anlanden.

Das Dinghi kann an Deck bleiben.

Stellenweise sind die Wege stark überwuchert.

Liebliche Ostseite.

Probegrabungen nach Nickel haben ihre Spuren hinterlassen. Ist die Erosion mal in Gang …

Araukarien wachsen schlank und senkrecht.

Der letzte Versuch auf der Insel zu wohnen, war eine kleine Eco-Lodge. Der Betreiber gab seinen Gästebetrieb allerdings 2004 wieder auf und verließ die Insel.
Ihm gehörte ein Hund namens Mouss. Und Mouss dachte gar nicht daran, mit ihm zu gehen und die Insel zu verlassen. Mehrere Versuche seines Besitzers schlugen fehl. Mouss sprang immer wieder von Bord und schwamm zur Insel zurück.
Schließlich wurde er alleine auf der Insel zurück gelassen. Er ernährte sich von Ratten, Krebsen und lernte Fische zu fangen. Schnell wurde er zum Liebling von Seglern, die vor Casy ankerten. Mouss machte sich selber zum Inselguide und führte Besucher über die Pfade. Immer vergewisserte er sich, dass man ihm auch wirklich folgte. Er soll so gewitzt gewesen sein, dass er tat, als ob er sich verirrt habe, wenn ihm die Spazierrunde zu kurz erschien.           Als Belohnung für seine Dienste gab es Hundefutter und Reis. Mouss war der heimliche Star von Casy.
Seine Beliebtheit führte so weit, dass genug Geld gesammelt werden konnte, um einen fliegenden Tierarzt zu bezahlen als Mouss nach fünf Jahren krank und schwächlich wurde. Regelmäßig schaute bis zu Mouss Tod ein Arzt bei ihm vorbei. Schließlich starb Mouss 2017 – eine kleine Gedenktafel am Strand hält sein Ansehen in Erinnerung.

Wir bleiben drei Tage und laufen mal rechts, mal links herum über diese hübsche Insel.

Ruhiges Wetter alle vier Nächte. Die Moorings scheinen in gutem Zustand und schützen die Korallen.

14. Juli

13./14.Juli 2025, Neukaledonien/Nouméa, Tag 4.061/2, 29.095 sm von HH

Im krassen Gegensatz zu den Fenua-Tänzen stehen die Festlichkeiten zum französischen Nationalfeiertag.  Am 14. Juli 1789 fand die Erstürmung der Bastille statt. Der Beginn der Französischen Revolution.
1880 wurde der 14. Juli als Nationalfeiertag in Frankreich erklärt und wird seitdem mit großen Militärparaden gefeiert. Da Neukaledonien seit 1946 Französisches Überseegebiet ist und seine Bewohner Franzosen sind, hat sich natürlich auch hier eine Feierkultur entwickelt.

Das Fest beginnt am Vorabend. Noch wenig militärisch. Genau gegenüber der Marina werden aus aufgebauten Pavillons Laternen verteilt. Sechstausend Stück sollen es sein, wie eine Info im Internet verrät. Geduldig stehen die Menschen in der Schlange. So eine Ausgabe über nur fünf Verteilerpunkte zieht sich.

Ausgabestation der Laternen.
Wir haben uns nicht angestellt, weil wir dachten, es sei nur für Kinder. Nein, jeder Erwachsene war scharf auf eine Laterne.

Dann haben alle ihre Laterne. Wir müssen lange rätseln, ob es sich um LED- oder Kerzenlaternen handelt. Diszipliniert entzündet niemand seine Laterne bevor über Lautsprecher das Kommando ertönt.

Echte Kerzen.
Wir sehen keine einzige Laterne abbrennen.

Den Zug führt ein Napoleon an. Auf einem Segway mit Bollerwagen auf dem die Lautsprecher montiert wurden. Marschmusik ertönt. Endlich setzt sich der Laternenumzug in Bewegung. Von der Musik ist schnell nichts mehr zu hören. Keine Militärkapelle, kein Spielmannszug, keine Gesänge. Stumm folgt die Menge dem entschwindenden Napoleon.

Napoleon und eine Marianne führen.

Endziel ist der schöne Park im Zentrum von Nouméa. Fressbuden und Schausteller sorgen für Unterhaltung auf ‚bal populaire‘. Wir lassen uns ein paar Leckereien beim Thailändischen Satay-Stand schmecken und lassen Nouméa alleine weiter feiern.

6000 Laternen sind dann ganz schön beeindruckend.
Aber das ganze ist leise wie ein Trauerzug.

Rummel – sowohl an der Ausgabestation als auch am Ziel.
Es gibt wohl Futterbuden, aber keine Bierstände oder ähnliches.

Militärparaden zum 14.Juli gibt es in Frankreich seit über 140 Jahren. Für ‚La Grande Nation‘  sind sie ein Symbol für eine starke Republik. Für Verteidigungsbereitschaft, Zusammenhalt von Armee und Volk und Respekt gegenüber Soldaten und zivilen Einsatzkräften.
Als Deutscher kennt man so etwas nicht. Für Frankreich ist es total normal – genau wie in China, Indien, Russland und Nordkorea. Bis auf eine Ausnahme am 4.Juli 2019, verzichten sogar die USA darauf, das Militär am Nationalfeiertag auflaufen zu lassen.
Viele Franzosen lieben die Live-Übertragungen aus Paris und sie gehören zum Feiertagsprogramm selbstverständlich dazu.

Da die Franzosen in Neukaledonien nicht so beliebt sind, erwarten wir keinen großen Andrang. Weit gefehlt. Kanak, Franzosen, bunt gemischt stehen alle an den Absperrungen. Denkt man an Paris, ist die Parade nicht besonders imposant. Es fehlen Panzer und anderes schweres Gerät.

Es besteht durchaus Interesse in der Stadt an der Parade teilzunehmen.

Richtig schweres Gerät fehlt.

Aber man kann staunen, wie viele verschiedene Truppen, Einheiten und Garden das kleine Neukaledonien zusammen bekommt. Zwischen 1.500 und 2.000 französische Soldaten sind auf der Insel stationiert. Als Souveränitätsschutz und Präsenz im Südpazifik.
Wir wundern uns über die komplette Abwesenheit von Militärkapellen. Die ‚Marseillaise‘ ertönt einmal über Lautsprecher. Mitgesungen wird nicht.
Den meisten Jubel erhalten die zivilen Truppen: Polizei und Feuerwehr. Und die kleine einheimische Einheit, die in das französische Militär integriert ist. Bestehend aus Kanak und anderen Bevölkerungsgruppen.

Während der Parade wird in Vollmontur gestanden. Es kippt auch immer mal einer aus den Reihen. Sanitäter stehen bereit.

Louis de Funès Gedächnis -‚Képi‘.
Das ist feinste Ausgehuniform.

Das ist mein Stolz und das ist mein Gewehr – Franzosen machen darüber keine Witze. Sorry, wir sind es nicht gewohnt. :-)

Im Gleichschritt – Marsch. Hier die Polizei.

Auffällig viele Frauen sowohl beim Militär als auch bei der Polizei.

Diese grimmig dreinschauenden jungen Männer sind von der lokalen Einheit. Sie sind die einzige Einheit die singt und nicht im Gleichschritt läuft, sondern einen wiegenden Gang hat.

Fein im Zwirn zur Parade.

Zum Abschluss gibt es eine Flug-Show neben der Marina. Ein (in Worten ein) Truppenhubschrauber! Keine Tricolore am Himmel. Aber immerhin wird zweimal wird ein Soldat abgeseilt. Das sonst übliche Feuerwerk am Abend fällt aus. Aus Kostengründen. Aber auch, weil ein Versicherungsschutz nach den Unruhen im letzten Jahr gestrichen wurde.
Viva la France.

Im Jeep liegen Muttis feuchte Spucke-Tücher. Gleich nach der Parade wird die Tarnfarbe entfernt.

Der Patrioten-Hund war auch mit dabei.