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Segeln, Corona und das Leben der Anderen: Ein Winken aus Norditalien.

In den vergangenen Jahren habe ich auf meinen Segelreisen viele Menschen kennengelernt.
Wie geht es diesen Menschen in ihren Ländern heute, das habe ich mich die vergangenen Wochen immer wieder gefragt. Heute ein Bericht aus der Marina Sant‘ Andrea in der Lagune von Grado.

Letzte Woche schickte mir Fortunato ein Winken aus Norditalien. Das Winken kam per WhatsApp. Fortunato ist Chef der Marina Sant’Andrea in San Giorgio di Nogaro, einer von 22 Marinas im Friaul nahe Triest. In Fortunatos Marina lag ich mit Levje ein halbes Jahr, von Sant‘ Andrea aus bin ich vor drei Jahren zu meiner Reise um Westeuropa nach England aufgebrochen.

Das Friaul ist zwar nicht das Epizentrum der Corona-Infektion in Italien, aber es liegt nicht weit von Venedig und den großen Städten des Nordens. Friaul hat nicht mal 10% der Einwohner Bayerns, hat aber bereits eineinhalb mal soviele Todesopfer zu beklagen.

Als ich Fortunato, Familienvater, fragte, wie es ihm ginge, stachen mir trotz all dem Optimismus seiner Zeilen die Worte ins Auge: „Lo spirito e molto basso“ – die Moral sei am Boden. Dabei ist Fortunato kein Weichei. Er war Offizier in der italienischen Marine, kam in Uniform weiter auf den Weltmeeren herum als ich es im T-Shirt je schaffen werde. Hat erlebt, was Krieg ist. Als er mir das Foto mit seinem Winken schickte, versuchte er noch, mit einigen Mitarbeitern den Betrieb der Marina aufrechtzuerhalten. Er begründete das mit einem knurrigen „Ein Kapitän gehört nun mal an Deck, vor allem in Krisenzeiten“ – Norditaliener, das lerne ich in diesen Tagen, sind uns näher, sie denken kantiger als die Sizilianer, mit denen ich in diesen Tagen in Kontakt bin. 

Trotzdem gibt es in der Marina am Fluss gerade nicht viel zu tun. Jetzt im März müsste es dort gerade brummen und summen wie jedes Jahr im späten Winter: Pausenlos müsste der Kran Boote aus dem Winterlager holen und ins Wasser setzen. Überall der Lärm der Schleifmaschinen, von Bohrern, von Arbeitern, die an Bootsrümpfen werkeln und Eignern, die mit Antifouling-Eimern rumhantieren. Jetzt gerade: Nichts. Stille. Fortunato geht nur noch sporadisch ins Büro, zwei Leute passen auf die Marina und die Schiffe auf.

Aus Fortunatos Foto oben mit seinem Winken grinst mich auch Giorgio im Hintergrund an. Ich kenne Giorgio und seine Frau Betta, weil ich mit den Dreien auf Giorgios Yacht MATCHLESS vor drei Jahren auf der Barcolana mitsegeln durfte. Die Fahrt auf Giorgios 22 Meter langem und 30 Tonnen schwerem Boot kam mir zwischen den 1.700 anderen Winzlings-Booten auf der Barcolana vor wie der Ritt auf einer Abrissbirne. Es hatte Wind damals, eine pfeiffende November-Bora in die Bucht von Triest, und tatsächlich räumte Giorgio ein Schlauchboot mit Presseleuten einfach zur Seite, die der herandonnernden Abrissbirne nicht schnell genug aus dem Weg gehen wollten, als wäre das stark motorisierte Schlauchboot ein Stück Treibholz. Betta erbleichte. „Coglioni“, knurrte Giorgio wie ein Raubtier, ein nicht kindgerechtes Schimpfwort. Italiener halt, wie ich sie liebe. 

Auf einem von Fortunatos Fotos entdecke ich auch die MATCHLESS. Giorgios Wäsche flattert zum Trocknen an Deck im eisigen Wind. Fortunato erzählt, dass Giorgio wie immer unter der Woche auf seiner MATCHLESS lebt und nur am Wochenende zu seiner Frau nach Treviso fährt. Ob denn auch andere Skipper derzeit auf ihren Booten die Epidemie in der Marina aussitzen? Ja, sagt Fortunato – drei Italiener und ein Spanier würden derzeit auf ihren Booten in der Marina leben. Kommod sei das ja: Die Seeluft ein praktisch virenfreier Raum, an Bord alles, was man zum Leben braucht. Nur Einkaufen ist schwierig. Der Supermarkt im 7 Kilometer entfernten Städtchen San Giorgio sei zwar geöffnet, aber unregelmäßig. Und zu Fuß wären es eineinhalb Stunden, der einfache Weg.

Und was würde heute passieren, wenn ich wie damals von Kroatien oder einer meiner Venedig-Touren vom Meer her käme, den Fluss hinaufführe, an dem die Marina liegt? Würde ich von der Küstenwache gestoppt? Bekäme ich überhaupt einen Liegeplatz in der Marina? „Du würdest natürlich einen Liegeplatz in der Marina bekommen. Ein Wachmann ist da. Aber nach den derzeitigen Vorschriften müsstest Du auf Deiner Levje für 14 Tage in Quarantäne und dürftest das Schiff nicht verlassen. Aber es ist gut möglich, dass die GUARDIA COSTIERA Dich schon vor dem Fluss anhalten würde. Es herrscht das übliche Wirrwarr: Die einen Behörden sagen, dass man überhaupt nicht mehr auslaufen und auf dem Schiff unterwegs sein dürfte. Die anderen wissen davon nichts.“

„Das Meer kennt keine Grenzen. Man kann keine Linie hineinritzen“, schrieb ich in meinem Buch über meine Reise von Sizilien nach England, das Anfang Mai erscheinen wird. Das stimmt. Aber selbst ich, der diese Zeilen so optimistisch niederschrieb und heute noch daran glaube, bin überrascht, wie schnell das Meer, die Nordadria zu einem Raum werden kann, auf dem man sich eben nicht mehr überall frei hinbewegen kann, wie man möchte.

Vor ein paar Tagen sagte Fortunato: „Wenn wir es nicht mal in dieser Situation schaffen, irgendwie zusammenzuhalten, dann können wir Europa wirklich vergessen.“ Viel mehr gibts zu dem Thema nicht zu sagen. Ob Sie Fortunato nun kennen oder nicht: Wenn Sie mögen: Dann schicken Sie ihm und seinen Leuten einfach ein Foto mit Ihrem Winken zurück. Ein paar Worte, ein Lächeln können viel ausrichten in einem Land, das schon nach wenigen Wochen über 8.000 Tote zu beklagen hat. Auf die Facebook-Seite der Marina (hier clicken)  oder deren Website (hier clicken). Danke! 

Ich berichte in den nächsten Tagen weiter von Menschen in Häfen, die ich auf meinen Reisen kennenlernte.

Corona-Update in French Polynesia

Mi., 25.Mrz.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2124, 20.254 sm von HH

Vorgestern, am Montag, kam die Gendarmerie durchs Ankerfeld gefahren und hat die Ausgangsregeln noch etwas verschärft. Wir dürfen nunmehr nur noch alleine an Land gehen. Sie haben Zettel verteilt, die man ausfüllen soll mit Namen usw. und man soll den Grund für einen Landgang ankreuzen (Medizinisches, Familiäres oder Einkauf oder alleine Sport). Ob das an Land kontrolliert wird, wissen wir nicht – wir sind seit dem zu Hause geblieben.

Am Sonntag konnten wir noch Gemüse im Supermarkt kaufen, das mit dem Versorgungs-Schiff am SSamstag geliefert wurde. Es werden nur noch vier Personen gleichzeitig in den Shop gelassen und mittlerweile tragen fast alle, Kunden und Personal, Gesichtsmasken. Mangels medizinischer Masken, benutzen wir unsere Staubmasken. Geht auch. Wir wurden freundlich wie immer bedient und in der Schlange vor dem Supermarkt durften wir uns normal einreihen ohne Gedrängel oder böse Blicke.
seit gestern ist der Verkauf von Alkohol in gesamt Französisch Polynesien bis zum 8. April verboten worden.

Tahiti hat ebenfalls die Regeln verschärft: Das Schiff zu bewegen, ist verboten! Zwei Segelboote, die in Papeete Anker auf gegangen sind, sollen von der Gendarmerie angehalten worden sein. Die Segler sollen folgende Ansprache erhalten haben: „Entweder ihr fahrt auf euren Platz zurück oder ihr verlasst das Land. Ein neue Einreise gibt es dann für euch nicht mehr.“ Bei uns vor Ort haben die Gendarmen ebenfalls ein Verbot ausgesprochen, dass die Schiffe innerhalb des Atolls nicht bewegt werden dürfen. Leider halten sich nicht alle Segler daran. Wir hoffen, dass dies keine Sanktionen für alle nach sich zieht. Das Gebilde an Genehmigungen ist fragil, schnell können sich Bestimmungen ändern.
Wir sind zu Gast. Ihr Land, ihre Regeln!

In den letzten Tagen sind noch vier neue Segler von der Osterinsel und aus Panama in Gambier angekommen. Diese Boote haben eine strikte Quarantäne von 14 Tagen erhalten – dürfen nicht von Bord. Der letzte ankommende Segler wurde von der Gendarmerie per Funk aufgefordert, nicht ins Atoll zu fahren, sondern nach Tahiti weiter zu segeln. Erst nachdem die Crew sagte, dass sie Diesel und Essen benötigt, bekamen sie die Erlaubnis zum Ankern.
Die letzten drei Neuankömmlinge werden im Augenblick hier geduldet. Offiziell einklariert wurden sie noch nicht. Alle warten auf eine Genehmigung aus Tahiti.

Die Stimmung am Ankerplatz ist gekippt. Wurde sich sonst getroffen, hin- und hergedüst, ein Schwätzchen gehalten, hockt jetzt jede Crew allein auf ihrem Boot. Wir sind trotzdem zu unseren Schwedischen Nachbarn gepaddelt, die neu angekommen sind, haben gefragt, ob sie etwas benötigen. Andere Segler haben Pampelmusen vorbei gebracht. Kontakt nur von Bordwand zu Dinghy, mehr ist nicht erlaubt, mehr traut sich keiner. Niemand will eine Quarantäne von zwei Wochen riskieren oder Schlimmeres.
Schwimmen und Wassersport aller Art soll deswegen verboten sein, so eine Erklärung, dass die Einheimischen, die das Haus nur eingeschränkt verlassen dürfen, nicht denken, die Yachties hätten Urlaub und Spaß. Hat Sinn.

Uns geht es gut, wir haben nicht auszustehen. Der Blick in den Vorgarten ist nach wie vor paradiesisch. Mit unserem Ankerplatz haben wir vor drei Wochen das große Los gezogen: Wir haben fast den ganzen Tag Internet an Bord! Nicht immer schnell, aber schnell genug, wir haben ja sonst nichts vor. Davon gibt es im gesamten Ankerfeld nur drei oder vier Plätze. Mit steigender Anzahl an Corona-Meldungen war uns schnell klar, den geben wir so schnell nicht auf. Hamstern auf seemännisch sozusagen. ;-)
Kontakt zur Familie und Freunden und Informationen über das Weltgeschehen und neue Regeln in Französisch Polynesien sind uns zur Zeit schon wichtig. Obwohl man über das Weltgeschehen eigentlich nichts hören möchte. Was wird werden, wenn das Virus Afrika, Indien und Südamerika richtig erreicht hat? Wie viele Opfer wird es geben? Was passiert mit den Gesundheitssystemen, was mit der Weltwirtschaft? Achim als mein persönlicher Schwarzseher an meiner Seite hat fast alle Horror-Szenarien durch. Er ist ein wahrer Quell der Freude. :mrgreen: Ob ich ihn in Quarantäne stecken darf?

P.S. Während ich das schreibe, kommt ein Funkspruch von der Gendarmerie: Da wir in ein paar Stunden stärkeren Wind erwarten, dürfen die Boote, die wollen, sich für eine Nacht einen anderen Ankerplatz suchen.
Die nicht einklarierten Segler dürfen zunächst bleiben bis das nächste Versorgungs-Schiff kommt. Dieses soll extra für Segler bestellten Diesel und Benzin mitbringen. Diesel und Benzin wird im Augenblick nicht an Segler verkauft (wir brauchen nichts, wir sind zum Glück voll). Wie ich schon mal schrieb, wir hängen am Ende der Nahrungskette.

Schlange vorm Supermarkt

Alte Zeiten- niemals vergessen

GEOFFREY HILTON BARBER – DURBAN ZA

WoM 1990 – 2000

Azoren – Horta

HORTA – VIELLEICHT EIN LICHTBLICK?


Die Meldung vom 15.03.2020 zur Sperrung des Hafens von Horta bedarf einer Ergänzung.

Azoren Häfen geschlossen – Quarantäne Steg eingerichtet


Wie soeben von Harry Schank aus Horta zu erfahren war, wird offenbar Yachtbesatzungen, die eine 2 wöchige Quarantäne vor Anker oder am Quarantäne Steg verbracht haben ( wo sie landseitig versorgt werden können ), denen nach medizinischer Untersuchung Gesundheit attestiert worden ist, ein Liegeplatz im Hafen zugewiesen, wo sie fortan ungehindert Landzugang besitzen. Für Yachtbesatzungen, die infolge der Hurrikan Saison in der Karibik im Jahreszeiten Turnus Richtung Europa zu segeln planen, vielleicht eine sinnvolle Lösung, auf den wundervollen Azoren Inseln mitten im Atlantik Zeit zu überbrücken, bevor die Reise gen Osten weiter gehen kann.
Für Details / Rückfragen HORTA MARINA
oder Harry Schank
kontaktieren

22.03.2020
Peter Foerthmann

Ausgangssperre!

Sa., 21.Mrz.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2120, 20.254 sm von HH

Bewegungsbeschränkung, Lock down, Ausgangs-Beeinträchtigung oder wie man es auch immer nennen will: wir sitzen fest auf dem Kahn! Gültig seit gestern Mitternacht.
Uns Seglern ist es noch erlaubt zum Einkaufen zu gehen. Spaziergänge sind verboten. Wir sollen nach dem Einkauf zügig zum Schiff zurück kehren, wie uns über Funk von den Gendarmen mitgeteilt wurde. Segeln zwischen den Inseln ist jetzt komplett verboten, auch unbewohnte Inseln dürfen nicht mehr angelaufen werden. Schwimmen und jede Art von Wassersport ist nicht erlaubt.
Die Beschränkung betrifft die Einheimischen ebenso. Gestern Abend ist die Genarmerie die einzige Dorfstraße auf und ab gefahren und hat über Lautsprecher die neuen Regeln bekannt gegeben. Mit Blaulicht. Wahrscheinlich das erste Mal, dass es je eingeschaltet war.
Das ist schon etwas eigenartig und macht ein unangenehmes Gefühl.

Frankreich stülpt seine Entscheidungen bezüglich Corona Vorsorge auf Tahiti. Tahiti nickt, obwohl eigentlich für Innenbelange die Regierung von Französisch Polynesien zuständig ist. Aber hey, Frankreich schickt das Geld. Diese Hand beißt man nicht. Tahiti nickt also und gibt die französischen Anordnungen auf die Inseln weiter. Die Inseln nicken, denn hey, Tahiti schickt das Geld. Somit stehen jetzt hier bei uns im kleinen Mini-Hafen Pylonen und Flatterband wurde gespannt. Drei Gendarmen und mindestens vier Helfer in gelben Warnwesten stehen dicht beieinander. Endlich mal was los.
Die Polynesier erscheinen uns sehr gefügig zu sein. Sie schlagen die Hacken zusammen und befolgen alle Anordnungen. Ziviler Gehorsam scheint ihnen in in Fleisch und Blut übergegangen zu sein. Kinder sind im Haus zu halten – seit Tagen sind keine Kinder mehr im Dorf zu sehen. Mundschutz wird empfohlen – fünfzig Prozent tragen ihn. Man soll zu Hause bleiben – man bleibt daheim. Mir-doch-egal-Treffen wie Corona-Parties werden wir hier wahrscheinlich nicht sehen.

Was uns etwas nervös macht, sind die dauernd wechselnden Regeln für Segelschiffe vor Ort. Zunächst hieß es, die lange Anreise sei für Neuankömmlinge Quarantäne genug. Dann verlangte man Tage 14 Quarantäne oben drauf. Jetzt will man neue Segler gar nicht mehr haben. Ihnen bietet man zwei Optionen: 1. Such dir einen Platz für Dein Schiff und flieg dann nach Hause (neue Flüge aus dem Land sind in Planung) oder 2. Kauf dir Proviant und segel weiter. :shock:
Jede neue Regel hat eine Gültigkeit von wenigen Tagen oder nur Stunden. Segler, die länger als 30 Tage im Land sind, werden nach wie vor akzeptiert. Auf den Marquesas war allerdings kurz im Gespräch, dass auch diese ‚long stay‘-Segler ausgeflogen werden, während das Schiff zurück bleiben soll. Die Wogen haben sich wieder geglättet, man darf bleiben.
Die Nerven liegen blank bei den Polynesiern und als Segler kann man sich auf nichts verlassen. Im Augenblick gibt es keine Rechtssicherheit.

Wir glauben, so lange hier in Gambier kein Corona-Fall auftaucht, werden wir wohl bleiben dürfen. Wo sollen wir auch hin? Andere Länder Richtung Westen wollen uns ebenfalls nicht. Außerdem haben wir noch zwei Monate Zyklonsaison. Für die USA haben wir kein Visum, die würden uns sofort an die Kette nehmen. Und jahrelang auf dem Ozean zu segeln ist für die Crew, die lieber ankert auch keine Option. :mrgreen:
Die Menschen auf der Straße sind nach wie vor ausgesprochen freundlich zu uns. Taucht hier allerdings ein Corona-Fall auf (wie auf den Marquesas) könnte sich das ändern. Heute ist noch einmal ein Flugzeug aus Tahiti gekommen und das Versorgungsschiff. Hoffentlich beides ohne Viren.

 

Corona in French Polynesia

Mi., 18.Mrz.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2117, 20.254 sm von HH

Vor ein paar Tagen dachten wir noch: „Hier sind wir gut aufgehoben!“
So wie Bundes-Spahn, Millionen anderer Menschen auf der ganzen Welt, so haben auch wir uns geirrt. Heute wurden zwei weitere Corona-Fälle auf Moorea gemeldet. Die Regierung von Französisch Polynesien erlässt seit Tagen neue Anweisungen im Stundentakt. Die Schulen sind ab heute geschlossen – zunächst bis Ostern. Auch auf den kleinen, abgelegenen Inseln wie bei uns in Gambier. Heute werden die Kinder, die in Tahiti zur Schule gehen hier eingeflogen. Ob es das letzte Flugzeug hierher sein wird? Das ist noch offen. Es gibt Diskussionen darüber den Flugverkehr zwischen den Inseln einzustellen. Mit den Flugzeugen kommen dringende Artikel aus Tahiti, wie Medikamente und Post. Lebensmittel, Diesel, Gas zum Kochen und Benzin liefern die Versorgungsschiffe. Hier sind keine Einschränkungen im Gespräch.

Der Flugverkehr aus Französisch Polynesien raus, nach Europa, ist bis auf weiteres eingestellt worden. Bis gestern kam man noch nach Frankreich – die Tür ist geschlossen. Kreuzfahrtschiffe dürfen nicht mehr ins Land, nur noch Frachtschiffe. Unter den Langfahrtseglern herrscht gerade Haupteinreisezeit vom Südamerikanischen Kontinent nach Französisch Polynesien. Bedingt durch die lange Anreisezeit von drei, vier Wochen hat die Regierung beschlossen, dass ankommende Yachten keine zusätzliche Quarantäne benötigen. Durch die neuen Corona-Fälle auf Moorea ist dies wieder aufgehoben worden: Einreiseverbot für Ausländer, heißt es nun. Außerdem wurde beschlossen, dass der Verkehr zwischen den Inseln für Segelboote untersagt ist. Ob das bedeutet, dass wir auch in Gambier nicht mehr die Inseln wechseln dürfen? Wir wissen es nicht. Das erste Mal sehen wir heute die Gendarmerie mit einem Boot durch den Ankerplatz ziehen.

An Corona zu erkranken, ist keine Sorge von uns. Wir haben sowieso wenig Sozialkontakte, mal ein Abendessen beim Segelnachbarn oder mal ein Einkauf im Dorf. Das war’s.
Die Nebengeräusche stimmen uns bedenklicher. Bleibt die Versorgung so bestehen wie bisher? Die Polynesier neigen nicht zum Hamstern. Ihnen ist eine Denkweise weit in die Zukunft zu planen fremd. In ihrer Muttersprache gibt es nicht mal ‚Futur‘, hat Vanessa uns erzählt. Sie sparen nicht, sie haben kein Bier auf Vorrat zu Hause und eine Cola wird direkt beim Bezahlen getrunken. Vor ein paar Tagen haben wir noch fünfzig Kilo Mehl im Shop gesehen. Einen Tag später war es verschwunden. Wenn es die Polynesier nicht waren, kommen nur Segler als Käufer in Frage.

Spätestens auf den Kap Verdischen Inseln lernt man als Weltumsegler: ‚Du musst Dinge dann kaufen, wenn du sie siehst, nicht wenn du sie brauchst. Am nächsten Tag kann der Artikel für Monate aus den Läden verschwunden sein.‘ Diese Regel haben wir uns in den letzten Jahren angeeignet. Außerdem haben wir häufig schon für Monate gebunkert, weil wir wissen, dass im neuen Land die Preise deutlich höher sind. Zur Planung, wenn man Tahiti verlässt, gehören volle Schränke dazu. Auf Gambier gibt es zwar vieles, aber Haferflocken, Nüsse oder Vollkornmehl bekommt man einfach nicht. Wir haben immer für bestimmt vier Wochen Nahrungsmittel an Bord, weil man auf einem Boot nie weiß, ob man nicht für etliche Tage an Bord bleiben muss oder schnell einen Ort verlassen muss. Hamstern, wie es jetzt ja heißt, ist uns also nicht mehr fremd. Aber fünfzig Kilo Mehl ist schon eine Hausnummer. Wer braucht so viel Mehl?

Wir als Ausländer stehen in Polynesien am Ende der Nahrungskette. Wir sprechen (trotz aller Bemühungen :lol: ) die Sprache nicht. Wir kennen keinen, der im Notfall noch den Keller voll Kartoffeln hat. Auf einer Insel in den Tuamotu soll es Schilder gegeben haben, die Segler auffordern auf dem Boot zu bleiben. Ein gewisser Vorrat an Bord bekommt eine neue Bedeutung.
Hier bei uns im Dorf wurden Schilder aufgehängt, die die Symptome von Corona erklären und zeigen, wie man sich verhalten soll (der in den Ellenbogen-niesen-Katalog). Phillipe, bei dem man neben Internet auch noch Brioche (feines Brot) kaufen kann, erzählte uns, dass die Dorfkrankenschwester ihn aufforderte, dass er einen Mundschutz und Handschuhe tragen soll, wenn er sein Brot verkauft. Segler haben ihm jetzt beides geschenkt. Die junge Frau an der Kasse im Supermarkt trägt seit gestern ebenfalls Gummi-Putz-Handschuhe und es ist uns ein Chinese von einer Perlenfarm mit Mundschutz begegnet. „Haben die Polynesier Angst?“, haben wir Philippe gefragt. „Nein, noch nicht, aber sie stellen Fragen.“

Wie lange wir hier gefangen sein werden, wir wissen es nicht. Großraum-Quarantäne würde ich es nennen. Gefangen im Paradies, trifft es auch. Und ganz plötzlich bekommt das Paradies einen Beigeschmack. Im Ausland gefangen zu sein und nicht jederzeit nach Hause zu können, macht ein merkwürdiges Gefühl.
Bleibt gesund in eurer Quarantäne.

Großraum-Quarantäne

Von Viren und Filmen

Dass sich die Welt gerade in einer Schieflage befindet, brauche ich hier ja Niemandem zu erzählen. Dass sie das bereits lange vor dem Virus war, begreifen viele zwar erst jetzt, aber immerhin, es setzt (zwangsläufig) ein Umdenken ein, wenn auch langsam.
Die Menschen in unserem System können halt schlecht weg von ihrem gewohnten Kapitalismus, vom Egoismus, von 2% Wirtschaftswachstum im Jahr. Hier bei uns in der kleinen Stadt am Niederrhein hat man das gestern noch gesehen. Der Parkplatz beim Einrichtungsdiscounter war voll und im Fitnessstudio um die Ecke wurde kräftig gepumpt.

Aber es gibt auch Hoffnung. In Sabrinas Kindergarten läuft es! Die Eltern haben besonnen reagiert und es ist am Montag nicht zum Chaos gekommen. Im Gegenteil!

Zwar halten sich noch nicht alle Menschen an die neuen Spielregeln, aber es werden immerhin langsam mehr. Ob die aktuellen Maßnahmen ausreichen, werden wir ohnehin erst in vielen Wochen, Monaten oder gar Jahren rückwirkend beurteilen können. Ich selbst bezweifle stark, dass die jetzigen Maßnahmen ausreichen. Ein bedeutender Teil der Menschen in unserer Gesellschaft ist nach wie vor undiszipliniert und verhält sich entrückt.
Und während manche ihren Kopf darüber zergrübeln, wie sie ihre Kohlen und den eigenen Hintern verlustfrei über die kommende Finanzkrise retten können, denke ich gerade darüber nach, was ich machen kann, damit die nächsten Wochen für meine Homies möglichst sauber über die Bühne gehen.
Klar, Oma schützen, das hat für mich gerade die höchste Priorität! Meine Oma ist jetzt 86 Jahre alt und gehört zur höchsten Risikogruppe. Aber sie macht es uns doch ziemlich leicht. Sie hat nach wie vor den vollen Durchblick und hält sich an die neuen Regeln. Ein wenig geknickt ist sie momentan, aber das ist auch kein Wunder. Letzte Woche mit dem Rettungswagen rein ins Krankenhaus (hatte nichts mit dem Virus zu tun), 48 Stunden Untersuchungsmarathon, anschließend direkt wieder raus aus dem Krankenhaus!
Warum? Weil unser Gesundheitssystem gerade kurz vor dem Kollaps steht und jedes Bett gebraucht wird. Für Menschen, die so ein Bett noch dringender benötigen als sie selbst.
Meine Oma versteht und akzeptiert das. Ich finde das bemerkenswert!

Also, was kann ich tun?

Vielleicht kann ich allen, die gerade zu Hause oder irgendwo sonst festsitzen, für ein paar Minuten eine andere Welt zeigen.
Wenn meine Filme jemals in irgendeiner Form Sinn gemacht haben, dann vielleicht jetzt. Deshalb stelle ich meinen Film „Irgendwie ans Kap“ ab sofort und bis zum 19. April kostenlos und uneingeschränkt als Stream zur Verfügung.
Das sind zumindest 98 virusfreie Minuten, in denen ihr mal etwas anderes sehen könnt. Vielleicht ist der Film ja auch ein winziges Trostpflaster für alle, die ihre Segelreise aufschieben müssen und alle Pilger, die jetzt nicht auf den Jakobsweg gehen können.

Hier der Link zum Film: Irgendwie ans Kap

Um den Film kostenlos zu schauen, müsst ihr auf „Ausleihen“ klicken und während der „Kaufabwicklung“ bei Vimeo-On-Demand den folgenden Aktionscode eingeben:

camino

Ihr könnt auch den Direktlink mit eingebundenem Aktionscode benutzen: https://vimeo.com/r/2xbG/SnZKTnRCQ0

Ihr braucht natürlich einen Account bei Vimeo und müsst eingeloggt sein, das sollte klar sein. Wer den Account nicht hat, kann einen anlegen. Das geht schnell und kostet nichts. Dazu einfach oben links auf der Vimeo-Seite auf „Jetzt Registrieren“ klicken. Es läuft bei Vimeo nicht anders als bei YouTube, nur werbefrei und ohne großen Kommerz im Hintergrund.

Das einzige worum ich euch bitte ist folgendes: Wenn ihr den Film gesehen habt, dann hinterlasst doch bitte einen Kommentar unter dem Film bei Vimeo. Darüber würde ich mich sehr freuen.

Bleibt gesund!

SV Gegenwind – Asha Reich + Helge Assmann GER

HANSEAT 70 AUS DÜSTERNBROOK AM ANDEREN ENDE DER WELT

Hallo Peter, zur Zeit sitzen wir immer noch in dem glücklicherweise Corona-freien Dili fest, aber die Konvergenzzone scheint in Bewegung geraten zu sein. Die Gewitter werden mehr und es regnet häufiger. Das wird wohl den Saisonwechsel einläuten.


Bleibt nur die Frage, wie sich die Corona-Krise weiterentwickelt und was damit dann aus unserer Route wird. Wir würden dieses Jahr gerne über Indonesien nach Malaysia weiterfahren, um dann kommendes Jahr nach Europa zurückzukehren, nachdem wir dieses Jahr mit dem Versuch im Januar weiter voranzukommen schon gescheitert waren.

Also warten wir es mal ab. Die kommenden Wochen werden wohl etwas mehr Klarheit bringen. Viele Spaß an den Bildern und alles Gute aus Dili, Timor-Leste – Bleib Gesund!
Asha & Helge
Crew der SY Gegenwind

SV Reflections of Hayling – Sarah + David Fosh UK

PACIFIC PLUS ON DUTY SINCE NOW 28 YEARS

Hi Peter, Hoping this finds you well. You sold us a windpilot pacific plus in 1992 approx, which I continue to be very pleased with. We have now lived on board for 26 years and are currently in Sicily, in lockdown because of the virus. We are now 75!
The Pacific Plus on our Hallberg Rassy 42E sailed us across the Atlantic  3 times and then across the Pacific to Tahiti and on to New Zealand, Australia and Fiji. We have told many boaters how good the gear is and continue to do so.
regards DAVID FOSH
on board REFLECTIONS OF HAYLING. HR42E

Azoren Häfen geschlossen

STOPPOVER AZOREN BIS ENDE MÄRZ NICHT MEHR MÖGLICH

Moin Peter, wat mache ich nur? Alle Azoren Häfen für Schiffe und Yachten jeder Art geschlossen? FRAGT DER HARRY


Für einen Mann wir Harry, der seit Jahren seinen Servicebetrieb GOOD@WOOD in Horta unterhält und mit seinen 4 Mitarbeitern für den Verlauf weniger Monate im Jahr dort Arbeit hat, der sein Zuhause samt Hund auf der eigenen Yacht im Hafen hat, eine existenzielle Frage.

Denn es zeichnet sich ab, dass die Azoren für die komplette Saison 2020 für die internationale Seglerschaft nicht mehr als Zwischenstopp Hafen zur Verfügung stehen.



Nicht daran zu denken, dass ggf. auch an Europas Küsten ähnliche Restriktionen bald erwogen werden – und transatlantische Passagen für Segler damit unmöglich werden.

Burghard Pieske – eine Hommage

PACIFIC LIGHT – BURGHARD IST SCHULD

Burghard Pieske

„Außer Sie leben auf einer Insel“

Fr., 13.Mrz.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2112, 20.254 sm von HH

So kann man sich irren – auch als Minister: „Es kommt! Außer Sie leben auf einer Insel“, hat Bundes-Spahn noch vor zwei Tagen verkündet. Am gleichen Tag wurde Corona auf Tahiti bestätigt. Eine Regierungsmitarbeiterin hat das Virus aus Frankreich mit auf die Insel gebracht. Heute hören wir von einem Verdachtsfall auf den Tuamotu (Fakarava) fünfhundert Kilometer von Tahiti entfernt. Bis zu uns sind es weitere tausendfünfhundert Kilometer, aber es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit bis Corona auf „unserer“ Insel angekommen sein wird. Es gibt mehrmals wöchentlich eine Flugverbindung nach Tahiti, das Versorgungs-Schiff wird bald erwartet und Segelschiffe trudeln von der Osterinsel hier ein.

„Ich kauf mir ein Boot“, habe ich im Internet einen Kommentar in Deutschland gelesen. Dem jungen Mann muss ich sagen, das ist im Augenblick auch keine Lösung. Wir als Deutsche, als Europäer, dürfen in Französisch Polynesien so lange bleiben wie wir wollen. Da haben wir Glück. Amerikanern (als Beispiel) rennt unter Umständen die Zeit davon. Sobald ihr Visum ausläuft, müssen sie (eigentlich) das Land verlassen. Aber wohin? Inselstaaten auf dem weiteren Weg nach Neuseeland, haben bereits ‚dicht‘ gemacht und lassen keine Ausländer mehr rein. Diese Maßnahmen sind nachvollziehbar, soll doch die Spanische Grippe überdurchschnittlich Todesopfer unter den Polynesiern gefordert haben.
Ein befreundetes Segelboot hängt in Indien fest. Es gibt kein vor und kein zurück. Einige Nachbarländer lassen sie nicht rein, andere sind wegen widriger Winde nicht erreichbar. Da bereiten die Begleiterscheinungen von Corona mehr Bestürzung als das Virus selber.
Es gibt Crews, die wurden durch die sich überschlagenden Ereignisse getrennt. Einer weilt jetzt auf dem Schiff, der andere kommt von einem Heimbesuch in Deutschland nicht zum Partner zurück. Wieder anderen ist gemeinsam die Rückkehr zum Schiff versperrt. Wohl dem, der dann in Deutschland noch ein Dach über dem Kopf besitzt. Meinen geplanten Heimflug im Mai sehe ich stark gefährdet.

Weiter als wir kann man vom ‚Geschehen‘ fast nicht entfernt sein. So weit entfernt hat man mit dem Thema doch keine Sorgen sollte man denken. Und doch, durch die Globalisierung sind auch Langfahrtsegler betroffen. Anders und nicht mit dieser Wucht, wie im Epizentrum. Das kommt unerwartet, zeigt aber die Schleifen, die so ein Ereignis nach sich zieht. Über die Probleme im Gesundheitswesen und wirtschaftlichen Langzeitfolgen oder Lieferengpässe und die dadurch möglichen ‚Panikkäufe‘, mag man gar nicht nachdenken.
Ich lese viel ‚in 14 Tagen ist es vorbei‘, ‚kann ja nicht ewig dauern‘, ‚im April spricht keiner mehr darüber‘. Ich kann diese Ansicht leider nicht teilen, hoffe aber inständig, dass die Optimisten Recht behalten.
Bleibt gesund da draußen und passt auf euch auf!

Ein Gag – erst vor vier Tagen fotografiert, ist heute nicht mehr lustig