Neukaledonien bringt Australien-Gefühle zurück
25.Juni 2025, Neukaledonien/Nouméa, Tag 4.043, 29.095 sm von HH
Wir mieten uns ein Auto. Das kleinste Model, was im Angebot ist. Ein gummibereifter Einkaufswagen: einen Hyundai Grand i10. Eine große Karre brauchen wir nicht, so unsere Vermutung. Wir verlassen die Stadt auf zweispurigen Ausfallstraßen. Schnell wird es ländlich und bereits nach fünfzig Kilometern kommen wird durch das letzte Dorf. Mit den Menschen verschwindet der Asphalt.
Sehr hübsche Ausblicke an der Küste entlang. Alles sehr bergig.
Hinter dem letzten Dorf kommt uns tatsächlich ein Auto mit Sand-Flag entgegen. Typischer australisch geht nicht.
Der lehmartige Belag ist schlüpfrig, wo er noch feucht ist. Er ist roter als er je in Australien sein könnte. Als wir eine überflutete Furt durchfahren müssen, fühlen wir uns noch mehr nach Australien zurück versetzt. Wir haben nur das falsche Auto. Es wird bergig und die Straße schlechter. Immer häufiger müssen wir nun durch schmale Bäche fahren. Damit haben wir nicht gerechnet.
Es ist nicht sehr tief. Wir fahren erstmal weiter ,umdrehen können wir dann immer noch.
Bitte kein Regen am Nachmittag. Zurück kämen wir dann wohl nicht.
Roter als Australien – auch hier ist Eisen in der Erde dafür verantwortlich.
Glasklare Bäche und Flüsse entwässern die Berge ins Meer.
Wo der Bundy über Welchblech-Piste wie durch Butter gefahren wäre, trauen wir uns nicht mit der Nuckelpinne durch Schlaglöcher zu heizen. Wir kommen nur langsam voran und beschließen, die einzige Querung durchs Inland zu wählen, statt weiter im großen Bogen an der Küste zu bleiben.
Es ist Hochwinter und bereits um 17:30 Uhr wird es dunkel.
Der Süden von Neukaledonien. Die rote Strecke sind wir gefahren. Geplant war der große Bogen ganz nach Osten auf der einzigen Straße Die schlechten Straßen halten uns länger auf als erwartet.
Die Straße könnte auch in Australien sein.
Rote Erde
Spitzkegelige Berge. Der Bewuchs ist nicht gerade üppig. Die rote Erde enthält viele Metalle (Nickel, Chrom, Magnesium uns andere). Die Böden sind nährstoffarm und toxisch für viele Pflanzen. Deshalb gibt es in Neukaledonien sehr viele endemische Arten.
Ganz im Süden über eine extreme Holperpiste erreichen wir Prony. Das Dorf wirkt verlassen. Wir schlendern an Hütten vorbei. Niemand lässt sich blicken. Alle Fensterläden sind verrammelt. Am Ende des Dorfs lassen wir uns von zwei Hunden vertreiben und gehen zum Auto zurück. Prony wurde 1867 für den Betrieb von Holzwirtschaft gegründet. Ein paar Jahre später hat man es zur Strafanstalt umgewandelt. Es wurde in den 60er Jahren aufgegeben, aber 1990 restauriert. Heute soll hier ein Campingplatz sein, den wir nicht gefunden haben.
Wer will kann hier auf Schatzsuche gehen, denn ein beim Glückspiel erfolgreicher Häftling, der in Prony starb, hat das Versteck für seinen Gewinn mit ins Grab genommen.
Prony ist verlassen. Aber die zwei Hunde, die uns verscheucht haben, wirkten gut genährt. Es muss also Bewohner geben.
Überreste einer Lagermauer in Prony.
Die Abkürzung durch die Mitte führt uns an einen großen Stausee. Ab hier kommen uns auch wieder andere Fahrzeuge entgegen. Die Straße ist asphaltiert. Aber unser weißer Leihwagen sieht schlimm aus. Überzogen mit roten Spritzern. Mir fällt eine Information aus dem Mietbüro ein, der ich keine sonderliche Aufmerksamkeit gewidmet habe: „Autowäsche von 33,00 bis 100,00 Euro.“
Warum hängt sowas in der Autovermietung? Beim Blick auf das Auto wird uns einiges klar.
Stausee ‚Lac de Yaté‘. Er wurde zur Stromgewinnung für Nouméa angelegt und dient aber auch als beliebtes Ausflugsziel.
Durch die genommene Abkürzung sind wir recht früh zurück in Nouméa. Wir klappern ein paar Baumärkte ab und kommen kurz vor Büroschluss an der Autovermietung vorbei. Da wir noch weiter zum Supermarkt wollen, beschließen wir den Wagen bis Morgen früh zu behalten. Aber man kann ja mal fragen, was es mit der Autowäsche auf sich hat. Nicht, dass das ein teures Erwachen gibt.
Achim parkt in der Einfahrt der kleinen Garage. Ich bleibe im Auto sitzen, während er ins Büro geht. Nach einem kurzen Moment lässt sich ein Mitarbeiter der Fuhrpark-Wartung auf den Fahrersitz fallen. Seinem Redeschwall entnehme ich, dass er den Wagen kurz aus dem Weg fahren will. Der Zündschlüssel steckt. Ich deute an, dass er fahren soll. Er parkt das Auto an der Seite und fragt mich, ob ich französisch spreche. „Un tout petit peu – ein ganz klein wenig.“ Er freut sich und lacht. Was kannst Du? Ich zähle auf: Ich möchte ein Baguette; wo ist die Kuh?; Rom ist die Hauptstadt von Italien!
Meine Antworten scheinen ihm zu gefallen, er schüttet sich aus vor Lachen und steigt aus. Da kommt gerade Achim zurück, zeigt stumm auf das schmutzige Auto und macht ein trauriges Gesicht. Unser Mann versteht sofort. Er greift beherzt zum Hochdruckreiniger und ein paar Minuten später sieht der Wagen wieder aus wie neu. Er klopft Achim auf die Schulter, winkt mir noch einmal zu.
Kinder, wie wichtig doch Fremdsprachen sind und dass man immer die richtigen Sätze parat hat.
Da haben wir ja mal richtig Schwein gehabt, denn die Mitarbeiterin im Büro hat Achim erzählt, dass die Autos nur normal verschmutzt zurück gegeben werden dürfen. Rote Erde zählt nicht dazu. Davon war nie die Rede. Etwas fies bei den Straßenverhältnissen. Achims Einwand, „dann dürft ihr Autos in Neukaledonien aber gar nicht vermieten“, quittiert sie mit einem Schulterzucken. Nicht meine Regeln.
Aber wir hatten einen schönen Ausflug!