Monat: Juni 2019

Französisch für Fortgeschrittene

Mi., 05.Jun. 19, Franz.Polyn./Tuamotu/Insel Hao/d’Otepa, Tag 1831, 17.889 sm von HH

Nach unserem Fehlversuch mit dem Französisch-Unterricht sind wir noch einmal in die Schule geradelt. Diesmal ist gerade Pause und wir stoßen bis ins Lehrerzimmer vor. Dort ist es hektisch, es ist die letzte große Pause, bevor die Ferien beginnen und außerdem wird gerade die 20-Jahr-Feier der Schule organisiert. Trotzdem nimmt Emmanuelle, der Englischlehrer der Schule, sich Zeit für uns: „Ich fliege morgen nach Tahiti, aber kommt nach den Ferien zu mir nach Hause, dann sehen wir weiter. Ich wohne an der Hauptstraße hinter dem grünen Tor.“Das bedeutet also zwei Wochen warten, dann sehen wir weiter, ob es mit Französisch-Unterricht noch klappen wird.

Da kommt am selben Abend noch ein kleines Segelboot in den Hafen getuckert. Das Boot macht an der gegenüberliegenden Pier fest und Achim nimmt die Leinen für Vanessa an. So werden wir direkt am nächsten Abend zum Sundowner eingeladen. Der Abend ist kurzweilig, wir plaudern über dies und das; wir berichten von unserer Lehrer-Suche.

-Vanessa ist Einhandseglerin ==> check, kein Göttergatte, der sie ablenken könnte.
-Vanessa ist Belgierin ==> check, Französisch als Muttersprache.
-Vanessa ist Lehrerin ==> check, Erwachsenenbildung auf Tahiti.
-Vanessa ist sprachbegabt ==> check, sie lehrt Französisch, Spanisch, Englisch
-Vanessa hat Unterrichtsmaterial dabei ==> check, für Anfänger
-Vanessa ist jung (35), witzig, intelligent und hübsch. ==>check.
-Der Vorschlag kommt von ihr ==> check, sie möchte uns unterrichten!

Wir können unser Glück kaum fassen. Als Gegenangebot mache ich ihr den Vorschlag, dass sie abends bei uns mitessen kann. Damit ist sie einverstanden, Geld will sie auf keinen Fall von uns.
Vanessa entpuppt sich als eine der nettesten Personen, die wir seit langem kennen gelernt haben (natürlich, segelt sie doch in drei Wochen nach Tahiti zurück, wieder arbeiten).
Ihr Unterricht ist großartig. Fast täglich kommt sie für 1,5 Stunden an Bord und weiht uns in die Abgründe der Französischen Sprache ein. Manchmal will sie schnorcheln gehen oder schiebt andere Ausreden vor, dann nimmt sie sich einen Tag Auszeit. Allerdings lässt sie einen Berg Hausaufgaben für uns da. Und bringt uns frisch gebackenen Kuchen rüber. Vanessa ist unglaublich.

Dass Französisch schwer ist, ist hinlänglich bekannt. Dass es sooo schwer ist, haben wir nicht erwartet. Du meine Güte. Diese Sprache besteht ja nur aus Ausnahmen und nicht zu durchschauenden Regeln. Dazu eine Aussprache, die den Unterkiefer verformt.
Vanessa, ganz Profi, lässt ‚très bien‘ und ähnliches zu unseren Fortschritten hören. Wir sind unsicher. Erste Selbstversuche mit dem Mädchen an der Kasse im Supermarkt reißen sei zu der hoffnungsvollen Frage hin: „Do you speak English?“
Okay, wir nennen das trotzdem Erfolg, sonst waren wir immer diejenigen, die fragen mussten, ob jemand Englisch spricht. :lol:

Fünf Jahre – zwei Fazits

Sa., 01.Jun. 19, Franz.Polyn./Tuamotu/Insel Hao/d’Otepa, Tag 1826, 17.889 sm von HH

Wie immer getrennt voneinander geschrieben.

Achim
Schon wieder ist ein Jahr rum. Fünf Jahre ist es her, dass wir die Leinen in Finkenwerder losgeworfen haben und nach Wedel gefahren sind. Auch die längste Reise beginnt halt mit dem ersten Schritt, egal wie klein dieser sein mag.
Das Leben an Bord und in der Wärme ist Normalität geworden. Alles unter 25° ist kühl und Sonnenschein ist der der Normalzustand. Gut, ich gebe zu, dass Ecuador hier eine kleine Ausnahme darstellte. Dennoch waren unsere 6 Monate in Ecuador im letzten Jahr super und das Land ist immer eine Reise wert.
Jetzt sind wir in der Südsee. Wer hätte das gedacht. Allein der Name lässt die Ohren klingeln. Es ist schön hier, und ruhig, und sehr Französisch sprechend. Mein ganzes Leben konnte ich mich vor dem Französisch lernen drücken, aber das ist nun vorbei. Wir haben Unterricht hier auf Hao, sodass ein Großteil des Tages jetzt dem Lernen gewidmet ist. Eigentlich glaube ich aber, dass die Sprache unlernbar ist …. Wir werden sehen.
Alles ist gut. Das Leben ist gut und ich weiß, dass wir/ich gesegnet sind, dass wir diese Reise machen dürfen und können. Auch nach fünf Jahren hat sich mein Fazit nicht geändert:
Alles super – weiter so!

Sabine
Es macht ungebrochen sehr viel Spaß neue Länder zu entdecken und als Vagabund durch die Welt zu tingeln. Das einzige, was ich vermisse, sind Menschen, die ich mag: meine Freunde und die Familie. Und neue Freunde zu finden, erscheint mir zunehmend schwieriger. In den Büchern der Weltumsegler lese ich von phantastischen Treffen, außerordentlichen Crews und großartigen Kameradschaften. Achim und ich tun uns da schwerer. Wo sind sie, die Crews, die gut zu uns passen und (!) ähnliche Pläne haben wie wir? In den ersten zwei Jahren hatten wir noch Glück, da haben wir viele Monate mit der La Joya, der Balou und der Worlddancer verbracht. Freundschaften fürs Leben sind dort entstanden.

Seitdem lernen wir häufig Crews kennen, bei denen nach fünf Minuten klar ist, dass wir niemals auf eine Wellenlänge kommen. Er braucht nur den Mund aufzumachen und ich sehe in Achims Gesicht ‚Besserwisser‘ aufleuchten. Oder wir kommen nach Hause und sind uns einig: „Er geht ja ganz nett, aber sie geht gaaaar nicht…“
Crews, bei denen uns beide sympathisch sind, die schlagen drei Tage später garantiert einen ganz anderen Weg ein. Wir wollen ja gar nicht permanent aufeinander hängen und anderen auf den Geist gehen. Unsere gemeinsame Zweisamkeit ist super und macht Spaß. Aber mal ein Abendessen zu viert, ein gemeinsamer Ausflug, eine Flasche Wein zu viel leeren, zusammen lachen, zusammen reparieren, zusammen Pläne schmieden – das hätte zwischendurch auch mal was.
Mal ein paar neue Erlebnisse hören. Achims schlimmste Geschichten, die er mir die letzten 20 Jahre nicht erzählt hat, werden sowieso für immer sein schmutziges Geheimnis bleiben. Da kommen keine Sensationen mehr. Es ist nicht so, dass wir uns nichts zu sagen haben, aber ein Gespräch mit einer Frau, die nicht zum Lachen in den Keller geht, würde mir gefallen.

Mir geht es nicht alleine so. Neulich habe ich eine junge Norwegerin getroffen (sehr nett und natürlich auf dem Weg nach irgendwo). Sie erzählte mir, dass sie so müde ist, ob der ewig gleichen Neuanfänge: „wo kommt ihr her?, wie lange seid ihr unterwegs?, bei uns ist bereits das, das und das kaputt gegangen!, ihr müsst unbedingt nach x und dürft auf keinen Fall nach y fahren.“
Sie schickt jetzt ihren Man alleine los, neue Leute kennen zu lernen. Und er soll ihr nur dann berichten, dass die andere Crew ihm nett erscheint, wenn sie die gleiche Strecke segeln. Die anderen will sie gar nicht mehr kennen lernen. :mrgreen: Gar nicht schlecht die Idee – eine Option für Jahr sechs.

Unser Leben – seit fünf Jahren meistens wunderschön

Gas-Alarm

Do., 30.Mai 19, Franz.Polyn./Tuamotu/Insel Hao/d’Otepa, Tag 1824, 17.889 sm von HH

„Biep-biep-biep“, leise äußert unser Gas-Warner seinen Unwillen. Ich bin allein an Bord. In der Zwischenzeit sind wir mit sechs Booten in der kleinen ‚Marina‘ und Achim hält ein Schwätzchen auf der anderen Seite des Hafens. Ich bin nicht beunruhigt. Achim hat mir mit einem Gasfeuerzeug demonstriert, dass Mikro-Mengen Gas ausreichen, um den Gaswarner zum Piepen zu bewegen. Ich drehe die Gasflasche ab und schließe das Ventil am Herd.
Es piept weiter. Riechen kann ich nichts.
Das Gepiepe nervt, also schalte ich einfach die Sicherung des Gaswarners aus. : mrgreen: Endlich Ruhe. Nach zwei Minuten schalte ich den Warner wieder ein. „BIEP-BIEP-BIEP„, gelt es mir entgegen. Huch, das klingt aber nicht mehr gut. Ich kontrolliere die Flasche. Die ist zu, wirklich zu. Aber warum bellt dann das Gerät wie verrückt? Riechen kann ich noch immer nichts.
Ich drücke erneut die Sicherung. Himmlische Ruhe. Was man nicht hört, kann nicht existieren. Dieser Selbstbetrug klappt nur bedingt. Vorsichtig schalte ich den Warner wieder ein: „BIEP-BIEP-BIEP„!
Jetzt werde ich entgegen aller Logik doch nervös. Ich setzte mich in Trab. Im Dauerlauf rüber auf die andere Seite, den Chef-Techniker holen. Der steht bei ein paar Amerikanern rum und sieht mich rennen. Ein seltener Anblick. „Sieht das nach etwas Ernsthaften aus?“, witzelt er mit Martin rum. Derweil fange ich an zu winken und zu rufen. Achim schwingt sich auf sein Rad und kommt mir entgegen. „Gas-Alarm“, brülle ich ihn an.

Natürlich schweigt der Gas-Warner als wir an Bord kommen. Achim wirft mir einen Blick zu. Ausschalten, einschalten. Ein verhaltenes Piepen ertönt. Ich bin rehabilitiert. Achim pustet in den Gas-Warner und bringt ihn so zum Verstummen… :roll:

Unsere Leitung von der Gasflasche zum Herd ist aus einem durchgehenden Edelstahlrohr. Der Verdacht fällt somit auf die Schlauch-Verbindung zum Herd. Achim baut den Herd aus. Heiliger Bimbam. Sehr eklig, was da zu Tage kommt. Ich bin eine schlechte Hausfrau, ein echtes Dreckschwein. Während der Techniker neue Schläuche installiert (was lapidar einfach klingt, ist eine Aktion von drei Stunden, weil natürlich nichts mal eben passt, Pressungen der Rohrleitung abgesägt werden müssen, danach zu kurz sind und daher vom Bodenbrett der Ausschnitt vergrößert werden muss), habe ich die Gelegenheit die Seiten vom Herd gründlich zu wienern.

Der neue Schlauch hat ein ‚best before 2021‘! Na bitte, geht doch.
Wenn wir an Bord sind, ist immer der Gaswarner an. Nachts drehen die Gasbuddel zu und wirklich jedes Mal, wenn wir das Schiff verlassen. Eine gute Angewohnheit, wie sich heute gezeigt hat.