Monat: Juni 2015

Durch die südöstliche Ägäis: Von der Türkei nach Kreta. Und: Meinnächstes Buchprojekt.

Eines ist sie ganz bestimmt, die östliche Ägäis: Ein Ort, an dem man allein sein kann.

Schon auf meiner ersten Reise von München nach Antalya im vergangenen Sommer schrieb ich über die Schönheit und Abgelegenheit dieser Landschaft. Amorgos, Levitha, Kynaros: Inseln, die mir in den Wellen so verlassen schienen, dass ich sie durchsegelte mit dem Gefühl, hier nur ein Störenfried zu sein. Es war, als hätten LEVJE und ich einen Garten betreten, der nicht für uns geschaffen war, einen Ort, an dem ich kleines Menschlein und auch jeder andere Mensch einfach nur eine jahrtausende alte Ordnung störte. 

Die südöstliche Ägäis: was ist das eigentlich?

In der rechten oberen Ecke der Karte das türkische Festland, von wo ich mit lEVJE vor einer Woche startete. Dann – im Uhrzeigersinn nach links unten: Symi. Rhodos mit den rechts vorgelagerten Inselgruppe von Chalki und Alimia. 

Das langgestreckte Karpathos. 

Amathia. Kasos. 

Und links von dem roten Pfeil, der die Position von LEVJE und mir genau in diesem Augenblick auf dem knapp 40 Seemeilen langen Schlag über das offene Meer markiert: Kreta, mein Ziel, dessen Ostküste ich heute Abend erreichen werde.

 

Wie eine Kette von Trittsteinen liegen die Inseln der südöstlichen Ägäis aneinander. Und Trittsteine waren und sind sie tatsächlich. Keine Insel ist von der anderen viel weiter als 30 Seemeilen entfernt. Auch mit einem Boot, das langsamer ist als LEVJE, etwa einem dickbauchigen minoischen Frachtsegler, wie sie vor über 3.500 Jahren voller Amphoren, Kupfer und Zinn auf dieser Strecke segelten, ist das genau eine Tagesreise von Insel zu Insel. Auch dies ist ein uralter Handelsweg: Als ich in der Bucht von Seskli, von wo beide Fotos dieses Posts stammen, um LEVJE herum schnorchelte, war der Meeresboden unter LEVJE übersäht von großen Amphorentrümmern. Vermutlich ein ebensolcher dickbauchiger Frachter, vielleicht minoisch, vielleicht 1.500 Jahre jünger und römisch, wer mag das schon sagen, der mit seiner Ladung dort gesunken ist. Nur zwei Küsten auf diesem uralten Handelsweg fehlen in der Karte: die in das Gewebe des Handelsnetzes der Antike unbedingt hinein gehören: Das östliche Ende des Mittelmeers mit Syrien, dem Libanon und Israel, von wo die Phönizier kamen. Und das Land der Ägypter.

Meine Reise begann auf dem türkischen Festland, nördlich von Rhodos: in Marmaris. Dann hinüber nach Rhodos, in die Hauptstadt, die ganz im Norden liegt. Von dort segelte ich in einem Tagesschlag nach Symi – ich schrieb über die Insel.

 

Von Symi ein paar Stunden nach Seskli. Vom unbewohnten Seskli, wo nur ein paar Fischer netzeflickend auf ihren Booten die Abgeschiedenheit mit mir teilten, nach Chalki westlich Rhodos. In einem langen Schlag hinunter ganz in den Süden von Karpathos. Und von Karpathos heute nach Kreta.

Von jedem dieser Orte werde ich in den nächsten Tagen und Wochen berichten. Und wenn alles gut geht: der Wind immer aus der richtigen Richtung weht und der Meltemi wie jetzt gerade in diesem Augenblick LEVJE mit sechseinhalb Knoten übers Meer treibt: wenn ich so fleißig bin, wie ich gerne sein möchte: Dann wird dies ein kleiner Teil meines nächsten Buches werden, das im Herbst erscheinen soll mit dem Titel: DIE VERGESSENEN INSELN.

Die vergessenen Inseln: Symi. Und eine deutsche Geschichte.

Vom lärmenden Marmaris sind es nur ein paar Stunden mit dem Segelboot zur griechischen Insel Symi. Symi liegt, ähnlich wie alle Inseln an der türkischen Süd- und Westküste, nur zwei, drei Seemeilen vom türkischen Festland entfernt. Und doch erinnert den, der den Hauptort von Symi anläuft, außer ein paar Motoryachten wohlhabender türkischer Unternehmer nichts, aber auch gar nichts daran, dass er sich nur einen Steinwurf weit von der Türkei und von Asien entfernt befindet. Der Euro ist plötzlich wieder Zahlungsmittel und nicht die türkische Lira. Der Supermarkt bietet plötzlich wieder Schinken, Speck und Bratwürste an. Und das Glöcklein des kleinen Klosters oben am Berg ruft mehrmals täglich hektisch und schrill zum Gebet, wo vorher aus Lautsprechern das „Allahu akbar“ des Muezzins erklang.

Symi war Anfang des letzten Jahrhunderts Zentrum der Schwammtaucherei, ein mühsames und oftmals tödliches Geschäft. Die Taucheranzüge waren einfach und schwer, die Luftversorgung über den Kugelhelm mehr schlecht als recht. Und doch lebte der Ort gut davon, auch als die Italiener 1912 in einem Vorgeplänkel zum ersten Weltkrieg der Türkei mir nichts, dir nichts den Krieg erklärten und dem in Agonie liegenden osmanischen Reich einfach die Inseln vor seiner Festlandsküste wegnahm. Auf Symi war ab 1912 Amtsprache Italienisch, wie auch die kleine Stadtansicht oben zeigt.

Als es mit der Schwammtaucherei zu Ende ging, wanderten viele Familien von den Schwammtaucher-Insel aus. Meist nach Amerika, wo sich die Nachfahren der Schwammtaucher bevorzugt in Florida niederließen, in einem Ort namens „Tarpoon Springs“ und dort ihr Glück machten.

Heute lebt Symit mit und von den Touristen. Symi hat so gar nichts gemein mit dem Pauschaltourismus, der sich an der türkischen Küste zwischen Bodrum und Marmaris drängelt. Ein Ort, der nur im Sommer mit der Fähre zu erreichen ist für die wenigen. Symi ist Modell für den gelungenen Wandel: Kleine nette Hotels, edle Bars, nette Schuhgeschäfte. Ein gehobener Individual-Tourismus, klug und mit EU Fördermitteln realisiert, bringt im Sommer Geld an die Kais von Symi. Selbst die Fischer, der wendigste Berufsstand am Meer in dessen jahrtausendealter Geschichte, haben die Zeichen der Zeit begriffen und jagen nicht mehr tumber Dorade oder schlauem Wolfsbrasch nach. Nein: mit ihren Reusen gehen Sie auf Shrimpsfang. Ein einträgliches Geschäft. Der Fischer, zu dessen blauem Kahn ich heute morgen in der Bucht hinüberschwamm und der in der einsamen Bucht im Zelt kampiert, bot mir das Kilo Symi-Shrimps, frisch vom Boot für 25 Euro an. 

Am Morgen gehe ich zum Bäcker. Aber wieder einmal hat Blaise Pascal Recht: „Die Abenteuer beginnen, wenn wir unser Zuhause verlassen“. Denn während ich mich im Gassengewirr am Hafen nach einem Bäcker umsehe, sehe ich plötzlich das da:

Am Straßenrand liegen vier Kanonenrohren aus der Zeit der Türkenkriege, wer weiß, ob von Türken oder Venezianern gegossen. Und dazwischen, blank und schwarz, ein deutsches Geschützrohr aus dem II. Weltkrieg: Das Rohr eines 8,8cm Geschützes, eine schreckliche Waffe, die in der Perfektion ihrer industriellen Fertigung den Krieg unnötig verlängerte und unzählige Leben kostete.

Und während ich den Bäcker Bäcker sein lasse und frisches Brot mir von einem Moment auf den anderen Wurst ist, während ich darüber nachsinne, wie dieses Geschützrohr 2.000 Kilometer von Deutschland entfernt an die türkisch-griechische Grenze kommt, wird mir klar, dass ich vor dem hiesigen Museum stehe. Ein kleines, bunt bemaltes Haus mit steilen Stiegen, dessen Türen noch verschlossen sind. Eine Frau mit ihrem zehnjährigen Sohn kommt plötzlich aus dem Gebäude, es ist ihr Museum, dessen Türen sie für mich öffnen. Und in der Kühle des Museums finde ich an diesem Vormittag zwischen Wehrmachts-Essgeschirr und anderen Utensilien das folgende Foto:

Es zeigt einen untersetzten Mann in Wehrmachts-Uniform, die Hand nachlässig zum Hitler-Gruß erhoben, mit trotziger Miene. Der Mann ist eben von einem Kriegsschiff auf ein feindliches übergestiegen. Er steht vor zwei englischen Offizieren, einem der Royal Navy und einem der Army, die beide mit der selbstbewußten Geste des untersetzten Mannes nichts anzufangen wissen.

Der Mann in der Wehrmachts-Uniform ist Otto Wagener. Und seine Geschichte ist eine deutsche Geschichte, und sie hat mit Symi zu tun. Otto Wagener wird im Dreikaiserjahr 1888 in Durlach bei Karlsruhe geboren und besucht, nicht unüblich für einen Industriellensohn, die Kadettenschule. Die militärische Laufbahn ist vorgezeichnet, im I. Weltkrieg dient Wagener als Kompanieführer in Belgien und Frankreich. Glaubt man Wikipedia, das Wageners Karriere detailliert wiedergibt, dann scheidet Wagener noch vor Kriegsende aus dem Armeedienst aus – „ohne besondere Anerkennnung“ – und engagiert sich nach Kriegsende bei den Freikorps, einem Sammelbecken rechter Gesinnung. Bis in die Mitte der Zwanziger Jahre hinein besucht er Vorlesungen in Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Karlsruhe und Würzburg, wo er an der Universität den Ehrendoktor erhält. Ab 1929 ist Wagener in der SA aktiv und tritt am 1. Oktober 1929 mit der Mitgleidsnummer 152.203 in die NSDAP ein. Rasch steigt Otto Wagener in die Reichsleitung der NSDAP auf. Er ist Wirtschaftsfachmann von Herkunft und Ausbildung, von August bis Dezember 1930 führt er die SA als oberster SA-Führer.

Im April 1933, wenige Monate nach dem Machtantritt Hitlers, übernimmt Wagener das „Wirtschaftspolitische Hauptamt der NSDAP“, er sieht sich bereits als Wirtschaftsminister Hitlers. Doch Wagener überspannt den Bogen – der ehrgeizige Plan platzt. Hermann Göhring weist mithilfe abgehörter Telefonate dem Führer nach, wie Wagener allzu sehr an Strippen zog, um sein Karriereziel zu erreichen. Hämisch notiert Joseph Goebbels Ende Juni 1933 in sein Tagebuch:

„Bei Hitler [gewesen]…Dicke Luft. Wagner [ein Schreibfehler Goebbels‘ ] hat an den Chef [Adolf Hitler] Telegramme geschickt. Will Wirtschaftsminister werden. Chef wütend… Wagners [sic] dummes Gesicht…“

Noch am selben Tag verliert Otto Wagener alle seine Ämter und verschwindet in der Versenkung. Während des Röhm-Putsches wird er interniert und entgeht nur aufgrund eines Versehens der geplanten Erschießung. 1937 bewirbt sich Wagener dann erneut um Aufnahme in die SA. 

Den II. Weltkrieg erlebt Wagener zunächst in untergeordneten Positionen. Im Herbst 1943 wechselte Italien, ehedem Verbündeter Hitler Deutschlands, auf die Seite der Alliierten. Und Otto Wagener, Kommandeur des Sicherungsregiments 111, steigt im April 1944 zum „Oberkommandeur Ägäis Ost“ auf. Auf den seit dem italienisch-türkischen Krieg 1912 von Italien besetzten Inseln werden nun deutsche Truppen stationiert, Italiener als Kriegsgefangene interniert. Otto Wagener schlägt sein Haptquartier in Rhodos auf. Unter seinem Kommando stehen etwa 6.000 Soldaten, verteilt über die Inseln der östlichen Ägäis, darunter auch das „Strafbataillon  999“, dem Heinz Konsalik in seinem Bestseller-Roman aus den 70ern ein Denkmal setzte. Wagener läßt das KZ Kallithea auf Rhodos errichten, sorgt für die Deportation von Juden nach Auschwitz-Birkenau, ordnet Erschießungen italienischer Kriegsgefangener an.

Aufgrund alliierter Bombardements von Rhodos verlegt Otto Wagener in den letzten Kriegswochen sein Hauptquartier von Rhodos nach Symi, in den Hauptort der Insel. Ein großer Teil der Stadt wird nach der Verlegung ebenfalls von Alliierten bombadiert und zerstört. Symi leidet. Am 8. Mai 1945 unterschreibt der untersetzte Mann dort in Symi in einem Haus am Hafen die Kapitulation der deutschen Truppen in der Ost-Ägäis. Und übergibt die Inseln an die Engländer. Zwei Jahre später wird Symi nach jahrhundertelanger Zugehörigkeit zum osmanischen Reich, zu Italien und deutscher Besatzung dann griechisch.

Das Haus, in dem Otto Wagener die Kapitulation unterschrieb, steht heute noch in Symi am Hafen. Es beherbergt im ersten Stock eine Galerie und im Erdgeschoß ein Restaurant. Wo man, wenn man Glück hat, auch Symi-Shrimps essen kann.

Otto Wagener aber starb am 9. August 1971 im oberbayrischen Chieming, am Ostufer des Chiemsees. Allerdings nicht, ohne ein Buch zu hinterlassen: „Hitler aus nächster Nähe. Aufzeichnungen eines Vertrauten 1929-1932“, das posthum 1978 von dem britischen Historiker Henry Ashby Turner bei Ullstein in Berlin herausgegeben wurde.

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Die vergessenen Inseln: Symi. Und eine deutsche Geschichte.

Vom lärmenden Marmaris sind es nur ein paar Stunden mit dem Segelboot zur griechischen Insel Symi. Symi liegt, ähnlich wie alle Inseln an der türkischen Süd- und Westküste, nur zwei, drei Seemeilen vom türkischen Festland entfernt. Und doch erinnert den, der den Hauptort von Symi anläuft, außer ein paar Motoryachten wohlhabender türkischer Unternehmer nichts, aber auch gar nichts daran, dass er sich nur einen Steinwurf weit von der Türkei und von Asien entfernt befindet. Der Euro ist plötzlich wieder Zahlungsmittel und nicht die türkische Lira. Der Supermarkt bietet plötzlich wieder Schinken, Speck und Bratwürste an. Und das Glöcklein des kleinen Klosters oben am Berg ruft mehrmals täglich hektisch und schrill zum Gebet, wo vorher aus Lautsprechern „Allahu ekber“ des Muezzins erklang.

Symi war Anfang des letzten Jahrhunderts Zentrum der Schwammtaucherei, ein mühsames und oftmals tödliches Geschäft. Die Taucheranzüge waren einfach und schwer, die Luftversorgung über den Kugelhelm mehr schlecht als recht. Und doch lebte der Ort gut davon, auch als die Italiener 1912 in einem Vorgeplänkel zum ersten Weltkrieg der Türkei mir nichts, dir nichts den Krieg erklärten und dem in Agonie liegenden osmanischen Reich einfach die Inseln vor seiner Festlandsküste wegnahm. Auf Symi war ab 1912 Amtsprache Italienisch, wie auch die kleine Stadtansicht oben zeigt.

Als es mit der Schwammtaucherei zu Ende ging, wanderten viele Familien von den Schwammtaucher-Insel aus. Meist nach Amerika, wo sich die Nachfahren der Schwammtaucher bevorzugt in Florida niederließen, in einem Ort namens „Tarpoon Springs“ und dort ihr Glück machten.

Heute lebt Symit mit und von den Touristen. Symi hat so gar nichts gemein mit dem Pauschaltourismus, der sich an der türkischen Küste zwischen Bodrum und Marmaris drängelt. Ein Ort, der nur im Sommer mit der Fähre zu erreichen ist für die wenigen. Symi ist Modell für den gelungenen Wandel: Kleine nette Hotels, edle Bars, nette Schuhgeschäfte. Ein gehobener Individual-Tourismus, klug und mit EU Fördermitteln realisiert, bringt im Sommer Geld an die Kais von Symi. Selbst die Fischer, der wendigste Berufsstand am Meer in dessen jahrtausendealter Geschichte, haben die Zeichen der Zeit begriffen und jagen nicht mehr tumber Dorade oder schlauem Wolfsbrasch nach. Nein: mit ihren Reusen gehen Sie auf Shrimpsfang. Ein einträgliches Geschäft. Der Fischer, zu dessen blauem Kahn ich heute morgen in der Bucht hinüberschwamm und der in der einsamen Bucht im Zelt kampiert, bot mir das Kilo Symi-Shrimps, frisch vom Boot, für 25 Euro an. 

Nein, da gehe ich dann lieber am Morgen zum Bäcker. Aber wieder einmal hat Blaise Pascal Recht: „Die Abenteuer beginnen, wenn wir unser Zuhause verlassen“. Denn während ich mich im Gassengweirr am Hafen nach einem Bäcker umsehe, sehe ich plötzlich das da:

Am Straßenrand liegen vier Kanonenrohren aus der Zeit der Türkenkriege, wer weiß, ob von Türken oder Venezianern gegossen. Und dazwischen, blank und schwarz, ein deutsches Geschützrohr aus dem II. Weltkrieg: Das Rohr eines 8,8cm Geschützes, eine schreckliche Waffe, die in der Perfektion ihrer industriellen Fertigung den Krieg unnötig Weise verlängerte und unzählige Leben kostete.

Und während ich den Bäcker Bäcker sein lasse und frisches Brot mir von einem Moment auf den anderen Wurst ist, während ich darüber nachsinne, wie dieses Geschützrohr 2.000 Kilometer von Deutschland entfernt an die türkisch-griechische Grenze kommt, wird mir klar, dass ich vor dem hiesigen Museum stehe. Ein kleines, bunt bemaltes mit steilen Stiegen, dessen Türen noch verschlossen sind. Eine Frau mit ihrem zehnjährigen Sohn kommen plötzlich aus dem Gebäude, es ist ihr Museum, dessen Türen sie für mich öffnen. Und in der Kühle des Museums finde ich an diesem Vormittag zwischen Wehrmachts-Eßgeschirr und anderen Utensilien das folgende Foto:

Es zeigt einen untersetzten Mann in Wehrmachts-Uniform, die Hand nachlässig zum Hitler-Gruß erhoben. Der Mann ist eben von einem Kriegsschiff auf ein feindliches übergestiegen. Er steht vor zwei englischen Offizieren, einem der Royal Navy und einem der Army, die beide mit der selbstbewußten Geste des untersetzten Mannes nichts anzufangen wissen.

Der Mann in der Wehrmachts-Uniform ist Otto Wagener. Und seine Geschichte ist eine deutsche Geschichte, und sie hat mit Symi zu tun. Otto Wagener wurde im Dreikaiserjahr 1988 in Durlach bei Karlsruhe geboren und besuchte, nicht unüblich für einen Industriellensohn, die Kadettenschule. Die militärische Laufbahn war vorgezeichnet, im I. Weltkrieg diente Wagener als Kompanieführer in Belgien und Frankreich. Glaubt man Wikipedia, das Wageners Karriere idetailliert widergibt, dann schied  Wagener noch vor Kriegsende aus dem Armeedienst aus – „ohne besondere Anerkennnung“ – und engagierte sich nach Kriegsende bei den Freikorps, einem Sammelbecken rechter Gesinnung. Bis in die Mitte der Zwanziger Jahre hineinbesucht er Vorlesungen in Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Karlsruhe und Würzburg, wo er an der Universität den Ehrendoktor erhält. Ab 1929 ist Wagener in der SA aktiv und tritt am 1. Oktober 1929 mit der Mitgleidsnummer 152.203 in die NSDAP ein. Rasch steigt Otto Wagener in die Reichsleitung der NSDAP auf. Er ist Wirtschaftsfachmann von Herkunft und Ausbildung, von August bis Dezember 1930 führt er die SA als oberster SA-Führer.

Im April 1933, wenige Monate nach dem Machtantritt Hitlers, übernimmt Wagener das „Wirtschaftspolitische Hauptamt der NSDAP“, er sieht sich bereits als Wirtschaftsminister Hitlers. Doch Wagener überspannt den Bogen – der ehrgeizige Plan platzt. Hermann Göhring weist mithilfe abgehörter Telefonate dem Führer nach, wie Wagener allzu sehr an Strippen zog, um sein Karriereziel zu erreichen. Hämisch notiert Joseph Goebbels Ende Juni 1933 in sein Tagebuch:

„Bei Hitler [gewesen]…Dicke Luft. Wagner [sic!] hat an den Chef [Adolf Hitler] Telegramme geschickt. Will Wirtschaftsminister werden. Chef wütend… Wagners [sic] dummes Gesicht…“

Noch am selben Tag verliert Otto Wagener alle seine Ämter und verschwindet in der Versenkung. Während des Röhm-Putsches wurde er interniert und entging nur aufgrund eines Versehens der geplanten Erschießung. 1937 bewarb sich Wagener dann erneut um Aufnahme in die SA. 

Den II. Weltkrieg erlebte Wagener zunächst in untergeordneten Positionen. Im Herbst 1943 wechselte Italien, ehedem Verbündeter Hitler Deutschlands, auf die Seite der Alliierten. Und Otto Wagener, Kommandeur des Sicherungsregiments 111, stieg im April 1944 zum „Oberkommandeur Ägäis Ost“ auf. Auf den seit dem itaiienisch-türkischen Krieg 1912 von Italien besetzten Inseln wurden nun deutsche Truppen stationiert, Italiener als Kriegsgefangene interniert. Otto Wagener schlug sein Haptquartier in Rhodos auf. Unter seinem Kommando standen etwa 6.000 Soldaten, verteilt über die Inseln der östlichen Ägäis, darunter auch das „Strafbataillon  999“, dem Heinz Konsalik in seinem Bestseller-Roman aus den 70ern ein Denkmal setzte. Wagener ließ das KZ Kallithea auf Rhodos errichten, sorgte für die Deportation von Juden nach Auschwitz-Birkenau, ordnete Erschießungen italienischer Kriegsgefangener an.

Aufgrund allierter Bombardements von Rhodos verlegte Otto Wagener in den letzten Kriegswochen sein Hauptquartier von Rhodos nach Symi, in den Hauptort der Insel. Ein großer Teil der Stadt wurde nach der verlegung ebenfalls von Alliierten bombadiert und zerstört. Symi litt. Am 8. Mai 1945 unterschrieb der untersetzte Mann dort in Symi in einem Haus am Hafen die Kapitulation der deutschen Truppen in der Ost-Ägäis. Und übergab die Inseln den Engländern..

Das Haus, in dem Otto Wagener die Kapitulation unterschrieb, steht heute noch in Symi am Hafen. Es beherbergt im ersten Stock eine Galerie und im Erdgeschoß ein Restaurant. Wo man, wenn man Glück hat, auch Symi-Shrimps essen kann.

Otto Wagener aber starb am 9. August 1971 im oberbayrischen Chieming, am Ostufer des Chiemsees. Allerdings nicht, ohne ein Buch zu hinterlassen: „Hitler aus nächster Nähe. Aufzeichnungen eines Vertrauten 1929-1932“, das posthum 1978 von dem britischen Historiker Henry Ashby Turner bei Ullstein in Berlin herausgegeben wurde.

Der Mensch und seine Sachen: Was ist eigentlich die richtige Matratze für mich? Oder: Vicdan und Halil, Yachtpolsterer inMarmaris.

Schon lange sinne ich einer Frage von einigem Gewicht nach: Was ist eigentlich die richtige Matratze für mich? Wer sich einmal an Land mit dieser Frage ernsthaft beschäftigt hat und mit ihr beim Matratzenhändler seiner Wahl aufschlug, der weiß aus leidvoller Erfahrung zweierlei: Mit zunehmenden Alter von Mensch und Matratze hat diese Frage nicht nur Gewicht. Sie wird buchstäblich drückend. Und mit dem nackten Einsatz von Geld ist sie auch nicht zu lösen.

Zwar besitzt meine LEVJE vom Typ DEHLER 31 hervorragende Matratzen, die meine matratzenkritische Katrin und mich jederzeit begeisterten: aber in den langen Nächten im Winter in südtürkischen Finike war doch nicht zu übersehen: dass ich durch den Schaumstoff hindurch die hölzerne Unterlage spürte. Zeit also, die leidige Matratzenfrage einer Lösung zuzuführen. Und welcher Ort eignet sich dafür besser als das schöne Marmaris?

Eigentlich ist Marmaris ja eine Stadt mit zwei Gesichtern: Des Nachts die Ausgeburt der Hölle, was den Lärm angeht, der aus der Bar-Street quillt: eine Kakophonie von zusammengerechnet 19 Oktoberfesten, 13 Hard-Rock- und Techno-Konzerten. Ein unqualifizierter Lärmbrei, zusammengerührt aus Technogewummer und orgiastischen Männerschreien, ein ohrenschmerzender Lärmmüll, in dem man noch drei Kilometer entfernt in der kleinen Marina wachliegt und vergeblich nach brauchbaren Trümmern irgendeines Lieblings-Songs stochert. Nichts da. Nur eckelfarbene Lärmschmiere, die außen und innen um meine LEVJE wabert, als wäre selbst LEVJE nichts anderes als eine Lautsprecherbox. Tagsüber aber zeigt Marmaris dem Segler ein ganz anderes, ein freundliches, ja geradezu begeisterndes Gesicht: Die Marina brummt und summt vor lauter Ausbesserungsarbeiten, es geht zu wie in Patrick O’Brian’s JACK AUBREY-Romanen, wenn der Held sich auf die Suche nach neuen Spieren und 12-Pfündern für seine SOPHIE macht. Da reiht sich Ausrüstungsladen an Ausrüstungsladen, blinkende Edelstahlteile lassen mein Herz höher schlagen und supertolle Ankerwinschen im Schaufenster. Neue Spielsachen für LEVJE gäbe es da zuhauf, die Jagdsaison von einem zum anderen Laden ist eröffnet. Und auch ein YANMAR-Händler ist da, der meine Seewasserpumpe für LEVJE um sagenhafte 250 EURO günstiger anbietet als der stets freundliche Händler vom Bodensee, der schlappe 1.050 EURO für das etwa faustgroße Teil von mir will. Marmaris: ein Paradies. Selbst die Türken sagen, dass es keinen Ort gibt, an dem man ein Schiff besser überholen lassen kann und mehr Teile fände als hier in Marmaris. Und mittendrin im Paradies, nur wenige Schritte von dort, wo nachts der Lärmbrei aus den Häusern zum Himmel quillt: treffe ich auf Vicdan und Halil, von Beruf „döseme“: ehrbare Yachtpolsterer.



Vicdan und Halil betreiben ihre Yachtpolsterei nun schon seit zehn Jahren. Und als ich mit meinem Kummer unter dem Arm in Form von LEVJEs Matratze vor Ihnen stehe, wissen Sie auch irgendwie gleich, wie es jetzt weitergeht. Vicdan, die fürs Reden und Übersetzen im Betrieb zuständig ist, breitet gleich vor mir aus, was es da an Sachen gibt. LATEX-Matratzen. Schaumstoff-Matratzen. Schaumstoff-Matratzen mit extra weichem 3cm-Schaumstoff oben drauf. „Eigentlich“ sagt Vicdan, „sind Matratzen nach zehn Jahren am Ende und sollten ausgetauscht werden. Aber das macht eigentlich niemand.“ Aus ihrem zarten Englisch ragt das deutsche Wort „kaputt“, das sie verwendet, heraus wie ein Fels, vor dem mein  Gewissen ganz kleinlaut steht, weil LEVJE’s Matratzen nun wirklich älter als zehn Jahre sind. Aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und gerade auf dem Boot ist die Methode „lieber alt und wissen was man hat als neu und nur vermeintlich problemlos“ nicht die schlechteste.

Da ich gerne hart schlafe, entscheide ich mich nach Probeliegen für die Schaumstoff-Matratze. Die ohne Softie-Dingsbums obendrauf. „Männer halt“, wie meine reizende Freundin Susanne ob meiner Begeisterung für Ankerwinschen und derlei seufzend wenige Minuten vorher ausstieß. Wobei ihr Seufzen schon einen wahren Kern hat: Denn das mit dem „Probeliegen“ ist ja schon ein tückisches Ding, und das nicht nur in der Türkei: Ist das, was man eben beim Liegen als „angenehm hart“ empfand, auch heute Nacht kurz nach halb vier immer noch angenehm? Kann ich denn jetzt schon sagen, wo es heute Nacht drücken, zwicken wird? Wo meine Wirbel knacken werden? Nein, Probeliegen ist echt nur ein Placebo. Trotzdem: lieber zu hart als zu weich. 

Also macht sich Halil mit seinem Heißschneider flugs ans Werk, um meine Matratze zuzuschneiden. Es macht Spaß, ihm bei der Arbeit zuzuschauen, und es geht auch verflixt schnell. Als Halil fertig ist, bin ich so verzückt vom Ergebnis: dass ich beschließe, schnell noch in die Marine zurückzufahren und auch Katrin’s Matratze zu erneuern. Rapszaps.

Und so kam LEVJE an diesem Nachmittag zu zwei neuen Matratzen. Herzhaft freute ich mich auf die Nacht. Aber es kam, wie es kommen musste: Irgendwann wurde es auf LEVJE morgens halb vier. Umhüllt vom zähen Lärmbrei, der aus der Kilometer entfernten Bar Street an der Netsel Marina herüberdrang und mir Ohren, Mund und Nase verklebte, Umsummt von Myriaden von Mücken fühlte sich die Matratze plötzlich – hart an. Sehr hart. Sehr sehr hart. Mit eiskalter Klarheit schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass Katrin nie, nie wieder LEVJE betreten würde, wenn sie auf dieser Matratze schlafen müsste. Also trabte ich schon am frühen Morgen wieder in die Stadt, die zweite Matratze unterm Arm, und betrat mit sorgenvoller Miene Vicdan und Halil’s Laden am Fluß. Aber wie man aus der Literatur weiß: ist einem richtigen Yachtpolsterer kein menschlicher Kummer fremd. Und so fanden die beiden eine Lösung. 

Ich aber werde weiter auf meiner neuen Matratze schlafen. Erstens ist ja nicht nur die hart. Ich bin es auch. Und zweitens kündigte die gute Vicdan an: dass meine Matratze ja schon bald, bald weicher werden würde. Nämlich in etwa drei Jahren.

Mal sehen, wer eher nachgibt.

Und wer jetzt Appetit auf neue Matratzen bekommen hat: die Firma von Vicdan und Halil heißt AKTIF DÖSEME und ist nur wenige Schritte von der Netsel Marina entfernt: Einfach am MIGROS MARKT den Fluß und über die zweite Brücke nach links aufs andere Ufer. Oder hier auf  die Website von Vicdan & Halil. Die beiden sind echt nett und betreiben ihr Geschäft schon über zehn Jahre. Und da sie pro Jahr etwa für 200 Yachten tätig sind, macht das in zehn Jahren ….

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Der Mensch und seine Sachen: Was ist eigentlich die richtige Matratze für mich? Oder: Vicdan und Halil, Yachtpolsterer inMarmaris.

Schon lange sinne ich einer Frage von einigem Gewicht nach: Was ist eigentlich die richtige Matratze für mich? Wer sich einmal an Land mit dieser Frage ernsthaft beschäftigt hat und mit ihr beim Matratzenhändler seiner Wahl aufschlug, der weiß aus leidvoller Erfahrung zweierlei: Mit zunehmenden Alter von Mensch und Matratze hat diese Frage nicht nur Gewicht. Sie wird buchstäblich drückend. Und mit dem nackten Einsatz von Geld ist sie auch nicht zu lösen.

Zwar besitzt meine LEVJE vom Typ DEHLER 31 hervorragende Matratzen, die meine matratzenkritische Katrin und mich jederzeit begeisterten: aber in den langen Nächten im Winter in südtürkischen Finike war doch nicht zu übersehen: dass ich durch den Schaumstoff hindurch die hölzerne Unterlage spürte. Zeit also, die leidige Matratzenfrage einer Lösung zuzuführen. Und welcher Ort eignet sich dafür besser als das schöne Marmaris?

 

 

Eigentlich ist Marmaris ja eine Stadt mit zwei Gesichtern: Des Nachts die Ausgeburt der Hölle, was den Lärm angeht, der aus der Bar-Street quillt: eine Kakophonie von zusammengerechnet 19 Oktoberfesten, 13 Hard-Rock- und Techno-Konzerten. Ein unqualifizierter Lärmbrei, zusammengerührt aus Technogewummer und orgiastischen Männerschreien, ein ohrenschmerzender Lärmmüll, in dem man noch drei Kilometer entfernt in der kleinen Marina wachliegt und vergeblich nach brauchbaren Trümmern irgendeines Lieblings-Songs stochert. Nichts da. Nur eckelfarbene Lärmschmiere, die außen und innen um meine LEVJE wabert, als wäre selbst LEVJE nichts anderes als eine Lautsprecherbox. Tagsüber aber zeigt Marmaris dem Segler ein ganz anderes, ein freundliches, ja geradezu begeisterndes Gesicht: Die Marina brummt und summt vor lauter Ausbesserungsarbeiten, es geht zu wie in Patrick O’Brian’s JACK AUBREY-Romanen, wenn der Held sich auf die Suche nach neuen Spieren und 12-Pfündern für seine SOPHIE macht. Da reiht sich Ausrüstungsladen an Ausrüstungsladen, blinkende Edelstahlteile lassen mein Herz höher schlagen und supertolle Ankerwinschen im Schaufenster. Neue Spielsachen für LEVJE gäbe es da zuhauf, die Jagdsaison von einem zum anderen Laden ist eröffnet. Und auch ein YANMAR-Händler ist da, der meine Seewasserpumpe für LEVJE um sagenhafte 250 EURO günstiger anbietet als der stets freundliche Händler vom Bodensee, der schlappe 1.050 EURO für das etwa faustgroße Teil von mir will. Marmaris: ein Paradies. Selbst die Türken sagen, dass es keinen Ort gibt, an dem man ein Schiff besser überholen lassen kann und mehr Teile fände als hier in Marmaris. Und mittendrin im Paradies, nur wenige Schritte von dort, wo nachts der Lärmbrei aus den Häusern zum Himmel quillt: treffe ich auf Vicdan und Halil, von Beruf „döseme“: ehrbare Yachtpolsterer.


 
Vicdan und Halil betreiben ihre Yachtpolsterei nun schon seit zehn Jahren. Und als ich mit meinem Kummer unter dem Arm in Form von LEVJEs Matratze vor Ihnen stehe, wissen Sie auch irgendwie gleich, wie es jetzt weitergeht. Vicdan, die fürs Reden und Übersetzen im Betrieb zuständig ist, breitet gleich vor mir aus, was es da an Sachen gibt. LATEX-Matratzen. Schaumstoff-Matratzen. Schaumstoff-Matratzen. Schaumstoff-Matratzen mit extra weichem 3cm-Schaumstoff oben drauf. „Eigentlich“ sagt Vicdan, „sind Matratzen nach zehn Jahren am Ende und sollten ausgetauscht werden. Aber das macht eigentlich niemand.“ Aus ihrem zarten Englisch ragt das deutsche Wort „kaputt“, das sie verwendet, heraus wie ein Fels, vor dem mein  Gewissen ganz kleinlaut steht, weil LEVJE’s Matratzen nun wirklich älter als zehn Jahre sind. Aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und gerade auf dem Boot ist die Methode „lieber alt und wissen was man hat als neu und nur vermeintlich problemlos“ nicht die schlechteste.
 

 

Da ich gerne hart schlafe, entscheide ich mich nach Probeliegen für die Schaumstoff-Matratze. Die ohne Softie-Dingsbums obendrauf. „Männer halt“, wie meine reizende Freundin Susanne ob meiner Begeisterung für Ankerwinschen und derlei seufzend wenige Minuten vorher ausstieß. Wobei ihr Seufzen schon einen wahren Kern hat: Denn das mit dem „Probeliegen“ ist ja schon ein tückisches Ding, und das nicht nur in der Türkei: Ist das, was man eben beim Liegen als „angenehm hart“ empfand, auch heute Nacht kurz nach halb vier immer noch angenehm? Kann ich denn jetzt schon sagen, wo es heute Nacht drücken, zwicken wird? Wo meine Wirbel knacken werden? Nein, Probeliegen ist echt nur ein Placebo. Trotzdem: lieber zu hart als zu weich. 
Also macht sich Halil mit seinem Heißschneider flugs ans Werk, um meine Matratze zuzuschneiden. Es macht Spaß, ihm bei der Arbeit zuzuschauen, und es geht auch verflixt schnell. Als Halil fertig ist, bin ich so verzückt vom Ergebnis: dass ich beschließe, schnell noch in die Marine zurückzufahren und auch Katrin’s Matratze zu erneuern. Rapszaps.
 

 

Und so kam LEVJE an diesem Nachmittag zu zwei neuen Matratzen. Herzhaft freute ich mich auf die Nacht. Aber es kam, wie es kommen musste: Irgendwann wurde es auf LEVJE morgens halb vier. Umhüllt vom zähen Lärmbrei, der aus der Kilometer entfernten Bar Street an der Netsel Marina herüberdrang und mir Ohren, Mund und Nase verklebte, Umsummt von Myriaden von Mücken fühlte sich die Matratze plötzlich – hart an. Sehr hart. Sehr sehr hart. Mit eiskalter Klarheit schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass Katrin nie, nie wieder LEVJE betreten würde, wenn sie auf dieser Matratze schlafen müsste. Also trabte ich schon am frühen Morgen wieder in die Stadt, die zweite Matratze unterm Arm, und betrat mit sorgenvoller Miene Vicdan und Halil’s Laden am Fluß. Aber wie man aus der Literatur weiß: ist einem richtigen Yachtpolsterer kein menschlicher Kummer fremd. Und so fanden die beiden eine Lösung. 
 
Ich aber werde weiter auf meiner neuen Matratze schlafen. Erstens ist ja nicht nur die hart. Ich bin es auch. Und zweitens kündigte die gute Vicdan an: dass meine Matratze ja schon bald, bald weicher werden würde. Nämlich in etwa drei Jahren.
 
Mal sehen, wer nachgibt.
 
Und wer jetzt Appetit auf neue Matratzen bekommen hat: die Firma von Vicdan und Halil heißt AKTIF DÖSEME und ist nur wenige Schritte von der Netsel Marina entfernt: Einfach am MIGROS MARKT den Fluß und über die zweite Brücke nach links aufs andere Ufer. Die beiden sind echt nett und betreiben ihr Geschäft schon über zehn Jahre. Und da sie pro Jahr etwa für 200 Yachten tätig sind, macht das in zehn Jahren ….

 

Spannung liegt in der Luft

Wir haben einen neuen Blogeintrag auf YACHT-Online geschrieben. Samt Video über unseren Schnorcheltripp in die James-Bond-Grotte auf Staniel Cay. HIER KLICKEN

Dort, wo die Schweine schwimmen …

Liebe Leser, Internet zu finden wird immer schwieriger. Und das ist auch gut so, denn es heißt, dass wir uns von der Zivilisation entfernen Gestern Nachmittag sind wir auf Staniel Cay angekommen, mitten in den Exuma Cays. Bekannt vor allem…

Die vergessenen Orte: Termessos. Der Dichter. Und der Tod auf dem Meer.



Natürlich fallen dem, der nach Termessos kommt, diese Zeilen ein. Und bleiben wie ein Ohrwurm, während man durch die Trümmer von Tempeln, Türmen, Toren schreitet:

„My name is Ozymandias, King of Kings.
Look on my works, ye mighty, and despair!“

„Seht, was ich schuf, Ihr Mächtigen, und verzweifelt!“ Der englische Romantiker Percy Bysshe Shelley schrieb dies um 1820 herum, als die tonnenschwere Kolossalstatue von Ramses II. London erreichte. Und zum allerersten Mal der Öffentlichkeit einer Industrienation präsentiert wurde, was vergangene Kulturen wie die Ägypter an Gewaltigem zu schaffen in der Lage waren. Kann es sein, dass es vor unserer Zeit Zivilisationen gab, die noch Perfekteres geschaffen hatten als wir? Von dem doch nur Trümmer blieben?

Wer die lange Bergstraße hinauf vom Meer auf über 1.000 Meter Höhe erklimmt und die Ruinen von Termessos erreicht, ist verblüfft. 

Eine einstmals perfekte Welt liegt da, in ihren Ausmaßen und ihrer Perfektion heute noch erkennbar, ahnbar. Ein Amphittheater liegt da, man blickt von der Höhe hinunter auf Antalya. Fast meint man, die Bewohner von Termessos hätten es hier errichtet, um hinunterspucken zu können auf die Stadt, die Attalos von Pergamon um 200 vor Christus gründete und die heute noch nach ihm heißt. Aber Attalos waren Sie nicht gram, die Termessier, er ist, glaubt man den alten Schriftstellern, einst in den Mauern von Termessos auf ihrer Prachtstraße, dem Königsweg geritten. Was nicht jedem vergönnt war. Alexander der Große zum Beispiel, dem lebenslang nur wenig an Zielerreichung versagt blieb. Der bei Belagerung von Termessos zwei Generäle verloren und danach das Unternehmen abgebrochen haben soll mit der Begründung:  „Ich lasse meine Armee nicht vor einem Adlernest verbluten.“

Termessos widerstand ihm, wie lange Jahrhunderte den Persern, die das Gebiet der heutigen Türkei um 600 vor fast vollständig unterworfen hatten. Termessos war uneinnehmbar: Auf einem Gebirgssattel liegend, ein lange besiedelter Platz. Termessos wurde nicht eben mal so erbaut. Vermutlich dauerte es es über ein Jahrtausend, bis die Stadt aus Stein mitten im Gebirge aussah wie zu ihrer Blütezeit kurz vor und nach Christi Leben. Eine Bergfestung, klug angelegt, gesichert durch Abgründe und Mauern, die heute noch stehen. Wasser, ohne das kein Leben möglich ist, sammelten die Termessier in riesigen Zisternen: Schluchten, Kavernen, die die Baumeister der Termessier oben am Abhang mit Gewölben überdachten. Und die heute noch vorhanden sind.

Termessos. Drei mächtige Schläge mit harter Faust auf einen Tisch. Teller scheppern. Gläser fallen um. Besteck liegt durcheinander. 
Was von Termessos heute noch übrig ist, sieht genaus so aus, als hätte dies stattgefunden: Eine Riesenfaust, die dreingeschlagen hat. Die Gebäude aus fugenlos zusammengesetzten Steinblöcken einknicken, mannshohe Säulen, meterdicke Steinquader einfach durcheinander purzeln ließ wie Bauklötze. Eine blühende Stadt, zerstört in einer handvoll Sekunden. Warum die prächtige Stadt danach aufgegeben, nicht wieder aufgegebaut wurde, ist unklar, ein Rätsel. Lauschen wir einfach weiter Shelley:

„Nothing beside remaines. Round the decay
of that colossal wreck, boundless and bare,
the lone and level sands stretch far away.“

Percy Bysshe Shelley, Dichter, Romantiker, schrieb diesen Zeilen. Er war 30 Jahre alt, als er mit seinem Boot vor dem toskanischen Archipel in einen Sturm geriet. Er starb am 8. Juli 1822 auf diesem Segeltörn vor Viareggio.

Die vergessenen Orte: Termessos. Der Dichter. Und der Tod auf dem Meer.



Natürlich fallen dem, der nach Termessos kommt, diese Zeilen ein. Und bleiben wie ein Ohrwurm, während man durch die Trümmer von Tempeln, Türmen, Toren schreitet:

„My name is Ozymandias, King of Kings.
Look on my works, ye mighty, and despair!“

„Seht, was ich schuf, Ihr Mächtigen, und verzweifelt!“ Der englische Romantiker Percy Bysshe Shelley schrieb dies um 1820 herum, als die tonnenschwere Kolossalstatue von Ramses II. London erreichte. Und zum allerersten Mal der Öffentlichkeit einer Industrienation präsentiert wurde, was vergangene Kulturen wie die Ägypter an Gewaltigem zu schaffen in der Lage waren. Kann es sein, dass es vor unserer Zeit Zivilisationen gab, die noch Perfekteres geschaffen hatten als wir? Von dem doch nur Trümmer blieben?

Wer die lange Bergstraße hinauf vom Meer auf über 1.000 Meter Höhe erklimmt und die Ruinen von Termessos erreicht, ist verblüfft. 

Eine einstmals perfekte Welt liegt da, in ihren Ausmaßen und ihrer Perfektion heute noch erkennbar, ahnbar. Ein Amphittheater liegt da, man blickt von der Höhe hinunter auf Antalya. Fast meint man, die Bewohner von Termessos hätten es hier errichtet, um hinunterspucken zu können auf die Stadt, die Attalos von Pergamon um 200 vor Christus gründete und die heute noch nach ihm heißt. Aber Attalos waren Sie nicht gram, die Termessier, er ist, glaubt man den alten Schriftstellern, einst in den Mauern von Termessos auf ihrer Prachtstraße, dem Königsweg geritten. Was nicht jedem vergönnt war. Alexander der Große zum Beispiel, dem lebenslang nur wenig an Zielerreichung versagt blieb. Der bei Belagerung von Termessos zwei Generäle verloren und danach das Unternehmen abgebrochen haben soll mit der Begründung:  „Ich lasse meine Armee nicht vor einem Adlernest verbluten.“

Termessos widerstand ihm, wie lange Jahrhunderte den Persern, die das Gebiet der heutigen Türkei um 600 vor fast vollständig unterworfen hatten. Termessos war uneinnehmbar: Auf einem Gebirgssattel liegend, ein lange besiedelter Platz. Termessos wurde nicht eben mal so erbaut. Vermutlich dauerte es es über ein Jahrtausend, bis die Stadt aus Stein mitten im Gebirge aussah wie zu ihrer Blütezeit kurz vor und nach Christi Leben. Eine Bergfestung, klug angelegt, gesichert durch Abgründe und Mauern, die heute noch stehen. Wasser, ohne das kein Leben möglich ist, sammelten die Termessier in riesigen Zisternen: Schluchten, Kavernen, die die Baumeister der Termessier oben am Abhang mit Gewölben überdachten. Und die heute noch vorhanden sind.

Termessos. Drei mächtige Schläge mit harter Faust auf einen Tisch. Teller scheppern. Gläser fallen um. Besteck liegt durcheinander. 
Was von Termessos heute noch übrig ist, sieht genaus so aus, als hätte dies stattgefunden: Eine Riesenfaust, die dreingeschlagen hat. Die Gebäude aus fugenlos zusammengesetzten Steinblöcken einknicken, mannshohe Säulen, meterdicke Steinquader einfach durcheinander purzeln ließ wie Bauklötze. Eine blühende Stadt, zerstört in einer handvoll Sekunden. Warum die prächtige Stadt danach aufgegeben, nicht wieder aufgegebaut wurde, ist unklar, ein Rätsel. Lauschen wir einfach weiter Shelley:

„Nothing beside remaines. Round the decay
of that colossal wreck, boundless and bare,
the lone and level sands stretch far away.“

Percy Bysshe Shelley, Dichter, Romantiker, schrieb diesen Zeilen. Er war 30 Jahre alt, als er mit seinem Boot vor dem toskanischen Archipel in einen Sturm geriet. Er starb am 8. Juli 1822 auf diesem Segeltörn vor Viareggio.

Tolles Segeln in den Bahamas

Liebe Leser, das Internet ist hier auf den Bahamas schwer zu finden. Dieser kurze Beitrag ist nur möglich, weil uns unsere Ankerplatz-Nachbarn von der deutschen Yacht “Salana” das Passwort für ihren Internet-Stick verraten haben Den nächsten richtigen Beitrag gibts wohl…