Seenotretter: Trauriges Jubiläum
Für die
Seenotretter an Bord der „Alfried Krupp“ ist der 25. Jahrestag des Unglücks ein
Tag, an dem sie innehalten. Doch auch an diesem Tag steht der Such- und
Rettungsdienst an erster Stelle: Wie stets sind vier Besatzungsmitglieder auf
ihrem Posten, wenn ein „Mayday“ reinkommt, um dann genauso selbstverständlich
und knapp wie alle Jahre „Wir kommen…“ zu antworten – bei jedem Wetter, rund um
die Uhr.
Das Unglück
der „Alfried Krupp“war eines der schwersten in der fast 155-jährigen
Geschichte der DGzRS. In der sehr stürmischen Nacht vom 1. auf den 2. Januar
1995 waren die Borkumer Seenotretter ausgelaufen, um sich an der Suche nach
einem Kollegen der DGzRS-Schwestergesellschaft Koninklijke Nederlandse Redding
Maatschappij (KNRM) zu beteiligen. Er war bei einem Einsatz für einen
manövrierunfähigen türkischen Frachter über Bord des Seenotrettungsbootes der
KNRM-Station Lauwersoog gegangen.
Auf dem
Rückweg von diesem Einsatz geriet die „Alfried Krupp“ westlich von Borkum gegen
22.14 Uhr in eine schwere Grundsee. Wie konstruktionsbedingt vorgesehen, richtete
sich der Seenotrettungskreuzer anschließend von selbst wieder auf. Maschinist
Theo Fischer (51) aus Ditzum war allerdings nicht mehr an Bord. Vormann
Bernhard Gruben (53) aus Neuharlingersiel hatte das Manöver im oberen Fahrstand
schwer verletzt überstanden. Die Rettungsmänner Diederich Vehn und Bernhard
Runde waren ebenfalls verletzt.
Die „Alfried
Krupp“ war manövrierunfähig und setzte selbst einen Notruf ab. Ihre Maschinen
hatten sich aus Sicherheitsgründen automatisch abgeschaltet. Der Mast war von der
Gewalt des Wassers abgeknickt, die Scheiben eingedrückt, Wasser ins Deckshaus
eingedrungen.
Ein Such- und
Rettungshubschrauber der Marine versuchte, die Seenotretter vom Vorschiff der
„Alfried Krupp“ abzubergen. Doch es gelang ihnen nicht, das rettende Seil mit
der Schlinge zu greifen. Vormann Gruben schickte seine Männer zurück ins
sichere Deckshaus. Ihn selbst riss eine weitere Sturzsee von Bord, die
plötzlich über dem Seenotrettungskreuzer zusammenbrach.
Dem
Norderneyer Seenotrettungskreuzer „Otto Schülke“ gelang es unter extremen
Bedingungen, die „Alfried Krupp“ auf den Haken zu nehmen und nach Eemshaven zu
schleppen. Drei Tage lang suchten mehrere DGzRS-Einheiten und andere Schiffe
nach den beiden vermissten Seenotrettern – vergeblich. Bernhard Grubens Leiche
wurde Ende Februar am Strand von Juist, die des Maschinisten Theo Fischer Mitte
August nördlich von Borkum geborgen.
Seit Gründung der DGzRS 1865 sind insgesamt 45 Seenotretter in Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen. Das Unglück der „Alfried Krupp“ hat eindrucksvoll gezeigt, dass der Mensch auch trotz modernster Technik zuweilen schwächer ist als die Naturgewalten. Der Seenotrettungskreuzer wurde repariert und wieder in Fahrt gesetzt. Seitdem hat er ungezählte weitere erfolgreiche Einsätze gefahren. 2020 wird die „Alfried Krupp“ nach 32 Einsatzjahren außer Dienst gestellt. Die DGzRS ruft alle Freunde und Förderer auf, sich unter spendemanöver.de an der Finanzierung des Nachfolgers „Hamburg“ zu beteiligen. Der Neubau wird am 19. April 2020 an der Elbphilharmonie getauft.