Inklusive Vorzeigeprojekte in Braunschweig und Hamburg
Special-Olympics-Projekt startet beim SVBS
Special Olympics Niedersachsen (SONDS) startet gemeinsam mit dem Segler-Verein Braunschweig (SVBS) ein Segelprojekt für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Die Realisierung des Projektes ist durch eine Fördermittelzusage der niedersächsischen Sparkassen möglich geworden. Ziel des Pilotprojektes ist die Schaffung flächendeckender Angebote sowie nachhaltiger Strukturen für den inklusiven Segelsport in Niedersachsen.
Dr. Isabell Pott vom Segler-Verein Braunschweig macht gemeinsam mit ihrer Trainingsgruppe den Katamaran segelfertig. Foto: Lutz Müller
Segeln macht eine intensive Körpererfahrung in der Natur aus. Das Kontrollerleben beim Steuern eines Bootes stärkt Selbstvertrauen und Handlungskompetenzen weit über den Wassersport hinaus. „Sich vom Wind fortbewegen zu lassen, ist ein Phänomen, das nachhaltig beeindruckt. Warum sollte dieser tolle Sport nicht auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sein?“, fragt Dr. Isabell Pott vom SVBS. Bisher blieb Menschen mit geistiger Behinderung der Zugang zu sportlichem Segeln oft verwehrt. Es bedarf kostenintensiver geeigneter Boote sowie entsprechender Sicherung und Begleitung durch Fachpersonal. Die niedersächsischen Sparkassen stellen SONDS die zur Realisierung des Pilotprojektes nötigen finanziellen Mittel aus der Lotterie „Sparen+Gewinnen“ im vollen Umfang zur Verfügung.
Im Niedersächsischen Segelverband sind ca. 170 Vereine organisiert, die im Rahmen des Projektes für die Inklusion im Segelsport als potenzielle Partner gewonnen werden sollen. Durch ein breites Professionalisierungsangebot werden die Sportvereine geschult und befähigt, eigenständig und dauerhaft in ihren Regionen inklusive Angebote zu organisieren und in ihren Vereinen zu verorten. Um Athlet*innen ins Boot zu holen, werden Netzwerke zwischen lokalen Akteuren, Segel-Vereinen und Einrichtungen der Behindertenhilfe geknüpft. Darüber hinaus werden Schnupper- und Aktionstage in den Vereinen angeboten.
Seh- und Hörgeschädigte gehen in Hamburg segeln
Der NRV Hamburg, die Segelabteilung des FC St. Pauli und der Hamburger Gehörlosen Sport Verein realisieren in einem Pilotprojekt gelebte Inklusion auf der Regattabahn: Zwei Menschen mit schwerer Sehbehinderung, zwei Sehende sowie vier Gehörlose werden J/70-Teams zur Kieler Woche bilden und an den Start gehen. Unterstützt wird das Projekt von der Stadt Hamburg und der Reinhard Frank-Stiftung. Und auch die Klassenvereinigung der J/70 bezuschusst die Teilnahme an der Kieler Woche.
Beim NRV in Hamburg wird die Inklusion auf den Yachten des Clubs gelebt. Foto: Sven Jürgensen
Das Vorzeigeprojekt ist gelebte Inklusion und in dieser Form bisher völlig einmalig im Regattasport, vor allem weil weder die Boote auf etwaige spezielle Bedürfnisse zugeschnitten werden, noch besondere Bewertungsfaktoren die Teams als „gehandicapt“ berücksichtigen.
Entsprechend wichtig ist die Vorbereitung. Ab Ende März bereiten sich die Crews unter fachkundiger Begleitung intensiv auf die Kieler Woche vor. In 15 Trainingseinheiten wird zunächst auf der Alster trainiert. Drei Tage vor der Kieler Woche werden die Teams dann auf der Kieler Förde unter realen Bedingungen finale Trainings absolvieren, bevor es ernst wird und die Teams in die Kieler Woche starten.
Sven Jürgensen, Initiator dieses Projektes und mitverantwortlich für die inklusiven Segelprojekte im NRV, betont die Vorreiterrolle, die das Projekt für Inklusion im Segelsport spielen kann: „Was die Menschen in dem Projekt voneinander lernen, ist mehr als jede Wertung jemals spiegeln kann. Es ist ein Gewinn von Anfang an und für alle. Und wenn wir damit andere zum Nachmachen anregen, haben wir wirklich etwas erreicht.“
Auch die Stadt Hamburg ist begeistert: „Active City sind wir nur dann, wenn wir alle Menschen mitnehmen und gemeinsam Hürden überwinden. Der NRV ist hier eine treibende Kraft und zeigt mit der Anmeldung zweier inklusiver Segel-Crews zur Kieler Woche, wie durch Sport Barrieren fallen und Gemeinschaft entsteht. Das ist Sport für alle, wie wir ihn mit unserer Active-City-Strategie fördern wollen. So kommen wir dem Ziel, die inklusivste Stadt Deutschlands zu werden, wieder ein Stück näher“, sagt Sportsenator Andy Grote.