Die April-Ausgabe von segeln
Mitte Februar konnten die Eigner, die ihr Boot im Winter im Wasser liegen hatten, schlecht schlafen. Zumindest mir ging es so. Denn die Kältewelle, die den Norden mit Eis und Schnee überzog, konnte für Boote im Wasser zumindest in der Theorie gefährlich werden. Während es in der Ostsee noch immer ungewöhnlich ist, im Wasser zu überwintern, bleiben in den Niederlanden viele Boote im Wasser liegen. Die letzten Winter waren mild und die Auswirkungen der Coronapandemie unvorhersehbar, sodass ich das Boot im letzten Herbst auch im Wasser gelassen habe. Doch die Temperaturen im zweistelligen Minusbereich ließen mich nachts wachliegen. Halten die Ventile das aus? Was ist mit den Cockpitlenzern? Und der Motor? Vor meinem inneren Auge lag das Boot bereits im weichen Schlamm am Grund des Hafenbeckens und nur noch der Mast markierte den Liegeplatz. Eigentlich hatte ich alles sorgfältig eingewintert. Die Seeventile waren mit (umweltverträglichem) Frostschutz geflutet, der Motor ebenso und alle Leitungen habe ich entleert. Auch die Bordtoilette hatte ich entwässert und aus den Cockpitlenzern ragten Schläuche mit verschlossenen Enden, um dem Eisdruck nachzugeben. Es konnte also eigentlich nichts passieren. Dennoch schielte ich besorgt auf die Wassertemperaturen in Holland, sah dem Eis auf den Kanälen über Webcams beim Wachsen zu. Die ersten Fotos des Blizzards, der über Holland zog, konnten mich nicht beruhigen: Gefrorene Gischt auf Booten, die aufgrund des Gewichts die Boote im Hafen krängten – teilweise so weit, dass sie vollliefen. Nach dem Blizzard folgten die klaren, aber frostigen Tage und Nächte und die Menschen liefen auf den Kanälen Schlittschuh oder fuhren sogar mit dem Fahrrad über das Eis. Die Boote lagen festgefroren im Eis. Erst bei Tauwetter zeigt sich, ob die Schiffe schwimmen oder auf Tiefe gehen. Ich hielt es dann nicht mehr aus, checkte die Coronabestimmungen, setzte mich ins Auto und fuhr los. 24 Stunden durfte ich mich in den Niederlanden aufhalten. Vor Ort war es dann beinahe surreal: 18 Grad, Sonne und blauer Himmel. Nur vereinzelte Eisschollen im Hafenbecken verrieten noch, wie es wenige Tage zuvor vor Ort ausgesehen haben muss. Kein Tropfen Wasser im Boot.
Es hat durchaus seine Reize, das Schiff im Wasser zu lassen. Doch irgendwie ist es auch schön, im Herbst das Schiff auf den Bock zu stellen, es in die Plane zu packen und selber ohne Sorgen und schlaflose Nächte die Tage bis zum Frühjahr zu zählen.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die kommende Saison!
Die Themen
11 Top-Reviere im Mittelmeer: Die schönsten Charterreviere im mare nostrum
Test: Beneteau Oceanis 51.1
Praxis: Spleißen wie die Profis
Porträt: Bootsbau Welkisch