Monat: Dezember 2018

SV Selene – Kjell Litwin SE

HOTSPOT HOBART – ANDERS ALS GEDACHT 

Es herrscht Hochsaison in Tasmanien, weil zu X-Mas der Sommer am Start jeden Segler dort ans Wasser lockt, zumal Hobart als Ziel legendärer Regatten im Kalender steht, und auch als Stop Over Hafen für Weltumsegler seine Reize hat. Bislang sind dort 6 GGR Segler vorbeigekommen, weil der Veranstalter ihnen auferlegt, ein paar Stunden Minuten weise endlose Runden um eine Boje zu drehen, damit die Welt hautnah und Bilder trächtig erfahren möge, was die Einsamkeit auf See hier angerichtet hat: Erstaunliches! Weil man sehen konnte, wie sehr 5 der 6 Matadore ihre innere Ruhe gefunden haben, bevor sie zur zweiten Hälfte ihrer langen Reise aufgebrochen sind.

Ein Drama, das sie alle vereint, hat einen glitschigen Namen. Barnacles haben der Welt gezeigt, wer der Chef vom Ring ist, wenn man lange unterwegs. Es ist tragisch, wenn man in Hobart einem der GGR Segler verweigert hat, sein Schiff zu säubern, und er mit seiner segelnden Muschelfarm, im Schneckentempo, zum Weitersegeln gezwungen, noch viele einsame Monate vor sich hat, obwohl er eigentlich eines der schnellsten Schiffe hat. Das Hobart Interview von Tapio Lehtinen ist eindrucksvoll.

Kjell Litwin, ein schwedischer Weltumsegler, ist vor wenigen Tagen ebenfalls nach Hobart eingekehrt, auch er ein Opfer seiner glitschigen Begleiter, die ihn im Indischen Ocean derart abgebremst haben, dass im unterwegs das Wasser ausgegangen war, und er um Hilfe bitten musste. Istvan Kopar hatte ihm mit einem Kanister geholfen. Die SV Selene, eine schwedische Vagabond 31 – ähnlich einer OE 32 – ist im Mai in der Heimat aufgebrochen, um sich abseits aller Veranstaltungen seinen Traum einer Weltumsegelung zu erfüllen. Kjell ist 71 und hat sich entschlossen, seinen selbstgebauten Steuerautomaten gegen eine Windpilot auszutauschen, die am 4.Januar Hobart erreichen wird.

Tag 22 =>Osterinsel – Butter bei die Fische

So., 30.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1673, 15.537 sm von HH
Wie läuft es denn Zwischenmenschlich nach über drei Wochen? Butter bei die Fische! Ich sag mal so, es hilft, wenn man sich sympathisch ist. Zumindest ein wenig. Ideal ist diese Veranstaltung vielleicht für frisch Verliebte. Sind wir nicht, die rosarote Brille ist weg und die positiven, besonders jedoch die negativen Eigenschaften der Mitsegler kommen an den Tag. Überdeutlich wird mir klar, warum ich Achim geheiratet habe und warum ich es besser gelassen hätte.
Wir kommen trotzdem sehr gut miteinander klar. Fast besser als an Land. Gibt es an Land schon mal Gemecker in der Pantry ( „Muss du unbedingt jetzt an den Kühlschrank? Du siehst doch, dass ich alles in Beschlag habe … raus aus meiner Küche“) schaffen wir es einvernehmlich auf einem Viertelquadratmeter, der nicht sillstehen will, Töpfe in den Schrank zurück zu räumen. Wir sind überdurchschnittlich höflich und rücksichtsvoll. Friede, Freude, Butterkuchen. Vielleicht weil wir wissen, dass wir dem anderen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Der ganze Mist ist schon nervig genug, da braucht man keinen Streit.
Gab es trotzdem. Ausgerechnet Heiligabend. Da sind wir statistisch aber wohl in guter Gesellschaft. Die meisten Ehekräche gibt es an den Feiertagen. Eine Theorie besagt, weil die Partner plötzlich den ganzen Tag Zeit miteinander verbringen. Das ‚plötzlich‘ trifft auf uns eher nicht zu. Aber dass Achim nerven kann, ist unbestritten. Ständig wirft er mir vor ich würde Wasser und Energie verschwenden. Wie ein Geier lungert er hinter jedem Liter hinterher: „Musst du das Spülbecken jetzt mit Frischwasser spülen? Warum öffnest Du jetzt den Kühlschrank?“ Was für eine Freak-Show. Da kann mir schon mal die Hutschnur platzen.
Im Gegenzug kümmert er sich liebevoll darum, dass mein E-Reader und das iPad geladen werden. Natürlich gewissenhaft tagsüber, wenn genug Energie herein kommt. In meiner Schusseligkeit vergesse ich das regelmäßig und komme nachts mit meinem Stecker angewackelt, wenn die Batterien sowieso nicht mehr voll sind. Er sagt es nicht. Ist nicht seine Art, aber ich denke, er hätte mich nicht geheiratet, wenn er das vorher gewusst hätte.
Niemals würde ich so einen Törn mit unbekannten Menschen unternehmen wollen.
Essen: Abendessen: Nudelsalat (mit Oliven und getrockneten Tomaten) und diesen Hot Dog Würstchen. Ich finde die allerdings nur gebraten ganz lecker. Frühstück: Brot mit Salami, Käse und Mortadella Mittag: Rest vom Nudelsalat
Meilen: Tagesmeilen 106 , Rest 206 sm auf direktem Weg. Rechnerisch nach den Durchschnittsmeilen der letzten Tage dauert es noch zwei Tage. Aber schon geht die Rechnerei los: Schaffen wir es rechtzeitig vor dem dunkel werden? Oder müssen wir eine Nacht dran hängen und Gas raus nehmen. Die Entscheidung fällt Morgen.

2018 Resümee

RESPEKT UND MENSCHLICHKEIT

2018 Resümee

 

out of reach

… wir haben zur Zeit eine schlechte Funkanbindung, also keine Sorgen machen, wenn nichts neues im Blog ist. An Bord ist alles OK.

Tag 21 =>Osterinsel – Der Pazifik rockt

Sa., 29.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1672, 15.431 sm von HH
Im Prinzip haben wir den gleichen Grundwind die letzten 24 Stunden. Vielleicht einen Tick mehr. Aber weit im Osten haben wir auf der Windkarte mehr Wind gesehen. Der schickt eine nervige Dünung zu uns, die nicht zur eigenen Geschwindigkeit passt. Vielleicht zwei Meter hoch. Wir rollen heftig in der Nacht. Ich bekomme kaum ein Auge zu. Dann heute Vormittag der erste Squall. Wow! Da meint aber einer, viel hilft viel. In der Spitze zeigt der Windmesser 33 Knoten wahren Wind. Die Dünung baut sich weiter auf. Am frühen Nachmittag der nächste Squall. Unsere Windsteueranlage macht das Theater ‚viel Wind, wenig Wind‘ großartig mit. Um das Anluven (höher am Wind fahren als wir möchten – ist aber vollkommen normal bei Segelbooten, wenn der Wind zunimmt) zu verhindern, gehe ich ans Ruder. Wir wollen ja auf Kurs bleiben, wenn wir schon übers Wasser fliegen. Außerdem ersparen wir uns das Verstellen der Wind-Herta und es macht einen Riesenspaß. Sieben Windstärken von schräg hinten. Genau die richtige Menge Tuch oben, reffen unnötig. Das Deck bleibt trocken, nur ein wenig Gischt fliegt durch die Luft. Strahlender Sonnenschein. Freunde der Sonne, das rockt. Die Wellen schauen nun bereits frech ins Cockpit rein. Auge in Auge stehen wir und gegenüber. Eine Welle, die bei uns rein gucken will, muss sich ganz schön recken. Wir schätzen sie auf gute drei Meter. Gurgelnd und fauchend laufen sie unter uns durch und schenken Spitzengeschwindigkeiten. Nach 45 Minuten ist der Spaß vorbei. Zurück bleibt bewegtes Wasser und eine eigene Geschwindigkeit, die nicht dazu passt. Wir rollen heftig. Alles im Leben hat seinen Preis.
Essen: Abendessen: Veggie-Curry! Mit Kürbis, Kichererbsen, roten Linsen, Zwiebeln und Knoblauch. „Das ist mir zu vegan“, sagt er. „Wo ist denn die Wurst?“, fragt er. „Oder der Speck, das Fleisch?“ Mimimimimi. Ich fand es lecker. Frühstück: Brot mit Salami, Käse und Mortadella Mittag: Den Rest vom veganen Curry mit ofenwarmen Brot. Auf Grund des großen Erfolges mit dem Orangen-Limetten-Sirup, koche ich diesen heute noch einmal. Dazu eine Ricotta-Joghurt-Sahne-Creme auf Apfelstückchen. Auch vegetarisch, aber hier wird nicht die Schnute verzogen. :-)
Meilen: Tagesmeilen 111 , Rest 308 sm auf direktem Weg

Das alles und noch viel mehr

Im Winter auf dem Rhein

Seit dem letzten Beitrag hat sich einiges getan. Der Betonboden im Durchgang an Steuerbord ist längst entsorgt, die Hälfte der Holzteile sind restauriert, die Roststellen am Rumpf überarbeitet und bereits neue Isolierung aufgebracht.
Zwischenzeitlich hatte Morgenstern nach monatelanger Warterei endlich auch genug Wasser unterm Kiel, um den Anleger in Wesel zu verlassen. Und so bin ich am 6. Dezember, nach einer fast schlaflosen Nacht, zum Hafen gerast. Man munkelt, ein alter silberner Twingo hätte an diesem Tag auf seiner Fahrt durch die Stadt einen Kondensstreifen produziert…

„Weg hier, nur schnell weg hier!“ Das war der letzte Gedanke, den ich an den Zwangsliegeplatz der letzten Monate verschwendet habe, während ich zügig runter auf die Steganlage gedackelt bin.

Die Springleinen habe ich gleich im Vorbeigehen mitgenommen, dann Seeventil auf, den Zündschlüssel rum und den guten alten Volvo warmlaufen lassen, während ich fast wie von selbst (Sportfreunde Stiller lief gerade im Radio) das Programm abgespult habe, welches ich mir auf dem langen Weg von Istanbul bis Wesel angewöhnt hatte. Alle Grübelei, ob ich auch ja an alles gedacht habe, war mal wieder Quatsch. Auch wenn viel Zeit zwischen zwei Törns liegt, in dem Fall 5 Monate, ist doch alles sofort wieder da, wenn man einmal mit der Bordroutine anfängt. Das fühlte sich verdammt gut an. Fast schon autistisch kommt mir das manchmal vor, wenn ich das Fernglas aus dem Regal in die eine Hand nehme, die Kamera in die andere und beides in immer gleicher Reihenfolge an genau die gleiche Stelle in gleicher Ausrichtung im Cockpit platziere.
Als letztes kommt die Flasche Cola an ihren Platz. Was ich mir im Sommer angewöhnt hatte und sich zu der Zeit bestens bewährt hat, sollte sich an diesem Tag als mein größter Fehler erweisen. Aber dazu später mehr.
Der Törn selbst war unspektakulär und grau. Dick eingepackt saß ich im Cockpit und bin die etwa 30 Kilometer gemütlich den Rhein runter gefahren. Ich war nicht der einzige, der lange auf den ansteigenden Pegel gewartet hat. Kleinere Boote waren zwar keine unterwegs, aber so viele Passagierschiffe wie an dem Tag, habe ich im Winter noch nie auf dem Rhein gesehen.
Nach gut 2 Stunden war die Fahrt auf dem Rhein auch schon wieder vorbei und der kurze Kanal zum Mahnensee lag wenige Minuten später hinter mir. Ein besonderer Moment für mich, denn als ich das letzte Mal in diesen See hinein gefahren bin, kam ich gerade mit Eos aus der Biskaya zurück und wenige Monate später haben Sabrina, Ani, Konrad und ich an Bord von Eos in eben diesem See den Tausch zu dem Schiff in die Wege geleitet, mit dem ich heute hier ankomme!
Ich habe selbst jetzt beim Schreiben noch einen dicken Kloß im Hals und werde nie vergessen, wie Sabrina und ich vor 2 Jahren bei Eos an Bord gesessen haben und uns dachten, nachdem die Entscheidung gefallen war: „Ob uns das jemals gelingen wird, Nomade (so hieß sie da noch) hier her zu holen!?“
An diesem 6. Dezember hatten wir es geschafft. Ziemlich genau 3.000 Seemeilen lagen im Kielwasser, seit wir das kleine griechische Dorf Kilada verlassen haben. Für mich war dieser Törn in den Mahnensee der wahrscheinlich letzte Einhandtörn und ich habe ihn in vollen Zügen genossen. Nur die Cola, die war ein Fehlgriff aus dem Sommer. Kaffee wäre an dem Tag eindeutig besser gewesen, denn ich habe mir den A…. abgefroren!

Etwas frisch

Aber das war egal, denn trotz Kälte war mir warm ums Herz! Kurz nachdem die Leinen beim Segelclub Grafenwald fest waren, wurde ich herzlich begrüßt. Mit Eos lagen wir seinerzeit beim Rheinberger Yachtclub, dort wird allerdings gerade die Steganlage umgebaut und so sind wir diesmal eben beim Segelclub Grafenwald gelandet.
Hier fühlen wir uns pudelwohl. Seit einer Woche sind wir nun bereits durchgehend an Bord und genießen den Winter. Gleich neben uns lebt ein nettes Pärchen an Bord ihrer Motoryacht, ein paar Meter weiter liegt die Aubi, die es nach einer mehrjährigen Fahrt in die Karibik ebenfalls wieder hierhin verschlagen hat und Filou hat bereits die ersten netten Hundebekanntschaften gemacht.

Schöner Liegeplatz im Mahnensee

Endlich wieder hier, endlich wieder im Mahnensee. Hier werden wir erst mal eine Weile bleiben, das Schiff unter Deck restaurieren und dann eines Tages ab hier auch wieder Zweihandsegeln!

Guten Rutsch!

Tag 20 =>Osterinsel…es zieht sich

Fr., 28.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1671, 15.320 sm von HH
Wind- und Wellensituation sind unverändert. Süd-Ost-Passat mit 3 bis 4 Windstärken. Dazwischen mal ein Zeitraum von drei Stunden mit etwas mehr Wind, dann wieder eine Zeitlang weniger Wind. Die Dünung kommt achterlicher, wir fangen etwas das Rollen an. Auf dem Plotter steht das erste Mal ‚Ankunft in drei Tagen‘. Wir freuen uns noch verhalten und lassen den Freudentränen noch keinen Lauf. Südlich der Osterinsel steht ein Flautengebiet. Nicht, dass wir da noch hinein geraten. Sorge bereitet uns, dass wir noch keinen Fisch gefangen haben. Zwei Köder hängen achtern raus. Nicht mal einer der Gummifische wurde abgebissen. Auch ein Versuch mit einem fliegenden Fisch, den wir morgens auf dem Deck gefunden haben, war erfolglos. Gibt es keinen Fisch mehr im Pazifik? Haben die berüchtigten Fischerflotten der Japaner und Chinesen alles leer gefischt? In den Geschichten der Weltumsegler der 80er Jahre liest sich das anders: „Schwärme von Goldmakrelen begleiteten stundenlang das Schiff …“ Wir wünschen uns, dass es nur an unserem Anglerpech liegt.
Ein Blick mit der GoPro auf das Unterwasserschiff hat gezeigt, der Pazifik lebt. Zumindest was die Krustentiere betrifft. Unser Rumpf ist gesprenkelt mit Pocken ähnlichem Ausschlag. Daumennagelgroß hocken Entenmuscheln dicht an dicht auf dem wirkungslosen Antifouling. Die berüchtigten Tiere des Pazifik können bis zwölf Zentimeter lang werden während einer vierwöchigen Passage. Der Teppich wird so dicht, dass die Geschwindigkeit eines Segelbootes erheblich abnimmt. Wir vermuten, dass unsere Tiere wegen des kalten Wassers noch vergleichsweise klein sind. Allerdings wird das Wasser täglich wärmer, 23 Grad haben wir zur Zeit. Sollen uns Badefreuden auf der Osterinsel vergönnt sein, muss da noch eine Schippe drauf gelegt werden.
Essen: Abendessen: Spaghetti Bolognese Frühstück: Brot mit Salami, Käse und Mortadella Mittag: Bratnudeln mit Ei. Obstsalat aus Grapefruit (der letzten) und Apfel Welle und Wind gleich, Essen gleich.
Meilen: Tagesmeilen 98 , Rest 417 sm auf direktem Weg

Tag 19 =>Osterinsel – Wasser Camping

Do., 27.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1670, 15.222 sm von HH
Im Grunde genommen ist so ein Langstreckentörn wie Campen in einem Zweimannzelt auf einer vom Regen durchgeweichten Wiese während eines Festivals: alles etwas primitiv und schmuddelig. Unseren Abwasch erledigen wir in einer Mikromenge Wasser (ein bis anderthalb Liter). Mehr können wir in unser flaches Abwaschbecken bei Schräglage nicht füllen. Eine echte Fehlkonstruktion auf dem Kahn. Mit so einer kleinen Menge Wasser kann man nicht vernünftig spülen. Stärkehaltige Speisereste, wie Kartoffeln, bleiben unweigerlich an den Tellern haften. Das trocknen wir mit dem Geschirrhandtuch einfach weg. Nach drei Tagen ist das Handtuch steif und nach fünf fängt es an zu müffeln. Ein Quell der Freude sind auch die Anti-Rutschmatten mit denen die Ablageflächen in der Pantry gepflastert sind. An den Farbflecken kann man die Speisefolge der letzten Tage erkennen. Einen Abklatsch-Test würde ich auf den Dingern nicht machen wollen.
Im Salon liegt dick der Staub. Auf den Laptop Deckel steht Sau geschrieben. Im Cockpit wehen Brotkrümel in die Löcher der Gräting. Dort liegen sie in guter Gesellschaft mit Paprikakernen, verlorenen Reiskörnern und verschütteter Milch. Aus dem Waschbecken Haare fischen, das Cockpit von der Salzschicht befreien und die Pantry halbwegs in Ordnung halten, das liegt grade noch drin. Vor ein paar Tagen habe ich im Salon den Fußboden mit einem Handfeger gefegt. Das ist anstrengender als ein Marathon-Lauf, obwohl es schon echt schaukelfrei war. Der Rest muss bis zur Ankunft so schmuddelig bleiben.
Auch bei dem Mahlzeiten verrohen die Sitten. Mit Messer und Gabel essen, ist die meiste Zeit unmöglich. Eine Hand hält den Teller (wir nehmen meistens Schüsseln, da flutschen die Eier nicht so leicht runter, wenn man mal eine halbe Sekunde nicht aufpasst), die andere Hand hält die Gabel. Brocken, die zu groß für den Mund sind, werden durchgebissen und der überschüssige Rest in die Schüssel zurück fallen lassen. Achim leckt schon mal einen Teller ab. „Du willst doch nicht so viel Sauce im Abwaschwasser haben“, guckt er mich unschuldig an.
Und dann ist da noch die Geschichte mit dem Klopapier. Das sammeln wir in einem kleinen Eimer im Bad. Das Papier aus der Plastiktüte entleere ich dann außen Bords. Natürlich zur windabgewandten Seite. Das hat trotzdem seine Tücken. Man kann den Beutel nicht einfach über die Reling hängen und glauben, dass der brisante Inhalt in die Fluten gleitet. Wie kleine, weiße Drachen fliegt das Papier in die Höhe, gerät in Windwirbel neben dem Schiff und wird geschickt aufs Deck zurück geleitet. Selbst wenn ich mich ganz tief über die Fußreling beuge, gibt es diese Wind-Strudel. Da gilt es, den Kopf flach zu halten. Eine Tätigkeit, die Achim komplett verweigert. Wer einmal gebrauchtes Klopapier von Deck gesammelt hat, der weiß wie Langstrecke schmecken kann. :mrgreen:
Wind und Wellen: In einem konstanten Süd-Ost-Passat von 12 bis 14 Knoten ziehen wir seit über 24 Stunden unsere Bahn. Squalls und Flautengebiete sind verschwunden. Perfektes Segelwetter, möchte ich sagen. Eine Dünung von zwei Meter hebt uns an, um uns im nächsten Wellental sanft wieder abzusetzen. Bei jeder zehnten Woge harmoniert das Zusammenspiel von Welle und Schiff nicht perfekt, dann werden wir garstig auf die Seite gedrückt. Wir haben trotzdem nichts auszustehen. Dazu das blaue Meer mit einem Blau so blau.
Essen: Abendessen: Spaghetti Bolognese Frühstück: Brot mit Salami, Käse und Mortadella Mittag: Bratnudeln mit Ei. Unsere Orangen entpuppen sich als reine Saftorangen. Aus ihrem Saft plus dem einiger Limetten koche ich mit etwas Ingwer einen Sirup. Der kommt als Topping auf Apfelstücke mit Joghurt. Schleck!
Meilen: Tagesmeilen 101 , Rest 515 sm auf direktem Weg. Noch fünf Tage, sagt die realistische Prognose. Vielleicht sechs.

SV Carina – Erika Neumann GER

VANUATU – NEUSEELAND – 1150 MEILEN GEGEN DEN WIND

08. Nov 2018 14:00
Der Motor läuft, der Anker ist gelichtet. David, Mathilde, Chris und Jennifer winken ‚far well‘. Vor mir liegt die letzte aber auch unangenehmste und schwierigste Etappe dieses Jahres – die Überfahrt von Vanuatu nach Neuseeland. Eine Etappe gegen den Wind in einer sehr instabilen Wetterzone. Es geht auf die mittleren Breiten zu und damit leider heraus aus der Passatwindzone.

Nur sehr ungern verlasse ich Port Resolution auf der Insel Tanna. Zu schön war es hier, am Fuße des Vulkans, bei den freundlichen Bewohnern der so ursprünglich pazifischen Dörfer. Aber es ist Zeit weiter zu ziehen. Die Wirbelsturmsaison naht mit Siebenmeilenstiefeln.
Bei 4 Bft aus Ost und strahlendem Sonnenschein segelt die Carina heraus aus der Bucht und entlang der Ostküste Richtung Süden.
Die Strahlen der nun tief stehenden Sonne brechen sich an den Wolken und scheinen über die Bergrücken herabzufliessen wie unzählige Wasserfälle. Die Sonne geht hinter den Bergen unter und es sieht aus als würde dort ein gigantisches Feuer brennen. Es wird eine ruhige Nacht auf See und noch lange sehe ich den Vulkan leuchten.

DISCOLOURED WATERS
Ich segle nun schon den zweiten Tag hart am Wind bei 4 Bft und 2 m Welle und es ist bedeutend angenehmer als erwartet. Ich sitze im Cockpit in der Sonne und blicke aufs Meer, wie jeden Tag, da plötzlich erreicht ein leichter Geruch von Schwefelsäure meine Nase. Wo kommt das her? Schnüffelnd laufe ich übers und ins Schiff. Nichts! Es muss vom Meer kommen. Das Meer sieht seltsam aus. Mitten im tiefblauen Meer sehe ich große hellgrüne Flecken. ‚Discolored waters‘! Gelesen hab ich das in den Seekarten schon öfter aber bis heute noch nie gesehen. Es ist irgendwie unheimlich. Wie sowas sein kann? Nachdem ich immer noch über aktives vulkanisches Gebirge segle, stelle ich mir vor dass da tief unter mir wohl etwas brodelt das das Wasser so hellgrün verfärbt. Und das macht das ganze noch viel Unheimlicher. Nur gut dass es hier 3000 m tief ist und ich bin froh als nach einigen Meilen das Meer wieder gleichförmig dunkelblau ist.

400 Seemeilen von 1100 liegen bereits hinter mir und obwohl ich noch immer hart am Wind segle bei 4 Bft aus ESE, habe ich noch kein einziges mal wenden müssen und segle immer noch auf dem geplanten Kurs auf dem kürzten Weg meinem Ziel entgegen und das Leben an Bord ist recht erträglich.

JETZT WIRDS FRISCH
Am 11.11. überquere ich den Kreis des Steinbocks und verlasse damit die Tropen. Und es wird kühler. Hatte ich bisher zum Schlafen nur ein dünnes Leintuch zum Zudecken benutzt, habe ich jetzt den guten alten Schlafsack wieder hervorgeholt. Trug ich bisher auf See tagsüber nur einen Hauch von Nichts bin ich jetzt wieder salonfähig in T-Shirt und Hose anzutreffen. Abends brauche ich oft eine Fliesjacke und manchmal sogar ‚Socken!‘

TASMANISCHES ROULETTE
Der 5. Tag auf See
Der Wind spielt heute verrückt, kommt aus allen Richtungen mit allen Stärken von 0 bis 6 Bft. Und gerade ist mitten unterm Kochen das Gas ausgegangen. Ich nutze einen Moment der Windstille und die moderate See um die Gasflasche zu wechseln. Dazu muss ich im Cockpit recht umständlich hantieren. Gerade noch geschafft bevor es nun beständig mit 6 bis 7 Bft aus Ost bläst. Und ab jetzt regnet es in Strömen und die Wellen haben inzwischen 4 m erreicht. So war das nicht vorhergesagt.

Viele viele Wochen bevor ich diese Überfahrt gestartet hatte habe ich das Wetter beobachtet, täglich Wetterberichte heruntergeladen und verfolgt in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit die Hochs und Tiefs hier ziehen, wie sich Windrichtung und Stärke in den einzelnen Wettersystemen verhalten und mit vielen Seglern gesprochen die diese Strecke schon oft gesegelt sind.

Es kam immer aufs selbe raus. Man segelt am Besten los bei stärkerem Südostwind gegenan, also an der Vorderseite eines Hochs über Neuseeland. Muss sich also die ersten Tage etwas durchschlagen und kommt dabei zu weit nach Westen. Macht aber nichts denn bald kommt man in die Flauten-Zone durch die man unbedingt mit der geplanten Reisegeschwindigkeit durchmotoren soll um dann auf der Rückseite des Hochs die nördlichen und an der Unterseite die westlichen Winde abzubekommen die einen dann direkt nach Neuseeland schieben, das südöstlich von Vanuatu liegt. Soweit die Theorie.

(Für dejenigen, die sich jetzt etwas wundern: Auf der Südseite der Erde ist alles genau anders herum. Der Mond, der bei uns vertikal am Himmel steht, liegt hier horizontal. Steht bei uns mittags die Sonne im Süden, steht sie hier im Norden, fließt bei uns der Wasserstrudel rechts herum aus der Badewanne, fließt er hier linksherum und dreht bei uns der Wind in einem Hochdruckgebiet im Uhrzeigersinn, dreht er hier gegen den Uhrzeigersinn während er im Tief im Uhrzeigersinn dreht – eben alles einfach anders herum.)

Aber zurück zum aktuellen Wetter. Sobald man über den dreißigsten Breitengrad hinauskommt bekommt man die Ausläufer des Tasmanischen Wetters ab. Und da heißt es dann Roulette spielen. Wird das Wetter wirklich so wie prophezeit? Eher selten, meist ändert es sich täglich mehrmals und es kommt immer anders als man denkt. So auch hier. Noch bin ich erst bei Breitengrad 27, aber das Sturmtief über Fiji das bereits nordöstlich von mir liegt und das eigentlich Nordnordwestwärts ziehen sollte hat es sich anders überlegt, ist nun nach Südwest unterwegs und ich bekomme es leider ab. Die nächsten 3 Tage öffnet der Himmel alle Schleusen, es gießt aus Eimern, der Wind heult in den Wanten und die Wellen überrollen ungehindert die arme Carina. Sie schlägt sich tapfer, die Windsteuerung hält sie auf Kurs und ich habe alle Luken und den Niedergang geschlossen und beobachte aus dem sicheren Schiffsbauch heraus das Wasser das über die Dachluken und seitwärts über die Fenster rauscht. Und ich fühle mich geborgen und sicher in meiner kleinen Carina.

NORFOLK
Es ist inzwischen Do der 15.11 und der 7. Tag auf See. Die Winde haben mich inzwischen 80 Meilen westwärts meines geplanten Kurses vertrieben. Die Insel Norfolk, zu Australien gehörend, die 200 Meilen westlich des Idealkurses und auf gut halber Strecke liegt, passiere ich gerade mit 120 Seemeilen Abstand. Das Meer ist immer noch rau, der Himmel grau, und ich döse im Schiffsinneren auf meiner Bank.

Zzzzzzooooommm – macht es draußen.

Oh Schreck -was war das? Ein Schiff direkt neben mir? Und im selben Augenblick bin ich mit einem Satz draußen im Cockpit. Über mich ist gerade ein Düsenjäger im Tiefflug hinweg gesaust. Erstaunt und noch mit dem Schreck in den Gliedern schaue ich ihm nach, sehe den schwarzen Rauch aus seinen 4 Düsen und wie er so nahe über dem Wasser dahin fliegt und frage mich ob der ein Problem hat? Erleichtert sehe ich dass er wieder an Höhe gewinnt und gehe wieder nach drinnen. Da meldet sich das Funkgerät: ‚Sailingvessel Carina, sailingvessel Carina, this is Norfolk Airforce‘. Huch, was wollen die denn von mir und so weit von Norfolk entfernt? Da sind die doch glatt in den Tiefflug gegangen um den Schiffsnamen lesen zu können, denn eine andere Möglichkeit hatten sie nicht herauszufinden wer ich bin. Die Carina hat kein AIS über das sie es hätten sehen können. Ich melde mich am Funk. Sie wollen wissen wann ich von wo losgesegelt bin was mein nächstes Ziel ist, wann ich dort voraussichtlich ankommen werde und wie die Registrierungsnummer von Carina lautet. Sie bedanken sich für die erhaltenen Informationen und sind über den Horizont verschwunden. Offensichtlich überwachen sie hier den Seeraum. Oder vielleicht sind sie auf der Suche nach einem Schiff in Not. Wäre kein Wunder bei diesem Wetter. Was auch immer, ich werde es nie erfahren.

EINE BITTERE ENTTÄUSCHUNG
Oder, ich sollte besser sagen eine stinkende Enttäuschung.

Für diese Überfahrt musste ich meinen Proviant sehr sorgfältig planen. Nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel, denn Neuseeland hat sehr strikte Quarantänebestimmungen, was man ins Land bringen darf und was nicht. So darf man keinerlei Tiere (auch kein Ungeziefer wie Käfer, Motten, Spinnen …), Pflanzen, Samen, Nüsse, Fleisch, Wurst, Milchprodukte, Obst, Gemüse einführen. Nichts dergleichen darf sich zum Einreisezeitpunkt auf dem Schiff befinden. Falls doch, wird es konfisziert.
So teile ich mir nun sehr genau ein was ich wann esse. Und heute freue ich mich auf die süße saftige Wassermelone aus Tanna. Als ich den Eimer aus der Vorkabine hole in der ich die Melone unter dem Kürbis aufbewahre schwappt es und stinkt es fürchterlich. Die gute Melone, auf die ich mich seit Tagen so gefreut hatte, ist nur noch stinkender Matsch und so kippe ich sie nun über Bord. Das verbliebene Obst, einen einsamen Apfel, verschmähe ich heute. Er kann meine Enttäuschung nicht lindern.

Für die Einreise nach Neuseeland braucht man als Deutscher zwar kein Visa, muss sich aber mindestens 48 Stunden vor Eintritt in das neuseeländische Seegebiet anmelden. Nachdem ja alle meine Netbooks und Tablets bei der letzten Überfahrt beschädigt wurden hatte ich diese Anmeldung vorsichtshalber schon Wochen vorher aus Port Vila getätigt und ein fiktives Ankunftsdatum, den 15.11 angegeben. Deshalb muss ich heute ein Update für mein ’notice of arrival‘ an Neuseeland Customs senden, denn es wird voraussichtlich der 20.11. werden.

ZWISCHEN DEN FRONTEN
Immer noch segle ich mit unveränderter Segelstellung, abgesehen von mehrfachem Ein- und Ausreffen, hart am Wind ohne eine einzige Wende. Das Meer und der Wind haben sich etwas beruhigt, nur noch 3 m Welle und 5 Bft aus Südost.
Der Wetterbericht meldet jetzt ein herannahendes Tief aus Südwest das das Hoch mit den für mich nun vorteilhafter werdenden Winden leider nach Süden abdrängt. Dazu kommt ein Starkwindfeld aus Südost und ich steck mitten drin. Und in dieser Mitte wird so gut wie gar kein Wind sein. Ich muss leider den Motor einschalten und motorsegelnd (also mit Segel und Motor) dem Wetter davonlaufen um das Schlimmste zu vermeiden, denn diesmal stimmt der Wetterbericht. Und so bleibt es nun erst mal.
Seit 2 Tagen und Nächten motore ich nun. Das Meer ist inzwischen spiegelglatt und nur ein langgezogener 1,5 m Schwell schaukelt das Schiff sanft hin und her. Kein Lüftchen regt sich.
Noch 200 Meilen bis ans Ziel. Hoffentlich kommt bald wieder Wind denn der Diesel geht allmählich zur Neige. Carinas Tank fasst nur 50 Liter und weitere 70 Liter hatte ich in Reservekanistern. Carinas Motor schluckt 1,5 l die Stunde bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 4 Knoten. Weit kommen wir also nicht mehr.

Endlich kann ich den Motor abschalten. 55 Stunden ist er nun ununterbrochen gelaufen und hat die Carina mit 4,5 Knoten Durchschnitt übers Meer geschoben. 70 l haben wir verbraucht, das sind 1,3 l / Std. Bis ans Ziel sind es noch 120 Meilen und 50 l haben wir noch. Also kein Grund zur Sorge. Im Moment weht ein sehr unbeständiger Wind von 2 bis 5 Bft der uns, wieder unter Segel, mit 2,5 bis 4,5 Knoten voranbringt. Das Nordkap Neuseelands werde ich noch heute abend erreichen und mein Ziel, den sicheren Einklarierungshafen Opua, irgendwann morgen nachmittag. Hoffentlich noch rechtzeitig bevor die Sturmfront über uns hinwegbraust.

LAND IN SICHT
Wäre die Carina ein traditionelles Segelschiff mit Mastkorb als Ausguck, dann hätte man jetzt von dort oben den freudigen Ruf „Land in Sicht“ gehört, und auf Deck würde sich nun die gesamte Mannschaft an die Reling drängeln und sich die Augen ausschauen. Aber die Carina ist nur ein kleines, halbwegs modernes Schiff mit niemand als mir selbst an Deck und so genieße ich mit stiller Freude am 11. Tag auf See den ersten Blick auf Neuseelands Nordkap und das Kap Reinga. Inzwischen wieder unter Segeln, wenige Stunden nachdem ich endlich den Motor ausschalten konnte, ist das Meer rau geworden, kurze steile 2 m Wellen kommen genau aus der Richtung in die ich segeln muss. Der Wind ist sehr wechselhaft mit 2 bis 5 Bft und Böen mit mehr als 30 Knoten fegen über uns hinweg. Manchmal sind sie so heftig dass ich das Schiff umdrehe und vor dem Wind ablaufe bis sie vorbei sind um dann wieder auf Kurs zu gehen, denn allmählich habe ich das ständige Ein- und Ausreffen satt, vor allem nachts im Dunklen. Dementsprechend unangenehm und schlaflos wird diese Nacht auch und vor allem sehr kalt. Das Thermometer zeigt im Schiff nur noch 16 Grad an und ich friere fürchterlich. Die letzten 7 Monate hatte es immer um die 30 Grad, da fühlt sich alles unter 20 eiskalt an. Aber lange ist es ja nicht mehr, nur noch 60 Meilen die Küste entlang und dann bin ich da.

DER LETZTE TAG
Der letzte Tag wird noch total wirr, wechselnder Wind aus allen Richtungen, Sonne, Regen, zu viel Wind, gar kein Wind und das Funkgerät meldet ständig Sturmwarnung.
Ich reffe, wende, halse, Motor an, Motor aus und bin ununterbrochen beschäftigt. Und trotzdem komme ich nicht schnell genug voran. Ich habe es jetzt verdammt eilig um noch vor Einbruch der Dunkelheit Opua zu erreichen, denn das ist der erste Einklarierungshafen im Norden Neuseelands. Ich hatte mich zwar bei Erreichen der seewärtigen Grenze der Neuseeländischen Gewässer bei Neuseeland Maritime Radio vorschriftsmäßig gemeldet und die Ausnahmegenehmigung erhalten am nächsten geeigneten Ankerplatz Schutz vor dem Wetter oder der Dunkelheit zu suchen, aber die Küste hier ist genau dem stürmischen Wind ausgesetzt und ich will mich endlich in Sicherheit wissen.

Ach ja, die Küste: Manchmal erstrahlen die zahlreichen Inselchen, die raue Fels Küste und die grünen Hügel in goldenem Licht um kurz darauf wieder im Regenschleier komplett zu verschwinden. Ein wunderschönes dramatisches Wechselspiel von blauem Himmel und schwarzen bedrohlichen Wolken in einer total von der Zivilisation abgeschiedenen Landschaft. Ich freue mich darauf sie in den nächsten Wochen und Monaten näher zu erkunden.

Es ist spätnachmittag und Seegang und Wind haben sich etwas beruhigt. Ich motorsegle ruhig dahin als das letzte Kap vor der Einfahrt in die Bay of Islands, in der Opua liegt, in Sicht kommt. Und jetzt kommt auch das allererste Schiff in Sicht, seit ich vor 12 Tagen Vanuatu verlassen habe. Es ist offensichtlich ein schnelles Motorschiff das der Küste folgt. Dann aber plötzlich dreht es ab und hält direkt auf mich zu. Es ist ein sehr großer Aluminium-Katamaran. Ich würde ihn eher als schwimmenden Panzer bezeichnen. An seiner Seite kann ich die Aufschrift „customs“ erkennen. Der Zoll!

Sie reduzieren die Geschwindigkeit und folgen mir nun wortlos. Ich sitze im Cockpit und warte ab was passiert. Nach einigen Minuten, in denen sie sich offensichtlich über mich schlau gemacht haben, denn meine Anmeldung mit allen meine Daten haben sie ja bereits per E-Mail erhalten, kommen sie längsseits. 2 Beamte kommen an die Reling und begrüßen mich freundlich. Sie haben jede Menge Fragen, z. B. wo ich jetzt herkomme und ob ich inzwischen irgendwo in Neuseeland angehalten habe. Bis ich in Opua ankommen werde haben die Kollegen bereits Feierabend und man kann mich erst morgen einklarieren. Ich dürfte aber trotzdem schon heute am Quarantänesteg festmachen und dort die Nacht verbringen. Nein, es ist auch niemand mehr da, um mir beim Anlegen zu helfen. Wenn ich es nicht alleine schaffe dürfte ich die Nacht auch ankern und morgen an den Steg gehen. Sie werden die Kollegen darüber informieren. Nach einem weiteren netten Plausch verabschieden sich die beiden Herren, klettern in ihren Panzer zurück, drehen ab und verschwinden im Norden.

Als ich in die Bay hineinsegle ist das Meer ganz ruhig und der Wind hat fast aufgehört zu wehen. Na so wird das Anlegen ein Kinderspiel, aber noch sind es 10 Meilen bis dort hin.
Und es kommt wie befürchtet, die Sturmwarnungen waren nicht umsonst. Plötzlich aus dem Nichts weht der Wind mit über 30 Knoten. Ich bereite mich schon mal auf Ankern vor, hänge aber trotzdem meine Fender raus und richte die Festmacherleinen. 5 Minuten vor dem Quarantänesteg hört der Wind wieder auf, das Meer ist ganz ruhig und es ist auch noch Gezeitenstillstand, also keine Strömung, der perfekte Moment zum Anlegen – und dementsprechend entspannt und einfach war es dann auch.

Um 19:00 Uhr am 20.11.2018 liegt die Carina festgemacht am Quarantäne-Steg in Opua/Neuseeland. Die letzte Abendsonne lässt die am Ankerplatz schaukelnden Segelschiffe vor den grünen Hügeln und den schwarzen Wolken weiß erstrahlen.
Wieder ein Meilenstein auf meiner Reise erreicht. Nach 12 Tagen und 1150 Seemeilen bin ich angekommen in Neuseeland, in dem Land von dem ich schon als Kind geträumt habe. Betreten darf ich es aber erst morgen, nachdem die Beamten von Quarantäne, Zoll und Einwanderungsbehörde an Bord waren und grünes Licht gegeben haben. WEITERLESEN

Tag 18 =>Osterinsel – Wechselhafte Winde

Mi., 26.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1669, 15.121 sm von HH
Wir hatten gehofft, dass zwei Tage mit wenig Wind uns einen flachen Ententeich bescheren würden. Aber der große Ozean beruht sich nicht so leicht. Die Windsee ist weg, aber sanft kommt die Dünung angerollt. Gutmütig werden wir auf die Seite gelegt. Das Groß haben wir zur Stabilisierung hoch gezogen. Der Baum ist zweifach auf den Klampen achtern belegt. Das Schlagen und Klappern hat dadurch ein Ende. Das ist zwar nicht seemännisch, aber notwendig.
Seit heute Morgen um 5:00 Uhr ist es zu Ende mit der Eierschaukel-Segelei. Noch vor Sonnenaufgang besucht uns ein heftiger Squall (das sind örtlich begrenzten Windfelder, die sich durch dunkle, tiefhängende Wolken ankündigen und selten länger als 30 Minuten andauern). Zum Glück regenfrei und, anders als auf dem Atlantik, ohne Winddreher. Von 11 auf 26 Knoten in zwei Minuten. Das passt ja prima zum dicht geholten Baum. Jetzt aber schnell weg mit der Sicherung, damit wir den Baum fieren können, um den Druck aus dem Segel zu nehmen. Dazu unsere ausgebaumte Genua. Mann, Mann, Mann. Das sind wir gar nicht mehr gewohnt. Wir sehen 8,5 Knoten Speed auf der Logge. Geschwindigkeitsrausch. Nicht, dass wir doch noch in diesem Jahr ankommen und uns die nervigste Frage des Jahres stellen müssen: „Was machen wir eigentlich Silvester?“ Geschwindigkeitsrausch. Nach 40 Minuten ist alles vorbei: „Achtung! Hol den Baum dicht, er kommt schon wieder über.“
Es ist enorm, was sich für eine hässliche See in der kurzen Zeit aufbaut. Atanga im Schleudergang. Die Wellen beruhigen sich, da kommt schon der nächste Squall. Die Wellen beruhigen sich, da kommt schon…
Essen: Abendessen: Bauernfrühstück mit Speck statt Schinken plus Gewürzgurke Frühstück: Frisches Brot mit Salami und Mortadella und ein kleiner Rest kaltes Bauernfrühstück Mittag: Cornflakes mit Milch und den restlichen Weihnachtskuchen
Meilen: Tagesmeilen 97 , Rest 615 sm auf direktem Weg

Servicewüste Deutschland

FREMDFIRMEN TAGESPAUSCHALE GETARNT ALS FALLE

Servicewüste GER

Tag 17 =>Osterinsel – Ein Tag auf See

Mo., 25.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1668, 15.024 sm von HH
Was machen wir eigentlich den ganzen Tag? Wir bewegen uns im Bermuda-Dreieck ‚Cockpit-Salon-Koje‘. Mit recht wenig Auslauf. Drei Schritte in die Pantry, acht Schritte nach hinten und fünf Stufen nach oben. Ein Ausflug nach achtern zum Gemüsenetz oder zur Angelkontrolle ist schon eine kleine Sensation im trägen Tagesablauf.
Frühstück gibt es recht spät, so um 9.00 Uhr, sobald Achim aus der Koje gekrabbelt kommt. Das ist der geselligste Teil des Tages. Wir erzählen uns unsere Erlebnisse der Nacht. Ein Großereignis, wie ein Fischerboot auf dem AIS wird zum Tagesbrüller. Oder wir schmücken die Mast-Kletter-Aktion makaber aus: „Kennst du die Geschichte von der Frau, die mit ihrem toten Mann im Mast hunderte von Meilen segeln musste, weil er oben einen Herzanfall bekommen hat. Er hatte sich oben gesichert und sie ihn nicht wieder runter bekommen. “ Echte Schenkelklopfer-Geschichten.
Nach dem Frühstück schleppen wir uns in den Salon. „Endlich mal eine Pause“, läutet Achim jeden (das kann auch nerven…) Tag eine Lese-Runde auf dem Sofa ein. Ich hau mich auf die andere Couch und lese ebenfalls. Oder ich bereite schon mal etwas fürs Abendessen vor: Kohl schnippeln, Pellkartoffel kochen und solche Dinge. Je nachdem wie ruppig es gerade ist. Und dann ist ja auch zum Glück schon Mittagessen-Zeit, so um 13:00 Uhr. Reste aufwärmen vom Vortag geht flink von der Hand.
Der anschließende Abwasch ist lästig, hält er uns doch auf, sofort mit vollem Bauch erneut aufs Sofa zu sinken. Den Abwasch erledigen wir zu zweit. Logistisch ist das leichter zu handhaben. Wir haben nur ein Abwaschbecken, da können einem schon mal die Hände ausgehen. Und der Platz.
Den Nachmittag verbringen wir lesend oder schlafend. Geschlafen wird natürlich nacheinander. Sonst wären unsere Nachtwachen ja total absurd. Alle zwanzig Minuten einen Rundblick und schnell zum Buch zurück. Und beide hoffen wir, dass der andere nicht auf die Idee kommt, irgendwelche Segelmanöver zur Geschwindigkeits-Verbesserung vorschlägt. Viel zu viel Stress, da muss man ja aufstehen.
Abendessen gibt es um 18:00 Uhr, da ich zwei Stunden später bereits ins Bett gehe (endlich mal liegen). Somit sind die Tagesmahlzeiten recht eng beieinander und die Wartezeit bis zum Frühstück (da knurrt mir der Magen, wen der Skipper schon mal bis 9:30 Uhr durchpennt) recht lang. Aber besser geht es nicht. Es folgt der zweite Abwasch des Tages.
Nach dem Abendessen wird es noch mal gesellig. Wir sitzen ohne Sundowner zum Sundowner im Cockpit. Viel Neues weiß Achim nicht zu berichten. Macht nichts, dann gibt es eben alte Stories. Aber Moment mal, die Geschichte, dass Achim damals den Nachbarn mit „Guten Tag, Herr Grasselschwein“, begrüßt hat und nachdem der diese Beleidigung gepetzt hat, samt seines Dreirades in den Keller gesperrt wurde, die kenne ich doch schon. Hat der Mann nicht einen unbekannten Schwank aus seiner Jugend drauf? Nein, hat er nicht. Es folgen erwartungsgemäß die Geschichte mit dem erschossenem Spatzen, der ein Stieglitz war…. Da gehe ich doch lieber schnell ins Bett, bevor noch mehr alte Kamellen auf den Tisch kommen: „Gute Nacht“, ein ereignisreicher Tag ist zu Ende.
Essen: Abendessen: Eine Art Hühner-Frikassee mit grünem Spargel, Erbsen und selbst eingekochtem Hähnchen. Dazu wird Reis gereicht. Wir sind jetzt beim Dosengemüse angekommen. Ich habe noch zwei Kohlköpfe (bitte nicht schon wieder), Kürbis und eine Salatgurke. Zwiebeln, Knoblauch und Kartoffeln. Frühstück: Brot mit Salami, Käse und Mortadella Mittag: Leider ist der Spargel sehr zerfallen, daher gibt es den Rest vom Heiligabend mit Hilfe von Sahne und einem Stampfer als Spargel-Erbsen-Cremesuppe mit Reiseinlage. Als Nachtisch gibt es Grapefruit-Apfel-Obstsalat.
Meilen: Tagesmeilen 76 , Rest 711 sm auf direktem Weg